Der Großteil der Maßnahmen erhöht den Arbeitsmarkterfolg
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IAB-KURZBERICHT Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung 7|2021 In aller Kürze Aktive Arbeitsmarktpolitik für arbeitslose Geflüchtete im SGB II y Hilfebedürftige Geflüchtete mit Aufenthaltserlaubnis in Deutsch- land haben Anspruch auf Leistun- Der Großteil der Maßnahmen gen der Grundsicherung, wozu Maßnahmen der aktiven Arbeits- erhöht den Arbeitsmarkterfolg marktpolitik zählen. Der Kurzbe- richt präsentiert erste Ergebnisse von Zein Kasrin, Bastian Stockinger und Stefan Tübbicke zu den Maßnahmenwirkungen für geförderte Geflüchtete bis 21 Mo- nate nach Eintritt in die Förderung. y Analysiert werden Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Ein- Laut Angaben des Bundesamts für Mi- mit den Bürgerkriegsgeflüchteten aus gliederung bei einem Träger (MAT) gration und Flüchtlinge wurden in den Ex-Jugoslawien in den 1990er Jahren – oder einem Arbeitgeber (MAG), För- Jahren 2015 bis 2020 etwa 1,9 Millionen im Durchschnitt geringer formal qualifi- derungen der beruflichen Weiterbil- Asylanträge in Deutschland gestellt. Die- ziert und dürften eine größere kulturelle dung (FbW), Arbeitsgelegenheiten (AGH) sowie die flüchtlingsspezifi- se Studie untersucht, inwieweit Förder- Distanz zu den aufnehmenden Ländern sche Maßnahme „KompAS“ („Kom- maßnahmen zur Integration von Geflüch- aufweisen (Dustmann et al. 2017). petenzfeststellung, frühzeitige Akti- teten in den deutschen Arbeitsmarkt In den letzten fünf Jahren sind deut- vierung und Spracherwerb“). beigetragen haben. Es zeigt sich: Die un- liche Erfolge hinsichtlich der Arbeits- y MAG sowie FbW erhöhen die Be- tersuchten Maßnahmen sind ähnlich ef- marktintegration Geflüchteter festzustel- schäftigungschancen sowie die Er- fektiv für Geflüchtete wie für arbeitslose len. Allerdings ist ein nicht unerheblicher werbseinkommen und verringern die Arbeitslosengeld-II-Bezugsquo- Grundsicherungsbeziehende insgesamt. Teil von ihnen (weiterhin) arbeitslos be- te deutlich. ziehungsweise arbeitsuchend (Brücker et y Kurzfristig zeigen AGH keine Fluchtmigration und die Frage nach der al. 2020). Ergebnisse von Bähr et al. (2017) positive Wirkung auf den Arbeits- Integration dieser Personen in den Ar- deuten darauf hin, dass vor allem das markterfolg Geflüchteter; MAT und beitsmarkt sind für Deutschland keine Fehlen von adäquaten Deutschkenntnis- KompAS haben dagegen positive neuen Phänomene. Die Fluchtbewegun- sen sowie beruflich relevanten Qualifika- Beschäftigungseffekte. gen der letzten Jahre stechen jedoch in tionen eine Hürde darstellen. Außerdem y Der Vergleich mit anderen Stu- verschiedener Hinsicht hervor. Erstens zeigen diese Studien, dass männliche dien lässt den Schluss zu, dass die Maßnahmen der aktiven Ar- wurden allein in den Jahren 2015 und Geflüchtete hierzulande bereits weitaus beitsmarktpolitik für Geflüchtete 2016 über eine Million Asylerstanträ- häufiger beschäftigt oder mit dem Job- ähnlich gut geeignet sind wie für ge beim Bundesamt für Migration und center in Kontakt sind als geflüchtete arbeitslose Grundsicherungsbezie- Flüchtlinge (BAMF) gestellt – ein histo- Frauen – obwohl sie durchschnittlich hende insgesamt. rischer Höchststand (BAMF 2020). Zwei- nicht höher qualifiziert sind. tens sind die in den letzten Jahren nach Um diese geschlechtsspezifische Per- Europa Geflohenen – verglichen etwa spektive zu berücksichtigen, untersucht
diese Studie – nach Geschlechtern getrennt – in- Alg-II-Bezugsquote sowie das Erwerbseinkommen wieweit ausgewählte Fördermaßnahmen der Ar- der Teilnehmenden. Mithilfe der administrativen beitsmarktpolitik helfen, Geflüchtete in den deut- Personendaten der Bundesagentur für Arbeit (BA) schen Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Analysen können Effekte bis Dezember 2018, also bis zu basieren auf einer Stichprobe von hilfebedürftigen 21 Monate nach Eintritt in die Förderung unter- Geflüchteten mit Aufenthaltstitel aus völkerrecht- sucht werden. Die Analyse betrachtet Geflüchtete, lichen, humanitären oder politischen Gründen, die ab Anfang 2013 nach Deutschland eingereist die zum 30. September 2016 arbeitslos waren und sind. Details zur Datenbasis und Methodik finden Arbeitslosengeld II (Alg II) bezogen haben. Als Ge- sich in der Infobox 1. förderte werden Personen aus der Stichprobe be- trachtet, die im Zeitraum Oktober 2016 bis März Welche Maßnahmen werden evaluiert? 2017 in eine der evaluierten Maßnahmen eintraten. Sie werden durch Propensity Score Matching mit In Deutschland haben Geflüchtete mit Aufenthalts- ihren statistischen Zwillingen von Nichtteilneh- erlaubnis Zugang zu den Leistungen der Grundsi- menden verglichen. Letztere ähneln den Teilneh- cherung für Arbeitsuchende (Sozialgesetzbuch menden hinsichtlich einer Vielzahl an Merkmalen (SGB) II), soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht stark. Ein Vergleich beider Gruppen ergibt eine selbstständig sichern können. Dazu zählen Instru- Schätzung der Wirkungen auf die ungeförderte mente der aktiven Arbeitsmarktpolitik wie Maß- sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, die nahmen zur Aktivierung und beruflichen Einglie- derung (MAbE), entweder bei einem Träger (MAT) oder einem Arbeitgeber (MAG) sowie Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) und Arbeits- 1 gelegenheiten (AGH). Zudem entwickelten die BA Daten und Methoden und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Die Analyse wertet vom IAB aufbereitete administrative Personendaten der Statistik (BAMF) im Zuge der hohen Fluchtmigration der der Bundesagentur für Arbeit aus. Sie enthalten eine Vielzahl soziodemografischer Merkmale, Einkommensangaben sowie Informationen zu abhängiger Beschäftigung, letzten Jahre spezielle Maßnahmen für Geflüchtete. registrierter Arbeitslosigkeit und Arbeitsuche, zum Bezug von Alg und Alg II sowie zur Hierzu zählen „Perspektiven für Flüchtlinge“ (PerF), Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Für Alg-II-Beziehende sind ferner „Kompetenzfeststellung, frühzeitige Aktivierung Informationen über die Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft verfügbar. Diese Daten wurden zudem mit Angaben zur lokalen Arbeitsmarktlage verknüpft. und Spracherwerb“ (KompAS) und „Kooperations- Die Analyse bezieht sich ausschließlich auf eine Stichprobe von erwerbsfähigen leis- modell mit berufsanschlussfähiger Weiterbildung“ tungsberechtigten Personen, die am 30.9.2016 arbeitslos waren, Alg II empfangen (Kommit). Mit diesen Maßnahmen soll auf die be- haben und eine Aufenthaltserlaubnis aus (völkerrechtlichen, humanitären oder politi- schen) Fluchtgründen besaßen, d. h. einen Aufenthaltstitel nach §§ 22–26 Aufenthalts- sonderen Förderbedarfe hinsichtlich Spracherwerb gesetz. In der Stichprobe enthalten sind Individuen, die ab dem 1. Januar 2013 nach und beruflicher Integration reagiert werden. Deutschland eingereist sind und am Stichtag zwischen 17 und 62 Jahre alt waren. Für diese Studie konnte nur eine Auswahl dieser Teilnehmende sind diejenigen, die zwischen Oktober 2016 und März 2017 in eine der evaluierten Maßnahmen eintraten. Die Gruppe der Nichtteilnehmenden unterschei- Maßnahmen analysiert werden, da im betrachte- det sich aus zwei Gründen leicht je nach Maßnahme. Erstens wird den Nichtteilneh- ten Zeitraum entweder die Teilnehmendenzahlen menden ein maßnahmenspezifisches hypothetisches Eintrittsdatum zugeordnet, das für statistisch belastbare Aussagen zu gering oder zufällig aus der Verteilung der Eintrittsdaten der jeweiligen Teilnehmenden gewählt wurde. Zweitens können die Nichtteilnehmenden im genannten Zeitraum in eine ande- die erhobenen Teilnahmedaten bereits unvoll- re Fördermaßnahme bzw. zu einem späteren Zeitpunkt in dieselbe Fördermaßnahme ständig sind (Statistik der BA 2019). Angesichts eintreten. Für die Wirkungsanalysen wurde der Effekt der Förderung auf verschiedene Ergebnisvariablen mittels Propensity Score Matching geschätzt. Diese Methode iden- geringer Fallzahlen für Frauen wird nur MAT für tifiziert für jede geförderte Person sogenannte „statistische Zwillinge“, also Personen beide Geschlechter analysiert. Für Männer werden aus der Kontrollgruppe, die ihnen in der geschätzten Teilnahmewahrscheinlichkeit zusätzlich MAG, FbW, AGH und KompAS einbezo- stark ähneln. Zur Steigerung der statistischen Effizienz nutzen wir ein sog. Radius Mat- ching. Dieses nutzt den Durchschnitt aller statistischen Zwillinge, deren Distanz zum gen, wobei Letztere in der Analyse ebenfalls in der jeweiligen Teilnehmenden bzgl. der Teilnahmewahrscheinlichkeit geringer ist als ein Kategorie MAT enthalten ist. vorgegebener Schwellenwert. Ein Mittelwertvergleich der Ergebnisvariablen zwischen Tabelle T1 fasst das Wichtigste zu diesen Maß- Geförderten und ihren statistischen Zwillingen ergibt den Schätzwert des kausalen Ef- fekts für die Geförderten. Grundsätzlich kann dieser Ansatz verzerrte Schätzergebnisse nahmen zusammen. Die Zielgruppen/Zielset- liefern, wenn relevante Merkmale nicht in der Analyse berücksichtigt werden. Weiter- zungen weisen auf mögliche Unterschiede hin- gehende Sensitivitätsanalysen zeigen, dass die Hauptergebnisse dieser Studie relativ sichtlich der Arbeitsmarktnähe der jeweiligen robust bzgl. einer solchen Verzerrung sind. Teilnehmenden hin. Als arbeitsmarktnah definiert 2 IAB-Kurzbericht 7|2021
sind hier Personen mit Merkmalen, die es ihnen derem daran liegen, dass Arbeitgeber, bei denen ermöglichen, auch ohne Förderung relativ schnell diese Maßnahmen durchgeführt werden, ein Inte- eine Beschäftigung zu finden. Für arbeitsmarkt- resse an möglichst geeigneten Teilnehmenden ha- ferne Personen gilt das Gegenteil. Brücker et al. ben. Diese Personen dürften auch ohne eine Förde- (2020) zeigen beispielsweise, dass die Beschäfti- rung vergleichsweise hohe Beschäftigungschancen gungswahrscheinlichkeit Geflüchteter in Deutsch- haben, was in Studien für andere Zielgruppen land – und damit ihre Arbeitsmarktnähe – positiv festgestellt wurde (z. B. Harrer et al. 2017). Teilneh- mit der Aufenthaltsdauer, vor allem aber mit dem mende an einer FbW sollten die beste Qualifikation Ausbildungsniveau, zusammenhängt. aufweisen, da diese Art der Förderung tendenziell Potenzielle Teilnehmende an einer AGH sollten das höchste Deutschniveau voraussetzt und die am arbeitsmarktfernsten sein, da diese einer be- Option zur Anerkennung bereits im Ausland er- sonderen Unterstützung und Begleitung bedürfen, worbener beruflicher Abschlüsse besteht. um ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten, zu Die Maßnahmen variieren allerdings nicht nur stärken und sie an den Arbeitsmarkt heranzufüh- hinsichtlich ihrer Zielgruppe, sondern auch bezüg- ren. AGH sind tatsächlich nur dann einzusetzen, lich ihrer Dauer (vgl. Tabelle T1). Die mittlere tat- wenn dies mit anderen Maßnahmen nicht erreicht sächliche Dauer der Maßnahmen reicht von einem werden kann (BA 2017). An einer KompAS-Maßnah- Monat im Falle von MAG bis zu sechs Monaten bei me sollen diejenigen teilnehmen, die noch nicht KompAS. FbW und AGH zeigen jedoch auch deut- über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen lich längere Maßnahmendauern. Gerade längere und noch keinen Integrationskurs besucht haben. Maßnahmen können kurzfristig zu sinkenden Be- Bezüglich MAbE ist zu erwarten, dass Teilneh- schäftigungschancen der Geförderten – einem so- mende an einer MAG arbeitsmarktnäher sind als genannten Lock-in-Effekt – führen, weil ihnen we- Teilnehmende an einer MAT. Das dürfte unter an- niger Zeit und Motivation für die Arbeitsuche bleibt. T1 Maßnahmenbeschreibung in Kürze Tatsächliche Teilnahmedauer Rechtsgrund- im Untersuchungszeitraum1) Maßnahme Zielgruppe Ziel/Wirkungslogik lage Obere Mittlere Dauer 5 Prozent Maßnahmen § 16 Abs. 1 SGB II Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die Heranführung an den Ausbildungs- und Ar- 3 Monate Mindestens bei einem Träger i.V.m. über ein Deutschniveau verfügen, mit dem beitsmarkt, Feststellung, Verringerung oder 8 Monate (MAT) § 45 SGB III sie an der Maßnahme teilnehmen und das Beseitigung von Vermittlungshemmnissen, Maßnahmeziel erreichen können Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung, Heranführung an eine selbst- ständige Tätigkeit oder Stabilisierung einer Beschäftigungsaufnahme Kompetenzfest- § 16 Abs. 1 SGB II Volljährige erwerbsfähige Leistungsberech- Besteht aus einer Kombination von Sprach- 6 Monate Mindestens stellung, frühzei- i.V.m. tigte – insbesondere mit dem Hintergrund förderung und einer MAT; 8 Monate tige Aktivierung § 45 SGB III und Flucht, die über keine/nicht genügende Ziel ist frühzeitige Feststellung von Kompe- und Spracher- § 43 Aufenthalts- Deutschkenntnisse verfügen und noch kei- tenzen der Teilnehmenden und die Möglich- werb (KompAS) gesetz nen Integrationskurs absolviert haben keit zu schaffen, erworbene Deutschkennt- nisse in der Praxis zu trainieren Maßnahmen § 16 Abs. 1 SGB II Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, deren Insbesondere Heranführung an den Ausbil- 1 Monat Mindestens bei einem Arbeit- i.V.m. Sprachkenntnisse für eine erfolgreiche dungs- und Arbeitsmarkt, Vermittlung, Fest- 3 Monate geber (MAG) § 45 SGB III Durchführung ausreichen stellung bzw. Erprobung berufsfachlicher Kenntnisse bei einem Betrieb Förderung der § 16 Abs. 1 SGB II Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die Berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten 5 Monate Mindestens beruflichen Wei- i.V.m. über ein Deutschniveau verfügen, mit dem erweitern, einen beruflichen Abschluss 13 Monate terbildung (FbW) §§ 81 ff SGB III sie an der Weiterbildung teilnehmen und erlangen und ausländische Abschlüsse aner- das Maßnahmeziel erreichen können kennen, um Individuen so in den Arbeits- markt zu integrieren Arbeitsgelegen- § 16d SGB II Sehr arbeitsmarktferne erwerbsfähige Erhaltung, Stärkung und Wiedererlangung 3 Monate Mindestens heiten (AGH) Leistungsberechtigte, die einer besonderen der Beschäftigungsfähigkeit; Heranführen 12 Monate Unterstützung und Begleitung bedürfen an das Arbeitsleben und die mit keiner anderen Eingliederungs- leistung an das Arbeitsleben herangeführt werden können 1) Werte sind gerundet. Für MAT beziehen sich die Angaben auf männliche und weibliche Teilnehmende. Die anderen Werte beziehen sich nur auf männliche Teilnehmende. Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien und weitere Personendatensätze des IAB (Stichprobe von hilfebedürftigen Geflüchteten mit Aufenthaltstitel), eigene Berechnungen. Ohne Daten der zugelassenen kommunalen Träger. BA (2012a, 2012b, 2013, 2017) und BAMF (2017). © IAB IAB-Kurzbericht 7|2021 3
Diese Verschiebung der Arbeitsuche lässt sich auch dest eine Ausbildung angefangen beziehungs- als Investition in Humankapital interpretieren. weise eine Hochschule besucht haben, zeigt sich: AGH-Teilnehmer weisen mit 7 Prozent den kleins- ten Anteil auf, gefolgt von KompAS- sowie MAT- Welche Geflüchteten werden gefördert? Teilnehmenden mit je 10 Prozent. Der Anteil der Tabelle T2 präsentiert Beobachtungszahlen unse- MAG-Teilnehmer ist wesentlich höher (17 %). Mit rer Stichprobe und deskriptive Statistiken für aus- Abstand die höchste Quote weisen allerdings FbW- gewählte, zum Stichtag gemessene Merkmale – also Teilnehmer mit 33 Prozent auf. Unter allen Nicht- vor einer etwaigen Maßnahmenteilnahme – sowohl teilnehmenden haben 10 bis 11 Prozent zumindest für geförderte als auch für ungeförderte Geflüch- eine Ausbildung angefangen beziehungsweise tete nach Geschlecht und evaluierter Förderung. eine Hochschule besucht. Des Weiteren fällt auf, Die Geflüchteten nahmen im Untersuchungszeit- dass AGH-, KompAS- sowie MAT-Teilnehmende raum am häufigsten an einer MAT teil, gefolgt von mit etwa 2 Jahren eine kürzere Aufenthaltsdau- KompAS. Am dritthäufigsten sind Teilnahmen an er haben im Vergleich zu MAG-Teilnehmenden einer MAG. Die niedrigste Teilnehmerzahl betrifft (2,8 Jahre) sowie FbW-Teilnehmenden (3,2 Jahre). die FbW. Weitergehende Analysen zeigen, dass Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer unter al- Geflüchtete anteilig häufiger mit MAT gefördert len Nichtteilnehmenden beträgt 2,3 Jahre. werden als Nichtgeflüchtete. Die anderen unter- Da sowohl das Ausbildungsniveau als auch die suchten Maßnahmen werden für Geflüchtete ten- Aufenthaltsdauer positiv mit der Beschäftigungs- denziell seltener eingesetzt als für Nichtgeflüchtete. wahrscheinlichkeit zusammenhängen, sprechen Darüber hinaus unterscheiden sich die Teilneh- diese Befunde dafür, dass Teilnehmende an AGH menden teilweise recht deutlich sowohl unter- in der Tat am arbeitsmarktfernsten sein sollten in einander als auch von den Nichtteilnehmenden. Vergleich zu Nichtteilnehmenden, während Teil- Bezüglich des Anteils von Personen, die zumin- nehmende an MAG arbeitsmarktnäher und die an FbW am arbeitsmarktnähesten erscheinen. Bezüg- T2 lich des Alters zeigen sich kleinere Unterschiede; Stichprobemerkmale nach Geschlecht und Maßnahmenteilnahme-Status insgesamt sind die Geflüchteten im Schnitt jedoch deutlich jünger als die deutsche Gesamtbevölke- Frauen Männer MAT MAT KompAS MAG FbW AGH rung (Brücker et al. 2020). Alle Teilnehmenden Sollten FbW- und MAG-Teilnehmende tatsäch- Durchschnitt in Jahren lich arbeitsmarktnäher sein, müssten sie auch Alter 34,0 30,3 28,7 30,2 32,6 32,3 ohne Maßnahmenteilnahme eine höhere Beschäf- Aufenthaltsdauer 2,3 2,2 1,8 2,8 3,2 2,1 tigungsquote aufweisen als die Nichtteilnehmen- Anteil in Prozent Kein Berufsabschluss 51,4 58,1 51,7 64,5 46,9 59,2 den. Dagegen sollte sich bei AGH-Teilnehmenden Ausbildung oder Hochschule1) 10,9 10,2 10,2 16,6 33,1 7,3 eine niedrigere Beschäftigungsquote zeigen. Um Abschluss unbekannt 37,7 31,6 38,1 19,0 20,0 33,6 das zu überprüfen, vergleichen wir im Folgenden Anzahl Teilnehmende 1.453 6.481 1.874 906 495 590 die Quoten in ungeförderter sozialversicherungs- Alle nichtteilnehmenden arbeitslosen Alg-II-Beziehenden2) pflichtiger Beschäftigung aller Nichtteilnehmen- Durchschnitt in Jahren den arbeitslosen Alg-II-Beziehenden mit denen der Alter 36,4 31,8 31,7 31,6 31,5 31,5 Aufenthaltsdauer 2,2 2,3 2,3 2,2 2,2 2,3 statistischen Zwillinge der Teilnehmenden. Letztere Anteil in Prozent Gruppe ähnelt den Geförderten bis zum Zeitpunkt Kein Berufsabschluss 53,0 59,3 59,7 58,9 59,2 59,1 der Teilnahme stark im Hinblick auf die bisherigen Ausbildung oder Hochschule1) 9,5 11,2 11,0 10,8 10,7 11,1 Arbeitsmarktergebnisse, wurde aber im maßgebli- Abschluss unbekannt 37,5 29,5 29,3 30,3 30,1 29,8 chen Zeitraum nicht gefördert und bildet somit ab, Anzahl Nichtteilnehmende 10.652 26.655 31.801 31.588 32.212 32.142 wie sich die Arbeitsmarktergebnisse der Teilneh- Diese Kategorie beinhaltet sowohl angefangene als auch abgeschlossene berufliche Ausbildungen bzw. Hoch- menden ohne Förderung weiterentwickelt hätten. 1) schulstudiengänge. 2) Die Nichtteilnehmenden unterscheiden sich aufgrund der Implementation des Matchingverfahrens leicht in Liegt die Beschäftigungsquote der statistischen ihrer Zusammensetzung je nach Maßnahme. Details befinden sich in der Infobox „Daten und Methoden“. Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien und weitere Personendatensätze des IAB (Stichprobe von hilfebedürftigen Zwillinge der Teilnehmenden höher als die aller Geflüchteten mit Aufenthaltstitel), eigene Berechnungen. Ohne Daten der zugelassenen kommunalen Träger © IAB Nichtteilnehmenden, so spricht dies für eine Selek- 4 IAB-Kurzbericht 7|2021
tion von relativ arbeitsmarktnahen Personen in die und auf eine zukünftige reguläre Beschäftigung jeweilige Maßnahme. Der umgekehrte Fall deutet vorbereiten soll, ist zu erwarten, dass erst länger- auf die Auswahl von relativ arbeitsmarktfernen Teil- fristig – und womöglich in Kombination mit weite- nehmenden hin. Somit ist zu erwarten, dass gerade ren Maßnahmen – positive Beschäftigungswirkun- die Beschäftigungsquoten der statistischen Zwillin- gen auftreten, eventuell auch in Abhängigkeit des ge der AGH-Teilnehmenden niedriger sind als die Einsatzfeldes (Kiesel/Wolff 2018). aller Nichteilnehmenden. Für MAG und FbW sollte das Gegenteil gelten. Die in Tabelle T3 präsentierten Ergebnisse deuten auf genau dieses Muster hin. T3 Im Folgenden werden die Arbeitsmarktergeb- Quote in ungeförderter sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung für alle Nichtteilnehmenden und die statistischen Zwillinge nisse der Teilnehmenden mit denen ihrer statis- tischen Zwillinge verglichen, um die Wirkung der Quote in % nach Quote in % nach 12 Monaten seit Förderbeginn 21 Monaten seit Förderbeginn jeweiligen Förderung auf die ungeförderte sozial- Alle nichtteilneh- Alle nichtteilneh- versicherungspflichtige Beschäftigung, die Alg-II- Statistische Statistische menden arbeits- menden arbeits- Zwillinge der Zwillinge der losen Alg-II-Bezie- losen Alg-II-Bezie- Bezugsquote und das inflationsbereinigte Erwerbs- henden1) Teilnehmenden henden1) Teilnehmenden einkommen der Teilnehmenden zu schätzen. Frauen MAT 1,8 2,6 3,5 5,0 MAT 11,9 12,5 21,0 21,5 KompAS 12,3 9,9 20,9 19,2 AGH zeigen keine positive Wirkung auf Männer MAG 11,9 17,6 21,8 29,0 den Arbeitsmarkterfolg FbW 12,0 18,4 21,8 29,6 Die Wirkungsanalyse von AGH zeigt größtenteils AGH 12,4 11,7 22,1 20,6 negative Effekte auf die Beschäftigung der Teil- 1) Die Beschäftigungquoten unterscheiden sich geringfügig für alle nichtteilnehmenden arbeitslosen Alg-II- Beziehenden je nach Maßnahme. Das ist in der Implementation des Matchingverfahrens begründet. Details nehmer (vgl. Abbildung A1), allerdings sind die befinden sich in der Infobox „Daten und Methoden“. Unterschiede zwischen Teilnehmern und ihren Lesebeispiel: Unter allen Nichtteilnehmenden einer Förderung der beruflichen Weiterbildung in der potenziellen Kontrollgruppe sind 21 Monate nach einem hypothetischen Maßnahmeneintritt 21,8 Prozent in ungeförderter statistischen Zwillingen zum Ende des Beobach- sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Die statistischen Zwillinge der Geförderten haben eine Beschäfti- gungsquote von 29,6 Prozent zu diesem Zeitpunkt. tungszeitraums nicht mehr signifikant. Darüber Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien und weitere Personendatensätze des IAB (Stichprobe von hilfebedürftigen Geflüchteten mit Aufenthaltstitel), eigene Berechnungen. Ohne Daten der zugelassenen kommunalen Träger. hinaus erhöht die AGH-Teilnahme kurzzeitig die © IAB Alg-II-Bezugsquote der Geförderten (vgl. Abbil- dung A2 auf Seite 6), nach etwa 6 Monaten sind die A1 Schätzwerte aber auch hier nicht mehr signifikant. Teilnahmewirkung der Maßnahmen auf die Wahrscheinlichkeit, einer Da AGH-Maßnahmen relativ lange dauern können ungeförderten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen in Prozentpunkten – die 5 Prozent längsten Maßnahmen in unserer Stichprobe dauern 12 Monate und mehr –, sind ge- rade in den ersten Monaten nach Eintritt in die För- 20 derung Lock-in-Effekte nicht überraschend. Wäh- Maßnahmen MAT–Frauen rend für Beschäftigung und die Alg-II-Bezugsquote 15 MAT–Männer MAG–Männer keine Effekte zum Ende der Beobachtungsperiode KompAS–Männer nachgewiesen werden können, finden sich für das 10 FbW–Männer AGH–Männer monatliche Erwerbseinkommen signifikante ne- Signifikante Werte gative Effekte von knapp 30 Euro nach 21 Monaten 5 (5 %-Niveau) (vgl. Tabelle T4 auf Seite 6). Diese Ergebnisse sind vergleichbar mit Analysen von Harrer und Stockin- 0 ger (2019) zur AGH-Förderwirkung für arbeitslose Alg-II-Beziehende, die Effekte ohne Fokus auf Ge- -5 0 5 10 15 20 flüchtete schätzen: Auch hier zeigen sich um 2 Pro- Monate seit Förderbeginn zentpunkte verringerte Beschäftigungsquoten und Lesebeispiel: 20 Monate nach dem Beginn der Förderung der beruflichen Weiterbildung weisen teilnehmende Männer eine etwa 15 Prozentpunkte höhere Quote in ungeförderter sozialversicherungspflichtiger Beschäfti- um 4 Prozentpunkte erhöhte Alg-II-Bezugsquoten. gung auf als ihre nichtteilnehmenden statistischen Zwillinge. Da eine AGH-Teilnahme besonders arbeitsmarkt- Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien und weitere Personendatensätze des IAB (Stichprobe von hilfebedürftigen Geflüchteten mit Aufenthaltstitel), eigene Berechnungen. Ohne Daten der zugelassenen kommunalen Träger. ferne Personen an den Arbeitsmarkt heranführen © IAB IAB-Kurzbericht 7|2021 5
Positive Beschäftigungseffekte für MAT Zwillingen. Am Ende des Beobachtungszeitraums und KompAS beträgt der Effekt 2,5 Prozentpunkte, mit einer Be- schäftigungsquote der Geförderten von gut 24 Pro- Die Wirkungsanalyse für Teilnehmerinnen einer zent gegenüber 21,5 Prozent bei den statistischen MAT zeigt, dass nach etwa 10 Monaten ein signi- Zwillingen. fikanter positiver Beschäftigungseffekt einsetzt. Die MAT-Teilnahme von geflüchteten Frauen Nach 12 Monaten beträgt die Beschäftigungsquo- erhöht bis einschließlich 12 Monate nach Ein- te bei Teilnehmerinnen 3,7 Prozent gegenüber tritt in die Förderung die Alg-II-Bezugsquote um 2,6 Prozent bei ihren statistischen Zwillingen. Der 1,5 Prozentpunkte (vgl. Abbildung A2). In den Fol- Teilnahmeeffekt beträgt also 1,1 Prozentpunkte gemonaten sind keine signifikanten Effekte mehr nach 12 Monaten. Dieser Effekt steigt über die Zeit nachweisbar. Für MAT-Teilnehmer zeigt sich leicht an und erreicht zum Ende des Beobachtungs- bis einschließlich 20 Monate nach Eintritt in die zeitraumes 2,4 Prozentpunkte, mit einer Beschäfti- Förderung eine um etwa 1 Prozentpunkt erhöhte gungsquote von 7,4 Prozent für Teilnehmerinnen Wahrscheinlichkeit, Alg II zu beziehen. Wie bei gegenüber etwa 5 Prozent für vergleichbare Nicht- den Frauen wird auch dieser Effekt zum Ende des teilnehmende. Bei MAT-Teilnehmern ergibt sich Beobachtungszeitraums insignifikant. Darüber hi- ein ähnliches Muster; nach 12 Monaten erreicht naus gibt es 21 Monate nach Förderbeginn keinen die Beschäftigungsquote der Geförderten 14 Pro- signifikanten Effekt auf das monatliche Erwerbs- zent gegenüber 12,5 Prozent bei den statistischen einkommen bei MAT-Teilnehmerinnen, aber einen signifikant positiven Effekt von 36 Euro bei MAT- Teilnehmern (vgl. Tabelle T4). Die Ergebnisse für KompAS deuten auf einen A2 im Vergleich zu MAT stärkeren Lock-in-Effekt der Teilnahmewirkung der Maßnahmen auf die Alg-II-Leistungsbezugsquote geförderten Männer in den ersten Monaten nach in Prozentpunkten Teilnahmebeginn hin, vermutlich da die Maßnah- 5 men im Mittel etwa 3 Monate länger dauern als MAT insgesamt. Nach 12 Monaten weisen sowohl 0 Maßnahmen Teilnehmende als auch ihre statistischen Zwillin- MAT–Frauen MAT–Männer ge eine Beschäftigungsquote von 10 Prozent auf. -5 MAG–Männer Ab 19 Monaten nach Teilnahmebeginn zeigen die KompAS–Männer FbW–Männer Schätzungen einen signifikant positiven Effekt von -10 AGH–Männer etwa 3 Prozentpunkten auf die Beschäftigungsquo- Signifikante Werte te bis zum Ende des Beobachtungszeitraums. Das (5 %-Niveau) -15 bezieht sich auf eine Beschäftigungsquote bei Ge- 0 5 10 15 20 Monate seit Förderbeginn förderten beziehungsweise Nichtgeförderten von 22,4 Prozent beziehungsweise 19,2 Prozent nach Lesebeispiel: 18 Monate nach dem Beginn der Förderung der beruflichen Weiterbildung weisen teilnehmende Männer eine etwa 8 Prozentpunkte niedrigere Alg-II-Bezugsquote auf als ihre nichtteilnehmenden statistischen 21 Monaten. Maßnahmenwirkungen auf die Alg- Zwillinge. Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien und weitere Personendatensätze des IAB (Stichprobe von hilfebedürftigen II-Bezugsquote deuten bis einschließlich 18 Mona- Geflüchteten mit Aufenthaltstitel), eigene Berechnungen. Ohne Daten der zugelassenen kommunalen Träger. © IAB te nach Eintritt in die Förderung auf eine signifi- T4 kante Erhöhung von etwa 2 bis 3 Prozentpunkten Teilnahmewirkung der Maßnahmen auf das monatliche Erwerbseinkommen hin. Danach werden die Punktschätzungen kleiner nach 21 Monaten und sind nicht länger signifikant. Überdies haben KompAS-Teilnehmer ein im Schnitt 50 Euro höhe- Frauen Männer MAT MAT KompAS MAG FbW AGH res monatliches Erwerbskommen als ihre statisti- Effekt in Euro 18 36** 50* 353*** 502** –29*** schen Zwillinge nach 21 Monaten (vgl. Tabelle T4). Statistisch signifikant: *p
Deutlich höhere Förderwirkungen bei Die FbW-Teilnahme führt nur kurzfristig zu einem MAG sowie FbW signifikanten Lock-in-Effekt von etwa 2 Prozent- punkten bezüglich ungeförderter sozialversiche- MAG-Teilnehmer erfahren einen unmittelbaren rungspflichtiger Beschäftigung. Ab 10 Monaten signifikanten positiven Beschäftigungseffekt, der nach Eintritt zeigt die FbW-Teilnahme signifikant über die Zeit wächst und sich zum Ende der Be- positive Effekte auf die Beschäftigungswahrschein- obachtungsperiode bei etwa 20 Prozentpunkten lichkeit der Teilnehmer. Zum Ende des Beobach- stabilisiert (vgl. Abbildung A1). Obwohl die MAG tungszeitraums haben Teilnehmer eine um etwa und MAT gesetzlich eine ähnliche Zielgruppe auf- 13 Prozentpunkte höhere Beschäftigungsquote als weisen, sind die Beschäftigungseffekte der Maß- ihre statistischen Zwillinge. Die Maßnahme FbW nahmen bei einem Arbeitgeber um einiges größer. hat somit den zweitstärksten Beschäftigungseffekt Ein wichtiger Grund dafür dürfte sein, dass MAG nach MAG. Außerdem zeigt sich eine signifikante den direkten Kontakt zu einem Betrieb ermögli- Minderung der Alg-II-Bezugsquote durch die FbW- chen, was Beschäftigungschancen (im gleichen Teilnahme ab 14 Monaten nach Eintritt. Dieser Ef- Betrieb) nach der Förderung eröffnen kann. An- fekt steigt im Betrag bis auf etwa 10 Prozentpunkte. dererseits besteht das Risiko von Mitnahmeef- Die Teilnahme an einer FbW wirkt sich ebenfalls fekten, also dem Umstand, dass Arbeitsuchende positiv auf das Erwerbseinkommen der Teilneh- gefördert werden, die auch ohne Unterstützung menden aus. Nach 21 Monaten ist das monatliche eine Beschäftigung gefunden hätten. Das hätte zur Erwerbseinkommen der Teilnehmenden um etwa Folge, dass Arbeitsuchende, die die Förderung am 500 Euro höher als das der statistischen Zwillinge meisten brauchen, diese eventuell nicht erhalten. (vgl. Tabelle T4). Damit weist die FbW-Teilnahme Da die MAG allerdings bis zum Ende der Beobach- die höchsten Effekte auf das Erwerbseinkommen tungsperiode Effekte auf Beschäftigung aufweist, auf. Die Teilnahme an einer FbW ermöglicht es den erscheinen große Mitnahmeeffekte unwahrschein- Teilnehmern offenbar, berufliche Kenntnisse und lich. Spiegelbildlich zu den Beschäftigungseffekten Fähigkeiten zu erweitern, die sie erfolgreich am verhalten sich die Effekte der MAG-Teilnahme auf Arbeitsmarkt verwerten können. Diese Resultate die Alg-II-Bezugsquote. Die Maßnahme reduziert ähneln den Ergebnissen von Bernhard (2016) für diese schon im ersten Monat nach Fördereintritt. eine umfassendere Zielgruppe von arbeitslosen Nach 21 Monaten liegt die Alg-II-Bezugsquote Alg-II-Beziehenden, wonach der Beschäftigungs- um etwa 15 Prozentpunkte niedriger, als sie ohne effekt für FbW-Teilnehmende langfristig zwischen Förderung gewesen wäre (vgl. Abbildung A2). Im 3 und 14 Prozentpunkten liegt. Bernhard (2016) Einklang mit diesen Ergebnissen finden sich gro- findet außerdem einen negativen Effekt von 3 bis ße positive Effekte auf das monatliche Erwerbsein- 10 Prozentpunkten auf die Alg-II-Bezugsquote und kommen der MAG-Teilnehmer nach 21 Monaten einen positiven Effekt auf den durchschnittlichen von etwa 350 Euro. Im Vergleich zu Effekten auf Monatslohn von 55 bis 334 Euro. das Erwerbseinkommen von einer MAT-Teilnahme ist dies ebenfalls deutlich höher. Dieses Muster, Fazit also die größeren Förderwirkungen von Maßnah- men bei einem Arbeitgeber gegenüber Maßnah- Dieser Bericht präsentiert aktuelle Forschungser- men bei einem Träger, zeigen ebenfalls Harrer gebnisse über die Effekte von Fördermaßnahmen et al. (2017) für eine breiter gefasste Zielgruppe auf den Arbeitsmarkterfolg von teilnehmenden Ge- von arbeitslosen Alg-II-Beziehenden: Die Studie flüchteten. Die evaluierten Maßnahmen umfassen ermittelt eine Wirkung auf die Beschäftigungs- Arbeitsgelegenheiten, Maßnahmen zur beruflichen wahrscheinlichkeit bis zu 45 Monate nach Eintritt Eingliederung und die Förderung der beruflichen in die Förderung zwischen 15 und 25 Prozentpunk- Weiterbildung. Arbeitsgelegenheiten helfen im ten bei MAG-Geförderten, gegenüber 1 bis 4,5 Pro- Beobachtungszeitraum weder dabei, die Beschäf- zentpunkten bei MAT-Geförderten. Auch hier sind tigungswahrscheinlichkeit oder die Erwerbsein- die Einkommenseffekte bei MAG-Geförderten um kommen der Teilnehmer zu erhöhen, noch die einiges höher als bei MAT-Geförderten. Alg-II-Bezugsquote zu reduzieren. Allerdings ist zu IAB-Kurzbericht 7|2021 7
berücksichtigen, dass Teilnehmende dieser Maß- Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für nahme besonders arbeitsmarktfern sind und die Geflüchtete ähnlich gut geeignet sind wie für ar- Maßnahme somit eventuell nur einen ersten Schritt beitslose Alg-II-Beziehende insgesamt. zur Reduktion von Vermittlungshemmnissen dar- stellt. Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung bei einem Träger sowie die flüchtlingsspezifische Dr. Zein Kasrin Literatur Maßnahme KompAS erhöhen zumindest zum Ende ist Mitarbeiterin im Bähr, Sebastian; Beste, Jonas; Wenzig, Claudia (2017): Forschungsbereich „Grund- des Beobachtungszeitraums die Beschäftigungs- Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten im SGB II: sicherung und Aktivierung“ chancen der Teilnehmenden, sind jedoch bis ein- Hemmnisse abbauen und Potenziale nutzen. IAB Kurz- im IAB. bericht 23/2017. schließlich 21 Monate nach Eintritt in die Förde- zein.kasrin@iab.de Bernhard, Sarah (2016): Berufliche Weiterbildung von rung nicht in der Lage, die Alg-II-Bezugsquote zu Arbeitslosengeld-II-Empfängern. Langfristige Wirkungs- verringern. Dennoch zeigen die Ergebnisse, dass analysen. Sozialer Fortschritt 65 (7): 153–161. männliche Teilnehmende an einer MAT/KompAS Brücker, Herbert; Kosyakova, Yuliya; Schuß, Eric (2020): Integration in Arbeitsmarkt und Bildungssystem macht moderat positive Effekte auf das Erwerbseinkom- weitere Fortschritte. IAB-Kurzbericht 4/2020. men aufweisen. Letztlich bleibt abzuwarten, ob Bundesagentur für Arbeit (BA) (2017): Fachliche Weisungen Untersuchungen in der langen Frist Erfolge von „Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II § 16d SGB II Ar- beitsgelegenheiten“ (Stand: Januar 2017). MAT/KompAS hinsichtlich der Verringerung der Bundesagentur für Arbeit (BA) (2013): Fachliche Hinwei- Dr. Bastian Stockinger Alg-II-Bezugsquote vermelden können. Dies er- se „Förderung der beruflichen Weiterbildung nach § 16 ist Mitarbeiter im Statistik- scheint durchaus plausibel, da verbesserte Sprach- Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 81 ff. SGB III“ (Stand: März 2013). Service Südost der Bundes- Bundesagentur für Arbeit (BA) (2012a): Fachliche Hinweise agentur für Arbeit. kenntnisse und anderweitig erworbene Fähigkeiten „Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliede- bastian.stockinger der Teilnehmenden womöglich erst langfristig zu rung nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III“ Maßnah- @arbeitsagentur.de deutlich erhöhten Einkommen und damit zu einer men bei einem Träger (MAT) (Stand: April 2012). Bundesagentur für Arbeit (BA) (2012b): Fachliche Hinweise verringerten Hilfsbedürftigkeit führen. Die Ergeb- „Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliede- nisse dieser Analyse zeigen allerdings klar, dass die rung nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III“ Maß- Teilnahme an MAG oder FbW für relativ arbeits- nahmen bei einem Arbeitgeber (MAG) (Stand: April 2012). Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2020): marktnahe Geflüchtete deutliche positive Effekte Statistik – Aktuelle Zahlen, Ausgabe Dezember 2020. auf Beschäftigung und Erwerbseinkommen auf- Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2017): weist und die Alg-II-Bezugsquote reduziert. KompAS Kompetenzfeststellung, frühzeitige Aktivierung und Spracherwerb. Anlage zum Trägerrundschreiben Die Teilnahme an den relativ kurzen Maßnah- 10/2017. Dr. Stefan Tübbicke men bei einem Arbeitgeber könnte ein wichtiges Dustmann, Christian; Fasani, Francesco; Frattini, Tomma- ist Mitarbeiter im Forschungsbereich „Grund- Mittel sein, um Geflüchteten Chancen zu eröff- so; Minale, Luigi; Schönberg, Uta (2017): On the econo- sicherung und Aktivierung“ mics and politics of refugee migration. Economic Policy, nen, Arbeitgeber von sich zu überzeugen und in im IAB. 43 (91), pp. 497–550. der Folge eine Beschäftigung aufzunehmen. Die Harrer, Tamara; Moczall, Andreas; Wolff, Joachim (2017): stefan.tuebbicke@iab.de Förderung der beruflichen Weiterbildungen hilft Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliede- rung: Höhere Beschäftigungseffekte für Langzeitarbeits- Geflüchteten, ihre Qualifikationen zu verbessern, lose. IAB-Kurzbericht 26/2017. ihre ausländischen Abschlüsse anerkennen zu Harrer, Tamara; Stockinger, Bastian (2019): Ein-Euro-Jobs lassen und führt so nicht nur zu substanziellen nach der Instrumentenreform 2012: Zielgruppe besser er- reicht – erste Ergebnisse zur Wirkung. IAB-Kurzbericht Beschäftigungseffekten, sondern auch zu deutlich 22/2019. erhöhten Einkommen. Kiesel, Markus; Wolff, Joachim (2018): Langfristige Teilnah- Insgesamt gleichen die Ergebnisse dieser Wir- mewirkungen von Ein-Euro-Jobs: Das Einsatzfeld hat Ein- fluss auf die Integrationschancen. IAB-Kurzbericht 8/2018. kungsanalyse der Förderungsmaßnahmen Befun- Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) (2019): Migra- den, die nicht allein Geflüchtete im Blick hatten. tions-Monitor Arbeitsmarkt: Personen im Kontext von Schlussendlich lässt sich feststellen, dass die Fluchtmigration. Berichtsmonat: Dezember 2018. Impressum | IAB-Kurzbericht Nr. 7, 8.4.2021 | Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, 90327 Nürnberg | Redaktion: Martina Dorsch | Grafik & Gestaltung: Nicola Brendel | Foto: Jutta Palm-Nowak, Oliver Karl-studio4 Fotografie und privat | Druck: MKL Druck GmbH & Co. KG, Ostbevern | Rechte: Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des IAB | Bezug: IAB-Bestellservice, c/o wbv Media GmbH & Co. KG, Auf dem Esch 4, 33619 Bielefeld; Tel. 0911-179-9229 (es gelten die regulären Festnetz- preise, Mobilfunkpreise können abweichen); Fax: 0911-179-9227; E-Mail: iab-bestellservice@wbv.de | IAB im Internet: www.iab.de. Dort finden Sie unter anderem diesen Kurzbericht zum kostenlosen Download | Anfragen: iab.anfragen@iab.de oder Tel. 0911-179-5942 | ISSN 0942-167X 8 IAB-Kurzbericht 7|2021
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