Der Großteil der Maßnahmen erhöht den Arbeitsmarkterfolg

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Der Großteil der Maßnahmen erhöht den Arbeitsmarkterfolg
IAB-KURZBERICHT
Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung                                                7|2021

  In aller Kürze                          Aktive Arbeitsmarktpolitik für arbeitslose Geflüchtete im SGB II

  y Hilfebedürftige Geflüchtete mit
  Aufenthaltserlaubnis in Deutsch-
  land haben Anspruch auf Leistun-
                                          Der Großteil der Maßnahmen
  gen der Grundsicherung, wozu
  Maßnahmen der aktiven Arbeits-
                                          erhöht den Arbeitsmarkterfolg
  marktpolitik zählen. Der Kurzbe-
  richt präsentiert erste Ergebnisse      von Zein Kasrin, Bastian Stockinger und Stefan Tübbicke
  zu den Maßnahmenwirkungen für
  geförderte Geflüchtete bis 21 Mo-
  nate nach Eintritt in die Förderung.
  y Analysiert werden Maßnahmen
  zur Aktivierung und beruflichen Ein-    Laut Angaben des Bundesamts für Mi-          mit den Bürgerkriegsgeflüchteten aus
  gliederung bei einem Träger (MAT)       gration und Flüchtlinge wurden in den        Ex-Jugoslawien in den 1990er Jahren –
  oder einem Arbeitgeber (MAG), För-      Jahren 2015 bis 2020 etwa 1,9 Millionen      im Durchschnitt geringer formal qualifi-
  derungen der beruflichen Weiterbil-
                                          Asylanträge in Deutschland gestellt. Die-    ziert und dürften eine größere kulturelle
  dung (FbW), Arbeitsgelegenheiten
  (AGH) sowie die flüchtlingsspezifi-     se Studie untersucht, inwieweit Förder-      Distanz zu den aufnehmenden Ländern
  sche Maßnahme „KompAS“ („Kom-           maßnahmen zur Integration von Geflüch-       aufweisen (Dustmann et al. 2017).
  petenzfeststellung, frühzeitige Akti-   teten in den deutschen Arbeitsmarkt            In den letzten fünf Jahren sind deut-
  vierung und Spracherwerb“).
                                          beigetragen haben. Es zeigt sich: Die un-    liche Erfolge hinsichtlich der Arbeits-
  y MAG sowie FbW erhöhen die Be-         tersuchten Maßnahmen sind ähnlich ef-        marktintegration Geflüchteter festzustel-
  schäftigungschancen sowie die Er-
                                          fektiv für Geflüchtete wie für arbeitslose   len. Allerdings ist ein nicht unerheblicher
  werbseinkommen und verringern
  die Arbeitslosengeld-II-Bezugsquo-      Grundsicherungsbeziehende insgesamt.         Teil von ihnen (weiterhin) arbeitslos be-
  te deutlich.                                                                         ziehungsweise arbeitsuchend (Brücker et

  y Kurzfristig zeigen AGH keine          Fluchtmigration und die Frage nach der       al. 2020). Ergebnisse von Bähr et al. (2017)
  positive Wirkung auf den Arbeits-       Integration dieser Personen in den Ar-       deuten darauf hin, dass vor allem das
  markterfolg Geflüchteter; MAT und       beitsmarkt sind für Deutschland keine        Fehlen von adäquaten Deutschkenntnis-
  KompAS haben dagegen positive
                                          neuen Phänomene. Die Fluchtbewegun-          sen sowie beruflich relevanten Qualifika-
  Beschäftigungseffekte.
                                          gen der letzten Jahre stechen jedoch in      tionen eine Hürde darstellen. Außerdem
  y Der Vergleich mit anderen Stu-
                                          verschiedener Hinsicht hervor. Erstens       zeigen diese Studien, dass männliche
  dien lässt den Schluss zu, dass
  die Maßnahmen der aktiven Ar-           wurden allein in den Jahren 2015 und         Geflüchtete hierzulande bereits weitaus
  beitsmarktpolitik für Geflüchtete       2016 über eine Million Asylerstanträ-        häufiger beschäftigt oder mit dem Job-
  ähnlich gut geeignet sind wie für       ge beim Bundesamt für Migration und          center in Kontakt sind als geflüchtete
  arbeitslose Grundsicherungsbezie-
                                          Flüchtlinge (BAMF) gestellt – ein histo-     Frauen – obwohl sie durchschnittlich
  hende insgesamt.
                                          rischer Höchststand (BAMF 2020). Zwei-       nicht höher qualifiziert sind.
                                          tens sind die in den letzten Jahren nach       Um diese geschlechtsspezifische Per-
                                          Europa Geflohenen – verglichen etwa          spektive zu berücksichtigen, untersucht
Der Großteil der Maßnahmen erhöht den Arbeitsmarkterfolg
diese Studie – nach Geschlechtern getrennt – in-                 Alg-II-Bezugsquote sowie das Erwerbseinkommen
                              wieweit ausgewählte Fördermaßnahmen der Ar-                      der Teilnehmenden. Mithilfe der administrativen
                              beitsmarktpolitik helfen, Geflüchtete in den deut-               Personendaten der Bundesagentur für Arbeit (BA)
                              schen Arbeitsmarkt zu integrieren. Die Analysen                  können Effekte bis Dezember 2018, also bis zu
                              basieren auf einer Stichprobe von hilfebedürftigen               21 Monate nach Eintritt in die Förderung unter-
                              Geflüchteten mit Aufenthaltstitel aus völkerrecht-               sucht werden. Die Analyse betrachtet Geflüchtete,
                              lichen, humanitären oder politischen Gründen,                    die ab Anfang 2013 nach Deutschland eingereist
                              die zum 30. September 2016 arbeitslos waren und                  sind. Details zur Datenbasis und Methodik finden
                              Arbeitslosengeld II (Alg II) bezogen haben. Als Ge-              sich in der Infobox 1.
                              förderte werden Personen aus der Stichprobe be-
                              trachtet, die im Zeitraum Oktober 2016 bis März
                                                                                               Welche Maßnahmen werden evaluiert?
                              2017 in eine der evaluierten Maßnahmen eintraten.
                              Sie werden durch Propensity Score Matching mit                   In Deutschland haben Geflüchtete mit Aufenthalts-
                              ihren statistischen Zwillingen von Nichtteilneh-                 erlaubnis Zugang zu den Leistungen der Grundsi-
                              menden verglichen. Letztere ähneln den Teilneh-                  cherung für Arbeitsuchende (Sozialgesetzbuch
                              menden hinsichtlich einer Vielzahl an Merkmalen                  (SGB) II), soweit sie ihren Lebensunterhalt nicht
                              stark. Ein Vergleich beider Gruppen ergibt eine                  selbstständig sichern können. Dazu zählen Instru-
                              Schätzung der Wirkungen auf die ungeförderte                     mente der aktiven Arbeitsmarktpolitik wie Maß-
                              sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, die                 nahmen zur Aktivierung und beruflichen Einglie-
                                                                                               derung (MAbE), entweder bei einem Träger (MAT)
                                                                                               oder einem Arbeitgeber (MAG) sowie Förderung
                                                                                               der beruflichen Weiterbildung (FbW) und Arbeits-
                                                                                       1
                                                                                               gelegenheiten (AGH). Zudem entwickelten die BA
    Daten und Methoden
                                                                                               und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
    Die Analyse wertet vom IAB aufbereitete administrative Personendaten der Statistik
                                                                                               (BAMF) im Zuge der hohen Fluchtmigration der
    der Bundesagentur für Arbeit aus. Sie enthalten eine Vielzahl soziodemografischer
    Merkmale, Einkommensangaben sowie Informationen zu abhängiger Beschäftigung,               letzten Jahre spezielle Maßnahmen für Geflüchtete.
    registrierter Arbeitslosigkeit und Arbeitsuche, zum Bezug von Alg und Alg II sowie zur     Hierzu zählen „Perspektiven für Flüchtlinge“ (PerF),
    Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen. Für Alg-II-Beziehende sind ferner
                                                                                               „Kompetenzfeststellung, frühzeitige Aktivierung
    Informationen über die Mitglieder ihrer Bedarfsgemeinschaft verfügbar. Diese Daten
    wurden zudem mit Angaben zur lokalen Arbeitsmarktlage verknüpft.                           und Spracherwerb“ (KompAS) und „Kooperations-
    Die Analyse bezieht sich ausschließlich auf eine Stichprobe von erwerbsfähigen leis-       modell mit berufsanschlussfähiger Weiterbildung“
    tungsberechtigten Personen, die am 30.9.2016 arbeitslos waren, Alg II empfangen
                                                                                               (Kommit). Mit diesen Maßnahmen soll auf die be-
    haben und eine Aufenthaltserlaubnis aus (völkerrechtlichen, humanitären oder politi-
    schen) Fluchtgründen besaßen, d. h. einen Aufenthaltstitel nach §§ 22–26 Aufenthalts-      sonderen Förderbedarfe hinsichtlich Spracherwerb
    gesetz. In der Stichprobe enthalten sind Individuen, die ab dem 1. Januar 2013 nach        und beruflicher Integration reagiert werden.
    Deutschland eingereist sind und am Stichtag zwischen 17 und 62 Jahre alt waren.
                                                                                                 Für diese Studie konnte nur eine Auswahl dieser
    Teilnehmende sind diejenigen, die zwischen Oktober 2016 und März 2017 in eine der
    evaluierten Maßnahmen eintraten. Die Gruppe der Nichtteilnehmenden unterschei-             Maßnahmen analysiert werden, da im betrachte-
    det sich aus zwei Gründen leicht je nach Maßnahme. Erstens wird den Nichtteilneh-          ten Zeitraum entweder die Teilnehmendenzahlen
    menden ein maßnahmenspezifisches hypothetisches Eintrittsdatum zugeordnet, das
                                                                                               für statistisch belastbare Aussagen zu gering oder
    zufällig aus der Verteilung der Eintrittsdaten der jeweiligen Teilnehmenden gewählt
    wurde. Zweitens können die Nichtteilnehmenden im genannten Zeitraum in eine ande-          die erhobenen Teilnahmedaten bereits unvoll-
    re Fördermaßnahme bzw. zu einem späteren Zeitpunkt in dieselbe Fördermaßnahme              ständig sind (Statistik der BA 2019). Angesichts
    eintreten. Für die Wirkungsanalysen wurde der Effekt der Förderung auf verschiedene
    Ergebnisvariablen mittels Propensity Score Matching geschätzt. Diese Methode iden-         geringer Fallzahlen für Frauen wird nur MAT für
    tifiziert für jede geförderte Person sogenannte „statistische Zwillinge“, also Personen    beide Geschlechter analysiert. Für Männer werden
    aus der Kontrollgruppe, die ihnen in der geschätzten Teilnahmewahrscheinlichkeit
                                                                                               zusätzlich MAG, FbW, AGH und KompAS einbezo-
    stark ähneln. Zur Steigerung der statistischen Effizienz nutzen wir ein sog. Radius Mat-
    ching. Dieses nutzt den Durchschnitt aller statistischen Zwillinge, deren Distanz zum      gen, wobei Letztere in der Analyse ebenfalls in der
    jeweiligen Teilnehmenden bzgl. der Teilnahmewahrscheinlichkeit geringer ist als ein        Kategorie MAT enthalten ist.
    vorgegebener Schwellenwert. Ein Mittelwertvergleich der Ergebnisvariablen zwischen
                                                                                                 Tabelle T1 fasst das Wichtigste zu diesen Maß-
    Geförderten und ihren statistischen Zwillingen ergibt den Schätzwert des kausalen Ef-
    fekts für die Geförderten. Grundsätzlich kann dieser Ansatz verzerrte Schätzergebnisse     nahmen zusammen. Die Zielgruppen/Zielset-
    liefern, wenn relevante Merkmale nicht in der Analyse berücksichtigt werden. Weiter-       zungen weisen auf mögliche Unterschiede hin-
    gehende Sensitivitätsanalysen zeigen, dass die Hauptergebnisse dieser Studie relativ
                                                                                               sichtlich der Arbeitsmarktnähe der jeweiligen
    robust bzgl. einer solchen Verzerrung sind.
                                                                                               Teilnehmenden hin. Als arbeitsmarktnah definiert

2      IAB-Kurzbericht 7|2021
Der Großteil der Maßnahmen erhöht den Arbeitsmarkterfolg
sind hier Personen mit Merkmalen, die es ihnen                                  derem daran liegen, dass Arbeitgeber, bei denen
ermöglichen, auch ohne Förderung relativ schnell                                diese Maßnahmen durchgeführt werden, ein Inte-
eine Beschäftigung zu finden. Für arbeitsmarkt-                                 resse an möglichst geeigneten Teilnehmenden ha-
ferne Personen gilt das Gegenteil. Brücker et al.                               ben. Diese Personen dürften auch ohne eine Förde-
(2020) zeigen beispielsweise, dass die Beschäfti-                               rung vergleichsweise hohe Beschäftigungschancen
gungswahrscheinlichkeit Geflüchteter in Deutsch-                                haben, was in Studien für andere Zielgruppen
land – und damit ihre Arbeitsmarktnähe – positiv                                festgestellt wurde (z. B. Harrer et al. 2017). Teilneh-
mit der Aufenthaltsdauer, vor allem aber mit dem                                mende an einer FbW sollten die beste Qualifikation
Ausbildungsniveau, zusammenhängt.                                               aufweisen, da diese Art der Förderung tendenziell
      Potenzielle Teilnehmende an einer AGH sollten                             das höchste Deutschniveau voraussetzt und die
am arbeitsmarktfernsten sein, da diese einer be-                                Option zur Anerkennung bereits im Ausland er-
sonderen Unterstützung und Begleitung bedürfen,                                 worbener beruflicher Abschlüsse besteht.
um ihre Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten, zu                                    Die Maßnahmen variieren allerdings nicht nur
stärken und sie an den Arbeitsmarkt heranzufüh-                                 hinsichtlich ihrer Zielgruppe, sondern auch bezüg-
ren. AGH sind tatsächlich nur dann einzusetzen,                                 lich ihrer Dauer (vgl. Tabelle T1). Die mittlere tat-
wenn dies mit anderen Maßnahmen nicht erreicht                                  sächliche Dauer der Maßnahmen reicht von einem
werden kann (BA 2017). An einer KompAS-Maßnah-                                  Monat im Falle von MAG bis zu sechs Monaten bei
me sollen diejenigen teilnehmen, die noch nicht                                 KompAS. FbW und AGH zeigen jedoch auch deut-
über ausreichende Deutschkenntnisse verfügen                                    lich längere Maßnahmendauern. Gerade längere
und noch keinen Integrationskurs besucht haben.                                 Maßnahmen können kurzfristig zu sinkenden Be-
      Bezüglich MAbE ist zu erwarten, dass Teilneh-                             schäftigungschancen der Geförderten – einem so-
mende an einer MAG arbeitsmarktnäher sind als                                   genannten Lock-in-Effekt – führen, weil ihnen we-
Teilnehmende an einer MAT. Das dürfte unter an-                                 niger Zeit und Motivation für die Arbeitsuche bleibt.

                                                                                                                                                                             T1
Maßnahmenbeschreibung in Kürze

                                                                                                                                                      Tatsächliche Teilnahmedauer
                            Rechtsgrund-                                                                                                               im Untersuchungszeitraum1)
        Maßnahme                                                  Zielgruppe                                     Ziel/Wirkungslogik
                                lage                                                                                                                                       Obere
                                                                                                                                                      Mittlere Dauer
                                                                                                                                                                         5 Prozent
 Maßnahmen                § 16 Abs. 1 SGB II    Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die            Heranführung an den Ausbildungs- und Ar-             3 Monate        Mindestens
 bei einem Träger         i.V.m.                über ein Deutschniveau verfügen, mit dem           beitsmarkt, Feststellung, Verringerung oder                           8 Monate
 (MAT)                    § 45 SGB III          sie an der Maßnahme teilnehmen und das             Beseitigung von Vermittlungshemmnissen,
                                                Maßnahmeziel erreichen können                      Vermittlung in eine versicherungspflichtige
                                                                                                   Beschäftigung, Heranführung an eine selbst-
                                                                                                   ständige Tätigkeit oder Stabilisierung einer
                                                                                                   Beschäftigungsaufnahme
 Kompetenzfest-           § 16 Abs. 1 SGB II    Volljährige erwerbsfähige Leistungsberech-         Besteht aus einer Kombination von Sprach-            6 Monate        Mindestens
 stellung, frühzei-       i.V.m.                tigte – insbesondere mit dem Hintergrund           förderung und einer MAT;                                              8 Monate
 tige Aktivierung         § 45 SGB III und      Flucht, die über keine/nicht genügende             Ziel ist frühzeitige Feststellung von Kompe-
 und Spracher-            § 43 Aufenthalts-     Deutschkenntnisse verfügen und noch kei-           tenzen der Teilnehmenden und die Möglich-
 werb (KompAS)            gesetz                nen Integrationskurs absolviert haben              keit zu schaffen, erworbene Deutschkennt-
                                                                                                   nisse in der Praxis zu trainieren
 Maßnahmen                § 16 Abs. 1 SGB II    Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, deren          Insbesondere Heranführung an den Ausbil-              1 Monat        Mindestens
 bei einem Arbeit-        i.V.m.                Sprachkenntnisse für eine erfolgreiche             dungs- und Arbeitsmarkt, Vermittlung, Fest-                           3 Monate
 geber (MAG)              § 45 SGB III          Durchführung ausreichen                            stellung bzw. Erprobung berufsfachlicher
                                                                                                   Kenntnisse bei einem Betrieb
 Förderung der            § 16 Abs. 1 SGB II    Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die            Berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten                5 Monate        Mindestens
 beruflichen Wei-         i.V.m.                über ein Deutschniveau verfügen, mit dem           erweitern, einen beruflichen Abschluss                               13 Monate
 terbildung (FbW)         §§ 81 ff SGB III      sie an der Weiterbildung teilnehmen und            erlangen und ausländische Abschlüsse aner-
                                                das Maßnahmeziel erreichen können                  kennen, um Individuen so in den Arbeits-
                                                                                                   markt zu integrieren
 Arbeitsgelegen-          § 16d SGB II          Sehr arbeitsmarktferne erwerbsfähige               Erhaltung, Stärkung und Wiedererlangung              3 Monate        Mindestens
 heiten (AGH)                                   Leistungsberechtigte, die einer besonderen         der Beschäftigungsfähigkeit; Heranführen                             12 Monate
                                                Unterstützung und Begleitung bedürfen              an das Arbeitsleben
                                                und die mit keiner anderen Eingliederungs-
                                                leistung an das Arbeitsleben herangeführt
                                                werden können

1)
     Werte sind gerundet. Für MAT beziehen sich die Angaben auf männliche und weibliche Teilnehmende. Die anderen Werte beziehen sich nur auf männliche Teilnehmende.
Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien und weitere Personendatensätze des IAB (Stichprobe von hilfebedürftigen Geflüchteten mit Aufenthaltstitel), eigene Berechnungen. Ohne Daten
der zugelassenen kommunalen Träger. BA (2012a, 2012b, 2013, 2017) und BAMF (2017). © IAB

                                                                                                                                                      IAB-Kurzbericht 7|2021         3
Diese Verschiebung der Arbeitsuche lässt sich auch                          dest eine Ausbildung angefangen beziehungs-
                                    als Investition in Humankapital interpretieren.                             weise eine Hochschule besucht haben, zeigt sich:
                                                                                                                AGH-Teilnehmer weisen mit 7 Prozent den kleins-
                                                                                                                ten Anteil auf, gefolgt von KompAS- sowie MAT-
                                    Welche Geflüchteten werden gefördert?
                                                                                                                Teilnehmenden mit je 10 Prozent. Der Anteil der
                                    Tabelle T2 präsentiert Beobachtungszahlen unse-                             MAG-Teilnehmer ist wesentlich höher (17 %). Mit
                                    rer Stichprobe und deskriptive Statistiken für aus-                         Abstand die höchste Quote weisen allerdings FbW-
                                    gewählte, zum Stichtag gemessene Merkmale – also                            Teilnehmer mit 33 Prozent auf. Unter allen Nicht-
                                    vor einer etwaigen Maßnahmenteilnahme – sowohl                              teilnehmenden haben 10 bis 11 Prozent zumindest
                                    für geförderte als auch für ungeförderte Geflüch-                           eine Ausbildung angefangen beziehungsweise
                                    tete nach Geschlecht und evaluierter Förderung.                             eine Hochschule besucht. Des Weiteren fällt auf,
                                    Die Geflüchteten nahmen im Untersuchungszeit-                               dass AGH-, KompAS- sowie MAT-Teilnehmende
                                    raum am häufigsten an einer MAT teil, gefolgt von                           mit etwa 2 Jahren eine kürzere Aufenthaltsdau-
                                    KompAS. Am dritthäufigsten sind Teilnahmen an                               er haben im Vergleich zu MAG-Teilnehmenden
                                    einer MAG. Die niedrigste Teilnehmerzahl betrifft                           (2,8 Jahre) sowie FbW-Teilnehmenden (3,2 Jahre).
                                    die FbW. Weitergehende Analysen zeigen, dass                                Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer unter al-
                                    Geflüchtete anteilig häufiger mit MAT gefördert                             len Nichtteilnehmenden beträgt 2,3 Jahre.
                                    werden als Nichtgeflüchtete. Die anderen unter-                               Da sowohl das Ausbildungsniveau als auch die
                                    suchten Maßnahmen werden für Geflüchtete ten-                               Aufenthaltsdauer positiv mit der Beschäftigungs-
                                    denziell seltener eingesetzt als für Nichtgeflüchtete.                      wahrscheinlichkeit zusammenhängen, sprechen
                                       Darüber hinaus unterscheiden sich die Teilneh-                           diese Befunde dafür, dass Teilnehmende an AGH
                                    menden teilweise recht deutlich sowohl unter-                               in der Tat am arbeitsmarktfernsten sein sollten in
                                    einander als auch von den Nichtteilnehmenden.                               Vergleich zu Nichtteilnehmenden, während Teil-
                                    Bezüglich des Anteils von Personen, die zumin-                              nehmende an MAG arbeitsmarktnäher und die an
                                                                                                                FbW am arbeitsmarktnähesten erscheinen. Bezüg-
                                                                                                    T2          lich des Alters zeigen sich kleinere Unterschiede;
Stichprobemerkmale nach Geschlecht und Maßnahmenteilnahme-Status                                                insgesamt sind die Geflüchteten im Schnitt jedoch
                                                                                                                deutlich jünger als die deutsche Gesamtbevölke-
                                            Frauen                           Männer
                                             MAT        MAT      KompAS       MAG        FbW         AGH        rung (Brücker et al. 2020).
 Alle Teilnehmenden                                                                                               Sollten FbW- und MAG-Teilnehmende tatsäch-
 Durchschnitt in Jahren                                                                                         lich arbeitsmarktnäher sein, müssten sie auch
      Alter                                   34,0        30,3       28,7       30,2       32,6       32,3
                                                                                                                ohne Maßnahmenteilnahme eine höhere Beschäf-
      Aufenthaltsdauer                          2,3        2,2        1,8        2,8        3,2          2,1
                                                                                                                tigungsquote aufweisen als die Nichtteilnehmen-
 Anteil in Prozent
      Kein Berufsabschluss                    51,4        58,1       51,7       64,5       46,9       59,2
                                                                                                                den. Dagegen sollte sich bei AGH-Teilnehmenden
      Ausbildung oder Hochschule1)            10,9        10,2       10,2       16,6       33,1          7,3    eine niedrigere Beschäftigungsquote zeigen. Um
      Abschluss unbekannt                     37,7        31,6       38,1       19,0       20,0       33,6      das zu überprüfen, vergleichen wir im Folgenden
 Anzahl Teilnehmende                         1.453      6.481      1.874        906        495         590      die Quoten in ungeförderter sozialversicherungs-
 Alle nichtteilnehmenden arbeitslosen Alg-II-Beziehenden2)
                                                                                                                pflichtiger Beschäftigung aller Nichtteilnehmen-
 Durchschnitt in Jahren
                                                                                                                den arbeitslosen Alg-II-Beziehenden mit denen der
      Alter                                   36,4        31,8       31,7       31,6       31,5       31,5
      Aufenthaltsdauer                          2,2        2,3        2,3        2,2        2,2          2,3    statistischen Zwillinge der Teilnehmenden. Letztere
 Anteil in Prozent                                                                                              Gruppe ähnelt den Geförderten bis zum Zeitpunkt
      Kein Berufsabschluss                    53,0        59,3       59,7       58,9       59,2       59,1      der Teilnahme stark im Hinblick auf die bisherigen
      Ausbildung oder Hochschule1)              9,5       11,2       11,0       10,8       10,7       11,1      Arbeitsmarktergebnisse, wurde aber im maßgebli-
      Abschluss unbekannt                     37,5        29,5       29,3       30,3       30,1       29,8
                                                                                                                chen Zeitraum nicht gefördert und bildet somit ab,
 Anzahl Nichtteilnehmende                   10.652     26.655     31.801     31.588     32.212     32.142
                                                                                                                wie sich die Arbeitsmarktergebnisse der Teilneh-
     Diese Kategorie beinhaltet sowohl angefangene als auch abgeschlossene berufliche Ausbildungen bzw. Hoch-   menden ohne Förderung weiterentwickelt hätten.
1)

     schulstudiengänge.
2)
     Die Nichtteilnehmenden unterscheiden sich aufgrund der Implementation des Matchingverfahrens leicht in     Liegt die Beschäftigungsquote der statistischen
     ihrer Zusammensetzung je nach Maßnahme. Details befinden sich in der Infobox „Daten und Methoden“.
Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien und weitere Personendatensätze des IAB (Stichprobe von hilfebedürftigen
                                                                                                                Zwillinge der Teilnehmenden höher als die aller
Geflüchteten mit Aufenthaltstitel), eigene Berechnungen. Ohne Daten der zugelassenen kommunalen Träger
© IAB
                                                                                                                Nichtteilnehmenden, so spricht dies für eine Selek-

4          IAB-Kurzbericht 7|2021
tion von relativ arbeitsmarktnahen Personen in die      und auf eine zukünftige reguläre Beschäftigung
jeweilige Maßnahme. Der umgekehrte Fall deutet          vorbereiten soll, ist zu erwarten, dass erst länger-
auf die Auswahl von relativ arbeitsmarktfernen Teil-    fristig – und womöglich in Kombination mit weite-
nehmenden hin. Somit ist zu erwarten, dass gerade       ren Maßnahmen – positive Beschäftigungswirkun-
die Beschäftigungsquoten der statistischen Zwillin-     gen auftreten, eventuell auch in Abhängigkeit des
ge der AGH-Teilnehmenden niedriger sind als die         Einsatzfeldes (Kiesel/Wolff 2018).
aller Nichteilnehmenden. Für MAG und FbW sollte
das Gegenteil gelten. Die in Tabelle T3 präsentierten
Ergebnisse deuten auf genau dieses Muster hin.                                                                                                               T3

  Im Folgenden werden die Arbeitsmarktergeb-            Quote in ungeförderter sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung für alle
                                                        Nichtteilnehmenden und die statistischen Zwillinge
nisse der Teilnehmenden mit denen ihrer statis-
tischen Zwillinge verglichen, um die Wirkung der                                            Quote in % nach                          Quote in % nach
                                                                                      12 Monaten seit Förderbeginn             21 Monaten seit Förderbeginn
jeweiligen Förderung auf die ungeförderte sozial-
                                                                                   Alle nichtteilneh-                 Alle nichtteilneh-
versicherungspflichtige Beschäftigung, die Alg-II-                                                      Statistische                       Statistische
                                                                                   menden arbeits-                    menden arbeits-
                                                                                                       Zwillinge der                      Zwillinge der
                                                                                  losen Alg-II-Bezie-                losen Alg-II-Bezie-
Bezugsquote und das inflationsbereinigte Erwerbs-                                       henden1)
                                                                                                      Teilnehmenden
                                                                                                                           henden1)
                                                                                                                                         Teilnehmenden

einkommen der Teilnehmenden zu schätzen.                 Frauen          MAT               1,8                 2,6                     3,5                 5,0
                                                                         MAT             11,9                 12,5                  21,0                 21,5
                                                                       KompAS            12,3                  9,9                  20,9                 19,2
AGH zeigen keine positive Wirkung auf
                                                         Männer          MAG             11,9                 17,6                  21,8                 29,0
den Arbeitsmarkterfolg
                                                                         FbW             12,0                 18,4                  21,8                 29,6

Die Wirkungsanalyse von AGH zeigt größtenteils                           AGH             12,4                 11,7                  22,1                 20,6

negative Effekte auf die Beschäftigung der Teil-        1)
                                                             Die Beschäftigungquoten unterscheiden sich geringfügig für alle nichtteilnehmenden arbeitslosen Alg-II-
                                                             Beziehenden je nach Maßnahme. Das ist in der Implementation des Matchingverfahrens begründet. Details
nehmer (vgl. Abbildung A1), allerdings sind die              befinden sich in der Infobox „Daten und Methoden“.
Unterschiede zwischen Teilnehmern und ihren             Lesebeispiel: Unter allen Nichtteilnehmenden einer Förderung der beruflichen Weiterbildung in der potenziellen
                                                        Kontrollgruppe sind 21 Monate nach einem hypothetischen Maßnahmeneintritt 21,8 Prozent in ungeförderter
statistischen Zwillingen zum Ende des Beobach-          sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Die statistischen Zwillinge der Geförderten haben eine Beschäfti-
                                                        gungsquote von 29,6 Prozent zu diesem Zeitpunkt.
tungszeitraums nicht mehr signifikant. Darüber          Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien und weitere Personendatensätze des IAB (Stichprobe von hilfebedürftigen
                                                        Geflüchteten mit Aufenthaltstitel), eigene Berechnungen. Ohne Daten der zugelassenen kommunalen Träger.
hinaus erhöht die AGH-Teilnahme kurzzeitig die          © IAB
Alg-II-Bezugsquote der Geförderten (vgl. Abbil-
dung A2 auf Seite 6), nach etwa 6 Monaten sind die                                                                                                           A1

Schätzwerte aber auch hier nicht mehr signifikant.      Teilnahmewirkung der Maßnahmen auf die Wahrscheinlichkeit, einer
Da AGH-Maßnahmen relativ lange dauern können            ungeförderten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen
                                                        in Prozentpunkten
– die 5 Prozent längsten Maßnahmen in unserer
Stichprobe dauern 12 Monate und mehr –, sind ge-
rade in den ersten Monaten nach Eintritt in die För-          20

derung Lock-in-Effekte nicht überraschend. Wäh-                                                                                              Maßnahmen
                                                                                                                                                   MAT–Frauen
rend für Beschäftigung und die Alg-II-Bezugsquote             15
                                                                                                                                                   MAT–Männer
                                                                                                                                                   MAG–Männer
keine Effekte zum Ende der Beobachtungsperiode                                                                                                     KompAS–Männer
nachgewiesen werden können, finden sich für das               10                                                                                   FbW–Männer
                                                                                                                                                   AGH–Männer
monatliche Erwerbseinkommen signifikante ne-
                                                                                                                                              Signifikante Werte
gative Effekte von knapp 30 Euro nach 21 Monaten               5
                                                                                                                                                    (5 %-Niveau)
(vgl. Tabelle T4 auf Seite 6). Diese Ergebnisse sind
vergleichbar mit Analysen von Harrer und Stockin-              0

ger (2019) zur AGH-Förderwirkung für arbeitslose
Alg-II-Beziehende, die Effekte ohne Fokus auf Ge-             -5
                                                                   0             5              10            15                  20
flüchtete schätzen: Auch hier zeigen sich um 2 Pro-                                  Monate seit Förderbeginn

zentpunkte verringerte Beschäftigungsquoten und         Lesebeispiel: 20 Monate nach dem Beginn der Förderung der beruflichen Weiterbildung weisen teilnehmende
                                                        Männer eine etwa 15 Prozentpunkte höhere Quote in ungeförderter sozialversicherungspflichtiger Beschäfti-
um 4 Prozentpunkte erhöhte Alg-II-Bezugsquoten.         gung auf als ihre nichtteilnehmenden statistischen Zwillinge.
Da eine AGH-Teilnahme besonders arbeitsmarkt-           Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien und weitere Personendatensätze des IAB (Stichprobe von hilfebedürftigen
                                                        Geflüchteten mit Aufenthaltstitel), eigene Berechnungen. Ohne Daten der zugelassenen kommunalen Träger.
ferne Personen an den Arbeitsmarkt heranführen          © IAB

                                                                                                                                  IAB-Kurzbericht 7|2021             5
Positive Beschäftigungseffekte für MAT                                       Zwillingen. Am Ende des Beobachtungszeitraums
                                   und KompAS                                                                   beträgt der Effekt 2,5 Prozentpunkte, mit einer Be-
                                                                                                                schäftigungsquote der Geförderten von gut 24 Pro-
                                   Die Wirkungsanalyse für Teilnehmerinnen einer                                zent gegenüber 21,5 Prozent bei den statistischen
                                   MAT zeigt, dass nach etwa 10 Monaten ein signi-                              Zwillingen.
                                   fikanter positiver Beschäftigungseffekt einsetzt.                              Die MAT-Teilnahme von geflüchteten Frauen
                                   Nach 12 Monaten beträgt die Beschäftigungsquo-                               erhöht bis einschließlich 12 Monate nach Ein-
                                   te bei Teilnehmerinnen 3,7 Prozent gegenüber                                 tritt in die Förderung die Alg-II-Bezugsquote um
                                   2,6 Prozent bei ihren statistischen Zwillingen. Der                          1,5 Prozentpunkte (vgl. Abbildung A2). In den Fol-
                                   Teilnahmeeffekt beträgt also 1,1 Prozentpunkte                               gemonaten sind keine signifikanten Effekte mehr
                                   nach 12 Monaten. Dieser Effekt steigt über die Zeit                          nachweisbar. Für MAT-Teilnehmer zeigt sich
                                   leicht an und erreicht zum Ende des Beobachtungs-                            bis einschließlich 20 Monate nach Eintritt in die
                                   zeitraumes 2,4 Prozentpunkte, mit einer Beschäfti-                           Förderung eine um etwa 1 Prozentpunkt erhöhte
                                   gungsquote von 7,4 Prozent für Teilnehmerinnen                               Wahrscheinlichkeit, Alg II zu beziehen. Wie bei
                                   gegenüber etwa 5 Prozent für vergleichbare Nicht-                            den Frauen wird auch dieser Effekt zum Ende des
                                   teilnehmende. Bei MAT-Teilnehmern ergibt sich                                Beobachtungszeitraums insignifikant. Darüber hi-
                                   ein ähnliches Muster; nach 12 Monaten erreicht                               naus gibt es 21 Monate nach Förderbeginn keinen
                                   die Beschäftigungsquote der Geförderten 14 Pro-                              signifikanten Effekt auf das monatliche Erwerbs-
                                   zent gegenüber 12,5 Prozent bei den statistischen                            einkommen bei MAT-Teilnehmerinnen, aber einen
                                                                                                                signifikant positiven Effekt von 36 Euro bei MAT-
                                                                                                                Teilnehmern (vgl. Tabelle T4).
                                                                                                                  Die Ergebnisse für KompAS deuten auf einen
                                                                                                    A2
                                                                                                                im Vergleich zu MAT stärkeren Lock-in-Effekt der
Teilnahmewirkung der Maßnahmen auf die Alg-II-Leistungsbezugsquote
                                                                                                                geförderten Männer in den ersten Monaten nach
in Prozentpunkten
                                                                                                                Teilnahmebeginn hin, vermutlich da die Maßnah-
     5
                                                                                                                men im Mittel etwa 3 Monate länger dauern als
                                                                                                                MAT insgesamt. Nach 12 Monaten weisen sowohl
     0
                                                                                    Maßnahmen                   Teilnehmende als auch ihre statistischen Zwillin-
                                                                                          MAT–Frauen
                                                                                          MAT–Männer
                                                                                                                ge eine Beschäftigungsquote von 10 Prozent auf.
     -5                                                                                   MAG–Männer            Ab 19 Monaten nach Teilnahmebeginn zeigen die
                                                                                          KompAS–Männer
                                                                                          FbW–Männer            Schätzungen einen signifikant positiven Effekt von
    -10                                                                                   AGH–Männer
                                                                                                                etwa 3 Prozentpunkten auf die Beschäftigungsquo-
                                                                                    Signifikante Werte          te bis zum Ende des Beobachtungszeitraums. Das
                                                                                          (5 %-Niveau)
    -15                                                                                                         bezieht sich auf eine Beschäftigungsquote bei Ge-
          0             5              10             15                 20
                             Monate seit Förderbeginn
                                                                                                                förderten beziehungsweise Nichtgeförderten von
                                                                                                                22,4 Prozent beziehungsweise 19,2 Prozent nach
Lesebeispiel: 18 Monate nach dem Beginn der Förderung der beruflichen Weiterbildung weisen teilnehmende
Männer eine etwa 8 Prozentpunkte niedrigere Alg-II-Bezugsquote auf als ihre nichtteilnehmenden statistischen    21 Monaten. Maßnahmenwirkungen auf die Alg-
Zwillinge.
Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien und weitere Personendatensätze des IAB (Stichprobe von hilfebedürftigen   II-Bezugsquote deuten bis einschließlich 18 Mona-
Geflüchteten mit Aufenthaltstitel), eigene Berechnungen. Ohne Daten der zugelassenen kommunalen Träger.
© IAB                                                                                                           te nach Eintritt in die Förderung auf eine signifi-
                                                                                                    T4          kante Erhöhung von etwa 2 bis 3 Prozentpunkten
Teilnahmewirkung der Maßnahmen auf das monatliche Erwerbseinkommen                                              hin. Danach werden die Punktschätzungen kleiner
nach 21 Monaten                                                                                                 und sind nicht länger signifikant. Überdies haben
                                                                                                                KompAS-Teilnehmer ein im Schnitt 50 Euro höhe-
                         Frauen                                     Männer
                            MAT           MAT           KompAS       MAG            FbW            AGH
                                                                                                                res monatliches Erwerbskommen als ihre statisti-
 Effekt in Euro             18            36**           50*        353***         502**          –29***        schen Zwillinge nach 21 Monaten (vgl. Tabelle T4).
Statistisch signifikant: *p
Deutlich höhere Förderwirkungen bei                   Die FbW-Teilnahme führt nur kurzfristig zu einem
MAG sowie FbW                                         signifikanten Lock-in-Effekt von etwa 2 Prozent-
                                                      punkten bezüglich ungeförderter sozialversiche-
MAG-Teilnehmer erfahren einen unmittelbaren           rungspflichtiger Beschäftigung. Ab 10 Monaten
signifikanten positiven Beschäftigungseffekt, der     nach Eintritt zeigt die FbW-Teilnahme signifikant
über die Zeit wächst und sich zum Ende der Be-        positive Effekte auf die Beschäftigungswahrschein-
obachtungsperiode bei etwa 20 Prozentpunkten          lichkeit der Teilnehmer. Zum Ende des Beobach-
stabilisiert (vgl. Abbildung A1). Obwohl die MAG      tungszeitraums haben Teilnehmer eine um etwa
und MAT gesetzlich eine ähnliche Zielgruppe auf-      13 Prozentpunkte höhere Beschäftigungsquote als
weisen, sind die Beschäftigungseffekte der Maß-       ihre statistischen Zwillinge. Die Maßnahme FbW
nahmen bei einem Arbeitgeber um einiges größer.       hat somit den zweitstärksten Beschäftigungseffekt
Ein wichtiger Grund dafür dürfte sein, dass MAG       nach MAG. Außerdem zeigt sich eine signifikante
den direkten Kontakt zu einem Betrieb ermögli-        Minderung der Alg-II-Bezugsquote durch die FbW-
chen, was Beschäftigungschancen (im gleichen          Teilnahme ab 14 Monaten nach Eintritt. Dieser Ef-
Betrieb) nach der Förderung eröffnen kann. An-        fekt steigt im Betrag bis auf etwa 10 Prozentpunkte.
dererseits besteht das Risiko von Mitnahmeef-         Die Teilnahme an einer FbW wirkt sich ebenfalls
fekten, also dem Umstand, dass Arbeitsuchende         positiv auf das Erwerbseinkommen der Teilneh-
gefördert werden, die auch ohne Unterstützung         menden aus. Nach 21 Monaten ist das monatliche
eine Beschäftigung gefunden hätten. Das hätte zur     Erwerbseinkommen der Teilnehmenden um etwa
Folge, dass Arbeitsuchende, die die Förderung am      500 Euro höher als das der statistischen Zwillinge
meisten brauchen, diese eventuell nicht erhalten.     (vgl. Tabelle T4). Damit weist die FbW-Teilnahme
Da die MAG allerdings bis zum Ende der Beobach-       die höchsten Effekte auf das Erwerbseinkommen
tungsperiode Effekte auf Beschäftigung aufweist,      auf. Die Teilnahme an einer FbW ermöglicht es den
erscheinen große Mitnahmeeffekte unwahrschein-        Teilnehmern offenbar, berufliche Kenntnisse und
lich. Spiegelbildlich zu den Beschäftigungseffekten   Fähigkeiten zu erweitern, die sie erfolgreich am
verhalten sich die Effekte der MAG-Teilnahme auf      Arbeitsmarkt verwerten können. Diese Resultate
die Alg-II-Bezugsquote. Die Maßnahme reduziert        ähneln den Ergebnissen von Bernhard (2016) für
diese schon im ersten Monat nach Fördereintritt.      eine umfassendere Zielgruppe von arbeitslosen
Nach 21 Monaten liegt die Alg-II-Bezugsquote          Alg-II-Beziehenden, wonach der Beschäftigungs-
um etwa 15 Prozentpunkte niedriger, als sie ohne      effekt für FbW-Teilnehmende langfristig zwischen
Förderung gewesen wäre (vgl. Abbildung A2). Im        3 und 14 Prozentpunkten liegt. Bernhard (2016)
Einklang mit diesen Ergebnissen finden sich gro-      findet außerdem einen negativen Effekt von 3 bis
ße positive Effekte auf das monatliche Erwerbsein-    10 Prozentpunkten auf die Alg-II-Bezugsquote und
kommen der MAG-Teilnehmer nach 21 Monaten             einen positiven Effekt auf den durchschnittlichen
von etwa 350 Euro. Im Vergleich zu Effekten auf       Monatslohn von 55 bis 334 Euro.
das Erwerbseinkommen von einer MAT-Teilnahme
ist dies ebenfalls deutlich höher. Dieses Muster,
                                                      Fazit
also die größeren Förderwirkungen von Maßnah-
men bei einem Arbeitgeber gegenüber Maßnah-           Dieser Bericht präsentiert aktuelle Forschungser-
men bei einem Träger, zeigen ebenfalls Harrer         gebnisse über die Effekte von Fördermaßnahmen
et al. (2017) für eine breiter gefasste Zielgruppe    auf den Arbeitsmarkterfolg von teilnehmenden Ge-
von arbeitslosen Alg-II-Beziehenden: Die Studie       flüchteten. Die evaluierten Maßnahmen umfassen
ermittelt eine Wirkung auf die Beschäftigungs-        Arbeitsgelegenheiten, Maßnahmen zur beruflichen
wahrscheinlichkeit bis zu 45 Monate nach Eintritt     Eingliederung und die Förderung der beruflichen
in die Förderung zwischen 15 und 25 Prozentpunk-      Weiterbildung. Arbeitsgelegenheiten helfen im
ten bei MAG-Geförderten, gegenüber 1 bis 4,5 Pro-     Beobachtungszeitraum weder dabei, die Beschäf-
zentpunkten bei MAT-Geförderten. Auch hier sind       tigungswahrscheinlichkeit oder die Erwerbsein-
die Einkommenseffekte bei MAG-Geförderten um          kommen der Teilnehmer zu erhöhen, noch die
einiges höher als bei MAT-Geförderten.                Alg-II-Bezugsquote zu reduzieren. Allerdings ist zu

                                                                                                        IAB-Kurzbericht 7|2021   7
berücksichtigen, dass Teilnehmende dieser Maß-                          Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für
                                 nahme besonders arbeitsmarktfern sind und die                           Geflüchtete ähnlich gut geeignet sind wie für ar-
                                 Maßnahme somit eventuell nur einen ersten Schritt                       beitslose Alg-II-Beziehende insgesamt.
                                 zur Reduktion von Vermittlungshemmnissen dar-
                                 stellt. Maßnahmen zur beruflichen Eingliederung
                                 bei einem Träger sowie die flüchtlingsspezifische
        Dr. Zein Kasrin                                                                                  Literatur
                                 Maßnahme KompAS erhöhen zumindest zum Ende
    ist Mitarbeiterin im                                                                                 Bähr, Sebastian; Beste, Jonas; Wenzig, Claudia (2017):
Forschungsbereich „Grund-        des Beobachtungszeitraums die Beschäftigungs-                             Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten im SGB II:
sicherung und Aktivierung“       chancen der Teilnehmenden, sind jedoch bis ein-                           Hemmnisse abbauen und Potenziale nutzen. IAB Kurz-
           im IAB.                                                                                         bericht 23/2017.
                                 schließlich 21 Monate nach Eintritt in die Förde-
      zein.kasrin@iab.de                                                                                 Bernhard, Sarah (2016): Berufliche Weiterbildung von
                                 rung nicht in der Lage, die Alg-II-Bezugsquote zu                         Arbeitslosengeld-II-Empfängern. Langfristige Wirkungs-
                                 verringern. Dennoch zeigen die Ergebnisse, dass                           analysen. Sozialer Fortschritt 65 (7): 153–161.

                                 männliche Teilnehmende an einer MAT/KompAS                              Brücker, Herbert; Kosyakova, Yuliya; Schuß, Eric (2020):
                                                                                                           Integration in Arbeitsmarkt und Bildungssystem macht
                                 moderat positive Effekte auf das Erwerbseinkom-                           weitere Fortschritte. IAB-Kurzbericht 4/2020.
                                 men aufweisen. Letztlich bleibt abzuwarten, ob                          Bundesagentur für Arbeit (BA) (2017): Fachliche Weisungen
                                 Untersuchungen in der langen Frist Erfolge von                           „Zweites Buch Sozialgesetzbuch – SGB II § 16d SGB II Ar-
                                                                                                           beitsgelegenheiten“ (Stand: Januar 2017).
                                 MAT/KompAS hinsichtlich der Verringerung der
                                                                                                         Bundesagentur für Arbeit (BA) (2013): Fachliche Hinwei-
   Dr. Bastian Stockinger        Alg-II-Bezugsquote vermelden können. Dies er-                             se „Förderung der beruflichen Weiterbildung nach § 16
 ist Mitarbeiter im Statistik-   scheint durchaus plausibel, da verbesserte Sprach-                        Abs. 1 SGB II i.V.m. §§ 81 ff. SGB III“ (Stand: März 2013).
Service Südost der Bundes-                                                                               Bundesagentur für Arbeit (BA) (2012a): Fachliche Hinweise
      agentur für Arbeit.        kenntnisse und anderweitig erworbene Fähigkeiten
                                                                                                          „Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliede-
      bastian.stockinger         der Teilnehmenden womöglich erst langfristig zu                           rung nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III“ Maßnah-
      @arbeitsagentur.de         deutlich erhöhten Einkommen und damit zu einer                            men bei einem Träger (MAT) (Stand: April 2012).
                                                                                                         Bundesagentur für Arbeit (BA) (2012b): Fachliche Hinweise
                                 verringerten Hilfsbedürftigkeit führen. Die Ergeb-
                                                                                                          „Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliede-
                                 nisse dieser Analyse zeigen allerdings klar, dass die                     rung nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III“ Maß-
                                 Teilnahme an MAG oder FbW für relativ arbeits-                            nahmen bei einem Arbeitgeber (MAG) (Stand: April 2012).
                                                                                                         Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2020):
                                 marktnahe Geflüchtete deutliche positive Effekte
                                                                                                           Statistik – Aktuelle Zahlen, Ausgabe Dezember 2020.
                                 auf Beschäftigung und Erwerbseinkommen auf-                             Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (2017):
                                 weist und die Alg-II-Bezugsquote reduziert.                               KompAS Kompetenzfeststellung, frühzeitige Aktivierung
                                                                                                           und Spracherwerb. Anlage zum Trägerrundschreiben
                                   Die Teilnahme an den relativ kurzen Maßnah-
                                                                                                           10/2017.
      Dr. Stefan Tübbicke
                                 men bei einem Arbeitgeber könnte ein wichtiges                          Dustmann, Christian; Fasani, Francesco; Frattini, Tomma-
     ist Mitarbeiter im
Forschungsbereich „Grund-        Mittel sein, um Geflüchteten Chancen zu eröff-                            so; Minale, Luigi; Schönberg, Uta (2017): On the econo-
sicherung und Aktivierung“                                                                                 mics and politics of refugee migration. Economic Policy,
                                 nen, Arbeitgeber von sich zu überzeugen und in
           im IAB.                                                                                         43 (91), pp. 497–550.
                                 der Folge eine Beschäftigung aufzunehmen. Die                           Harrer, Tamara; Moczall, Andreas; Wolff, Joachim (2017):
 stefan.tuebbicke@iab.de
                                 Förderung der beruflichen Weiterbildungen hilft                           Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliede-
                                                                                                           rung: Höhere Beschäftigungseffekte für Langzeitarbeits-
                                 Geflüchteten, ihre Qualifikationen zu verbessern,
                                                                                                           lose. IAB-Kurzbericht 26/2017.
                                 ihre ausländischen Abschlüsse anerkennen zu                             Harrer, Tamara; Stockinger, Bastian (2019): Ein-Euro-Jobs
                                 lassen und führt so nicht nur zu substanziellen                           nach der Instrumentenreform 2012: Zielgruppe besser er-
                                                                                                           reicht – erste Ergebnisse zur Wirkung. IAB-Kurzbericht
                                 Beschäftigungseffekten, sondern auch zu deutlich
                                                                                                           22/2019.
                                 erhöhten Einkommen.                                                     Kiesel, Markus; Wolff, Joachim (2018): Langfristige Teilnah-
                                   Insgesamt gleichen die Ergebnisse dieser Wir-                           mewirkungen von Ein-Euro-Jobs: Das Einsatzfeld hat Ein-
                                                                                                           fluss auf die Integrationschancen. IAB-Kurzbericht 8/2018.
                                 kungsanalyse der Förderungsmaßnahmen Befun-
                                                                                                         Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) (2019): Migra-
                                 den, die nicht allein Geflüchtete im Blick hatten.                        tions-Monitor Arbeitsmarkt: Personen im Kontext von
                                 Schlussendlich lässt sich feststellen, dass die                           Fluchtmigration. Berichtsmonat: Dezember 2018.

                                 Impressum | IAB-Kurzbericht Nr. 7, 8.4.2021 | Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit,
                                 90327 Nürnberg | Redaktion: Martina Dorsch | Grafik & Gestaltung: Nicola Brendel | Foto: Jutta Palm-Nowak, Oliver Karl-studio4 Fotografie
                                 und privat | Druck: MKL Druck GmbH & Co. KG, Ostbevern | Rechte: Nachdruck – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des IAB | Bezug:
                                 IAB-Bestellservice, c/o wbv Media GmbH & Co. KG, Auf dem Esch 4, 33619 Bielefeld; Tel. 0911-179-9229 (es gelten die regulären Festnetz-
                                 preise, Mobilfunkpreise können abweichen); Fax: 0911-179-9227; E-Mail: iab-bestellservice@wbv.de | IAB im Internet: www.iab.de. Dort
                                 finden Sie unter anderem diesen Kurzbericht zum kostenlosen Download | Anfragen: iab.anfragen@iab.de oder Tel. 0911-179-5942 | ISSN
                                 0942-167X

  8       IAB-Kurzbericht 7|2021
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