Das Einsatzfeld hat Einfluss auf die Integrationschancen - Institut für ...

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Das Einsatzfeld hat Einfluss auf die Integrationschancen - Institut für ...
IAB Kurzbericht
Aktuelle Analysen aus dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
                                                                                                                8/2018

  In aller Kürze                         Langfristige Teilnahmewirkungen von Ein-Euro-Jobs
„„ Ein-Euro-Jobs sollen Bezieher von
Arbeitslosengeld II an den Arbeits-
markt heranführen. Die Geförderten
                                         Das Einsatzfeld hat Einfluss
arbeiten temporär in Jobs, die hier-
für zusätzlich eingerichtet wurden.
Dabei sind verschiedene Einsatzfel-
                                         auf die Integrationschancen
der möglich.                             von Markus Kiesel und Joachim Wolff
„„ Unseren Befunden zufolge können
Ein-Euro-Jobs mittel- bis langfristig
die ansonsten sehr niedrigen Einglie­-
derungschancen und Erwerbsein-
kommen der Geförderten erhöhen.
                                         Mit Ein-Euro-Jobs sollen besonders ar-         Tätigkeiten und geregelte Tagesabläufe, er­
„„ Inwieweit sich die Ein-Euro-Job-
                                         beitsmarktferne Arbeitslosengeld-II-Be-        weiterte soziale Kontakte oder die Verfol­
Teilnahme in erhöhten Integrations-
chancen niederschlägt, hängt auch
                                         zieher an den Arbeitsmarkt herangeführt        gung gemeinsamer Ziele – erreicht werden
von der Nachfrage in Teilarbeits-        werden. Die vorliegende Studie verdeut­        (Jahoda 1981). Für die geleistete Arbeit er­
märkten ab.                              licht, dass die Teilnahmen mittel- bis         halten die Teilnehmenden ein bis zwei Euro
„„ Vergleichsweise hohe positive Wir-    langfristig Integrationswirkungen entfal-      pro Arbeitsstunde zusätzlich zum ALG II
kungen treten bei den geförderten        ten können. Dabei stellt sich heraus, dass     (für weitere Details zu den Ein-Euro-Jobs
Frauen für die Einsatzfelder Gesund-     das Einsatzfeld der Tätigkeit der Ein-Eu-      vgl. Infokasten 1 auf Seite 2). Bis zum Jahr
heit und Pflege sowie Kinderbetreu-
                                         ro-Jobber eine wichtige Rolle für den Ein-     2009 war der Ein-Euro-Job für ALG-II-Be­
ung und Jugendhilfe auf.
                                         gliederungserfolg spielen kann.                zieher die Maßnahme mit den höchsten Zu­
„„ Für Männer in Ostdeutschland lie-
gen negative Eingliederungseffekte                                                      gängen. Die jährlichen Zugänge von damals
für Teilnahmen in den Feldern Um-        Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwands­      mehr als 720.000, gingen auf rund 220.000
weltschutz und Landschaftspflege         variante, auch als Ein-Euro-Jobs oder Zu­      im Jahr 2016 zurück (Quelle: Statistik der
sowie Infrastrukturverbesserung vor.     satzjobs bezeichnet, waren viele Jahre die     Bundesagentur für Arbeit). Insgesamt blei­
Ein möglicher Grund hierfür ist,
                                         am häufigsten eingesetzte Fördermaß­           ben Ein-Euro-Jobs ein wichtiges Förder-
dass diese Felder in Ostdeutschland
                                         nahme für Bezieher von Arbeitslosengeld        instrument.
schon lange stark durch den Einsatz
öffentlich geförderter Beschäftigung     (ALG) II. Bei einer Ein-Euro-Job-Teilnahme        Frühere Studien haben sich mit Auswir­
geprägt sind und kaum zusätzliche        können erwerbsfähige Leistungsberechtig­       kungen der Ein-Euro-Job-Teilnahmen auf
reguläre Arbeitsnachfrage entsteht.      te befristet für mehrere Monate zusätzliche,   die Eingliederungschancen von teilnehmen­
„„ Wirtschaftszweige, in denen eine      im öffentlichen Interesse liegende Tätigkei­   den erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
überdurchschnittlich positive Ent-       ten ausführen. Dadurch sollen ihre Beschäf­    beschäftigt. Dabei wurden beispielsweise
wicklung der Arbeitsnachfrage zu
                                         tigungsfähigkeit und gesellschaftliche Teil­   die Wirkungen für verschiedene Personen­
erwarten ist, können eine besonders
förderliche Rolle für die Arbeits-       habe verbessert werden. Das kann während       gruppen, etwa nach Alter und Dauer seit der
markteingliederung von Ein-Euro-         der Tätigkeit durch wichtige Funktionen        letzten Beschäftigung, untersucht (Wolff/
Job-Teilnehmenden spielen.               des Arbeitens – etwa durch regelmäßige         Hohmeyer 2008). Es stellte sich heraus, dass
durch die Ein-Euro-Job-Teilnahmen mittelfristig Per­       Teilnehmenden ermittelt. Bei einer Maßnahme, die
                               sonen wie Langzeiterwerbslose oder westdeutsche            arbeitsmarktferne Personen an den Arbeitsmarkt
                               Frauen an den Arbeitsmarkt herangeführt werden             heranführen soll, ist es möglich, dass sich ihre Wir­
                               können. Für einige Personengruppen wurden aber             kungen (eventuell auch mittelbar durch effektivere
                               selbst mittelfristig keine (z. B. für Unter-25-Jährige)    Folgeförderungen) erst einige Jahre nach Teilnahme­
                               oder gar negative Eingliederungswirkungen nachge­          beginn voll entfalten. Dieser Aspekt wird anhand von
                               wiesen (für Kurzzeiterwerbslose). Eine andere Studie       Informationen aus den Verwaltungsprozessen der
                               betrachtete die Wirkungen von Ein-Euro-Jobs ab­            Bundesagentur für Arbeit, mit sogenannten adminis­
                               hängig von der (geplanten) Teilnahmedauer oder den         trativen Daten, untersucht. Hierfür werden Teilnah­
                               wöchentlichen Arbeitsstunden (Hohmeyer/Wolff               mewirkungen für ALG-II-Bezieher bestimmt, die im
                               2010). Insgesamt konnte die Studie keine sehr mar­         zweiten Quartal 2007 einen Ein-Euro-Job begonnen
                               kanten Unterschiede der Eingliederungswirkungen            haben und zum Ende des vorangehenden Quartals
                               für Teilnehmende mit verschiedenen Förderdauern            arbeitslos gemeldet waren. Sie werden mit statis­
                               oder Arbeitsstunden nachweisen.                            tischen Zwillingen verglichen, um zu ermitteln, wie
                                 Die hier vorgelegte Studie untersucht, ob sich           sich die Teilnahme auf die Merkmale reguläre Be­
                               die Eingliederungswirkungen nach Einsatzfeld der           schäftigung, Erwerbseinkommen und ALG-II-Bezug
                               Maßnahme unterscheiden. Ob Maßnahmeteilneh­                in einem Zeitraum von bis zu mehr als sechs Jahren
                               mer durch verbesserte Beschäftigungsfähigkeit auch         nach Teilnahmebeginn ausgewirkt hat (für Details zu
                               bessere Marktchancen haben, dürfte von der Be­             Daten und Methodik vgl. Infokasten 2 auf Seite 6).
                               schäftigungsentwicklung im Wirtschaftszweig des
                               Einsatzfeldes abhängen. So könnten Teilnehmende in
                                                                                          „„ Vorrangige Förderung von
                               Ein-Euro-Job-Einsatzfeldern in Sektoren mit einem
                                                                                             arbeitsmarktfernen ALG-II-Beziehern
                               überdurchschnittlichen Beschäftigungswachstum
                               be­sonders hohe Eingliederungswirkungen erzielen.          Mit Ein-Euro-Jobs sollen gemäß gesetzlichem Auf­
                                 Zudem werden in der Studie erstmals langfristi­          trag arbeitsmarktferne Leistungsbezieher gefördert
                               ge Wirkungen der Ein-Euro-Job-Teilnahme auf die            werden. Es wäre deshalb zu erwarten, dass sich
                                                                                          Ein-Euro-Job-Förderungen auf arbeitslose ALG-II-
     1                                                                                    Bezieher mit sehr geringen Beschäftigungschancen
           Ein-Euro-Jobs und ihre Ausgestaltung im Betrachtungszeitraum
                                                                                          auf dem ersten Arbeitsmarkt konzentrieren. Das
    Ein-Euro-Jobs wurden mit der Hartz-IV-Reform als ein Instrument des Förderns          lässt sich durch unsere Analyse abschätzen, weil
    und Forderns bekannt. ALG-II-Bezieher sind dazu verpflichtet, solche zusätzlichen
                                                                                          wir nichtteilnehmende statistische Zwillinge für
    und im öffentlichen Interesse liegenden Tätigkeiten anzunehmen (seit April 2012
    müssen diese zudem wettbewerbsneutral sein). Ziel der Teilnahmen ist ein Erhalt       alle Ein-Euro-Jobber ermitteln, deren Ausgangs­
    oder eine Steigerung der Beschäftigungsfähigkeit sowie eine soziale Integration       chancen am Arbeitsmarkt sich nicht von denen der
    der Teilnehmenden. Sie können auch eingesetzt werden, um die Arbeitsbereit­           Ein-Euro-Jobber unterscheiden sollten. Im Zeitver­
    schaft von ALG-II-Beziehenden zu testen.                                              lauf zeigt sich dann, ob die Beschäftigungsquote
    Im Jahr 2007 – das Jahr der hier untersuchten Zugänge – lag die (geplante) Teil­      und damit die ursprünglichen Eingliederungschan­
    nahmedauer ähnlich wie zuletzt im Jahr 2016 in den allermeisten Fällen bei unter      cen dieser ausgewählten Vergleichspersonen höher
    zwölf Monaten. Die durchschnittliche Förderdauer betrug etwas mehr als vier Mo­
                                                                                          oder niedriger ausfallen als die aller Nichtteilneh­
    nate (Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2008a, 2017). Im Untersuchungszeit­
    raum konnten die Teilnahmen mit und ohne Qualifizierung durchgeführt werden.          menden. Tatsächlich zeigt ein Vergleich der späteren
    Die Teilnehmenden arbeiten gewöhnlich Teilzeit und erhalten ihr ALG II zuzüglich,     Beschäftigungsanteile zwischen allen Nichtteilneh­
    im Regelfall ein bis zwei Euro pro geleisteter Arbeitsstunde als Mehraufwandsent­     menden und den daraus ausgewählten Vergleichs­
    schädigung. Daher verbleibt für viele Teilnehmende noch ein Anreiz zur Aufnahme       personen, dass überwiegend Personen mit relativ
    einer ungeförderten Erwerbsarbeit. Die Förderung ist nachrangig gegenüber einer
                                                                                          schlechten Erwerbschancen gefördert werden (vgl.
    Vermittlung in Arbeit oder Ausbildung oder der Förderung durch andere Maß­
    nahmen (Bundesagentur für Arbeit 2007). Damit gelten Ein-Euro-Jobs als eine
                                                                                          Tabelle 1, Seite 3). In der gesamten Stichprobe lie­
    „Ultima Ratio“, die sich an besonders benachteiligte Arbeitslose richten sollte und   gen die Anteile ungeförderter versicherungspflichti­
    mitunter erst längerfristig auch aufgrund von Folgeförderungen Eingliederungs­        ger Beschäftigung bei den statistischen Zwillingen
    wirkungen entfalten kann. Allerdings gab es im Jahr 2007 noch die gesetzliche Re­     durchweg unter den durchschnittlichen Werten aller
    gelung, ALG-II-Bezieher im Alter von unter 25 Jahren – die nicht unbedingt schwer     Nichtteilnehmenden, sowohl 36 als auch 72 Monate
    zu vermitteln sind – unmittelbar nach ihrer Antragstellung auf ALG-II-Leistungen
                                                                                          nach dem (hypothetischen) Förderbeginn. Bei Män­
    in Arbeit, Ausbildung oder Arbeitsgelegenheiten zu vermitteln. Die unmittelbare
    Vermittlung Unter-25-Jähriger in Ein-Euro-Jobs wurde im April 2012 abgeschafft.       nern in Ostdeutschland fällt dieser Unterschied mit
                                                                                          2,9 und 3,7 Prozentpunkten 36 und 72 Monate nach

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Förderbeginn am größten aus. Hinweise auf eine Se­                      Ostdeutschland sowie im Verlauf des fünften Jahres
lektion von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten                        für Männer in Westdeutschland. Ab dem fünften Jahr
mit überdurchschnittlichen Beschäftigungschancen                        nach Teilnahmebeginn werden dabei Effekte von bis
finden sich nur bei einigen Einsatzfeldern und ins­                     zu etwa 3 Prozentpunkten für westdeutsche Frauen,
gesamt in sehr wenigen Fällen wie etwa bei west­                        und 1 Prozentpunkt für ostdeutsche Frauen sowie für
deutschen Männern im Einsatzfeld Kinderbetreuung                        westdeutsche Männer erzielt. Bei Letzteren sind die
und Jugendhilfe sowie bei westdeutschen Frauen im
Einsatzfeld Kunst, Kultur und Sport.                                        Abbildung 1
                                                                            Teilnahmeeffekte der Ein-Euro-Jobs auf die Wahrscheinlichkeit, einer
                                                                            ungeförderten versicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen
„„ Positive Eingliederungswirkungen                                         in Prozentpunkten                                                                     Ost        West
   mit einer Ausnahme                                                                                                                                  Männer
                                                                                                                                                        Frauen
Die Förderung mit Zusatzjobs wirkt sich zunächst im                                                                            Signifikante Werte (5 %-Niveau)             

                                                                                   4
Zuge des sogenannten Einsperreffekts negativ auf
die Wahrscheinlichkeit aus, ungefördert versiche­                                  3
                                                                                                                                                                  
                                                                                                                                                                   
                                                                                                                                                               
                                                                                                                                                             
rungspflichtig beschäftigt zu sein (vgl. Abbildung 1).                             2                                                      
                                                                                                                                                
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                                                                                                                                                     

                                                                                                                                   
Das liegt unter anderem daran, dass Teilnehmenden                                                                       
                                                                                                                
                                                                                                                              
                                                                                   1                                                                 
                                                                                                                                               
während der Förderung weniger Zeit für die Arbeit­                                                                                           
                                                                                                                                                             

suche zur Verfügung steht als während der Arbeits­                                 0
                                                                                                                        
losigkeit. Zudem könnten die Anreize zur Arbeitsuche                             –1         
                                                                                                            
                                                                                                           
                                                                                                           
                                                                                                                  
                                                                                                                 
                                                                                                               
                                                                                                                                      
                                                                                                                                   
                                                                                                                                                                 
                                                                                                     
                                                                                                                                        
                                                                                              
                                                                                                       
für einige Teilnehmende im Vergleich zu Arbeitslosen                                        
                                                                                                  
                                                                                 –2            
geringer ausfallen, etwa wenn die Teilnahme mit ei­                                     
                                                                                          
                                                                                                     
                                                                                                       
                                                                                                  
                                                                                           
nem erhöhten Teilhabeempfinden einhergeht. Rund                                  –3        

sechs Monate nach dem Förderbeginn steigen die
                                                                                 –4
Beschäftigungseffekte für alle untersuchten Grup­                                      0     6      12     18     24     30       36     42   48     54   60      66    72          78
                                                                                                                   Monate seit Maßnahmebeginn
pen. Nach 17 Monaten sind die Effekte für Frauen in
                                                                            Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien (IEB) und weitere Personendatensätze des IAB,
Westdeutschland signifikant positiv, im Verlauf des                         eigene Berechnungen.                                                                              © IAB
vierten Jahres nach Förderbeginn auch für Frauen in

   Tabelle 1
   Anteil ungeförderter versicherungspflichtig Beschäftigter in der Gruppe aller nichtteilnehmenden arbeitslosen ALG-II-Bezieher
   und der daraus ausgewählten Kontrollgruppe der statistischen Zwillinge
   36 und 72 Monate nach (hypothetischem) Maßnahmebeginn, Anteile in Prozent

                                                                                           nach 36 Monaten                                      nach 72 Monaten
                                                                             Ostdeutschland              Westdeutschland               Ostdeutschland       Westdeutschland
                                                                           Männer          Frauen        Männer        Frauen       Männer      Frauen     Männer        Frauen
    alle nichtteilnehmenden arbeitslosen ALG-II-Bezieher                    16,6            15,7          16,7          16,1           23,9        23,4        22,7          22,3
    daraus ausgewählte statistische Zwillinge der Teilnehmenden ...
      … in der gesamten Stichprobe                                          13,6            13,9          15,0          15,1           20,3        20,9        21,1          20,4
      … in den Teilstichproben nach Einsatzfeldern
           Umweltschutz und Landschaftspflege                               12,9            11,7          14,9          15,1           19,0        17,9        21,4          20,4
           Infrastrukturverbesserung                                        13,6            12,8          14,7          14,7           20,1        19,6        20,6          20,0
           Gesundheit und Pflege                                            13,6            14,0          14,9          14,5           20,7        20,9        21,1          19,6
           Kinderbetreuung und Jugendhilfe                                  16,8            15,8          18,0          16,2           23,4        22,7        24,3          20,6
           Beratungsdienste                                                 14,5            14,6          15,5          15,5           21,2        21,0        22,5          20,9
           Kunst, Kultur und Sport                                          14,3            15,4          15,1          16,7           21,0        22,5        21,4          23,4
           Erziehung, Bildung, Wissenschaft und Forschung                   17,6            16,5          18,4          16,9           25,9        23,2        24,2          21,8

   Lesehilfe: Unter allen nichtteilnehmenden arbeitslosen ALG-II-Beziehern sind 72 Monate nach Maßnahmebeginn 23,9 % der ostdeutschen Männer ungefördert
   versicherungspflichtig beschäftigt. Bei den daraus ausgewählten statistischen Zwillingen der untersuchten Teilnehmenden gilt dies für 20,3 %. Der geringere Beschäfti­
   gungsanteil der statistischen Zwillinge weist darauf hin, dass - wie intendiert - Personen mit relativ schlechten Beschäftigungschancen gefördert werden.
   Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien (IEB) und weitere Personendatensätze des IAB, eigene Berechnungen.                                                                    © IAB

                                                                                                                                                     IAB-Kurzbericht 8/2018              3
Effekte aber häufig deutlich niedriger und nicht sta­          Mit Referenz auf die Beschäftigungsanteile der
                                            tistisch gesichert.                                            nichtteilnehmenden statistischen Zwillinge (vgl. Ta­
                                               Für Männer in Ostdeutschland lassen sich im gan­            belle 1) zeichnen sich die Geförderten 72 Monate
                                            zen Beobachtungszeitraum von über sechs Jahren                 nach Maßnahmebeginn durch eine Erhöhung ihrer
                                            im Schnitt keine Belege über positive Eingliede­               Beschäftigungswahrscheinlichkeit um 12,7 Prozent
                                            rungswirkungen der Ein-Euro-Jobs feststellen.                  bei Frauen in Westdeutschland, 4,6 Prozent bei
                                                                                                           Frauen in Ostdeutschland und 3,3 Prozent im Fall
    Abbildung 2                                                                                            von Männern in Westdeutschland aus. Für ostdeut­
    Teilnahmeeffekte der
                      auf Ein-Euro-Jobs
                           das reale Jahreserwerbseinkommen
                                          auf das           (Brutto)1                                      sche Männer ergibt sich hingegen eine Verringerung
    reale
    in EuroJahreserwerbseinkommen (Brutto)
                                             1)
                                                                                                           um 4 Prozent.
                                                                                        Ost    West
    in Euro                                                                   Männer                          Ein ähnliches Muster findet sich beim Einfluss von
                                                                              Frauen
                                                      Signifikante Werte (5 %-Niveau)                  Zusatzjob-Teilnahmen auf die Einkommenschancen
         600                                                                                               (vgl. Abbildung 2). Während die Effekte auf das rea­
                                                                                                           le Jahreserwerbseinkommen (Brutto) im ersten Jahr
         400
                                                                 
                                                                                                         nach der Förderung noch für alle Gruppen negativ
         200
                                                                                                          ausfallen, sind sie im zweiten Jahr für Frauen und
                                                                                                
                                                                                                    
                                                                                                           Männer in Westdeutschland sowie im dritten Jahr
           0
                                                                                                           für Frauen in Ostdeutschland signifikant positiv. Dass
                                                                                
     -200                                                                                                 die Einkommenseffekte zum Teil vor den Beschäfti­
                                                                                                          gungseffekten signifikant positiv werden, lässt sich
     -400
                                                                                                           damit erklären, dass nicht nur Einkommen aus unge­
     -600                                                                                                 förderter versicherungspflichtiger Arbeit berücksich­
                                                                                                           tigt wird, sondern auch das aus geringfügiger oder
     -800                                                                                                  geförderter versicherungspflichtiger Beschäftigung.
                1                  2              3                4               5                6
                                              Jahre seit Maßnahmebeginn                                       Für Männer in Ostdeutschland können erneut keine
    1)
         Die Erwerbseinkommen wurden mit dem Preisindex für die Lebenshaltung (2010 = 100)                 positiven Teilnahmeeffekte festgestellt werden. Ihre
         deflationiert, um reale Jahreserwerbseinkommen zu ermitteln.
                                                                                                           Jahreserwerbseinkommen fallen selbst nach sechs
    Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien (IEB) und weitere Personendatensätze des IAB,
    eigene Berechnungen.                                                                           © IAB   Jahren aufgrund der Förderung um mehr als 150 Euro
                                                                                                           niedriger aus. Für ostdeutsche Frauen und westdeut­
                                                                                                           sche Männer hingegen liegen sie infolge der Ein-Eu­
    Abbildung 3                                                                                            ro-Job-Teilnahme um rund 150 Euro beziehungswei­
    Teilnahmeeffekte der Ein-Euro-Jobs auf die Wahrscheinlichkeit,                                         se rund 130 Euro höher. Bei westdeutschen Frauen
    ALG-II-Leistungen zu beziehen
                                                                                                           ist der Effekt mit etwa 320 Euro nach sechs Jahren
    in Prozentpunkten                                                                   Ost    West
                                                                              Männer                       unter den vier Gruppen am höchsten. Zu diesem
                                                                              Frauen
                                                      Signifikante Werte (5 %-Niveau)            
                                                                                                           Zeitpunkt lässt sich für Frauen in Westdeutschland,
          5,0
                                                                                                           die mit einem Ein-Euro-Job gefördert wurden, ein
                                                                                                         um 9,5 Prozent höheres Jahreserwerbseinkommen
          4,5             
                            
                          
                                                                                                           feststellen (im Vergleich zu einem durchschnittlichen
          4,0              
                                                               
                                                                                                           Wert von 3.325 Euro in der Kontrollgruppe, wobei
          3,5                                                              
                                                                                       
                                                           
                                                                                       hier auch Personen ohne Erwerbseinkommen enthal­
                      
                                                                                 
                                                                       
          3,0                                                           
                                                         
                                                                                      
                                                                                                     ten sind). Das Jahreserwerbseinkommen von Frauen
                                                            
                                                                               
                                                          
                                          
                                                                             
                                                                                           
          2,5                                                                                      in Ostdeutschland und Männern in Westdeutschland
                                                                                  
                                                                                       
                                                           
          2,0                              
                                                                                              liegt sechs Jahre nach Beginn der Teilnahme an ei­
                                                                             
                                                                                           
          1,5                          
                                       
                                                        
                                                                   
                                                                                
                                                                                                          nem Zusatzjob um rund 5 und 3 Prozent höher als
                                                      
          1,0       
                                                
                                                
                                                                                                          in den Vergleichsgruppen, die durchschnittlich über
          0,5                                                                                              jährliche Erwerbseinkünfte von rund 3.000 und
           0    
                                                                                                           4.400 Euro verfügen. Ostdeutsche Männer hingegen
                0        6    12       18   24   30     36    42       48   54   60     66    72    78
                                                                                                           erzielen sechs Jahre nach Beginn des Ein-Euro-Jobs
                                             Monate seit Maßnahmebeginn
                                                                                                           rund 4,4 Prozent weniger Jahreserwerbseinkommen
    Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien (IEB) und weitere Personendatensätze des IAB,
    eigene Berechnungen.                                                                           © IAB   als die vergleichbaren Nichtteilnehmenden mit ei­
                                                                                                           nem jährlichen Verdienst von rund 3.600 Euro.

4        IAB-Kurzbericht 8/2018
Obwohl Ein-Euro-Jobs die Beschäftigungschancen           der öffentlichen Infrastruktur in Ostdeutschland mo­
und Erwerbseinkommen der Teilnehmenden über­             dernisiert. Dabei wurden Arbeitsbeschaffungs- und
wiegend erhöhen, trägt eine Förderung in keiner der      Strukturanpassungsmaßnahmen in hohem Umfang
untersuchten Gruppen zur Verminderung des ALG-           in den Bereichen Landschaftspflege und Infrastruk­
II-Bezugs bei (vgl. Abbildung 3). Innerhalb des ersten   turverbesserung eingesetzt (Fitzenberger/Hujer
Jahres nach Förderbeginn steigt die Wahrscheinlich­      2002). In späteren Perioden wie unserem Untersu­
keit, aufgrund der Teilnahme ALG-II-Leistungen zu        chungszeitraum könnte deshalb die Chance auf eine
erhalten, je nach Gruppe um bis zu maximal 3 bis         ungeförderte versicherungspflichtige Beschäftigung
mehr als 4,5 Prozentpunkte. Danach wird der Effekt       in diesen Feldern in Ostdeutschland niedriger ausge­
auf den Hilfebezug zunächst schwächer. Er beginnt        fallen sein als in Westdeutschland.
jedoch im Verlauf des dritten Jahres nach Förderbe­
ginn wieder etwas zu steigen, wobei die ermittelten        Tabelle 2
Wirkungen spätestens nach dem fünften Jahr relativ         Teilnahmeeffekte der Ein-Euro-Jobs nach Einsatzfeldern auf die
stabil bleiben. Die Förderung mit Zusatzjobs bewirkt       Wahrscheinlichkeit, einer ungeförderten versicherungspflichtigen
offensichtlich auch, dass Teilnehmende im Vergleich        Beschäftigung nachzugehen, 72 Monate nach Maßnahmebeginn
zu ihren statistischen Zwillingen häufiger weiter           in Prozentpunkten
Arbeit anbieten, statt sich vorübergehend oder dau­
                                                                                                        Ostdeutschland                Westdeutschland
erhaft aus dem Erwerbsleben zurückzuziehen und                           Einsatzfelder
                                                                                                     Männer         Frauen           Männer      Frauen
gleichzeitig den ALG-II-Bezug beispielsweise durch
                                                            Umweltschutz und
die Gründung von Haushaltsgemeinschaften, die                                                         -1,3 **        -0,1             0,0         1,6
                                                            Landschaftspflege
Rückkehr ins Elternhaus oder frühzeitige Rentenein­         Infrastrukturverbesserung                 -2,3 ***       -0,4            -0,1         1,7 *
tritte zu überwinden.                                       Gesundheit und Pflege                     -0,4            4,6 ***         0,5         4,2 ***
                                                            Kinderbetreuung und Jugendhilfe           -1,0            3,3 ***         0,9         5,7 ***
                                                            Beratungsdienste                           0,5            2,2 *           0,1         0,3
„„ Positive Eingliederungswirkungen
                                                            Kunst, Kultur und Sport                    1,3            0,2             3,3 *      -1,4
   in Einsatzfeldern mit steigender                         Erziehung, Bildung,
   Arbeitsnachfrage                                         Wissenschaft und Forschung
                                                                                                      -1,3           -0,9             1,3         2,7 *

Im Folgenden werden Befunde einer differenzierten          ***, ** und * kennzeichnen ein Signifikanzniveau von 1 %, 5 % und 10 %.
                                                           Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien (IEB) und weitere Personendatensätze des IAB,
Analyse der Teilnahmeeffekte nach Einsatzfeldern           eigene Berechnungen.                                                                      © IAB
betrachtet, wobei sich die Darstellung auf die lang­
fristigen Beschäftigungseffekte nach 72 Monaten
beziehungsweise auf das Erwerbseinkommen im                Tabelle 3
sechsten Jahr beschränkt.                                  Teilnahmeeffekte der Ein-Euro-Jobs nach Einsatzfeldern auf das
   Es zeigt sich, dass die signifikant negativen Be­       reale Jahreserwerbseinkommen (Brutto), im sechsten Jahr nach
schäftigungs- und Einkommenswirkungen von Ein-             Maßnahmebeginn1)
Euro-Jobs für Männer in Ostdeutschland auf die Be­          in Euro

reiche Umweltschutz und Landschaftspflege sowie                                                         Ostdeutschland                Westdeutschland
                                                                         Einsatzfelder
Infrastrukturverbesserung begrenzt sind (vgl. Tabel­                                                 Männer         Frauen           Männer      Frauen
len 2 und 3). Für Frauen in Ostdeutschland und Män­         Umweltschutz und
                                                                                                     -296 ***        -63              -72         78
ner in Westdeutschland können in diesen beiden Ein­         Landschaftspflege
                                                            Infrastrukturverbesserung                -445 ***        -31              -42        197
satzfeldern keine signifikanten Beschäftigungs- und
                                                            Gesundheit und Pflege                       85           513 ***           96        584 ***
Einkommenseffekte nachgewiesen werden. Im Ein­
                                                            Kinderbetreuung und Jugendhilfe            -64           429 ***           35        740 ***
satzfeld Infrastrukturverbesserung lassen sich aber
                                                            Beratungsdienste                            29           199              -39        279
zumindest für Frauen in Westdeutschland signifikant
                                                            Kunst, Kultur und Sport                   261             36              650 *      -364
positive Effekte der Förderung auf die Arbeitsmarkt­
                                                            Erziehung, Bildung,
integration (jedoch nicht auf das Erwerbseinkom­                                                     -323             39              292        422 *
                                                            Wissenschaft und Forschung
men) feststellen. Dieses Ergebnis könnte auf eine          1)
                                                                Die Erwerbseinkommen wurden mit dem Preisindex für die Lebenshaltung (2010 = 100)
regional unterschiedlich ausgeprägte Arbeitsnach­               deflationiert, um reale Jahreserwerbseinkommen zu ermitteln.

frage nach Tätigkeiten in den beiden Einsatzfeldern        ***, ** und * kennzeichnen ein Signifikanzniveau von 1 %, 5 % und 10 %.
                                                           Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien (IEB) und weitere Personendatensätze des IAB,
hinweisen. Nach der deutschen Wiedervereinigung            eigene Berechnungen.                                                                         © IAB
bis in die 2000er Jahre hinein wurden große Teile

                                                                                                                                IAB-Kurzbericht 8/2018          5
Die Teilnahme an Ein-Euro-Jobs in den Einsatzfel­                    heits- und Sozialwesen der Beschäftigtenstatistik
                                 dern Gesundheit und Pflege sowie Kinderbetreuung                     (bei den anderen Einsatzfeldern liegt eine so klare
                                 und Jugendhilfe wirkt sich signifikant positiv auf die               Entsprechung/Zuordnung nicht vor). Die positive
                                 Beschäftigungs- und Einkommenschancen von Frau­                      Wirkung der Förderung für Frauen in diesen Feldern
                                 en in Ost- und Westdeutschland aus. Die Beschäf­                     kann zum einen mit der steigenden Arbeitsnachfra­
                                 tigungseffekte sind mit 3,3 bis 5,7 Prozentpunkten                   ge in diesen Tätigkeitsbereichen erklärt werden. Von
                                 recht hoch, wenn man die niedrigen Ausgangsbe­                       Dezember 2007 bis Dezember 2013 ist die Zahl der
                                 schäftigungschancen der statistischen Zwillinge                      sozialversicherungspflichtig Beschäftigten im Wirt­
                                 nach 72 Monaten von etwa 20 bis 23 Prozent im                        schaftszweig Gesundheits- und Sozialwesen um
                                 Blick hat (vgl. Tabelle 1). Diese beiden Einsatzfelder               19,4 Prozent gestiegen, während das durchschnitt­
                                 finden ihre Entsprechung in den Sektoren Gesund­                     liche Wachstum über alle Wirtschaftszweige hinweg

     2      Daten und Methodik
    Die Untersuchung wertet Personendaten spricht dafür, solche Personen aus der Analyse                       2) Infrastrukturverbesserung, 3) Gesundheit
    der Statistik der Bundesagentur für Arbeit auszuschließen. Andererseits können Arbeits­                    und Pflege, 4) Kinderbetreuung und Jugend­
    administrativer Herkunft aus, die vom IAB gelegenheiten ein Instrument sein, das Teil­                     hilfe, 5) Beratungsdienste, 6) Kunst, Kultur
    aufbereitet und für wissenschaftliche Un­ habemöglichkeiten für Ältere schafft und ihre                    und Sport sowie 7) Erziehung, Bildung, Wis­
    tersuchungen zur Verfügung gestellt werden. Beschäftigungsfähigkeit erhöht. Das spricht                    senschaft und Forschung. Die Fallzahlen für
    Die Daten enthalten tagesgenaue Informati­ dafür, Ältere in die Analyse einzubeziehen.                     die Teilnehmenden liegen für diese Gruppen
    onen zu Perioden abhängiger Beschäftigung, Vor diesem Hintergrund wurden Personen bis                      minimal bei rund 450 Personen und maximal
    zu (registrierter) Arbeitslosigkeit und Arbeit­ zum Alter von 62 Jahren in die Analyse aufge­              bei etwa 32.210 Personen (vgl. Tabelle unten).
    suche, zum Bezug von ALG I und II sowie nommen, sodass zumindest noch für ein paar                         Eine weitergehende Ausdifferenzierung nach
    zur Teilnahme an arbeitsmarktpolitischen Jahre während des Betrachtungszeitraums                           Personen mit und ohne Qualifizierung wurde
    Maßnahmen. Für ALG-II-Bezieher sind ferner nach Förderbeginn eine Steigerung der Chan­                     nicht durchgeführt.
    Informationen über die Mitglieder ihrer Be­ cen einer Arbeitsaufnahme nicht ganz ausge­                    Für jede einzelne Gruppe wurde mit einem
    darfsgemeinschaft verfügbar. Insgesamt lie­ schlossen werden kann. Schließlich wurden                      Probitmodell die Teilnahmewahrscheinlich­
    gen eine Vielzahl soziodemografischer Merk­ Personen aufgrund von fehlenden Werten bei                     keit abhängig von relevanten beobachtbaren
    male und Einkommensangaben vor. Zudem analytisch relevanten Variablen und aufgrund                         Determinanten ermittelt. Mit PSM wurde
    wurden die Daten mit Angaben zur lokalen von weiteren technischen Anforderungen der                        dann für jede teilnehmende Person eine
    Arbeitsmarktlage verknüpft.                     verwendeten Methodik ausgeschlossen.                       Gruppe mit fünf statistischen Zwillingen mit
    Es werden ALG-II-Bezieher analysiert, die Die Ein-Euro-Job-Wirkungen werden für                            einer ähnlichen Teilnahmewahrscheinlichkeit
    zum 31. März 2007 arbeitslos gemeldet wa­ Teilnehmende nach vier Personengruppen                           aus der potenziellen Vergleichspersonen­
    ren. Aus dieser Gruppe werden alle Personen untersucht: Männer und Frauen jeweils in                       gruppe ausgewählt (5-Nearest-Neighbour-
    betrachtet, die im zweiten Quartal 2007 ei­ Ost- und in Westdeutschland. Die Analysen                      Matching mit Zurücklegen und ohne Caliper).
    nen Ein-Euro-Job aufgenommen haben. Von werden für Männer und Frauen beispiels­                            Dann wurde der Unterschied zwischen einer
    den restlichen Personen, die in diesem Quar­ weise wegen unterschiedlicher Muster der                      Ergebnisvariable der teilnehmenden Person
    tal keine Ein-Euro-Job-Förderung erhielten, Erwerbsbeteiligung getrennt durchgeführt.                      und des Mittelwerts dieser Ergebnisvariab­
    wurden zufällig 20 Prozent ausgewählt. Sie Die unterschiedliche Arbeitsmarktlage ist ein                   len ihrer statistischen Zwillinge gebildet.
    dienen als potenzielle Kontrollpersonen, aus Grund dafür, dass Ost- und Westdeutsch­                       Der Mittelwert dieser Unterschiede für alle
    denen mit Methoden des Propensity Score land getrennt betrachtet werden. Für jede                          teilnehmenden Personen einer betrachteten
    Matching (PSM) statistische Zwillinge für dieser vier Personengruppen werden zudem                         Gruppe ist der geschätzte Teilnahmeeffekt für
    die Ein-Euro-Job-Teilnehmenden ausgewählt Ein-Euro-Job-Wirkungen für jedes der fol­                        diese Gruppe: Er geht darauf zurück, dass die
    werden. Analysen mit PSM erfordern voll­ genden Einsatzfelder getrennt untersucht:                         Personen im zweiten Quartal 2007 durch Ein-
    ständige Informationen über die Personen in 1) Umweltschutz und Landschaftspflege,                         Euro-Jobs gefördert wurden.
    der Stichprobe über einen langen Zeitraum
    vor der Teilnahme. Aufgrund von teils unvoll­                                                               Ostdeutschland                Westdeutschland
    ständigen Angaben in den Personendaten der                                                              Männer          Frauen         Männer         Frauen
    zugelassenen kommunalen Träger der Jahre      Anzahl potenzieller Vergleichspersonen                    69.442        58.488          114.665       105.292
    2005 und 2006 wurden keine Personen ana­ Anzahl der Teilnehmenden
    lysiert, die zum 31. März 2007 von zugelas­ insgesamt                                                   29.530         22.104          32.213        16.813
    senen kommunalen Trägern betreut wurden. nach Einsatzfeld:
    Die Analyse betrachtet Wirkungen bis zu 78     Umweltschutz und Landschaftspflege                        9.978          4.355          11.864         2.923
    Monate (auf reguläre Beschäftigung und
                                                   Infrastrukturverbesserung                                 8.851          4.908          10.241         4.820
    ALG-II-Bezug) bzw. bis zu sechs Jahre (auf
                                                   Gesundheit und Pflege                                       992           2.519          3.190         4.157
    Erwerbseinkommen) nach Teilnahmebeginn.
                                                   Kinderbetreuung und Jugendhilfe                           2.462          3.525           1.551         1.873
    Daher werden in dem Beobachtungsfenster
                                                   Beratungsdienste                                          2.148          2.727           2.075         1.322
    einige ältere Personen teils wegen ihres Ein­
                                                   Kunst, Kultur und Sport                                   3.215           2.391          1.196           449
    tritts in die Altersrente ab einem gewissen
                                                   Erziehung, Bildung, Wissenschaft und Forschung            1.884          1.679           2.092         1.266
    Zeitpunkt vielfach keiner Beschäftigung nach­
    gehen bzw. keine Beschäftigung suchen. Das Quelle: Integrierte Erwerbsbiografien (IEB) und weitere Personendatensätze des IAB, eigene Berechnungen.

6     IAB-Kurzbericht 8/2018
bei 8,3 Prozent lag (Statistik der Bundesagentur für     Die Teilnahme kann als ein auslösender Faktor für
Arbeit 2008b, 2014). Im Jahr 2013 gehörten medi­         eine Folgeförderung, zum Beispiel durch Maßnah­
zinische und nichtmedizinische Gesundheitsberufe         men bei einem Arbeitgeber, interpretiert werden;
zu den Bereichen mit dem höchsten Arbeitskräfte­         weitere Förderungen nach einer Ein-Euro-Job-
bedarf (Statistik der Bundesagentur für Arbeit 2013).    Teilnahme könnten aufgrund des Heranführens der
Zum anderen ist die Beschäftigung im sozialen Be­        Zusatzjobber an den Arbeitsmarkt effektiver sein als
reich zahlenmäßig stark von Frauen dominiert. Im         ohne eine vorherige Zusatzjob-Teilnahme.
Dezember 2013 waren rund 83 Prozent der Auszu­             Die allgemeinen, nach Geschlecht und Region dif­
bildenden und etwa 91 Prozent der sozialversiche­        ferenzierten Resultate zeigen, dass die Ein-Euro-Job-
rungspflichtig Beschäftigten in der Kinderbetreuung      Förderung für die meisten Teilnehmenden mittel- bis
und -erziehung Frauen (Statistik der Bundesagentur       langfristig eine positive Wirkung auf ihre Eingliede­
für Arbeit 2015).                                        rungschancen und Erwerbseinkommen entfaltet. Die
   Weiterhin ergibt die Matching-Analyse für das         Teilnahmeeffekte von Frauen in Westdeutschland
Einsatzfeld Beratungsdienste signifikant positive        fallen diesbezüglich am größten aus und treten
Förderwirkungen für Frauen in Ostdeutschland auf         vergleichsweise früh, etwa zwei Jahre nach Förder­
die Wahrscheinlichkeit, einer ungeförderten ver­         beginn, auf. Der Durchschnitt der teilnehmenden
sicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit nachzuge­         Männer in Ostdeutschland weist im gesamten Beob­
hen, nicht aber auf das Jahreserwerbseinkommen.          achtungszeitraum nach Förderbeginn ein geringeres
Im Einsatzfeld Kunst, Kultur und Sport profitieren       Beschäftigungs- und Einkommensniveau auf als die
teilnehmende westdeutsche Männer von positiven           Vergleichsgruppe der ähnlichen Nichtteilnehmer.
Effekten auf die Beschäftigungs- und Einkommens­           Das späte Einsetzen der positiven Beschäftigungs­
chancen. Die Teilnahme an Zusatzjobs im Bereich Er­      effekte dürfte teilweise auf die große Rezession
ziehung, Bildung, Wissenschaft und Forschung wirkt       2008/2009 zurückzuführen sein, die die Periode des
sich nur bei den Frauen in Westdeutschland signifi­      zweiten und dritten Jahres nach Förderbeginn be­
kant positiv aus, sowohl auf die Erwerbsintegration      troffen hat. In diesem Zeitraum dürfte es schwer
als auch auf den Verdienst. Aufgrund der Bandbreite      gewesen sein, aus Fortschritten in der Beschäfti­
möglicher Tätigkeiten in den drei zuletzt genannten      gungsfähigkeit der Geförderten auch Eingliede­
Einsatzfeldern ist keine eindeutige Interpretation der   rungswirkungen zu erzielen.
Effekte im Zusammenhang mit der Beschäftigungs­            Die beobachteten positiven Beschäftigungs- und
entwicklung bestimmter Wirtschaftszweige möglich.        Einkommenseffekte führen in keiner der Gruppen zu
   Werden die Teilnahmeeffekte auf die Wahrschein­       einer Verringerung des ALG-II-Bezugs. Dieser kon­
lichkeit des ALG-II-Bezugs ebenfalls getrennt nach       traintuitive Befund kann damit erklärt werden, dass
Einsatzfeldern untersucht, finden sich am Ende des       die Förderung mit Zusatzjobs zu einem Verbleib der
Beobachtungszeitraums, 72 Monate nach Maßnah­            Teilnehmenden im Erwerbsleben generell beiträgt,
mebeginn – wie schon bei der Gesamtbetrachtung –         während vergleichbare Nichtteilnehmende sich eher
keine statistischen Belege, dass die Förderung mit       vom Arbeitsmarkt und ALG-II-Bezug zurückziehen –
Ein-Euro-Jobs eine Verminderung der Hilfebedürf­         etwa in Form von frühzeitigen Renteneintritten oder
tigkeit bewirkt (ohne Tabelle). Mögliche Ursachen        der Gründung von Haushaltsgemeinschaften mit ei­
dafür wurden bereits erläutert.                          nem Gesamteinkommen über dem Existenzminimum.
                                                           Die Analyse nach Einsatzfeldern der Ein-Euro-
                                                         Jobs liefert Hinweise darauf, dass die Wirksamkeit
„„ Fazit
                                                         der Förderung von der Entwicklung der Arbeitsnach­
Ein-Euro-Jobs sind eine bedeutende Fördermaß­            frage in ähnlichen Berufsgruppen oder Wirtschafts­
nahme im Rechtskreis des SGB II. Mit ihr soll die        zweigen beeinflusst wird. Positive Teilnahmeeffekte
Beschäftigungsfähigkeit von ALG-II-Beziehern mit         treten insbesondere bei Frauen in den Einsatzfeldern
besonders geringen Beschäftigungsaussichten ver­         Gesundheit und Pflege sowie Kinderbetreuung und
bessert werden. Da eine direkt anschließende Inte­       Jugendhilfe auf. Der dazugehörige Wirtschaftszweig
gration der Zielgruppe in den allgemeinen Arbeits­       Gesundheits- und Sozialwesen ist deutlich von Frau­
markt nicht unbedingt zu erwarten ist und häufig         en dominiert und erfuhr im Beobachtungszeitraum
noch andere Förderungen folgen, werden hier lang­        zwischen den Jahren 2007 und 2013 – gemessen an
fristige Wirkungen von Ein-Euro-Jobs betrachtet.         der Entwicklung des Bestands sozialversicherungs­

                                                                                                                 IAB-Kurzbericht 8/2018   7
Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass Ein-Euro-
                                                                                                   Jobs geeignete Maßnahmen sein können, um die
                                                                                                   Integrationschancen von erwerbsfähigen Leistungs­
                                                                                                   empfängern mittel- bis langfristig zu erhöhen. Da­
                                                                                                   bei können Einsatzfelder in Wirtschaftszweigen, in
                                                                                                   denen mittel- bis langfristig eine überdurchschnitt­
                                                                                                   lich positive Entwicklung der Arbeitsnachfrage zu
    Markus Kiesel                                  PD Dr. Joachim Wolff
                                                                                                   erwarten ist, eine besonders förderliche Rolle für die
    ist Mitarbeiter im Forschungsbereich           ist Leiter des Forschungs­bereichs
    „Grundsicherung und Aktivierung“ im IAB.       „Grundsicherung und Aktivierung“ im IAB.        Eingliederung in Beschäftigung spielen.
    markus.kiesel@iab.de                           joachim.wolff@iab.de

                                                                                                   Literatur
                                  pflichtiger Beschäftigung – ein überdurchschnittli­              Bundesagentur für Arbeit (2007): SGB II – Arbeitshilfe Ar­
                                  ches Wachstum. Der forcierte Ausbau der Krippen­                   beitsgelegenheiten (AGH) nach § 16 Abs. 3 SGB II (Stand:
                                                                                                     Juli 2007).
                                  betreuung im Rahmen des Kinderförderungsgesetzes
                                                                                                   Fitzenberger, Bernd; Hujer, Reinhard (2002): Stand und Per­
                                  aus dem Jahr 2008 und dem darin verankerten                         spektiven der Evaluation der Aktiven Arbeitsmarktpolitik
                                  Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kin­                   in Deutschland, Perspektiven der Wirtschaftspolitik 3 (2):
                                  der ab dem vollendeten ersten Lebensjahr ab Au­                     139–158.

                                  gust 2013 kann als ein wesentlicher Auslöser für                 Hohendanner, Christian; Klemm, Matthias; Promberger, Mar­
                                                                                                     kus; Sowa, Frank (2011): Vom Ein-Euro-Jobber zum ‘re­
                                  die gestiegene Arbeitsnachfrage in diesem Bereich                  gulären‘ Mitarbeiter? Eine Mixed-Methods-Evaluation zu
                                  angesehen werden. Die Ergebnisse stehen auch im                    innerbetrieblichen Übergängen aus öffentlich geförderter
                                  Einklang mit früheren Erkenntnissen einer Analyse                  in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. IAB-Dis­
                                                                                                     cussion Paper Nr. 22.
                                  von Daten des IAB-Betriebspanels von Hohendanner
                                                                                                   Hohmeyer, Katrin; Wolff, Joachim (2010): Wirkungen von Ein-
                                  et al. (2011). Der Studie zufolge kam es vor allem im              Euro-Jobs für ALG-II-Bezieher: Macht die Dosierung einen
                                  Bereich Gesundheit und Soziales zu innerbetriebli­                 Unterschied? IAB-Kurzbericht Nr. 4.
                                  chen Übergängen von Ein-Euro-Job-Teilnehmenden                   Jahoda, Marie (1981): Work, employment, and unemployment.
                                  in reguläre Beschäftigung.                                         American Psychologist 36 (2): 184–191.
                                                                                                   Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2008a): Sonderbericht
                                    Negative Eingliederungseffekte liegen dagegen
                                                                                                     Arbeitsgelegenheiten 2007.
                                  für Männer in Ostdeutschland vor, die mit Ein-Eu­
                                                                                                   Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2008b): Arbeitsmarkt
                                  ro-Jobs in den Einsatzfeldern Umweltschutz und                     in Zahlen, begonnene und beendete Beschäftigungsver­
                                  Landschaftspflege sowie Infrastrukturverbesserung                  hältnisse in Deutschland.
                                  gefördert wurden. Da in Ostdeutschland in den                    Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2013): Gemeldete
                                                                                                     Stellen im Dezember 2013: Top Ten der Berufe, unter:
                                  Jahren nach der Wiedervereinigung viele Arbeitsbe­
                                                                                                     https://statistik.arbeitsagentur.de/Statistikdaten/Detail
                                  schaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen in                     /201312/arbeitsmarktberichte/topten-top-ten/top-ten-
                                  diesen Tätigkeitsbereichen eingesetzt wurden, könn­                d-0-201312-pdf.pdf (Stand: 16.10.2017).
                                  te sich dieser Befund durch die geringe Arbeitsnach­             Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2014): Beschäfti­
                                                                                                     gungsstatistik, Beschäftigte – begonnene und beendete
                                  frage nach regulärer Beschäftigung in diesen Ein­
                                                                                                     Beschäftigungsverhältnisse.
                                  satzfeldern erklären. Neben einer unterschiedlichen              Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2015): Arbeitsmarkt
                                  Arbeitsnachfrage könnte auch eine Rolle spielen,                   in Zahlen, Sozialversicherungspflichtig und geringfügig Be­
                                  ob in den verschiedenen Einsatzfeldern ein unter­                  schäftigte nach der ausgeübten Tätigkeit der Klassifikation
                                                                                                     der Berufe (KldB 2010) und ausgewählten Merkmalen.
                                  schiedlicher Anteil der Geförderten einen Zusatzjob
                                                                                                   Statistik der Bundesagentur für Arbeit (2017): Sonderbericht
                                  mit bzw. ohne Qualifizierung durchlaufen hat. Eine                 Arbeitsgelegenheiten 2016.
                                  Betrachtung dieser Anteile liefert aber dafür keine              Wolff, Joachim; Hohmeyer, Katrin (2008): Wirkungen von Ein-
                                  belastbaren Hinweise (hier nicht dargestellt).                    Euro-Jobs: Für ein paar Euro mehr. IAB-Kurzbericht Nr. 2.

    Impressum  IAB-Kurzbericht Nr. 8, 4.4.2018  Herausgeber: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit, 90327 Nürn­berg
     Redaktion: Elfriede Sonntag  Graphik & Gestaltung: Monika Pickel  Fotos: Jutta Palm-Nowak  Druck: Erhardi Druck GmbH, Regensburg  Rechte: Nach­druck
    – auch auszugsweise – nur mit Genehmigung des IAB  Bezug: IAB-Bestellservice, c/o wbv Media GmbH & Co. KG, Auf dem Esch 4, 33619 Biele­feld; Tel. 0911-179-
    9229 (es gelten die regulären Festnetzpreise, Mobilfunkpreise können abweichen); Fax: 0911-179-9227; E-Mail: iab-bestellservice@wbv.de  IAB im Internet: www.
    iab.de. Dort finden Sie u. a. diesen Kurzbericht zum kostenlosen Download  Anfragen: iab.anfragen@iab.de oder Tel. 0911-179-5942  ISSN 0942-167X

8     IAB-Kurzbericht 8/2018
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