Der neue Flughafen - zwingt der ständige Kostendruck zur Ausgliederung von immer mehr Dienstleistungen?
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Ulrich Bochum (G-IBS Berlin) / Heinz-Rudolf Meißner (FAST e.V. Berlin)1 Der neue Flughafen – zwingt der ständige Kostendruck zur Ausgliederung von immer mehr Dienstleistungen? Seit März 2006 ist es nun amtlich: Der Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) kann am Standort Berlin-Schönefeld gebaut werden. Über dieses Großprojekt wurde heftig und bitter gestritten, seine Geschichte ist reich an Skandalen und eine Aneinanderreihung von Fehleinschätzungen – die größte Fehleinschätzung war diejenige, ein derartiges Infrastruktur-Projekt durch private Investoren realisieren zu lassen. Aber auch die Standortfindung selbst hat zu heftigen Protesten der betroffenen Anwohner geführt. Gegen den Planfeststellungsbeschluss wurden bis zum 20.10.2004 etwa 3.000 Klagen von Gegnern des Flughafenprojekts eingereicht, die zu zwei Sammelklagen zusammengefasst und vor dem Bundesverwaltungsgericht verhandelt wurden. Die Flughäfen selbst unterliegen starkem Veränderungsdruck in Richtung einer umfassenden Kommerzialisierung – schließlich ist ein Flughafen ja nicht nur zum Abfliegen und Ankommen da, sondern hier soll man auch noch etwas erleben. Gleichzeitig wird über die Aufgabenbereiche, die ein Flughafen wahrzunehmen hat, gestritten und Leistungen werden kräftig ausgegliedert. Es besteht kein Zweifel: die Flughäfen weisen zu einer Zeit, in der gesamtwirtschaftlich eher von Stagnationstendenzen gesprochen werden muss, Wachstumspotenziale auf. Stimuliert durch die sinkenden Ticketpreise der Billigfluggesellschaften entschließen sich immer mehr Personen dazu, eine Reise mit dem Flugzeug anzutreten anstatt die traditionellen Verkehrsmittel Auto und Bahn zu benutzen. Die Billigfluggesellschaften erschließen damit nicht nur ihr eigenes Kundenklientel, sondern von steigendem Passagieraufkommen profitieren ökonomisch auch die Flughäfen und das mit ihnen verbundene regionale Umfeld.2 1 Dieses Papier entstand im Rahmen einer Expertise zum Thema Outsourcing für die Arbeitnehmervertretung im Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Schönefeld GmbH (FBS) 2 Dies zeigen empirische Untersuchungen des Instituts für Verkehrswissenschaft der Universität Köln am Beispiel des Flughafens Köln-Bonn sowie des geplanten Hauptstadtflughafens Berlin-Brandenburg International (BBI), siehe dazu das Literaturverzeichnis im Anhang. Über die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells der Billigfluglinien kann gestritten werden, immer wieder wird eine Konsolidierung der Branche prophezeit, vgl. dazu McKinsey (2005). Flughafen-Outsourcing 1
Die Kommerzialisierung der Infrastruktur Während sich bis vor einigen Jahren die Flughäfen vor allem als Bereitsteller von Infrastruktur verstanden haben, hat durch die erzwungene Liberalisierung und Kommerzialisierung vieler Bereiche des öffentlichen Sektors eine „Business-Orientierung“ auch bei den Flughafengesellschaften Einzug gehalten. Von den einschlägigen Unternehmensberatungen wird den Flughafengesellschaften ans Herz gelegt, sich nicht mehr als bloße Garanten von Infrastruktur zu verstehen, sondern einen Wandel zu markt- und damit gewinnorientierten Unternehmungen zu vollziehen. So schreibt die Boston Consulting Group (2004) in einer Studie zur zukünftigen Entwicklung der Flughäfen, dass die Flughafen-Betreiber in der Vergangenheit unter dem Dach staatlichen Schutzes sowohl ihre operativen Kosten vernachlässigt als auch Gelegenheiten verpasst haben, ihre Gewinne zu erhöhen. Die meisten dieser Gesellschaften hätten sich als Infrastruktur-Betreiber verstanden und nicht als Geschäftsbetriebe. In der Zukunft steige der Druck, effizienter zu operieren und eine Analyse zeige, dass die Flughäfen ihre operativen Kosten im Durchschnitt um 20-30% reduzieren könnten (BCG: 2004, S.21). Diese Botschaft wurde anscheinend von den Fluggesellschaften verstanden: so verlangte die Lufthansa im letzten Jahr von der Fraport AG, dem größten deutschen Flughafenbetreiber, eine Absenkung der Kosten bei den Bodenverkehrsdiensten am Frankfurter Flughafen um 30%. Da die Lufthansa wichtigster Kunde von Fraport ist und es um einen Servicevertrag mit einer zehnjährigen Laufzeit und ein Volumen von 160 Mio. € ging, wurde letztlich eine Reduzierung um 25% erzielt. Vor dem Hintergrund des Kostendrucks einigten sich Management und Betriebsrat bei Fraport darauf, einen „Zukunftsvertrag 2010“ abzuschließen, der bei den Bodenverkehrsdiensten einen gesteigerten Einsatz von Fremdpersonal (bis zu einem Anteil von 23%) ermöglicht. Gleichzeitig wurde vereinbart, dass es bis zum Jahr 2010 keine betriebsbedingten Kündigungen geben und das Einkommensniveau der rund 12.000 Beschäftigten erhalten bleiben solle. Davon verspricht sich Fraport Einsparungen von bis zu 50 Mio. € (Frankfurter Rundschau Nr. 120, 2005). Neben den Bemühungen, die Kosten für die Bodenverkehrsdienste zu senken, versuchte Lufthansa aber auch intern, die Ausgliederungskarte zu spielen. So wurden bei der Cateringtochter LSG Sky Chefs Mehrarbeit und niedrigere Einkommen sowie ein Kündigungsschutz bis 2010 vereinbart. Gleichzeitig will Lufthansa auch bei ihren eigenen 13.000 Beschäftigten am Boden sparen. Vor allem bei der Abfertigung werde der Flughafen-Outsourcing 2
Wettbewerb härter, hier lägen die Personalgesamtkosten je Beschäftigtem um ein Drittel höher als bei der Konkurrenz, die Frage sei, ob man sich die Abfertigung zu eigenen Kosten leisten könne oder ob man die Dienstleistung extern billiger einkaufe. Die hier angeführten Beispiele verdeutlichen, dass die Beziehungen zwischen Luftfahrtgesellschaften und Flughafenbetreibern vor dem Hintergrund des gestiegenen Kostendrucks nicht ungetrübt sind. Hier treffen zwei Welten aufeinander: ein weitgehend von Regulationszwängen befreiter Flugverkehr und ein nach wie vor durch staatliche Regulierung gekennzeichneter Flughafenbereich. Mit dem dritten Liberalisierungspaket wurde für die europäische Luftfahrtindustrie eine nahezu lückenlose marktwirtschaftliche Ordnung geschaffen (Jung:1999). Die so genannten „Infrastrukturmärkte“, zu denen die Flughäfen gehören, sind von der Deregulierungswut noch nicht vollständig erfasst worden. Die EU-Kommission versucht hier aber, durch die Aktualisierung der Richtlinie über die Liberalisierung der Bodenabfertigungsdienste weitere marktkonforme Einfallstore zu öffnen (Vgl. dazu European Commission; SH&E: 2002). Ohne Zweifel ist aber der Druck auf die Flughafengesellschaften, sich als marktorientierte Unternehmen zu begreifen, weniger durch die EU-Kommission als vielmehr durch die Airlines vermittelt, die sich einem ständigen Zwang zur Kostensenkung ausgesetzt sehen. Durch die Markterfolge der Billigfluglinien wird dieser Druck noch verstärkt.3 Die Kommerzialisierung der Flughafen-Infrastrukturen zeigt sich auch in anderen Feldern: neben ihren klassischen flugbetriebsbezogenen Tätigkeiten versuchen die Flughäfen ihr Non-Aviation-Business auszubauen. Gemeint ist damit insbesondere die Vermarktung der Flughafenflächen: Büroflächen, Gastronomie, Einzelhandel, Lager und Parkflächen. So existierte bis zum Jahr 2000 auf den Berliner Flughäfen so gut wie kein Non-Aviation- Management. Erst danach wurde es schrittweise aufgebaut. Die Umsatzanteile, die durch den Non-Aviation-Bereich erzielt werden, sind seit einigen Jahren stark ansteigend und gewinnen zunehmend an Bedeutung. Vorbildcharakter haben Schiphol und Heathrow, wo bereits mehr als 50% der Flughafeneinnahmen in diesem Bereich erzielt werden. Heutzutage soll den Personen, die sich u. U. mehrere Stunden auf dem Flughafen aufhalten, Gelegenheit gegeben werden, Geld auszugeben - Flughäfen werden daher immer mehr zu Erlebnispunkten und Einkaufsparadiesen entwickelt. Geschäftsmodell Flughafen – Outsourcing versus integrierte 3 Man darf dabei nicht vergessen, dass sich außer American Airlines die größten US-Fluggesellschaften im Insolvenzverfahren befinden. Flughafen-Outsourcing 3
Wertschöpfungskette Diese Entwicklungen werfen die Frage nach dem zukünftigen Geschäftsmodell der Flughäfen auf. Das Spannungsverhältnis Liberalisierung - Marktorientierung - Kostensenkung - attraktive Angebote für die Airlines erfordert zunehmend eine Veränderung der Unternehmenspolitik der Flughafengesellschaften. Das Ausgliedern oder die Fremdvergabe von Leistungen und Funktionsbereichen aus dem Unternehmen heraus an Dritte (Outsourcing) wird als modernes Instrument der Unternehmensführung angesehen und ist häufig geübte Praxis in Industrie- und Dienstleistungsunternehmen. Für die Flughafengesellschaften bewegen sich Lösungsmöglichkeiten des o.g. Spannungsverhältnisses zwischen einem Modell, in dessen Rahmen der Flughafen nur noch einen eng umrissenen Aufgabenbereich, etwa das Immobilienmanagement und den Flight Operation Service, wahrnimmt und einem Modell eines integrierten Flughafens, der weitgehend die flugbezogenen wie auch Teile der nichtflugbezogenen Dienstleistungen selbst erbringt. Zum Modell eines integrierten Flughafens oder einer integrierten Wertschöpfungskette eines Flughafens gehören die zentrale Infrastruktur und die Betriebsdienste, Flächen- und Gebäudebewirtschaftung, Terminal-/Verkehrsbereich, Start- und Landebahnen, Bodenabfertigungsdienste sowie die Sicherheit. Mit einem weitgehenden Aufbrechen der Wertschöpfungskette würde die Flughafengesellschaft aber einerseits wichtige Einnahmebereiche aus der Hand geben und andererseits Gestaltungs- und Steuerungsmöglichkeiten für die Entwicklung der Dienstleistungsprozesse auf dem Flughafen einschränken. Insbesondere bei Neubauprojekten wie dem geplanten Hauptstadtflughafen BBI in Berlin stellt sich die Frage nach der Wertschöpfungstiefe und dem Geschäftsmodell, das verfolgt werden soll. In einem Positionspapier zur Entwicklung des Hauptstadtflughafens haben sich die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Berliner Flughäfen für eine integrierte Wertschöpfungskette ausgesprochen, wohlwissend, dass sich die Ausgliederung bestimmter Dienstleistungsbereiche für sie verstärkt stellen wird (ver.di 2005). Dabei wird sich nicht jedes Outsourcing-Vorhaben verhindern lassen – es kommt auf die Ausgestaltung und die Bedingungen an, die in derartigen Projekten angewendet werden. Ein Bereich, der, nicht nur bei Flughäfen, häufig von Ausgliederung und Fremdvergabe betroffen ist, sind die IT-Dienstleistungen4. Hier findet man auf den deutschen Flughäfen 4 Laut ZEW IKT -Report (2005) haben gut 87% der deutschen Unternehmen IT-Dienstleistungen auf externe Anbieter verlagert. Flughafen-Outsourcing 4
eine Bandbreite von Lösungen, die von kompletter Ausgliederung der IT-Abteilung (Flughafen Düsseldorf)5 bis zur Zusammenfassung der IT-Dienste in einer separaten Tochtergesellschaft (Flughafen Hamburg) reicht. Fraport wiederum ist einen besonderen Weg gegangen, der durchaus Vorbildcharakter haben könnte. Fraport wollte seine Kosten im IT-Bereich um 15% senken. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde sehr genau bestimmt, welche Kernbereiche der IT-Dienstleistungen bei Fraport verbleiben und welche an einen externen Anbieter vergeben werden sollten. Dazu wurde ein sogenanntes IT-Schalenmodell entwickelt, das als Kerngeschäft die flugbezogenen IT- Anwendungen, die auch für die Kunden als Schnittstellen relevant sind, definiert. Als nicht zum Kerngeschäft gehörend wurden das Rechenzentrum, die Netzinfrastruktur und die Service-Desk-Dienstleistungen definiert. Diese Leistungen wurde unter Anwendung eines Bieterverfahrens letztlich an ein Gemeinschaftsunternehmen mit dem jetzt zu T-Systems gehörenden IT-Dienstleister gedas ausgegliedert. An dem Gemeinschaftsunternehmen bleibt Fraport zu 50% beteiligt und hat weitreichende Einflussmöglichkeiten, die auch die Option einer Rückübertragung beinhalten. Insgesamt werden 126 Beschäftigte nach §613a an gedas übertragen, ohne finanzielle Nachteile tragen zu müssen. Gedas selbst wiederum betrachtet dieses Engagement als Gelegenheit seinen bestehenden Geschäftsbereich Operational Services aus zu bauen und die am Flughafen Frankfurt angesiedelten Dienstleistungen auch Dritten an zu bieten. Der IT-Service-Vertrag ist auf eine Laufzeit von 10 Jahren ausgelegt. Interessant ist, dass die großen Anbieter von IT-Dienstleistungen, wie IBM und SBS, sich zwar um dieses Outsourcing-Projekt bewarben, aber keinesfalls Interesse an einer gemeinsamen Gesellschaft mit Fraport hatten und daher frühzeitig aus dem Bieterprozess ausschieden. Letztlich fiel die Entscheidung zwischen gedas und einem amerikanischen Anbieter, der jedoch die Supervision des Rechenzentrums aus Amerika betreiben wollte. Mit entscheidend waren daher auch kulturelle Faktoren. Wie sich dieses Outsourcing-Projekt entwickelt bleibt abzuwarten, allerdings wurde das Vorhaben sehr überlegt und Mitarbeiter orientiert betrieben und auch durch externe Beratung auf seinen Erfolg und seine Zielstellungen hin begleitet. Die Unternehmensberatung Accenture hat in einer Untersuchung zum deutschsprachigen Outsourcing-Markt festgestellt, dass die meisten Unternehmen Outsourcing-Vorhaben auf kerngeschäftsfremde Bereiche und auf die Auslagerung von IT-Infrastruktur beschränken (Accenture: 2002). Dies trifft auch auf die IT-Auslagerung von Fraport zu – offensichtlich sind die Erfahrungen aber nicht durchgängig positiv, denn 30% der Outsourcing-Projekte 5 Laut Computerwoche v. 10.8.2005 will der Flughafen Düsseldorf damit 12% seiner IT-Ausgaben sparen. Flughafen-Outsourcing 5
sind wenig erfolgreich. „Hochgerechnet auf die geschätzten Outsourcing-Ausgaben der Unternehmen von 13,8 Mrd. € in 2007 ergeben sich damit dramatische Misserfolgsquoten, deren finanzielle Dimensionen sich auf bis zu 4 Mrd. € belaufen könnten. Diese systematisch zu minimieren und die Performance zu verbessern wird eine zentrale Aufgabe im Rahmen kommender Outsourcing-Aktivitäten sein“ (Accenture: 2002). Die Flughäfen bieten aufgrund ihrer hohen Wertschöpfungsquoten sicherlich ein großes Potenzial für zukünftige Outsourcing-Prozesse. Eine Übersicht über die Bruttowertschöpfungsquoten der deutschen Flughäfen sowie der Flughäfen in Kopenhagen und Wien zeigt, dass im Jahr 2003 die Leistungstiefe in niedrigsten Fall bei knapp 78% (für den FBS-Konzern in Berlin) und knapp 97% (für den Flughafen Wien) beträgt. Über die letzten drei Jahre betrachtet, liegen die Bruttowertschöpfungsquoten der deutschen Flughäfen ziemlich konstant zwischen 80 und 90%. Neben diesen rein quantitativen Vergleichen lassen sich die wirklichen Leistungsprozesse der Flughäfen nur gegenüberstellen, wenn man die Leistungsprozesse inhaltlich analysiert und z.B. mit berücksichtigt, was die Flughäfen neben ihren klassischen Aufgabenbereichen zusätzlich unternehmen wie z.B. das Führen von Hotels, das Betreiben von Parkhäusern u.a.m. Die durchgängig hohen Bruttowertschöpfungsquoten sprechen jedoch dafür, dass sich hier eine normierte Leistungstiefe herausgebildet hat, deren Aufbrechen auf ihre Effekte im Flughafen-Dienstleistungsprozess sehr genau geprüft werden sollte. Was können Arbeitnehmervertreter tun – nur Zugeständnisse machen oder mitgestalten? Bei Outsourcing-Entscheidungen handelt es sich häufig um strategische Entscheidungen. So steht mit dem Neubauprojekt des Hauptstadtflughafens BBI eine Überprüfung der Leistungstiefe des Berliner Flughafensystems auf der Tagesordnung. Dieser Prozess umfasst die Überführung der bisher existierenden drei Flughafenstandorte in einen einzigen neuen Standort. Dabei drängt die Konzernleitung der Berliner Flughäfen auf eine Überprüfung der zukünftigen Leistungstiefe und thematisiert damit die Frage des „make or buy“. Auf dieser strategischen Entscheidungsebene haben sich die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat für eine integrierte Wertschöpfungskette des zukünftigen Flughafens ausgesprochen und betrachten die Leistungsvergabe an Externe besonders kritisch. Dabei sollten Einzelentscheidung im Aufsichtsrat zum Thema Outsourcing im Zusammenhang mit den Generalzielen des Unternehems gesehen werden, zu denen Flughafen-Outsourcing 6
gerade auch in der Region Berlin-Brandenburg soziale Ziele wie die Beschäftigungssicherung gehören. Zur Beurteilung der Ausgliederungsentscheidung gehört die Organisation des Entscheidungsprozesses selbst und damit die Art und Weise wie die Arbeitnehmervertreter in diesen Prozess eingebunden werden können. Auf der Ebene des Betriebsrates (GBR/KBR) könnten auf der Basis einer Sourcing- Rahmen-Betriebsvereinbarung, Kriterien für den gesamten Prozess formuliert werden. Dies betrifft insbesondere die Entscheidungsmethoden und -kriterien, den Verfahrensablauf (Entscheidungsvorbereitung, Durchführung und Kontrolle) sowie die Prüfung von Alternativen zum Outsourcing, etwa Kooperationsformen mit anderen Unternehmen.6 Betrachtet man die Motive von Outsourcing, so stehen Kosteneinsparungen, die man sich durch die Auslagerung verspricht, an vorderster Stelle. Gerade hier wird oft mit verkürzten Kostenvergleichen operiert, die die gesamten anfallenden Kosten der Auslagerung nicht berücksichtigen. Hierzu gehören insbesondere die Transaktionskosten, die dadurch entstehen, dass der Leistungsprozess nun arbeitsteilig erbracht und gesteuert werden muss. Ebenso sollte eine Risiko-Abschätzung bei derartigen Projekten vorgenommen werden, sonst kommt es zu Ernüchterungsprozessen wie sie große Unternehmen bei der Ausgliederung von IT-Dienstleistungen in Niedriglohnländer erfahren haben: „Die erheblichen Stundensatzdifferenzen von Deutschland zu Osteuropa und Asien dürfen nicht zu der Erwartung führen, dass ein Projekt, gerechnet über seine gesamt Lebensdauer, unter Einschluss auch aller indirekten Kosten sowie bei adäquater Bewertung aller Risiken, tatsächlich >offshore< stets preiswerter realisiert werden kann. Im Nachhinein stellt sich häufig heraus, dass die erwarteten Kosteneinsparungen nicht realisiert werden konnten oder es zu gravierenden Qualitätsproblemen gekommen ist, die sich über kurz oder lang ebenfalls finanziell negativ auswirken“ (Scheitor, D. : 2005, S. 116). Literaturverzeichnis Accenture / IMCS (2002): Outsourcing 2007. Von der IT-Auslagerung zur Innovationspartnerschaft, Kronberg / Bonn Baum, H. / Schneider, J. (2004). Die regionalwirtschaftlichen Auswirkungen des Low-Cost-Marktes im Raum Köln/Bonn, Köln Baum, H. / Schneider, J. / KE-Consult (2005): Wirtschaftliche Effekte des Airports Berlin Brandenburg International (BBI), Köln 6 Zu den Inhalten einer Sourcing-Rahmenvereinbarung vgl. Müller / Prangenberg (1997) Flughafen-Outsourcing 7
Boston Consulting Group (2004): Airports – Dawn of a New Era. Preparing for one of the industry's biggest shake-ups Computerwoche v. 10.08.2005: Flughafen DUS lagert IT komplett aus. European Commission: Issues to be addressed in the Review of Council Directive 96/67 EC on Access to the Groundhandling Market at Community Airports, Consultation Paper of the Directorate General for Energy and Transport (ohne Ort, ohne Jahr) Frankfurter Rundschau Nr. 120 2005 Jung, Ch. (1999): Luftverkehrsmärkte im Europäischen Wirtschaftsraum, in: Immenga, U. / Schwintowski, H.P. / Weitbrecht, A. (Hg): Airlines und Flughäfen. Liberalisierung und Privatisierung im Luftverkehr, Baden- Baden, S.11-63 McKinsey Business Breakfast (2005): Billigflieger in Europa – eine Boombranche vor dem Wendepunklt, Frankfurt / M. Müller, H.E. / Prangenberg, A. (1997): Outsourcing-Management. Handlungsspielräume bei Ausgliederung und Fremdvergabe, Köln Scheitor, D. (2005): Eingespart oder schöngerechnet? Ist Offshoring wirklich billiger?, in: Boes, A. / Schwemmle, M. (Hrsg.): Bangalore statt Böblingen? Offshoring und Internationalisierung im IT-Sektor, Hamburg, S. 110-117 SH&E International Air Transport Consultants (2002): Study on the Quality and Efficiency of Ground Handling Services at EU Airports as a Result of the Implementation of Council Directive 96/67 EC, London ver.di (2005): BBI mehr als nur ein Flughafen. Sozialer Schwung für die Region. Forderungskatalog der Arbeitnehmer/innen im Aufsichtsrat der Flughafen Berlin Schönefeld GmbH (FBS), Berlin Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW 2005): IKT-Report. Unternehmensbefragung zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien, Mannheim Flughafen-Outsourcing 8
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