Der QR Code in Gesellschaft, Wirtschaft und Medizin - Anwendungsbeispiele, Möglichkeiten und Chancen
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Archiv für Kriminologie 227: ••-•• (2011) 1 Aus dem Institut für Rechtsmedizin der Universität Frankfurt/Main (Direktor: Prof. Dr. med. H. Bratzke) Der QR Code in Gesellschaft, Wirtschaft und Medizin – Anwendungsbeispiele, Möglichkeiten und Chancen Von Benno Flaig und Assessor Priv.-Doz. Dr. med. Markus Parzeller (Mit 7 Abbildungen) 1. Einleitung An der Fassade des EXPLORA Museums (Abb. 1) in Frankfurt am Main wurde im September 2010 der größte QR Code Europas installiert. Die Dimension des QR Codes betrug etwa 4 x 4 Meter. Die- ser QR Code ermöglicht sei- nem „Leser“ einen direkten Zugriff auf die Homepage des Museums und damit auf seine Inhalte, Geschichte und Öffnungszeiten. In Japan be- deckt ein QR Code eine ge- samte Hochhausfassade. Obwohl solche Werbe- maßnahmen im wahrsten Sinne des Wortes offensicht- lich sind, werden sie bei dem einen oder anderen Betrach- ter fragende Blicke hervorru- fen. Möglicherweise wird das Bild nur als Fassaden- schmuck interpretiert. Dabei wird verkannt, dass es sich bei dem Gebilde um einen QR Code mit weiteren Informa- Abb. 1: Fassade des EXPLORA Museums, tionen handelt. Aufgrund der Frankfurt am Main
2 FLAIG, PARZELLER inzwischen umfangreichen Verbreitung dürfte heutzutage jeder, ob be- wusst oder unbewusst, mit einem 2D-Code (Strafzettel, Fortbildungs- aufkleber der Landesärztekammer, Bewerbungsanzeigen in Zeitschrif- ten etc.) konfrontiert worden sein. Im nachfolgenden Beitrag wird diese Form der Informationscodierung und -verbreitung vorgestellt, wobei insbesondere Anwendungsmöglichkeiten für die Medizin im Allgemei- nen und die Rechtsmedizin im Speziellen aufgezeigt werden. 2. Der QR Code 2.1 Definition Beim QR Code handelt es sich um einen so genannten 2D-Code (Abb. 2). Im Gegensatz zum eindimensionalen Barcode (engl. bar = „Balken“, s. Abb. 3) enthält ein 2D-Code sowohl horizontal als auch vertikal In- formationen und kann dadurch ein Vielfaches an Daten speichern. Das Akronym „QR“ steht für „Quick Response“ („schnelle Antwort“). QR Code DataMatrix-Code Aztec-Code (vCard des Erstautors) (Link zur Rechtsmedizin (Textbaustein der Frankfurt [6]) Institutsadresse) Abb. 2: Beispiele unterschiedlicher 2D-Codes Abb. 3: Fortbildungsaufkleber mit Bar-Code und teilzerstörtem DataMatrix-Code, der trotzdem gescannt werden kann. Entwickelt wurde der QR Code 1994 von der japanischen Firma DENSO WAVE INCORPORATED [1]. Diese hält die Namens- und Pa- tentrechte des inzwischen nach JIS (Japanese Industrial Standards) und ISO/IEC (International Organisation for Standardization / Inter- national Electrotechnical Commission) [2] normierten Codes (regis- tered trademark). Die Firma erlaubt allen Personen und Organisatio-
Der QR Code in Gesellschaft, Wirtschaft und Medizin 3 nen die kostenlose Nutzung des QR Codes [3]. Sehr ähnlich funktionie- ren die in Amerika entwickelten Code-Systeme „DataMatrix“ [4] und „Aztec“ [5]. Neben diesen gibt es noch zahlreiche weitere, weniger verbreitete, z. T. kostenpflichtige Codesysteme, auf die hier nicht näher eingegangen wird. Das Besondere an den vorgestellten 2D-Codes ist die einfache Möglichkeit, eine Information selbst in ein „lesbares Bild“ zu verwan- deln. 2.2 Erstellung eines QR Codes Eine Internetsuche mit den Begriffen „QR Code“ und „Generator“ liefert eine Auswahl an QR Code-Generatoren [7, 8, 9], welche die Mög- lichkeit bieten, selbständig einen QR Code zu erstellen. Dabei kann je nach Anbieter zwischen der Eingabe von Text, einer Webadresse, einer Telefonnummer, einer vCard (elektronische Visitenkarte) und einer Kurznachricht (SMS) gewählt werden. Aber auch Geodaten, Kalender- einträge oder der Name und das Passwort eines WLANs (Wireless Lo- cal Area Network) können in einen QR Code verwandelt werden [9]. Die Eingabe der gewünschten Daten erfolgt beim Erstellen über die PC-Ta- statur. Der QR Code wird auf Knopfdruck automatisch generiert und kann dann als Bild gespeichert und/oder kopiert werden. Die Schwarz- weiß-Darstellung bietet einen starken Kontrast und dadurch eine opti- male Lesbarkeit. Die Information wird im QR Code vielfach wiederholt gespeichert, wobei beim Erstellen zwischen Fehlerkorrekturen von 7 %, 15 %, 25 % und 30 % gewählt werden kann. Aufgrund der redun- danten Speicherung der Information im QR Code und seines Korrek- turfaktors kann der Code auch bei einer Zerstörung von bis zu 30 % noch korrekt gelesen werden: vgl. z. B. [10] (s. dazu auch Abb. 3). 2.3 Einlesen und Dekodieren eines 2D-Codes Mobile Lesegeräte wie Handys und Smartphones (Mobiltelefone mit eigenem Betriebssystem) sind über ihre Kamera in der Lage, den 2D- Code zu erfassen und durch eine spezielle Software zu übersetzen. Vor- aussetzung zum Lesen von 2D-Codes ist – neben einer Kamera – die Möglichkeit, kleine Programme (so genannte Apps [Applikationen]) mit dem Handy zu nutzen. Installieren lassen sich diese Apps auf allen Smartphones und Handys, welche die Programmiersprache Java [11] unterstützen. Da inzwischen rund ein Drittel aller neu verkauften Mo- biltelefone Smartphones sind, breiten sich auch in Deutschland die technischen Voraussetzungen zur Nutzung des QR Codes weiter aus [12]. In Japan sind QR Code-Reader heute in den meisten Mobiltelefonen vorinstalliert und auch in Europa liefern einige Hersteller ihre Geräte schon mit dieser Software aus. Passende Apps können auch nachträg- lich über Onlineshops des Telefonanbieters oder das Internet herunter- geladen werden (z. B. „NeoReader“ [13, 14]). Das empfangene Code-
4 FLAIG, PARZELLER Reader-Programm wird bei beiden Varianten auf dem Endgerät instal- liert und kann sofort benutzt werden. Da der Reader die Leserichtun- gen automatisch erkennt, muss man weder beim Anbringen noch beim Scannen ein „oben“ oder „unten“ beachten. Ein „Lesegerät“ im weiteren Sinne ermöglicht im Internet das De- kodieren von ein- und zweidimensionalen Codes [15]. Dazu wird ent- weder die Webadresse angegeben, auf welcher der Code steht, oder eine Datei, z. B. ein Foto des Codes, hochgeladen. Durch die Möglichkeit der Bearbeitung am Computer kann ein QR-Code auch über Digitalkame- ras, Webcams, Scanner etc. eingelesen und dekodiert werden. 2.4 Anwendungsgebiete, Möglichkeiten und Chancen von 2D-Codes 2.4.1 Gesellschaft Im gesellschaftlichen Alltag werden QR Codes in vielfältiger Art und Weise verwendet. Anhand einiger Beispiele aus dem In- und Ausland werden im Folgenden die Einsatzmöglichkeiten des QR Codes darge- stellt. Das Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe (ZKM) wirbt nicht nur auf Plakaten mit riesigen QR Codes, sondern verwendet diese seit 2009 ergänzend zu den übli- chen Informationstafeln an Kunstwerken in seinen Ausstellungen (s. Abb. 4) [16]. Der Mu- seumsbesucher hat dadurch Zugriff auf Texte, Bilder, Videos und Tondokumente mit de- taillierten Informationen zu den Kunstwerken. Ausschnitt Eintrittskarte Informationstafel zum Kunstwerk „YOUbiläumsbrowser“ Abb. 4: QR Code in der Kunst am Beispiel des Zentrums für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe Die japanische Einwanderungsbehörde chiffriert Visadaten und wandelt diese dann in einen QR Code um (Abb. 5). Einen Aufkleber mit diesem Code bekommt der Einreisende in seinen Reisepass geklebt, wobei nur Regierungsbeamte die in dem QR Code übermittelten Informationen dechiffrieren können.
Der QR Code in Gesellschaft, Wirtschaft und Medizin 5 Abb. 5: Reisepass mit QR Code Visum QR Codes auf Grabsteinen ermöglichen in Japan den Zugriff auf die Lebensgeschichte und Fotos etc. des Verstorbenen. Dabei bestimmen die Angehörigen, welche Informationen hinterlegt sind, ob diese nur mit einem Schlüssel zugänglich sein sollen und wer diesen er- hält [17]. 2.4.2 Wirtschaft DataMatrix-Codes dienen inzwischen als Briefmarkenersatz, welchen der Kunde der Deutschen Post AG mit INTERNETMARKE [18] rund um die Uhr auf den Cent genau selbst ausdrucken kann. Diese Codierung befindet sich z. B. auf jeder Titelseite des Deutschen Ärzteblattes neben der Zustelladresse. QR Codes werden zudem unter und in Zeitungsartikeln und Stellenanzeigen gedruckt, um weiterführende Informationen einfach zugänglich zu machen [19, 20, 21]. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) verwenden QR Codes auf ihren Fahrplänen an den Haltestellen und ermöglichen so eine Ermittlung der tatsächlichen Abfahrtszeiten der Busse [10]. 2.4.3 (Rechts-)medizin 2.4.3.1 Wissenschaft und Forschung In wissenschaftlichen Posterausstellungen stehen mitunter gedruckte Handouts zum Mitnehmen zur Verfügung, die teilweise nur als Schwarzweißkopie erhältlich und häufig schnell vergriffen sind. Poster, die mit einem QR Code und einem damit codierten Link zu dem Handout versehen sind, ermöglichen, diese Informationen unbeschränkt und in Farbe zur Verfügung zu stellen. Bei der 89. Jahrestagung der DGRM (Deutsche Gesellschaft für Rechtsmedizin) in Berlin 2010 waren z. B. Poster 38 [22], 42 [23] und 44 [24] mit diesem „vir- tuellen Handout“ versehen (siehe Abb. 6).
6 FLAIG, PARZELLER Ausschnitt des Posters 42 [23] Letzte Seite des Vortrags 96 [25] Abb. 6: Beispiele der Anwendung von QR Codes während der 89. Jahrestagung der DGRM Druckt man den QR Code mit der eigenen vCard (Abb. 2) z. B. auf seine Visitenkarten oder auf sein Poster, entfällt durch das Einscannen die Eingabe der Kontaktdaten per Hand in das Mobiltelefon. Zusätzlich können zukünftig Veranstalter (rechts-)medizinischer Kongresse anbieten, einen QR Code mit den Kontaktdaten direkt auf das Namensschild des Teilnehmers zu drucken. Der erleichterte Austausch der Kontaktdaten spart Visitenkarten und schafft nachhaltige Netzwerke unter den Teilnehmern. Auch die Verwaltung und Verlinkung der digitalen Poster-Handouts könnte in Zukunft der Veranstalter übernehmen. Dazu senden die Autoren, die dies wünschen, das Poster digital an den Veranstalter und dieser hinterlegt das Poster auf seiner Homepage, verwan- delt den Link dorthin in einen QR Code und hängt diesen in der Posterausstellung aus. Dies hat den Vorteil, dass durch den per QR Code übermittelten Link zum Poster-Handout das Poster digital unabhängig von der An- und Abreise des Autors und unabhängig vom ge- druckten Poster während der gesamten Veranstaltungsdauer und darüber hinaus („virtu- elle Posterausstellung“) online verfügbar ist. Findet die Posterbegehung schon am ersten Tag des Kongresses statt, kann zu jedem Poster ein kurzes Video mit Erklärungen des Autors und (kritischen) Nachfragen des Au- ditoriums entstehen. Der Veranstalter kann die von ihm gefilmten Videos auf seiner Homepage hinterlegen und einen entsprechenden QR Code unter dem Poster anbringen. Da es sich auch hier lediglich um einen hinterlegten Link handelt, ist der Besucher räumlich und zeitlich ungebunden und kann die Poster und „Postervideos“ z. B. auch im Team be- trachten. Gerade wenn mehrere Posterbegehungen zeitgleich stattfinden oder Vorträge parallel zur Posterbegehung präsentiert werden, ist diese Möglichkeit der nachträglichen Erläuterung des Posters durch den Autor per Video sehr hilfreich. Ein Kurzfilm, in dem der Autor persönlich sein Poster erklärt, macht diesen nicht nur virtuell omnipräsent, sondern beinhaltet zusätzlich die der Präsentationsform Vortrag zugeschriebenen Vorzüge: „Wort- wahl, Pausen, Gestik, Mimik, Stimmlage und -modulation“ [26]. In einem aktuellen Bei- trag [26] wird als Rezept für ein erfolgreiches Poster „wenig lesen, viel sehen“ postuliert. Durch den QR Code lassen sich vorproduzierte Kurzfilme beliebigen Inhalts in jedes Poster implementieren und schnell abrufen. Vorproduzierte Videos bieten den Vorteil, dass sie in verschiedenen Sprachen bereitgestellt oder untertitelt werden können. Der Einsatz eines QR Codes kann auch für Vorträge empfohlen werden. Anstatt die Kontaktdaten – insbesondere lange Adressen – per Hand zu notieren, können diese Infor- mationen nebst dem kompletten Vortrag hinter einem QR Code hinterlegt werden (Vortrag 96 bei der Jahrestagung der DGRM [25], s. Abb. 6). Dem Zuhörer wird somit die Präsenta- tion für die weitere Verwendung unmittelbar zur Verfügung gestellt und erspart das Mit- schreiben der Vortragsfolien während des Vortrages. Vorträge können vom Veranstalter – so wie die Poster – auf dessen Homepage hinterlegt und Links zum jeweiligen Vortrag per QR Code im Programmheft abgebildet werden.
Der QR Code in Gesellschaft, Wirtschaft und Medizin 7 Das bei der Operationssaalplanung etablierte und bei den Fahrplänen der BVG oben erwähnte Konzept der „tatsächlichen Zeiten“ ließe sich leicht auf medizinische Kongresse übertragen. Die in verschiedenen Sälen stattfindenden Veranstaltungen könnten nach die- sem Vorbild in Echtzeit in der digitalen Tagesübersicht erscheinen. Dadurch kann der Zuhörer in Saal A online nachsehen, ob der Vortrag in Saal B schon begonnen hat bzw. wel- che Vorträge in den weiteren Sälen gerade laufen. Der QR Code mit dem Link zur digita- len Tagesübersicht würde dazu im Programmheft abgedruckt. 2.4.3.2 Lehre Auf Aushängen für Studenten haben 2D-Codes den Vorteil, dass keine langen Internet- adressen abgeschrieben werden müssen, sondern dass durch einfaches Einscannen sofort ein direkter Zugang z. B. zur „Lehre-Seite“ [27] erlangt wird. Da viele Reader den Verlauf speichern, kann der Studierende später immer wieder auf die Webseite zugreifen und nach- sehen, wann und wo der Kurs oder die Vorlesung stattfindet. 2.4.3.3 Medizinische Praxis Die einheitliche Fortbildungsnummer (EFN) wird in Hessen neben dem alten Barcode seit 2010 auch als DataMatrix-Code auf den Fortbildungsaufklebern für Ärzte abgebildet (s. Abb. 3). Dadurch sollen sich auch die durch langes Tragen im Portemonnaie teilzerstör- ten Codes auf den Teilnehmerlisten noch faxen und scannen lassen [28]. DataMatrix-Codes befinden sich nicht nur auf Dokumenten, sondern auch auf Medizinproduk- ten (Abb. 7). Auf der Fachtagung „Healthcare live!“, die am 28. und 29. Oktober 2010 im Universitäts- klinikum Carl Gustav Carus Dres- den stattfand, wurde die Forderung der Einkaufsgemeinschaft der Uni- versitätskliniken gegenüber den Herstellern nach einem einheitli- chen Codesystem mit den Argumen- ten untermauert, dass dies die Pati- entensicherheit erhöhen und Pro- zessabläufe optimieren könne. Laut Pressebericht müssen zur Doku- mentation momentan noch alle bei einer Operation verwendeten Pro- dukte, die im Körper des Patienten verbleiben, nach dem Eingriff per Hand durch das Abschreiben langer Zahlenreihen von den Verpackun- gen der Medizinprodukte erfasst werden [29]. QR Codes sind aber nicht an Pa- pier oder Schilder gebunden, son- dern können beispielsweise auch auf Textilien gedruckt werden. Bar- Codes helfen so beispielsweise im Wäschemanagement schon seit Jah- ren bei der Zuordnung von Kran- kenhauskleidung zum jeweiligen Mitarbeiter. Die pharmazeutische Industrie nutzt QR Codes zur Ver- linkung auf ihre Webseiten bei On- Abb. 7: Spritzenverpackung line-Werbung in Werbebannern.
8 FLAIG, PARZELLER 3. Diskussion 3.1 Gesellschaft Um die Information „hinter“ dem Code zu erlangen, muss diese Funktion bekannt sein. Unabhängig von Sprachkenntnissen kann der QR Code weltweit von jedem Menschen mit einem entsprechenden Te- lefon gelesen werden. Eine hinterlegte fremdsprachige Information kann dann ggf. von einem Übersetzungsprogramm in die gewünschte Sprache transferiert werden, wobei allerdings durch das Übersetzen Informationen verloren gehen können. Weder bei der Kennzeichnung von Medizinprodukten (vgl. Abb. 7) noch beim am Endverbraucher orientierten Direktmarketing (vgl. Abb. 1) ist klar, welches 2D-Codesystem sich durchsetzen wird (vgl. Abb. 2). In der Endanwendung ist dies meist unproblematisch, weil die Lese- software im Mobiltelefon mehrere Codes lesen kann und weil es mög- lich ist, mehrere 2D-Code-Reader zu betreiben. Problematisch er- scheint hingegen, dass z. B. eine mit Generator X erstellte vCard mit Reader Y evtl. nicht als elektronische Visitenkarte, sondern nur als Text erkannt wird und dadurch nicht im Telefonbuch des Mobiltelefons ge- speichert werden kann. Hier wäre es hilfreich, wenn sich ein Standard, der auf allen Endgeräten die gleiche Information erzeugt, durchsetzen würde. So wird z. B. bei der Kodierung von Medizinprodukten bereits eine Standardisierung gefordert (s. o.) [29]. 3.2 Kosten und Lesegeräte Im Internet können beliebig viele 2D-Codes mit unterschiedlichsten Funktionen und Inhalten gratis erstellt werden. Es fallen lediglich die normalen Verbindungs- bzw. Bereitstellungsgebühren für den Inter- netanschluss an. Durch das Scannen eines QR Codes können Kosten entstehen, wenn eine Verbindung zum Internet aufgebaut wird. Dies geschieht, wenn die hinterlegte Information eine Webadresse enthält und der Benutzer dem Zugriff auf das Internet zustimmt. Für Endverbraucher mit Volumen- tarifen belaufen sich die Gebühren für den Datentransfer, z. B. beim Herunterladen eines Poster-Handouts, meist nur auf wenige Cent. Mit einer mobilen Internet-Flatrate entstehen keinerlei zusätzliche Kosten. Handelt es sich hingegen z. B. um Text oder eine vCard (vgl. Abb. 2) ent- stehen beim Scannen generell keine Kosten, da die installierte App die Information direkt im Gerät entschlüsselt. Auch wenn ein im Internet hinterlegtes Dokument im weit verbrei- teten Portable Document Format (PDF) gespeichert ist, kann es nicht automatisch von allen mobilen Endgeräten gelesen werden. Besonders bei Geräten, die zum Spielen und Musikhören ausgelegt sind, muss ggf. nachträglich Software installiert werden. Diese ist häufig gratis, im Einzelfall kann sie aber Kosten im niedrigen zweistelligen Euro-Be- reich verursachen. Auch beim Schreiben von Notizen direkt auf die her-
Der QR Code in Gesellschaft, Wirtschaft und Medizin 9 untergeladenen Folien eines Vortrags (s. u.) kann die Softwareausstat- tung des mobilen Endgerätes das limitierende Moment sein. Da QR Codes mit dem menschlichen Auge zwar erkannt, aber nicht entschlüsselt werden können, ist ein Lesegerät obligat. Durch die weite Verbreitung moderner Mobiltelefone ist ein Teil der Bevölkerung schon mit Lesegeräten ausgestattet und es fallen hier keine zusätzlichen Ko- sten für neue mobile Endgeräte an. Bei einer Umfrage unter 1000 Deut- schen gaben im August 2010 allerdings lediglich einundzwanzig Pro- zent der Befragten an, dass sie Apps nutzen. Weitere zweiundzwanzig Prozent der Handy-Besitzer waren sich unsicher, ob ihr Gerät Apps verwenden kann [30]. Die Anzahl von geeigneten Endgeräten, die die kostenlosen Reader-Apps betreiben können, steigt aber – dem Trend aus Japan und den Vereinigten Staaten von Amerika folgend – auch in Deutschland stetig an [12]. Überdurchschnittlich dürfte die Verbreitung von Smartphones in der Medizin sein, da sie sich durch ihre Fähigkeit, Standardwerke wie die „Rote Liste®“, den ICD-10 oder ein eBook (elektronisches Buch) speichern zu können, bewährt haben. Studenten schätzen darüber hin- aus die Möglichkeit, ständig online sein zu können und viele Lehr- bücher kostenlos als eBooks über die Universitätsbibliotheken bezie- hen zu können. 3.3 (Rechts-)medizin Auf zwei berührungsempfindlichen LCD-Bildschirmen haben R a m s t h a l e r et al. auf der 89. Jahrestagung der DGRM in ihrem inter- aktiven Poster u. a. kurze Videos gezeigt [31]. Gegenüber im Poster in- tegrierten Bildschirmen haben im Internet hinterlegte Videos neben der Unabhängigkeit von Steckdosen den Vorteil, dass sie ortsungebunden, gleichzeitig oder auch zeitversetzt und in unterschiedlichen Sprachen gesehen werden können. Trotz ihrer geringen Bildschirmgrößen eignen sich Handys und Smartphones für die Darstellung medizinischer DIN A0 Poster und Dokumente, da der abgebildete Inhalt im Gegensatz zu Poster-Handouts auf Papier vom Leser auf die für ihn angenehme Schriftgröße vergrößert werden kann. Außerdem lassen sich in Smart- phones Übersetzungsprogramme implementieren. Durch diese lässt sich beim Lesen fremdsprachiger Texte durch Anklicken des gesuchten Wortes die deutsche Bedeutung anzeigen. Wie auf einem gedruckten Handout können auch digital dauerhafte Markierungen wie mit einem Textmarker vorgenommen werden. Selbst Notizen lassen sich an allen Stellen des Textes vornehmen und speichern. Bei langen wissenschaft- lichen Texten macht sich vor allem auch die aus der Textverarbeitung am PC bekannte „Suchen“-Funktion bezahlt. Damit ein QR Code von jedem Mobiltelefon gelesen werden kann, braucht er mindestens eine Fläche von 3,5 x 3,5 cm. Das alternative Ausschreiben der Webadresse kann ggf. platzsparend sein, schneller er- langt man die Information durch einen 2D-Code, denn das Eintippen
10 FLAIG, PARZELLER der Webadresse zum Herunterladen des Posters [23] dauert auf einem Smartphone mit vollwertiger Tastatur ca. eine Minute, der Scan ledig- lich eine Sekunde. Außerdem schonen weniger gedruckte Handouts von Vorträgen und Postern die Umwelt. Wird auf die Abbildung des QR Codes auf der letzten Folie hinge- wiesen oder wird dieser im Programmheft veröffentlicht, erspart dies dem Zuhörer das Abfotografieren oder Mitschreiben präsentierter Fo- lien. Dabei bestimmt der Vortragende selbst, ob die Präsentation erst mit Abgabe im Mediencenter oder schon Wochen vorher zugänglich sein soll. Die Einblendung und Veröffentlichung des QR Codes eines Vortrags vor dessen Beginn ermöglicht dem Zuhörer ein sofortiges Her- unterladen und damit Notizen auf den jeweiligen Folien. Durch den un- ter 2.3 beschriebenen Internet-Dienst [15] kann auch ohne Mobiltele- fon mittels eines Fotos des QR Codes an einem Computer mit Internet- anschluss auf den Inhalt zugegriffen werden. Eine händisch abgeschriebene Webadresse kann durch einen einzi- gen Buchstaben- oder Zeichenfehler bei der Eingabe über die PC-Ta- statur nicht mehr zum Ziel führen. Wird die Adresse hingegen in einen 2D-Code verwandelt, ist die Information durch Korrekturfaktoren und Wiederholungen präziser gespeichert. 2D-Codes können durch diese redundante Speicherung der Information und die enthaltenen Korrek- turfaktoren auch auf beanspruchten Flächen angewendet werden, da sie im teilzerstörten Zustand noch zielführend sind (s. Fortbildungseti- ketten [28] und Fahrpläne der BVG [10]). Dies kann nicht nur auf Info- tafeln an Institutsgebäuden, sondern auch auf Namensschildern von Patienten und Mitarbeitern von Vorteil sein. Wie beim japanischen Visumstempel bzw. -aufkleber unter 2.4.1 dargestellt, kann die Urkunden- und Dokumentenechtheit durch chiff- rierte Daten im QR Code schnell geprüft werden. Die Informationen für den internen Gebrauch werden vor dem Verwandeln in einen 2D-Code chiffriert. Dadurch kann zwar weiterhin jeder den Code lesen, aber nur die (Behörden-)Mitarbeiter/Studenten/Teilnehmer, die den Schlüssel haben, können die Information dechiffrieren. Die in der Einleitung dargestellte Anwendung des QR Codes an Gebäudeportalen (vgl. Abb. 1) lässt sich auch von (Rechts-)medizinischen Instituten – z. B. durch einen Link auf die eigene Homepage – nutzen. 2D-Codes sind inzwischen auch in der Tätowier-Szene angekommen. Sie übermitteln z. B. Namen, Spitznamen oder E-Mail-Adressen und können so zur Identifizierung unbe- kannter Leichen beitragen. Deshalb sollte die Funktion der Codes in rechtsmedizinischen Instituten bekannt sein und die Möglichkeit bestehen, die Codes zu lesen, um ihren Inhalt bei einer gewissenhaften Obduktion oder Leichenschau festhalten zu können. 4. Fazit QR Codes (Quick Response Codes), eine Form zweidimensionaler Codes, können umfangreiche Informationen enthalten, die schnell zur Verfügung stehen. Der QR Code hat sich bereits in unterschiedlichen
Der QR Code in Gesellschaft, Wirtschaft und Medizin 11 Bereichen innerhalb und außerhalb der Medizin bewährt. Selbst Täto- wierungen werden bereits als 2D-Codes vorgenommen und können bei Identifizierungen hilfreich sein. 2D-Codes wie der QR Code ersparen Zeit und verhindern Fehler bei der Eingabe von Webadressen und Kon- taktdaten. Das Erstellen und das Lesen des Codes sind grundsätzlich gratis. Lediglich die ggf. anfallenden Gebühren für die Nutzung des In- ternets können Kosten verursachen. Damit die Inhalte für jedes Tempo und jede technische Ausstattung des Empfängers zugänglich sind, ist für die Übergangszeit eine parallele Anwendung mehrerer Darstel- lungsformen wünschenswert. Damit 2D-Codes in Deutschland den Sprung von Fortbildungsaufklebern der Landesärztekammern, der Frankierung von Medizinzeitschriften und der Identifizierung von Me- dizinprodukten auf wissenschaftliche Beiträge schaffen, müssen die damit verbundenen Möglichkeiten noch weiter genutzt und zum Ein- satz gebracht werden. Neben den dargestellten Verknüpfungen von An- wendungen mit dem QR Code sind in Zukunft noch etliche weitere zu erwarten. Zusammenfassung 2D-Codes wie der QR Code („Quick Response“) finden in unterschiedlichen Bereichen der Gesellschaft und der Medizin Einzug. Anhand von verschiedenen Gebieten innerhalb und außerhalb der Medizin werden der Nutzen und die Anwendungsmöglichkeiten be- schrieben. 2D-Codes können ohne weitere Vorkenntnis kostenlos an einem Computer mit Internetzugang erstellt und in Publikationen, Präsentationen, auf Visitenkarten und Aus- hängen verwendet werden. Der Verfasser bestimmt, ob es sich bei der Information um Kon- taktdaten, Text oder einen Link handelt. Mit einem QR Code verlinkte Vorlesungsinhalte, Poster oder Vorträge auf Fachtagungen können vom Zuhörer heruntergeladen werden. Die Informationen lassen sich dann speichern, ausdrucken, weiterverarbeiten etc. Durch die Möglichkeit des schnellen Zugriffs auf im Internet hinterlegte Inhalte können z. B. ergän- zende und erklärende Videos mehrsprachig in medizinische Poster integriert werden, wo- bei auch die Kombination von mehreren Technologien (gedrucktes Handout, QR Code und Bildschirm) sinnvoll sein kann. Schlüsselwörter: 2D-Code – QR Code – Poster The QR Code in society, economy and medicine – fields of application, options and chances Summary 2D codes like the QR Code („Quick Response“) are becoming more and more common in society and medicine. The application spectrum and benefits in medicine and other fields are described. 2D codes can be created free of charge on any computer with internet access without any previous knowledge. The codes can be easily used in publications, presentati- ons, on business cards and posters. Editors choose between contact details, text or a hy- perlink as information behind the code. At expert conferences, linkage by QR Code allows the audience to download presentations and posters quickly. The documents obtained can then be saved, printed, processed etc. Fast access to stored data in the internet makes it pos- sible to integrate additional and explanatory multilingual videos into medical posters. In this context, a combination of different technologies (printed handout, QR Code and screen) may be reasonable. Keywords: 2D code – QR Code – Poster
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