Der Weg zu regenerativer Landwirtschaft in Deutschland - und darüber hinaus - Januar 2023 Von Torsten Kurth, Benjamin Subei, Paul Plötner und ...

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Der Weg zu regenerativer Landwirtschaft in Deutschland - und darüber hinaus - Januar 2023 Von Torsten Kurth, Benjamin Subei, Paul Plötner und ...
Der Weg zu regenerativer
Landwirtschaft in Deutschland
– und darüber hinaus
Januar 2023
Von Torsten Kurth, Benjamin Subei, Paul Plötner und Simon Krämer
Der Weg zu regenerativer Landwirtschaft in Deutschland - und darüber hinaus - Januar 2023 Von Torsten Kurth, Benjamin Subei, Paul Plötner und ...
Die Boston Consulting Group (BCG) unterstützt      Der NABU engagiert sich seit 1899 für Mensch
führende Akteure aus Wirtschaft und Gesellschaft   und Natur. Mit mehr als 900.000 Mitgliedern und
in partnerschaftlicher Zusammenarbeit dabei,       Fördernden ist der NABU der mitgliederstärkste
Herausforderungen zu meistern und Chancen          Umweltverband in Deutschland.
zu nutzen. Seit der Gründung 1963 leistet BCG
Pionierarbeit im Bereich Unternehmensstrategie.    Zu den wichtigsten Aufgaben des NABU
Die Boston Consulting Group hilft Kunden,          zählen der Erhalt der Lebensraum- und
umfassende Transformationen zu gestalten:          Artenvielfalt, die Nachhaltigkeit der Land-,
Die Beratung ermöglicht komplexe                   Wald- und Wasserwirtschaft und nicht
Veränderungen, eröffnet Wachstumschancen,          zuletzt der Klimaschutz. Die Vermittlung
schafft Wettbewerbsvorteile, verbessert die        von Naturerlebnissen und die Förderung
Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit und           naturkundlicher Kenntnisse gehören zu den
bewirkt so dauerhafte Verbesserungen des           zentralen NABU-Anliegen.
Geschäftsergebnisses.
                                                   In den rund 2.000 NABU-Gruppen und rund 70
Nachhaltiger Erfolg erfordert die Kombination      Infozentren in ganz Deutschland steht praktischer
aus digitalen und menschlichen Fähigkeiten.        Naturschutz genauso auf dem Programm wie
Die vielfältigen, internationalen Teams            Lobbyarbeit, Umweltbildung, Forschung und
von BCG bringen tiefgreifende Expertise in         Öffentlichkeitsarbeit.
unterschiedlichen Branchen und Funktionen mit,
                                                   Der NABU ist einer der ältesten und größten
um Veränderungen anzustoßen. BCG verzahnt
                                                   Partner von BirdLife International.
führende Managementberatung mit Expertise
in Technologie, Digital und Analytics, neuen       www.NABU.de
Geschäftsmodellen und der übergeordneten
Sinnfrage für Unternehmen. Sowohl intern als       www.birdlife.org
auch bei Kunden setzt BCG auf Gemeinschaft
und schafft dadurch Ergebnisse, die Kunden
nach vorne bringen. Das Unternehmen mit
Büros in mehr als 100 Städten in über 50
Ländern erwirtschaftete weltweit mit 25.000
Mitarbeiter:innen im Jahr 2021 einen Umsatz von
11 Milliarden US-Dollar.

Weitere Informationen: www.bcg.de
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Der Weg zu regenerativer Land­
wirtschaft in Deutschland
– und darüber hinaus

I
  n der heutigen Welt sind die Auswirkungen des Klima-         Die Studie enthält eine Zusammenfassung der zentralen
  wandels zunehmend bemerkbar. Umso mehr ist es erfor-         Ergebnisse einer detaillierten Analyse der wirtschaftlichen,
  derlich, genau diese Effekte abzumildern. Für die Land-      ökologischen und sozialen Vorteile einer regenerativen
und Ernährungswirtschaft ergeben sich deshalb weltweit         Landwirtschaft am Beispiel Deutschlands, lassen sich
bedeutsame Herausforderungen. Der für die Menschheit           jedoch auch auf praktisch jedes Land mit einer reifen
unverzichtbare Sektor erzeugt nicht nur die Nahrung für        Land- und Ernährungswirtschaft übertragen.
die wachsende Weltbevölkerung und sichert Millionen von
Existenzen in landwirtschaftlicher Beschäftigung. Die Agrar-
und Lebensmittelindustrie trägt jedoch in hohem Maße           Regenerative Landwirtschaft: Was ist das über-
zum Klimawandel und zum Verlust der Biodiversität bei,         haupt?
während sie gleichzeitig besonders stark von diesen ökolo-
gischen Krisen in Mitleidenschaft gezogen wird.                Die einen glauben, bei regenerativer Landwirtschaft hande-
                                                               le es sich um eine esoterische, dogmatische Ideologie und
Die regenerative Landwirtschaft ist nach unserer Auffas-       schlicht den „nächsten neumodischen Trend nach der
sung ein unverzichtbarer Baustein, um den Status quo der       Biolandwirtschaft“. Die anderen meinen, es sei eine Art
Landwirtschaft nachhaltig zu verändern und zu verbessern.      Carbon Farming, bei dem es lediglich darum gehe, die
Sie reduziert die negativen ökologischen Auswirkungen          Treibhausgasemissionen auf Kosten der Erträge der Agrar-
und stärkt die positiven Effekte von Landwirtschaft auf        betriebe zu reduzieren. Beide Auffassungen sind nicht
Böden und Klima. Darüber ist regenerative Landwirtschaft       korrekt. Die regenerative Landwirtschaft bündelt verschie-
über die gesamte Wertschöpfungskette in der Land- und          dene wissenschaftlich bewiesene und/oder praktisch er-
Ernährungswirtschaft hinweg – von den Agrarbetrieben           probte landwirtschaftliche Praktiken, die sowohl in der
über die Lebensmittelproduktion, den Einzelhan­del bis hin     konventionellen als auch in der biologischen Landwirt-
zu den Verbrauchern – wirtschaftlich vorteilhaft.              schaft sinnvoll angewendet werden können. Das hat wirt-
                                                               schaftliche Vorteile für Agrarbetriebe und Lebensmittelpro-
In Deutschland steht das landwirtschaftliche System unter      duzenten. Auf kurze Sicht können bei einer Umstellung
besonders hohem wirtschaftlichem, gesellschaftlichem           von konventioneller auf regenerative Landwirtschaft gering-
und regulatorischem Druck. 12.5% der gesamten Scope-           fügige negative Auswirkungen auftreten, die aber in aller
1-Treibhausgasemissionen des Landes stammen aus der            Regel darauf zurückzuführen sind, dass die Praktiken nicht
Landwirtschaft. Dabei handelt es sich um eine Kombina-         korrekt ausgeführt wurden, und die Landwirte und Land-
tion aus Kohlendioxid, Methan und Stickoxiden aus Pflan-       wirtinnen sich vorab nicht hinreichend informiert bzw.
zen- und Viehwirtschaft. Zudem kann eine veränderte            geschult haben.
Landnutzung dazu führen, dass Treibhausgase direkt aus
dem Boden freigesetzt werden. Die Landwirte und Land-          Regenerative Landwirtschaft beschreibt einen adaptiven
wirtinnen stehen vor der Herausforderung, dass extreme         Ansatz, Landwirtschaft zu betreiben, der praktisch erprobte
Wetterereignisse wie Dürren oder Starkregen zunehmend          und wissenschaftlich fundierte Maßnahmen anwendet, die
schwerer und häufiger werden und die Erträge schmälern.        sich auf die Gesundheit von Böden und Pflanzen konzent-
Gleichzeitig steigen die Kosten für Land und Betriebsmittel    riert, um die Ertragsresilienz zu steigern und gleichzeitig
und nicht zuletzt sorgt eine sich verschärfende Regulatorik    positive Auswirkungen auf Kohlenstoff- und Wasserkreis-
zu geringeren Obergrenzen etwa hinsichtlich des Treib-         läufe sowie die Biodiversität zu schaffen. Gesunde Böden
hausgasausstoßes sowie zu strengeren Zielen für eine           sind eine zentrale Voraussetzung für eine ertragreiche
veränderte Landnutzung. Darüber hinaus verlangen Ver-          Landwirtschaft, weshalb die meisten regenerativen Prakti-
braucher gesündere, nachhaltiger produzierte und gleich-       ken darauf abzielen, die Bodenfunktionen durch Schutz
zeitig preiswertere Lebensmittel.                              und Förderung der Bodenbiodiversität zu unterstützen. Die

BOSTON CONSULTING GROUP                                                                                                  3
Der Weg zu regenerativer Landwirtschaft in Deutschland - und darüber hinaus - Januar 2023 Von Torsten Kurth, Benjamin Subei, Paul Plötner und ...
drei Kernprinzipien der regenerativen Landwirtschaft: (1)                      Um die Grundlage für optimale Ergebnisse zu schaffen,
keine Bodenbearbeitung, einschließlich Direktsaat; (2)                         sollten alle Maßnahmen der Stufe 1 gleichzeitig umgesetzt
dauerhafte Bodenbedeckung durch Pflanzen oder Pflan-                           werden. Die nachfolgenden Stufen mit den entsprechen-
zenrückstände und (3) Förderung der biologischen Diversi-                      den Praktiken sind nicht konsequent festgelegt, sondern
tät einschließlich einer erweiterten Fruchtfolge, sollen                       eher situationsabhängig. Je nach der spezifischen Situation
genau das erreichen.                                                           des Einzelbetriebs, z. B. in Bezug auf Klima und Bodenart,
                                                                               können unterschiedliche regenerative Maßnahmen sinn-
Die Grundpraktiken der regenerativen Landwirtschaft                            voll sein. Die Umstellung auf eine regenerative Landwirt-
sollten in drei Stufen – Basisumsetzung, fortschrittliche                      schaft ist dabei ein stetiger Prozess und erfordert Zeit, um
Umsetzung und erweiterte Implementierung – über meh-                           die Umstände des einzelnen Agrarbetriebs und des einzel-
rere Jahre hinweg eingeführt werden (vgl. Abbildung 1.).                       nen Schlags im Detail zu erfassen. Hierbei ist immer auf
Jede Stufe umfasst dabei drei Arten von Praktiken: Kulti-                      die Reflexion und entsprechende Anpassung der regenera-
vierung (Wie wird das Land kultiviert?), Inputs (Welche                        tiven Maßnahmen zu achten.
Stoffe werden zugeführt?) und Struktur (Welche Land-
schaftsstrukturen werden geschaffen?).

Abbildung 1 - Regenerative Maßnahmen können kontinuierlich in 3 Stu-
fen umgesetzt werden
                                                                                                                           Erweiterte
                                                                                                                       3
                                                                                                                           Implementierung
                   Umsetzungsstufe                                         2    Fortschrittliche Umsetzung

                                      1   Basis Umsetzung

                  Kultivierung                No-till Verfahren                    Minimal-invasives                           Mehrfruchtanbau
                   Wie wir das                und Direktsaat                       Mulchen / Flächenrotte
                 Land kultivieren
                                              Minimal-invasive                     Untersaatenanbau
                                              Unterbodenlockerung
                                                                                   Adaptive Beweidung oder Mahd
                                              Zwischenfruchtanbau
                                              Mischsaaten

                      Input                   Holistische Boden-                   Bio-Dünger, -Stimulanzien                  Biologisch aktivierte
              Welche Stoffe wir Land           nährstoffanalyse &                    & -Beizung                                 Pflanzenkohle
              und Kulturen zuführen           -ausgleichung
   Art der                                                                         Optional: Biologische Inhibitoren
 Anwendung                                                                         & Pflanzenschutz

                     Struktur             Keine strukturellen Praktiken            Mehr Leguminosen in                            Agroforstwirtschaft
               Welche Landschafts-        in der grundlegenden                     Rotation
              strukturen wir schaffen      Umsetzungsphase                                                                     Integrierte Tierhaltung
                                                                                                                              in Pflanzenbau
                                                                                                                              Optional: Kleinere Schläge
                                                                                                                              und Feldstrukturen
                                                                                                                              Fakultativ: Weideanbau

                                                                      Maßnahmen Regenerativer Landwirtschaft

                                                     Ackerland                  Grünland

Quelle: BCG & NABU-Analyse.

4                                                               DER WEG ZU REGENERATIVER LANDWIRTSCHAFT IN DEUTSCHLAND – UND DARÜBER HINAUS
Regenerative Landwirtschaft bietet
einen Dreifachvorteil: höhere Gewinne
für Agrarbetriebe, resilientere
Lebensmittelproduktion und -preise,
sowie positive Auswirkungen auf
Biodiversität, Boden und Klima.
Vorteile für Agrarbetriebe                                                                             schen Betrieb, der vorwiegend Getreide und Ölsaaten
                                                                                                       anbaut (vgl. Abbildung 2.) basieren. So erhöhen Verbesse-
Regenerative Landwirtschaft wurde lange Zeit mit sinken-                                               rungen der Bodenstruktur durch den Verzicht auf Boden-
den Ernteerträgen und schrumpfenden Gewinnen der                                                       bearbeitung beispielsweise den Gewinn des Hofes um 97
Agrarbetriebe in Verbindung gebracht. Wenn man jedoch                                                  Euro pro Hektar. Davon entfallen 69 Euro pro Hektar auf
die betriebswirtschaftlichen Daten von deutschen Höfen                                                 Nettokosteneinsparungen durch den Verzicht auf Boden-
auf einer Pro-Hektar-Basis analysiert, zeigt sich, dass die                                            bearbeitung und 28 Euro pro Hektar vor allem auf Umsatz-
regenerative Landwirtschaft mittel- bis langfristig beträcht-                                          steigerungen infolge höherer Ertragsresilienz insbesondere
liche Vorteile mit sich bringt und die Gewinne der Agrarbe-                                            in Jahren mit erhöhter Trockenheit oder anderen Extrem-
triebe sogar steigert. Insgesamt gilt: In einem eingependel-                                           wetterereignissen.
ten Umsetzungsstand – der in der Regel nach sechs bis
zehn Jahren erreicht ist – können die Gewinne der Land-                                                Abgesehen von den positiven Auswirkungen auf das Ein-
wirte und Landwirtinnen durch die Praktiken der Stufe 1                                                kommen der Landwirte und Landwirtinnen, steigern lang-
und 2 um bis zu 60%+ steigen.                                                                          fristige Verbesserungen der Bodengesundheit das Produk-
                                                                                                       tionspotenzial der Äcker und damit auch ihren Wert, d.h.
In einem Beispiel haben wir dieses Ergebnis auf spezifi-                                               den Wert des Anlagevermögens.
sche Praktiken heruntergebrochen, die auf einem typi-

Abbildung 2 - Voll implementiert ermöglichen regenerative Maßnahmen
in Getreide und Ölsaaten ein zusätzliches Gewinnpotential von bis zu 60%
     Ökonomischer Blick | Regenerative Landwirtschaft Stufe 1 & 2 in Getreide und Ölsaaten1 €/ha                                                                        Ohne Subventionen

                  No-till, Direktsaat        Zwischenfruchtanbau               Nährstoffanalyse         Untersaaten                Minimal-invasives                  Bio-Dünger,
                  & Unterbodenlock                                             & -ausgleichung                                  Mulchen / Flächenrotte            -Stim. & -Beizung
                    Verbesserung der                Verbesserung                   Gezieltere          Optimierung der              Verbesserte Nutzung             Verbesserung von
                     Bodenstruktur             der Nährstoffversorgung           Bodenversorgung       Bodenstruktur und             und Einarbeitung von              Düngung und
                                                 und Bodenstruktur                                    Düngemittelverluste             Ernterückständen             Nährstoffversorgung

                          +€97/ha                       +€52/ha                        +€4/ha                 +€49/ha                         +€21/ha                      +€3/ha           Bis zu
                           (27%)                         (15%)                          (1%)                   (14%)                            (6%)                        (1%)            +60%
                                                                                                                                                                                              581
                                                                                                                                                           15       –12          15          €/ha
                                                                                                                                  44          –38
                                                                                –19           23        13           36
                                28                                  61                                                         Reduzierte            Vermiedene      Kosten Vermiedene
                                                                                                     Reduzierte                 Betriebs-              Ertrags-        für     Ertrags-
       355                                  –70                                 Kosten für            Betriebs-
                                                        61                                                                       mittel               verluste²       Bio-     verluste²
      €/ha           69      Vermiedene                                           Test &               mittel                                                     stimulanzien
                               Ertrags-                                        Düngemittel
                              verluste²             Reduzierte                                                                               Erhöhte
                  Reduzierte      &                Betriebsmittel                                                                           Maschinen-
                   Betriebs- Ertrags-                                                                                                        kosten
      Gewinn        kosten steigerung                                                   Vermiedene                Vermiedene                                                                Gewinn
       konv.                               Erhöhte             Vermiedene                                                                                                                  Reg. Land
                                          Maschinen-             Ertrags-                 Ertrags-                  Ertrags-
       Land-                                                                             verluste²                 verluste²                                                               wirtschaft
     wirtschaft                            kosten                verluste²                                                                                                                 Stufe 1 & 2
                                                                & carbon                                           & carbon
                                                                  credits                                           credits

                                                                            Umsatz           Betriebskosten           Betriebsmittelkosten

Quelle: Bayrische Landesanstalt für Landwirtschaft; FAO; Deutsches Landwirtschaftsministerium; DLG; BayWa; KTBL; Interviews mit Landwirten;
BCG Analyse.
1
    Durchschnitt von Winterweizen, Gerste und Raps.                     2
                                                                            inkl. Resilienz gegenüber Dürre durch bessere Bodenstruktur, basierend auf 2018 Dürrejahr.

6                                                                                    DER WEG ZU REGENERATIVER LANDWIRTSCHAFT IN DEUTSCHLAND – UND DARÜBER HINAUS
Durch regenerative Landwirtschaft
lassen sich Deutschlands jährliche
Treibhausgasemissionen um 35 Millionen
Tonnen reduzieren, was einem Drittel
des Treibhausgasausstoßes aller
deutschen Privat-Pkw entspricht.
Die Einführung regenerativer Praktiken erfordert in einem                     Minderung des CO2-Fußabdrucks des Landes. Etwa
ersten Schritt jedoch Investitionen, insbesondere für benö-                   6.8 Milliarden Euro ergeben sich daraus, dass der Boden
tigtes Direktsaat Equipment. Dieser Aspekt stellt für man-                    besser als Kohlendioxidspeicher dienen kann. Weitere
che Betriebe eine Hürde dar. Zusätzlich ist die Umstellung                    1.2 Milliarden Euro sind der positive Effekt reduzierter
von lange bewährten und bekannten Methoden für viele                          Treibhausgasemissionen wie z.B. von Stickoxiden, die als
Agrarbetriebe nicht selbstverständlich. Um diesen Befürch-                    besonders wirksames Treibhausgas durch einen überhöh-
tungen entgegenzutreten, müssen Regierung, Wissen-                            ten Einsatz von Stickstoffdünger entstehen.
schaft, Verbände und Lebensmittelindustrie die Landwirte
und Landwirtinnen bei der Einführung regenerativer Land-                      Auch die bessere Wasserqualität infolge der Einführung
wirtschaft unterstützen sowie durch Schulungsmaßnah-                          regenerativer Landwirtschaft kann jährlich einen Nutzen
men überzeugen, dass bereits im ersten Jahr der Umstel-                       von geschätzt 0.5 Milliarden Euro haben. Zurückzuführen
lung positive wirtschaftliche Effekte erzielt werden können.                  ist dies zum einen auf einen geringeren Bewässerungsbe-
                                                                              darf von gesunden Böden mit höherer Wasserhaltefähig-
                                                                              keit und zum anderen auf die Vermeidung von Nitratver-
Soziale und ökologische Vorteile                                              schmutzung und den damit einhergehenden
                                                                              Reinigungskosten, welche infolge eines übermäßigen
Die Umstellung auf regenerative Landwirtschaft hätte                          Einsatzes von Stickstoffdünger auftreten.
darüber hinaus beträchtliche Vorteile für die deutsche
Gesellschaft als Ganzes. Sie kann einen Beitrag zur Lösung                    Infolge der besseren Bodenqualität entstehen positive
verschiedener Umweltprobleme leisten und die negativen                        Effekte wie Niederschlag, Verdunstung und Bodenfeuchtig-
externen Effekte der Landwirtschaft reduzieren.                               keit („grünes Wasser“) auf den Wasserkreislauf. Um diese
                                                                              Vorteile zu quantifizieren, bedarf es jedoch weiterer Stu-
Unsere Analyse zeigt, dass die sozio-ökologischen Auswir-                     dien.
kungen einer Umstellung auf regenerative Landwirtschaft
in Deutschland insgesamt einen positiven Wertbeitrag von                      Die regenerative Landwirtschaft hat ebenso das Ziel, die
rund 8.5 Milliarden Euro pro Jahr haben kann (vgl. Abbil-                     vorhandene Biodiversität zu schützen, indem sie die nega-
dung 3.). Davon entfallen rund 8 Milliarden Euro auf die                      tiven Effekte der konventionellen Landwirtschaft verringert

Abbildung 3 - In 2035 betragen die positive sozio-ökologischen Effekte von
regenerativer Landwirtschaft ~8.5 Milliarden € pro Jahr
     Sozio-ökonomische Effekte in Milliarden €

                         ~8.0                                           ~0.5+                                                   ~8.5+

                                                                                        0.5+                                    8.5+
                                      1.2
und insgesamt die Artenvielfalt auf Äckern und Wiesen          Unter Berücksichtigung all dieser Effekte ergeben sich aus
erhöht. Diese Effekte sind in unserer Studie nicht quanti-     der regenerativen Landwirtschaft Vorteile in drei Berei-
fiziert, lassen sich jedoch vor allem auf eine bessere Bo-     chen: für die Agrarbetriebe, für die Gesellschaft und für die
dengesundheit und den geringeren Einsatz von syntheti-         Lebensmittelindustrie.
schen Pflanzenschutz- und Düngemitteln zurückführen.

                                                               Der Weg zur Adaption von regenerativer Land-
Vorteile für die land- und ernährungswirtschaft-               wirtschaft
liche Wertschöpfungskette
                                                               Trotz der vielen Vorteile der regenerativen Landwirtschaft,
Regenerative Landwirtschaft fördert insbesondere die           wird die Umstellung nicht einfach sein. Viele Landwirte
Ertragsresilienz, d.h. die Fähigkeit von Böden, Pflanzen und   und Landwirtinnen werden sich ohne umfassende und
lokalen Ökosystemen, die Auswirkungen von extremen             organisierte Unterstützung nicht schnell genug auf den
Wetterereignissen (bspw. Trockenheit) abzumindern. Das         Umsetzungspfad von regenerativen Ansätzen begeben. Die
wiederum ist ein großer Vorteil für die Land- und Ernäh-       Sorge vor negativen Effekten aufgrund von Umsetzungs-
rungswirtschaft in Deutschland, weil dadurch sichergestellt    schwierigkeiten wie möglicherweise geringeren Ernten
ist, dass die erforderlichen Lebensmittel und Grundstoffe      oder höheren Kosten, spielt sowohl für sie als auch für die
für die Lebensmittelindustrie auch künftig ausreichend         von ihnen belieferten Lebensmittelunternehmen eine
vorhanden sind.                                                wichtige Rolle.

Insofern die Ernten aufgrund extremer Wetterereignisse         Daher erfordert die Förderung der regenerativen Landwirt-
geringer ausfallen, mangelt es den Lebensmittelproduzen-       schaft eine fokussierte Anstrengung aller relevanten Partei-
ten und Handel gegebenenfalls an den landwirtschaftli-         en im deutschen Lebensmittel- und Ernährungssystem:
chen Erzeugnissen, die sie für die von ihnen produzierten      von den Betriebsmittel- und Equipmentherstellern über
und veräußerten Lebensmittel benötigen. Das gefährdet          Wissenschaft, landwirtschaftlichen Beratern, Genossen-
ihren operativen Betrieb und ihre Produktionsvolumina.         schaften und Regulierungsbehörden bis hin zu Lebensmit-
Zudem steigen die Preise für die benötigten landwirtschaft-    telherstellern und Einzelhändlern auf nachgelagerten
lichen Erzeugnisse vor allem in Jahren mit niedrigen Ern-      Stufen der Wertschöpfungskette.
ten an, was wiederum zu Druck auf die Unternehmensge-
winne oder zu erhöhten Verbraucherpreisen führt. Indem         Regenerative Praktiken bieten eine hohe Investitionsrendi-
die regenerative Landwirtschaft die Resilienz gegen die        te – und zwar nicht nur für die Agrarbetriebe, sondern
Auswirkungen von extremen Witterungsbedingungen                auch für erweiterte land- und ernährungswirtschaftliche
erhöht, trägt sie dazu bei, die Versorgung mit landwirt-       Wertschöpfungskette, und die Gesellschaft als Ganzes.
schaftlichen Erzeugnissen und damit das Preisniveau zu         Insofern ist die regenerative Landwirtschaft für alle drei
sichern. Wie unsere Analyse zeigt, können regenerative         Interessensgruppen von Nutzen – ein echter Triple-Win!
Praktiken die Ernteverluste in Jahren mit schwierigen
Witterungsbedingungen um bis zu 50% verringern. In
Summe führt regenerative Landwirtschaft also dazu, der
Gesellschaft eine höhere Versorgungssicherheit mit nach-
haltig produzierten Lebensmitteln zu ermöglichen.

Hinzu kommt der Aspekt, dass die Lebensmittelunterneh-
men ihre Reputation in der Gesellschaft und den Augen
der Konsumenten sichern können. Anleger, Regulierungs-
behörden und Verbraucher drängen Unternehmen in allen
Sektoren dazu, ihre Treibhausgasemissionen und ihren
negativen ökologischen Einfluss zu verringern sowie ihre
gesamten Geschäftsprozessen umweltfreundlicher zu
gestalten. Wenn diese Unternehmen die Ziele der regene-
rativen Landwirtschaft aktiv unterstützen, können sie sich
als umweltfreundlich positionieren und zugleich sicherstel-
len, dass sie aktuelle und künftige Umwelt- und Klimavor-
gaben erfüllen.

BOSTON CONSULTING GROUP                                                                                                   9
Über die Verfasser
Torsten Kurth arbeitet als Managing Director und Senior         Paul Plötner arbeitet als Projektleiter im Berliner Büro
Partner im Berliner Büro der Boston Consulting Group und        von BCG und konzentriert sich auf die Gebiete Agribusi-
leitet die Agrarwirtschaftliche Praxisgruppe von BCG in         ness und Greentech. Er ist per E-Mail unter der Adresse
Europa. Zu erreichen ist er per E-Mail unter der Adresse        ploetner.paul@bcg.com zu erreichen.
kurth.torsten@bcg.com.

                                                                ​
Benjamin Subei ist Partner und Associate Director im            Simon Krämer ist Experte für Ernährungssystem- und
Düsseldorfer Büro von BCG und Spezialist für den Agrar-         Bodenpolitik in der Bundesgeschäftstelle des Naturschutz-
sektor. Sie erreichen ihn per E-Mail unter                      bunds Deutschland (NABU) in Berlin. Sein Schwerpunkt
subei.benjamin@bcg.com.                                         liegt auf der Regenerativen Landwirtschaft. Zu erreichen ist
                                                                er per E-Mail unter der Adresse simon.kraemer@nabu.de.

Danksagungen                                                    Kontaktinformationen

Die Autoren möchten den nachfolgend genannten Perso-            Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die
nen für ihre wertvollen Beiträge zu dieser Studie danken:       Autoren dieser Studie.

NABU
Jörg-Andreas Krueger, Konstantin Kreiser und Maximilian
Meister

BCG
Louise Berrebi, Jack Bugas, Felicitas Bünger, Elena Corrales,
Chris Grantham, Max Havermeier, Jan-Frederik Jerratsch,
Georg Kappen, Annastacia Kouvela, Mayra Kürten-Büschle,
Nikolaus Lorenz, Dean Muruven, Helena Nannes, Adrien
Portafaix, Johanna Puetz, Rachel Ross, Jonas Schroeder und
Shalini Unnikrishna

Hohenheim University
Markus Pflugfelder

Biodivers.land
Georg König und den Co-Gründern von Biodivers.land

Weiterer Dank gilt Malte Neuhaus und Dr. Theodor Friedrich
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