Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung? 23.01.2020 Uwe Burkert, Chefvolkswirt und Leiter LBBW Research - Die LBBW

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Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung? 23.01.2020 Uwe Burkert, Chefvolkswirt und Leiter LBBW Research - Die LBBW
23.01.2020   Uwe Burkert, Chefvolkswirt und Leiter LBBW Research
             Dr. Thomas Meißner, Leiter Strategy Research

             Autoren:
             Martin Güth, CQF, Senior Economist
             Steffen Mauch, LBBW Research Associate

Deutsche Wohnimmobilien
Preisblase oder angemessene Bewertung?
Preisblase oder angemessene Bewertung?

Unsere Thesen.
                    In den Medien wird derzeit immer wieder vor einer drohenden Immobilienblase in Deutschland gewarnt.
                    Hintergrund hierfür sind vor allem die rasant gestiegenen Immobilienpreise.

                    In der Theorie kommt es an Märkten dann zu spekulativen Preisübertreibungen, wenn die an diesem Markt zu
                    beobachtenden Preise nicht durch die Fundamentaldaten erklärt werden können und dies insbesondere im
                    spekulativen Verhalten der Marktteilnehmer begründet ist, die mit dauerhaft steigenden Preisen rechnen. Das
                    Platzen einer solchen Blase kann verheerende wirtschaftliche Folgen haben.

                    Da der Fundamentalwert von Immobilien nicht zu beobachten ist, kann auch das Ausmaß einer möglichen
                    Preisübertreibung bzw. das Risiko einer Preisblase lediglich geschätzt werden. Wir haben die Analysen einer
                    Reihe von Instituten ausgewertet. Das Spektrum der Ergebnisse reicht von der Diagnose einer Unterbewertung
                    bis hin zu einer berechneten Blasenwahrscheinlichkeit von 92%. Trotz der zum Teil völlig unterschiedlichen
                    Herangehensweisen kommt der Großteil der hier untersuchten Studien zu einem ähnlichen Ergebnis. Sie
                    diagnostizieren ein erhöhtes Bewertungsniveau, welches aber gleichwohl kein Platzen einer spekulativen
                    Preisblase in der näheren Zukunft erwarten lässt.

                    Nach vorn blickend dürfte sich die in vielen Städten Deutschlands zu beobachtende Wohnungsknappheit nur
                    allmählich entspannen. Wir rechnen vor dem Hintergrund einer nach wie vor bestehenden aufgestauten
                    Nachfrage nach Wohnraum mit einem weiteren Preisanstieg für Deutschland insgesamt. Das Tempo des
                    Preisanstiegs dürfte dabei aber im Vergleich zu den vergangenen Jahren etwas nachlassen. Unser Zinsausblick
                    legt weder Hoffnungen auf sinkende Hypothekenzinsen noch Ängste vor einem Zinsschock nahe.

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                     2
Was steckt hinter der Aufregung?
                                                                                                    •     Das Thema Immobilien und die Entwicklungen am
                                                                                                          Immobilienmarkt sind in den Medien dauerpräsent. Oftmals
                                                                                                          weist die derzeitige Berichterstattung auf ein erhöhtes
                                                                                                          Blasenrisiko hin.

                                                                                                    •     Auch über die politischen Maßnahmen und Überlegungen,
                                                                                                          die auf eine Regulierung des Immobilienmarktes abzielen,
                                                                                                          wird regelmäßig berichtet.

                                                                                                    •     In diesem LBBW Blickpunkt wollen wir überprüfen, wie groß
                                                                                                          die Gefahr von Fehlbewertungen und Preisblasen derzeit
                                                                                                          einzuschätzen ist. Dazu wollen wir nicht nur auf unseren
                                                                                                          eigenen Bewertungsindikator schauen, sondern auch die
                                                                                                          Analysen einer Reihe anderer Institute zurate ziehen und
                                                                                                          deren methodische Herangehensweise mit den jeweiligen
                                                                                                          Stärken und Schwächen beleuchten sowie deren Ergebnisse
                                                                                                          präsentieren.

                                                                                                    •     Um sich auf sinnvolle Weise mit der Gefahr einer
                                                                                                          Immobilienblase zu beschäftigen, wollen wir auf den
                                                                                                          folgenden Seiten zunächst bestimmen, was unter diesem
                                                                                                          Begriff zu verstehen ist.

Quelle: Spiegel (29.07.2019), Handelsblatt (06.08.2019), B.Z. (08.04.2019), tagesschau.de (05.07.2019), FAZ (07.03.2019), SZ (26.06.2019), Der Tagesspiegel (06.08.2019)

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                                              3
Immobilienblase in der Theorie: Irrationale Abweichung
von den Fundamentalpreisen

Einflussfaktoren auf den Fundamentalpreis                                       •   Da Immobilien heterogene Güter sind,
                                                                                    wird der fundamental gerechtfertigte
von Immobilien                                                                      Preis (oder auch „faire“ Preis) durch
                                                                                    mehrere Faktoren beeinflusst (siehe
                                                                                    Abbildung links).

                                                                                •   Von Preisübertreibungen spricht man,
                                                                                    wenn die tatsächlichen Preise die
                                                                                    Fundamentalpreise von Immobilien
                                                                                    systematisch übersteigen. Da die
                                                                                    Fundamentalpreise aber nicht
                                                                                    beobachtbar sind, sondern geschätzt
                                                                                    werden müssen, stellt die Diagnose der
                                                                                    Abweichung der Preise der Immobilien
                                                                                    von deren Fundamentalpreisen eine
                                                                                    Herausforderung dar und ist
                                                                                    grundsätzlich mit Unsicherheit behaftet.

                                                                                •   Im Fall einer Spekulationsblase werden
                                                                                    die Immobilienpreise über einen längeren
                                                                                    Zeitraum nur durch die Erwartung, dass
                                                                                    die Preise auch zukünftig steigen
                                                                                    werden, getragen und sind so von ihren
                                                                                    fundamentalen Bestimmungsfaktoren
                                                                                    entkoppelt. Verlieren die Markteilnehmer
                                                                                    das Vertrauen in dauerhaft steigende
                                                                                    Preise, platzt die Blase und die Preise
                                                                                    sinken sehr schnell wieder Richtung
                                                                                    Fundamentalpreis oder sogar darunter.
Quelle: LBBW Research, eigene Darstellung

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Immobilienblase in der Theorie: Stilisierter Verlauf
•    Eine Abbildung des stilisierten Verlaufs einer Spekulationsblase ist auf der nächsten Seite dargestellt. Nach den Ökonomen
     Charles P. Kindleberger und Hyman P. Minsky können fünf Phasen bei einer Spekulationsblase identifiziert werden:

      1.     Verlagerungsphase: Ein von außen kommender Schock (z.B. Absinken des Zinsniveaus) fördert oder erzwingt gar die
             Erschließung neuer Anlagemöglichkeiten.

      2.     Boomphase: Das Produkt (hier: Immobilien) wird der breiten Öffentlichkeit als Anlagemöglichkeit bekannt und gilt als
             nahe „totsichere“ Anlageoption. Die Nachfrage (meist kreditgetrieben) und die Preise steigen, was zusätzliches
             Vertrauen in steigende Preise schafft („Positive Feedback Loop“).

      3.     Euphoriephase: Der Preisanstieg beschleunigt sich. Die Marktteilnehmer ignorieren zunehmend die Risiken. Es wird
             erwartet, dass der Boom sprichwörtlich ewig weitergeht. Teilweise wird nur noch mit der Absicht investiert, zu einem
             späteren Zeitpunkt das Asset mit Gewinn weiterverkaufen zu können.

      4.     Phase der „finanziellen Not“: Meist durch ein scheinbar unerhebliches Ereignis (z.B. der Konkurs eines
             Marktteilnehmers) platzt die Blase. Die Preise stürzen ab. Kreditgeber werden restriktiver. Die Liquidität der
             verschuldeten Marktteilnehmer schwindet rasch, was weitere Verkäufe nach sich zieht.

      5.     Abscheu: Nahezu kein Marktteilnehmer ist noch am Asset interessiert. Die Preise sinken wieder auf das ursprüngliche
             Niveau oder sogar darunter.

•    Die Finanzkrise 2008/2009 zeigte, was für verheerende realwirtschaftliche Folgen von geplatzten Spekulationsblasen
     ausgehen können. Problematisch ist jedoch, dass die Existenz einer Spekulationsblase erst nach deren Platzen definitiv
     festgestellt werden kann. Ansätze, um schon zuvor Anzeichen für eine Blase zu identifizieren, werden im Verlauf dieses
     LBBW Blickpunkts vorgestellt.
Quelle: https://boerse.ard.de/boersenwissen/boersengeschichte-n/das-geheime-drehbuch-der-eisenbahn-blase100.html; https://www.fuw.ch/article/die-anatomie-der-spekulationsblase/;
J. Rosser et al. (2012): A Minsky-Kindleberger perspective on the Financial Crisis

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                                                       5
Immobilienblase in der Theorie: Stilisierter Verlauf

Quelle: https://www.fuw.ch/article/die-anatomie-der-spekulationsblase/, LBBW Research

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?           6
Immobilienpreise in Deutschland: Blase oder keine Blase -
das ist hier die Frage

Wohnimmobilien Deutschland                                                                                                      •   In Deutschland sind die Preise für Wohnimmobilien, nach
                                                                                                                                    anhaltender Stagnation in der Zeit nach der deutschen
Indizes verschiedener Datenquellen, 2010 = 100                                                                                      Vereinigung 1990, seit Anfang der 2010er Jahre stark
                                                                                                                                    gestiegen (siehe Grafik links).
 225                                                                                                                      225
                                                                                                                                •   Anders als teilweise in den Medien dargestellt, muss dies
 200                                                                                                                      200       nicht zwangsläufig auf eine Blasenbildung hindeuten.
                                                                                                                                    Stattdessen könnten sich lediglich die Fundamentalpreise der
                                                                                                                                    Immobilien, mittels verschiedener Einflussfaktoren, verändert
 175                                                                                                                      175       haben. Falls dies der Fall wäre, wäre ein allgemeines
                                                                                                                                    Anziehen der Preise auf dem Immobilienmarkt lediglich eine
                                                                                                                                    logische Folge.
 150                                                                                                                      150

                                                                                                                                •   Außerdem kann es starke regionale Differenzen geben. So
 125                                                                                                                      125       können in manchen Gebieten Deutschlands Blasen
                                                                                                                                    entstehen, während dies nicht der Fall für
                                                                                                                                    Gesamtdeutschland sein muss.
 100                                                                                                                      100

                                                                                                                                •   Wie bereits ausgeführt, ist für die Annahme bzw. Ablehnung
   75                                                                                                                     75        der These einer Blasenbildung die Bestimmung der
         2004
                 2005
                        2006
                               2007
                                      2008

                                                    2010
                                                           2011
                                                                  2012
                                                                         2013
                                                                                2014
                                                                                       2015
                                                                                              2016
                                                                                                     2017
                                                                                                            2018
                                                                                                                   2019
                                             2009

                                                                                                                                    Fundamentalpreise elementar. Daneben haben einige
                                                                                                                                    Institute eigene „Blasenindizes“ entwickelt, die ohne die
                 bulwiengesa, D-Gesamt                                   bulwiengesa, 7 Städte                                      explizite Bestimmung eines fairen Preisniveaus auskommen.
                 vdp, D-Gesamt                                           vdp, 7 Städte
                                                                                                                                    Im Folgenden soll gezeigt werden, welche Methoden von
                                                                                                                                    verschiedenen Stellen verwendet werden, welche
                 Destatis, D-Gesamt                                                                                                 individuellen Stärken und Schwächen diese haben und zu
                                                                                                                                    welchen Ergebnissen sie kommen.
Quelle: Deutsche Bundesbank, bulwiengesa, vdpResearch, Destatis, LBBW Research

23.01.2020      Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                                                                 7
Deutsche Bundesbank: Preisübertreibungen in den
Städten

 Veröffentlichungsdatum                         Februar 2019

                                                • Regionaler Paneldatensatz: Preisinformationen aus 401 Landkreisen für den Zeitraum 2004-2017
 Datengrundlage
                                                • bulwiengesa AG, Statistisches Bundesamt und Landesämter, Agentur für Arbeit, Deutsche Bundesbank
                                                • Regional differenziertes Modell: Schätzung der Fundamentalpreise von Immobilien
                                                • Schätzung des Fundamentalpreises mit folgenden Variablen: Pro-Kopf-Immobilienbestand, BIP pro Kopf,
                                                  Bevölkerungsdichte, Anteil der Bevölkerung im Alter von 30 bis 55 Jahren, Arbeitslosenquote, langfristige
 Methode
                                                  Erwartung des BIP-Wachstums, realer langfristiger Hypothekenzinssatz
                                                • Für den Zeitraum von 2004 bis 2010 wird das Vorliegen eines gleichgewichtigen Preisniveaus unterstellt
                                                • Über-/Unterbewertung: Prozentuale Abweichung der tatsächlichen Preise vom Fundamentalpreis
                                                • Preisdynamik übertrifft Fundamentalpreise
 Ergebnisse für Deutschland
                                                • Preisübertreibungen bei Wohnimmobilien in den Städten zwischen 15% und 30%

                     • Die Bundesbank kommt zu dem Ergebnis, dass die Ausweitung des Wohnraumangebots nicht die steigende Nachfrage
                       bedienen kann. Dadurch kommt es zu erhöhten Preisen und Mieten.
                     • Neben diesen „natürlichen“ Preissteigerungen existieren aber laut Bundesbank auch Preisübertreibungen, besonders
                       in den Städten (gesonderte Stichprobe mit 93 Städten). Die hier errechneten Überbewertungen (siehe
                       Modellbeschreibung oben) lagen zwischen 15% und 30%. Auch andere Indikatoren würden auf Preisübertreibungen
                       hinweisen (z.B. das Kaufpreis-Jahresmieten-Verhältnis).
                     • Durch den Paneldatensatz ist es möglich, ein differenziertes Bild bis auf Kreisebene zu erhalten und für einzelne
                       Städte Aussagen zu treffen. Derart detaillierte Aussagen werden von der Bundesbank aber nicht veröffentlicht. Da
                       manche Daten erst ab 2004 verfügbar sind, kann nur ein relativ kurzer Zeitraum untersucht werden. Nach unserer
                       Einschätzung lag im Referenzzeitraum 2004-2010 kein Gleichgewichtspreis, sondern eine Unterbewertung vor.
Quelle: Deutsche Bundesbank (2019): Monatsbericht Februar 2019, 45;
F. Kajuth et al. (2013): Assessing house prices in Germany: evidence from an estimated stock-flow model using regional data, Deutsche Bundesbank Discussion Paper 46/2013

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                                               8
Deutsche Bundesbank (2): Neuartiger
Immobilienfehlbewertungsindikator (HPMI) vorgestellt

 Veröffentlichungsdatum                        September 2019

                                               • Destatis, Deutsche Bundesbank, OECD, Reuters
 Datengrundlage
                                               • Die Datenhistorie reicht z.T. bis in die 1960er Jahre, zumindest aber bis Anfang der 1990er Jahre zurück
                                               • Der HPMI basiert auf folgenden Teilindikatoren: Erschwinglichkeit (basierend auf verfügbarem Einkommen,
                                                 Hypothekenzins sowie der Laufzeit der Hypotheken), Wohnungsbauinvestitionen als Anteil am BIP,
                                                 Zinsrisiko (basierend auf der Abweichung des 3-M-Euribors vom Taylor-Zins), Schuldentragfähigkeit (stellt
                                                 das errechnete tragbare Verschuldungsvolumen eines repräsentativen Haushalts dem tatsächlichen
 Methode                                         Volumen neuer Hypotheken gegenüber), Verhältnis der Preise zu den Baukosten (analog zu Tobins Q),
                                                 Verhältnis der Immobilienpreise zum Verbraucherpreisindex, Verhältnis der Preise zu den Mieten
                                               • Die betrachteten Teilindikatoren gehen in den HPMI in Gap-Form ein, d.h. es wird die Abweichung der
                                                 Größe am aktuellen Rand von einem langfristigen Trend betrachtet. Letzterer wird mittels eines einseitigen
                                                 HP-Filters erfasst und schwankt daher im Zeitablauf, um strukturelle Veränderungen einzufangen

 Ergebnisse für Deutschland                    • Der HPMI zeigt für Deutschland insgesamt für Q1 2018 eine Überbewertung von 11,3% an

                     • Aufgrund seiner Konstruktion kann der „housing price misalignment indicator“ (HPMI) neben dem Ausmaß einer
                       Fehlbewertung auch die relevanten Preistreiber identifizieren. Demnach tragen aktuell vor allem das Zinsumfeld und
                       der relativ fortgeschrittene Häuserpreiszyklus zu der Überbewertung bei, während eine solide Schuldentragfähigkeit der
                       positiven Preisdynamik seit Ende 2009 entgegenwirkt. Die aktuellste Schätzung des HPMIs suggeriert laut
                       Bundesbank, dass Befürchtungen über die Entstehung einer Preisblase gegenwärtig noch moderat sind.
                     • Der HPMI stellt u.E. sowohl methodisch als auch hinsichtlich der Datengrundlage einen anspruchsvollen Beitrag zur
                       Bewertung des Marktes dar. Trotz des noch jungen Veröffentlichungsdatums wird in der Studie nur eine Aussage bis Q1
                       2018 getroffen, d.h. die Aufwärtsrevision des Hauspreisindexes durch Destatis 2019 dürfte in die Analyse noch keinen
                       Eingang gefunden haben. Auf Basis aktueller Daten wäre die diagnostizierte Überbewertung vermutlich höher.
Quelle: M. Hertrich (2019): A novel housing price misalignment indicator for Germany, Deutsche Bundesbank Discussion Paper 31/2019

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                                 9
Internationaler Währungsfonds (IWF): München klarer
Spitzenreiter bei der Preisübertreibung

 Veröffentlichungsdatum                       Juli 2018

                                              • Daten für den Zeitraum 2002-2014, Schätzung der Werte für 2015-2017
 Datengrundlage                               • Betrachtet werden die zehn größten deutschen und zwölf weitere europäische große Städte
                                              • Haver Analytics, Bloomberg, bulwiengesa AG, Destatis, OECD, Eurostat
                                              • Schätzung des Fundamentalpreises mit Angebots- und Nachfragefaktoren auf Städteebene mithilfe
                                                folgender Variablen: Investitionen in Wohnimmobilien, Baukosten (Angebotsseite); realer
 Methode
                                                Hypothekenzinssatz, Einkommen, Beschäftigung, Bevölkerungsdichte (Nachfrageseite)
                                              • Über-/Unterbewertung: Prozentuale Abweichung der tatsächlichen Preise von den Fundamentalpreisen
                                              • Überbewertung in mehreren deutschen Städten, allen voran München (46%), Hannover, Frankfurt, Hamburg
 Ergebnisse für Deutschland
                                                (jeweils 25-30%), Düsseldorf und Stuttgart (10-15%) sowie Berlin und Köln (
Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW):
„Warnstufe gelb für Deutschland“

 Veröffentlichungsdatum                         August 2019

                                                • Daten der OECD und BIS. Quartalsdaten
 Datengrundlage                                 • Es wird vom Vorliegen einer Blase ausgegangen, wenn sich das Verhältnis von Immobilienpreisen und
                                                  Gegenwartswert der künftigen Mieteinnahmen „explosiv“ entwickelt
                                                • Maschinelles Lernen: Modell für eine Trainingsperiode geschätzt. In einer Testperiode wird geprüft, ob die
                                                  Prognose richtig oder falsch war. Anschließend wird die Trainingsperiode um ein Quartal ausgeweitet. Aus
                                                  den Ergebnissen lässt sich dann die Wahrscheinlichkeit einer Blase in der aktuellen Periode ableiten
 Methode
                                                • Laut DIW stellt sich das Zufallswald-Modell als am aussagekräftigsten heraus
                                                • Verwendete Variablen: Preis-Miet-Verhältnis, nominales Kreditvolumen, lang- und kurzfristiger Zinssatz,
                                                  Inflationsrate, BIP-Wachstum, Änderungsrate des Aktienindexes, Gesamtkredit-BIP-Verhältnis
                                                • Vorhersage einer hohen Blasenwahrscheinlichkeit, die jedoch im Prognosezeitraum abnimmt
 Ergebnisse für Deutschland
                                                • Errechnete derzeitige Blasenwahrscheinlichkeit in Deutschland bei 92%, bis Ende des Jahres bei 84%

                     • Die Preise haben sich laut DIW teilweise von den Erträgen der Immobilien entkoppelt. Die Blasenwahrscheinlichkeit
                       beziffert das Institut aktuell auf 92%. Dennoch spricht das DIW selbst nur von der „Warnstufe gelb für
                       Deutschland“. Dies liegt zum Ersten daran, dass das Prognosemodell einen Rückgang der Blasenwahrscheinlichkeit
                       bis Ende des Jahres auf etwa 84% anzeigt, da sich die Immobilienpreisentwicklung in den großen Städten
                       verlangsamt habe. Zum Zweiten berücksichtigt das DIW in seinem Urteil neben dem Prognosemodell auch die
                       Vergabe von Hypothekenkrediten. Diese erachtet das DIW als relativ solide.
                     • Das DIW liefert mit seinem Machine-Learning-Ansatz eine interessante neue Methodik zur Früherkennung von
                       Spekulationsblasen, die sich mit der Zeit und immer neuen Datenpunkten wohl weiter selbstoptimieren wird. Die
                       Methodik wird für insgesamt 20 OECD-Länder angewandt. Es soll vor allem politische Entscheider bei der Frage
                       unterstützen, ob makroprudenzielle Maßnahmen zum Vermeiden einer spekulativen Blase ergriffen werden
                       sollten. Für Immobilieninvestoren ist das Modell u.E. eher weniger zur Entscheidungsunterstützung geeignet.
Quelle: K. Kholodilin et al (2019): Das Risiko einer Immobilienpreisblase ist in Deutschland sowie in den meisten OECD-Ländern hoch, DIW Wochenbericht 32/2019

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                                    11
Institut für Weltwirtschaft (IfW): „Von einer
Spekulationsblase kann keine Rede sein!“

 Veröffentlichungsdatum                         August 2019

                                                • empirica (Vervielfältiger), Interhyp AG (Hypothekenzinsen), FMH Finanzberatung (Festgeldzinsen)
 Datengrundlage
                                                • Ausgewählte Städte (12) und Jahre (2005 und 2019)
                                                • Vergleich der errechneten aktuellen Überschussrendite mit jener im Jahr 2005
                                                • Rendite = Jahresnettomiete − Kosten (Instandhaltung, Verwaltung, etc.)
                                                             Kaufpreis + Nebenkosten (Makler−, Notar−, Gerichtskosten)
 Methode
                                                • „Überrendite“ bei Fremdfinanzierung = Rendite – Hypothekenzinsen (ⵁ bei 10-jähriger Zinsbindung)
                                                • „Überrendite“ bei Eigenfinanzierung = Rendite – Festgeldzinsen (ⵁ für 10-jähriges Festgeld)

 Ergebnisse für Deutschland                     • Überrenditen 2019 durchweg positiv, d.h. Immobilienpreise unterhalb ihres Fundamentalwertes

                     • Als einziges Institut sieht das IfW keine Anzeichen für eine Preisblase, sondern diagnostiziert sogar eine
                       fundamentale Unterbewertung.
                     • Im Gegensatz zum Jahr 2005 weisen nach IfW-Berechnungen aktuell alle 12 deutschen Großstädte durchschnittlich
                       positive Überrenditen auf (sowohl bei Fremd- als auch bei Eigenfinanzierung): Gemäß IfW heißt das, dass die
                       Immobilien unterhalb ihres Fundamentalwertes gehandelt werden. Dies könne mit der Erwartung der Investoren erklärt
                       werden, dass Mieten oder Preise sinken oder die Zinsen steigen würden. D.h. falls Spekulation vorliegt, dann gerade
                       nicht auf weiter steigende Preise, sondern auf fallende Preise oder sich verschlechternde Marktbedingungen.
                     • Die Betrachtungsweise des IfW hat u.E. durchaus ihre Berechtigung, wenngleich der Blickwinkel sehr reduziert ist und
                       auch seine Schwächen hat. Das IfW beschränkt sich rein auf die Sichtweise eines Investors. Alleiniger Maßstab für die
                       Beurteilung des Fundamentalwertes ist das Zinsgefüge, d.h. Angebots-Nachfrage-Aspekte oder andere Faktoren der
                       Erschwinglichkeit wie Einkommen oder Inflation werden ausgeklammert. Zudem sind Mietrenditen nur bedingt mit
                       Hypotheken- oder Festgeldzinsen vergleichbar, da es am Ende der Laufzeit/Nutzungsdauer nicht zu einer Rückzahlung
                       des Nominalbetrages kommt. Dies fällt mathematisch umso stärker ins Gewicht, je niedriger das Zins/Renditeniveau ist.
Quelle: U. Schmidt (2019): Immobilienpreise: Von einer Spekulationsblase kann keine Rede sein!, Kiel Fokus

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                        12
empirica-Blasenindex: Pessimistische Einschätzung auf
Kreisebene

 Veröffentlichungsdatum                         Oktober 2019

                                                • empirica-Preisdatenbank, Destatis, vdp, Deutsche Bundesbank
 Datengrundlage                                 • empirica-Preisdatenbank auf Basis von Immobilieninseraten reicht bis 2004 zurück
                                                • Daten für 401 Kreise
                                                • Errechnung eines Gesamtindexes für jeden Kreis als Mittelwert von vier Teilindizes: Preis-Mieten-Verhältnis
                                                  (Vervielfältiger), Preis-Einkommens-Verhältnis, Fertigstellungen je Einwohner, Wohnungsbaukredite relativ
 Methode                                          zum BIP. Werte aus dem Jahr 2005 werden als Benchmark verwendet
                                                • Bundesweiter Gesamtindex als „Marktbreite der Blasengefahr“: Anteil der gefährdeten Kreise minus Anteil
                                                  der nicht gefährdeten Kreise (gemessen in Prozentpunkten)
                                                • Steigende Blasengefahr vor allem in Wachstumsregionen
                                                • 75% aller Kreise weisen eine „mäßig bis hohe Blasengefahr“ auf
 Ergebnisse für Deutschland
                                                • Aber: Das Platzen regional eventuell entstandener Blasen ist eher unwahrscheinlich, da es weder ein
                                                  Überangebot an Wohnungen noch eine Kreditschwemme gibt

                     • Insgesamt ist das Urteil von empirica pessimistisch. Drei Viertel aller Kreise in Deutschland sind laut empirica
                       blasengefährdet. Auch hier wird klar: Besonders die deutschen Großstädte sind gefährdet.
                     • In erster Linie scheinen das Kaufpreis-Jahresmieten- und das Kaufpreis-Einkommens-Verhältnis für die alarmierenden
                       Indexwerte verantwortlich zu sein.
                     • Durch den empirica-Blasenindex werden die regionalen Unterschiede gut deutlich. Die Auswahl des Jahres 2005 als
                       Benchmarkjahr wirkt aber willkürlich und führt u.E. in die Irre, da unserer Einschätzung nach der Immobilienmarkt zu
                       jener Zeit deutlich unterbewertet war. Eventuell wäre ein Mittelwert als Benchmark sinnvoller.
                     • Das von empirica berechnete Rückschlagpotenzial von bundesweit 20% und von 40% in den Top 7-Städten basiert
                       allein auf der Preiskluft zwischen Kaufpreisen für ETW und Mieten. Der Zinsrückgang bleibt insofern unberücksichtigt.
Quelle: empirica (2019): Blasenindex III/2019; empirica (2013): empirica-Blasenindex IV/2013; empirica (2014): Datensatzbeschreibung

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                                   13
UBS Global Real Estate Bubble Index: München und
Frankfurt unter den gefährdetsten Städten weltweit

 Veröffentlichungsdatum                       September 2019

 Datengrundlage (für deutsche                 • bulwiengesa AG, OECD, Destatis, UBS P&E, FED Dallas, Deutsche Bundesbank, EUKLEMS, Bloomberg
 Städte)                                      • Frankfurt: 2018 Q4, München: 2018 Q4
                                              • Errechnung des Gesamtindexes als gewichteter Durchschnitt von fünf Teilindizes je Stadt: Preis-
                                                Einkommens-Verhältnis, Kaufpreis-Mietpreis-Verhältnis, Indikator für Preisgefälle zwischen Stadt und Land,
                                                Veränderung des Anteils der Hypotheken am BIP, Veränderung des Anteils des Baugewerbes am BIP (die
 Methode
                                                letzten beiden Größen beziehen sich nicht auf die jeweilige Stadt, sondern das Land insgesamt)
                                              • Fünf Bewertungsstufen: Von Werten 1,5 „bubble risk“
                                              • Die Gewichtung erfolgt mithilfe einer Faktoranalyse und ist daher für jede Stadt individuell
                                              • München mit dem höchsten Blasenrisiko unter allen betrachteten Städten
 Ergebnisse für Deutschland
                                              • Frankfurt auf Platz 5 der gefährdeten Städte

                    • UBS analysiert weltweit insgesamt 24 Städte hinsichtlich ihres Blasenrisikos. Die einzigen beiden deutschen Städte,
                      München und Frankfurt, befinden sich unter den Top 5 bezüglich ihres Blasenrisikos. München liegt mit einem
                      Indexwert von 2,01 deutlich über dem Schwellenwert von 1,5, ab dem das Risiko einer Blase angezeigt wird. Für
                      Frankfurt kletterte der Index kräftig von 1,43 im Vorjahr auf nun 1,71 und liegt damit gleichfalls im Risikobereich.
                    • UBS ergänzt den Blasenindex um eine Betrachtung, wie viele Jahresgehälter ein qualifizierter Angestellter im
                      Dienstleistungssektor benötigt, um eine zentrumsnahe 60m²-Wohnung zu kaufen, sowie um das Verhältnis des Preises
                      einer Wohnung zur Jahresmiete.
                    • Zu bemängeln ist aus deutscher Sicht an der Analyse von UBS, dass sie sich auf nur zwei deutsche Städte beschränkt.
                      Die Methode der Faktoranalyse führt dazu, dass für Städte, die eine eher wenig schwankungsintensive Vergangenheit
                      in Bezug auf die betrachteten Größen hatten, der Index deutlich schneller anspringt als für Städte, die bereits eine
                      Blase durchlebt haben.
Quelle: UBS (2019): UBS Global Real Estate Bubble Index

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                                14
LBBW Hauspreisindikator: Moderate Überbewertung des
deutschen Wohnimmobilienmarktes

 Veröffentlichungsdatum                     November 2019

 Datengrundlage                             • Daten der OECD, aktuelle Preisdaten von Destatis, 1990-2019 (2. Quartal)

                                            • Indikator als Durchschnitt von drei Einflussgrößen: Verhältnis Immobilienpreise zu verfügbarem
                                              Einkommen, Verhältnis Immobilienpreise zu Mieten, Reale Immobilienpreise
 Methode
                                            • Für Variable 1 und 2: Berechnung der prozentualen Abweichung des aktuellen Wertes vom langfristigen
                                              Durchschnitt. Für Variable 3: Prozentuale Abweichung des aktuellen Wertes vom linearen Trend

 Ergebnisse für Deutschland                 • Der deutsche Markt ist aktuell 15% höher bewertet, als er es im Durchschnitt seit 1990 war

                    • Für den LBBW Hauspreisindikator ziehen wir die drei Variablen Preis-Einkommens-Verhältnis, Preis-Mieten-Verhältnis
                      und die realen Immobilienpreise als Maßstab zur Beurteilung des Bewertungsniveaus des Marktes für Wohnimmobilien
                      heran. Das Verhältnis der Immobilienpreise zu den verfügbaren Einkommen kann als Erschwinglichkeitsmaß und das
                      Verhältnis der Preise zu den Mieten als Indikator für die Rentabilität betrachtet werden. Die realen Immobilienpreise
                      sollten sich u.E. nicht zu weit von einem linearen Trend entfernen. Jedes Land wird in Relation zu seiner eigenen
                      Historie betrachtet.
                    • Aktuell zeigt der Indikator an, dass der deutsche Markt 15% höher bewertet ist, als er es im Durchschnitt seit 1990
                      war. Das Bewertungsniveau ist damit deutlich erhöht, aber im internationalen Vergleich nicht extrem.
                    • Der LBBW Hauspreisindikator beschränkt sich auf traditionelle Indikatoren hinsichtlich des Bewertungsniveaus, die er
                      nach unserem Dafürhalten in transparenter und nachvollziehbarer Weise einfängt. Klar ist damit auch, dass für ein
                      umfassendes Bild darüberhinausgehende Faktoren wie das Bevölkerungswachstum, die Bautätigkeit, die Lage am
                      Arbeitsmarkt, das Zinsniveau oder die Kreditvergabe zusätzlich zu dem Indikator berücksichtigt werden müssen. Die
                      genannten Faktoren rechtfertigen u.E. zu einem gewissen Grad eine im historischen Vergleich überdurchschnittliche
                      Bewertung des deutschen Wohnimmobilienmarktes.
Quelle: LBBW Research

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                       15
LBBW Hauspreisindikator signalisiert deutlich
gestiegenes Bewertungsniveau

Indikator im Zeitablauf                                                         Indikator im internationalen Vergleich
Abweichung vom eigenen Mittelwert in %                                          Q2 2019, Abweichung vom eigenen Mittelwert in %

  20                                                                             50

  15
                                                                                 40

  10
                                                                                 30
    5
                                                                                 20
    0

                                                                                 10
   -5

  -10                                                                              0

  -15
                                                                                 -10

  -20
    Q1 90               Q1 98              Q1 06               Q1 14             -20
                                                                                       CA SE NO BE CH GB AU DK DE FR NL                IE   US ES    IT
                                            DE

Die linke Grafik zeigt den LBBW Hauspreisindikator für Deutschland im           Der Blick auf den internationalen Vergleich in der rechten Grafik legt
Zeitablauf und verdeutlicht, wie kräftig sich das Bewertungsniveau von          nahe, dass mit Deutschland die Gruppe der deutlich
einer deutlichen Unterbewertung im ersten Jahrzehnt der 2000er Jahre            überdurchschnittlich bewerteten Länder beginnt – wenngleich sich
hin zu einer deutlichen Überbewertung gewandelt hat.                            Deutschland noch nicht im extremen Bereich befindet.

Quelle: OECD, LBBW Research

23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                             16
Fazit: Auf unterschiedlichen Wegen zu ähnlichen
Ergebnissen – aber mit Ausnahmen!

               Die in unserer Auswertung betrachteten Institute wählen teils ähnliche, teils komplett unterschiedliche
               Herangehensweisen, um die Frage einer Preisblase bzw. einer Über- oder Unterbewertung des
               Immobilienmarktes zu beantworten. Jede der gewählten Methoden hat ihre eigenen Stärken und
               Schwächen. Trotz der Vielfalt der Herangehensweisen kommen die meisten Institute zu einem
               ähnlichen Ergebnis, nämlich einer in den vergangenen Jahren gestiegenen Überbewertung bzw.
              einem gestiegenen Blasenrisiko, welches aber nicht als unmittelbar alarmierend eingestuft wird. Das
               IfW kann als einzige Institution keine Anzeichen für eine gestiegene Gefahr einer Immobilienblase
               erkennen. Auf der anderen Seite des Spektrums erachtet die UBS München als die Stadt, die unter
               24 europäischen Großstädten das höchste Blasenrisiko besitzt. Auch empirica zeichnet ein eher
               pessimistisches Bild. Unser LBBW Hauspreisindikator deutet auf einen aktuellen
               Bewertungsaufschlag von 15% hin.
23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                            17
Wie geht es weiter?
Ausblick auf die weitere Preisentwicklung

Kumulierter realer Preisanstieg über je 3 Jahre                                         •   Das Schätzen von Abweichungen zwischen den Preisen und
                                                                                            dem Fundamentalwert ist zwar ein wichtiger Anker für
In %, Datenbasis für die Modellschätzung: Q1 1987                                           Investitionsentscheidungen. Prognosen zur weiteren
bis Q4 2015                                                                                 Marktentwicklung lassen sich daraus aber kaum ableiten.
 20%                  Preisanstieg nicht allein                                  20%

                      durch das Angebot und                                             •   Hierzu haben wir ein statistisches Prognosemodell entwickelt,
 15%                  den Bedarf zu erklären!                                    15%        das rein auf Basis der geschätzten aufgestauten Nachfrage
                                                                                            basiert. Das Modell prognostiziert jeweils für einen
                                                                                            Dreijahreszeitraum den kumulierten Anstieg der
 10%                                                                             10%
                                                                                            inflationsbereinigten (realen) Wohnungspreise.

  5%                                                                             5%     •   In den vergangenen Jahren war der tatsächliche Preisanstieg
                                                                                            noch stärker, als es das Modell aufgrund der aufgestauten
  0%                                                                             0%         Nachfrage angezeigt hätte. Hierin spiegelt sich u.E.
                                                                                            insbesondere der Einfluss der gesunkenen Zinsen wider. Für
                                                                                            die kommenden drei Jahre prognostiziert unser Modell ein
 -5%                                                                             -5%
                                                                                            Plus von ca. 6%, was einem mittleren jährlichen Zuwachs der
                                                                                            realen Preise von ca. 2% entspricht.
-10%                                                                             -10%

                                                                                        •   Trotz des erhöhten Bewertungsniveaus von Wohnimmobilien
                                                                                            rechnen wir für Deutschland insgesamt nicht mit
                                                                                            Preisrückgängen in den kommenden Jahren. Eher dürfte der
                        Reale Hauspreise (3Y/Y)                Modellwert
                                                                                            Preistrend weiter aufwärts zeigen, wenngleich vermutlich mit
                                                                                            nachlassendem Tempo. Für Marktakteure, die grundsätzlich
Bzgl. weiterer Details zur Methodik siehe Blickpunktstudie vom 21.11.2017:
                                                                                            eine Immobilie erwerben möchten, dürfte sich ein
„Die Metamorphose des deutschen Wohnimmobilienmarktes“                                      spekulatives Abwarten in der Hoffnung auf sinkende Preise
                                                                                            daher im Allgemeinen nicht auszahlen.
Quelle: Deutsche Bundesbank, Destatis, Refinitiv, LBBW Research

23.01.2020    Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                         18
Zinsausblick: Kein weiterer (Hypotheken)Zinsrückgang,
aber auch kein Zinsschock

Euro-Swapsatz mit Laufzeit 10 Jahre                                                                                                               •   Der massive Zinsrückgang der vergangenen Jahre hat u.E.
                                                                                                                                                      neben einer fundamentalen Wohnungsknappheit erheblich
In %                                                                                                                                                  zum jüngsten Anstieg der Immobilienpreise in Deutschland
                                                                                                                                                      beigetragen, da typische Anleiheinvestoren auf der Suche
  6                                                                                                                                                   nach Rendite u.a. auf den Immobilienmarkt ausgewichen sind
                                                                                                                                                      und der kreditfinanzierte Kauf von Immobilien durch die
  5
                                                                                                                                                      niedrigeren Zinsen erschwinglicher wurde.

                                                                                                                                                  •   Nach vorn blickend erwarten wir für das laufende Jahr im
  4                                                                                                                                                   Wesentlichen eine Seitwärtsentwicklung der Zinsen und somit
                                                                                                                                                      weder eine spürbare Belastung noch einen neuerlichen
  3                                                                                                                                                   Schub für die Immobilienpreise.

                                                                                                                                                  •   Für die kommenden Jahre gehen wir von einem Zinsanstieg
  2                                                                                                                                                   aus, der sich aber nur ganz allmählich einstellen dürfte. Die
                                                                                                                                                      aktuelle Geldpolitik der EZB mit unkonventionellen
  1                                                                                                                                                   Maßnahmen wie Negativzinsen und Anleihekäufen stellt u.E.
                                                                                                                                                      eine Ausnahmesituation dar und sollte langfristig wieder
                                                                                                                                                      normalisiert werden, da diese Geldpolitik mit negativen
  0                                                                                                                                                   Nebenwirkungen verbunden ist. Einen schnellen kräftigen
      2005
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                                                                                                                                    2023
                                                                                                                                           2024

                                                                                                                                                      Zinsanstieg halten wir gleichwohl nicht für wahrscheinlich, da
 -1                                                                                                                                                   der Euroraum weiterhin mit strukturellen Problemen zu
                                                                                                                                                      kämpfen hat und zudem die demografische Entwicklung für
                    10Y EUR-Swap                                 LBBW Research Planungsprämissen
                                                                                                                                                      ein niedrigeres langfristiges Wachstumspotenzial der
                                                                                                                                                      Wirtschaft im Vergleich zu früheren Jahrzehnten sorgt.

Quelle: Refinitiv, LBBW Research

23.01.2020          Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                                                                               19
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23.01.2020   Deutsche Wohnimmobilien - Preisblase oder angemessene Bewertung?                                                                         20
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