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Deutsches Stabilitätsprogramm 2020
Deutsches Stabilitätsprogramm 2020
Inhaltsverzeichnis Vorbemerkungen zum Deutschen Stabilitätsprogramm 2020______1 1. Einleitung: Entschlossenheit und Zusammenhalt in der Krise___3 2. Gesamtwirtschaftliches Umfeld in Deutschland_________________6 2.1 Gesamtwirtschaftliche Lage in Deutschland im Jahr 2019_____________________________________________ 6 2.2 Kurz- und mittelfristige Perspektiven der Gesamtwirtschaft 2020 bis 2024_____________________________ 7 3. Deutsche Finanzpolitik im europäischen Kontext_______________9 3.1 Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts und des Fiskalvertrags und deren Umsetzung in Deutschland__________________________________________________________________________________________ 9 3.2 Finanzpolitische Ausgangslage und strategische Ausrichtung________________________________________ 11 4. Projektion der Entwicklung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und Schuldenstands______________________14 Mittelfristiges Haushaltsziel_________________________________________________________________________ 14 4.1 Rückblick auf das Jahr 2019__________________________________________________________________________ 14 Gesamtstaatlicher Finanzierungsüberschuss im Jahr 2019 bei 1,4 % des BIP___________________________ 14 Schuldenstand unter 60 % des BIP___________________________________________________________________ 14 4.2 Ausblick auf das Jahr 2020 und die mittelfristige Entwicklung________________________________________ 15 Auswirkungen fiskalischer Maßnahmen im Jahr 2020 in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie______ 15 Entwicklung der Staatsfinanzen im Jahr 2020 unter Berücksichtigung der fiskalischen Effekte infolge der COVID-19-Pandemie____________________________________________________________________ 18 Ausblick auf das Jahr 2021 und die mittelfristige Entwicklung________________________________________ 18
Tabellen Tabelle 1: Diskretionäre Maßnahmen in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie__________________________ 16 Tabelle 2: Garantien in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie____________________________________________ 18 Tabelle 3: Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung___________________________________________ 20 Tabelle 4: Preisentwicklung - Deflatoren_________________________________________________________________ 21 Tabelle 5: Entwicklung der Staatsfinanzen_______________________________________________________________ 22 Abbildungen Abbildung 1: Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland___________________________________________________ 8 Abbildung 2: Bruttoinlandsprodukt, preisbereinigt________________________________________________________ 8 Abbildung 3: Struktureller und tatsächlicher Finanzierungssaldo im Vergleich (in % des BIP)_____________ 10 Abbildung 4: Entwicklung der strukturellen Nettokreditaufnahme des Bundes (in % des BIP)_____________ 13
Vorbemerkungen zum Deutschen Stabilitätsprogramm 2020 Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Vorbemerkungen zum Deutschen Stabilitätsprogramm 2020 Bis Ende April jeden Jahres legen die Mitglied- und Bewertung der Übersichten über die Haus- staaten der Europäischen Union (EU) ihre mit- haltsplanung vollumfänglich nach. telfristigen Finanzplanungen der Europäischen Kommission und dem Rat der Wirtschafts- und Die globale Ausbreitung des neuartigen Corona- Finanzminister (ECOFIN-Rat) vor. Dabei folgen virus (SARS-CoV-2/ COVID-19) stellt auch die die Mitgliedstaaten des Euroraums mit ihren so deutsche Finanzpolitik vor große Herausforde- genannten aktualisierten Stabilitätsprogrammen rungen. So wirkt sie sich u. a. aufgrund der Maß- den Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachs- nahmen zur Eindämmung der Pandemie als zwar tumspakts (SWP), nach denen auch alle weiteren temporäre, aber zugleich starke Abschwächung EU-Staaten aktualisierte Konvergenzprogramme auch für die deutsche Wirtschaft aus. Zur Krisen- vorzulegen haben. bekämpfung haben die Bundesregierung und die Länder umfangreiche finanzpolitische Maßnah- Die vorliegende Aktualisierung des deutschen Sta- menpakete auf den Weg gebracht. bilitätsprogramms hat das Bundeskabinett am 22. April 2020 gebilligt. Das Programm folgt den Das vorliegende Deutsche Stabilitätsprogramm Vorgaben, die in den Vereinbarungen zu Form wurde in einer frühen Phase der Corona-Krise und Inhalt der Stabilitäts- und Konvergenzpro- verfasst und abgestimmt. gramme („Verhaltenskodex“) festgelegt wurden. Zudem orientiert sich das Deutsche Stabilitätspro- Die im Stabilitätsprogramm enthaltenen Pro- gramm inhaltlich an den „Guidelines for a stream- jektionen der Haushaltsentwicklung aller staat- lined format of the 2020 Stability and Convergence lichen Ebenen beruhen auf allen bis zum Veröf- Programmes in light of the COVID-19 outbreak“. fentlichungszeitpunkt bekannten Informationen, Die jeweilige Aktualisierung des deutschen Stabi- insbesondere der Jahresprojektion der Bundes- litätsprogramms wird von der Bundesregierung regierung zur gesamtwirtschaftlichen Entwick- an die zuständigen Fachausschüsse des Deutschen lung vom 29. Januar 2020, den daraufhin aktua- Bundestags, an die Finanzministerkonferenz und lisierten Ergebnissen der Steuerschätzungen vom an den Stabilitätsrat übermittelt. Nach der Befas- 30. Oktober 2019, dem Eckwertebeschluss der sung im ECOFIN-Rat wird die Bundesregierung Bundesregierung vom 18. März 2020 zum Bun- auch die Ratsstellungnahme zum Programm an deshaushalt 2021 und zur Finanzplanung bis diese Stellen übersenden. zum Jahr 2024 sowie dem vom Bundestag am 25. März 2020 beschlossenen Nachtrag zum Bun- Mit der Vorlage des aktualisierten deutschen Sta- deshaushalt 2020 zur Finanzierung des umfassen- bilitätsprogramms, welches die Projektion der den Maßnahmenpakets zum Schutz vor den Aus- Haushaltsentwicklung aller staatlichen Ebenen wirkungen der COVID-19-Pandemie inklusive (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherun- einer Bewertung von möglichen Steuerausfällen. gen) umfasst, kommt die Bundesregierung für das Jahr 2020 ihrer Verpflichtung zur Übermittlung Aufgrund fehlender Daten ist es derzeit noch der nationalen mittelfristigen Finanzplanung schwierig, das Ausmaß der negativen wirt- nach Artikel 4 der Verordnung (EU) Nr. 473/2013 schaftlichen Auswirkungen der Pandemie prä- über die Bestimmungen für die Überwachung zise zu quantifizieren. Die Bundesregierung wird eine erste Einschätzung zur wirtschaftlichen 1
Vorbemerkungen zum Deutschen Stabilitätsprogramm 2020 Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Entwicklung in ihrer Frühjahrsprojektion Ende April 2020 veröffentlichen. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ver- öffentlicht das aktualisierte Stabilitätsprogramm sowie die Programme der vergangenen Jahre auf der Seite: https://www.bundesfinanzministerium.de Die Programme aller EU-Mitgliedstaaten sowie die entsprechenden Analysen der Europäischen Kom- mission und die Empfehlungen des ECOFIN-Rats sind auf der Seite der Europäischen Kommission veröffentlicht: ht t p s ://e c . e u r op a . e u /i n fo/ b u s i ne s s- e c o - n omy- e u r o/e c on om ic -a n d-f i s c a l- p o l i c y - c o o r d i n a t i o n /e u - e c o n o m i c - g o - ver n a nce-mon itor i ng-pre vent ion-cor- r e c t io n /s t a b i l i t y-a n d- g r o w t h-p a c t / stability-and-convergence-programmes_en 2
Einleitung: Entschlossenheit und Zusammenhalt in der Krise Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 1. Einleitung: Entschlossenheit und Zusammenhalt in der Krise Die deutsche Finanzpolitik ist derzeit vom Kampf Jahr einen Überschuss in Höhe von 1,4 % des BIP. gegen die COVID-19-Pandemie und ihre wirt- Die gesamtstaatliche Schuldenstandsquote sank schaftlichen Folgen geprägt. Um die Gesundheit im Jahr 2019 um 2,1 Prozentpunkte auf 59,8 % des der Bürgerinnen und Bürger zu schützen, Arbeits- BIP. Zudem sind die gesamtstaatlichen Investitio- plätze und Unternehmen zu stützen und um den nen erneut stark um 7,5 % gestiegen. Die öffentli- sozialen Zusammenhalt zu bewahren, hat die che Hand ist für eine wirtschaftliche Krise finanz- Bundesregierung ein Maßnahmenpaket von his- politisch gut aufgestellt. Angesichts der soliden torischem Ausmaß auf den Weg gebracht. Durch Finanzpolitik der letzten Jahre ist sie in der Lage, die solide Finanzpolitik der letzten Jahre ist die Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pan- Bundesregierung in der Lage, die Menschen und demie zu finanzieren. Die Bundesregierung wird die Wirtschaft auch über einen längeren Zeitraum hierfür alle notwendigen Maßnahmen ergreifen. zu unterstützen. Dies tut die Bundesregierung mit dem größten Angesichts der dynamischen Entwicklung war es Hilfspaket in der Geschichte der Bundesrepub- nicht mehr möglich, im Deutschen Stabilitätspro- lik Deutschland. Das Volumen der gesamtstaat- gramm 2020 die sich aus der COVID-19-Pandemie lichen haushaltswirksamen Maßnahmen liegt ergebenden Auswirkungen auf die gesamtwirt- im Jahr 2020 bei rund 453 Mrd. €, der Umfang schaftliche Entwicklung zahlenbasiert abzubil- der Garantien beträgt insgesamt rund 820 Mrd. € den. Klar ist jedoch, dass Deutschland und Europa (siehe hierzu Tabelle 1 und Tabelle 2). Damit trägt aktuell vor außerordentlich großen Herausforde- die Bundesregierung ganz entscheidend dazu bei, rungen stehen. Die globale COVID-19-Pandemie dass die deutsche Wirtschaft die Krise gut über- wird erhebliche Wachstumseinbußen der deut- dauert. Zugleich setzt sie damit einen kraftvollen schen Volkswirtschaft zur Folge haben. Impuls zur Stabilisierung des Euroraums. In Folge dessen wird der Bund mit einem Nachtrag zum Zugleich zeigen die Entwicklungen der letz- Bundeshaushalt 2020 neue Kredite in Höhe von ten Jahre, dass die deutsche Wirtschaft und die rund 156 Mrd. € aufnehmen. Hierfür hat der Deut- Staatsfinanzen auf einem soliden Fundament ste- sche Bundestag entsprechend der Ausnahmere- hen. So wiesen die öffentlichen Finanzen im Jahr gelung für außergewöhnliche Notsituationen im 2019 und damit unmittelbar vor Ausbruch der Grundgesetz (Artikel 115 Abs. 2 GG) beschlossen, COVID-19-Pandemie einen sehr robusten Verlauf dass der Bund in diesem Jahr die für ihn ansonsten auf. Neben einer zukunftsorientierten Finanzpoli- bindende Kreditobergrenze in Höhe von 0,35 % tik hatten der starke Arbeitsmarkt mit Rekordbe- des BIP überschreiten darf. Dies gewährleistet schäftigung, dynamische Steuereinnahmen sowie auch, dass die automatischen Stabilisatoren unbe- anhaltend niedrige Zinsen auf Staatsschulden zu schränkt wirken können. dieser Entwicklung beigetragen. Durch das Hilfspaket werden zum einen Maß- Deutschland hat die Vorgaben des SWP im Jahr nahmen finanziert, um die Gesundheitsver- 2019 in vollem Umfang erfüllt. Im Ergebnis erzielte sorgung in Krisenzeiten zu sichern. So stellt der Staatshaushalt aus Bund, Ländern, Gemein- der Bund unter anderem für Schutzausrüs- den und Sozialversicherungen im vergangenen tung sowie die Entwicklung eines Impfstoffs 3
Einleitung: Entschlossenheit und Zusammenhalt in der Krise Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 und neuer Behandlungsmaßnahmen rund schnellen Kreditvergabe an kleine und mittlere 3,5 Mrd. € zusätzlich bereit. Um flexibel und kurz- Unternehmen ab 11 Beschäftigten geschaffen. fristig auf die Entwicklung der Pandemie reagie- ren zu können, stehen im Bundeshaushalt weitere Die Bundesregierung stärkt zudem die soziale 55 Mrd. € für eventuellen Mehrbedarf aufgrund Absicherung in Zeiten der Krise. Sie hat rückwir- der COVID-19-Pandemie zur Verfügung. Davon kend zum 1. März 2020 die Voraussetzungen für sind u. a. rund 2,8 Mrd. € vorgesehen, um krisen- den Bezug von Kurzarbeitergeld abgesenkt und bedingte Einnahmeausfälle und höhere Kosten die Leistungen erweitert. So können Unterneh- bei Krankenhäusern und niedergelassenen Ärz- men nun Kurzarbeitergeld bereits beantragen, tinnen und Ärzten abzufedern. wenn mindestens 10 % der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen sind. Mit dem Kurzar- Die Bundesregierung mobilisiert zudem massive beitergeld können betroffene Unternehmen sich Finanzmittel, um Beschäftigte und ihre Arbeits- Lohnkosten und Sozialabgaben von der Bundes- plätze, Unternehmen und Selbstständige vor den agentur für Arbeit bezahlen lassen. Dies schließt wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie auch Leiharbeitnehmerinnen und Leiharbeit- zu schützen. Diese sollen die Krise möglichst gut nehmer ein. Betroffene Arbeitnehmerinnen und bewältigen, um anschließend einen Beitrag zur Arbeitnehmer erhalten grundsätzlich 60 % des wirtschaftlichen Erholung leisten zu können. Ziel ausgefallenen pauschalierten Nettoentgelts. Lebt ist es, das produktive Potential über die Krise hin- mindestens ein Kind mit im Haushalt, beträgt das aus zu erhalten. Kurzarbeitergeld 67 % des ausgefallenen pauscha- lierten Nettoentgelts. Zur Liquiditätsversorgung von Unternehmen, Selbständigen und Freiberuflern wurden die Kre- Zusätzlich sind für den erleichterten Zugang zur ditprogramme der staatlichen Förderbank Kre- Grundsicherung für Arbeitsuchende Mittel in ditanstalt für Wiederaufbau (KfW) deutlich aus- Höhe von 7,5 Mrd. € veranschlagt. Mit dem Sozi- gebaut. Für diese Programme stellt der Bund eine alschutz-Paket wird die soziale Absicherung ins- deutlich höhere Risikoübernahme bereit. Das besondere von Selbständigen verbessert. Die vor- Volumen der verschiedenen Kreditprogramme übergehend erleichterten Voraussetzungen gelten ist potentiell unbegrenzt. Hierfür wurde mit dem auch für die anderen Grundsicherungssysteme. Nachtragshaushalt der Garantierahmen im Bun- Die Bundesregierung greift auch Familien unter deshaushalt 2020 bereits deutlich erhöht. Zudem die Arme, indem sie Verdienstausfälle von Fami- gründet der Bund einen Wirtschaftsstabilisie- lien, die sich aus Kita- oder Schulschließungen rungsfonds, der insbesondere großen Unterneh- ergeben, weitgehend auffängt. Dies gilt auch für men großvolumige Hilfen gewähren kann, um Selbständige und Freiberufler. so die Realwirtschaft insgesamt zu stabilisieren. Der Fonds kann 100 Mrd. € für Kapitalmaßnah- Gleichzeitig verzeichnet die staatliche Einnahme- men und 400 Mrd. € für Bürgschaften einset- seite konjunkturelle Mindereinnahmen und trägt zen und mit bis zu 100 Mrd. € die oben genann- somit auch zur konjunkturellen Stabilisierung bei. ten KfW-Programme refinanzieren. Der Bund Zusätzlich sind steuerliche Maßnahmen vorgese- stellt zudem bis zu 50 Mrd. € an unbürokratischer hen. So erhalten Unternehmen jeder Größe steu- Soforthilfe für kleine Unternehmen, Solo-Selb- erliche Hilfen, um ihre Liquidität zu verbessern. ständige und Freiberufler bereit. Dabei werden ein- Finanzbehörden gewähren beispielsweise Stun- malig für drei Monate Zuschüsse gewährt. Gestaf- dungen von Steuerschulden und Anpassungen felt nach Beschäftigtenzahl sind Soforthilfen von von Steuervorauszahlungen. Vollstreckungsmaß- bis zu 15.000 € vorgesehen. Zudem wurde mit dem nahmen wegen Steuerschulden werden vorerst KfW-Schnellkredit, der eine Haftungsfreistellung ausgesetzt. von 100 % vorsieht, ein wichtiges Instrument zur 4
Einleitung: Entschlossenheit und Zusammenhalt in der Krise Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Die Bundesregierung wird auch weiterhin mit gan- vorläufigen Einschätzung zum Ende des Jahres zer Kraft das Erforderliche tun und falls notwen- 2020 ein Defizit von 7 ¼ Prozent des BIP aufweisen. dig in Abstimmung mit den Ländern, den euro- Die gesamtstaatliche Maastricht-Schuldenstands- päischen und internationalen Partnern weitere quote steigt auf Basis der gleichen vorläufigen Ein- Maßnahmen ergreifen, um der COVID-19-Pan- schätzung auf 75 ¼ Prozent des BIP zum Ende des demie und ihren wirtschaftlichen Folgen kon- Jahres 2020. Beide Projektionen sind mit hohen sequent entgegenzutreten. Die Bundesregierung Schätzunsicherheiten verbunden und repräsentie- sichert mit ihrer solidarischen und verantwor- ren den Planungsstand am 27. März 2020. tungsvollen Finanzpolitik die gesamtwirtschaft- liche Basis in Zeiten der Krise ab und stützt so die Konkrete, vor Ausbruch der COVID-19-Pandemie langfristige Handlungsfähigkeit des Staates. in Deutschland umgesetzte und geplante Maß- nahmen der Bundesregierung zur Bewältigung Der Kampf gegen die COVID-19-Pandemie und gesamtwirtschaftlicher Herausforderungen sind ihre wirtschaftlichen Folgen steht im Vorder- im Nationalen Reformprogramm (NRP) detailliert grund der deutschen Finanzpolitik. Dennoch wer- dargestellt, das am 1. April 2020 von der Bundesre- den auch die längerfristigen Ziele weiterverfolgt. gierung beschlossen wurde und bis Ende April der Die Finanzpolitik begegnet weiter nachdrück- Europäischen Kommission vorgelegt wird. lich den langfristigen Anforderungen des fort- schreitenden Klimawandels. So beabsichtigt der Bund, bis zum Jahr 2030 allein durch das Klima- schutzprogramm 2030 Mittel in dreistelliger Mil- liardenhöhe bereitzustellen. Zudem steigen die Investitionen im Bundeshaushalt im Jahr 2020 auf einen Rekordwert von 48,8 Mrd. €. Damit trägt der Bund dazu bei, dass im Jahr 2020 die gesamt- staatlichen Investitionen um 4,8 % auf ein neues Hoch von 89,6 Mrd. € anwachsen. Zudem setzt die Bundesregierung auf der staatlichen Ein- nahmenseite mit einer wachstumsfreundlichen und sozial gerechten Steuer- und Abgabenpolitik wichtige Impulse. So stärkt sie die soziale Gerech- tigkeit und investiert in den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Mit einer Reihe steuerlicher Maß- nahmen hilft die Bundesregierung insbesondere Familien und Menschen mit niedrigem und mitt- lerem Einkommen. Damit verbessert die Finanz- politik der Bundesregierung die Zukunftsfähig- keit und die Wachstumsgrundlagen der deutschen Volkswirtschaft und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Aufgrund der stark expansiven Finanzpolitik zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie und der erheblichen Wachstumseinbußen in diesem Jahr wird der gesamtstaatliche Finanzierungs- saldo den Projektionen zufolge auf Basis einer sehr 5
Gesamtwirtschaftliches Umfeld in Deutschland Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 2. Gesamtwirtschaftliches Umfeld in Deutschland 2.1 Gesamtwirtschaftliche Lage in Dabei expandierten die privaten Bauinvestitio- Deutschland im Jahr 2019 nen um 3,6 % und die Bauinvestitionen des Staates um 6,2 %. Dagegen schwächte sich die Dynamik Die deutsche Wirtschaft ist im Jahr 2019 das bei den Ausrüstungsinvestitionen angesichts der zehnte Jahr in Folge gewachsen. Jedoch hat sich die gedämpften Weltkonjunktur und der gebremsten wirtschaftliche Dynamik im letzten Jahr merklich Industrieproduktion merklich ab. Sie verzeichne- verlangsamt. Das preisbereinigte BIP ist gegen- ten eine Wachstumsrate von real 0,6 %. Insgesamt über dem Vorjahr lediglich um 0,6 % gestiegen. stieg die Inlandsnachfrage gegenüber dem Vorjahr Damit fiel das Wachstum merklich hinter das der um preisbereinigt 1,0 %. letzten Jahre zurück (BIP-Wachstum 2018: +1,5 %). Ausschlaggebend für die gebremste Dynamik war Der Arbeitsmarkt reagierte robust auf die insbesondere die anhaltende Schwäche der Indus- gebremste wirtschaftliche Dynamik und entwi- trie. Die abgeschwächte Weltkonjunktur und der ckelte sich weiterhin positiv. Die Erwerbstätig- verlangsamte globale Handel belasteten exporto- keit stieg weiter an und erreichte mit jahresdurch- rientierte Unternehmen und schlugen sich auch schnittlich 45,3 Millionen Personen den höchsten bei den Zulieferern und unternehmensnahen Stand seit der Wiedervereinigung. Jedoch hat sich Dienstleistungen nieder. Zudem bestehen Her- der Anstieg der Erwerbstätigkeit im Vergleich ausforderungen für die Industrie im Zuge struk- zu den Vorjahren, auch aufgrund des erreichten tureller Veränderungen in der Automobilbranche. hohen Beschäftigungsstands, merklich verlang- Wichtige Wachstumsimpulse kamen im Jahr 2019 samt. Wie bereits in den Jahren zuvor wurde der dagegen aus der Binnenwirtschaft, gestützt von Beschäftigungsaufbau hauptsächlich vom Anstieg der guten Entwicklung am Arbeitsmarkt und den sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungs- fiskalischen Impulsen. Das Wirtschaftswachstum verhältnisse getrieben. Dabei zeigten sich kräf- im Jahr 2019 lag deutlich unterhalb des Zuwachses tige Zuwächse im Dienstleistungsbereich, insbe- des gesamtwirtschaftlichen Produktionspotenzi- sondere bei den qualifizierten Dienstleistungen als von 1,4 %. und im Gesundheitswesen. Die Arbeitslosigkeit ist im Jahr 2019 auf rund 2,27 Millionen Personen Die gesamtwirtschaftliche Aufwärtsbewegung gesunken. Die jahresdurchschnittliche Arbeits- wurde insbesondere von binnenwirtschaftli- losenquote lag bei 5,0 % und damit um 0,2 Pro- chen Kräften getragen. Der anhaltende Beschäf- zentpunkte unterhalb der Quote des Vorjahres. tigungsaufbau sowie steigende Löhne und Gehäl- Die Nachfrage nach neuen Arbeitskräften ver- ter trugen zu einem stabilen Konsumklima bei. blieb insgesamt auf einem hohen Niveau, wenn- Der private Konsum stieg preisbereinigt um 1,6 % gleich sie sich leicht abschwächte. Engpässe beste- gegenüber dem Vorjahr an. Die Konsumausga- hen weiterhin beim Arbeitskräfteangebot. Diese ben des Staates entwickelten sich ebenfalls dyna- zeigen sich insbesondere in technischen Berufs- misch und expandierten mit real 2,6 % deutlich feldern, Bauberufen sowie Gesundheits- und stärker als im Vorjahr. Auch die Investitionen in Pflegeberufen. Bauten stiegen kräftiger als im Vorjahr und leg- ten insgesamt in realer Rechnung um 3,9 % zu. 6
Gesamtwirtschaftliches Umfeld in Deutschland Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Der robusten Binnenwirtschaft stand im Jahr gering, es gab starke Tariflohnsteigerungen, die 2019 die verlangsamte Entwicklung der exporto- Unternehmen haben in der Vergangenheit ihre rientierten Industrie gegenüber. Unsicherheiten Eigenkapitalbasis gestärkt. Die öffentlichen Haus- im außenwirtschaftlichen Umfeld (Handelskon- halte haben mit deutlichen Überschüssen hohe flikte, Ausgestaltung der zukünftigen Beziehun- Reserven aufgebaut. Das alles schafft eine gute gen zum Vereinigten Königreich) sowie globale Grundlage dafür, auch die aktuellen Herausforde- Risiken trübten die Stimmung der Unterneh- rungen zu meistern. men im Verarbeitenden Gewerbe. Die verhal- tene Industriekonjunktur schlug sich in einer Mit der Ausbreitung des neuartigen Coronavi- gebremsten Exportentwicklung nieder. Insgesamt rus in weiten Teilen der Welt haben viele Län- fiel der Anstieg der preisbereinigten Exporte im der Maßnahmen zur Eindämmung der Pande- Jahr 2019 mit 0,9 % deutlich schwächer aus als im mie beschlossen. Sie zielen auf eine Verringerung Vorjahr. Auch die Dynamik der Importe verlang- des sozialen Kontakts im öffentlichen Bereich ab. samte sich, wenngleich sie mit einem Anstieg von Durch die Maßnahmen wird die Aktivität in vie- preisbereinigt 1,9 % deutlich stärker expandier- len Wirtschaftsbereichen stark eingeschränkt. ten als die Exporte. Damit verringerte der Außen- beitrag rein rechnerisch das BIP-Wachstum um Angesichts der dynamischen Entwicklungen und 0,4 Prozentpunkte. einer bisher noch sehr unzureichenden Daten- lage ist es derzeit kaum möglich, die wirtschaft- Die Verbraucherpreise in Deutschland stiegen lichen Auswirklungen der Pandemie abzuschät- im Jahresdurchschnitt 2019 um 1,4 % gegenüber zen. Daher enthalten die Tabellen im Anhang die dem Vorjahr. Grund für die moderate Entwick- Projektionswerte der Jahresprojektion von Ende lung war der im Jahr 2019 mit 1,3 % im Vergleich Januar 2020. Zur Ermittlung der gesamtwirt- zum Vorjahr verhaltene Anstieg der Energiepreise schaftlichen Grundlage für den Nachtragshaus- (2018: 4,6 %). Die Kerninflation, also die Preisent- halt wurde lediglich die erwartete wirtschaftliche wicklung ohne Berücksichtigung von Nahrungs- Entwicklung aktualisiert. Es wurde dafür keine mittel- und Energiepreisen, lag im Jahresdurch- Projektion erstellt, sondern mangels Daten eine schnitt bei 1,4 %. Entwicklung für das Jahr 2020 in Anlehnung an die Erfahrung aus der Wirtschafts- und Finanz- krise im Jahr 2009 unterstellt. Annahmen für 2.2 Kurz- und das Jahr 2021 wurden aufgrund der hohen Unsi- mittelfristige Perspektiven cherheit über Intensität und Dauer der negativen der Gesamtwirtschaft gesamtwirtschaftlichen Effekte aber noch nicht geändert. 2020 bis 2024 Deutschland blickt auf ein volles Jahrzehnt kon- Ende April 2020 wird die Bundesregierung in ihrer tinuierlichen Wirtschaftswachstums zurück. Die Frühjahrsprojektion auf Basis der bis dahin ver- Entwicklung am Arbeitsmarkt und auch die Ent- fügbaren Informationen ihre Einschätzung zur wicklung des BIP waren insgesamt positiv; aus wirtschaftlichen Entwicklung für das laufende der Binnenwirtschaft kamen Impulse. Der glo- und das kommende Jahr veröffentlichen. bale Ausbruch der COVID-19-Pandemie dürfte allerdings massive Wachstumseinbußen der deut- schen Wirtschaft zur Folge haben. Die deutsche Wirtschaft ruht auf einem star- ken Fundament. Die Arbeitslosigkeit war zuletzt 7
Gesamtwirtschaftliches Umfeld in Deutschland Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Abbildung 1: Arbeitsmarktentwicklung in Deutschland Tsd. Personen Tsd. Personen 6.000 46.000 5.500 45.000 44.000 5.000 43.000 4.500 42.000 4.000 41.000 3.500 40.000 39.000 3.000 38.000 2.500 37.000 2.000 36.000 Arbeitslose, saisonbereinigt (linke Achse) Erwerbstätige, saisonbereinigt (rechte Achse) Quellen: Bundesagentur für Arbeit, Statistisches Bundesamt, Februar 2020 Abbildung 2: Bruttoinlandsprodukt, preisbereinigt 5 130 4 125 3 120 2 115 1 Index 2015=100 0 110 Prozent -1 105 -2 100 -3 95 -4 90 -5 -6 85 -7 80 Veränderung gegenüber Vorjahr in Prozent Bruttoinlandsprodukt Kettenindex Quelle: 2000-2019: Statistisches Bundesamt, Januar 2020 8
Deutsche Finanzpolitik im europäischen Kontext Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 3. Deutsche Finanzpolitik im europäischen Kontext 3.1 Vorgaben des Stabilitäts- und Wachstumspakts und des Fiskalvertrags und der Umsetzung in Deutschland Der SWP verpflichtet die Mitgliedstaaten, den Maßnahmen zur Abfederung der Corona-Krise gesamtstaatlichen Haushalt mittelfristig nahezu ergreifen zu können. Entschlossenes Handeln sei auszugleichen und sich hierzu verbindliche Ziele notwendig, um sicherzustellen, dass der Schock so zu setzen. Zudem gibt der Pakt Obergrenzen für kurz und so begrenzt wie möglich bleibe und kei- Haushaltsdefizit und Schuldenstand vor. Die Ein- nen dauerhaften Schaden für die Volkswirtschaf- haltung dieser Ziele und Grenzmarken sichert die ten und damit für die mittelfristige Tragfähigkeit finanzielle Handlungsfähigkeit eines jeden ein- der öffentlichen Finanzen verursache. Der ECO- zelnen Mitgliedstaats der Wirtschafts- und Wäh- FIN-Rat bekannte sich weiterhin uneingeschränkt rungsunion. Die Europäische Kommission kün- zur Einhaltung des SWP. digte am 13. März 2020 in der Mitteilung „Die koordinierte wirtschaftliche Reaktion auf die Deutschland hat die Vorgaben des SWP im Jahr COVID-19-Pandemie“ an, die vorgesehene Flexi- 2019 erneut vollständig erfüllt. Die Obergrenze bilität des EU-Fiskalrahmens voll ausschöpfen zu eines nominalen Haushaltsdefizits von 3 % in wollen. Am 20. März 2020 erklärte die Europäi- Relation zum BIP wurde mit deutlichem Abstand sche Kommission in einer weiteren „Mitteilung unterschritten. So lag der tatsächliche Finan- über die Aktivierung der allgemeinen Ausweich- zierungssaldo des gesamtstaatlichen Haushalts klausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts“, (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversiche- dass angesichts des erwarteten schweren Kon- rungen einschließlich ihrer Extrahaushalte) im junkturabschwungs die Voraussetzungen für die Jahr 2019 bei +1,4 % des BIP. Im Jahr 2019 hat der Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel Gesamtstaat auch einen strukturellen Überschuss eingetreten seien. Sie erklärte zudem, dass durch in Höhe von 1,3 % des BIP erzielt, wie Abbildung 3 die allgemeine Ausweichklausel die Verfahren zeigt. des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht aus- gesetzt würden. Der ECOFIN-Rat stimmte am 23. März 2020 der Europäischen Kommission zu, dass die Bedingungen für die Anwendung der all- gemeinen Ausweichklausel des haushaltspoliti- schen Rahmens der EU – ein schwerer Konjunk- turabschwung im Euro-Währungsgebiet oder in der Union insgesamt – erfüllt seien. Die Mitglied- staaten seien mit der Aktivierung in der Lage, vor- übergehend von den haushaltspolitischen Anfor- derungen im europäischen fiskalpolitischen Rahmen abzuweichen und so die notwendigen 9
Deutsche Finanzpolitik im europäischen Kontext Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Abbildung 3: Struktureller und tatsächlicher Finanzierungssaldo im Vergleich (in % des BIP) 3 1,9 2 1,5 1,2 1,2 0,6 0,9 1 0,3 0,0 1,4 1,3 0,0 1,2 1,2 1,0 0,7 1,0 0 -1 -0,1 0,2 -0,6 -0,5 -1,6 -0,9 -2 -1,7 -1,2 -1,7 -1,8 -1,7 -3 -2,6 -2,5 -2,9 -2,6 -2,3 -3,2 -3,1 -2,5-3,1 -2,5 -3,2 -4 -2,9 -2,9-3,6 -2,6 -3,0 -3,9 -3,7 -3,3-3,3 -0,5 -3,0 -3,7 -3,8 -2,6 -2,3-2,1 -4,4 -5 -4,2 -2,1 Maastricht-Finanzierungssaldo -6 -5,1 Maastricht-Referenzwert (Obergrenze für Maastricht-Defizit) -7 Mittelfristiges Haushaltsziel (MTO)* Struktureller Finanzierungssaldo** * -7 1/4** -8 20 20 * Mittelfristiges Haushaltsziel gem. § 51 Abs. 2 HGrG (MTO) = Obergrenze für strukturelles Defizit. ** Die Projektion für 2020 ist mit hohen Schätzunsicherheiten verbunden und gibt den Planungsstand vom 27. März 2020 wieder (vgl. Projektionsabschnitt 4.2). *** Aufgrund unvollständiger konjunktureller Basis kann für 2020 kein struktureller Saldo berechnet werden. Quellen: Datenbasis bis 2019: Statistisches Bundesamt, Februar 2020; 2020: Projektion Bundesministerium der Finanzen, April 2020 Die Überschüsse im Staatshaushalt haben in den vergangenen Jahren neben dem anhalten- den BIP-Wachstum zur Rückführung der Schul- denstandsquote maßgeblich beigetragen. Diese befand sich auf einem anhaltenden Abwärtspfad. Im Jahr 2019 sank die Schuldenstandsquote um 2,1 Prozentpunkte auf 59,8 % des BIP. 10
Deutsche Finanzpolitik im europäischen Kontext Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 3.2 Finanzpolitische Ausgangs- lage und strategische Ausrichtung Entsprechend den Ergebnissen der Beratungen der Eurogruppe am 04.03.2020 und am 16.03.2020 haben sich die EU-Mitgliedstaaten auf folgendes nationales Vorgehen verständigt: „Alle nationalen Regierungen werden dafür sorgen, dass die automatischen Stabilisatoren ihre Wir- kung entfalten können, und darüber hinaus sämtliche erforderlichen Maßnahmen ergreifen, um den wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 entgegenzuwirken und sicherzustellen, dass diese unsere wirtschaftlichen und sozialen Errungenschaften nicht gefährden. Sofern die weitere Entwicklung im jeweiligen Land dies erfordert, werden die Regierungen z. B. folgende temporäre Maßnahmen ergreifen: • sofortige Bereitstellung von Haushaltsmitteln zur Eindämmung und Behandlung der Krankheit; angemessene finanzielle Ausstattung von Gesundheitswesen und Bevölkerungsschutz • Liquiditätshilfen für Unternehmen, die enorme Einbrüche und Liquiditätsengpässe zu verzeichnen haben, insbesondere KMU und Unternehmen in schwerbetroffenen Branchen und Regionen, u. a. Ver- kehr und Tourismus – dazu können steuerliche Maßnahmen, staatliche Bürgschaften zur vereinfach- ten Kreditaufnahme durch Unternehmen, Exportgarantien sowie der Verzicht auf Verzugsstrafen bei öffentlichen Beschaffungsaufträgen zählen • Hilfen für betroffene Erwerbstätige zur Verhinderung von Arbeitsplatz- und Einkommensverlusten, u. a. Kurzarbeitergeld, Verlängerung von Kranken- und Arbeitslosengeld sowie Einkommensteuer- stundungen.“ Die Bundesregierung folgt diesem Beschluss und Überwindung der akuten Krise zu stützen. Sie wirkt auch mit ihrer Finanzpolitik der Corona- ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um der Krise entgegen. Sie hat, um die Gesundheit der COVID-19-Pandemie zu begegnen und ihre wirt- Bürgerinnen und Bürger zu schützen, Arbeits- schaftlichen Folgen einzudämmen. plätze und Unternehmen zu stützen sowie den sozialen Zusammenhalt zu bewahren, ein Maß- Mit einem Nachtrag zum Bundeshaushalt 2020 nahmenpaket von historischem Ausmaß auf den wurde der Bund ermächtigt, neue Kredite von bis Weg gebracht. zu rund 156 Mrd. € aufzunehmen. Hierfür hat der Bundestag entsprechend der Ausnahmeregelung Die COVID-19-Pandemie dürfte erhebliche für außergewöhnliche Notsituationen im Grund- Wachstumseinbußen der deutschen Wirtschaft gesetz (Artikel 115 Abs. 2 GG) beschlossen, dass der zur Folge haben. Die deutsche Wirtschaft hat einen Bund in diesem Jahr die für ihn ansonsten bin- langjährigen Aufschwung hinter sich, gleichzeitig dende Kreditobergrenze in Höhe von 0,35 % des hat die solide Finanzpolitik der letzten Jahre die BIP überschreiten darf (siehe Abbildung 4). Die Krisenfestigkeit der deutschen Staatsfinanzen ste- automatischen Stabilisatoren können so unbe- tig erhöht. schränkt wirken. Durch das Hilfspaket werden Maßnahmen zur Gesundheitsversorgung in Kri- Daher ist die Bundesregierung in der Lage, die senzeiten, aber auch zum Schutz von Beschäftig- Menschen und die Wirtschaft sowohl im Zuge ten, Unternehmen und Selbstständigen finanziert. der kurzfristigen Krisenreaktion als auch nach 11
Deutsche Finanzpolitik im europäischen Kontext Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Ziel ist es, das produktive Potential der deutschen Die Finanzpolitik der Bundesregierung flankiert Volkswirtschaft über die Krise hinaus zu erhalten. den nachhaltigen, ökologischen Wandel in Wirt- schaft und Gesellschaft. Sie trägt dazu bei, die nati- Die Bundesregierung stärkt zudem mit dem Sozi- onalen und internationalen Klimaschutzziele zu alschutz-Paket die soziale Absicherung in Zeiten erreichen und dabei die wirtschaftliche Leistungs- der Krise. Dafür hat sie erleichterten Zugang zu fähigkeit und den sozialen Zusammenhalt zu wah- den Grundsicherungssystemen und zum Wohn- ren und zu fördern. Dafür stellt der Bund bis zum geld geschaffen. Auch wurde der Zugang zum Kin- Jahr 2030 allein durch das Klimaschutzprogramm derzuschlag erleichtert. Darüber hinaus wurden 2030 Mittel in dreistelliger Milliardenhöhe bereit. Maßnahmen zum Schutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie Mieterinnen und Mie- Es ist erklärtes Ziel der Bundesregierung, in Zei- tern beschlossen, die in finanzielle Schwierigkei- ten tiefgreifenden strukturellen Wandels die sozi- ten kommen. Die Bundesregierung hat auch dafür ale Gerechtigkeit zu sichern und zu stärken. Daher gesorgt, dass mögliche Lohnausfälle aufgrund von wird die staatliche Förderung von Weiterbildungs- fehlender Kinderbetreuung zu 67 % ausgeglichen möglichkeiten weiter ausgebaut. Die Mittel für werden. Die Bundesregierung wird auch weiterhin die Eingliederung von Langzeitarbeitslosen wer- mit ganzer Kraft das Erforderliche tun und – falls den erhöht sowie Leistungen bei der Rente u. a. notwendig – in Abstimmung mit den Ländern, durch die Grundrente verbessert. Darüber hinaus den europäischen und internationalen Partnern stärkt die Bundesregierung in dieser Legislatur- weitere Maßnahmen ergreifen, um negativen Ent- periode mit steuerlichen Maßnahmen im Umfang wicklungen konsequent entgegenzutreten. von deutlich über 25 Mrd. € in voller Jahreswir- kung vor allem die verfügbaren Einkommen von Zugleich verbessert die Finanzpolitik der Bundes- Familien und Einkommensbeziehern im unteren regierung die Zukunftsfähigkeit und die Wachs- und mittleren Bereich. Hierunter fallen steuerli- tumsgrundlagen der deutschen Volkswirtschaft che Maßnahmen wie beispielsweise der Abbau des und stärkt den gesellschaftlichen Zusammenhalt, Solidaritätszuschlags für weit über 90 % der bis- insbesondere durch eine Erhöhung der öffentli- lang davon betroffenen Lohn- und Einkommen- chen Investitionen in den Bereichen Infrastruk- steuerzahlerinnen und -zahler sowie Erhöhungen tur, bezahlbarer Wohnraum, Bildung und For- beim Kindergeld, dem Kinderfreibetrag und dem schung sowie Klimaschutz. Die Bundesregierung Grundfreibetrag. leistet mit höheren Investitionsausgaben des Bun- des einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung Die Bundesregierung sichert mit ihrer solidari- dieser Zukunftsaufgaben und fördert so Inno- schen und verantwortungsvollen Finanzpolitik vationen, nachhaltiges Wachstum und den gesell- die gesamtwirtschaftliche Basis in Zeiten der Krise schaftlichen Zusammenhalt. Die Investitionen im ab und stützt so auch die langfristige Handlungs- Bundeshaushalt steigen im Jahr 2020 auf einen fähigkeit des Staates. Darüber hinaus stärkt sie u. a. Rekordwert von 48,8 Mrd. €. Damit trägt der Bund durch ihren Beitrag zur Verstetigung öffentlicher dazu bei, dass im Jahr 2020 die gesamtstaatlichen Investitionen die Zukunftsfähigkeit Deutschlands Investitionen um 4,8 % auf ein neues Hoch von und wirkt auch so darauf hin, dass künftige Gene- 89,6 Mrd. € anwachsen. rationen neben einer prosperierenden Wirtschaft auch ein funktionierendes Gemeinwesen vorfin- Große Teile des Investitionsbedarfs betreffen ori- den. Es gilt weiterhin, die Sozialsysteme zukunfts- ginäre Aufgaben der Länder und Kommunen. fest zu halten. Der Bund wird Länder und Kommunen auch in Zukunft umfangreich bei ihrer Investitionstätig- keit unterstützen. 12
Deutsche Finanzpolitik im europäischen Kontext Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Abbildung 4: Entwicklung der strukturellen Nettokreditaufnahme des Bundes (in % des BIP) 3,5 2010 festgelegter Abbaupfad für die strukturelle Neuverschuldung 3,33 Maximal zulässige strukturelle Nettokreditaufnahme (0,35 % 3,0 des BIP ab 2016) Strukturelle Nettokreditaufnahme: Ist 2011 bis 2019, 2,5 Nachtrag 2020, negative Werte stellen Überschüsse dar 1,90 2,0 1,59 1,5 1,28 0,97 1,0 0,85 0,66 0,5 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,35 0,34 0,0 0,14 0,09 -0,03 -0,15 -0,11 -0,5 -0,27 -0,21 Hierbei werden die für die Berechnung der strukturellen Nettokreditaufnahme des Bundes relevanten Finanzierungssalden der Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ (ab 2011), „Aufbauhilfefonds“ (ab 2013), „Kommunalinvestitionsförderungsfonds“ (ab 2015), „Digitale Infrastruktur“ (ab 2018) und „Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter“ (ab 2020) berücksichtigt. Quelle: Bundesministerium der Finanzen 13
Projektion der Entwicklung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und Schuldenstands Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 4. Projektion der Entwicklung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und Schuldenstands volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen blieb Mittelfristiges Haushaltsziel mit 24,2 % unverändert im Vergleich zum Vorjahr. Das mittelfristige Haushaltsziel in Deutschland ist Auch der strukturelle Finanzierungssaldo war im eine Obergrenze für das strukturelle gesamtstaat- Jahr 2019 mit 1,3 % des BIP weiterhin im Über- liche Finanzierungsdefizit von 0,5 % in Relation schuss. Zur Ermittlung des strukturellen Finan- zum BIP. zierungssaldos wird der nominale Finanzie- rungssaldo um konjunkturelle Einflussfaktoren und Einmaleffekte gemäß der EU-einheitlichen 4.1 Rückblick auf das Jahr 2019 Methodik bereinigt. Gesamtstaatlicher Schuldenstand unter 60 % des BIP Finanzierungsüberschuss im Jahr 2019 Die Schuldenstandsquote lag zum Ende des Jah- res 2019 bei 59,8 % des BIP. Damit wurde der bei 1,4 % des BIP Maastricht-Referenzwert von 60 % erstmals seit Mit 1,4 % des BIP verzeichnete der Staat im Jahr dem Jahr 2002 wieder unterschritten. Infolge der 2019 – und damit das achte Jahr in Folge – einen Finanzkrise war die Quote bis auf 82,4 % des BIP Überschuss. Dieser fiel jedoch geringer aus als im Jahr 2010 gestiegen. Seit dem Jahr 2013 konnte im Vorjahr (2018: +1,9 % des BIP). Dazu beigetra- die Quote kontinuierlich reduziert werden. Die gen hat sowohl die Dynamik der Ausgaben als gesunkene Schuldenstandsquote verbessert die auch der Einnahmen. Die Ausgaben stiegen mit Voraussetzung, um auf die aktuellen Herausforde- 4,6 % deutlich stärker als im Vorjahr, insbesondere rungen durch die Pandemie entschieden reagieren infolge eines spürbaren Anstiegs der Sozialausga- zu können, ohne die Stabilität des Staatshaushalts ben um 4,9 %. Auch der weiterhin starke Anstieg nachhaltig zu gefährden. der Bruttoinvestitionen (+8,8 %) trug zur Dynamik der Ausgabenentwicklung bei. Die Einnahmen stiegen mit 3,6 % deutlich geringer als im Vor- jahr, insbesondere aufgrund eines deutlich gerin- geren Zuwachses der Steuereinnahmen. Während die Staatsquote deutlich auf 45,4 % (2018: 44,6 %) anwuchs, stieg die Einnahmequote, die neben den Steuereinnahmen und Einnahmen aus Sozi- albeiträgen noch sonstige Einnahmen des Staates wie Gebühren oder Einnahmen aus wirtschaft- licher Tätigkeit enthält, nur leicht auf 46,8 % an (2018: 46,4 %). Die Steuerquote in Abgrenzung der 14
Projektion der Entwicklung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und Schuldenstands Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 4.2 Ausblick auf das Jahr 2020 und Auswirkungen fiskalischer die mittelfristige Entwicklung Maßnahmen im Jahr 2020 in Reaktion auf die Grundlage der Projektion im Stabilitätsprogramm COVID-19-Pandemie im April eines Jahres ist üblicherweise insbeson- dere der vom Bundestag im Vorjahr verabschie- Angesichts der COVID-19-Pandemie hat das dete Bundeshaushalt für das laufende Jahr sowie Bundeskabinett am 23. März 2020 den Entwurf der Beschluss der Bundesregierung zu den Eckwer- eines Nachtragshaushalts für das laufende Jahr ten für den Bundeshaushalt des kommenden Jah- beschlossen. Nach Verabschiedung durch den res und der mittelfristigen Finanzplanung für die Bundestag am 25. März 2020 ist der Nachtrags- weiteren drei Jahre. Der Eckwertebeschluss basiert haushalt rückwirkend zum 1. Januar 2020 in Kraft auf der Jahresprojektion der Bundesregierung zur getreten. Der Nachtragshaushalt sieht eine Netto- gesamtwirtschaftlichen Entwicklung vom Januar kreditaufnahme von 156,0 Mrd. € vor1. Der Nach- des gleichen Jahres sowie den daraufhin aktuali- tragshaushalt basiert auf einer – gegenüber der sierten Ergebnissen der Steuerschätzungen. Jahresprojektion 2020 der Bundesregierung von Januar – aktualisierten Erwartung der wirtschaft- Die aktuellen Eckwerte zum Bundeshaushalt 2021 lichen Entwicklung in Anlehnung an die Erfah- und zur mittelfristigen Finanzplanung bis zum rung aus der Wirtschafts- und Finanzkrise im Jahr Jahr 2024 wurden am 18. März 2020 von der Bun- 2009. Auf dieser Basis wurden die zu erwartenden desregierung beschlossen. In den Eckwerten waren Steuermindereinnahmen für Bund, Länder und negative Effekte im Zuge der COVID-19-Pande- Gemeinden ermittelt. mie jedoch nicht enthalten, da eine Quantifizie- rung der Effekte zu diesem Zeitpunkt noch nicht Zusätzlich zum Nachtragshaushalt hat der Deut- möglich war. In der zugrundeliegenden Jahres- sche Bundestag ein Gesetz zur Errichtung eines projektion vom Januar erwartete die Bundesregie- Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) verab- rung für das laufende Jahr ein Wirtschaftswachs- schiedet. Darüber hinaus sind weitere Regelungen tum von real 1,1 % und nominal 2,9 %. Auf dieser in Reaktion auf die COVID 19-Pandemie in Kraft Basis hätte sich auch für das laufende Jahr 2020 ein getreten, um die soziale Sicherung auszuweiten gesamtstaatlicher Finanzierungsüberschuss erge- und das Gesundheitssystem zu stärken. ben. Dieser wäre jedoch deutlich geringer ausge- fallen als im Jahr 2019. In den weiteren Jahren des Die Effekte dieser in Kapitel 1 ausführlich erläu- Finanzplanungszeitraums wäre der Staatshaus- terten Maßnahmen zur Bekämpfung der halt annähernd ausgeglichen, die Schuldenstands- COVID-19-Pandemie auf die Staatsfinanzen sind quote wäre bis zum Jahr 2024 auf rund 51 ½ % des in Tabelle 1 und Tabelle 2 dargestellt. Dabei sind BIP gesunken. – neben den Maßnahmen des Bundes – auch Maß- nahmen der anderen staatlichen Ebenen aufge- Durch den weitreichenden finanzpolitischen führt. Die Angaben für den Bund und die Sozi- Handlungsbedarf aufgrund der COVID-19-Pande- alversicherungen entsprechen dem Stand des mie ist der Eckwertebeschluss vom 18. März 2020 Nachtragshaushalts. Die Angaben für die Länder allerdings zu wesentlichen Teilen hinfällig gewor- und Gemeinden basieren auf zum gleichen Zeit- den. Die Auswirkungen der Pandemie sowie ihre punkt erhobenen Planungen und Entwürfen. Bekämpfung haben die Aufstellung und Ver- abschiedung eines Nachtragshaushaltes für das Jahr 2020 erforderlich gemacht. Vor diesem Hin- tergrund fokussiert sich die im Folgenden darge- 1 Der am 21. Dezember 2019 vom Bundestag verabschiedete stellte Projektion auf das Jahr 2020. Haushalt für das Jahr 2020 sah keine Nettokreditaufnahme vor. 15
Projektion der Entwicklung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und Schuldenstands Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Tabelle 1: Diskretionäre Maßnahmen in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie Effekt in % des BIP auf den Volumen, ESVG- Status der gesamtstaatlichen1 Maßnahme in Mrd. € Code Maßnahme Finanzie- Schuldenstand rungssaldo Bundeshaushalt 155,8 -4,6 4,7 Zusätzliche Ausgaben gemäß 122,3 -3,6 3,7 Nachtragshaushalt, davon: Corona-Soforthilfen für kleine 50 D.39 -1,5 1,5 Unternehmen und Soloselbständige In Kraft Sonstige Hilfen 55 D.39/ D.7 getreten -1,7 1,7 Arbeitslosengeld II, Kosten für rückwirkend 7,5 D.62 zum 01.01. -0,2 0,2 Unterkunft und Heizung Entschädigung aus inlands- 1,6 D.9 -0,0 0,0 bezogenen Gewährleistungen Entschädigungen aus auslands- 4,3 F.4 - 0,1 bezogenen Gewährleistungen P.2, P.5, Sonstiges 3,9 -0,1 0,1 D.62, D.7 In Kraft Steuerliche Maßnahmen und sonstige 33,5 D.2, D.5 getreten -1,0 1,0 steuerliche Mindereinnahmen2 am 19.03. Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) 200 - 6,0 Erwerb von Kapitalinstrumenten und In Kraft 100 F.3, F.53 getreten - 3,0 Beteiligungen am 28.03. Refinanzierung des Durchleitungs- 100 F.4 - 3,0 geschäfts der KfW4 Länder 65,2 -1,6 2,0 Haushalterische Maßnahmen, Soforthilfen, Liquiditätshilfen, 31,1 -0,6 0,9 Beteiligungen, Kredite, davon: Laufende Zuweisungen und 18,0 D.7 n. v. -0,5 0,5 Zuschüsse Darlehen und Beteiligungen 12,7 F.4, F.5 - 0,4 D.1, P.2, Sonstiges 0,4 -0,0 0,0 P.5, D.9 In Kraft Steuerliche Maßnahmen und sonstige 34,1 D.2, D.5 getreten -1,0 1,0 steuerliche Mindereinnahmen2 am 19.03. 16
Projektion der Entwicklung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und Schuldenstands Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Noch Tabelle 1: Diskretionäre Maßnahmen in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie Effekt in % des BIP auf den Volumen, ESVG- Status der gesamtstaatlichen1 Maßnahme in Mrd. € Code Maßnahme Finanzie- Schuldenstand rungssaldo Gemeinden 17,0 -0,5 0,5 In Kraft Kosten für Unterkunft und Heizung 2,1 D.62 getreten -0,1 0,1 am 28.03. In Kraft Steuerliche Maßnahmen und sonstige 14,9 D.2, D.5 getreten -0,5 0,5 steuerliche Mindereinnahmen2 am 19.03. Sozialversicherung5 15,3 -0,5 - Kurzarbeitergeld 4,1 D.62 In Kraft -0,1 - getreten rückwirkend Erstattung SV-Beiträge 6,0 D.39 -0,2 - zum 01. 03. Zusätzliche Belastungen im Rahmen D.1, D.61, In Kraft der Gesetzlichen Krankenversicherung 5,2 D.63, D.7, getreten -0,2 - und der Pflegeversicherung P.2 am 28.03. Summe 453,3 -7,2 13,2 Stand: 27. März 2020. Differenzen durch Rundungen. 1 Referenzpunkt ist die dem Nachtragshaushalt 2020 zugrundeliegende Annahme für das nominale BIP im Jahr 2020. 2 Positive Werte entsprechen Mindereinnahmen. Die dargestellten Steuermindereinnahmen stellen einen ersten Zwischenstand dar, der zur Verabschiedung des Nachtragshaushaltes berücksichtigt werden konnte. Diese Mindereinnahmen sind zum Teil auf konkrete steuerliche Maßnahmen zurückzuführen: Das Bundesministerium der Finanzen hat im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Regelungen erlassen, die für die von den Folgen der Corona-Krise betroffenen Steuerpflichtigen steuerliche Erleichterungen vorsehen. 3 § 14 Absatz 3, Ziffer 3 des Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetzes sieht vor, dass der Mindestwert bei Übernahme- angeboten des WSF dem gewichteten durchschnittlichen inländischen Börsenkurs während der letzten zwei Wochen vor Bekanntgabe oder Bekanntwerden der Absicht eines Übernahmeangebots entspricht. Insofern ist im Grundsatz von einer finanziellen Transaktion auszugehen. Abweichungen können sich im Wege von Einzelfallprüfungen ergeben. 4 Die Darlehen dienen der Refinanzierung der von der Bundesregierung als Reaktion auf die Corona-Krise zugewiesenen Sonderprogramme der Kreditanstalt für Wiederaufbau. 5 Zusätzlich sind in der Projektion konjunkturbedingte Mindereinnahmen und Mehrausgaben berücksichtigt. Die Defizite bei den Sozialversicherungen werden durch Rücklagen ausgeglichen, somit ergibt sich kein Effekt auf den Schuldenstand. 17
Projektion der Entwicklung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und Schuldenstands Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Tabelle 2: Garantien in Reaktion auf die COVID-19-Pandemie1 Maximale Höhe Status der Maßnahme Maßnahme Mrd. € % des BIP Bund: Anhebung Gewährleistungsrahmen, 356,5 10,8 davon: Binnengewährleistungen inklusive KfW-Sonderprogramm (93 Mrd. €), In Kraft getreten Bürgschaftsbanken, Großbürgschaften, 300,0 9,1 rückwirkend Landwirtschaft, ERP-Beteiligungsprogramm zum 01.01. etc.2 Übrige Gewährleistungstatbestände 56,5 1,7 Wirtschaftsstabilisierungsfonds: In Kraft getreten Garantieabsicherung von Unternehmens- 400 12,2 am 28.03. finanzierung Länder: Anhebung Gewährleistungsrahmen 63,2 1,9 n. v. Summe 819,7 24,9 Stand: 27. März 2020. 1 Die Übernahme der Garantien ist nicht haushaltswirksam; erst die Inanspruchnahme von Garantien würde haushaltswirksam. 2 Ein Teil der Garantien betrifft Darlehen, die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) begeben werden. Entwicklung der Staatsfinanzen im Ausblick auf das Jahr 2021 und die Jahr 2020 unter Berücksichtigung mittelfristige Entwicklung der fiskalischen Effekte infolge der Die fiskalischen Auswirkungen der COVID-19- COVID-19-Pandemie Pandemie für das Jahr 2021 und die mittelfristige Unter Berücksichtigung der fiskalischen Effekte Entwicklung sind noch nicht absehbar. Die Bun- infolge der COVID 19-Pandemie wird der Staats- desregierung wird am 29. April 2020 eine Früh- haushalt im laufenden Jahr ein deutliches Defi- jahrsprojektion vorlegen. Am 14. Mai 2020 werden zit aufweisen. Auf Basis der bisher beschlossenen, die Ergebnisse des Arbeitskreises „Steuerschät- in Tabelle 1 dargestellten Maßnahmen und der zungen“ veröffentlicht, die erstmals die Auswir- geschätzten weiteren Effekte ist ein Defizit von kungen der Krise berücksichtigen. Zusätzlich 7 ¼ % des BIP zu erwarten (siehe Abbildung 3). Die zu den hier berichteten Maßnahmen prüft die Schuldenstandsquote wird auf rund 75 ¼ % des Bundesregierung weitere konjunkturstützende BIP ansteigen. Die Projektion ist aktuell mit sehr Maßnahmen. hohen Unsicherheiten behaftet. 18
Projektion der Entwicklung des gesamtstaatlichen Finanzierungssaldos und Schuldenstands Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Die Bundesregierung wird den Entwurf für den Haushalt 2021 voraussichtlich in der zweiten Sep- temberhälfte beschließen2. Hierfür wird die Bun- desregierung voraussichtlich im Sommer eine zusätzliche gesamtwirtschaftliche Projektion erstellen und die Erwartung der Steuereinnah- men aktualisieren. Die absehbaren Auswirkun- gen der COVID-19-Pandemie für das Jahr 2021 können dann in der deutschen Haushaltsplanung 2021 dargestellt werden. 2 Ursprünglich war der Kabinettbeschluss für den 17. Juni 2020 geplant. 19
Anhang Deutsches Stabilitätsprogramm 2020 Anhang Tabelle 3: Projektion der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung1 2019 2019 2020² 2021 ESA Code Index Veränderung in % p.a. 2010=100 1. BIP preisbereinigt, Kettenindex B1g 116,59 0,6 -6,0 n. v. 2. BIP in jeweiligen Marktpreisen (Mrd. €) B1g 3.436,0 2,7 -4,2 n. v. Verwendung des BIP preisbereinigt, Kettenindex 3. Private Konsumausgaben³ P.3 113,90 1,6 n. v. n. v. 4. Staatliche Konsumausgaben P.3 120,15 2,5 n. v. n. v. 5. Bruttoanlageinvestitionen P.51 125,28 2,5 n. v. n. v. P.52 + 6. Vorratsveränderungen (BIP-Wachstumsbeitrag) - n. v. n. v. P.53 7. Export P.6 137,73 0,9 n. v. n. v. 8. Import P.7 140,58 1,9 n. v. n. v. BIP-Wachstumsbeiträge4 9. Inlandsnachfrage (ohne Vorräte) - n. v. n. v. P.52 + 10. Vorratsveränderungen - n. v. n. v. P.53 11. Außenbeitrag B.11 - n. v. n. v. 1 2019: Statistisches Bundesamt: Stand: Februar 2020. 2 Ad hoc-Annahme für den Nachtragshaushalt 2020 des Bundes. 3 Einschließlich privater Organisationen ohne Erwerbszweck. 4 Beitrag zur Zuwachsrate des BIP. 20
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