Deutschland im Süden - im Jahr 2021 - Katholische ...
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September 2021 Deutschland im Süden – im Jahr 2021 Katastrophale Lebens- und Arbeitsbedingungen von Erntehelfer*innen (wl) Wir befinden uns weder in einer Menschenwürdig? südamerikanischer Favela noch in Foto oben: 12 qm Raum einem afrikanischen Slum, sondern für drei Personen, kein Spind, das einzige im reichen Süden der Republik: im Fenster ist zugemauert. Bodenseeraum auf einer Obstplan- Foto rechts: Toilette mit tage. durchgebrochenem Fußboden – eine Person verletzte sich Bericht von Werner Langenbacher auf am Fuß. Seite 2 Fotos: Langenbacher
September 2021 Kommentar Ravensburg / Titelgeschchte Einer ausbeuterischen Praxis die Stirn geboten. Deutschland im Mit Erfolg! Süden – im Jahr 2021 Mehrere Jahre lang betreute eine bulgari- sche „24-Stunden-Pflegerin“ eine hochbe- Katastrophale Lebens- und Arbeitsbedingungen tagte Seniorin in deren Wohnung in einer von Erntehelfer*innen Seniorenresidenz, vermittelt über eine deut- sche Pflegeagentur. (wl) Wir befinden uns weder in einer Auch die Arbeitsbedingungen entspra- Obwohl im Arbeitsvertrag des bulgarischen südamerikanischen Favela noch in chen nicht den rechtlichen Vereinba- Arbeitgebers eine Wochenarbeitszeit von 30 einem afrikanischen Slum, sondern rungen. Statt Mindestlohn gab es nur Stunden festgeschrieben war, musste im reichen Süden der Republik: im Stücklohn, geleistete Zeiten und zuste- Dobrina D. rund um die Uhr für Pflege- und Bodenseeraum. hender Lohn waren nicht transparent, Betreuungsaufgaben zur Verfügung stehen, Erstmals wurden dieses Jahr georgische die Arbeitsverträge wurden bei der berichtet Justyna Oblacewicz von Faire Erntehelfer*innen zugelassen, um die Ankunft vom Hofbesitzer eingesam- Mobilität Berlin, die den Fall begleitet hat. Landwirtschaft bei der Obsternte zu melt. Trotz rechtlicher Verpflichtung Untergebracht in der Wohnung der von ihr unterstützen. Dies war notwendig, weil wurde für die Beschäftigten keine Kran- betreuten Frau, musste sie nachts ihre Zim- aus den osteuropäischen EU-Staaten kenversicherungen abgeschlossen, was mertür offen lassen, um jederzeit im Notfall immer weniger Saisonkräfte kommen. zur Folge hatte, dass Erkrankte nicht helfen zu können. Vergütet wurde ihre Doch wie die Menschen hier unter- zum Arzt durften. Auch Coronaschutz- Tätigkeit mit rund 950.- Euro netto. kommen und zu welchen Bedingungen maßnahmen sind nicht eingehalten wor- Gegen diese ausbeuterische Praxis klagte sie arbeiten müssen, darauf wurde in den. Als sich zu späterer Zeit das Land- Dobrina D. mit Unterstützung von Faire der Vergangenheit wenig geschaut. So ratsamt einschaltete, zählte die Behörde Mobilität und dem gewerkschaftlichen auch bei einem Obsthof in der Nähe von insgesamt 30 Mängel auf. Die Finanz- Rechtsschutz bis vor das Bundesarbeitsge- Friedrichshafen, auf dem 24 georgische kontrolle Schwarzarbeit nahm den richt (BAG). Erntehelfer*innen untergebracht wa- Betrieb unter Kontrolle. Das hat nun ein eindeutiges Urteil gefällt: ren. Durch die Videoaufzeichnung eines Wenn „24-Stunden-Pflegekräfte“ rund um Beschäftigten und eines Presseartikels Wie ging es weiter? die Uhr ihre Arbeit anbieten müssen, dann wurden auch die Betriebsseelsorge und muss auch jede (!) Arbeits- und Bereit- die arbeitsrechtliche Beratungsstelle Durch die Initiative und Vermittlung schaftsstunde mit dem gesetzlichen Min- mira auf die Situation der Menschen auf- von mira fand sich im Norden ein neuer destlohn vergütet werden. merksam. Anfang Juni besuchten Mar- Betrieb, der die Beschäftigten mit einem Eine schallende Ohrfeige des Gerichts für garete Brugger von mira und Betriebs- Bus abholen ließ. Zuvor war Werner Lan- das ausbeuterisches System „Grauer Pfle- seelsorger Werner Langenbacher die genbacher noch zwei Mal bei den Ernte- gemarkt“, in dem fragwürdige und meist Menschen aus Georgien. Was sie vorfan- helfer*innen, um ihnen das rechtliche irreguläre arbeitsrechtliche Konstruktionen den, waren unzumutbare Verhältnisse: Vorgehen zu erklären. Es wurden frist- die Regel sind, Betroffene um erhebliche Container mit verschimmelten Wänden lose Kündigungsschreiben erstellt Teile ihrer (Lohn-)Ansprüche gebracht wer- und Decken, als Toiletten dienten zum sowie eine Klageschrift für das Arbeits- den und Kontrollen die absolute Ausnahme Teil Dixie-Kabinen im Freien, Fenster gericht aufgesetzt. Mitte Juli reichte sind. ließen sich nicht öffnen oder waren mira eine Sammelklage auf Mindest- zugemauert, in einer Toilette war der lohnzahlung beim Arbeitsgericht ein. Nun ist die Politik – die lange genug wegge- schaut hat – gefordert, Rechtssicherheit zu Bretterboden durchgebrochen, in eini- schaffen und für menschenwürdige und gen Containern gab es keine Spinde für Happy End? faire Arbeitsbedingungen zu sorgen - und Kleidung, Frauen mussten zur Toilette durch den Männer-Container gehen. Leider nein, denn der neue Hof hielt sich diese auch durchzusetzen! Überall Kakerlaken und Ungeziefer! bei den Arbeitsbedingungen auch nicht Bis dahin bleibt zu hoffen, dass sich viele an die Abmachungen. Daraufhin be- weitere der in Deutschland auf bis zu Arbeitskleidung, die ihnen in Georgien zugesichert wurde, bekamen sie nicht, schloss die Hälfte der Georgier, wieder 600.000 Personen geschätzten „24-Stunden- zurück in ihre Heimat zu reisen. Der Fall Kräfte“ Dobrina D. anschließen und die so dass sie mit Sandalen oder Halb- schuhen im Matsch und in der Kälte die wirft viele Fragen auf. Gilt Artikel 1 des ihnen zustehenden Ansprüche gerichtlich Grundgesetzes – die Würde des Men- durchsetzen, Erdbeeren pflücken mussten. Verpfle- gung gab es nur abends, obwohl zeit- schen ist unantastbar – nicht auch für meint Ihr diese Menschen? weise um 5 Uhr mit der Arbeit begonnen Wolfgang Herrmann wurde. Den Hof durften sie nicht verlas- sen, da immer mal wieder kurzfristig Bericht zu diesem Thema auf Seite 12 Arbeit angeordnet wurde.
September 2021 Betriebsseelsorge vor Ort Stuttgart Coperion dreht die Daumenschrauben an (mg) Die Mitarbeiter*innen von Cope- Schon im Mai hat die IG Metall zusam- wurde zudem über die notwendigen rion in Stuttgart-Feuerbach kommen men mit den Vertrauensleuten und der Schritte zum Widerspruch gegen die nicht zur Ruhe. Erst letzten Herbst Betriebsseelsorge in einem Warnstreik Neueinstufung aufgeklärt. Im Juni gab wurde die Auslagerung von mehreren auf die Missstände aufmerksam ge- es den nächsten Warnstreik, da der Abteilungen bekannt gegeben und macht. Der Arbeitgeber wurde aufgefor- Arbeitgeber bisher keine Bereitschaft zudem im Oktober durch den Arbeit- dert, die Grundlagen für die Umgruppie- zur Lösung der Gehaltsproblematik geber auch der Haustarifvertrag ein- rungen offen zu legen und sich auf Ver- gezeigt hat. Auch hier war Betriebsseel- seitig gekündigt. handlungen für die Fortsetzung des sorger Michael Görg wieder solidarisch Dazu hat er die Belegschaft in neue Haustarifs einzulassen. Coronakonform mit dabei. Gehaltsstufen des Flächentarifs ein- gruppiert. Auf welcher Basis die Einstu- Glücksrad der Entgeltgruppen. Foto: Michael Görg fung vorgenommen wurde, bleibt den Mitarbeiter*innen unklar. Viele sind nun mehrere Stufen unter ihrer ur- sprünglichen Entgeltgruppe eingrup- piert. Zusammen mit der Anwendung des Flächentarifs liegt ihr neues Zielge- halt teilweise erheblich unter dem jet- zigen Verdienst. Der Arbeitgeber setzt auf „Abschmelzung“ der Gehälter. Dabei werden keine Gehaltserhöhungen umge- setzt, solange das Gehalt noch über dem Tarif liegt. Das bedeutet für die Mitar- beiter*innen einige Jahre mit Null- runden in der Gehaltsentwicklung. Laut Arbeitgeber sollen die Gehälter damit um 10% reduziert werden. Grenzenlose Gier Unklar bleibt, warum Coperion der Belegschaft die Daumenschrauben anzieht. Das Jahr 2020 war für das Unter- nehmen ein weiteres Jahr mit Rekord- umsätzen. Am Standort Stuttgart werden Extruder hergestellt. Diese Anlagen mischen über eine Doppelschnecke verschiedene Materialien. Damit werden beispiels- weise Kunststoffe, Farben oder Kera- mikmasse produziert. Mit den hochwer- tigen Anlagen aus Stuttgart hat der Standort erheblich zum Unternehmens- erfolg beigetragen. Es bleibt der An- schein, dass die amerikanische Unter- nehmensleitung hier eine weitere Gewinnsteigerung über die Gehaltsein- bußen der Mitarbeiter*innen heraus- pressen möchte. Angesichts der guten Geschäftszahlen wäre dies eine gren- zenlose Gier und menschenverachtend gegenüber den Beschäftigten
September 2021 Das Team der Betriebsseelsorge unterstützt den Kampf der Beschäftigten bei Smith & Nephew. Foto: Thomas Maile Tuttlingen Schließung der Firma Smith & Nephew Orthopaedics GmbH (tm) Ein kerngesundes Unter- Tiefenlochbohrmaschine Knochennä- Maile appelliert deshalb an die Konzern- nehmen, das tiefschwarze Zahlen gel gefertigt. Das kollegiale Miteinander leitung in Amerika: „Denken Sie an die schreibt, soll einfach zugemacht und das gute Betriebsklima hatten ihn Menschen und an deren Familien. Zei- werden. Die 233 Mitarbeiter*innen damals sehr beeindruckt. gen Sie soziale Verantwortung. Nehmen sollen gehen. „Wir sind eine große Familie, die jetzt Sie Abstand von der geplanten Schlie- Betriebsseelsorger Thomas Maile war einfach so auseinander gerissen werden ßung und Verlagerung. Die kostet ei- bei der Mitarbeiterversammlung dabei, soll“, sagte ein sichtlich betroffener Kol- nen Haufen Geld. Wenn der derzeitige als die Geschäftsführerin des Standorts lege, der seit über dreißig Jahren in der Standort in Tuttlingen zu klein ist, ste- Tuttlingen der Belegschaft diese Hiobs- Firma arbeitet. cken Sie das Geld lieber in ein neues und botschaft mitteilte. Viele der Beschäf- Als Betriebsseelsorger fragt sich Maile: größeres Werk hier in Tuttlingen. Eine tigten gerieten in Schockstarre. Einige „Wo bleibt da die soziale Verantwor- hochmotivierte Belegschaft ist ja bereits hatten Tränen in den Augen, Kopfschüt- tung des Unternehmens? Wir Menschen vor Ort. Eine solche Investition würde teln, Wut und Zorn auf die Konzernlei- sind doch keine zweibeinigen Kosten- sich für alle auszahlen.“ tung in Amerika. Warum wir? Warum faktoren, keine Schachfiguren, die man Das gesamte Betriebsseelsorgeteam wird ein gut funktionierendes und pro- hin- und herschieben kann; keine aus- steht solidarisch an der Seite der Kol- fitables Unternehmen mit einer einge- tauschbaren Rädchen und keine namen- leg*innen von Smith & Nephew, des spielten Belegschaft einfach dicht ge- losen Nummern. Wir Menschen sind Betriebsrates und der Gewerkschaft IG macht? So fragten sich viele zu Recht. unendlich wertvoll, einmalig und ein- Metall im Kampf um den Erhalt der Thomas Maile hat selbst einige Wochen zigartig – und mit einer unantastbaren Arbeitsplätze in Tuttlingen. in der Firma mitgearbeitet und an einer Würde.“
September 2021 Aalen Mit Vertrauen spielt man nicht! In Heidenheim soll die letzte Fertigung von Hartmann verlagert werden (rs) „Ich gebe wirklich viel auf die lassen und 120 Kolleg*innen ihre Arbeit Die Beschäftigten der Fa. Hartmann äußern ihren Unmut bei einer De- Firma Hartmann mit all ihren Ak- verlieren. Der Plan ist klar: Diese Schlie- monstration. Foto: Rolf Siedler teuren und den 2.300 Mitarbei- ßung muss verhindert werden! ter*innen. Aber dieses Vorgehen hat mich entsetzt und maßlos ent- täuscht“ rief Betriebsseelsorger Rolf Siedler den zahlreichen Teilneh- Buchempfehlung mer*innen der Kundgebung vor der Zentrale der Paul Hartmann AG in Hei- denheim zu. In seiner Rede verwies er auf die hoch- Macht (wl) Der Titel ist bewusst doppeldeutig und wird dem Buch gerecht: Wolfgang Kessler, langjähriger Wirtschaftsjourna- gesteckten Firmenziele auf der Firmen- homepage, wo von Vertrauen, Augen- Wirtschaft! list und Chefredakteur von Publik Forum, beschreibt zum einen die Macht der Wirt- höhe und Teamgeist die Rede ist. Und schaft, ermutigt jedoch auch zum Han- genau dieses Vertrauen sei jetzt in Ökonomie verstehen deln und Verändern. Sein Ziel: mit klar ver- Stücke gehauen worden. Mit dem Kauf ständlichen Worten die Denkweise und eines Grundstückes in Polen seien und verändern Abläufe der Wirtschaft zu verstehen, sie Fakten geschaffen worden, hinter die aber auch zu hinterfragen. Denn nur so man offensichtlich nicht mehr zurück gelingt Veränderung. Der Autor ver- wolle. Wie der Betriebsseelsorger, wendet wenig Zahlen und kaum Statisti- so prangerten auch die anderen Red- ken, umso mehr Pro und Contra-Posi- ner*innen, darunter die SPD-Bundes- tionen, so dass eine eigene Meinung tagsabgeordnete Leni Breymaier, der gebildet werden kann. Zweite Bevollmächtigte der IG Metall Zehn politische Impulse und zehn per- Heidenheim, Tobias Bucher und die sönliche Handlungsvorschläge geben Betriebsratsvorsitzende Birgit Herm- Impulse, die verdeutlichen, dass jede*r Grimm, die Entscheidung des Konzerns mit Veränderung beginnen kann. Foto: Kessler an. Mit der Schließung würde trotz „Macht Wirtschaft“ ist im Publik-Forum guter Zahlen die letzte Fertigung am Verlag erschienen und in jeder Buch- Stammsitz Heidenheim die Stadt ver- handlung erhältlich.
September 2021 Tuttlingen real.- Einmal hin, für die Mitarbeiter nichts mehr drin! (tm) Vor einem Jahr wurden die deut- 25. Juni 2020 hat real einen neuen Eigen- gibt es bei real nicht mehr. schen real-Märkte vom Metrokon- tümer: Die SCP Group. Und deren Ziel Viele Märkte gehen nun schon an Mitbe- zern an einen neuen Eigentümer ver- ist der Verkauf an Mitbewerber wie werber über oder werden geschlossen. kauft. Dieser führt die Märkte aber Kaufland, Edeka, Rewe oder Globus. Bei bereits geplanten Schließungen nicht weiter, sondern versucht, sie Wenn sich niemand für eine Übernahme bis März 2022 betrifft das 3.397 Kol- gewinnbringend zu verkaufen. Falls findet: Schließung. Bis Ende Juni 2022 leg*innen aus 38 Märkten. Dabei sind die- dies nicht gelingt, werden die Märkte soll real „abgewickelt“ sein. jenigen aus der Zentrale, Logistik und geschlossen. Für die Beschäftigten ist Eine freiwillige Gesamtbetriebsverein- dem Lager noch nicht mitgerechnet. dies eine äußerst belastende Situa- barung regelt die Zahlung einer Abfin- Nach Schätzung unseres Gesamtbe- tion, eine Hängepartie voller Unge- dung für die Fälle, in denen Arbeits- triebsratsvorsitzenden Werner Klock- wissheit. plätze – unterhalb der Schwelle eines haus werden weit über 10.000 Menschen Seit vielen Jahren bestehen enge Kon- erzwingbaren Sozialplanes – nach Wei- ihren Arbeitsplatz verlieren. Was aus takte zwischen der Betriebsseelsorge terveräußerung des Betriebes an einen uns, dem Markt Tuttlingen, wird, weiß Tuttlingen und den Kolleg*innen beim anderen Betreiber oder durch Schlie- heute noch keiner, und Informationen real-Markt in Tuttlingen. Beate Scholz, ßung wegfallen. Davon profitiert aber bekommen wir von der Geschäftsfüh- Vorsitzende des dortigen Betriebsrats, nur die Stammbelegschaft. Kaufland ver- rung offiziell auch nicht. berichtet über die angespannte und sucht durch Vorlage neuer Arbeitsver- Ich habe sieben Monate Kündigungs- nervenaufreibende Situation für die träge jedoch diesen Bestandsschutz der zeit. Irgendwann wird mir wohl jemand Beschäftigten: Kolleg*innen auszuhebeln. Außerdem mitteilen, wie lange ich noch einen „Früher führend im deutschen Lebens- sind wir ohne Tarif und Neueinstel- Arbeitsplatz habe. Und so lange gehe mitteleinzelhandel, ist die Marke real lungen werden im „Tarif“ der soge- ich, genauso wie meine Kolleg*innen, jetzt nur noch unter ferner liefen zu nannten Gewerkschaft DHV zu deutlich täglich mit einem Lächeln zur Arbeit finden und wird im Juli 2022 von der schlechteren Konditionen und auch nur und versuche alles, um unsere Kunden Bildfläche verschwinden. Denn seit dem befristet getätigt. Und Entfristungen glücklich zu machen.“ Beate Scholz, BR-Vorsitzende real-Markt Tuttlingen. Foto: Thomas Maile
September 2021 Die Sonderschalung im Tunnel wird montiert. Foto: Peter Maile Stuttgart 21 Mitarbeiten beim Sonderschalungsbau (pm) Solch eine Schalung aufzu- sicherheit, sie ist körperlich anstren- Samstag in den Bergen). Neben Sepp bauen, wie sie im Bild zu sehen ist, gend und schweißtreibend. Während gehören Karl, Ralf, Franz, Philipp, Hen- das will gekonnt sein – das kann nicht die Kollegen die Teile einbauten, erwies drik und Patrick zum Team. Jeder hat jeder. Betriebsseelsorger Peter Maile sich der Betriebsseelsorger als Zuar- seine Aufgabe und alle arbeiten Hand in hat eine Woche bei den Kollegen der beiter und gab die gewünschten Teile, Hand. Die langjährige Erfahrung ist für Firma Huber und Sohn mitgearbeitet. wie z. B. Schrauben oder ein zugeschnit- eine solche Arbeit sehr hilfreich. Die Kol- Arbeitseinsätze sind Wesensmerk- tenes Brett, nach oben. Seine handwerk- legen gehören, umgangssprachlich for- male der Betriebsseelsorge. lichen Fähigkeiten und der vertraute muliert, zu einer aussterbenden Spezie. Maile war fasziniert von der Meisterleis- Umgang mit entsprechenden Maschi- Denn diese schwere Arbeit, die mit den tung bzw. vom handwerklichen Ge- nen konnte er dabei gut gebrauchen. Jahren an die Substanz geht, will nie- schick der Kollegen, die mit einem Sepp, der dem Betriebsseelsorger die mand mehr machen – auch wenn sie gut besonderen Fahrzeug (Merlu genannt) Arbeiten zuteilte, meinte, bei dieser bezahlt wird. die einzelnen Elemente zu einem Arbeit muss jeder absolut konzentriert Es waren anstrengende, aber gute Tage, großen Ganzen zusammengefügt ha- sein. Er weiß, wovon er spricht. Er macht und die Kollegen waren erstaunt, dass ben. Das Besondere an dieser Schalung: diese Arbeit schon über 30 Jahre und ein Kirchenmann mitarbeitet. Der Be- sie verläuft konisch und ist Teil eines sagt von sich selbst: „Ich bin ein Felsen- triebsseelsorger zieht seinen Helm vor Kreuzungsgewölbes. Diese Arbeit erfor- kind“ (er kommt aus Virgen in Osttirol diesen Kollegen. dert Knowhow und absolute Tritt- und ist seit seiner Kindheit jeden
September 2021 Aus den Dienststellen Sindelfingen Amazon breitet sich aus (ah) Ende September 2020 wurde tige Rolle. Sie werden über Amazon Flex fingen tatsächlich (von Drohnen) ge- bekannt, dass Amazon ein Verteil- rekrutiert und arbeiten dann als freie trübt und der Einzelhandel noch mehr zentrum im Sindelfinger Gewerbege- Unternehmer*innen für 25 € in der unter Druck. Zudem werden in abseh- biet Heslach eröffnen wird. „Das Vor- Stunde. barer Zeit auch Zustelldienste wie DHL haben ist die Investition eines glo- Die Freude von OB Vöhringer könnte die Konkurrenz zu spüren bekommen. balen Players in unseren Standort schon bald getrübt werden, da Amazon Wir sind gerade daran, ein Aktions- und mit der Schaffung neuer Arbeits- an seinen Standorten Rationalisie- bündnis ins Leben zu rufen. Ver.di ist plätze verbunden“, wird OB Bernd rungs- und Digitalisierungsschritte immer wieder bemüht, die Beschäftgten Vöhringer zitiert. (Onlinemeldung zu organisieren. Ver.di argumentiert, Stuttgarter Zeitung vom 01.10.2020). Amazon hat dass es sich bei Amazon um ein Handels- Weiter ist zu erfahren, dass Amazon in und kein Logistikunternehmen handelt. Spitzenzeiten rund 200 Leute beschäf- immer wieder Amazon dagegen hat immer wieder tigen wird, außerdem soll die Zustellung deutlich gemacht, deutlich gemacht, dass man dort von zunächst mit 60 Elektrotransportern Gewerkschaftstätigkeit nicht viel hält. erfolgen und schon im Herbst 2021, also dass man von Zudem haben viele Beschäftigte Zeitar- zum Weihnachtsgeschäft, anlaufen. Gewerkschaftstätig- beitsverträge, die besonders die Liefer- Beim Sindelfinger Standort geht es um spitzen abdecken. die Zustellung „auf der letzten Meile“ – keit nicht viel hält. Daneben strebt ver.di auch eine Vernet- mit dem Ziel, dass die Kund*innen die zung mit den Amazon-Beschäftigten an. Ware noch am Tag der Bestellung erhal- stets konsequent umsetzt. Geplant sind Wertvolle und wichtige Tipps erhalten ten. Neben den erwähnten Elektro- eine Automatisierung des Versands in- wir von anderen Standorten der Be- transportern und einer eigenen Liefer- klusive Verpackung sowie in der End- triebsseelsorge und der KAB; sie ver- flotte spielen im Konzept von Amazon stufe eine Zustellung durch Drohnen. sorgen uns auch mit weiteren hilfrei- aber auch private Zusteller eine wich- Dann wäre der Himmel über Sindel- chen Kontakten. Nicht nur am Himmel braut sich etwas zusammen – das Amazongebäude entsteht. Foto: Andreas Hiller Einen aktuellen Fernsehbeitrag (ZDF frontal) zu den Arbeitsbedingungen der meist osteuro- päischen Amazon- Kurierfahrer finden Sie her: www.zdf.de/politik/ frontal
September 2021 Heilbronn Hier fährt ein Mensch! Die Akteure auf dem Rastplatz, zusammen mit dem SWR-Kamerateam. Foto: Josef Krebs (jk) Erstaunte Blicke, ein freundli- Hygiene als besonders wichtig hervor- Impressum ches Lächeln und Überraschung gehoben. Betriebsseelsorge der waren die Reaktionen auf die Dankes- Um auf diese prekäre Situation, auf die Diözese Rottenburg-Stuttgart, aktion der Betriebs- und Fernfahrer- Not der Parkplatzsuche und auf die Jahnstr. 30, 70597 Stuttgart seelsorger, der Kolleg*innen von oft respektlose Behandlung der Fah- Autor*innen: „Faire Mobilität“ vom Deutschen rer*innen aufmerksam zu machen, hat Hermine Burger (hb) Gewerkschaftsbund und von Dieter ein Team der SWR Landesschau Baden- Michael Görg (mg) Wahl vom Fernfahrerstammtisch Württemberg diese Aktion begleitet und Wolfgang Herrmann (wh) Kirchberg am 17.05. 2021 auf der Rast- Josef Krebs von der Betriebs- und Fern- Andreas Hiller (ah), anlage Sindelfinger Wald. fahrerseelsorge Heilbronn zum Ge- Susanne Hirschberger (sh) Viele Fahrer und eine Fahrerin sagten, spräch in die Landesschau am Mittwoch Josef Krebs (jk) dass sie so etwas noch nicht erlebt 26.05.2021 eingeladen. Die Reaktionen der Fahrer, die das Kamerateam aufge- Werner Langenbacher (wl) hatten und nahmen die kleine Ge- schenktüte mit einer Tafel fair gehan- nommen hatte, wurden während des Peter Maile (pm) delter Schokolade, einer FFP2-Maske, Gespräches als Einspieler gezeigt. Thomas Maile (tm) einem Kugelschreiber, einem Feuer- Hinter jedem Lenkrad sitzt ein Mensch. Marian Schirmer (ms) zeug, arbeitsrechtlichen Informationen Er sorgt dafür, dass Gesellschaft, Versor- Matthias Schneider (mats) und einer Karte, auf der in 15 verschie- gung und Wirtschaft auf dem Laufenden Rolf Siedler (rs) denen Sprachen „Danke für Deine sind. Er verdient Achtung, Wertschät- Karolina Tomanek (kt) Arbeit“ steht, gerne an. zung und Rücksichtnahme. Mit diesem Layout: Inge Muff-Bongers, Selbst zu normalen Zeiten ist der Beruf Thema war Josef Krebs am Mittwoch, crayonne.de des LKW-Fahrers/der LKW-Fahrerin 7. Juli 2021 Gast beim Fernfahrerstamm- kein leichter Job. Durch die Coronakrise tisch Kirchberg an der A 6. www.betriebsseelsorge.de hat sich die hygienische Situation ver- schärft, weil viele Toiletten und Dusch- möglichkeiten nicht zugänglich waren. Dabei wurde doch in Bezug auf Corona
September 2021 Aalen Bio ist gut. Bio & Fair ist besser! Foto: Rolf Siedler Betriebsseelsorge und UtopiAA vertreiben NoCap Produkte auf dem Aalener Wochenmarkt (rs) „Jede verkaufte Dose, jedes ver- Milo Raus bewegendem Film „Das neue Bio ist gut, fair ist besser: kaufte Glas der NoCap-Tomaten- Evangelium“ als Jesus-Darsteller auftritt. www.oeko -und-fair.de produkte sichert in Italien faire Preise für Landwirte und faire Löhne und Arbeitszeiten für afrikanische Migrant*innen, die nicht mehr von Aalen der Mafia ausgebeutet werden.“ Dies erklären Daniela Dorrer vom Pro- jekt UtopiAA und Betriebsseelsorger Rolf Siedler Besucher*innen auf dem Aalener Wochenmarkt, wenn sie über- TEXTE, MUSIK rascht und neugierig auf den kom- pakten Verkaufsstand aufmerksam wer- UND HUPEN FÜRS KLIMA den. Das Label auf den Produkten – „No Cap“ – ist eine klare Absage an das mil- (rs) Zu einem ganz speziellen Pick- Bühne präsentiert wurden. lionenschwere, von der Mafia kontrol- nick hatten die Katholische Betriebs- Die Bandbreite reichte von Selbstge- lierte Caporalato-System der brutalen seelsorge und das Theater der Stadt schriebenem zum Thema Klimakrise Ausbeutung von Tomatenpflücker*in- Aalen geladen: „PlanetPoetryPick- über groteske Ausführungen über die nen im Süden Italiens. Alle zwei Wochen nick“ nannte sich das kreative For- Beziehung zu einem Karpfen, Gedanken sind die Initiatoren auf dem Wochen- mat, das eigens entwickelt wurde. über verhedderte Leinen eines Lenkdra- markt anzutreffen. Mit der Vermark- Und kreativ waren nicht nur die Spei- chens, die zu Händen mutieren, Refle- tung unterstützen sie konkrete Pro- sen, die sich die Besucher*innen mitge- xionen über das selbstgefällige „Gut- jekte, die alternative Betriebswege jen- bracht hatten, sondern auch die meist sein“ der Zeitgenossen bis zu der in den seits der Mafia aufbauen. Eine der selbst verfassten und so herrlich unter- 1980er Jahren berühmt gewordenen führenden Personen der Initiative ist schiedlichen Wortbeiträge, die vor Rede von „Chief Seattle“. Der herzliche der Kameruner Yvan Sangnet, der in allem von jungen Menschen auf der Weiter Seite 11, links unten
September 2021 Reutlingen Beratungen wegen Konflikten oder Mobbing häufen sich (mats) Zwischen Februar und Mai bemerkt, hat er in dieser Zeit erst eine rät*innen in diesem Bereich wohl hatte ich in Reutlingen vermehrt Lohnerhöhung erhalten. Durch viele einiges abfangen und klären können, Beratungen von Menschen, die auf kleine Anmerkungen, Drohungen, bevor ein Konflikt eskaliert. Als weiteres Grund eines Konfliktes im Betrieb in abfällige Bemerkungen und Abmah- stelle ich fest, dass einige Betriebe ihre Nöte kamen. Bei allen Fällen handelte nungen ist er so verunsichert, dass er Abläufe während der Pandemie verän- es sich um Konflikte mit dem Arbeit- dadurch krank wurde und nun sogar dert, zum Teil auch einige Arbeits- geber oder auch mit direkten Vorge- eine Therapie machen muss. Ich könnte schritte digitalisiert haben und dadurch setzten und Kolleg*innen. weitere ähnliche Beispiele aus den plötzlich zu viel Personal hatten und Natürlich kann und werde ich keine letzten Monaten anführen, die mit Stel- Mitarbeiter*innen los werden wollten. Details in diesem Artikel preisgeben, lenwechsel, Kündigung oder freiwil- Hinzu kommt sicher auch, dass die Men- aber es ist schon bedrückend, wenn ligem Verlassen des Betriebs endeten. schen durch die Pandemie etwas unge- engagierte und langjährige Mitarbei- Meine Rolle ist dabei äußerst beschei- duldiger, unzufriedener und aggres- ter*innen weinend vor einem stehen, den, doch nach Aussagen der Betrof- siver wurden. Dies ist und war auch im weil sie nicht mehr weiterkönnen, keine fenen trotzdem hilfreich: Zuhören, „Umgang miteinander“ innerhalb des Kraft und kein Selbstwertgefühl mehr Ernst nehmen, begleiten, aufmuntern, Betriebs spürbar. haben, nur weil sie mit den Vorstel- Gesprächspartner sein und sortieren hel- Fazit: Eine Interessenvertretung im Be- lungen oder mit den strategischen fen, das ist die Haupttätigkeit. Vielleicht trieb ist wichtig und unverzichtbar. Wir Plänen ihrer Vorgesetzten und/oder auch mal zu einem Rechtsanwalt ver- müssen wach und aufmerksam sein, was Arbeitgebern nicht mehr zusammen- mitteln oder die psychologische Bera- im Betrieb gerade läuft. Wir sollten das passen. Da ist z. B. Thomas K. (Name tungsstelle empfehlen. Und dennoch Betriebsklima pflegen und miteinander geändert), seit 18 Jahren in einem mit- frage ich mich schon, warum diese Fälle arbeiten und nicht gegeneinander. Und telständischen Betrieb beschäftigt, so gehäuft und zu dieser Zeit auftreten? wir müssen rechtzeitig Hilfe und Unter- ungelernt, im Versand arbeitend und Zunächst möchte ich festhalten, dass stützung in Anspruch nehmen, bevor „Mädchen für alles“, der von heute auf fast alle Konflikte in Betrieben vorka- uns alles über den Kopf wächst. morgen den Anforderungen seines men, in denen es keine Interessenver- Chefs nicht mehr genügt, obwohl er seit tretung gab. Das scheint mir erwäh- 18 Jahren seine Arbeit gleich gut und nenswert, weil es den Rückschluss zuverlässig geleistet hat. Nebenbei zulässt, dass die Betriebs- und Personal- Fortsetzung von Seite 10 unten rechts Applaus zu Sonjas pointierter Zeitana- lyse – sie ist Mitglied des Inklusionsclub und konnte nicht persönlich anwesend sein – wurde per Handy übertragen. Das „Hupen fürs Klima“ beim letzten Klima- streik hatte eine Teilnehmerin von Fri- days for Future in einem Text verarbei- tet. Durch den mittlerweile dunklen Abendhimmel tönten derweil die Auto- hupen – diesmal zur Fußball-EM. Den beeindruckenden Schlusspunkt setzte Jeanine Lang, die als junge Slamerin und Filmemacherin weit über Aalen hinaus bekannt ist. Und zwischen den Bei- trägen durften Mitwirkende und Gäste zum breit gefächerten musikalischen Repertoire des Aalener „Unterbrecher- syndikates“ um Betriebsseelsorger Rolf Siedler im Takt wippen. Jeanine Lang kurz vor ihrem genialen Auftritt als Slamerin. Foto: Karolina Tomanek
September 2021 Aalen „Ein Leben im Rhythmus der Anderen“ (kt) So lange wie nur möglich in den beinahe zur Familie. Aber leider gibt es Putzen und möglichst gute Sprach- eigenen vier Wänden bleiben zu kön- auch Schattenseiten des Systems, wie kenntnisse (und gerne auch ein Führer- nen. Das ist mit Sicherheit ein jüngst der Fall einer bulgarischen schein). Wunsch, den viele Menschen im Alter Betreuerin gezeigt hat (s. Kommentar Die Betreuer*innen berichten von zum haben. Doch was, wenn es alleine auf Seite 2). Teil psychisch extrem belastenden Situ- nicht mehr geht? Wenn der/die Part- In deutschen Haushalten leben und ationen, von Demütigungen, rassisti- ner*in nicht mehr da ist, die Familie arbeiten offiziell 150.000 sogenannte schen Übergriffen, Angst und dem Aus- weit weg wohnt und man auf Hilfe Live-ins, sprich „Mit-Lebende“. Die Dun- geliefertsein. Im Graubereich arbeitend und Unterstützung im Alltag ange- kelziffer liegt bei 600.000. Es sind in den sind sie rechtlich nicht abgesichert und wiesen ist? meisten Fällen keine ausgebildeten Fach- können jederzeit auf die Straße gesetzt Die sogenannte „24-Stunden-Pflege“ kräfte. In Osteuropa werden sie über werden. scheint auf den ersten Blick eine für diverse Agenturen als Betreuerinnen Sie sind isoliert, haben keine Kontakte, beide Seiten optimale Lösung zu sein. für eine 42h-Woche angeworben, in keine Freizeit, keine Pausen und sie Eine Betreuerin (es handelt sich zumeist Deutschland wiederum als 24h-Vollzeit kennen die Sprache nicht. um Frauen aus osteuropäischen Län- Pflegerinnen vermittelt. Die unter- Die Betriebsseelsorge der Diözese Rot- dern) lebt im selben Haushalt, hilft und schiedlichen Erwartungen erzeugen tenburg-Stuttgart möchte in Zusam- unterstützt, kümmert sich um alltäg- Schwierigkeiten. Die Frauen (und menarbeit mit Faire Mobilität und der liche Belange, ist in unmittelbarer Nähe, wenige Männer) dürfen jedoch nicht KAB diesen Frauen, ähnlich dem Projekt falls etwas passiert und wechselt nach über ihren Vertrag sowie ihren Ver- „Respekt“ in Aachen, einen Raum bie- zwei bis drei Monaten mit einer anderen dienst sprechen. Die Familien zahlen ten, in dem sie sich ungezwungen mit Betreuer*in ihren Dienst. Im Vergleich rund 2.500 bis 3.000 € an die vermit- anderen Betroffenen austauschen, sich zu ihrem Heimatland verdient sie hier telnde Agentur. Wie viel davon an die kennen lernen, plaudern und ausruhen zudem beinahe das Dreifache ihres Betreuer*in und an Versicherungen können. Wir bieten seelsorgliche wie monatlichen Einkommens. gezahlt wird, bleibt der Agentur über- arbeitsrechtliche Beratung in der je- Win-win also? lassen. Nicht selten sind es lediglich weiligen Sprache an, sowie einfache Es gibt viele sehr gut laufende Arbeits- 1.000 €. Von den Frauen wird ein Einsatz Sprach- und Pflegekurse. Es ist uns ein beziehungen dieser Art. Die Frauen 24/7 erwartet: Ständige Bereitschaft wichtiges Anliegen, die Betreuer*innen bleiben über Jahre in den Haushalten. und Verfügbarkeit, nächtliches Aufste- aus der Isolation zu holen und ihnen Sie werden wertgeschätzt und gehören hen, pflegerische Tätigkeiten, Kochen, eine Auszeit und eine Stimme zu geben. Eindruck eines Pflegealltags. Foto: Karolina Tomanek
September 2021 Ulm Protest in der Pflege geht weiter Protest bei der Gesundheits- minister*innen-Konferenz in Ulm. Foto: Betriebsseelsorge Ulm Gesundheitsminister*innenkonferenz und die gesetzlichen Initiativen zur Altenpflege sorgen für Aktionen der Betroffenen (sh) Anlässlich der Online-Konferenz Neuerungen in der Altenpflege bei einer „Ich komme wieder, wenn…“. Die der Gesundheitsminister*innen wur- Online-Diskussionsrunde des Pflege- zentralen Ergebnisse der Studie zeigen, de im Juni bundesweit zu Protesten bündnisses unter dem Titel „Quo vadis dass sich Pflegekräfte mehr Wertschät- aufgerufen. Dazu initiierte Jana Lan- Altenpflege?“ vor. Nach dem Scheitern zung von Vorgesetzten und der Gesell- ger, Mitgründerin des Pflegebünd- eines allgemeinverbindlichen Tarifver- schaft wie auch verlässlichere Dienst- nisses Ulm, mit den ver.di-Aktiven an trags für die Altenpflege kommt sie zum pläne und mehr Zeit für die Pflege selbst der Uniklinik einen Walk of Health- Fazit: „Die kürzlich anstatt dessen wünschen. Vor allem häufiges „Ein- care. beschlossene Last-minute-Pflegereform springen“ und Zeitmangel sind Folgen Trotz Pandemie haben sich die Bedin- ist eine Mogelpackung für Pflegekräfte von Personalmangel. „Um vor allem gungen in der Pflege wenig geändert. und Angehörige. Die Neuerungen sind junge Menschen für die Pflege zu ge- Hilde Mattheis, die SPD-Bundestags- kein großer Wurf.“ Während einerseits winnen, ist es wichtig, dass Azubis von abgeordnete aus Ulm, solidarisiert sich Dumpingtarifen Tür und Tor geöffnet Anfang an als Lernende und nicht als mit den Aufständischen: „Es ist eine wird, ist die Senkung der Eigenanteile Lückenfüller behandelt werden“, schil- Schande, wie wir in Deutschland mit der Angehörigen an den Heimkosten dert Jo Aubele von der Fachstelle Ju- unseren Gesundheitsarbeiter*innen minimal. Mechthild Lauer vom Kreis- gend.Arbeit.Bildung seine Erfahrungen umgehen“. Das zur Konferenz veröf- seniorenrat pflichtet dem bei: „Die aus Gesprächen mit Pflegeazubis. fentlichte Gesundheitsbarometer von neuen gesetzlichen Regelungen sind ein Einigkeit herrscht darüber, dass für die ver.di zeigt dies deutlich in den Umfra- Tropfen auf den heißen Stein. Die Pfle- Verbesserung der Situation in der Pflege geergebnissen. geversicherung muss dringend grundle- ALLE zusammenstehen müssen: Träger, Auch in der Altenpflege knirscht es kräf- gend reformiert werden. Ihre schon Angehörige und allen voran die Beschäf- tig. Ilka Steck, Altenpflegerin, Mitarbei- bestehende soziale Schieflage wird tigten selbst. „Organisiert euch!“ ist der tervertreterin und für ver.di in der durch den demografischen Wandel dra- Appell von Ilka Steck und Jana Langer. Tarifkommission zur Aushandlung des matisch verstärkt werden.“ Wie ange- bundesweiten Tarifvertrags Altenpfle- spannt die Lage bei den Beschäftigten ge, stellte die jüngsten gesetzlichen ist, zeigte die Vorstellung der Studie
September 2021 Rottweil „Klatschen allein reicht nicht!“ Aktion am Tag der Pflegenden Die Akteure am Tag der Pflegenden in Aktion. Foto: Thomas Maile (tm) In Rottweil haben sich zum Tag Jahren laufendem Privatisierungswahn muss sich auch im Entgelt entsprechend der Pflegenden am 12. Mai örtliche im Gesundheitswesen zu tun, da die Pri- bemerkbar machen.“ Auch KAB-Präses Vertreter*innen des Deutschen vatwirtschaft auf Gewinnerzielung ange- Matthias Schneider war es wichtig Gewerkschaftsbundes (DGB), der legt ist. „Klatschen ist schön, reicht aber nicht! Katholischen Arbeitnehmer-Bewe- „Täglich engagieren sich hunderttau- Wir profitieren alle davon, wenn unsere gung (KAB), der Vereinigten Dienst- sende Beschäftigte in der Altenpflege Angehörigen oder wir selbst von zufrie- leistungsgewerkschaft (ver.di) sowie für das Wohlergehen der ihnen anver- denen und nicht überlasteten Pflege- der Katholischen Betriebsseelsorge trauten Menschen. Nicht selten gehen kräften betreut werden.“ getroffen. sie dabei über ihre eigenen Grenzen hin- Einig war man sich, dass sich im Gesund- aus“, so Thomas Weisz, der für das heitswesen für die Beschäftigten einiges Sozial- und Gesundheitswesen bei ver.di zum Besseren ändern muss. Grundle- in der Region zuständig ist. „Wir gender Baustein muss eine ordentlich machen #GemeinsameSache für die geregelte Bezahlung über Tarifverträge Altenpflege und verschaffen ihr den ver- werden. Und dies muss für alle in dem dienten Respekt. Den Arbeitgebern und Bereich der Pflege Tätigen über eine der Politik machen wir klar, dass sich erklärte Allgemeinverbindlichkeit ein- Grundlegendes ändern muss, für eine geführt werden. „Auch die Personal- solidarische Altenpflege“, so die Ge- knappheit, die schon lange vor Corona werkschaftsvertreter. Reinklicken! von den Gewerkschaften angeprangert „Was die Beschäftigten im Gesundheits- wurde, sah man nun ganz deutlich in wesen leisten, speziell auch in der betriebsseelsorge.de der Zeit der Pandemie“, so der DGB- Pflege, verdient unser aller Respekt“, Kreisvorsitzende Ulrich Hertkorn. Dies war aus dem Mund von Betriebsseel- habe sicher auch mit dem seit einigen sorger Thomas Maile zu hören, „und
September 2021 Böblingen Angriff von rechts auf die Arbeitswelt Vortrag von Matthias Monecke (ms) Im Rahmen der internationalen einen Vortragsabend zum Thema „An- ihrer Kommunikation ähneln sie der Wochen gegen Rassismus wurde von griff von rechts auf die Arbeitswelt, zum AfD. Besorgniserregend sind auch die Seiten des Landratsamts Böblingen Umgang von Gewerkschaften und Be- Ergebnisse der letzten Landtagswahlen. die Initiative „Landkreis Böblingen trieben mit recht(spopulistisch)en Ein- Die Ergebnisse der AfD waren bei Ge- bleibt bunt“ ins Leben gerufen. Die stellungen“. Als Referenten konnten wir werkschafter*innen stets leicht über Initiative tritt für Weltoffenheit und Matthias Monecke, Mitarbeiter des Pro- dem Landesschnitt. Der Vortrag von Diversität ein und zeigt Rassismus, motionskollegs Rechtspopulistische Herrn Monecke deckte Kommunika- Diskriminierung, Ausgrenzung und Sozialpolitik der Universität Tübingen, tionsstrategien auf und erklärte, welche Spaltung in unserer Gesellschaft die gewinnen. Matthias Monecke forscht Motive Unterstützer*innen haben könn- rote Karte. Gemeinsam mit ca. 70 Un- seit Jahren über den steigenden Einfluss ten. terstützer*innen engagiert sich hier von rechtspopulistischen Einflüssen in Insgesamt nahmen 25 Personen an der auch das Dekanat Böblingen mit der Arbeitswelt, mit Schwerpunkt auf Veranstaltung teil, darunter viele Per- seinen Einrichtungen. der Automobilbranche. sonal- und Betriebsräte. Das digitale For- Der immer stärker werdende Popu- Betriebe waren lange Zeit Bollwerke mat tat der lebhaften Diskussion keinen lismus polarisiert unsere Gesellschaft. gegen rechte Tendenzen. Diese rote Abbruch. Wir möchten uns herzlich bei Dieser Einfluss und Polarisierung macht Linie scheint zunehmend zu verschwin- Herrn Monecke, der keb Böblingen und auch vor der Arbeitswelt nicht halt. Aus den. Gruppierungen wie das „Zentrum allen Teilnehmer*innen bedanken. Die diesem Grund veranstalteten wir zu- Automobil“ sehen sich selbst als Opposi- Betriebsseelsorge Böblingen wird wei- sammen mit der Katholischen Erwach- tion zu den „gekauften Einheitsgewerk- terhin jeglicher Form von Populismus senenbildung Böblingen am 6. Mai schaften“. In ihrem Auftreten und in die rote Karte zeigen. Personen Biberach Leben teilen – seelsorge kennen gelernt. Er hat mich immer wieder zu verschiedenen Veran- Solidarität leben staltungen und Treffen eingeladen und mich ermutigt, den Einführungskurs (hb) Mein Name ist Hermine Burger. Betriebsseelsorge zu absolvieren Ich bin Gemeindereferentin und Menschen im Kontext ihrer Arbeit bei- werde ab September mit 75 % in zustehen und zu begleiten, war mir der neu eingerichteten Profilstelle schon damals ein Anliegen. Verwirkli- Betriebsseelsorge im Dekanat Biber- chen konnte ich dies zunächst in Afrika. ach arbeiten. Nach einem Jahr Vorbereitung durch Geboren und aufgewachsen bin ich in die Arbeitsgemeinschaft für Entwick- Heudorf am Bussen auf einem landwirt- lungshilfe der katholischen Kirche in schaftlichen Betrieb. Köln war ich in Angola als Koordinatorin Nach der Ausbildung zur medizinischen und Beraterin für Flüchtlingsarbeit tätig. Durch einkommensschaffende Foto: privar Fachangestellten im Kreiskrankenhaus Riedlingen habe ich als Missionarin auf Maßnahmen sollten Frauen und Mäd- Zeit ein Jahr bei den Franziskanerinnen chen eine Existenzgrundlage erhalten. von Sießen in Brasilien verbracht. Das Nach fast fünf Jahren im Bereich der Ent- Leben auf der Missionsstation mit den wicklungszusammenarbeit bin ich 2015 Der Kontakt zur Betriebsseelsorge ist in Schwestern hat mich für das Studium zurückgekehrt und war die letzten Jahre all den Jahren erhalten geblieben. der Religionspädagogik in Freiburg moti- als Gemeindereferentin in der Seelsor- Ich freue mich deshalb sehr auf die neue viert. geeinheit Bussen tätig. Einer meiner Herausforderung und möchte als Seel- Leben teilen und Solidarität leben – dies Schwerpunkte war die schulische und sorgerin hören, was die Menschen in wollte ich auch als Gemeindereferentin berufliche Unterstützung und Integra- ihren Betrieben bewegt, welche Sorgen in Blaustein/Ulm und in Ravensburg. In tion der geflüchteten Menschen, die und Anliegen sie haben und wobei ich Ravensburg habe ich durch Werner in unseren Gemeinden rund um den sie unterstützen, beraten und begleiten Langenbacher die Arbeit der Betriebs- Bussen Aufnahme fanden. kann.
September 2021 Suttgart 21 Alles hat seine Zeit. Kirche am anderen Ort – Gedenkfeier im Tunnel mit Peter Maile. Foto: Peter Maile (pm) Um der verstorbenen Bauleute sich auf den Weg, weil sie zuhause keine und leben wollen. Weisheit, Mensch- zu gedenken, luden Betriebsseel- Perspektive haben und nehmen für ihre lichkeit und Sicherheit werden gewin- sorger Peter Maile und der Regional- Kinder und sich selbst die Strapazen auf nen, wenn die Menschheit aufhört, sich leiter der IG BAU, Andreas Harnack, sich. Die Zahl der tödlich Verunglückten gegenseitig auszubeuten, das hierarchi- zu einer Gedenkfeier in der Rettungs- ist erschreckend hoch und es trifft sehr sches Denken durchbricht und der eine zufahrt Feuerbach ein. Dem Gottes- häufig Menschen aus den osteuropäi- sich nicht über den anderen stellt“, so dienst ging eine Kundgebung am schen Ländern. Dabei ist gerade der Bau Maile in seiner Ansprache. Bahnhof Feuerbach voraus. auf sie angewiesen, was im Umkehr- Mit dem Spruch: „Oh Mensch sei weise, „Die diesjährigen Tarifverhandlungen schluss heißt, die Sicherheit braucht nur einmal machst du diese Reise, lass am Bau gestalten sich schwierig. Die Vorfahrt. Am Beispiel des 22-jährigen eine Segenspur zurück“, hat die Be- Arbeitgeber treiben es diesmal ganz auf Radu zeigte Peter Maile auf, welches triebsseelsorge dazu eingeladen, für die die Spitze: Nur zweimal 1,5 % Entgelter- Vermächtnis [im übertragenen Sinne] Verstorbenen ein Hoffnungslicht zu höhung, keine Wegezeitentschädigung, sie uns hinterlassen. entzünden. keine echte Angleichung Ost an West, „Passt auf euch auf, nehmt euch Zeit sondern den Westen "einfrieren", so für eure Sicherheit am Arbeitsplatz, sie Harnack bei der Protestaktion. duldet keinen Fehler, arbeitet mit Herz Im zweiten Teil, der im Tunnel statt- und Verstand und: Vollgas ist gut, aber fand, ging der Betriebsseelsorger in selbst der beste Motor muss gewartet seiner Predigt auch auf die tödlich ver- werden. Wir haben es ein Stück weit unglückten Bauleute ein. Sie machen selbst in der Hand, wie wir arbeiten
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