Didaktik der Physik Frühjahrstagung - Bonn 2020 - PhyDid

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Didaktik der Physik
                                                                        Frühjahrstagung – Bonn 2020

           Vergleichsstudie zum Computereinsatz in der Newton’schen Mechanik
                                    Jannis Weber*, Thomas Wilhelm*

                  *Goethe-Universität Frankfurt, Max-von-Laue-Str. 1, 60438 Frankfurt a. M.
                      weber@physik.uni-frankfurt.de, wilhelm@physik.uni-frankfurt.de

       Kurzfassung
       Die Grundaussagen der Newton’schen Mechanik sind aufgrund vielfältiger und dazu scheinbar
       widersprüchlicher Alltagswahrnehmungen für Schülerinnen und Schüler nur schwer zu erlernen.
       Dies zeigt sich in einem nicht angemessenen Kraftverständnis und aus fachlicher Sicht hartnäcki-
       gen Fehlvorstellungen im Bereich der Mechanik.
       Hier wird eine Vergleichsstudie vorgestellt, bei der die durchgeführten Interventionen die Verbes-
       serung des Konzeptverständnisses der Newton’schen Mechanik zum Ziel haben. Es wird mit rea-
       len Experimenten gearbeitet und Reibungseinflüsse werden bewusst thematisiert und diskutiert.
       Vertieft werden dabei die grundlegenden Gesetze der Mechanik. Dabei wird einerseits der Ansatz
       gewählt, dass Lernende reale Bewegungen selbst am Computer modellieren und mit der Realität
       vergleichen und diese andererseits mit Videoanalyseprogrammen analysieren. Die vorläufigen Er-
       gebnisse deuten an, dass die Interventionen wirksam für das Verbessern des Konzeptverständnis-
       ses sind. Außerdem wird auf die spezifischen Unterschiede zwischen beiden Interventionen einge-
       gangen.

1. Einleitung                                              titativ zu betrachten. Ein solches Hilfsmittel kann
Schüler(fehl)vorstellungen halten sich in der Me-          hier der Computer darstellen.
chanik besonders hartnäckig und sind sehr gut er-          Einerseits kann der Computer genutzt werden, um
forscht [1]. Ein Erklärungsansatz dafür ist die Tatsa-     Bewegungen zu modellieren. Dabei kann sich der
che, dass die Mechanik sich mit der direkten Le-           Nutzer bzw. die Nutzerin Gedanken über die auf
benswelt der Schülerinnen und Schüler beschäftigt          einen Körper wirkenden Kräfte machen und so das
und sich die Schülervorstellungen somit im Laufe           zu einer Bewegung gehörende mathematische Mo-
des Lebens der Lernenden festigen konnten.                 dell erstellen. Es sollte selbst entschieden werden, ob
Die Schulmechanik steht also vor der Aufgabe, den          Reibung in einem konkreten Fall einbezogen werden
Schülerinnen und Schülern physikalisch korrekte            muss oder nicht. Es wird also ein theoretisches Mo-
und tragfähige Konzepte zu liefern, sodass sie neben       dell erstellt, was dann mit der Realität verglichen
ihren bestehenden Präkonzepten die physikalisch            werden kann.
erwünschten aufnehmen und diese in Aufgaben                Andererseits kann der Computer zur Messung und
nutzen. Dies erweist sich erfahrungsgemäß als              Auswertung von Experimenten genutzt werden.
schwierig.                                                 Dabei können Messdaten dargestellt und interpretiert
Schülerinnen und Schüler gehen zu einem Großteil           werden, wobei der Einfluss von Reibung qualitativ
davon aus, dass eine Kraft in Bewegungsrichtung            besprochen werden kann. Ein Beispiel hierfür ist die
wirken müsse, damit sich etwas bewegen kann. Dies          Videoanalyse, die mit einfachen Mitteln eine Analy-
ist aus Alltagssicht naheliegend, da man z. B. auf         se von alltäglichen Bewegungen ermöglicht. Hier
dem Fahrrad dauerhaft in die Pedale treten muss, um        wird also von Messdaten eines Experiments ausge-
mit einem bestimmten Tempo zu fahren und auch im           gangen und diese mit der dahinterliegenden Theorie
Auto wird das Gaspedal konstant betätigt, wenn es          verknüpft und erklärt.
sich mit einer gleichbleibenden Geschwindigkeit            2. Theoretischer Hintergrund
bewegt. Ohne eine Thematisierung der Reibung ist
für Schülerinnen und Schüler die Notwendigkeit             2.1. Mathematische Modellbildung
nicht ersichtlich von ihren Konzepten auf die der          Mathematische Modellbildung bezeichnet die „Kon-
Newton’schen Mechanik überzugehen.                         struktion eines Netzwerks physikalischer Begriffe
Eine Thematisierung von Reibung stellt den Physik-         und Beziehungen, mit denen das Verhalten eines
unterricht aber vor mathematische Probleme. Es ist         physikalischen Systems beschrieben und vorherge-
nicht möglich, reale Bewegungen, bei denen mehre-          sagt werden kann“ [2]. Mathematische Modellbil-
re Kräfte wirken, die möglicherweise geschwindig-          dung für den Physikunterricht ist keine neue Idee
keits- oder ortsabhängig sind, ohne Hilfsmittel quan-      und wurde schon in den 1980er-Jahren eingesetzt.
                                                           Die Art und Weise und verwendete Software hat

                                                                                                              375
Weber, Wilhelm

sich seitdem grundlegend verändert [3]. In den frü-     Insgesamt haben Studien zur Videoanalyse bereits
hen Jahren wurde das Programm nahezu ausschließ-        zeigen können, dass Probanden bei der Nutzung
lich von der Lehrkraft bedient. Dabei wurde meist       einen Vorteil beim Interpretieren von Bewegungs-
auf die Nutzung von Programmiersprachen wie             graphen [17] und dem Konzeptverständnis zum
„Basic“ oder „Pascal“ zurückgegriffen. Möglich ist      Bremsvorgang haben [18]. Außerdem konnten posi-
die mathematische Modellbildung auch mit Tabel-         tive Effekte auf Motivation und Neugierde gemessen
lenkalkulationsprogrammen wie Microsoft Excel,          werden [19]. Es konnte gezeigt werden, dass das
wobei in beiden Fällen die sogenannte „Methode der      Konzeptverständnis insbesondere bei anspruchsvol-
kleinen Schritte“ genutzt wird. Graphische Modell-      len Aufgaben in der Kinematik durch den Einsatz
bildungsprogramme bieten hingegen den Vorteil,          von Videoanalyse stärker als durch normalen Unter-
dass die zugrundeliegende Struktur des mathemati-       richt verbessert wird [20]. Die Nutzung von multip-
schen Modells visuell dargestellt wird. Außerdem        len Repräsentationen [21], wie bspw. Graphen oder
gibt es gleichungsbasierte Modellbildungssoftware,      Vektorpfeilen in Kombination mit Videos, kann sich
in der lediglich die wirkenden Kräfte, die Anfangs-     positiv auf den Lernzuwachs auswirken [22]. Insge-
bedingungen und die Masse eines Objekts eingege-        samt sind die Forschungsergebnisse zur Videoanaly-
ben werden müssen, was die Bedienung vereinfacht.       se aber weitestgehend auf den Bereich der Kinema-
Jede dieser Arten der Modellbildung bringt Vor- und     tik beschränkt. In dieser Studie wird der Einsatz der
Nachteile mit sich und muss je nach Zielsetzung des     Software „measure dynamics“ [23] für Laptops im
Unterrichts eingesetzt werden.                          Bereich der Dynamik erforscht.
Forschungen zum Einsatz der mathematischen Mo-          3. Zielsetzung der Studie
dellbildung zeigen, dass insbesondere in der Sekun-
darstufe die zum Teil weitreichenden Erwartungen        Die Studie betrachtet Schülerinnen und Schüler, die
bisher nicht erfüllt werden konnten [4; 5]. Dennoch     bereits im normalen Schulunterricht die New-
konnte gezeigt werden, dass der Einsatz von graphi-     ton’schen Gesetze behandelt haben. Sie soll untersu-
schen Modellbildungsprogrammen im Vergleich             chen, inwiefern eine anschließende Intervention zur
zum normalen Unterricht eine Verbesserung der           Newton`schen Dynamik mit mathematischer Mo-
halb-quantitativen Beschreibung von mechanischen        dellbildung bzw. Videoanalyse wirksam für das
Bewegungen bewirkte [6]. Benacka konnte einen           weitere Erlernen bzw. Vertiefen der Dynamik ist.
motivierenden Effekt von Modellbildung mit Excel        Neben der Wirksamkeit der Interventionen ist au-
bei Oberstufenschülern zeigen [7; 8; 9]. In Universi-   ßerdem eine differenziertere Betrachtung von Inte-
täten konnte sich „VPython“ [10], mit dem man           resse, bei der es darum geht, ob sich die Interventio-
mithilfe der Python-Programmiersprache einfach          nen im Lernzuwachs unterscheiden und ob es Unter-
3D-Animationen erstellen kann, zur Modellbildung        schiede in verschiedenen inhaltlichen Bereichen
etablieren [11]. In Schulen scheint dessen Einsatz      gibt.
mit mehr Problemen daherzukommen [12].
                                                        4. Studiendesign
Gerade wenn Lernende die Software selbstständig
nutzen sollen, ist eine intuitive und einfache Bedie-   Um die Forschungsfragen zu beantworten wurde
nung wichtig. Daher wird der Einsatz des glei-          eine quasi-experimentelle Studie im Prä-Post-Design
chungsbasierten Modellbildungsprogramms „New-           durchgeführt [24]. Dazu wurde eine Intervention zur
ton-II“ [13] erforscht, zu dem es bisher keine empi-    Dynamik mit mathematischer Modellbildung (mit
rischen Untersuchungen gibt. Hier steht der Zusam-      „Newton-II“) und eine mit Videoanalyse (mit „mea-
menhang zwischen Kräften und Bewegung im Mit-           sure dynamics“) erstellt, welche sich nur im Einsatz
telpunkt, während die kinematischen Zusammen-           der Software unterscheiden. Dabei werden jeweils
hänge vom Programm automatisch berechnet wer-           vier Experimente durchgeführt (Fallbewegung mit
den.                                                    Reibung, abschnittsweise beschleunigte Bewegung
                                                        eines Wagens, schiefer Wurf mit und ohne Reibung,
2.2. Videoanalyse                                       Kreisbewegung), welche daraufhin in Partnerarbeit
Videoanalyse ist eine kontaktlose Messmethode, die      mit dem Computer modelliert oder analysiert wer-
es erlaubt, zweidimensionale Bewegungen auf eine        den. Die Probanden arbeiten nach einer Einführung
einfache Art zu analysieren und die gewonnenen          in das Programm selbstständig mit der Software. Die
Daten auf vielfältige Weise darzustellen. Im Ver-       Klassen (E-Phasen/11. Klassen) besuchen dazu das
gleich zu Messwerterfassungssystemen sind gerade        Schülerlabor der Goethe-Universität Frankfurt und
diese einfach zu nutzenden Darstellungsmöglichkei-      werden klassenweise zu einer der beiden Interven-
ten ein großer Vorteil. Auch die Videoanalyse wird      tionen zugeordnet. Der Vortest wird in der Schule
bereits seit vielen Jahren im Physikunterricht einge-   durchgeführt, während der Nachtest direkt im An-
setzt [14] und hat sich in den letzten Jahren, auch     schluss an die Intervention folgt. Die Interventionen
durch verbesserte Software, zunehmend etabliert         nehmen dabei ca. 3,5 Stunden (mit einer Pause) in
[15; 16]. Videoanalyse kann an Laptops, Tablets und     Anspruch, wonach sich direkt der Nachtest an-
Smartphones durchgeführt werden, die unterschied-       schließt.
liche Vor- und Nachteile mit sich bringen.

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Vergleichsstudie zum Computereinsatz in der Newton’schen Mechanik

5. Vorläufige Ergebnisse                                   kante Zugewinne in beiden Teilgruppen. Hinzu
Für die Durchführung der Studie wurde für das erste        genommen wurde eine Skala zum 3. Newton’schen
Halbjahr 2020 eine Teilnahme von 33 Klassen mit            Gesetz aus dem FCI-Test [26], welche als inhaltliche
insgesamt ca. 630 Schülerinnen und Schülern organ-         Kontrollskala dient, da das Wechselwirkungsprinzip
siert. Als die Hälfte der Klassen teilgenommen hatte,      nicht Teil der Intervention ist. Während der Zuge-
gab es in Folge der Corona-Krise eine Schulschlie-         winn bei den ersten vier Skalen den Erwartungen
ßung und die Vorgabe, dass im ganzen Schuljahr             entspricht, erstaunt der Zugewinn bei der Kon-
keine außerschulischen Aktivitäten mehr stattfinden        trollskala „3. Newton’sches Gesetz“ zunächst (siehe
dürfen.                                                    Abb. 2).
Nach der bisherigen Durchführung der Intervention
mit 17 Klassen haben N = 246 Lernende (davon 106
weiblich) an Vortest, Intervention und Nachtest
teilgenommen. Mit diesen Daten sollen einige Er-
gebnisse vorgestellt werden.
5.1. Konzeptverständnis
Zum Testen des Konzeptverständnisses wurde ein
Test mit 19 Items erstellt und pilotiert [25]. Wenn
man damit den Zuwachs im Konzeptverständnis
betrachtet (siehe Abb. 1), können beide Interven-
tionsformen als erfolgreich angesehen werden. Der          Abb. 2: Anteil an richtigen Antworten für beide Gruppen
Unterschied in diesen 19 Items zwischen Vor- und           in den Skalen in Vor- und Nachtest mit Standardfehler.
Nachtest war in beiden Gruppen höchst signifikant          Signifikanzniveau: *** p < 0,001
mit Effektstärken von r = 0,74 (Modellbildung) bzw.
r = 0,76 (Videoanalyse), was jeweils einem großen          Wenn man sich die Items einzeln anschaut, ergibt
Effekt entspricht und insbesondere erfreulich ist, da      sich ein differenzierteres Bild. Es ist zu erkennen,
die Interventionen eine Vertiefung nach dem eigent-        dass die Veränderung der Skala nur auf ein Item
lichen Unterricht der Newton’schen Gesetze dar-            zurückzuführen ist (siehe Abb. 3). In diesem Item
stellten.                                                  wird nach den Kräften auf einen PKW und einen
                                                           LKW gefragt, während der PKW den LKW mit
                                                           konstanter Geschwindigkeit vor sich herschiebt.
                                                           Eine Hypothese zur Erklärung des größeren Anteils
                                                           richtiger Antworten ist hier, dass die Probanden
                                                           durch die Intervention gelernt haben, dass eine kon-
                                                           stante Geschwindigkeit immer mit einem Kräf-
                                                           tegleichgewicht einhergeht und diese Erkenntnis
                                                           fälschlicherweise auf die Gleichheit von zwei an
                                                           unterschiedlichen Körpern angreifenden Kräften
                                                           übertragen haben (Wechselwirkungsprinzip), was
                                                           eine typische Schülerfehlvorstellung ist [1].

Abb. 1: Boxplots der Punktzahlen (von maximal 19)
beider Gruppen in Vor- und Nachtest.
In der Pilotierung wurden vier inhaltliche Skalen          Abb. 3: Anteil an richtigen Antworten für beiden Gruppen
gefunden [25], die eine differenziertere Betrachtung       in den Skalen in Vor- und Nachtest mit Standardfehler.
erlauben. Diese Skalen wurden „Beschleunigungsdi-          Signifikanzniveau: *** p < 0,001, n. s. nicht signifikant
agramme“, „1. Newton’sches Gesetz“, „Bewegung
bei bekannter Kraft“ und „Kraft bei bekannter Be-          Beim inhaltlichen Lernzuwachs scheint es zwischen
wegung“ genannt. Dabei wurde bewusst eine rein             den Gruppen keinen Unterschied zu geben. Es konn-
kinematische Skala in den Test einbezogen, während         te weder ein Unterschied im gesamten Lernzuwachs
die beiden letztgenannten sich zusammen als Ver-           (Abb. 4) noch in den Skalen „Beschleunigungsdia-
ständnis des 2. Newton’schen Gesetzes interpretie-         gramme“, „1. Newton’sches Gesetz“, „Kraft zu
ren lassen. Bei allen Skalen gibt es höchst signifi-

                                                                                                                377
Weber, Wilhelm

Bewegung“, „Bewegung zu Kraft“ und                   „3.   Die Videoanalyse und deren Möglichkeiten zur
Newton’sches Gesetz“ gefunden werden.                      Aufbereitung von Daten scheint ebenso für das Ler-
                                                           nen der Dynamik geeignet. Auch wenn die Software
                                                           die Verknüpfung zwischen Bewegung und Kräften
                                                           nicht selbst herstellt, kann die Analyse der kinemati-
                                                           schen Größen mit den richtigen Fragen zu einem
                                                           besseren Kraftverständnis führen und Schülerfehl-
                                                           vorstellungen reduzieren.
                                                           7. Ausblick
                                                           Durch die Schulschließungen im Schuljahr 2019/20
                                                           konnten nicht so viele Klassen wie geplant teilneh-
                                                           men. Um eine repräsentativere Stichprobe zu erhal-
Abb. 4: Durchschnittliche Punktzahlen im gesamten Test     ten und gerade auch bei Subgruppen belastbare Aus-
(von 19) zur Newton’schen Dynamik in Vor- und Nachtest     sagen treffen zu können, erscheint es sinnvoll, weite-
von beiden Gruppen mit Standardfehler.                     re Klassen an der Erhebung teilnehmen zu lassen.
                                                           Es wurden zudem weitere Daten erhoben, die es
5.2. Modellverständnis
                                                           ermöglichen, die Interventionen differenzierter ver-
Der durchschnittliche Score in der Skala zu Einstel-       gleichen zu können. Dazu gehören die Rückmeldun-
lungen zu Modellen in der Physik, in der verschie-         gen der Lernenden zu verschiedenen Aspekten der
dene Items zu der Bedeutung von Modellen für die           Intervention. Weiterhin ist es interessant zu betrach-
Physik enthalten sind, war bei der Gruppe der Mo-          ten, ob aufgrund des erhobenen Interesses am Expe-
dellbildung im Nachtest signifikant höher als im           rimentieren und an theoretischen Zusammenhängen
Vortest (mit Effektstärke von d = 0,40) während sich       Schülertypen unterschieden werden können, die sich
in der Gruppe der Videoanalyse nichts änderte (siehe       möglicherweise im Lernzuwachs unterscheiden und
Abb. 5). Es lässt sich also sagen, dass das eigenstän-     zu untersuchen, ob deren Lernzuwachs mit dem
dige Modellieren von Bewegungen zu einer Verän-            Gruppenfaktor wechselwirkt. Eine genauere und
derung der Ansichten über Modelle führt, auch wenn         nicht ausschließlich dichotome Auswertung der
die Eigenschaften von Modellen nicht explizit the-         Schülerantworten erlaubt außerdem Rückschlüsse
matisiert werden.                                          auf die dahinterliegenden Präkonzepte.
                                                           Der in der Studie gemessene Cognitive Load kann
                                                           einen Erklärungsansatz für den gemessenen Lern-
                                                           zuwachs bieten. Ein weiterer Punkt wird die Be-
                                                           trachtung sein, wie in den verschiedenen Interven-
                                                           tionen mit dem Computer gearbeitet wird. Dies kann
                                                           auch helfen, die durch die quantitativen Daten ge-
                                                           wonnenen Aussagen zu begründen. Speziell beim
                                                           Modellieren ist es von Interesse, wie zielgerichtet
                                                           Schülerinnen und Schüler bei der Nutzung von Mo-
                                                           dellbildungssoftware vorgehen. Dazu wurden bei
                                                           Durchführung der Interventionen Bildschirmvideos
Abb. 5: Durchschnittlicher Score (von 5) in der Skala      mit den Gesprächen in den Zweiergruppen aufge-
"Modelle in der Physik" in Vor- und Nachtest von beiden    nommen, die noch ausgewertet werden müssen.
Gruppen mit Standardfehler.
                                                           8. Literatur
6. Fazit
                                                           [1] Schecker, H.; Wilhelm, T. (2018): Schülervor-
Es scheint, als seien beide Interventionen zum Ver-            stellungen in der Mechanik. In: Schecker, H.,
tiefen der Newton’schen Dynamik geeignet, wobei                Wilhelm, T., Hopf, M., Duit, R. (Hrsg.). Schü-
keine Unterschiede im Lernzuwachs zwischen den                 lervorstellungen und Physikunterricht. Ein
beiden Methoden gefunden werden konnten.                       Lehrbuch für Studium, Referendariat und Un-
Das bedeutet auch, dass hier im Gegensatz zu vielen            terrichtspraxis, Berlin: Springer Spektrum
bisherigen Studien mit Software zur mathematischen         [2] Schecker, H. (1998): Physik-Modellieren. Gra-
Modellbildung auch bei der selbstständigen Nutzung             fikorientierte Modellbildungssysteme im Phy-
des Programms keine großen, für den Lernprozess                sikunterricht, Stuttgart: Klett-Verlag
hinderlichen Schwierigkeiten beobachtet wurden.            [3] Weber, J.; Wilhelm, T. (2020): The benefit of
Das Programm „Newton-II“ und damit die glei-                   computational modelling in physics teaching: A
chungsbasierte Modellbildung scheint bei Bereitstel-           historical overview. In: Eur. J. Phys.
lung der nötigen Hilfen für den Einsatz im Schulun-            https://doi.org/10.1088/1361-6404/ab7a7f
terricht geeignet zu sein.                                 [4] Hucke, L. (1999): Handlungsregulation und
                                                               Wissenserwerb in traditionellen und computer-

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Vergleichsstudie zum Computereinsatz in der Newton’schen Mechanik

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                                                                                                                379
Weber, Wilhelm

     Chemie und Physik, Jahrestagung in Wien
     2019, Band 40
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