Die Energiewende und deren Einfluss auf verschiedene Branchen - Vortrag im Rahmen des 15. Wirtschaftsempfangs der Stadt Waltrop Stadthalle Waltrop ...
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Die Energiewende und deren Einfluss auf verschiedene Branchen Vortrag im Rahmen des 15. Wirtschaftsempfangs der Stadt Waltrop Quelle: Earth in flames © Ikon Images/Corbis Stadthalle Waltrop 7.11.2019 Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 1
Inhalt 1. Klimawandel 2. Gegenmaßnahmen am Beispiel Energiesektor 3. Energiewende und Klimapaket 4. Auswirkungen der Klimapolitik auf verschiedene Branchen: a. Automobilbranche b. Gebäudetechnik: Heizung, Lüftung, Klima, Digitalisierung c. Stromerzeugung d. Ernährung 5. Stromverbrauch von Informations- und Kommunikationstechnik Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 2
Was ist ein ppm? Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel von 1960 bis 2014 CO2 in der Erdatmosphäre Source:https://de.wikipedia.org/wiki/Keeling- Kurve#/media/File:Mauna_Loa_Carbon_Dioxide.svg 3
CO2 – Eintrag in die Erdatmosphäre Verbrennung von fossilen Energieträgern in 2014: • Kohle: 5 648 Mt, entspricht 5083 Mt C, entspricht 18 638 Mt CO2 • Öl: 4 200 Mt, entspricht 3570 Mt C, entspricht 13 090 Mt CO2 • Erdgas: 2 893 Mt, entspricht 2112 Mt C, entspricht 7 744 Mt CO2 • In Summe also 39 472 Mt p.a. • Masse der Luft auf der Erde: 5,15 Mrd. Mt • Verhältnis CO2-Emission p.a. zu Masse Luft = 39 471 Mt / 5,15 Mrd. Mt = 7,66*10-6, enstpr. 5,05 ppm Molekülanteil • Davon verbleibt knapp die Hälfte (gut 2 ppm) in der Luft, der Rest geht ins Meer. • D.h. Der Anstieg der CO2-Konzentration ist eindeutig den anthropogenen Emissionen zuordnen! (siehe Diagramm auf der vorherigen Folie) (C = Kohlenstoff) Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 4
Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Wirkung von CO2 in der Erdatmosphäre 6 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Earth%27s_greenhouse _effect_(US_EPA,_2012).png
Temperaturanstieg bis 2018 Null ist bei der Durchschnittstemperatur von 1950 bis 1980. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 7
Anstieg des Meeresspiegels seit 1970 https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Slr_prediction_med.jpg Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 8
Gletscherschmelze in den Alpen http://www.gletscherarchiv.de/fotovergleiche/gletscher_liste_oesterreich Großglockner, Hoffmannshütte, Kärnten, Österreich, um 1950 / 2011 Berliner Hütte, Zillertal, Tirol, Österreich, um 1900 / 2003 / Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 9
Das Restbudget am CO2 Emissionen • Das ist die nötige Aktion. • Das muss die Menschheit hinkriegen! • Wird sie das schaffen? • Im Moment sieht es nicht danach aus! • Die Maßnahmen, die hier gefordert sind, werden sehr einschneidend sein! • Diese Maßnahmen müssen von der Politik initiiert werden! • Bei der Umsetzung wird es Gewinner und Verlierer geben. • Max Frisch: „Man ist nicht Realist, indem man keine Idee hat.“ Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 10
Das Pariser Klimaschutzabkommen • Am 12.12.2015 wird auf der UN-Klimakonferenz in Paris ein Abkommen verabschiedet mit dem Ziel die menschen- gemachte Klimaerwärmung auf unter 2°C gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen • Inkrafttreten am 4.11.2016 • Bis November 2017 erkennen alle Staaten der Welt das Abkommen an (letzter Unterzeichner war Syrien) • Mitte 2017 beschließen die USA, die es zuvor auch unterzeichnet hatten, wieder auszutreten. • Experten analysieren die Auswirkungen der nationalen Programme der einzelnen Staaten und berechnen, dass damit der Temperaturanstieg wohl 2,7°C betragen würde. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 11
Greta Thunberg • Hat den „Schulstreik fürs Klima“ ins Leben gerufen. • Daraus wurde bald „Fridays for Future“ • „Ich will, dass Ihr in Panik geratet …..“ • „…… ich will, dass Ihr handelt, als wenn Euer Haus brennt, denn das tut es!“ Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 12
Sektorenkopplung Energiewende Zwischenbilanz 2018: • Nettostromerzeugung: 38,2 % REN (steigend) • Verkehrssektor: 5,6 % REN (stagnierend) • Wärmesektor: 13,9 % REN (stagnierend) Quelle: AGEE-Stat (Icons von Freepik/flaticon.com und Sabathius/openclipart.org) Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 13
Sektoren- Daten für Deutschland kopplung Strom • Der heutige REN-Anteil im Stromsektor besteht im Wesentlichen aus Sonne (PV) und Wind und Biomasse. • Signifikantes Steigerungen sind nur noch im Bereich PV und Wind realisierbar. Aber diese beiden Technologien liefern leider nur fluktuierenden Strom. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 14
Sektoren- Daten für Deutschland kopplung Verkehr Quelle: AGEE-Stat (Icons von Freepik/flaticon.com und Sabathius/openclipart.org) • Der heutige REN-Anteil im Verkehrssektor besteht im Wesentlichen aus Beimischung von biomassebasierten Kraftstoffen zu Benzin und Diesel. Dieser Anteil lässt sich nicht weiter steigern (Stichwort „Teller-Tank-Diskussion“). • Ein signifikantes Eindringen der REN in den Verkehrssektor wird nur gelingen durch Elektromobilität. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 15
Sektoren- Daten für Deutschland kopplung Wärme • Der heutige REN-Anteil im Wärmesektor besteht im Wesentlichen aus der Verbren- nung von Biomasse (Holz, Holzpellets, Biogas). Auch dieser Anteil lässt sich in Deutsch- land nicht mehr wesentlich steigern (industrielle Waldnutzung vs. Naturschutz). • Ein signifikantes Eindringen der REN in den Wärmesektor wird nur gelingen durch Power to Heat (P2H) und zwar mit* und ohne* Wärmepumpen (WP). * Mit WP bei Grundlastanwendungen und ohne WP bei Anwendungen zur Verwertung von Überschussstrom Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 16
Sektorenkopplung Beispiel für sonnenreiche Tage in Deutschland https://www.agora-energiewende.de/service/agorameter/chart/power_generation Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 17
Sektorenkopplung Beispiel für windreiche Tage in Deutschland https://www.agora-energiewende.de/service/agorameter/chart/power_generation Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 18
Wasserstoff als Energiespeicher (P2G) Wirkungsgradkette H2 (gasförmig) bei der Stromspeicherung: Ausgangspunkt: Eine Strommenge von 100 KWhel Energieform Prozessschritt 100 kWhel Elektrolyse mit η = 75% 75 KWh in 2,25 kg H2 Verdichtung mit Stromaufwand von 13,5 kWhel (6 kWh / kg) 75 KWh in 2,25 kg H2 Verstromung in GuD oder Brennstoffzelle mit η = 60% 45 kWhel Der Gesamtwirkungsgrad von Strom zu Strom beträgt nun 45/113,5 = 39,6%. Damit ist der sog. Round Trip Wirkungsgrad deutlich schlechter als der von Pumpspeicher (75%). Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 19
Sektorenkopplung, Verkehr • Durch batteriebetriebene Elektrofahrzeuge besteht die Möglichkeit, den Verkehr auch mit REN zu betreiben. • Speziell bei Fahrzeugbesitzern mit PV-Anlagen auf dem Hausdach werden oft REN Anteile von über 80% am Ladestrom erreicht. • Auch bei E-Autos, die tagsüber beim Arbeitgeber oder beim Einkaufen in Parkhäusern geladen werden, ist der REN Anteil (speziell im Sommer) wegen des hohen PV-Mittagspeaks (siehe „Agorameter“-Graphik) sehr hoch. • Durch die zusätzliche Stromnachfrage zur Mittagszeit wird der PV-Peak sinn- voll genutzt, und die teure Zwischen- speicherung zur späteren Nutzung entfällt. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 20
Sektorenkopplung, Wärme, P2H • Strom kann durch zwei verschiedene Technologien in Wärme umgewandelt werden: Widerstandsheizung (ohmscher Widerstand) Wärmepumpe, WP • Dabei wird die WP vor allem im Grundlastbereich eingesetzt, und die Widerstandsheizung vor allem zur Nutzung von Stromerzeugungsspitzen, die sonst verworfen werden würden. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 21
Sektorenkopplung, Wärme • Im Sektor Raumwärme ist die WP demnach ein Ersatz für die heute noch dominierenden Gas- und Ölheizungen. • Eine Widerstandsheizung kann genutzt werden um den Warm- wasserspeicher oder den Pufferspeicher der Heizung aufzu- heizen, wenn der Strom sehr billig ist (billiger als Öl oder Gas). • Achtung: Wenn sehr viele Haushalte mit WP heizen werden, und an sehr kalten Tagen der Strom knapp wird (sog. „Dunkel- flaute“), dann wird der Strom zum Heizen an diesen Tagen sehr teuer werden. Dann ist es gut, einen holzgefeuerten Kamin oder einen Öl- bzw. Gaskessel als Reserve zu haben. • Für solche Tage wird es eine Reserve an fossilen Kraftwerken geben, die dann sehr teuer Strom erzeugen wird (hohe Kapitalkosten wegen der kurzen Laufzeiten). Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 22
Verwendung der Stromüberschüsse Nebenstehendes Diagramm zeigt einen wind- und sonnenreichen Tag bei den im Jahre 2019 installierten Wind- und PV Kapazitäten*. * PV: ca. 48 GW, Überschuss [GWh]: 0,0 ∅leistg. [GW]: 70,00 Wind: ca. 60 GW Tagesverlauf Stromerzeugung und -bedarf 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 Grundlast Wind PV fossil Verbrauch Verbrauch [GWh]: 1680,0 Erzeug. fossil [GWh]: 442,3 Erzeug. fossil [%]: 26,3% Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 23
Verwendung der Stromüberschüsse Nebenstehendes Diagramm zeigt das gleiche Diagramm wie auf der vorherigen Seite, aber mit verdoppelter PV-Leistung (ca. 96 GW installiert). • Es gibt nun einen Stromüberschuss von Überschuss [GWh]: 216,0 ∅leistg. [GW]: 70,00 216 GWh an diesem Tag. Tagesverlauf Stromerzeugung und -bedarf • Zum Vergleich: Die deutschen Pump- 140 speicherkraftwerke können ca. 33 GWh 120 speichern. 100 80 • D.h. diese reichen nicht aus, um den 60 Überschuss zu nutzen. 40 20 • Frage: Wie viel Strom brauchen die 0 deutschen Autos, wenn alle 40 Mio. PKW 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 Elektroautos wären? Grundlast Wind PV fossil Verbrauch • Tagesfahrleistung = 40 km Verbrauch [GWh]: 1680,0 • Verbrauch = 20 kWh / 100 km = 0,2 kWh/km Erzeug. fossil [GWh]: 352,8 Erzeug. fossil [%]: 21,0% • E = 40*106 * 40 km * 0,2 kWh/km = 320 GWh • D.h. ca. 2/3 des Strombedarfs des gesamten deutschen Autobestandes könnte mit dem Überschuss geladen werden. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 24
Verwendung der Stromüberschüsse Nebenstehendes Diagramm zeigt das gleiche Diagramm wie auf der vorherigen Seite, aber nun mit ebenfalls verdoppelter Windleistung (ca. 120 GW installiert). • Es gibt nun einen Stromüberschuss von Überschuss [GWh]: 645,0 ∅leistg. [GW]: 70,00 645 GWh an diesem Tag. Tagesverlauf Stromerzeugung und -bedarf • Damit kann der für den gesamten 160 140 deutsche PKW-Bestand benötigte 120 Ladestrom von 320 GWh bereitgestellt 100 80 werden (siehe Rechnung auf vorheriger Folie). 60 • Danach bleibt noch ein Überschuss von 40 20 ca. 325 GWh übrig. Damit kann nun 0 geheizt werden (P2H) oder H2 erzeugt 00:00 01:00 02:00 03:00 04:00 05:00 06:00 07:00 08:00 09:00 10:00 11:00 12:00 13:00 14:00 15:00 16:00 17:00 18:00 19:00 20:00 21:00 22:00 23:00 werden (P2G). Grundlast Wind PV fossil Verbrauch • Fossile Erzeugung nun nur noch 2,5% Verbrauch [GWh]: 1680,0 Erzeug. fossil [GWh]: 41,6 • Zu bedenken: Das Beispiel zeigt einen Erzeug. fossil [%]: 2,5% sonnen- und windreichen Tag. Auch bei den genannten installierten PV- und Windkapazitäten wird oft wesentlich weniger PV- und Windstrom erzeugt werden. • Dann müssen Gaskraftwerke einspringen, die aber mit H2 aus P2G laufen können (d.h. auch REN). Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 25
Wärmeanwendungen als Energiespeicher • Üblicherweise gilt Wärmeerzeugung aus Strom als ineffizient, weil der Strom mit Wirkungsgraden zwischen 45 % (Kohle) und 60% (Gas) aus Wärme erzeugt worden ist. • Vergleich von Strom als Wärmequelle mit Erdgas: Wird eine kWh Strom (in Zeiten mit Stromüberschuss) in einem Haus mit Gasheizung zur Heizung benutzt, so ersetzt sie 1 kWh Erdgas. Aus dem eingesparten 1 kWh Erdgas kann bei Bedarf wieder 0,6 kWh Strom erzeugt werden (Kraftwerkswirkungsgrad 60 %). • Würde man die 1 kWh Strom stattdessen mit H2 speichern und dann bei Bedarf zurückverstromen (P2G), dann würde bei einem round trip Wirkungsgrad von 40% nur 0,4 kWh Strom zurückgewonnen. • Das Verheizen des überschüssigen Strom (P2H) ist also effektiver als die Speicherung in H2 (P2G). • Die dazugehörige Infrastruktur (Wassertank und Heizstab) ist sehr preiswert. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 26
Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung • Am 20.09.2019 beschließt die Bundesregierung ein Klima- schutzpaket, mit dem ein Rückgang der Deutschen CO2- Emissionen ausgelöst werden soll. • Das Paket wird sofort als zu zaghaft kritisiert. • Beispiel CO2-Bepreisung: Ab 2021 soll eine t CO2 mit 10€ besteuert werden. Das entspricht ca. 3 cent pro Liter Benzin/Diesel. • Rechnung: für 1 t CO2 muss 278 kg C verbrannt werden; so viel ist in 327 kg Diesel enthalten; das sind 389 Liter; also 10 € pro 389 Liter = 2,57 cent / Liter Diesel • Ob das eine Lenkungswirkung entfalten wird, darf bezweifelt werden. • Interessant: der VDMA fordert 110 €/t, das sind ca. 28,3 cent/L Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 27
Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung • Neben der Besteuerung von CO2 enthält das Klimaschutzpaket viele weitere Maßnahmen, z.B.: • Verringerung der MwSt. auf Bahntickets (Bahnfahren verbraucht wenig Energie im Vgl. zum Auto oder Flugzeug) • Zusätzliche Gebühren auf Flugreisen • Förderung der Elektromobilität durch Verlängerung der Kaufprämie und Aufbau von Ladeinfrastruktur Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 28
Welche Veränderungen kommen auf welche Branche zu? Im Folgenden werden hier die Auswirkungen auf vier Branchen diskutiert: 1. Verkehr, insbesondere Automobilbranche 2. Gebäude: Heizung, Dämmung, Digitalisierung 3. Stromerzeugung 4. Ernährung Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 29
1. Der Verkehrssektor • Bei voller Auslastung haben die gelisteten Verkehrsmittel ca. die folgenden Energieverbräuche (in Liter Benzinäquivalent pro Passagier und 100 km): • Fernbus: 0,5 • Auto: 2,0 • Bahn: 2,5 • Flugzeug 3,0 • Bei realistischer Auslastung ist der Bus weiterhin vorn und Bahn, Auto und Flugzeug ca. gleichauf. • Aber: Die Bahn fährt über 95% mit Strom, und der wird von Jahr zu Jahr grüner (in 2018: 38 % Erneuerbare Energien, EE) Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 30
1. Der Verkehrssektor Automobile: • Elektroautos ermöglichen den Einsatz von nichtfossiler Energie: • Batterieelektrisch: Laden mit Strom aus EE • Wasserstoff: Wasserstoff aus Strom aus EE • Wie ist das heute? • Deutscher Strommix in 2019: ca. 40% EE • Deutsche Wasserstofferzeugung: nur ca. 5% aus Strom, der Rest aus fossilen Energien, meist Erdgas • Aber: Der Strom wird immer grüner, und der Wasserstoffanteil aus Strom wächst ebenfalls. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 31
1. Der Verkehrssektor Automobile: • Was ist besser? Batterieelektrisch oder Wasserstoff? • Wasserstoffautos sind auch Elektroautos. Der Strom für den Elektromotor wird durch die Oxidation von Wasserstoff in einer Brennstoffzelle, BZ an Bord erzeugt. • Vorteil Wasserstoff: Wasserstoff speichert ca. 150 mal mehr Energie pro Kilogramm als eine LiIon Batterie. D.h. eine 100 kWh Batterie (z.B. Tesla Model S) wiegt 500 kg, während dieselbe Energie in nur 3 kg Wasserstoff gespeichert ist. • Nachteil Wasserstoff: Strom wird in Wasserstoff verwandelt (Elektrolyse) und danach in der BZ wieder in Strom zurück. Dabei kommt am Ende ca. 1/3 des ursprünglich vorhandenen Stroms wieder heraus. Bei einer LiIon Batterie kommt 95% des Stroms wieder heraus. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 32
1. Der Verkehrssektor Automobile: • Welche Technologie wird das Rennen machen? • Kurzstreckenfahrer werden batterieelektrisch fahren. • Langstreckenfahrer und Mischnutzer werden die BZ bevorzugen. Meine Prognose: • Die meisten Fahrzeuge werden eine Mischung an Bord haben: • Batterie für die kurzen Strecken und BZ plus Wasserstofftank für die langen Strecken (Die BZ also als Range Extender, REX) • So kann man die hohe Effizienz der Batterie mit der hohen Reichweite durch Wasserstoff miteinander verbinden. • Die BZ braucht nur eine kleine Leistung zu haben (ca. 30 kW), weil die Batterie als Puffer für die Leistungsspitzen dient. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 33
1. Der Verkehrssektor Auswirkungen auf Automobilhersteller und Zulieferer: Verlierer: • Hersteller von Bauteilen für Verbrenner: Verbrennungsmotor, Auspuff, Abgasreinigung, Einspritzsysteme, Luftfilter • Infrastruktur: Tankstellen innerorts und an Landstraßen Unverändert: • Hersteller von Bauteilen, die jedes Auto braucht: Chassis, Karosserie, Sitze, Licht, Armaturenbrett, Sicherheitssysteme Gewinner: • Hersteller von Bauteilen für den Elektroantrieb: E-Motor, Leistungselektronik, Batterie, Kabelbäume • Infrastruktur: Ladestationen, Abrechnungssysteme, Geschäftsmodelle für Destination Charging, PV-Installateure Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 34
1. Der Verkehrssektor Auswirkungen auf Autowerkstätten und -händler: Handlungsempfehlungen: Das E-Auto kommt! Händler: • Wenn die vertretene Marke E-Autos anbietet sollte man diese auch aktiv bewerben (in den Medien und im Ausstellungsraum) • Jetzt entscheidet sich, welcher Händler als E-Auto Experte gilt, und welcher nicht. Viele Händler nehmen den Trend nicht ernst! • Wenn Ihre Marke den Trend verpennt: Marke wechseln! Werkstätten: • Schulen Sie Ihr Werkstattpersonal auf E-Autos! • Schaffen Sie entsprechende Werkzeuge und Diagnosegeräte an Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 35
2. Gebäudetechnik Heizungstechnik: Prognosen: • Die Ölheizung geht schneller zurück als bisher. Verbot? • Gasheizung gewinnt kurzfristig (Marktanteile vom Öl), aber langfristig geht auch sie zurück • Pelletheizung wächst stärker als bisher, hat aber auch ihre Grenzen (teuer und Brennstoffbasis ist in D. begrenzt) • Langfristiger Gewinner: Die Wärmepumpe! Das ist auch politisch so gewollt wegen der Sektorenkopplung. Stromüberschüsse werden „verheizt“ (power to heat, P2H) • Fernwärme gewinnt in Gebieten dichter Bebauung. Moderne Systeme mit KWK, P2H und großen Wärmespeichern. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 36
2. Gebäudetechnik Heizungstechnik: Handlungsempfehlungen: Eignen Sie sich Wissen an zu: • Pelletheizungen (vor allem bei Kesselleistungen > 50 kW) • Wärmepumpen (Luft und Boden, incl. des Wärmekollektors) • Fernwärmenetze und -übergabestationen • KWK-Anlagen und evtl. Brennstoffzellen, BZ • P2H • Große Wärmespeicher Verlierer: • Ölkesselhersteller • Öltankbauer und -sanierer Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 37
2. Gebäudetechnik Wärmedämmung: Prognosen: • Der Bund wird umfangreiche Förderprogramme auflegen für Dämmungen: Gewinner: • Fassadendämmer • Fensterbauer • Dachdecker Handlungsempfehlungen für Firmen in diesen Branchen: • Bereiten Sie sich auf einen Boom vor! • Suchen Sie rechtzeitig Personal. Das wird knapp werden! Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 38
2. Gebäudetechnik Photovoltaik, PV: Prognosen: • Bei steigendem Strompreis und weiter sinkenden Preisen für PV wird die Installationsrate bald wieder das Niveau von 2010 erreichen. • Batteriespeicher werden verstärkt eingebaut • E-Auto Laden mit PV-Strom ist stark im Kommen Handlungsempfehlungen für Firmen in diesen Branchen: • Erwerben Sie Wissen über die Schnittstelle PV – Ladestation. • Wichtig: Steuerungssoftware für Lademanagement • Bi-direktionales Laden, d.h. der Strom aus der Autobatterie kann im Haus genutzt werden: ∅ Haushalt verbraucht 10 kWh pro Tag. Das kann eine volle Tesla Batterie (100 kWh) gut eine Woche lang bereitstellen. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 39
3. Kraftwerke Prognosen: • Kohlekraftwerke werden vor 2038 vom Netz gehen (schade um die neuen Kohlblöcke in Datteln und Hamm-Uentrop) • PV-Ausbau bald wieder mit 7 GW pro Jahr • Wind-Ausbau an Land bald wieder bei 5 GW pro Jahr (wie bis 2017) • Wind-Ausbau Offshore mit 2 GW pro Jahr • GuD Kraftwerke werden bald wieder gebaut werden (zur Zeit geht es denen noch schlecht) • Gaskraftwerke werden ab 2025 umgerüstet für Wasserstoffbetrieb (umschaltbar, dual fuel) • Dezentrale KWK-Anlagen als sichere Kapazitätsreserve • Schnellerer Netzausbau (auch grenzüberschreitend) • Stromspeicher (PSKW, P2G, P2H) Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 40
3. Kraftwerke Gewinner: • PV-Projektierer und Installateure • Wind-Projektierer, Hersteller und Installateure (und Wartung) • Stromnetz-Projektierer und Installateure • KWK-Anlagen mit P2H: Hersteller und Installateure • Elektrolyseur-Planer und Hersteller • Smart Grid: Zähler, Installation, Software • Brennstoffzellenhersteller und Installateure • Wasserstoff-Infrastruktur Verlierer: • Kohlekraftwerke: Hersteller, Anlagenbauer, Betreiber • Kohlehändler und -transporteure Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 41
4. Ernährung Prognosen: • Rückgang des Fleischkonsums Wünschenswert aus energetischer Sicht: • Mehr regionale Produkte kaufen (weniger Transport) • Früchte dann kaufen, wenn sie Saison haben (≠ Erdbeeren im Winter) => weniger Transport oder weniger beheiztes Treibhaus Der Mehrpreis von Obst und Gemüse außerhalb der natürlichen Erntezeit geht fast vollständig in Energie (Kraftstoff für Transport oder Brennstoff zur Heizung oder Bestrahlung von Gewächshäusern) Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 42
4. Ernährung Warum verbraucht Fleisch als Nahrungsmittel mehr Natur als pflanzliche Ernährung? • Ein Tier muss ca. 9 Kalorien essen, um nach der Schlachtung 1 Kalorie an Fleisch bereitzustellen. • Das gilt für Schweine, bei Rindern ist es eher 1 zu 14 • Bei Bio-Haltung ist das Verhältnis noch „schlechter“. • Wenn man die Innereien nicht verwertet, ist das Verhältnis noch „schlechter“. • Der Deutsche deckt im ∅ 1/6 seines Energiebedarfes durch Fleisch. • Landbedarf eines Vegetariers: 1 2 3 4 5 6 1 2 3 • Landbedarf eines ∅ dt. Fleischessers: 4 5 6 5 + 9 = 14 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 43
4. Ernährung Lebensmittelhandel / Gastronomie: Handlungsempfehlungen: • Stellen Sie sich auf eine steigende Anzahl Vegetarier ein. • Nehmen Sie auch vegetarische „Wurst“ in Ihr Programm auf (siehe Erfolg von Rügenwalder Mühle). • Es gibt in Deutschland bereits ca. 6 Mio. Vegetarier, Tendenz steigend. • Viehzuchtbetriebe: Anstehende Erweiterungspläne evtl. momentan nicht umsetzen, sondern erst einmal abwarten. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 44
5. Stromverbrauch der Informations- u. Kommunikationstechnik, IKT • Weltweiter Anteil von IKT an den CO2-Emissionen: ca. 3,7% • In Deutschland: IKT hat Stromverbrauch von 47 TWh p.a. (entspr. ca. 7,8% des Gesamtstromverbrauchs von 600 TWh p.a., bzw. 1,2 % des gesamten Energieverbrauchs von 4000 TWh) • Verbraucher sind: TV-Geräte, Computer (PC und Rechen- zentren), Kommunikationsnetze (Handynetze, Internet) • Nutzen von IKT: Schnelle Informationsbeschaffung Ersatz von Reisen Abrechnungssysteme (Smart Grid) • Große Verbraucher: Streaming-Dienste Bitcoin (Stromverbr. In 2018: 45 TWh enspr. 7,5% des dt. Stromverbr.) Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 45
Fazit • Der Klimawandel ist Fakt • Somit sind auch die Gegenmaßnahmen der Regierungen Fakt. • Unternehmer sollten die Maßnahmen beobachten und auf: Chancen Risiken hin analysieren. • Es nützt nichts den bevorstehenden Wandel abzulehnen. • Für viele Branchen ergeben sich große Chancen. Gebäudesektor, E-Mobilität, Wasserstoff, Infrastruktur, Windkraft, Photovoltaik, Stromspeicher, Abrechnungssysteme, Share-Economy • Diese gilt es zu nutzen! • Überwiegen für meine Branche die Risiken, dann sollte man rechtzeitig geeignete Strategien entwickeln. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 46
Vielen Dank für Ihr Interesse. ETR = Studiengang „Energietechnik und Ressourcenoptimierung“ an der HSHL Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 47
Wir brauchen eine CO2 Steuer • Beim Verbrennen von Kohle, Öl und Gas entsteht CO2. • 1 kg Kohle => 3,3 kg CO2 • 1 kg Öl => 3,1 kg CO2 • 1 kg Erdgas => 2,7 kg CO2 • Beispiel: Eine CO2 Steuer von 10 € pro Tonne ergibt folgenden Mehrpreis für: • 1 kg Kohle: 3,3 cent Nach 10 Jahren: • 1 kg Öl 3,1 cent => 1 L Öl: 2,6 cent 52 cent / L • 1 kg Erdgas 2,7 cent => 1 m³ Erdgas: 1,9 cent 38 cent / m³ • Die Grundregel hierbei: Die Steuer muss aufkommensneutral sein, d.h. das Geld muss an anderer Stelle an die Bürger zurückgegeben werden. • Die Steuer muss kontinuierlich steigen. Z.B. 20 € / tonne p.a. • D.h. nach 10 Jahren auf 200 € / tonne p.a. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 48
Weltuntergang? Gab es noch nie! • Diesen Spruch hört man oft von den Leuten, die uns erzählen wollen, dass das alles schon nicht richtig schlimm sein wird. • Der Spruch stimmt natürlich, denn wenn es schon mal einen gegeben hätte, wären wir ja heute nicht hier! • Klar, der Klimawandel wird die Welt nicht untergehen lassen. • Er wird sie nur sehr stark verändern! • Es werden halt einige Länder „absaufen“ oder unbewohnbar. • Dort gibt es dann so etwas wie einen „lokalen Weltuntergang“ (da ist dann mit dem Wort „Welt“ halt die Region gemeint, die eigene, kleine Welt.) • So etwas gab es in der Tat schon mehrfach in der Geschichte! Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 49
Weltuntergang? Gab es noch nie! Der 30 jährige Krieg 1618 - 48 Hiroshima, 1945 Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 50
Weltuntergang? Gab es noch nie! Es ist also durchaus eine Frage, wie man Weltuntergang definiert. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 51
Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel 52
Warum Deutschland? • Die Energiewende bietet für Deutschland die Chance, in dem extrem wichtigen Wirtschaftszweig der Energietechnik weltweit eine Führungsrolle zu übernehmen („first mover advantage“). • Die für die Energiewende benötigten Technologien werden in Deutschland bereits heute beherrscht. • Entscheidend für Erfolg oder Misserfolg werden die Weichenstellungen sein, die von den Entscheidern an den jeweiligen Punkten vorzunehmen sind. • Es gibt keinen Fahrplan bis zum Zielbahnhof. • Wichtig ist, dass die Entscheider ein klares Mandat haben. Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 53
Herstellung von Wasserstoff Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 54
Eine 3er Kaskade Temperatur Meeres- CO2 Gehalt der Erde spiegel Prof. Dr.-Ing. Olaf Goebel Nr. 55
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