Die Heimat Sonderdruck - KREFELDER JAHRBUCH - Die Werkstatt
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Die Heimat KREFELDER JAHRBUCH Zeitschrift für niederrheinische Kultur- und Heimatpflege Sonderdruck Herausgegeben vom Verein für Heimatkunde in Krefeld Schriftleitung Stefan Kronsbein Jahrgang 91 November 2020 ISSN 0342-5185 ISBN 978-3-935526-43-2
Inhalt Archäologie Nicole Bertzen & 14 Ausgrabungen am Josefs-Hospital in Krefeld-Uerdingen, Patrick Jülich Teil II: Die Stadtbefestigung und ein metallzeitliches Reibsteinfragment Geschichte Bernd Ellerbrock 19 „Schwarze Gesellen“ in Uerdingen und Krefeld – Flotten-Agitprop anno 1900 Margret Grobe 31 Seidendiebstahl in Krefeld 1751 Lars Meyer 35 2019 – 70 Jahre Grundgesetz – Demokratie in der Krise? – Demokratie im Krefelder Quartier! Georg Opdenberg 43 „Sie werden es schon schaffen“ – Josef Gompertz in einem Brief aus dem Exil Robert Rameil 63 Chronogramme im Stadtgebiet von Krefeld – Ein Nachtrag Klaus Zok 89 Bilder einer Flakstellung – Kinder aus Krefeld und Umgebung als „Luftwaffenhelfer“ im Krieg Städtebau und Baugeschichte Ulrich W. Abts 73 Das Orbroicher Kriegerdenkmal – ein einzigartiges Symbol der Trinitas-Verehrung Günter Göbels & 81 Alter Friedhof – Entwicklung und Gräber Jürgen Reck Religion und Kirche Martina Knichel 90 Eugen Angerhausen (* 28. Juli 1878; † 4. Mai 1965) – Ein rheinischer Katholik und verdienter Bürger K refelds Karl-Heinz Foncken 99 Die Synagoge zu Linn 2 Die Heimat 91/2020
Das Motiv auf dem Außentitel zeigt die e hemalige 91 L inner Synagoge, die in der Pogromnacht am 9. November 1938 zerstört wurde. Das Schwarz- KREFELDER JAHRBUCH JAHRGANG weißfoto aus dem Jahre 1938 hat der Grafiker David Norman aus Meerbusch jetzt mit entsprechenden Farben koloriert. Die Heimat Sprache und Literatur Hans-Martin 118 Die aufgegangene literarische Saat des Klaus Ulrich Düsselberg Große-Oetringhaus Henning Heske 128 Wirklich ausgezeichnet! – Zur 25sten Verleihung des Niederrheinischen Literaturpreises der Stadt Krefeld Christina Barbara Schulte 131 Verein „Literatur in Krefeld“ jetzt zehn Jahre Pierre Sommet 133 Clementine, Firlefanz, Jacke, Tennis und Compagnie – Eingewanderte französische Wörter (nicht nur) am Niederrhein – Teil II Kunst und Kultur Isa Fleischmann-Heck 142 Zwei Wachsbildnisse der Brüder von der Leyen von Johann Christoph Haselmeyer – Ein Beitrag zur Geschichte des monochromen Wachsreliefs im späten 18. Jahrhundert Technik Joachim Stübben 148 Spaziergänge auf dem Krefelder Hauptbahnbahnhof von 1965 bis 1985 Aus dem Heimatleben Dirk Senger 6 Von Oktober zu Oktober Julia Obladen-Kauder 156 Der Verein für Heimatkunde 2019/2020 160 Neue Bücher Dirk Senger 168 Personen / Auszeichnungen / Jubiläen / Verstorbene / Geburtstage 172 Abbildungsnachweise 176 Verzeichnis der Autoren 177 Hinweise für Autoren der Zeitschrift „Die Heimat“ 179 Technische Hinweise (EDV) Die Heimat 91/2020 3
Gesamtherstellung: van Acken Druckerei & Verlag GmbH, 47800 Krefeld, Magdeburger Straße 5, Tel. (02151) 44 00-0 Das Krefelder Jahrbuch „Die Heimat“ wird seit 1921 erst ab 200 Euro verlangt und darunter i.d.R. nicht ausgestellt. vom drei Jahre zuvor gegründeten Verein für Heimat- „Die Heimat“ erscheint zum Ende des Jahres. Für Nichtmitglie- kunde e. V. herausgegeben. der sind die Bände im Buchhandel oder im Stadtarchiv Krefeld Vorsitzende ist Dr. Obladen-Kauder, c/o Stadtarchiv zum Buchhandelspreis von aktuell 27,50 Euro zu beziehen. Die Verein für Heimatkunde in Krefeld, obladen@heimat- Vorstandsmitglieder vermitteln auch ältere Jahrgänge, die als krefeld.de. Stellvertreter ist Prof. Dr. Jürgen Schram, Präsenzbestand im Stadtarchiv, in der Mediothek und in der Corneliusstr. 10, 47798 K refeld, 02151-329279, schram@heimat- Bibliothek der Jüdischen Gemeinde vorliegen. krefeld.de. Kassiererin ist Ursula Wolter, Moerser Str. 87, 47803 Die Anzeigenverwaltung liegt in Händen der Fa. van Acken Krefeld, 02151-800598, wolter@heimat-krefeld.de. Druckerei & Verlag GmbH, Krefeld (s. oben). Schriftleitung und Verlag: Stefan Kronsbein, Sollbrüggenstr. 80, Die Autorinnen und Autoren vertreten ihre Beiträge selbst. Ab- 47800 Krefeld, Tel. 02151-599177, schriftleitung@heimat-krefeld.de sprachen zu neuen Beiträgen werden bitte mit der Schriftleitung oder kronsbein@aol.com. getroffen. 1. Schriftführerin ist Dr. Julia Rücker, ruecker@heimat-krefeld.de, Nachdruck nur mit Genehmigung des Herausgebers. Das Recht 2. Schriftführer ist Wilfried Sahlmann, sahlmann@heimat-krefeld.de. an den Bildern bleibt den Fotografen bzw. den Eigentümern der Weitere gewählte Vorstandsmitglieder sind die Beisitzer Martin Vorlagen vorbehalten. Becker, becker@heimat-krefeld.de und Anke Drießen-Seeger, driessen-seeger@heimat-krefeld.de. Gefördert durch: Im SEPA-Einzugsverfahren bucht der Verein nach dem Beschluss der Mitgliederversammlung 2017 den Jahresbeitrag in Höhe von 25,00 Euro ab, worin der Bezug der HEIMAT enthalten ist. Der Verein ist gemeinnützig und steuerbegünstigt, über 25 Eu- ro hinausgehende Beträge sind erwünscht und steuerlich ab- Kulturbüro setzbar. Spendenquittungen werden von den Finanzämtern 4 Die Heimat 91/2020
Liebe Leserinnen und Leser der Heimat, das Jahr 2020 wird man für immer mit der Corona-Pandemie in verschwiegen – und dennoch sei auch diesen Heimatfreunden Verbindung bringen. Viele Menschen konnten und können nicht prinzipiell für ihre Mühe gedankt. An dieser Stelle sei auch gesagt, wie gewohnt ihrem Lebenswandel nachgehen. Und das heißt in dass sich der Schriftleiter grundsätzlich jeder Kritik stellt – und Bezug auf die Heimat, dass Autoren wie immer für ihre Beiträge auch gerne Verbesserungsvorschläge entgegen nimmt. meist einen erheblichen Aufwand betreiben müssen. Bevor ihr Aufsatz fertig ist und die Leser erfreuen kann, sind Besuche in Mit Bedauern muss hier vermeldet werden, dass im Februar Bibliotheken, Archiven, Behörden, sonstigen Einrichtungen und diesen Jahres der langjährige Schriftleiter der Heimat, der oft die Kontaktaufnahme mit Fachleuten und Helfern nötig. All Geologe Dr. Oskar Burghardt, verstorben ist – er war von 1979 bis das ist aber zur Zeit recht schwierig – ja zum Teil unmöglich. Und 2006 neben dem Vereinsvorsitzenden Dr. Reinhard Feinendegen deswegen ist der Schriftleiter wahrhaft erstaunt, dass sich unter das Gesicht der Heimat; der Verein, die Zeitschrift und die Leser diesen Umständen wieder weit über zwanzig Autoren gefunden erinnern sich dankbar. haben, die aus den unterschiedlichsten Wissensbereichen Le- senswertes darbieten. Mehr als zu bedauern ist allerdings, dass Ein kleines Experiment wagt die Heimat in diesem Jahr: Georg der vom Schriftleiter so geliebte Kaffee – weniger als Genussmit- Opdenberg hat für Kinder eine Bastelbeilage erstellt – sie soll tel und mehr als Bindemittel verstanden – wegen des zweimaligen Jung und Alt Spaß machen und spielerisch an die Stadtgeschich- Lockdowns kaum mit den Autoren getrunken werden konnte. te heranführen. Telefon und Email sind zwar wichtige Arbeitsmittel bei den Vor- bereitungsarbeiten für einen neuen Jahrgangsband, doch der Der Druckerei van Acken ist ein aufrichtiger Dank auszusprechen persönliche Kontakt ist nicht zu ersetzen. Aber – Corona-bedingt für kompetente und sorgfältige Arbeit. – musste diese Einschränkung hingenommen werden. So hofft der Schriftleiter, dass in dem bunten Strauß der Beiträ- Und erfreut kann festgestellt werden, dass das Alter vieler Schrei- ge ein jeder Leser das Seinige findet. Und das sei noch gesagt ber durchaus auch weit unter sechzig liegt – ja, eine beachtliche – nächstes Jahr wird die Heimat hundert Jahre alt; sie ist damit Anzahl hat die vierzig noch nicht überschritten. Deswegen hat nur drei Jahre jünger als der im Jahr 1918 gegründete Verein für der Schriftleiter auch keine Sorge, die nächsten Jahrgänge mit Heimatkunde, der seit dem als Herausgeber zeichnet. spannenden Themen von interessanten Autoren füllen zu können. Viel Spaß beim Lesen! Einige wenige Autoren konnten auch in diesem Jahr nicht zum Zuge kommen, weil die eingereichten Beiträge nicht dem Stil und den Standards der Heimat entsprachen – das sei hier nicht Stefan Kronsbein Die Heimat 91/2020 5
2019 – 70 Jahre Grundgesetz – Demokratie in der Krise? – Demokratie im Krefelder Quartier! von Lars Meyer Der Besuch des Bundespräsidenten titut für Zukunftsfragen, Salzburg). Dabei bane Nachbarschaft Samtweberei (UNS) Frank Walter Steinmeier bei der Emmaus stehen sie vor folgenschweren Fragestel- sind dabei Partner vom „Forum Eltern und Gemeinschaft Krefeld und der Demokra- lungen. Wohin steuert unsere Demokratie? Schule“ (FESCH) als Einrichtung der politi- tiewerkstatt Krefeld am 2. Februar 2019 Ist es die Entliberalisierung der Demokra- schen Bildung in Nordrhein-Westfalen. Die war ein gelungenes Beispiel für gelebtes tie oder aber die Demokratisierung ohne „Demokratiewerkstatt Krefeld“ vernetzt Grundgesetz im Quartier. Liberalität oder aber die Liberalität ohne vielfältiges Engagement von und mit der Solidarität? Wie wollen wir zusammen Krefelder Zivilgesellschaft, unterstützt von „Die repräsentative Demokratie, wie sie leben?“ Krefelder Politik, Verwaltung und Quar- das Grundgesetz definiert, ist unter Druck tiersmanagement für Weltoffenheit und geraten, weil sich viele Menschen in unse- Vielfalt, demokratische Grundwerte, Tole- rem Land nicht wahrgenommen oder nicht Krefelder Quartier – Beispiel für ranz und Innovationsgeist. als Teil von ihr empfinden“, so Bundesprä- sident Frank-Walter Steinmeier1. gelebte Demokratie! Leben und Engagement im Anlässlich des Besuches von Bundes- Demokratie in der Krise?! präsident Frank Walter Steinmeier beim „Samtweberviertel“ damals und Werkstatttag „Demokratie im Quartier“ in heute In den letzten Jahren wurde vermehrt über Krefeld, im Rahmen seiner bundesweiten den Zustand der freiheitlichen Demokratie Initiative zum 70-jährigen Verfassungsjubi- Das heutige Krefelder Samtweberviertel ist auf allen Ebenen diskutiert. Diese Diskurse läum „Demokratie ganz nah – Ideen für ein ein klassisches Arbeiterviertel. Es hinter- suchten ihre Gründe unter anderem in der gelebtes Grundgesetz“, rief Steinmeier die ließ nach dem Zweiten Weltkrieg im Ver- Öffnung der Grenzen aufgrund der welt- Politiker eindringlich auf, Bürgern auf Au- gleich zum Rest der Innenstadt relativ we- weit stetig steigenden Migrationsbewe- genhöhe zu begegnen: „Menschen wollen nig zerstörte Bausubstanz4. Das Viertel war gungen und den veränderten gesellschaft- nicht belehrt, sie wollen beteiligt werden. dennoch keine Insel und geprägt durch die lichen Gegebenheiten. Die Analyse füllt, … Ob Demokratie bestehen bleibt, hängt Folgen der Weltkriege und der damit ein- so betonte Steinmeier, mittlerweile ganze davon ab, ob wir uns einmischen.“2 Da- hergehenden wirtschaftlichen und sozialen Regale in den Bibliotheken. Das Anwach- mit begab er sich zusammen mit seiner Folgen mit denen die Menschen kämpfen sen und Aufbegehren extremer politischer Frau Elke Büdenbender an diesem Tag auf mussten. Not und multiple alltägliche Prob- Meinungen, das Anwachsen des Rechts- einen „Dialogischen Spaziergang“. Dies leme wie hohe Arbeitslosigkeit bestimmten extremismus, fehlende demokratische ist ein von demokratischen P rinzipien ge- auch hier das Leben. Die Versorgung wie Konfliktkultur sind öffentlich wahrgenom- prägtes politisches Bildungsformat und zum Beispiel mit Rabattmarken, tägliche mene Phänomene. Die Sozialen Medien wird seit sechs Jahren in diesem Stadt- Suppenküchen und durch kirchliche, staat- und die Anonymität des digitalen Netzes teil durchgeführt. Ein Besuch bei der liche und private Armen-, Wohlfahrts- und lassen mittlerweile nicht nur herausragen- Emmaus-Gemeinschaft Krefeld e.V. und Gesundheitsfürsorge machten das Leben de politische Persönlichkeiten im Fokus ihrem Tagestreff „Die Brücke“ war Stein- vieler Menschen aus. „Konnten die Städte extremistischer oder antidemokratischer meier ein zentrales Anliegen. „In Krefeld und Gemeinden sich in den viel zu schnell Kräfte stehen. Auch die Zivilgesellschaft … habe ich erlebt, wie politische Bildung aufeinanderfolgenden Krisen des Jahr- und jeder Einzelne kann unter dem Deck- und Sozialarbeit zusammentreffen, wie zehnts einigermaßen bewähren, so moch- mantel der Meinungsfreiheit angegriffen, Menschen mit und ohne Obdach nicht nur ten ihnen die seit langem zugewachsen durch ganz unterschiedliche Prozesse ins Gespräch kommen, sondern neue Ge- Erfahrungen in der allgemeinen Armen-, unter Druck gesetzt werden. Die gesamt- meinschaften bilden, ein Quartier verän- Wohlfahrts- oder Gesundheitsfürsorge gesellschaftlichen Herausforderungen am dern und vorleben, was die Achtung der zustatten gekommen sein. Rationales Ver- Anfang des 21. Jahrhunderts sind geprägt Menschenwürde in Artikel 1 des Grund- waltungshandeln und eine Vielzahl freier von weitgehender Technisierung, Digitali- gesetzes ihnen bedeutet.“3 Die Emmaus- Initiativen ergänzten einander … So gut es sierung und den der Marktlogik folgenden Gemeinschaft Krefeld als Teil der weltwei- ging, wurde für diejenigen gesorgt, die sich Privatisierungsprozessen von öffentlichen ten Emmaus-Bewegung im Kampf gegen selbst kaum oder gar nicht helfen konnten. gesamtgesellschaftlichen Aufgaben (Ins- Armut und Obdachlosigkeit und die Ur- Und das waren nicht nur diejenigen, die Die Heimat 91/2020 35
keine Arbeit hatten.“ Das St. Josef Kran- 2013 war der Startpunkt für den Quar- „Viertelstunden“, „Viertelsrat“ und „Pro- kenhaus, heute St. Josef Altenheim auf der tiersentwicklungsprozess „Samtweber- jektfond“. Das Engagement Vieler soll Tannenstraße in Trägerschaft der Caritas viertel“ in der Krefelder Südweststadt. damit langfristig und nachhaltig abgesi- ist ein Beispiel5. „Auch bei den Heimen, die Die Basis bildet ein Kooperationsver- chert werden Dazu gehört die Koopera- Unterkunft boten, ergänzten sich die ver- trag zwischen der Stadt Krefeld und der tion und das Einbeziehen der vielfältigen schiedenen Träger und kümmerten sich so Montag Stiftung Urbane Räume/Urbane zivilgesellschaftlichen Struktur mit ihren um Obdachlose, Durchreisende, weibliche Nachbarschaft Samtweberei. Ziel war die Einrichtungen und unzähligen Einzelper- Hausangestellte, die auf Stellungssuche Revitalisierung der großen Immobilie mit sonen. Seit 2019 mündet dieser Prozess in waren, und andere: die (evangelische) Her- angrenzendem Shedhallenkomplex als öf- die Überführung der Trägerstruktur in die berge zur Heimat und christliches Hospiz fentlichem Raum an der Lewerentzstraße Nachbarschatsstiftung Samtweberviertel St. Antonstraße, städtische Unterkunfts- Ecke Tannenstraße. „Initialkapital für eine in Bürger- und Bürgerinnenhand. Sie soll häuser in der Lutherstraße und am Hager- chancengerechte Stadtteilentwicklung“ dann das bisherige Engagement dauerhaft weg, ein katholisches Mägdehaus in der ist Konzept und Programm der Montag absichern8. Lindenstraße, das evangelische Marienstift Stiftung für ein aktives Gemeinwesen. in der Bahnstraße …“6 Damals wie heute In direkter Nachbarschaft zur Samtwebe- war die Kooperation zwischen Verwal- Es wurden „Pioniere“ als kreative Unter- rei befindet sich der Tagestreff „Die Brü- tung und kommunalen Obrigkeiten, freien nehmerinnen zu besonderen Konditionen cke“ der Emmaus-Gemeinschaft Krefeld. Trägern und Zivilgesellschaft von Erfolg gefunden, sich und ihr Know-How nicht Sie dient als niedrigschwellige Einrichtung gekrönt. Die Akteure haben sich mit Ihrer nur für Ihr Unternehmen, sondern auch für Obdachlose und Bedürftige des Stadt- Arbeit den heutigen Fragestellungen und über „Viertelstunden“ als Engagement für teils. Tagsüber stehen ein Aufenthaltsraum Herausforderungen zugewandt. Allerdings den Stadtteil einzubringen. Die Bewohner und ein Begegnungsraum zur Verfügung, stehen die kommunalen Haushalte und das und Bewohnerinnen in dem industriege- in denen Versorgung ermöglicht wurde. deutsche Wohlfahrts- und Gesundheits- schichtlich sanierten Wohngebäudekom- Dieser Tagestreff befindet sich seit 2005 system unter großem Transformations- plex der Samtweberei praktizieren dies auf der Tannenstraße 69 in einem der für druck. Einsparungen und Verschiebungen als Wohngemeinschaft. Der finanzielle diesen Stadtteil so prägnanten schönen in den Haushalten führen zu schwierigen Mietüberschuss fließt als soziales Initial- Bürgerhäuser, die nicht zerstört wurden, Situationen, die sich bis in die Quartiere auf kapital zurück in das Gemeinwesen. Dazu wobei der heutige sichtbare Zustand erst kommunaler Ebene auswirken7. Dies galt wurden mit Unterstützung „politischer Bil- durch das Engagement der UNS wieder und gilt auch für den Raum rund um die alte dung“ Beteiligungsstrukturen geschaffen, hergestellt werden konnte. Samtweberei Scheibler & Peltzer. dies zu unterstützen: „Viertelsratschlag“, Abb. 1: Lewerentzstraße Ecke Tannenstraße UNS 36 Die Heimat 91/2020
gruppen gebildet die sich für Bürger und Zivilrechte einsetzen“ (Auszug aus dem Emmaus Manifest 1969). Emmaus ist eine weltliche Bewegung akti- ver Solidarität gegen die Ursachen sozialer Ausgrenzung, organisiert in Deutschland, Europa und International. Es existieren Abb. 3: LOGO Emmaus-Gemeinschaft heute mehr als 410 Mitgliedsorganisati- onen in 41 Ländern, die Zweckbetriebe, Selbsthilfe und Solidaritätsaktionen mit weltoffenen inklusiven vielfältigen Gesell- den Ärmsten entwickeln. schaft vor Ort Selbstwirksamkeit erfahr- bar zu machen9. Emmaus ist in Krefeld, Köln, Bergisch Gladbach und Sonsbeck Die Emmaus-Gemeinschaft im Rheinland verbreitet und kooperiert mit Emmaus Tegelen in den Niederlanden. Krefeld 1992-2020 „Der Name Emmaus ist der Name eines In Krefeld gründete Elisabeth Kreul die Ge- Ortes in Palästina, an dem Verzweifelte meinschaft unter diesem internationalen wieder Hoffnung fanden. Dieser Name Dach im Jahr 1992 mit, die heute auf der steht für alle, Gläubige und nicht Gläubi- Peter-Lauten-Straße 3 und 19 ihr Zuhause ge für unsere gemeinsame Überzeugung, hat. dass alleine die Liebe uns verbinden und uns gemeinsam voranbringen kann. Die Das Gemeinschaftsleben ist demokra- Emmaus-Bewegung ist im November tischer Austragungsort und gelebte So- 1949 durch die Begegnung entstanden lidarität, die sich in der Aufnahme von Abb. 2: Tagestreff Emmaus Die Brücke, von Menschen, die sich ihrer privilegierten Menschen in Not, unabhängig von Na- Tannenstraße 69 Situation und ihrer sozialen Verantwortung tionalität, Geschlecht, Hautfarbe, am hinsichtlich der Ungerechtigkeit bewusst Emmaus-Manifest und den universalen geworden waren, mit Menschen, die für Menschenrechten, zeigt. Die Erarbeitung sich keinen Lebenssinn mehr sahen. Beide des Unterhaltes erfolgt unter Beteiligung Emmaus-Gemeinschaft Krefeld, Seiten beschlossen, ihren Willen und ihr aller nach Ihren Möglichkeiten: Vom Hilfe- Geschichte und Wirken Handeln zu vereinen, um sich gegenseitig empfänger zum Akteur ihrer Selbst. Jeder zu unterstützen und denen zu helfen, die Einzelne in der Emmaus-Gemeinschaft leiden. In der Überzeugung, dass man sich ergreift damit Initiative für seine eigenen Eine solidarische Welt ist die Leitmaxime selbst rettet, indem man für andere zum Wünsche, Ideen und Vorstellungen. AL- des Handelns der Emmaus Gemeinschaft Retter wird. Mit diesem Ziel haben sich LE sind willkommen. Der gemeinsame (gegründet von Abbe Pierre in Frankreich). Gemeinschaften gebildet, die arbeiten, um Betrieb bietet einen Second-Hand Markt Ziel ist es, in Solidarität mit den Schwächs- leben und geben zu können. Darüber hin- und folgende Dienstleistungen: Entrüm- ten der Gesellschaft auf der Basis einer aus haben Freunde und Freiwillige Helfer- pelungen, Transporte, Hilfen aller Art. Abb. 4 und 5: Emmaus auf der Peter-Lauten-Straße 19 und Peter-Lauten-Straße 3 Die Heimat 91/2020 37
Aus dieser Gemeinschaft heraus entste- Die Demokratiewerkstatt 3. Wie entstehen Projekte, die nachhaltig hen seither unterschiedliche Formen der Krefeld, der Emmaus Tagestreff und von vielen getragen sind? Wie kön- praktischen Solidarität und die Netzwerk- nen diese Prozesse begleitet werden? tätigkeit als Brücke für eine „inklusive Ge- „Die Brücke“ und das zivil 4. Wie müssen die Strukturen in einem meinwesenentwicklung für ALLE“ 9. Das gesellschaftliches Engagement Stadtteil ausgestaltet sein, so dass das Netzwerk besteht aus den vielfältigen Ini- Engagement der Einzelnen und der Ini- tiativen auf allen Ebenen: Die Demokratiewerkstatt Krefeld tiativen wertgeschätzt und eingebettet – Akteure der Flüchtlingsarbeit und Flücht- ist? lingshilfe und dem Flüchtlingsrat Krefeld, Von 2015 bis 2020 war die „Demokratie- – Sozialbündnis Krefeld, Arbeitskreis werkstatt Krefeld“ ein Beispiel für eine ge- Dabei wurden Zielgruppen in den Blick ge- Menschen auf der Straße, Vernetzung lungene Kooperation an den Schnittstellen nommen, die üblicherweise nicht an erster von Suppenküchen in NRW, von Sozialarbeit, Gemeinwesenarbeit und Stelle stehen: Wohnungslose, Geflüchtete, – Kulturszene wie beispielsweise dem Erwachsenenbildung mit der Zivilgesell- Bedürftige des Stadtteils. Sie werden als „Theater ohne Namen“ und „Krefelder schaft auf der Basis einer aufsuchenden Teil des Netzes betrachtet. Mit Emmaus, Pappköpp“, dem Theater, bildenden politischen Bildungsarbeit. Dabei sind eine Anstoss und dem Krefelder Bündnis für Künstlern, Musikern und Musikerinnen Reihe von Veranstaltungen, Aktionen und Toleranz und Demokratie wird gefragt, wie (Martin Engelien, Frau Mathei singt, Projekten verwirklicht und Prozesse an- es zu übergreifenden Visionen und Projek- Ozan Safak und anderen), dem Haus gestoßen worden, die über den Tagestreff ten kommt, wenn sie in einen gemeinsa- der Seidenkultur, hinausweisen. men Kontext gesetzt werden10. – Fest ohne Grenzen und dem Bündnis für Toleranz und Demokratie, dem Eine „Demokratie ist nichts, was man bei Emmaus – die Brücke Welt Laden Amazon bestellen kann. Ob Demokratie – Träger der Kinder und Jugendhilfe, wie bestehen bleibt, hängt davon ab, ob wir Im Tagestreff „Die Brücke“ wurde Anfang zum Beispiel die KRETA, uns einmischen“, sagte Bundespräsident 2015 eine Zukunftswerkstatt mit dem Ti- – Erwachsenen- und politischen Bildung Frank Walter Steinmeier bei seinem Be- tel „Wie wollen wir hier in diesem Stadtteil wie zum Beispiel KAB, FESCH, DIE. such in der Demokratiewerkstatt Krefeld zusammenleben?“ durchgeführt. Anlass WERKSTATT, am 2. Februar 2019. Die Vorgehensweise war die Absicht der Stadt Krefeld und der – Kirchen aller Konfessionen, dem Kreuz- ist dabei von vier einfachen Fragen und „Urbanen Nachbarschaft Samtweberei“, weg der Gerechtigkeit, Leitideen geprägt: das Quartier zu entwickeln. Thema war – Stadtteil(-festen) und Bürgervereinen 1. Welche Themen sehen wir in unseren dabei unter anderem: „Wie und welche wie zum Beispiel Stadtteilfest Kaiser- Stadtteilen und welche Motivationen Rolle spielt dabei unser Stadtteilgarten? Wilhelm-Park und Grönland e.V., zeigen sich? Was ist unser Anteil an diesem Gemein- – Hochschule Niederrhein mit ihren Stu- 2. Welche Gruppen haben wenig mitein- wesen?“ Teilgenommen haben Ehrenamt- denten und Studentinnen und das Ka- ander zu tun? Wo und wie lassen sich liche, Obdachlose, Tagestreffgäste und tholisches Hochschulzentrum LAKUM, Begegnungen initiieren? Wie lässt sich Emmaus-Compagnons. Seit 2003 ist der – Bezirksvertretungen und ihre Lokalpoli- dabei der gesellschaftliche Zusammen- Tagestreff „Die Brücke“ ein Ort der Be- tiker (zu Vertreter und Vertreterinnen al- halt verbessern? Wie kommen wir in gegnung. Gemeinsam mit allen Beteiligten ler demokratischen Fraktionen) und der diesem Prozess zu Austausch und ge- (Obdachlosen, Geflüchteten, Ehrenamtli- Verwaltung meinsamen Visionen und Zielen? chen, zivilgesellschaftlichen Akteuren und – Mitglied von Emmaus International welt- weit bis zum „Forum Menschenrechte“ der UN – und zusätzlich einer Vielzahl von Einzel- personen. „Wo beginnen die universellen Menschen- rechte? An den kleinen Orten, nahe dem eigenen Zuhause. So nah und so klein, dass diese Orte auf keiner Weltkarte zu fin- den sind. (…) Die Nachbarschaft, in der wir leben, die Schule oder die Universität, die wir besuchen, die Fabrik, der Bauernhof oder das Büro, in dem wir arbeiten. Das sind die Orte, wo jeder Mann, jede Frau und jedes Kind gleiche Rechte, gleiche Chancen und gleiche Würde ohne Diskri- minierung sucht. Wenn diese Rechte hier nicht gelten, gelten sie nirgendwo“ (Elea- nor Roosevelt zur Allgemeinen Erklärung der universalen Menschenrechte). Abb. 6: Stadtteilgarten im Tagestreff „Die Brücke“ 38 Die Heimat 91/2020
worden. Mit Bürgern und Bürgerinnen, Ab- fallbeseitigungsgesellschaft und Gemein- wesenarbeit wurden zahlreiche kreative Ideen zur Müllvermeidung entwickelt. Das Engagement und die Auseinandersetzun- gen mit der Stadtverwaltung zeigten Erfol- ge. Aber auch im Rahmen von ehrenamtli- chem Engagement kann es zum Scheitern von Ideen und Projekten kommen. Da war es dann von allen Beteiligten gefordert, dazuzulernen. Die Verwaltungsstrukturen mussten mit dem starken Engagement umgehen, während die Bürger und Bürge- rinnen nicht alles so, wie gewünscht, um- setzen konnten. Im Kontext von „Wir als Bürger und Bürgerinnen im Stadtteil aktiv“ wurde mit Bewohnern und Bewohnerin- nen der UNS in einem Prozess (Zukunfts- werkstatt, Dragon Dreaming, Moderation, 2017-2018) das Format des „Erzählsalons“ als Handlungsfeld geschaffen, erlebt und erprobt, bei dem Begegnungen im Stadt- teil zur Förderung des Zusammenlebens beitragen. Unter anderem werden diese Erzählsalons, nach dem umfangreichen Prozessbegleitungsprozess durch PartO (Köln) seit 2018 im Café Südlicht, dem Ta- gestreff und dem Nachbarschaftszimmer der UNS umgesetzt. Daraus soll ein Mo- deratoren- und Moderatorinnenpool von Abb. 7: aktiven Multiplikatoren und Multiplikato- Programm von rinnen, die für Ihre Arbeit Qualifizierung Emmaus & Anstoss und Unterstützung bekommen, entstehen. 2019 Immer wieder werden Themen wie „Par- tizipation“(2016), „Freiheit und Toleranz“ (2017), „Migration“ (2018, 2019) und ande- letztlich auch mit den neuen Nachbarn und Bewohnern und Bewohnerinnen aus der re beim „Fest ohne Grenzen“ eingebracht. Nachbarinnen) wurde „die Brücke“ mit ih- direkten Nachbarschaft zu begegnen und Mit Unterstützung des „Bündnis für Tole- rem angeschlossenen Stadtteilgarten zu sie mit Ihren eigenen Ideen einzubinden. ranz und Demokratie“ werden einige Bil- einem Kleinod entwickelt. Im Garten tref- Gerade zur Zeit der Corona-Pandemie dungsformate umgesetzt11. fen sich regelmäßig Menschen über ge- im Jahr 2020 zeigte sich nach einem ge- sellschaftliche Grenzen hinweg, initiiert meinsamen Aufruf eine große Unterstüt- und begleitet vom engagierten Team unter zung auf allen Ebenen. „Von der Nothilfe Zukunftswerkstatt, Demokratie- der Leitung von Kris Beer (Dynamisch in zur Beteiligung und zu gesellschaftlichem die Zukunft). Neue Kommunikationsräume Zusammenhalt“ hieß auf praktischer Ebe- workshops, Willkommens (Sitzgelegenheiten und Grill) wurden mit ne mehr als 40 zusätzliche Ehrenamtliche spaziergänge, Dialogformate Studierenden (Hochschule Niederrhein) (u.a. durch den Jugendbeirat weiterge- und Bildungsfahrten und Tagestreffgästen entwickelt und ge- leiteter Hilfeaufruf), die im Tagestreff die baut, Grillabende, Teezeremonien, Ernte- Versorgung aufrechterhielten. Aber auch dankfeste und Konzerte veranstaltet. Mit große Sach- und Geldspenden für die Brü- Diese Workshops und Bildungsangebote Unterstützung von Anstoss e.V. wurde ein cke und die Emmaus-Gemeinschaft als hatten folgende Themen und Effekte: öffentlicher Boule-Platz in den Shedhal- Verein. Dabei entstanden neue Bündnisse – Schüler und Schülerinnen der Kurt Tu- len auf Initiative eines Nachbarn gebaut, und Ideen. cholsky Gesamtschule entwickelten zu Fahrradrepaircafes und Urban Gardening den Themen Wohnungsnot und Armut, im Stadtteilgarten von Emmaus umge- Bürgerschaftliches Engagement im respektvoller Umgang miteinander, setzt. Entrümpelungen und Umzüge durch Stadtteil stärken Nahverkehr, Klima und Freizeit Projek- die Emmaus-Gemeinschaft im Stadtteil tideen und Aktionen. werden zu Orten des Austausches zwi- Aus einem „Viertelsratschlag konkret“ (in – Mit Geflüchteten führten Schüler und schen Menschen mit und ohne Obdach. Form einer Zukunftswerkstatt) ist das Pro- Schülerinnen der Maria Montessori Ziel und Methode zugleich war es, den jekt „Null-Müll“ ausgeweitet und gestärkt Gesamtschule im Format „Dialogische Die Heimat 91/2020 39
Meyer unterstützt. Seine darin verorteten Methoden und spezifische Didaktik baut auf den Erfahrungen aus rund 30 Jahren Praxis und Theorie der Zukunftswerkstatt sowie der eigenen Praxis aufsuchender (politischer) Bildungsarbeit in Kontexten sozialer Handlungsfelder auf12. Besuch von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier zum „WerkstattTag – Demokratie im Quartier“ in Krefeld am 02. Februar 2019 Abb. 8: Willkommensspaziergang – ein Dialog im Tagestreff Der Besuch von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier war für ganz Krefeld ein herausragendes Ereignis. Start war Spaziergänge: Meine Stadt, Deine Demokratie im Quartier – der Empfang im Rathaus durch Oberbür- Stadt, Unser Leben“ gemeinsame Dis- Der lernende Stadtteil germeister Frank Meyer und die Krefel- kussionen zum Beispiel zum Thema der Politik mit der Eintragung ins Goldene Gender, Vielfalt und Respekt im Stadt- Buch der Stadt. Zum Jubiläum „100 Jahre teil und was das für unser eigenes Le- Eine Arbeitsgruppe aus Bürgern und Bü- Bauhaus“ besuchte er das Haus Lange ben bedeutet. Mit der Augustinus-Ge- gerinnen wurde im Auftrag der UNS und und Haus Esters, die als international be- meinde Krefeld Oppum, Flüchtlingsrat, der Montag Stiftung in den Jahren 2016 bis rühmte Gebäude nach den Plänen von Cafe Sarah, Cafe Nobbes, City Seelsor- 2017 bei der Etablierung und Entwicklung Mies van der Rohe gebaut wurden. Da- ge und dem Bündnis für Toleranz und nachhaltiger demokratischer Strukturen nach begann er seinen Spaziergang bis Demokratie wurden viele Willkommens- von FESCH begleitet. Die dabei entstan- zur Lewerentzstraße Ecke Tannenstraße spaziergänge durchgeführt. denen Strukturen des „Viertelsrates“, des in die Shedhalle der UNS: „Demokratie im – Das heutige Hannah Arendt Gymnasium „Viertelsratschlages“ und des „Projekt- Quartier – Ideen für ein gelebtes Grund- führte Anti-Bias-Workshops (mit MILO- stammtisches“ mit der bürgereigenen gesetz“. Dabei kamen mehr als 300 Gäs- Training) durch. „Projektjury“ sind Grundpfeiler der Teil- te des Tagestreffs, Aktive aus der Zivilge- – Mit der Bezirksvertretung Mitte und dem habe und Partizipation in diesem Stadtteil sellschaft, Politische Bildner, Politiker und Bürgerverein Bahnbezirk sind gemein- geworden. Bei der Entwicklung hat das Politikerinnen und Verwaltung aus Krefeld, same Kochaktionen und Gesprächs konzeptionelle Vorgehen nach dem „Skript Nordrhein-Westfalen und allen anderen runden durchgeführt worden. des lernenden Stadtteiles“ von Dr. Lars Bundesländern auf Einladung der Lan- – Im September 2019 beteiligte sich der Tagestreff mit Gästen und vielen an- deren an den Demonstrationen der Fridays-for-Future-Bewegung (FFF) in Krefeld. – Gemeinsame Aktionen im Stadtteilgar- ten wie Wandbemalungen zwischen jungen Geflüchteten, Tagestreffgästen und Nachbarn, der Aufbau von Palet- tensofas und Steingrill mit Überdachun- gen (Studenten und Studentinnen der Hochschule Niederrhein im Social De- sign), das gemeinsame Gärtnern beim Urban Gardening (Anstoss e.V.) – Fahrten zum Nordrhein-Westfälischen Landtag (auf Einladung des Landtags- präsidenten Andre Kuper) und Bun- destag (auf Einladung der Bundestags- abgeordneten Ulle Schauws) sowie nach Auschwitz (mit dem Katholischen Hochschulzentrum LAKUM) waren das Ergebnis. Abb. 9 bis 11: WerkstattTag „Demokratie im Quartier“ am 02. Februar 2019 40 Die Heimat 91/2020
Abb. 10 Abb. 11 deszentrale für politische Bildung NRW Elisabeth Springenberg-Eich (Leiterin in demokratisch-solidarischer Verständi- in Kooperation mit FESCH, Emmaus und der Landeszentrale für politische Bildung gung. mit Unterstützung des Brachland Ensem- NRW) und Johannes Tholen (Referent bles in den Dialog. Dabei ging es um die in der Landeszentrale für politische Bildung „Democracy as a lived expirience“ (John diesem Artikel formulierte Eingangsfrage: NRW) am 22. Mai 2019 ins Schloss Belle- Dewey, 1859-1952) „Wie wollen wir gemeinsam leben? Wie vue und bedankte sich mit den Worten: erreichen wir bei dieser Frage alle Men- „Schön, Euch zu sehen!“ schen, die sich vermeintlich abgehängt Dr. Lars Meyer, geboren 1973 in Berlin, fühlen, beziehungsweise wie erreichen wir Für Krefeld geht die Demokratiewerkstatt lebt seit 1974 in Krefeld, Diplom Pädagoge es, alle sich am demokratischen Willens weiter. Mit allen Partnern und Partnerin- (WERKSTATT-Meyer.de), seit den 1990er bildungsprozess beteiligen können, wol- nen wird gemeinsam für eine offene, viel- Jahren aktiv lokal für ein solidarisches de- len und dürfen?“ fältige Gemeinschaft geworben und daran mokratisches Krefeld in Zivilgesellschaft, gearbeitet. Krefeld – weltoffen, innovativ, Verbänden, Kirche und Lokalpolitik (Mig- Zum Abend lud Bundespräsident Frank experimentierfreudig – Zukunft gestalten ration, Ökologie, Integration – Inklusion). Walter Steinmeier in die Fabrik Heeder un- ter der Frage ein: „Wie kann aufsuchende politische Bildung gelingen?“ Ein reger Austausch fand nicht nur auf dem Podi- um mit Maria Springenberg-Eich (Leiterin der Landeszentrale für Politische Bildung Nordrhein-Westfalen), Professor Dr. Hel- mut Bremer (Politische Bildung, Univer- sität Duisburg Essen), Barbara Menke (Bundesausschuss für politische Bildung, BAP), Dr. Lars Meyer (FESCH und De- mokratiewerkstatt Krefeld) unter der Mo- deration von Dr. Jaqueline Boysen statt, sondern auch anschließend in der Fabrik Heeder. Zum Gegenbesuch lud Bundespräsident Frank Walter Steinmeier zur Feierstunde und Matinee „Demokratie ganz nah – Ide- en für ein gelebtes Grundgesetz anläss- Abb. 12: Matinee am 22. Mai 2019 im Schloss Bellevue (v.l. Dirk Sauerborn (Demokra- lich des Jubiläums 70 Jahre Grundgesetz tiewerkstatt Düsseldorf), Johannes Tholen (LZpB NRW), Bundespräsident Frank Walter Frau Kreul (Emmaus-Gemeinschaft), Dr. Steinmeier, Dr. Lars Meyer, Elisabeth Kreul (Demokratiewerkstatt Krefeld) und Maria Lars Meyer (Demokratiewerkstatt Krefeld) Springenberg-Eich (Leiterin der LZpB NRW)) Die Heimat 91/2020 41
Schriftenverzeichnis Anmerkungen Bundeszentrale für politische Bildung (Hrsg.): „De- Bildung gelingen kann; in: Journal für Politische 1 Bundeszentrale für politische Bildung 2019 mokratie ganz nah – 16 Ideen für ein gelebtes Bildung – 2-20; Frankfurt 2020a 2 Frank Walter Steinmeier in seiner Ansprache auf Grundgesetz“; Berlin 2019 http://www.bpb.de/ Meyer, Lars : Projektdokumentation – Einblick in dem WerkstattTag Demokratie im Quartier am shop/lernen/weitere/291263/demokratie-ganz-nah die Praxis „Aufsuchender Politischer Bildung“ – De- 02. Februar 2019 Claussen, Wiebke; Geffers, Stephan; Meyer, Lars mokratiewerkstatt Krefeld 2018-2020, 2020b www. 3 Bundeszentrale für politische Bildung 2019, S. 8 & Spielmann, Walter: Kunst der Partizipation, JBZ werkstatt-meyer.de (abgerufen 15.09.2020) Arbeitspapiere; Salzburg 2013 https://jungk-biblio- 4 Lilla 2010, S. 338, Abb. 45 thek.org/2013/12/17/ap-28-die-kunst-der-partizipa- Montag Stiftung (Hrsg.): Inklusion vor Ort; Bonn tion-2/ 2013 5 Houben 2010, S. 140 Emmaus Köln: Informationen – gemeinsam leben ar- Montag Stiftung Urbane Räume gAG (Hrsg.): Quar- 6 Houben 2010, S. 141 beiten helfen, Ausgaben 08.2007, 03.2007, 04.2010, tiere kooperativ entwickeln – Initialkapital für chan- 7 Stapf/Wassili 2019 10.2010; Köln cengerechte Stadtteilentwicklung; Bonn 2016 8 Urbane Nachbarschaft Samtweberei 2016; Montag Houben ; Heribert: Die Zeit der Weimarer Republik Riede, Milena & Döler, Frank: Gemeinwesenarbeit Stiftung Urbane Räume gAG 2016 1918-1933; in: Feinendegen, Reinhard & Vogt, Hans und lokale Demokratie, Stiftung Mitarbeit; Bonn (Hrsg.): Krefeld – Die Geschichte der Stadt, Bd. 5: 2019 9 EMMAUS Köln 2007a, 2007b, 2010a, 2010b, Vom Ende des Ersten Weltkrieges bis zur Gegenwart Stapf, Tobias & Wassili, Siegert: Quartiere unter 10 Meyer 2019, 2020; Montag Stiftung 2013 (1918-2004), S. 15-176; Krefeld 2010 Druck? Radikalisierungstendenzen und Potentiale politischer Bildung in belasteten Großstadtquartie- 11 Claussen et al 2013 Lilla, Joachim: Nachkriegszeit und Wiederaufbau 1945-1961; in: Feinendegen, Reinhard & Vogt, Hans ren, MINOR – Projektkontor Bundeszentrale für poli- Meyer 2019, Meyer 2020a, 2020b, Weidmann 2019, 12 (Hrsg.): Krefeld – Die Geschichte der Stadt, Bd. 5: tische Bildung; Berlin 2019 Riede 2019 Vom Ende des Ersten Weltkrieges bis zur Gegenwart Urbane Nachbarschaft Samtweberei gGmbH (1918-2004), S. 339-466; Krefeld 2010 (Hrsg.): Auf gute Nachbarschaft im Krefelder Samt- Meyer, Lars: Zukunft gestalten in demokratisch- weberviertel; Krefeld 2016 solidarischer Verständigung, Universität zu Köln; Weidmann, Stefan: Gemeinwesenarbeit zwischen Köln 2019 www.kups.ub.uni-koeln.de/9476/ inklusiver und lokaler Demokratiebildung; in: Ge- Meyer, Lars: Der lernende Stadtteil – Demokratie meinwesenarbeit und lokale Demokratie, Stiftung im Quartier, wie aufsuchende, inklusive politische Mitarbeit; Bonn 2019 42 Die Heimat 91/2020
Abbildungsnachweise Ulrich Abts : Das Orbroicher Kriegerdenkmal – ein einzigartiges Symbol der Trinitas-Verehrung Abb. 1-6, 8-16: Verfasser Abb. 7: Bildsammlung Heimatverein St. Hubert Nicole Bertzen & Patrick Jülich : Ausgrabungen am Josefs-Hospital in Krefeld-Uerdingen, Teil II: Die Stadtbefestigung und ein metallzeitliches Reibsteinfragment Abb. 1: Daria Friedrich & Patrick Jülich, archaeologie.de, Moers Abb. 2-10: Nicole Bertzen, archaeologie.de, Moers Bernd Ellerbrock : „Schwarze Gesellen“ in Uerdingen und Krefeld – Flotten-Agitprop anno 1900 Abb. 1-2, 5-6, 10: Verfasser Abb. 3: Bundesarchiv, RM 3/9814 Abb. 4: Peter Palm, Berlin Abb. 7-9, 11: Stadtarchiv Krefeld Abb. 12-13: Horst Peterburs Isa Fleischmann-Heck : Zwei Wachsbildnisse der Brüder von der Leyen von Johann Christoph Haselmeyer – Ein Beitrag zur Geschichte des monochromen Wachsreliefs im späten 18. Jahrhundert Abb. 1-2: Museum Burg Linn Karl-Heinz Foncken : Die Synagoge zu Linn Abb. 1-24: Verfasser Günter Göbels & Jürgen Reck : Alter Friedhof – Entwicklung und Gräber Abb. 1-2: https://de.wikipedia.org/wiki/Krefeld Abb. 3: Lithographie von P. J. von de Fenn, 1833 Abb. 4-9, 11: Jürgen Reck Abb. 10, 14-17: Günter Göbels Abb. 12-13: Margret Rohloff Margret Grobe : Seidendiebstahl in Krefeld 1751 Abb. 1-3: Verfasserin Hans-Martin Große-Oetringhaus : Die aufgegangene literarische Saat des Klaus Ulrich Düsselberg Abb. 1-25: Verfasser Henning Heske : Wirklich ausgezeichnet! – Zur 25ten Verleihung des Niederrheinischen Literaturpreises der Stadt Krefeld Abb. 1-3: Presseamt der Stadt Krefeld Martina Knichel: Eugen Angerhausen (* 28. Juli 1878; † 4. Mai 1965) – Ein rheinischer Katholik und verdienter Bürger Krefelds Abb. 1, 4: Verfasserin Abb. 2-3, 5-10: Stadtarchiv Krefeld Abb. 11: Stefan Kronsbein Lars Meyer : 2019 – 70 Jahre Grundgesetz – Demokratie in der Krise? – Demokratie im Krefelder Quartier! Abb. 1-12: Verfasser
Julia Obladen-K auder : Der Verein für Heimatkunde 2019-2020 Abb. 1-3: Stadt Krefeld Georg Opdenberg : „Sie werden es schon schaffen“ – Josef Gompertz in einem Brief aus dem Exil Abb. 1-18: Verfasser Christina Barbara Schulte : Verein „Literatur in Krefeld“ jetzt zehn Jahre Abb. 1-3: Literatur in Krefeld e.V. Abb. 4: Presseamt der Stadt Krefeld Dirk Senger : Von Oktober zu Oktober Abb. 1-12: Presseamt der Stadt Krefeld Pierre Sommet: Clementine, Firlefanz, Jacke, Tennis und Compagnie – Eingewanderte französische Wörter (nicht nur) am Niederrhein – Teil II Abb. 1-5: Verfasser Joachim Stübben : Spaziergänge auf dem Krefelder Hauptbahnbahnhof von 1965 bis 1985 Abb. 1-19: Verfasser Klaus Zok : Bilder einer Flakstellung – Kinder aus Krefeld und Umgebung als „Luftwaffenhelfer“ im Krieg Abb. 1-4, 6-10: Verfasser Abb. 5: Seiler 1942, S. 23
Autoren Nicole Bertzen, c/o Fa. archäologie.de, Drususstr. 4, 47441 Moers / n.bertzen@archaeologie.de Dr. Ursula Broicher, Hohenzollernstr. 53, 47799 Krefeld / ursulabroicher@gmx.de Bernd Ellerbrock, Am Kirchfeld 6, 30926 Seelze / info@8komma0.de Dr. Isa Fleischmann-Heck, c/o Deutsches Textilmuseum Krefeld, Andreasmarkt 8, 47809 Krefeld / fleischmann-heck@krefeld.de Karl-Heinz Foncken, Margaretenplatz 4, 47809 Krefeld / charlyfoncken@t-online.de Günter Göbels, Im Tackfeld 4, 47804 Krefeld Margret Grobe, Haydnstr. 41, 47623 Kevelaer / margret-grobe@t-online.de Dr. Hans-Martin Große-Oertringhaus, Boomdyk 47, 47839 Krefeld / info@grosse-oetringhaus.de Dr. Henning Heske, Felix-Kracht-Str. 33, 47802 Krefeld / henning.heske@googlemail.com Veronika Huisman-Fiegen, Leydelstr. 26, 47802 Krefeld / huisman.fiegen@t-online.de Patrick Jülich c/o Fa. archaeologie.de, Drususstr. 4, 47441 Moers / p.juelich@archaeologie.de Dr. Martina Knichel, Friedrichstr. 26, 56333 Winningen / Martina.Knichel@t-online.de Stefan Kronsbein, Sollbrüggenstr. 80, 47800 Krefeld / Kronsbein@aol.com Dr. Lars Meyer, Peter-Lauten-Str. 19, 47803 Krefeld / DIEWERKSTATT-Meyer@t-online.de Dr. Julia Obladen-Kauder, Verein für Heimatkunde in Krefeld, c/o Stadtarchiv Krefeld, Girmesgath 120, 47803 Krefeld / obladen@heimat-krefeld.de Georg Opdenberg, Dionysiusstr. 163, 47798 Krefeld / G.Opdenberg@t-online.de Robert Rameil, Rheydter Str. 171, 41352 Korschenbroich / robrameil@t-online.de Jürgen Reck, Haferkamp 49, 47918 Tönisvorst / reck-tv@t-online.de Christina Schulte, Goethestr. 79, 47799 Krefeld / Christina_Schulte@t-online.de Dirk Senger, c/o Stadt Krefeld, Von-der-Leyenplatz 1, 47798 Krefeld / dirk.senger@krefeld.de Pierre Sommet, Beginenweg 20, 47839 Krefeld / psommet@web.de Joachim Stübben, Ringeldorfer Str. 144, 45968 Gladbeck / Joachim-Stuebben@gmx.de Klaus Zok, Ring am Feld 41, 14532 Kleinmachnow / k-zok@t-online.de
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