Die Maison Carré - ein (fast) unbekanntes Meisterwerk des großen finnischen Architekten Alvar Aalto
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Bulletin 26 Frühling 2008 Die Maison Carré – ein (fast) unbekanntes Meisterwerk des großen finnischen Architekten Alvar Aalto Abdruck eines Textes, der 2003 in der Zeitschrift „Häuser“ erschien. Anhöhe in Bazoches-sur-Guyonne, mit Blick über eine hügelige Landschaft zum Wald von Rambouillet. Bis zum Herbst 1957 wurde die Planung erarbeitet, Elissa Aalto übernahm anschließend selbst die Bau- leitung und 1959 konnte die Villa bezogen werden. Aalto nahm die Bewegung der Landschaft auf und entwarf eine kompakte Gruppe kleinerer Bau- körper, die er auf dem höchsten Punkt des Hügels platzierte und mit einem lang gezogenen Pultdach, das den Hügellauf in einer kräftigen Linie nachzeich- net, zusammenfaßte. Man betritt das Haus am Scheitel der Erhebung und befindet sich in einer großen hohen Halle, die als Galerie für Gemälde und Skulpturen dient. Von hier steigt man zum geräumi- gen Wohnraum hinab und dieser Bewegung folgt die wellenförmig geschwungene Decke, deren Konstruk- tion mit feinen Holzprofilen von finnischen Speziali- sten ausgeführt wurde. Während die Villa somit von außen einen streng geometrischen, kubischen Ein- druck vermittelt, der durch weiß geschlämmten Ziegel, hellen Naturstein sowie eine blaugraue Schieferdeckung noch verstärkt wird, vermittelt die Die Terrassen verankern das Haus an den Hügel. Foto Heikki Havas. geschwungene Holzkonstruktion im Inneren einen organisch ”menschlichen” Eindruck. Dieser Kontrast Aaltos bekanntester Wohnbau ist die Villa Mairea in wandte sich 1955 auf Empfehlung von Alexander zwischen äußerer Umrißform und innerer Raumge- Noormarkku. Während jedoch diese Luxusvilla für Calder und Fernand Leger, die mit Aalto befreundet stalt ist charakteristisch für Aalto, der sich keinen die Familie Gullichsen bis ins Detail in mehreren waren, an den damals bereits weltberühmten finni- funktionalistischen Dogmen, wie etwa dem konse- Publikationen veröffentlicht worden ist und zum schen Architekten mit dem Wunsch, ihm eine moder- quenten Bauen von innen nach außen, unterwarf. Pflichtprogramm aller an Architektur interessierten ne Villa zu entwerfen. Im folgenden Jahr trafen sich Außerdem liebte Aalto spielerische Motive und die Finnlandbesucher zählt, kennen nur wenige Spezia- die beiden in Venedig, wo Aalto den finnischen Pa- Wellenform ermöglichte ihm zusätzlich ein Wort- und listen bislang ein weiteres Hauptwerk Aaltos, die villon errichtete, sie verstanden sich sofort und Sinnspiel mit seinem eigenen Namen, da aalto auf Maison Carré in der Nähe von Versailles. Diese auf- nachdem Carré auch noch die Villa Mairea besucht finnisch Welle bedeutet. wendige Wohnanlage wurde in vielen Darstellungen und bewundert hatte, kam es zum Auftrag. Der Mit der Maison Carré setzte Aalto ein markantes über Aaltos Werk einfach weggelassen, da sie sich Bauherr wünschte sich eine repräsentative Villa, in architektonisches Zeichen am Hügel, aber dieser bis vor kurzem in Privatbesitz befand und keine Be- der er ausgewählten Kunden auch seine Sammlung geometrische Eingriff in die Landschaft korrespon- sichtigungen möglich sowie kaum Abbildungen er- präsentieren konnte und die ähnlich wie die Villa diert mit den Bewegungen der Natur. Je nach Bewe- hältlich waren. Nach dem Verkauf der Villa kann ein Mairea bis ins Detail exklusiv von Aalto entworfen gungsrichtung erwächst die Architektur entweder als wahres Meisterwerk ”wiederentdeckt” werden. und ausgestattet werden sollte. eigenständiges Element aus dem Hügel oder sie löst Der reiche Pariser Kunsthändler Louis Carré, Aalto und seine Frau Elissa besichtigten im sich wieder in die Naturformen auf. So öffnet sich Besitzer einer großen Sammlung moderner Kunst, Herbst 1956 den vorgesehenen Bauplatz, eine kleine das Wohnzimmer mit einem Panoramafenster weit
zur Landschaft, um die Natur ins Haus zu holen. Vor den Schlafzimmern geometrisierte Aalto den abfal- lenden Hang durch Betonstreifen, die den Gelände- verlauf wie Höhenlinien nachzeichnen. Die Naturform wird somit sanft in die Geometrie des Hauses über- geleitet. Diese Korrespondenz zwischen Architektur und Natur findet sich ähnlich beim Rathaus in Saynätsalo oder beim Eperimentierhaus auf Muurat- salo und wurde zu einem Kennzeichen der Architek- tur Aaltos. Auf die Innenausstattung legte Alvar Aalto ganz besonderes Gewicht, hier zeigt sich an zahllosen Details seine schier unerschöpfliche Kreativität und sein virtuoser Umgang mit Materialien. Lampen, Einbauten und einige Möbel wurden nur für diese Villa entworfen und als Unikate ausgeführt. Die Anlage ist deshalb ein Gesamtkunstwerk im besten Sinn des Wortes. Die Bezeichnung Maison Carré ist ein von Aalto erfundenes Wortspiel. Der Name des Bau- herrn, Carré (d.h. Quadrat), wird in Bezug gebracht zu einem der berühmtesten historischen Bauwerke in Frankreich, dem römischen Tempel in Nîmes, der Die Wellendecke der Galerie (noch mit Kunstwerken). Foto Heikki Havas. unter dem Begriff maison carrée geläufig ist. Das Wortspiel umfaßt aber noch eine weitere Bedeu- in seinem Werk vielfach Bezüge zur antiken Archi- Le Corbusier, Charlotte Perriand, Hans Arp, Alberto tungsebene, denn der Grundriß der Anlage ist tektur gestaltete, gleichsam in einen modernen Giacometti u.v.a. kamen. Da die Villa dann über fast wirklich aus carrées, aus Quadraten komponiert, Kunsttempel transformiert. ein halbes Jahrhundert nahezu unverändert blieb, die Aalto allerdings raffiniert gegeneinander ver- Als der Bauherr die Maison Carré bezog, fei- kann heute eines der großen Dokumente der Archi- schob und spielerisch ineinander verschränkte. Der erte er zusammen mit dem Architekten ein großes tektur des 20. Jahrhunderts original wieder erlebt römische Podiumtempel wird somit von Aalto, der Fest, zu dem Georges Braque, Alexander Calder, werden. Winfried Nerdinger La Maison Louis Carré Kurze Erzählung zur Entstehung, basierend auf einem Gespräch mit Marlaine Perrochet Genuss eines engeren Freundeskreises in einem von Hauptstadt, die Gelegenheiten Bekanntschaften zu ihm bewohnten Haus zu vereinen. Sein Anspruch war schliessen mit prominenten Künstlern und nicht zu- ein hoher und bestand aus den folgenden Vorstel- letzt auch das elegante Leben, das er sehr genoss. lungen: Eine Erklärung für letzteres könnte sein ländlicher – Doppelfunktion – Angemessene Räume zur Dar- Ursprung sein, der sich darin kontrastierte. Seine stellung von Kunstwerken und gleichzeitig Bildung Mitarbeiter aus jener Zeit können bestätigen, wie von Wohnräumen freudig er sie jeweils verliess mit der legendären – Anspruch auf ein zeitgemässes Haus von hohem Aussage „es ist wunderbar, in Helsinki zu leben, architektonischem Anspruch wenn man ein Flugticket nach Paris in der Brieftasche – Hohe Wohnqualität, Pflege aller Details zur Erfül- mit sich trägt“. lung aller denkbaren Ansprüche der Bewohner Zur Zeit der Entstehung der Maison Carré und ihrer Gäste (1957–1959) stand Alvar auf einem der Höhepunk- Der Anstoss zur Kontaktnahme mit Alvar Aalto te seiner Laufbahn. Wir möchten den Leser an einige kam ausgerechnet aus dem Kreis der Künstler, die er Erfolge dieser Zeit erinnern: in seiner Galerie vertrat. Fernand Léger, der gleichfalls – Wettbewerb Kulturzentrum Wolfsburg. 1. Preis mit Aalto befreundet war und ein Werk für das 1958, Realisierung 1959–1969; Gleichzeitige Das Ehepaar Carré. Foto Heikki Havas. Rathaus von Säynätsalo schuf, war ein grosser Be- Realisierung des Kirchenzentrums Heilig-Geist in wunderer seiner Bauten. In Kenntnis von Carrés Wolfsburg Louis Carré Ansprüchen lag die Empfehlung Légers einer Kon- – Realisierung des Hauses der Kultur in Rautatalo Paris war nach dem Zweiten Weltkrieg Ende der taktnahme mit Aalto nahe. Sie fand statt, und der Helsinki (1955–1958). Vierziger und während der Fünfziger Jahre die Welt- Auftrag war besiegelt, nachdem Carré die Villa – Museum in Aalborg. Wettbewerb 1. Preis 1958. metropole der Kunst und des Kunstbetriebs im Be- Mairea besucht und mit Begeisterung die wunder- – Kirche von Vuoksenniska-Imatra. Ausführung reich der Literatur und vor allem der bildenden bare Wohnlichkeit, den formalen Ausdruck und 1957–1959. Künste. In diesem Umfeld war Louis Carré ein sehr die Einbindung in die Natur in sich aufgenommen – Internationaler Wettbewerb Opernhaus Essen erfolgreicher Kunsthändler und Kunstsammler zeit- hatte. 1. Preis 1959. genössischer Kunst. Er war Besitzer einer grossen Die Beziehung zu Aalto war eine besondere. Sie Getragen von den Erfolgen dieser Zeit (die wohl Galerie an vorzüglicher Lage in Paris. Aus seiner war gut, beiderseits verständnisvoll und zeitweise auch viele Probleme in sich trugen), war die Maison Tätigkeit ergab sich sein Bedürfnis, die von ihm be- spannungsvoll. Alvar Aalto trug, wie wir alle verste- Carré so etwas wie ein Leckerbissen, an dem tatsäch- vorzugten und deshalb nicht zum Verkauf angebo- hen, viel zu diesem besonderen Verhältnis bei. Hinzu lich auch viel herumgebissen wurde. Gemeint ist tenen Werke zu seiner eigenen Freude und zum kam bei ihm die Faszination der französischen damit die starke Auseinandersetzung mit der Auf
gabe. Alvar Aalto arbeitete mit Vorliebe an diesem Die Umsetzung des Bauvorhabens sprachlichen Unwegsamkeiten. Die Probleme wurden Projekt in seinem Sommerhaus in Muuratsalo. Dabei Die Umsetzung von Architekturprojekten im Sinne frühzeitig erkannt. Es ergab sich wundersamerweise, sind zwei Dinge besonders hervorzuheben: Einerseits ihrer Autoren ist über grosse Distanzen und Regionen dass eine junge Frau aus Neuchâtel zu einem Binde- der Gesamtentwurf mit der wunderbaren Einbindung mit unterschiedlichen Traditionen und kulturellen glied der Verständigung erwuchs. in die liebliche Hügellandschaft von Bazoches-sur- Wurzeln oft schwierig. Solche Schwierigkeiten oder Guyonne und andererseits die äusserst aufwendigen Missverständnisse gab es beim Bau der Maison Marlaine Perrochet Innenraumgestaltungen und Details, die sich in Carré auf verschiedenen Ebenen. Ein Hindernis der Sie war in der Entstehungszeit der Maison Carré wunderbarer Weise harmonisch zusammenfügen. Verständigung war die Sprache. Probleme ergaben Mitarbeiterin bei Alvar Aalto, erinnert sich mit Ge- Viele Elemente wurden eigens für dieses Haus ent- sich auf der handwerklichen Ebene. Aus Finnland nugtuung an jene spannende Zeit der Planung und worfen und über die Herstellung von Prototypen kamen z.B. Details zur Holzverarbeitung, die den Ausführung dieses einzigen Projektes in Frankreich. perfektioniert. Es betrifft dies beispielsweise Möbel, französischen Zimmerleuten und Tischlern nicht ge- Theo Senn und Simon Winker hatten Gelegenheit, insbesondere auch Tische aus dem Hause Artek, oder läufig oder anwendbar erschienen; nicht zu ver- Marlaine Perrochet vor der Parisreise der Alvar Aalto Lampen mit einer eigens entwickelten Doppelfunk- schweigen die unterschiedlichen Vorstellungen der Gesellschaft am Lac de Neuchâtel zu befragen. Ein wesentlicher Teil der bereits niedergeschriebenen Betrachtungen entstammen ihren mündlichen Aus- sagen. Marlaine Perrochet war bereits an der Ausarbei- tung der Ausführungszeichnungen beteiligt. Es ent- wickelte sich im Atelier Aalto die Einsicht, dass ge- wisse Arbeiten durch finnische Handwerker zu reali- sieren wären, insbesondere alle jene Arbeiten, welche die Holzbearbeitung betrafen – man denke an die geschwungene Decke sowie an die exklusiven Tisch- lerarbeiten der Bibliothek. Finnische Handwerker in Paris in Zusammenarbeit mit unantastbaren franzö- sischen Unternehmern – wie soll das zusammen gehen? – doch nur mit einer charmanten francofilen jungen Frau, die die Anliegen beider Seiten gründlich verstand. Marlaine Perrochets Eignung für einen Ein- satz an Ort war dadurch favorisiert als sie eine starke Zuneigung zu den nordischen Ländern hatte (sie lebte später über 20 Jahre in Norwegen). Ihr wurde diese Mediationsaufgabe anvertraut, die sie dem Resultat zufolge sehr gut löste. Sie genoss Ausblick vom Wohnraum über das weite Tal. Foto Heikki Havas. auch das Vertrauen von Monsieur Carré, der sie über die kritische Zeit hinaus ein weiteres Mal in tion zur Allgemeinbeleuchtung eines Raumes und formalen Gestaltung, der Wahl von Materialien und Übereinstimmung mit Alvar Aalto nach Bazoches der gleichzeitigen Anstrahlung von Gemälden. Textilien zwischen Auftraggeber und Architekten, berief. Die Maison Carré ist ein Gesamtkunstwerk, das trotz grosser Wertschätzung. In Würdigung ihrer Leistung für das einmalig durch die Werke bildender Künste eine wunderbare Elissa Aalto hatte die Aufgabe der Projektleitung schöne Werk danken wir Marlaine Perrochet für Ihre Ausstrahlung und Vollkommenheit ergab. Die Kunst- inne und war dazu dank der Offenheit ihres diplo- Leistung und ernennen Sie zur Grande Dame de la werke sind nach dem Tode der Carrés verschwunden. matischen Geschicks und ihrer verbindenden Herz- Mediation entre la Finlande et la France ! Wir trösten uns damit, dass die mit der Zugänglich- lichkeit dazu prädestiniert. Doch auch sie stiess an keit des Hauses getauscht worden sind. Grenzen, aus Gründen der beschränkten Präsenz und Theo Senn MAISON CARRÉ HEUTE Öffnungszeiten und Eintrittspreise Fahrhinweis Maison Carré ist samstags und sonntags ON von 13h bis 18h für Besucher offen. -G U Y Eintritt und Führungen jede volle Stunde (letzte um 17h). EI L- LE Eintrittspreise: Erwachsene 12€, Studenten und Rentner 5€. MAR Der Preis enthält Führung auf französisch und englisch. PARIS NACH A13 Reservierung: NACH MONTFORT- L’AMAURY A12 PONTCHARTRAIN resa@maisonlouiscarre.fr oder tel. +33(0)1 34 86 79 62 BAZOCHES- SUR-GUYONNE VERSAILLES E50 Gruppen brauchen eine Voranmeldung, maximale Grösse N12 E15 19 Personen. Besuch ausserhalb der Öffnungszeiten per Vereinbarung. LS SNU Adresse: LES ESSARTS-LE- ME MAISON YVELINES ES CARRÉ 2 chemin du Saint-Sacrement, 78400 Bazoches-sur- H L NAC NACH SAINT- Guyonne (ungefähr 40 km südwestlich von Paris) RÈMY-L’HONORÈ
Jahresversammlung mit Besichtigungsprogramm der Alvar Aalto Gesellschaft in Paris 29.9. – 1.10.2007 von Jean Prouvé. Von dort ging es weiter in südwest- licher Richtung nach Bazoches-sur-Guyonne, wo sich die soeben renovierte und neu eröffnete Maison Louis Carré befindet. Das Haus baute Alvar Aalto Ende der 1950er Jahre für den Kunsthändler Louis Carré und dessen Frau Olga, die den Bau auch für ihre private Kunstsammlung nutzten. Der Weg zum Haus führt durch kleine Dörfer und war nicht leicht zu finden. Endlich waren wir an einem kleinen be- waldeten Platz, an dem die „Maison de Jean Mon- net“, das Wohnhaus eines der geistigen Väter des vereinigten Europa liegt (“Un homme, une idée, l´Europe”). In direkter Nachbarschaft befindet sich die Maison Louis Carré. Olga Carré wohnte in dem Haus bis zu ihrem Die Jahresversammlung 2007 der Alvar Alto Gesell- sem Beifall begrüßt, da dann jedoch auch Bedenken Tod 2002, dann war es einige Jahre unbewohnt. schaft fand im Palais Chaillot / Cité de l´Architecture hinsichtlich der damit verbundenen hohen Kosten 2006 kaufte der finnische Kulturfonds das Gebäude et du Patrimoine auf dem rechten Seineufer gegen- aufkamen, wurde beschlossen, die nächste Jahres- und gründete eine Association Alvar Aalto en France, über dem Eiffel-Turm statt. Die Tagung war erfreulich versammlung mit der Ausstellung „In Sand gezeich- die für die Verwaltung, Instandhaltung und öffentli- gut besucht, circa 90 Mitglieder und Gäste waren net – Entwürfe Alvar Aaltos“ in der Pinakothek der che Nutzung verantwortlich ist. Das Haus war zur anwesend. Der Schweizer Vorstand hatte mit großem Moderne in München zu verbinden. Als Thema für Zeit des Kaufes in einem relativ guten Zustand, be- Einsatz ein reichhaltiges Programm zusammenge- das nächste Bulletin Nr.26 schlug der Vorstand Be- durfte jedoch einiger Reparaturen, besonders an den stellt, das Architekt Simon Winker am Beginn der richte über die Maison Carré vor. Fassaden und Aussenanlagen. Die gravierendsten Tagung kurz vorstellte. Anschließend berichtete Nach der Jahresversammlung fuhren wir mit Mängel waren bis Sommer 2007 beseitigt, drei Tage Professor Nerdinger, dass Göran Schildt, Verfasser einem Seineboot bis zu Notre Dame und gingen dann vor unseren Besuch fand die offizielle Eröffnung vieler bedeutender Publikationen über Aalto, die zu Fuss zum gemeinsamen Abendessen in das Re- statt. Das Aussenschwimmbad und das Umkleide- angebotene Ehrenmitgliedschaft der Alvar Aalto staurant “Polidor” in der Nähe des Jardin du Luxem- häuschen warten zwar noch auf die Restaurierung Gesellschaft angenommen habe. Architektin Miche- bourg. Hier herrschte echte Pariser Atmosphäre und und den weiten Ausblick über das Tal, der Aalto so la Mina Guggiari aus Lugano wurde als neues Mit- das Essen war ausgezeichnet. Simon Winker war es fasziniert hat, gibt es leider nicht mehr, da die da- glied in den Vorstand der Gesellschaft gewählt. Eine zu verdanken, dass seine Pariser Freunde uns diese mals kleinen Bäume inzwischen zu einem Wäldchen Diskussion über den Ort der Jahresversammlung und andere Türen geöffnet haben. gewachsen sind, aber der Besuch des einzigen 2008 erbrachte zwei Vorschläge: Reykjavik und Am Sonntag früh fuhren wir zu dem Pariser Bauwerks Aaltos in Frankreich, das jetzt an zwei München. Zwar wurde Reykjavik spontan mit gros- Vorort Meudon und besuchten die Versuchshäuser Tagen pro Woche zugänglich ist, ist wirklich sehr empfehlenswert! Die meisten speziell für dieses Haus entworfenen Möbel, Lampen und sonstigen Einrichtungsgegen- stände sind noch vorhanden, nur die Gemälde von Olga und Louis Carré fehlen. Als Besucher kann man die Qualität des Hauses an den vielen speziellen Aalto-Details gut nachvollziehen Anschließend besuchten wir die Villa Savoye in Poissy. Ihren berühmten Erbauer, Le Corbusiers, kannte Aalto von den CIAM-Kongressen gut. Die 1928-31 erbaute Villa mit den Beinamen „Les Heu- res Claires“ diente der Familie Savoye als Wochen- endhaus. An diesem Meisterwerk der modernen Architektur sind die von Le Corbusier formulierten programmatischen „fünf Punkte einer neuen Architektur“ besonders gut ablesbar: Stützen, Dach-
Alvar Aalto Gesellschaft besichtigt Le Corbusier terrasse, freie Grundrissgestaltung, freie Fassaden- Zentrum der Cité Universitaire lieferte einen sympa- funktionieren tadellos. Die alten Originalmöbel waren gestaltung und Langfenster. Auf der Rückfahrt be- thischen Eindruck in eine französische Studenten- leider nicht mehr zu finden, für sie erwarb der Hausherr sichtigten wir die postmoderne Wohnanlage von mensa. passenden Ersatz. Riccardo Bofill in St. Quentin en Yvelines und be Nachmittags besuchten wir noch einen interes- Die Mitglieder der Alvar Aalto Gesellschaft endeten den Tag in La Défence bei der „Grande santen Bau, der auf Grund seiner Form La Ruche, der wurden von einer komptenten Architektin in kleinen Arche“. “Bienenstock“ genannt wird. Das Gebäude hatte Gruppen von zehn Personen sechs Mal nacheinander Am Montag waren einige Bauten Le Corbusiers, Gustave Eiffel ursprünglich für die Weltausstellung jeweils anderthalb Stunden sympathisch und kundig Wohnhochhäuser von Christian Portzamparc, die errichtet, heute sind dort Künstlerateliers eingebaut durch das Haus geführt. Unser Dank gilt Simon Bibliothèque Nationale von Dominique Perrault sowie und die gesamte Anlage vermittelt einen anspre- Winker, der dies ermöglichte! die Cinématèque Française von Frank O Gehry auf chend lebendigen Charakter. Die Besichtigung einiger Bauten Le Corbusiers dem Programm. Zuerst besichtigten wir die Maison Als letzter Programmpunkt wurde uns der Besuch und der Maison Carré Aaltos verleitete natürlich Planeix, die Le Corbusier für einen Unternehmer der von Pierre Chareau 1928-31 errichteten Maison immer wieder zu Vergleichen und zu der Frage, wer und Amateurmaler 1927 errichtete, es folgte ein de Verre ermöglicht, die soeben saniert worden ist. wohl der „Größere“ sei. Walter Moser aus Zürich Besuch des Baus der Heilsarmee, ebenfalls von Das wunderbare Haus stand nach dem Tod des Erbau- meinte dazu launisch: „Wenn man die Grösse an den Le Corbusieur. Professor Nerdinger gab dort ein ers und dem Umzug seiner Familie einige Jahrzehnte Schäden, die sie verursacht haben misst, dann ist einführendes Kurzreferat zur Konzeption und Be lang fast leer und wurde nur in Teilen als Ärztehaus Aalto grösser“, denn die vielen Nachfolger Le Cor- deutung dieser Anlage. In der Cité Universitaire In- und für Empfänge genutzt. Vor einigen Jahren kaufte busiers wirkten zerstörerischer als die Nachfolger ternationale de Paris begannen wir mit einem Be- ein vermögender Kunstliebhaber aus New York die Aaltos. Das Thema sollte vielleicht noch weiter dis- such der Fondation Suisse, die Le Corbusier mit Maison de Verre von den Erben und läßt sie seitdem kutiert werden. Pierre Jeanneret 1930 erbaute. Auch hier gab Herr gründlich, aber mit grossem Respekt restaurieren. Alle Ein abschliessender Apéro im herrschaftlichen Nerdinger eine Einführung in die Entwurfskonzeption Details – bis zu den medizinischen Geräten des Bau- Stadtpalais, dem Hòtel Particulier “Emeraude” von und die architekturgeschichtliche Bedeutung des herrn – wurden wiederhergestellt. Alle beweglichen Alexander Pozzo di Borgo, war ein feierlicher, aber Bauwerks. Das Mittagessen im internationalen raumbildenden Elemente sind noch vorhanden und auch heiterer Abschluss der schönen Reise! Text: Pertti Solla, Foto: Alfred Berger ”Sähkötalo” von Alvar Aalto in Kamppi neu erschlossen. Helsinki von 1961 und 1964 die Erweiterung des umgebaut und anschliessend ein neuer Eingang von Cityareals bis zum Kamppi mit Nachdruck gefor- Kampintori zum „Sähkötalo“ eröffnet. dert und ein grosszügiges, unterirdisches Bustermi- Die Umbauten im Haus konzentrierten sich auf nal- und Verkehrssystem für das Gebiet entworfen. die Kellerräume und auf die alte Elektrostation. Die Seine Idee wurde hinsichtlich der funktionalen Kon- wertvollen Haupträume sowie die mit Kupfer verklei- zeption in dem soeben fertiggestellten Geschäfts- deten Fassaden blieben unverändert. In der hohen zentum Kamppi im Prinzip verwirklicht, wenn auch Aalto-Halle, wo die Kunden des Energiewerks früher die Lage des Busterminals von seinem Plan ab- bedient wurden, ist heute ein Café eingerichtet. Die weicht. Planung der Umbauten wurde im Architekturbüro HKP Während der Planung von „Sähkötalo“ hatte der Architekten Eero Hyvämäki und Mikko Suvisto mit Aalto so sehr auf die unterirdische Erweiterung des Pietät und in enger Zusammenarbeit mit dem Alvar Fußgängerzentrums vertraut, dass er die Tiefgarage Aalto Museum und dem Museumsamt durchgeführt. des Hauses mit einer grösseren Geschosshöhe für eine spätere kommerzielle Nutzung versah. Heute Neuer Eingang von Kampintori, Foto Kari Palsila hat sich auch dieser Gedanke bestätigt, drei Jahr- Die Aalto-Halle als Café, Foto: Kari Palsila zehnte nach Fertigstellung des Hauses bildet das Gebäude einen funktionalen Abschluss für die Fuss- Das von Alvar Aalto 1973 geplante Verwaltungsge- gängerachse des Geschäfszentrums Kamppi, die in bäude für das Elektrizitätswerk in Helsinkis Stadtteil das Untergeschoss von „Sähkötalo“ mündet. Mit Kamppi ist nach Renovierung- und Umbauarbeiten den Renovierungsarbeiten wurde auch der älteste seit Oktober 2007 wieder geöffnet. Teil des Gebäudekomplexes, die Trafostation von Aalto hatte schon in seinen Zentrumsplänen für Gunnar Taucher (1938), für eine neue Nutzung
Impressum Bulletin 26 Mitteilungsblatt der Alvar Aalto Gesellschaft. Herausgegeben vom Vorstand der Alvar Aalto Gesellschaft für Deutschland, Österreich und die Schweiz. München 2008. Verantwortlich: Prof. Dr. Winfried Nerdinger. Redaktion: Risto Parkkinen Gestaltung: Erkki J. Helenius, Espoo, Finnland Druck: Tott-print, Savonlinna, Finnland. Alvar Aalto Gesellschaft Ehrenvorsitzende Elissa Aalto † Vorstand: Prof. Dr. Winfried Nerdinger, TU München Carl Simon Winker, Dipl.-Ing., Arch. ETH/NDS, Zürich Risto Parkkinen, Arch. SAFA, Wien, Helsinki Asmus Werner, Prof. Dipl.-Ing., Hamburg Rainer Ott, Arch. BSA, SIA, Schaffhausen Dr. Steffen Prager, Rechtsanwalt, München Ulla Markelin, Arch. SAFA, Helsinki Riitta Pelkonen-Lauer, Dipl.-Ing., München Michela Mina-Guggiari, Arch. Dipl. ETH/SIA/OTIA Lugano August 30–31 2008 Invited speakers Sekretariat Jyväskylä, Finland Pier Vittorio Aureli Bernard Cache Leslie Kavanaugh Riitta Pelkonen-Lauer, Dipl.-Ing., Kimmo Lapintie Farshid Moussavi Jane Rendell Erminoldstrasse 119, D-81735 München Chair Kari Jormakka Tel. +49-89-680 4881, (+49-172-9217422) E-mail: riittalauer@aol.com Call for papers Deadline February 4, 2008 3 International Alvar Aalto Meeting rd Bank: HypoVereinsbank München on Modern Architecture Registration and further information: www.alvaraalto.fi /conferences/2008/ BLZ 700 202 70 Konto 31 80 338 348 Organisers Alvar Aalto Academy/www.alvaraalto.fi Alvar Aalto Museum/www.alvaraalto.fi Sektion Österreich Risto Parkkinen, Architekt SAFA, Sprecher ptah.indd 1 23.1.2008 12:04:54 Büro Berger + Parkkinen ARTEK FEIERT DEN 75. GEBURTSTAG DER HOCKER 60 Neubaugasse 40/5 A-1070 Wien Tel. +43-1-5814935, (+358-40-538 9016) FAX: +43-1-58149 3514 E-mail: info@berger-parkkinen.com Erste Bank, BLZ 20111, Konto 3100400009 04 Sektion Schweiz Mühlebachstrasse 72, CH-8008 Zürich Carl Simon Winker, Dipl.-Ing., Arch. ETH/NDS, Sprecher Tel. +41-44-383 3880, FAX: +41-44-383 1902 E-mail: aalto@sk-architekten.ch Artek oy ab Lemuntie 3-5 B FI-00510 Helsinki, Finland Bank: Credit Suisse www.artek.fi BLZ:BC 4860, Konto 244185-51 ALVAR AALTOS ARCHITEKTURDATENBANK ERÖFFNET. Sekretariat Finnland Architekturbüro A.&U. Markelin Auf den Webseiten von Alvar Aalto Museum ist eine Datenbank eröffnet worden, wo die Grunddaten der Kapteeninkatu 18. FI-00140 Helsinki gesamten von Alvar Aalto geplanten Bauten in englischer Sprache gespeichert sind. Tel. +358-9-665 789, FAX +358-9-660 856 Von jedem Bauprojekt sind die Grunddaten und mindestens ein Bild vorhanden. Die digitalische Datenbank wird dauernd ergänzt und auf dem Laufenden gehalten. Die Architekturobjekte können nach dem Namen, E-mail: markelin@kolumbus.fi dem Ort, dem Jahreszahl oder nach dem Bautyp gesucht werden. Aktia Bank Helsinki Die englischsprachige Datenbank ist unter der Adresse http://file.alvaraalto.fi zu finden. BLZ 405518 Konto 210 2964 AALTO UND WOLFSBURG · Susanne Müller Ein skandinavischer Beitrag zur deutschen Architektur der Nachkriegszeit. isbn 978-3-89739-578-7, 302 S., € 49,80, Verlag und Datenbank für Geisteswissenschaften in Weimar, Weimar „Die Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn verfolgt die singuläre Karriere des international bekannten Architekten Alvar Aalto in der deutschen Nachkriegsmoderne auf 302 Seiten mit 68 Seiten Fotos und Zeichnungen. Hervorgehoben sind hierbei die drei bedeutenden Werke des Architekten in Wolfsburg (das Alvar-Aalto-Kulturhaus, die evangelischen Gemeindezentren Heilig Geist und Stephanus).
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