Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen

 
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Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen
Hessisches Ministerium für Wirtschaft,
Energie, Verkehr und Wohnen

                    Die Potenziale
                    des Wasserstoffs für
                    Wirtschaft und Klimaschutz
                    erschließen
                    Eine Strategie für Hessen
Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen
Inhalt

                                           I.    Vorwort

                                           II.   Politische Einordnung

                                           III. Wasserstoff – elementare Fakten

                                           IV. Status quo – wo stehen wir in Hessen?

                                           V.    Handlungsbedarfe und Prioritäten

                                           VI. Künftige Maßnahmen

                                           VII. Roadmap

                                           VIII. Strategieprozess

HA Hessen Agentur GmbH / Stefan Wildhirt
Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen
WA SSER STOFFSTR ATEG I E   LAND HESSEN 2021

                                                                                      Wer Wasserstoff will,
                                                                                      muss den Ausbau der
                                                                                      Erneuerbaren Energien
                                                                                      massiv beschleunigen.

Liebe Leserinnen und Leser,
Seit der Industriellen Revolution      erzeugt werden. Erst als „grüner“,      wo er am effizientesten hilft,
gründet unser Wohlstand auf der        also mit Strom aus erneuerbaren         Treibhausgase zu vermeiden. In
Verbrennung fossiler Ressourcen –      Quellen hergestellter Wasserstoff       einer Übergangszeit ist auch der
und immer stärker spüren wir           wird er zu einem Kernelement            Einsatz von Nebenproduktwasser­
die Folgen. Um die Erderwärmung        einer zukunftsfähigen Energiever­       stoff aus industriellen Prozessen
auf ein handhabbares Maß zu            sorgung. Das heißt auch: Wer            und türkisem Wasserstoff möglich,
begrenzen, haben wir begonnen,         Wasserstoff will, muss den Ausbau       bei dessen Herstellung der Kohlen­
Kohle, Öl und Gas durch regene­        der Erneuerbaren Energien massiv        stoff gebunden wird, wenn auch
rative Energien zu ersetzen.           beschleunigen.                          dies zu einer besseren und schnel­
                                                                               leren CO2-Reduzierung führen
Doch die erneuerbaren Quellen          Bisher wird grüner Wasserstoff nur      kann. Natürlich identifizieren wir
wie Wind- und Solarkraft liefern       in Pilotanlagen hergestellt. Eine       auch die besonderen Akzente, die
uns keinen Brennstoff, der sich in     Produktion in industriellem Maß­        Hessen bei dieser Aufgabe setzen
Tanks mitnehmen oder auf Halden        stab muss erst noch entstehen –         kann. Diese sehen wir insbesonde­
lagern lässt. Sie liefern Strom, der   ebenso wie eine Infrastruktur zur       re beim Thema Luftverkehr. Als
nicht zur Verfügung steht, wenn das    Verteilung. Grünen Wasserstoff          Standort von Deutschlands größ­
Windrad stoppt oder das Solar­         wird es also auf absehbare Zeit         tem Flughafen hat unser Bundes­
panel sich verschattet. Wir stehen     nicht im Überfluss geben. Daher         land größtes Interesse daran, dass
also neben der Frage der Vernet­       muss sich seine Verwendung auf          der Luftverkehr Kurs auf Klima­
zung und des Lastmanagements           die Bereiche konzentrieren, die         neutralität nimmt. Hessen hat
vor der Frage der Speicherung.         nach heutigem technischen Wissen        deshalb das Kompetenzzentrum
                                       nicht auf andere Weise klimaneutral     Klima- und Lärmschutz im Luftver­
Eine wesentlich auf volatile Ener­     werden können. Dies sind vor allem      kehr (CENA) eingerichtet. Sein
giequellen ausgelegte Stromver­        die Stahl-, Zement-, und Chemiein­      Ziel ist eine Pilotanlage für syntheti­
sorgung wird ohne Speicher- und        dustrie, Teilbereiche des ÖPNV          sches Kerosin – nur eines von mehr
Transportmöglichkeiten nicht           und der Logistik sowie die Luftfahrt    als 100 Projekten zur Wasserstoff-
umsetzbar sein. Aufgrund seiner        und der interkontinentale Schiffsver­   und Brennstoffzellentechnologie,
guten Speicherfähigkeit und seiner     kehr.                                   die in Hessen in den vergangenen
guten Transportfähigkeit fällt dem                                             Jahren umgesetzt wurden.
Wasserstoff daher im Rahmen der        Mit dieser Strategie beschreiben
Energiewende eine wichtige Rolle       wir, was Hessen dazu beitragen
zu. Deshalb kann er ein Teil der       wird und wie wir die Voraussetzun­
Lösung sein. Allerdings ist er nicht   gen schaffen, damit grüner Wasser­
von sich aus klima- und um­­welt­      stoff – wenn er ab Mitte des Jahr­      Tarek Al-Wazir
freundlich. Vielmehr muss er unter     zehnts in größerem Maßstab              Hessischer Minister für Wirtschaft, Energie,
erheblichem Energieaufwand             verfügbar sein wird – dorthin fließt,   Verkehr und Wohnen

                                                                                                              I . VO RWO RT   3
Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen
Politische
Einordnung

Bedeutung des Wasserstoffs
für die Energiewende

Die integrierte Energiewende setzt
auf Effizienz, erneuerbare Energie,
optimierte Verteilung, Flexibilität,
Speicherung, Digitalisierung und
Sektorenkopplung. Dabei müssen
die vorhandenen Ressourcen ge­
zielt eingesetzt werden. Dies gilt
vor allem für regenerative Energien.
Die Betrachtung des gesamten Ener­    maziele zu erreichen. Zugleich er­    neuerbaren Wasserstoffs jährlich.
gie- und Wirtschaftssystems – z. B.   öffnen sich Chancen für hessische     Die erforderlichen Gesamtinvesti­
unter Berücksichtigung der Aspekte    Unternehmen, die lokal erdachten,     tionen bis 2050 werden auf etwa
Versorgungssicherheit, Flexibilität,  entwickelten und erprobten Ideen,     200 bis 500 Mrd. Euro geschätzt.
ökonomischer, ökologischer sowie      Technologien und Dienstleistun­
gesellschaftlicher Tragfähigkeit – istgen weltweit zu vermarkten und so­    Auf nationaler Ebene hat die Bun­
entscheidend für eine integrierte     mit den Industriestandort Hessen zu   desregierung mit der Nationalen
Energie- und Ressourcenwende.         stärken und zukunftsfähige Arbeits­   Wasserstoffstrategie (NWS) 2020
                                      plätze zu schaffen. Die Nutzung von   ebenfalls einen Rahmen für die sek­
Mittels    erneuerbarer    Energien Nebenprodukt- und türkisem Was­         torübergreifende Integration von
gewonnener Wasserstoff („grüner serstoff kann in der Übergangszeit          Wasserstofftechnologien gelegt. In
Wasserstoff“) kann zu einem wich­ dabei helfen, Anwendungen zu er­          der NWS wurden dabei insgesamt
tigen Element der Energie- und proben, solange noch nicht genü­             38 Maßnahmen mit verschiedenen
Ressourcenwende werden. In der gend grüner Wasserstoff zur Verfü­           Schwerpunkten formuliert 2.
Rohstoffwirtschaft kann er fossile gung steht.
Ressourcen insbesondere im Be­                                              Zur Realisierung dieser Maß­
reich petrochemischer Basische­                                             nahmen sind aktuell etwa neun
mikalien, im Bereich der Kraftstoffe Nationaler und                         Mrd. Euro an Fördermitteln über
und in industriellen Prozessen erset­ internationaler Kontext               verschiedene Programme hinweg
zen. Er ermöglicht darüber hinaus                                           geplant. Konkret sollen in diesem
die Speicherung von Überschuss­ Auf europäischer Ebene ist mit der          Kontext bereits bis 2030 Wasser­
strom aus erneuerbaren Quellen European Hydrogen Strategy im                stofferzeugungsanlagen mit einer
und hilft damit bei der Entkopp­ Jahr 2020 ein wichtiger Grundstein         Gesamtleistung von fünf GW mit
lung von Stromerzeugung und -ver­ für eine europäische Wasserstoff­         einem Strombedarf von bis zu 20
brauch. Trotz des hohen Energieauf­ wirtschaft gelegt worden. Bis 2024      TWh errichtet werden.
wands für die Gewinnung grünen sollen mindestens sechs GW (40
Wasserstoffs ist der Aufbau einer GW bis 2030) erneuerbare Elekt­              Energiewirtschaftliches Institut
                                                                            1  

                                                                               an der Universität zu Köln (EWI)
erneuerbaren Wasserstoffwirtschaft rolyseleistung in der EU installiert
und seine enge Verknüpfung mit werden (laut EWI ¹ 2020 für                     Nationale Wasserstoffstrategie des BMWI
                                                                            2  

dem weiteren Ausbau regenerativer Deutschland 30 MW installier­
Energien ein erheblicher Beitrag, te Leistung) mit einer Produktion
um die verbindlich vereinbarten Kli­ von bis zu 1.000.000 Tonnen er­

4   II. PO LITISCH E E INO RDNU NG
Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen
WA SSER STOFFSTR ATEG I E   LAND HESSEN 2021

Auf Basis der vorliegenden Stra­        Aus Sicht der Hessischen Landes­      Wir verstehen die Transformati­
tegien, anhand diverser wissen­         regierung muss der Stromnetzaus­      on hin zu einer effizienten Wasser­
schaftlicher Studien sowie aus Rück­    bau beschleunigt werden, damit        stoffwirtschaft als einen fortdauern­
meldungen von Marktteilnehmern          die Stromversorgung bei veränder­     den Prozess, den Wirtschaft, Politik,
wird erwartet, dass in den kommen­      ten Erzeugungsschwerpunkten si­       Wissenschaft und Gesellschaft ge­
den Jahren verstärkt dezentrale Er­     chergestellt werden kann, aber auch   meinsam entwickeln, proaktiv ge­
zeugungsanlagen für Wasserstoff         in Hessen Möglichkeiten zur Elekt­    stalten und verantworten. Die Auf­
(Elektrolyseure) errichtet werden,      rolyse geschaffen werden können.      gabe reicht weit über Hessen hinaus,
um entstehende lokale Bedarfe zu        Gleichzeitig muss die Wasserstoff­    erfordert Kooperationen sowie ver­
decken. Ab Mitte des laufenden          produktion sinnvoll in die Energie­   lässliche internationale Standards
Jahrzehnts erscheint im nächsten        wende integriert werden und soll      und Rahmenbedingungen. Wesent­
Schritt die Bildung erster regionaler   keinen weiteren Stromnetzausbau       liche Rechtssetzungsvorhaben und
Inselnetze möglich, die mehrere Er­     notwendig machen. Die schon jetzt     groß angelegte Förderprogram­
zeuger und Verbraucher miteinan­        langen Planungs- und Genehmi­         me sind auf Ebene der EU und des
der verbinden. Nach 2030 ist dann       gungszeiten für die Errichtung von    Bundes angesiedelt. Wir bringen
mit dem Aufbau eines deutschland-       Transport- und Speicherkapazitäten    uns in die Ausgestaltung zugunsten
weiten bzw. europäischen Wasser­        für Wasserstoff müssen rechtzeitig    hessischer Interessen ein. Wir schaf­
stoffnetzes zu rechnen, ähnlich den     mitgedacht werden.                    fen zudem Strukturen, wie sich hes­
heute bekannten Strukturen etwa                                               sische Akteure erfolgreich aufstellen
bei Erdgas, welcher parallel zur Ent­   Die Hessische Wasserstoffstrate­      können und unterstützen Innova­
wicklung eines internationalen Was­     gie knüpft an diese Rahmenbedin­      tionen zugunsten eines wirksamen
serstoffmarktes verläuft. Die Errich­   gungen sowie an den „Integrierten     Klimaschutzes. Ebenso ergänzen
tung eines solchen Transportnetzes      Klimaschutzplan Hessen 2025“ an.      wir die auf EU- und Bundesebene
inkl. zugehöriger Speicher kann         Sie versteht sich als Instrument      vorgesehenen Maßnahmen dort,
über das Jahr 2040 hinaus andauern.     der Energie- und Ressourcenwen­       wo aus hessischer Sicht strategisch
                                        de und zeigt auf, wie sich Hessen     besondere Bedarfe bestehen, um
                                        die Potenziale von Wasserstoff er­    die Zukunftsfähigkeit Hessens, sei­
                                        schließen wird.                       ner Unternehmen und seiner Infra­
                                                                              struktur sicherzustellen.

                                                    Wir verstehen die Transformation hin zu einer
                                                    grünen Wasserstoffwirtschaft als einen fortdauern-
                                                    den Prozess, den Wirtschaft, Politik, Wissenschaft
                                                    und Gesellschaft gemeinsam entwickeln, proaktiv
                                                    gestalten und verantworten.

                                                                                                                         5
Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen
Wasserstoff –
elementare Fakten

Erzeugung                                            Während bei der strombasierten         Gasgemisch aus Wasserstoff, Koh­
und Klassifizierung                                  Erzeugung nur die Elektrolyse als      lenstoffmonoxid und Kohlenstoffdi­
                                                     Verfahren genutzt wird, werden bei     oxid überführt. Auch dieses Verfah­
Wasserstoff liegt auf der Erde fast                  der rohstoffbasierten Erzeugung        ren ist in der chemischen Industrie
ausschließlich nur in gebundener                     mehrere Verfahren wie z.  B. Refor­    etabliert und in großtechnischem
Form vor. So ist er Bestandteil von                  mierung, Vergasung und Vergärung       Maßstab verfügbar. Bei der Wasser­
Wasser und fast allen organischen                    betrachtet. Bei der Reformierung       stofferzeugung mittels Vergärung
Verbindungen, zu denen auch die                      von Erdgas oder Methan wird bei        werden spezielle Mikroorganis­
fossilen Energieträger wie Erdöl,                    hohen Temperaturen ein Gemisch         men eingesetzt, um aus Biomasse
Erdgas und Kohle zählen. Für die                     aus Wasserstoff, Wasserdampf und       Wasserstoff statt Methan zu erzeu­
unterschiedlichen Anwendungen                        Kohlendioxid erzeugt. Dieses Ver­      gen. Ein großtechnisches Verfah­
muss er unter erheblichem Einsatz                    fahren ist bereits seit Anfang des     ren wurde bisher nicht entwickelt,
von Energie aus seinen Verbindun­                    vergangenen Jahrhunderts erprobt       die Entwicklung wird aber im Rah­
gen gelöst werden. Dabei werden                      und wird kontinuierlich weiterentwi­   men von zahlreichen Forschungs-
je nach Erzeugungsprozess prinzi­                    ckelt. Der heute industriell verfüg­   und Entwicklungsprojekten voran­
piell zwei Arten von Wasserstoff un­                 bare Wasserstoff wird größtenteils     getrieben.
terschieden: strombasierter Was­                     mittels Reformierung hergestellt.
serstoff, der mittels Elektrolyse von                                                       Wie treibhausgasneutral Wasser­
Wasser hergestellt wird, und roh­                    Bei der Vergasung wird Kohle oder      stoff ist, hängt von der Herkunft des
stoffbasierter Wasserstoff, der über                 Biomasse bei hohen Temperaturen        zu seiner Gewinnung verwende­
verschiedene       thermochemische                   in einer sauerstoffarmen Atmosphäre    ten Stroms bzw. der eingesetzten
Verfahren aus erneuerbaren oder                      durch Zugabe eines Vergasungsme­       Rohstoffe ab. Werden erneuerbare
fossilen Substanzen gewonnen wird.                   diums wie z.  B. Wasserdampf in ein    Rohstoffe oder Energieträger ver­

Wasserstoffherstellung und resultierende Wasserstoffklassifizierung

      strombasierter Wasserstoff                        Wasserstoffklassifizierung            rohstoffbasierter Wasserstoff

        erneuerbar                                                 erneuerbar                                            erneuerbar
                                                                   Wasserstoff                                            Biomasse

                                                                   CO2-armer     CCS oder
                                                                   Wasserstoff   Pyrolyse
                                   Elektrolyse                                                   Stoffl. Verfahren
    nuklear            Neben­                                                                  z. B. Reformierung,
                       produkt                                                               Vergasung, Vergärung

              fossil                                                fossiler                                                fossil
                                                                   Wasserstoff                                       Erdgas, Erdöl, Kohle

6      III. WASSE R STO FF – E LEMENTA RE FA KT EN
Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen
WA SSER STOFFSTR ATEG I E   LAND HESSEN 2021

wendet, so ist der erzeugte Wasser­ Transport                                Bedarf mittels Dehydrierung wie­
stoff, unabhängig vom Verfahren,                                             der freigesetzt werden. Der Träger
ebenfalls als erneuerbarer Wasser- Typischerweise steht der erzeugte         wird dabei nicht verbraucht, sondern
stoff definiert.                       Wasserstoff bei Umgebungstempe­       im Kreislauf geführt. Dabei ist zu be­
                                       ratur gasförmig zur Verfügung. Für    rücksichtigen, dass die Be- und Ent­
Auf Basis von Atomstrom bzw. den Transport haben sich vorrangig              ladung des Trägers mit Wasserstoff in
Nebenprodukten aus z. B. der che­ drei Verfahren etabliert:                  Summe ebenfalls Energie benötigen.
mischen Industrie kann CO2-armer
Wasserstoff erzeugt werden. Diese          Gasförmig unter hohem Druck       Weiterhin kann Wasserstoff auch in
Klassifizierung ist auch zu erreichen,                                       Folgeprodukte, i. d. R. Ammoniak
                                           Verflüssigt und stark gekühlt
wenn fossile Rohstoffe wie Erdgas,                                           und Kohlenwasserstoffe um­gesetzt
Erdöl oder Kohle eingesetzt werden          hemisch oder physikalisch
                                           C                                 werden. Auch für diese Umwand­
und das bei der thermochemischen           gebunden                          lung ist – wie bei der Verdichtung
Umwandlung anfallende CO2 abge­                                              und Verflüssigung – Energie er­
trennt und gespeichert oder genutzt Die Verflüssigung als LH25 findet        forderlich. Jedoch lassen sich die
wird (durch CCS3 , CCU4 oder Pyro­ meist an Anlagen mit großen Erzeu­        resultierenden Medien hinsichtlich
lyse-Verfahren). Dabei ist festzuhal­ gungsmengen statt, da zur Verflüs­     Transport- und Lagerfähigkeit deut­
ten, dass CCS bisher nur vereinzelt sigung ein hoher Energieaufwand          lich einfacher handhaben.
im großtechnischen Maßstab er­ und eine komplexe Anlagentechnik
probt und Pyrolyseverfahren noch notwendig sind. Hierbei wird der            Gasförmiger, flüssiger und chemisch
in der Entwicklung befindlich sind. Wasserstoff auf unter -250 °C abge­      gebundener Wasserstoff kann auf
Auch ist die Erzeugung von Wasser­ kühlt und steht bei geringem Über-        der Straße, auf der Schiene oder
stoff aus Atomstrom vor dem Hinter­ druck zur Verfügung. Für den Trans­      auf dem Wasser transportiert wer­
grund des beschlossenen Ausstiegs port flüssigen Wasserstoffs sind           den. Für den Transport auf der Stra­
Deutschlands aus der Nutzung der neben guten Isolierungen auch er­           ße werden meist containerbasierte
Kernenergie in Deutschland keine hebliche Energiemengen zur Ver­             Module mit einer Kapazität von ca.
Option.                                flüssigung des Wasserstoffs und       1.000 kg gasförmigen Wasserstoff
                                       kontinuierlichen Kühlung während      verwendet. Neue Transportmodule
Werden hingegen fossile Energie­ des Transports erforderlich.                können ca. 3.000 kg flüssigen Was­
träger eingesetzt, sei es zur Strom­                                         serstoff aufnehmen. Hierbei muss
erzeugung, für den Betrieb eines Als chemisch gebundener Wasser­             beachtet werden, dass der Wasser­
Elektrolyseurs oder als Rohstoffe für stoff werden Träger bezeichnet, bei    stoff energieintensiv gekühlt wer­
die stoffliche Wasserstofferzeugung, denen Wasserstoff durch eine che­       den muss, da sonst ein Teil der Men­
so wird dieser Wasserstoff ohne mische Reaktion aufgenommen                  ge auf dem Transportweg verdampft.
eine entsprechende Kohlenstoffab­ und bei Bedarf wieder abgegeben
trennung oder -nutzung als fossiler wird. Beispielsweise werden flüs­
                                                                                Liquid Hydrogen –
                                                                             5  

Wasserstoff bezeichnet.                sige organische Wasserstoffträger        verflüssigter Wasserstoff
                                       (Liquid Organic Hydrogen Carrier,
 Carbon Capture and Storage:
3  
                                       LOHC)   mittels Hydrierung mit Was­
 CO -Abscheidung und Speicherung
       2                               serstoff beladen, so dass der gas­
 des abgeschiedenen CO
               2
                                       förmige Wasserstoff in der Flüssig­
 Carbon Capture and Usage:
4  
                                       keit gespeichert wird. Der beladene
 CO -Abscheidung und Nutzung
                                       LOHC     kann einfach transportiert
       2

 des abgeschiedenen CO
               2

                                       werden und der Wasserstoff bei

                                                                                                                           7
Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen
Chemisch gebundener Wasserstoff     entstehen. Die Keimzelle für die­                     Speicherung
(LOHC) kann in Tankwagen, wie sie   ses Wasserstofftransportnetz liegt
                                    im Nordwesten von Deutschland,
z. B. für den Transport von Kraftstof­                                                    Gasförmiger und chemisch gebun­
fen verwendet werden, transpor­     der Ausbau soll von Norden nach                       dener Wasserstoff kann über lan­
tiert werden. Die Tankwagen haben   Süden erfolgen. Für die regio­                        ge Zeiträume ohne Verluste gespei­
eine Kapazität für ca. 1.500 kg Was­nale Versorgung mit Wasserstoff                       chert werden, flüssiger Wasserstoff
serstoff. Für den Transport auf der über die Verteilnetze werden ak­                      hingegen bedarf einer permanen­
Schiene und auf dem Wasser wer­     tuell zwei Ansätze verfolgt. Zum                      ten Kühlung und ist somit für lang­
den aktuell Transportmodule für     einen der Transport von reinem                        fristige Speicherung nur bedingt
die verschiedenen Transportformen   Wasserstoff in den bestehenden                        geeignet.
von Wasserstoff entwickelt.         Erdgasverteilnetzen und zum an­
                                    deren die Beimischung von Was­                        Zur großvolumigen Speicherung
In großen Mengen kann Wasser­ serstoff zu Erdgas oder klimaneu­                           von Wasserstoff kann die bestehen­
stoff gasförmig über das Erdgas­ tralen Gasen (wie z. B. Biomethan).                      de Erdgasinfrastruktur dienen. Zum
netz transportiert werden. Nach den                                                       einen kann das geplante Wasser­
Aussagen und Plänen der Fernlei­ Schon heute existieren verschiede­                       stofftransportnetz große Mengen
tungsnetzbetreiber ist mit einem ne privatwirtschaftliche Wasserstoff­                    aufnehmen, zum anderen können
reinen Wasserstoffnetz parallel zum infrastrukturen für den Transport.                    bestehende Erdgasspeicher – etwa
Erdgastransportnetz ab 2030 zu Für die Wahl des jeweils geeigne­                          Kavernenspeicher – zu Wasserstoff­
rechnen. Erste lokale Netzprojekte ten Transportsystems sind insbe­                       speichern umgewidmet werden.
wird es bereits früher geben. Die­ sondere die Menge und die Distanz                      Dies ist insbesondere für Ost- und
ses Wasserstofftransportnetz soll zwischen dem Ort der Erzeugung                          Nordhessen eine Option. Die Um­
aus bestehenden und umgewid­ und des Verbrauchs entscheidend.                             widmung bestehender Transport-
meten Erdgasleitungen sowie neu                                                           und Speicherinfrastruktur wird aktuell
zu bauenden Leitungsabschnitten                                                           in Projekten adressiert und ist mit­
                                                                                          tel- bis langfristig als wesentliche
                                                                                          Voraussetzung für eine Wasserstoff­
                                                                                          nutzung in größerem Maßstab anzu­
                                                                   © malp – Adobe Stock

                                                                                          sehen.

8   III. WASSERSTOFF – EL EM EN TAR E FAKTEN
Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen
WA SSER STOFFSTR ATEG I E   LAND HESSEN 2021

Status quo –
wo stehen wir in Hessen?

Derzeitiger Einsatz von
Wasserstoff in Hessen

Eine nennenswerte Nachfrage nach               zu 100 % grünem Wasserstoff stellt  diese Akteure über die LandesEner­
Wasserstoff entwickelt sich ge­                der Industriepark Höchst eine erste gieAgentur (LEA) und die Wasser­
rade erst. Ein größeres Angebot                wichtige Wasserstoffquelle dar.     stoff- und Brennstoffzellen-Initiative
besteht im Industriepark Höchst.                                                   Hessen e. V. (H2BZ-Initiative Hessen).
Dort fallen als Nebenprodukt                   Technologisch spielt Wasserstoff in In den letzten Jahren wurden be­
bei der Chloralkali-Elektrolyse jähr­          Hessen bereits eine wichtige Rolle reits über 100 Projekte im Bereich
lich 4.500 Tonnen H2 an. Mit dieser            für die Transformation der Energie­ Wasserstoff und Brennstoffzelle um­
Menge ließen sich beispielswei­                versorgung. Viele innovative hessi­ gesetzt.
se mehrere hundert Brennstoffzel­              sche Unternehmen wie Zulieferer,
lenbusse betreiben. Dies erlaubt               Material- und Komponentenherstel­
es, die 2022 startenden Brennstoff­            ler sowie kommunale Unternehmen
zellenzüge im Taunusnetz dort zu               und Hochschulen haben sich dem
betanken. Für die Übergangszeit                Thema zugewandt. Vernetzt werden

                                                                                                                                    © Stock57 – Adobe Stock
H2BZ-INITIATIVE HESSEN
Von Beginn an werden die Aktivitäten der Wasserstoff- und Brennstoffzellen-
Initiative Hessen e.V. (gegründet 2002) durch das Land Hessen unterstützt.

                                               Sie ist ein Zusammenschluss von Unternehmen, Hochschulen,
                                               Institutionen und Privatpersonen und bildet damit ein Netzwerk
                                               von Kompetenzträgern der Wasserstoff- und Brennstoffzellen­
                                               technologie.

IV. STATUS Q UO – WO STEHEN WIR IN HES S EN?                                                                                    9
Die Potenziale des Wasserstoffs für Wirtschaft und Klimaschutz erschließen - Eine Strategie für Hessen
Projekte in Hessen

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                                                                       13                                     7
                                                         2 18 8 27 3
                              4              17        16 19 4            2                        22 14
                                      9 14                      5 12 15
                                  5                     24 2            11
                                                                    4
                                                               17
                            23
                                  24                     3
                                                  18
                                         1        5

                                                                      2         26
                                                  21
                                                             12                5
                                                                      7                       25

                                                                 7
                                                                      11
                                                                               6          3                       Kategorie

                                                                                                                                          Erzeugung (7)
                                                             4                                                                            Forschung und Entwicklung (27)
                                                                                                                                          HyLand (4)
                                                                                                                                          Infrastruktur (17)
                                                                                                                                          Mobilität (24)
                                                                                                                                          Stationär groß (3)
                                                                                                                                          Stationär klein (45)

10   IV. STATUS Q UO – WO ST EHEN WIR IN HES S EN?
WA SSER STOFFSTR ATEG I E      LAND HESSEN 2021

                                      Forschung und
                                      Entwicklung, Bildung

                                      1.	Automotive, Rüsselsheim
                                      2.	Betankungskonzept,
                                          Offenbach
                                      3.	Drucktankentwicklung,
                                          Kassel                           Mobilität
                                      4.   Erfinderlabor, Bensheim
Erzeugung von Wasserstoff             5.	Forschung und Ausbildung,        1.	Busse, Frankfurt
                                          Darmstadt                        2.	Busse, Gießen

1.	Biologische Methanisierung,       6.	Forschung und Ausbildung,        3.	Busse, Groß-Zimmern
    Allendorf (Eder)                      Darmstadt                        4.	Busse, Wiesbaden
2. Elektrolyse, Darmstadt             7.	Forschung und Ausbildung,        5.	Busse, Wiesbaden
                                          Darmstadt
3. Elektrolyse, Frankfurt                                                  6.	Carsharing, Bad Homburg
                                      8.	Forschung und Ausbildung,
4. Elektrolyse, Frankfurt                 Frankfurt                        7.	Carsharing, Darmstadt
5. Elektrolyse, Mainz / Rüsselsheim   9.	Forschung und Ausbildung,        8.	Carsharing, Frankfurt
6. Erneuerbares Methan, Frankfurt         Frankfurt                        9.	Carsharing, Wiesbaden
7. Test-Elektrolyseur, Hanau          10.	Forschung und Ausbildung,       10.	Demonstrationsprojekt Logistik,
                                           Frankfurt                            Hanau
                                      11.	Forschung und Ausbildung,       11.	Demonstrationsprojekt ÖPNV,
                                           Fulda                                Darmstadt
HyLand –                              12.	Forschung und Ausbildung,       12.	Demonstrationsprojekt PKW,
Wasserstoffregionen                        Gießen                               Frankfurt
                                      13.	Forschung und Ausbildung,       13.	Gabelstapler, Allendorf
                                           Gießen                          14.	Gabelstapler, Bad Vilbel
1. HyStarter, Marburg
                                      14.	Forschung und Ausbildung,       15.	Gabelstapler,
2. HyExpert, Eschwege                      Hanau                                Baunatal / Volkmarsen
3. HyExpert, Frankfurt                15.	Forschung und Ausbildung,       16.	Gepäckschlepper Flughafen,
4. HyExpert, Fulda                         Kassel                               Frankfurt
                                      16.	Forschung und Ausbildung,       17.	Nahverkehrszüge, Hofheim
                                           Kassel
                                                                           18.	PKW, Frankfurt
                                      17.	Forschung und Ausbildung,
Wasserstoffinfrastruktur                   Marburg                         19.	PKW, Frankfurt

                                      18.	Forschung und Ausbildung,       20.	PKW, Bad Homburg

1.   Tankstelle, Bad Homburg               Rüsselsheim                     21.	PKW, Groß-Gerau

2.   Tankstelle, Frankfurt            19.	Hybridspeicher-Modul,           22.	PKW, Rockenberg
                                           Fulda                           23.	PKW, Wiesbaden
3.   Tankstelle, Frankfurt
                                      20.	Integrationsentwicklung         24.	Taxi, Wiesbaden
4.   Tankstelle, Frankfurt                 Automotive, Fulda
5.   Tankstelle, Frankfurt            21.	Kompressortechnologie,
6.   Tankstelle, Gießen                    Immenhausen
7.   Tankstelle, Immenhausen          22.	Konzeptstudie, Fulda            Stationär groß –
8.   Tankstelle, Kassel               23.	Power-to-Gas-Anlage,            Energieversorgung KWKK *
9.   Tankstelle, Kirchheim                 Bad Hersfeld
                                                                           mit Brennstoffzelle
10. Tankstelle, Limburg               24.	Power-to-Liquid,
                                           Frankfurt
11. Tankstelle, Offenbach                                                  1. Hotel, Frankfurt
                                      25.	Prüf- und Testverfahren
12. Tankstelle, Weiterstadt                Drucktank, Groß-Zimmern         2. Krankenhaus, Frankfurt
13. Tankstelle (Bus), Frankfurt       26.	Wasserstoff-Leistungszentrum,   3. Rechenzentrum, Frankfurt
14. Tankstelle (Bus), Wiesbaden            Darmstadt / Hanau
15. Tankstelle (Zug), Frankfurt       27.	Werkstoffentwicklung,
16.	Tankstelle mobil (PKW),               Frankfurt
     Ober-Mörlen                                                           Stationär klein –
17.	Tankstelle mobil (Zug),                                               Energieversorgung KWKK *
     Frankfurt                                                             mit Brennstoffzelle (< 10 kW el.)
                                                                           * KWKK: Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung

                                                                                                                        11
Besondere Projekte:

      KOMPETENZZENTRUM
      FÜR KLIMA – UND LÄRMSCHUTZ
      IM LUFTVERKEHR (CENA):

      In Hessen spielt der Luftverkehr mit dem       ist zwar anzustreben, allerdings kurzfristig
      Frankfurter Flughafen eine zentrale Rolle.     kaum zu bewältigen und auf manchen
      Die Hessische Landesregierung hat mit          Strecken auch technisch nahezu unmöglich
      der entsprechenden Finanzierung im Jahr        (z. B. wegen niedriger Tunnel). Daher wer­
      2020 das CENA (Centre of Competence            den alternative Antriebe zum klassischen
      for Climate, Environment and Noise             Dieselantrieb erforderlich.
      Protection in Aviation) etabliert, um mit
      innovativen Ideen die Zukunft des nach­        Der RMV wird ab Ende 2022 27 Brennstoff­
      haltigen Fliegens zu sichern.                  zellenzüge in Betrieb nehmen. Die für den
                                                     Bau der dann weltweit größten Wasser­
      CENA vernetzt die interessierten Akteure       stoffzugflotte nötige Wasserstofftankstelle
      und hilft dabei, innovative Projekte zu        wird vom Land Hessen mit gut drei Mio.
      realisieren. CENA arbeitet an Themen wie       Euro gefördert.
      CO2-neutralem Fliegen, alternativen
      Kraftstoffe (Sustainable Aviation Fuels,
      SAF), Power to Liquid (PtL) sowie an Tech­
      nologien für Lärm- und Umweltschutz            BRENNSTOFFZELLENBUSSE
      in der Luftfahrt. Aktuell wird der Bau einer   BEI DER ESWE IN WIESBADEN
      Pilotanlage zur Herstellung von syntheti­
      schem Kerosin geprüft. Entsprechende           Ende 2020 fuhren ca. 25 wasserstoffbetrie­
      Gutachten wurden beauftragt.                   bene Brennstoffzellenbusse in Deutschland
                                                     im Regelbetrieb, davon alleine sechs in
                                                     Hessen. Die Wiesbadener ESWE Verkehrs­
                                                     gesellschaft mbH wird ab Oktober 2021
      27 BRENNSTOFFZELLENZÜGE                        weitere zehn Brennstoffzellenbusse in
      FÜR DAS TAUNUSNETZ                             Betrieb nehmen. Die dafür erforderliche
                                                     Wasserstofftankstelle wurde bereits
      Derzeit ist jeder dritte der knapp 2600        2020 eingeweiht und von der hessischen
      Schienenkilometer in Hessen ohne Ober­         Landesregierung mit einer Mio. Euro
      leitung. Die möglichst flächendeckende         kofinanziert.
      Elektrifizierung auch von Nebenstrecken

12   IV. STATUS Q UO – WO ST EHEN WIR IN HES S EN?
WA SSER STOFFSTR ATEG I E   LAND HESSEN 2021

STATIONÄRE
BRENNSTOFFZELLENSYSTEME
ALS KRAFT-WÄRME-KOPPLUNGS-
ANLAGEN                                      WICHTIGE FÖRDERWEGE

Brennstoffzellensysteme können anstelle          örderungen nach
                                                F
eines konventionellen Blockheizkraftwerkes      Hessischem Energiegesetz
im stationären Bereich zur Steigerung
des elektrischen Wirkungsgrads installiert      L
                                                 OEWE-Programm
werden.                                         zur Innovationsförderung

Neben der Auskopplung von Strom und             Innovationsförderung
Wärme kann mit der sauerstoffarmen Ab­luft       von Elektromobilität
aktiver Brandschutz betrieben werden. In
Hessen wurden bereits zwei solcher Anla­
gen mit jeweils mehreren hunderttausend      Weiterführende Informationen
Euro gefördert. Es handelt sich dabei um     stellt die Landesstelle Wasserstoff
große Anlagen in einem Rechenzentrum         zur Verfügung.
und einem Passivhauskrankenhaus.
In beiden Fällen handelte es sich um die     Des weiteren können Unternehmen und
weltweit ersten Installationen dieser Art.   Kommunen eine Antragsunterstützung
                                             zur Bewerbung auf Bundes- und EU-
                                             Programme erhalten. Dazu gehört auch
                                             die Beratung im Vorfeld, ggf. Detailanalyse
FÖRDERANGEBOTE                               mittels Fachstudien, Vermittlung
DES LANDES                                   poten­zieller Projektpartner bis hin zur
                                             finanziellen Antragunterstützung.
Das Land Hessen fördert die Entwicklung
innovativer Technologien, Produkte und
Verfahren im Bereich der Energiewende,
der Elektromobilität und die Nutzung der
erneuerbaren Energien mit einer Förder­
quote i.d.R. bis zu 50 %. Von 2018 bis
2021 wurden Wasserstoffprojekte mit
über 10 Mio. Euro gefördert.

                                                                                          © Oleksandr – Adobe Stock

                                                                                                        13
Handlungsbedarfe
und Prioritäten

Aus den nationalen und internationalen Rahmenbedingungen und der
spezifischen Situation unseres Bundeslandes ergibt sich der Handlungsbedarf,
den eine hessische Wasserstoffstrategie vordringlich zu adressieren hat.
Die folgende Einordnung beschreibt die Bedeutung des jeweiligen Themas
für die kommenden fünf Jahre:

ERZEUGUNG UND
BEREITSTELLUNG                                                                       MOBILITÄT

Ein großflächiger, leitungsgebun­              nal gedeckt werden. Daher müssen      Der Verkehrssektor macht in ­Hessen
dener und somit sektorübergrei­                zukünftige Importbedarfe frühzeitig   wegen des Kerosinbedarfs des
fender Wasserstoffmarkt kann in                identifiziert und durch Partner ab­   Frankfurter Flughafens etwa die
Hessen nur entstehen, wenn genug               gesichert werden. Einheitliche Min­   Hälfte des Energieverbrauches aus,
Wasserstoff aus erneuerbaren Ener­             deststandards in Produktion, Trans­   davon wiederum etwa die Hälfte im
gien sicher und planbar zur Verfü­             port und dem Handel sowie deren       Flugverkehr. Wasserstoff kann einen
gung steht und damit auch die in               transparente Zertifizierung müssen    großen Beitrag leisten, CO2-Emissi­
der Übergangszeit nutzbaren „an­               sichergestellt werden.                onen zu vermeiden und erneuer­
dersfarbigen“ Wasserstoffe ablö­                                                     bare Energien in nicht direkt elek­
sen kann. Dabei steht zunächst der                                                   trifizierbaren Bereichen nutzbar zu
Aufbau von Technologiekompe­                                                         machen. Da die Umwandlung von
tenz durch regional verortete Pro­             Verteilung und Transport              Strom in Wasserstoff zu deutlichen
jekte im Fokus. Wichtig wird hier­             von Wasserstoff                       Effizienzverlusten führt und die Um­
bei auch sein, erkennbar zu machen,                                                  wandlung von Wasserstoff in syn­
wie zentral der massive Ausbau       Wasserstoff hat das Potenzial, gro­             thetische Kraftstoffe darüber hinaus
von erneuerbaren Energiequellen      ße Energiemengen zu speichern                   erneut deutliche Energieverluste
für die Transformation in die Was­   und perspektivisch über existie­                mit sich bringt, gilt in allen Mobili­
serstoffwirtschaft sein wird. Auch   rende Gasinfrastruktur sowie neu                tätsbereichen, dass die jeweils ver­
der Ausbau der lokalen Erzeugung     zu bauende Infrastrukturen überall              fügbaren energieeffizientesten An­
von regenerativem Wasserstoff wird   verfügbar zu machen. Daher gilt es,             triebe bei entsprechender Eignung
in Hessen angestrebt, bis eine über­ frühzeitig Bedarfe mit den Gaslei­              und Verfügbarkeit vorangetrieben
regionale Versorgung und entspre­    tungsnetzbetreibern abzustimmen                 werden sollen („Efficiency first“).
chende Transportnetze zur Verfü­     und geeignete Transportinfrastruk­
gung stehen.                         turen zu planen und zu entwickeln.
                                     Den dazu erforderlichen Dialog
                                     prozess hat das Land begonnen. Luftverkehr
                                     Darüber hinaus wird Hessen den
Import                               Bund zur Beschleunigung der Pla­ Der Luftverkehr ist für Hessen mit
                                     nungs- und Genehmigungsprozes­ dem größten deutschen Flugha­
Hessen ist in erheblichem Maße se auffordern.                            fen und dessen hohem Anteil an
Energie- und Rohstoffimportland,                                         Interkontinentalverkehr eine Schlüs­
und selbst bei intensivem Ausbau                                         selbranche, die im Rahmen der Glo­
erneuerbarer Energien können                                             balisierung der Weltwirtschaft und
nicht alle Bedarfe lokal oder regio­                                     der weiteren Vertiefung internati­

14   V. HANDLUNGSBE DARFE U ND P RIORITÄT EN
WA SSER STOFFSTR ATEG I E   LAND HESSEN 2021

                                         forderlichen Umwandlungsschritte
                                         (Wasserstofferzeugung durch Elekt­
onaler Beziehungen auch künftig          rolyse und folgende Erzeugung von Straßengebundener
eine zentrale Rolle spielen wird. Al­    PtL-Kerosin) ca. 100 TWh Strom nö­ Güterverkehr
lerdings trägt der weltweite Luftver­    tig. Das wäre fast dreimal so viel wie
kehr nennenswert zu den CO2-Emis­        der gesamte hessische Endenergie­ Der Güterverkehr, ­insbesondere der
sionen und weiteren negativen Ef­        bedarf für Strom im Jahr 2019.           Schwerlastverkehr, auf der ­  Straße
fekten auf das Klima bei. Unser Ziel                                              wird aufgrund der sehr unter­
ist es, die Dekarbonisierung der Luft­   Das macht deutlich, dass selbst bei schiedlichen Anwendungen und
fahrt zu ermöglichen sowie internati­    starkem Ausbau von Erneuerbaren Anforderungen an Last und Reich­
onale Wettbewerbsfähigkeit und die       Energien im Inland und den Mög­ weite nach dem derzeitigen Kennt­
Sicherung der Wertschöpfung und          lichkeiten zukünftiger Importe auf nisstand mehrere Technologien
Beschäftigung am Standort Deutsch­       einem globalen Markt für grünen erforderlich machen. Neben Bat­
land und Hessen zu erhalten.             Wasserstoff oder synthetischem Ke­ terieelektrischen Fahrzeugen und
                                         rosin die nicht zwingend notwendi­ Oberleitungsfahrzeugen            werden
Die EU-Kommission hat mit dem Fit­       gen oder vermeidbaren Flüge auf auch mit Wasserstoff betriebene
for55-Paket ein Ziel definiert, nach     energieeffizientere, bodengebun­ Brennstoffzellen-Lkw in Pilotprojek­
dem die CO2-Emissionen bis 2030          dene Verkehrsträger zu verlagern ten eingesetzt und getestet. Dazu
um 55 % reduziert werden müs­            und die Bahninfrastruktur beschleu­ soll in Südhessen mit Förderung des
sen. Daher muss es ein strategischer     nigt auszubauen sind. Ebenso wich­ Bundes und zahlreichen Partnern
Schwerpunkt der hessischen Was­          tig bleibt eine deutliche Beschleu­ ein „Innovationscluster“ entstehen,
serstoffstrategie den Umstieg auf        nigung des Flottenrollovers hin zu das sich um die Oberleitungsstre­
nicht-fossile synthetische Kraftstof­    den jeweils verbrauchs- und emis­ cke „ELISA“ gruppieren soll: Hier ist
fe im Luftverkehr zu unterstützen.       sionsärmsten Flugzeugen, was we­ vorgesehen, mit Partnern aus Indus­
Einen wesentlichen Technologie­          sentlich zu einer Reduzierung der trie, Wissenschaft und Verwaltung
pfad stellen dabei Power-to-Liquid       CO2-Emissionen beiträgt.                 Möglichkeiten eines klimaneutralen
Kraftstoffe dar, die aus großen Men­                                              Güterverkehrs auf der Straße zu er­
gen grünen Wasserstoffs und CO2                                                   proben. In die Versuche sollen auch
synthetisiert werden. Die Hessische                                               mit Wasserstoff betriebene Brenn­
Landesregierung wird alle Maßnah­        Schiffsverkehr                           stoffzellen-Lkw, auch in Kombina­
men zur schnellen Marktreife von PtL-                                             tionen mit Batterien oder dynami­
Kerosin und zum Ausbau größerer          Schiffe, die mit erneuerbarem Was­ schem Laden an der Oberleitung,
Produktionskapazitäten unterstützen.     serstoff angetrieben werden, werden einbezogen werden. Die Hessische
Ausgangspunkt hierfür ist die PtL-Ro­    einen wesentlichen Beitrag zur Redu­ Landesregierung wird sich auch
admap, die Anfang Mai 2021 von der       zierung der Emissionen aus der inter­ hier beim Ausbau der notwendigen
Bundesregierung und der Industrie        kontinentalen Schifffahrt leisten. An­ Tankinfrastruktur engagieren.
vorgestellt wurde. Demnach sollen        ders als z. B. in den Küstenländern
bis 2030 mindestens 200.000 Ton­         spielt die interkontinentale Schifffahrt
nen PtL-Kerosin im deutschen Luft­       für Hessen keine Rolle. Hingegen bie­
verkehr zur Verfügung stehen.            ten Binnenfracht- und Ausflugsschif­ Bus und Bahn
                                         fe sowie Fähren auf Rhein und Main,
Zum Hintergrund: Wollte man die          soweit sie nicht batterieelektrisch Im öffentlichen Nahverkehr kann
im Jahr 2019 am Frankfurter Flug­        betrieben werden, ein (begrenztes) Wasserstoff einen Beitrag leisten,
hafen vertankte Menge fossiles           Potenzial.                               Treibhausgasemissionen zu vermei­
Kerosin durch synthetisches Kero­                                                 den und erneuerbare Energien in
sin ersetzen, dann wären für die er­                                              nicht direkt elektrifizierbaren Be­

                                                                                                                          15
reichen nutzbar zu machen. Dies
gilt insbesondere für Strecken mit
langen Umläufen sowie anspruchs­
vollen Topographien. Erste Zug-
                                                                                     Energieträger gedeckt wird. Neben
und Busprojekte befinden sich in
                                                                                     umfassenden Gebäudemodernisie­
der Umsetzung und werden bereits
                                                                                     rungen zur Energieeinsparung bie­
vom Land gefördert, was die Akt­
                                                                                     tet die Umstellung auf erneuerbare
zeptanz und Nutzung von Wasser­
                                                                                     Energien ein großes Potenzial, um
stofffahrzeugen erhöhen wird.
                                               strengungen berücksichtigen. Auch Treibhausgasemissionen zu redu­
                                               ein großer hessischer Chemie- und zieren. Nicht jedoch in allen Berei­
                                               Pharmakonzern beabsichtigt, bis chen sind rein strombasierte oder
Personenkraftverkehr                           2040 klimaneutral zu sein. Diese mit Solar- oder Geothermie arbei­
(Pkw)                                          Maßnahmen werden von der Hes­ tende Modelle wirtschaftlich dar­
                                               sischen Landesregierung begleitet stellbar oder technisch machbar.
Der Schwerpunkt hessischer Ak­                 und unterstützt.                      Aus diesem Grund sollen mit dem
tivitäten im PKW-Verkehr liegt auf                                                   Ziel der schnellen CO2-Reduzierung
batterieelektrischen     Anwendun­                                                   auch     Hocheffizienz-Technologien
gen. Der zur Verfügung stehende                                                      aus der kombinierten Nutzung von
Wasserstoff wird vorrangig für an­             ENERGIE UND WÄRME                     Strom und Gas für die Wärmever­
derweitig nicht dekarbonisierba­                                                     sorgung zum Einsatz kommen kön­
re Anwendungen benötigt, um die                Kraft-Wärme-Kältekopp-                nen und gefördert werden, wenn
Klimaziele erreichen zu können. Für            lung / Reservekraftwerke              zuvor alle Einspar- und Effizienzpo­
den Pkw-Verkehr sehen wir daher                                                      tenziale ausgeschöpft wurden.
in Hessen kein großes Potenzial für            Wasserstoff kann, wenn andere
Wasserstoff, schließen dabei aber              Effizienzpotenziale bereits umge­
Weiterentwicklungen anderer Tech­              setzt sind, im Rahmen von Kraft-Wär­
nologien nicht aus.                            me-Kältekopplungsanwendungen KOORDINIERUNG,
                                               zum Einsatz kommen und perspek­ VERNETZUNG, FORSCHUNG
                                               tivisch Erdgas ersetzen, da hier eine
                                               effiziente und hochwertige Nut­ Landesstelle „H2 Hessen“
INDUSTRIE UND GEWERBE                          zung des Wasserstoffs erfolgt. Lang­
                                               fristig werden auch stromgeführte Der Aufbau einer Wasserstoffwirt­
Wasserstoff ist für eine Vielzahl von          Gaskraftwerke als Reservekraftwer­ schaft verlangt eine zentrale Stel­
Industrie- und Gewerbeprozessen                ke auf den Brennstoff Wasserstoff le zur Vernetzung und Beratung
bereits heute von großer Bedeu­                umgestellt werden. Sie werden er­ von Politik, Behörden, Unterneh­
tung. Der eingesetzte Wasserstoff              forderlich sein, um die Stromver­ men und regionalen Akteuren, um
ist bisher fossilen Ursprungs. Sein            sorgung auch dann sicherzustel­ Handlungsbedarfe zu erkennen und
Ersatz durch erneuerbaren Wasser­              len, wenn das Angebot aus volatilen fortzuentwickeln. Die derzeitige Be­
stoff kann Industrieprozesse dekar­            Quellen wie Wind- und Solarkraft zu arbeitung und Koordinierung bei
bonisieren.                                    niedrig ist.                          der Landesenergieagentur wird zu
                                                                                     einer Landesstelle Wasserstoff aus­
Die Stahlindustrie, die im Fokus                                                     gebaut.
der Nationalen Wasserstoffstrate­
gie des Bundes steht, spielt in Hes­ Wärmeversorgung von
sen keine große Rolle. Jedoch gibt Wohngebäuden
es erste Unternehmen z. B. aus der (Niedertemperatur)
Papierindustrie, die den Wasser­
stoff in ihren Dekarbonisierungsan­ Haushalte machen im Energiebe­
                                     darf Hessens nach dem Verkehr
                                     den größten Einzelsektor aus, der
                                     aktuell größtenteils durch fossile

16   V. HANDLUNGSBE DARFE U ND P RIORITÄT EN
WA SSER STOFFSTR ATEG I E   LAND HESSEN 2021

                                        Wasserstoffbasierte
                                        alternative Kraftstoffe
                                        im Flugverkehr
Unterstützung dezentraler
Projekte zur Entwicklung                Wegen der hohen Bedeutung des
der Technologie                         Flugverkehrs für unser Bundes­
                                        land ist Hessen in hohem Maße an
Die Verbindung lokaler existieren­      dessen Dekarbonisierung interes­
der und neuer Akteure soll den          siert. In Kooperation mit Unterneh­
Weg für zukunftsfähige Projekte         men und Forschungseinrichtungen
und Wasserstoffökosysteme ebnen.        sollen Pilotprojekte zu Forschung,
Als primäre Standorte integrierter      Entwicklung und ersten Herstel­
und sektorübergreifender Pilotpro­      lungskapazitäten in Hessen ent­
jekte sind bisher vor allem Ballungs­   stehen, insbesondere im Industrie­     Intelligente
räume geeignet. Lösungsansätze für      park Höchst. Federführend betraut      Netzwerkprojekte
den ländlichen Raum werden eben­        ist das 2020 bei der Hessen Trade &
falls erarbeitet.                       Invest (HTAI) angesiedelte und vom     In Hessen machen sich zunehmend
                                        Land Hessen finanzierte Kompe­         Unternehmen auf den Weg, ihre In­
                                        tenzzentrum Klima- und Lärmschutz      dustrieprozesse zu dekarbonisieren,
                                        im Luftverkehr (CENA).                 und prüfen die mögliche Rolle des
Ausbau von Forschungs-                                                         Wasserstoffs dabei. Hier besteht
und Anwendungskompe-                                                           die Aufgabe darin, entsprechende
tenzen                                                                         Unternehmensvernetzungen zu ini­
                                        ÖPNV und Logistik                      tiieren, um letztlich auch die Frage
Ebenso sind Hessens Kompeten­                                                  beantworten zu können, wie solche
zen weiterzuentwickeln und aus­       Als Transit- und als Flächenland steht   Unternehmen langfristig zuverläs­
zubauen. Forschungs- und Ent­         Hessen vor großen Herausforde­           sig mit Wasserstoff versorgt wer­
wicklungseinrichtungen, Prüf- und     rungen auf dem Weg in eine klima­        den sollen. Eine zentrale Funktion
Zertifizierungsstätten sowie Aus-     freundliche Mobilität. Gerade bei der    wird hier die künftige Landesstelle
und Weiterbildungseinrichtungen       Anbindung des ländlichen Raums           H2 Hessen erhalten. Gespräche mit
mit dem Schwerpunkt Technolo­         mit öffentlichen Verkehrsmitteln be­     Unternehmen in Bezug auf mög­
gieentwicklung und Know-how im        darf es unterschiedlichster Konzepte,    liche Projektumsetzungen werden
Bereich Wasserstoff sollen aufge­     die auch die mit Wasserstoff betrie­     bereits geführt.
baut und weiterentwickelt werden.     bene Elektromobilität einschießen.
                                      Hier wurden bereits sowohl im
                                      Schienen- als auch im Busbetrieb
                                      wegweisende Projekte umgesetzt.
HESSISCHE                             Die dafür erforderlichen Förderakti­
SCHWERPUNKTTHEMEN                     vitäten werden wir beibehalten und
                                      intensivieren. In der Schwerlastlogis­
Aus den spezifischen Stärken unse­ tik sehen wir große Chancen für den
res Bundeslandes und seiner Wirt­ Einsatz von Wasserstoff und werden
schaftsstruktur ergeben sich drei für den bereits eingeschlagenen Weg
Hessen besonders wichtige Schwer­ von Beratung und Förderung wei­
punktthemen.                          terverfolgen. Bedeutende Impulse
                                      versprechen wir uns vom Innovati­
                                      onscluster, das mit Förderung des
                                      Bundes und zahlreichen Partnern in
                                      Südhessen um die Oberleitungsstre­
                                      cke „ELISA“ entstehen soll.

                                                                                                                        17
Künftige
Maßnahmen

Grundannahmen

                       Deutliche Reduktion des Energieverbrauchs
                       Der Umstieg auf klimafreundliche Energiequellen erfordert es, den
                       Energieverbrauch über alle Sektoren hinweg deutlich zu reduzieren.

                                                       Effizienz
                                                       Wegen der hohen Umwandlungsverluste bei der Wasserstoffgewinnung
                                                       ist der Grundsatz „Efficiency First“ bei der Anwendung von Wasserstoff­
                                                       technologien besonders zu beachten. Sie werden nur dort eingesetzt,
                                                       wo sie einen sinnvollen Beitrag zur Treibhausgasminderung leisten und
                                                       im Einklang mit der Strategie zur Erreichung der Klimaschutzziele stehen.
                                                       Aspekte der Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit sind dabei zu
                                                       berücksichtigen.

                       Import und Dezentralität
                       Hessen ist Energieimportland und wird dies auch bleiben. Daher wird
                       auch Wasserstoff in entsprechenden Mengen langfristig über Leitungs­
                       infrastrukturen zu den Verbrauchern transportiert werden. Im Rahmen der
                       Hessischen Wasserstoffstrategie sind deshalb auch Speicher- und Trans­
                       portkapazitäten in den Fokus zu nehmen. Alternative Transport- und
                       Speicherlösungen wie LOHC, PtL- / PtG-Folgeprodukte 6 und den Trans­
                       port per Trailer prüfen wir. Für die erforderliche Tech­nologie­­entwicklung
                       und -erprobung wird Wasserstoff in der bereits begonnenen Übergangs­
                       zeit für den Markthochlauf dezentral und verbrauchsnah zu erzeugen sein.

                          LOHC: Liquid Organic Hydrogen Carrier – flüssiges Speichermedium für Wasserstoff; PtL: Power-to-Liquid –
                       6  

                          Umwandlung von Strom in flüssige Energieträger; PtG-Folgeprodukt: Power-to-Gas – Umwandlung von Strom
                          in einen gasförmigen Energieträger (z. B. Methan)

18   V I . KÜNFTIGE MASSNAHMEN
WA SSER STOFFSTR ATEG I E   LAND HESSEN 2021

Fokussierung auf
erneuerbaren Wasserstoff
Treibhausgasneutralität in der Wasserstoffwirtschaft kann nur auf Basis
erneuerbaren Wasserstoffs erreicht werden. Deshalb ist das erklärte Ziel
ein zügiger Markthochlauf von grünem Wasserstoff. Der Einsatz von
Wasserstoff anderer Klassifizierungen kann im Übergang als kurzfristiges
Hilfsmittel sinnvoll sein, ebenso die Nutzung des aus industriellen Prozes­
sen entstehenden Nebenproduktwasserstoffs. Insbesondere Nebenpro­
duktwasserstoff aus industriellen Prozessen besitzt ein großes Potenzial
für Hessen, den initialen Markthochlauf und die Entwicklung von Erzeu­
gungs- und Anwendungstechnologien zu unterstützen. Die Erzeugung
von erneuerbarem Wasserstoff bedingt den zusätzlichen Ausbau erneuer­
barer Energien.

                   Betrachtung der gesamten Wertschöpfungskette
                   Zentrale Bedeutung hat der Ausbau besonderer Kompetenzen, vor
                   allem bei kleinen und mittelständischen Akteuren in Hessen wie im
                   Be­reich Materialtechnologie, Automotive und deren Zulieferern. Die
                   Schwer­punkte liegen dabei in den Sektoren Mobilität, Industrie und
                   Gewerbe sowie Kraft-Wärme-Kälte-Kopplungs-Anlagen zur beispiel­­
                   haften und innovativen Versorgung von Quartieren. Dabei unterstützen
                   wir alle Akteure bei der Entwicklung von Wasserstoffprojekten und der
                   Weiterentwicklung relevanter Transformationstechnologien.

Bereitstellung von Fördermitteln
Durch gezielte Förderprogramme sollen die noch zu Beginn der Tech­
nologieumsetzung höheren Kosten kompensiert und so eine Wettbe­
werbsfähigkeit von Wasserstoffanwendungen ermöglicht werden. Existie­
rende Förderprogramme passen wir kontinuierlich an die Bedürfnisse
der relevanten Akteure an und entwickeln sie weiter. Daneben unterstützen
wir die Anpassung regulatorischer Rahmenbedingungen auf EU- und
Bundesebene.

                                                                                                    19
Ausgehend von diesen Grundannahmen wurden entlang der
Wertschöpfungskette des Wasserstoffs vier Themenfelder abgesteckt.
Ihnen sind elf Handlungsfelder zugeordnet, unter denen die einzelnen
konkreten Maßnahmen aufgeführt werden. Die Querschnittsthemen
adressieren Aspekte, die in allen Abschnitten der Wertschöpfungskette
relevant sind.

themenfeld                         massnahmen

querschnittsthemen
                                    Landesweite Koordinierung     Entwicklung regionaler        Ausbau von
Vernetzung                          zur Unterstützung der         Wasserstoffökosysteme         Forschungs- und
Forschung und Entwicklung           hessischen Wasserstoffwirt­   unterstützen                  Anwendungskompetenzen
Regionalentwicklung                 schaft ausbauen                                             fördern

bereitstellung
                                    erzeugung                     import
Erzeugung, Import                   Erneuerbare Wasserstoffer­    (Inter-) Nationale Partner­
                                    zeugung in Hessen             schaften fördern, um
                                    ermöglichen                   H2-Importe abzudecken

verteilung
                                    transport und                 transport und                 transport
                                    speicherung                   speicherung
Transport, Speicherung
                                    Bestehende Infrastrukturen    Neue Wasserstoffinfrastruk­   Alternative
                                    hinsichtlich Wasserstoff­     turen aufbauen                Verteilungskonzepte prüfen
                                    stransport und                                              und unterstützen
                                    Speicherung identifizieren
                                    und ertüchtigen

anwendung
                                    mobilität und logistik        industrie und gewerbe         energieversorgung

Industrie und Gewerbe               CO2 freie Mobilität in        Substitution fossiler         Rolle von Wasserstoff in der
Mobilität und Logistik              Logistik, ÖPNV und            Rohstoffe und Energie­        Energieversorgung im
Energieversorgung                   Flugverkehr umsetzen          träger durch Wasserstoff      Gebäudesektor im Rahmen
                                                                  ausbauen                      von KWKK-Anlagen
                                                                                                untersuchen

20   V I . KÜNFTIG E MASSNA HMEN
WA SSER STOFFSTR ATEG I E   LAND HESSEN 2021

Landesweite Koordinierung zur
Unterstützung der hessischen Wasserstoff-
wirtschaft ausbauen

   ir werden die bereits laufenden Unterstützungs­
  W
  tätigkeiten des Landes ausbauen und in eine
  Landesstelle Wasserstoff überführen. Diese ver­­
  netzt in Hessen und auch über die Landesgrenzen
  hinaus, berät Politik, Behörden, Unternehmen
  und regionale Akteure, vermittelt Wissen, fördert
  und dient als Schnittstelle zu den unterschiedlichen
  Förder­angeboten des Bundes und des Landes,
  prüft und be­wertet vom Land zu berücksichtigende
  Infrastrukturerfordernisse und ermittelt durch ein
  laufendes Monitoring, wie sich die Bedarfssituation,
  Verfügbarkeiten und Handlungsbedarfe in diesem
  sehr dynamischen Prozess jeweils fortzuentwickeln
  sind. Sie soll die Transformation in die Wasser­
  stoffwirtschaft koordinieren und aktiv vorantreiben.
  Sie ist auch zuständig für das Monitoring der
  hessischen Wasserstoffstrategie.

   ir fördern Technologieentwicklung zur Markter­
  W
  probung und zur Demonstration.

   ir fördern die Vernetzung von Akteuren im
  W
  Bereich Klima- und Umweltschutz mit der Wirt­
  schaft, weil die Wasserstoffwirtschaft nachhaltig
  entwickelt werden muss, Wechselwirkungen
  frühzeitig gemeinsam adressiert werden sollen
  und um ein möglichst belastbares Management
  der Schnittstellen zu ermöglichen

   ir bieten gemeinsam mit Verbänden der
  W
  Wirtschaft ein Clustermanagement Wasserstoff.

                                                                               21
Entwicklung regionaler
                                   Wasserstoffökosysteme unterstützen

                                      ir führen eine sektorübergreifende Studie
                                     W
                                     durch, um aktuelle und perspektivische Wasserstoff­
                                     bedarfe zu ermitteln. Auf dieser Grundlage wird
                                     die Umsetzung von Maßnahmen geprüft und
                                     angepasst.

                                      ir erarbeiten mit allen Akteuren
                                     W
                                     vielversprechende Projekte entlang der Wasser­
                                     stoffwertschöpfungskette.

                                      ir etablieren einen kontinuierlichen Dialogpro­
                                     W
                                     zess zu entstehenden Projekten, um die Transforma­
                                     tionsprozesse transparent zu gestalten und die
                                     Öffentlichkeit aktiv einzubinden.

                                   Ausbau von Forschungs- und
                                   Anwendungskompetenzen fördern

                                      ir entwickeln und bieten im Rahmen vorhandener
                                     W
                                     Bildungsangebote spezielle Aus- und Weiterbil-
                                     dungsmöglichkeiten zum Themenkomplex
                                     „Energiewende mit Wasserstoff als Energieträger“.
                                     Dafür streben wir Vereinbarungen mit Verbänden
                                     der Wirtschaft an.

                                      ir unterstützen Einrichtungen, die eine Infrastruk­
                                     W
                                     tur zur Testung von Systemen und Komponenten
                                     der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie
                                     anbieten.

                                      ir entwickeln existierende Forschungsschwer­
                                     W
                                     punkte gemeinsam mit Bildungsträgern im Wasser­
                                     stoffumfeld weiter.

                                      ir bewerten kontinuierlich den aktuellen Entwick­
                                     W
                                     lungsstand von Technologien und identifizieren
                                     Anknüpfungspunkte für die Bildungslandschaft.

                                      ir prüfen den Aufbau eines multidisziplinären
                                     W
                                     Aus- und Weiterbildungszentrums „Energiewende“
                                     mit u. a. dem Schwerpunkt Wasserstoff.

22   V I . KÜNFTIG E MASSNA HMEN
WA SSER STOFFSTR ATEG I E   LAND HESSEN 2021

   ir stärken den Technologietransfer und die
  W
  Analyse, Folgenabschätzung und Kopplung von
  Technologien mit Blick auf verschiedene gesell­
  schaftliche Zielsetzungen wie Lebensqualität,
  sichere Arbeitsplätze, soziale Gerechtigkeit und
  Nachhaltigkeit.

Erzeugung und Import
von grünem Wasserstoff

   ir setzen uns für die Realisierung von Projekten
  W
  zur dezentralen Wasserstofferzeugung ein. Die
  erforderliche Technologieentwicklung möchten wir
  mit hessischen Partnern ermöglichen und fördern
  entsprechende Projekte.

   ir ermitteln die Potenziale erneuerbarer Wasser­
  W
  stofferzeugung und prüfen, ob und gegebenen­falls
  wo die Erzeugung von grünem Wasserstoff
  im Rahmen von Pilotvorhaben und im Zuge der
  Technologieentwicklung in Hessen sinnvoll ist.

   ir ermitteln gemeinsam mit anderen Bundes­
  W
  ländern, dem Bund und im Austausch mit euro­
  päischen Partnerregionen erforderliche Wasser­­­
  stoff­importmengen. Hierfür entwickeln wir
  Partnerstrategien, insbesondere für Pilot- und
  Anwendungsprojekte.

   ir intensivieren existierende und bauen neue
  W
  Partnerschaften auf, um unsere Wasserstoffbedarfe
  sicherzustellen und neue Handelsbeziehungen zu
  etablieren.

   ir streben einheitliche Qualitäts- und Zertifizie­
  W
  rungsstandards hinsichtlich Wasserstoffimporten an.

                                                                               23
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