Die Rolle der Dipeptidylpeptidase 4 in Entstehung und Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen Kinder- und Jugendabteilung für Psychische ...
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Die Rolle der Dipeptidylpeptidase 4 in Entstehung und Behandlung Posttraumatischer Belastungsstörungen Kinder- und Jugendabteilung für Psychische Gesundheit am Universitätsklinikum Erlangen Der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Doktorgrades Dr. med. vorgelegt von Chrischan Benedikt Scheuermann
I Als Dissertation genehmigt von der Medizinischen Fakultät der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Vorsitzender des Promotionsorgans: Prof. Dr. med. Markus F. Neurath Gutachter: Prof. Dr. Oliver Ott Gutachter: PD Dr. Anna Eichler Tag der mündlichen Prüfung: 26.10.2021
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III Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS .......................................................................................... III 1 ZUSAMMENFASSUNG ........................................................................................ 1 2 SUMMARY.............................................................................................................. 3 3 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS........................................................................... 5 4 EINLEITUNG ......................................................................................................... 6 4.1 POSTTRAUMATISCHE BELASTUNGSSTÖRUNG (PTBS)......................................... 6 4.1.1 Symptome .................................................................................................... 7 4.1.2 Epidemiologie ............................................................................................. 8 4.1.3 Therapie ...................................................................................................... 8 4.2 DIPEPTIDYLPEPTIDASE 4 ................................................................................... 10 4.2.1 Struktur und Eigenschaften von Dipeptidylpeptidase 4 ........................... 10 4.2.2 Physiologische Rolle von DPP 4 .............................................................. 11 4.3 NPY.................................................................................................................. 14 4.4 GLUCAGON-LIKE PEPTIDE 1 .............................................................................. 16 4.5 DPP4 INHIBITOREN ........................................................................................... 17 4.6 HYPOTHESE / ZIELSETZUNG DER ARBEIT .......................................................... 17 5 MATERIAL UND METHODEN ........................................................................ 18 5.1 TIERE ................................................................................................................ 18 5.2 ÜBERSICHT/ZEITACHSE DER EXPERIMENTE ...................................................... 18 5.2.1 Phänotypisierung der DPP4ko-Linie ....................................................... 18 5.2.2 Der Effekt von Sitagliptin auf das Angstverhalten traumatisierter/nicht traumatisierter Versuchstiere .................................................................................. 19 5.3 TRAUMA-GENERIERUNG / ANGSTKONDITIONIERUNG UND FEAR MEMORY / FEAR EXTINCTION ................................................................................................................. 21 5.4 ELEVATED PLUS MAZE ..................................................................................... 22 5.5 ROTAROD .......................................................................................................... 24 5.6 OPEN FIELD TEST.............................................................................................. 24 5.7 PHENOMASTER ................................................................................................. 25 5.8 AKUSTIK STARTLE RESPONSE ........................................................................... 25 5.9 SHIRPA-TEST .................................................................................................. 26 5.10 STATISTISCHE ANALYSE ............................................................................... 26 6 ERGEBNISSE ....................................................................................................... 28 6.1 PHÄNOTYPISIERUNG DER DPP4KO-LINIE ......................................................... 28 6.1.1 Metabolische Analyse DPP4-defizienter Mäuse mittels Phenomaster..... 28 6.1.1.1 Respiratorisches Austauschverhältnis (RER) ....................................... 28 6.1.1.2 Nahrungs- und Wasseraufnahme DPP4-defizienter Mäuse ................. 29 6.1.1.3 Energieaufwand DPP4-defizienter Tiere .............................................. 31 6.1.2 Rotarod – Testung der Motorik bei DPP4 defizienten Mäusen................ 32
IV 6.1.3 Untersuchung eines Möglichen Einflusses von DPP4 auf allgemeine Ängstlichkeit bei Mäusen mittels Open Field Test .................................................. 33 6.2 EFFEKTE VON SITAGLIPTIN AUF DAS ANGSTVERHALTEN TRAUMATISIERTER VERSUCHSTIERE .......................................................................................................... 36 6.2.1 Test auf allgemeine Ängstlichkeit von traumatisierten Mäusen in Abhängigkeit von Sitagliptin im EPM ..................................................................... 36 6.2.2 Prüfen des Angstverhaltens im Open Field Test nach Gabe von Sitagliptin 37 6.2.3 Startle Response – Ermittlung der Schreckreaktion von traumatisierten Mäusen nach der Gabe von Sitagliptin ................................................................... 40 6.2.4 Fear Memory und Fear Extinction Test der Mäuse nach Medikamentöser Behandlung.............................................................................................................. 41 6.3 FEAR EXTINCTION ............................................................................................ 44 6.4 STARTLE – TEST DER ANGSTREAKTION NACH BEHANDLUNG MIT SITAGLIPTIN UND FEAR MEMORY..................................................................................................... 45 7 DISKUSSION ........................................................................................................ 47 8 AUSBLICK ............................................................................................................ 58 9 LITERATURVERZEICHNIS ............................................................................. 59 10 ANHANG ........................................................................................................... 70 10.1 ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS ................................................. 70
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Zusammenfassung 1 1 Zusammenfassung Hintergrund und Ziele DPP4 gehört zur Familie der Exopeptidasen, es ist ein transmembranöses Glykoprotein, welches eine Dipeptidylpeptidaseaktivität besitzt. Es kommt ubiquitär im Körper auf ver- schiedenen Zellen wie Lymphozyten, Killerzellen sowie auf Endothelzellen verschiede- ner Organe vor. Aufgrund seiner vielseitigen Funktion nimmt die DPP4 Einfluss auf den Stoffwechsel, Gefäßpermeabilität, Schmerzwahrnehmung sowie in die Psychoendokri- nologie. Durch die Spaltung des Enzyms NPY nimmt die DPP4 Einfluss auf die Regulation der Nahrung, Steuerung des zirkadianen Rhythmus sowie dem Angst und Depressionsverhal- ten. Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der Zielsetzung, die Verwendbarkeit des Dipep- tidylpeptidase-4 (DPP4) Inhibitors Sitagliptin zur Behandlung von posttraumatischen Be- lastungsstörungen zunächst im Tiermodell zu überprüfen. Die Posttraumatische Belas- tungsstörung gehört zu den psychischen Erkrankungen und wird definiert als ein Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung mit einem katastrophalen Ausmaß, dass nahezu bei jeder Person eine tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde. Derzeit gibt es noch keine medikamentöse Behandlungsmöglichkeit, daher ist das übergeordnete Ziel der Gesamtstudie, die Effektivität einer DPP-4 Inhibition durch das Medikament Si- tagliptin als neue Therapiemöglichkeit für posttraumatisch Belastungsstörungen (PTBS) zu untersuchen. Methoden Die dargelegten und analysierten Ergebnisse wurden anhand des Versuchsorganismus, der Maus, erprobt. Im ersten Teil der Arbeit untersuchte man zunächst den Einfluss/ die Auswirkung der Deletion der Dipeptidylpeptidase auf das allgemeine Verhalten und Funktionseigenschaften der Versuchstiere. Im zweiten Teil wurden Mäuse im Rahmen eines definierten Versuchsaufbaus aufgeteilt. Die Hälfte dieser Tiere wurde in einem etablierten PTBS-Modell einem Trauma in Form eines elektrischen Fußschocks ausgesetzt. Durch eine Reihe verschieden durchgeführter
Zusammenfassung 2 Tests wurden unter anderem das allgemeine Angstverhalten der Tiere festgestellt sowie ihre motorischen Fähigkeiten und Metabolismus überprüft. In einem weiteren Versuchsblock wurden ebenfalls traumatisierte Tiere einem Fear Me- mory und Fear Extinction Training unterzogen. Hierbei untersuchte man den Einfluss einer medikamentösen Therapie in Kombination mit einem Verhaltenstraining/ Konfron- tationstraining auf das Angstverhalten der Tiere. In allen Versuchsdesigns wurde mit Gruppen verglichen, die nicht mit Inhibitor behandelt wurde oder ein Fear Extinction Training durchlaufen hatte. Ergebnisse Bei der Phänotypisierung der Tiere zeigten sich deutliche Unterschiede bei der Nahrungs- aufnahme sowie im Energieumsatz der Tiere. Die Ko-Versuchsgruppe zeigte über den ganzen Versuchszeitraum einen deutlich erhöhten Umsatz, welcher sich ebenso in der Nahrungsaufnahme widerspiegelte. Im Open-Field Test zeigten sich jedoch keine deutli- chen Unterschiede auf das Angstverhalten der Tiere, die miteinander verglichenen Grup- pen zeigten über alle getesteten Parameter ein ähnliches Verhalten. Im zweiten Block, konnte nur eine geringfügige Reduzierung der Angst durch systemi- sche Gabe des DPP4-Inhibitors Sitagliptin beobachtet werden. Erst in Kombination mit dem Fear Memory und Fear Extinction Training konnte in den Versuchen eine größere Verminderung der Angst nachgewiesen werden. Schlussfolgerung Durch Gabe des DPP4-Inhibitors Sitagliptin konnte in Kombination mit einem Fear Ex- tinction Training eine Reduktion des Angstverhalten gezeigt werden. Es sollte jedoch in zukünftigen Arbeiten die Versuche teilweise wiederholt und zusätzliche Versuche durch- geführt werden, um die vorhandenen Ergebnisse zu verifizieren. Durch die Einführung von Sitagliptin, zur Behandlung des Diabetes mellitus Typ 2 sollten behandelte Diabetiker mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung als Co-Morbidität engmaschig beobachtet werden, ob sich hierdurch eine Angstminderung zeigen lässt.
Summary 3 2 Summary Background and objectives As a member of the exopeptidase family, DPP-4 is a transmembranous glycoprotein, which possesses dipeptidyl peptidase enzymatic activities. It is ubiquitously expressed on numerous cells such as lymphocytes, NK cells and endothelial cells of various organs. Given its versatile functions, DPP4 has not only influence on the metabolism but also vascular permeability, pain perception and psychoendocrinology. By cleavage of the enzyme NPY, DPP-4 modulates the regulation of dietary intake, cir- cadian rythm as well as anxiety and depression behavior. The ojective target of the present study is to examine the applicability of the dipepti- dylpeptidase-4 (DPP4) inhibitor Sitagliptin for the treatment of post-traumatic stress dis- orders using an animal model. The post-traumatic stress disorder (PTSD) is a psychiatric disease and is defined as an incident of extraordinary threats with a catastrophic level, which would trigger a profound despair in almost every person. Since there is currently no approved drug treatment or medication, the primary objective of the overall study is to investigate whether the inhibition of DPP-4 by sitagliptin might be a new therapeutic opportunity in the treatment of PTSD. Methods The presented and analyzed results were examined using mice as model organism. In the first part of this study, the impact of the deletion of DPP-4 on the general behavior and functional features was investigated. In the second part, mice were divided within a separated experimental setup. In a scien- tifically established PTSD-model, half of the animals were exposed to a trauma in the form of an electrical shock on the animal’s paw. Over the course of various tests, their overall anxiety behavior, motoric capabilities and metabolism were monitored. In a further experimental setup, traumatized mice underwent a fear memory and fear ex- tinction training. Therefore, it was analyzed how drug therapy in combination with be- havioral and confrontation training might affect the animal’s anxiety behavior. Each
Summary 4 experimental setup was compared with groups, which neither have been treated with the inhibitor nor underwent fear extinction training. Results Interestingly, phenotyping of the animals demonstrated significant differences in the die- tary intake as well as energy metabolism. The group with KO-mice exhibited considera- bly increased turnover, which is in turn reflected in the dietary intake. However, the open- field test did not show clear differences in the animal’s anxiety behavior. In the second block, systemic administration of the DPP-4 inhibitor sitagliptin could only marginally reduce anxiety. A greater reduction was only achieved by combination with fear memory and fear extinction training. Conclusion In conclusion, administration of the DPP-4 inhibitor sitagliptin in combination with fear extinction training reduced successfully the anxiety behavior. Though, in order to verify existing data, it is urgently required that experiments will be partially repeated and addi- tional experiments are conducted. By introduction of sitagliptin for the treatment of diabetes mellitus type 2, treated diabet- ics with a diagnosed PTSD as co-morbidity should be closely monitored whether they show reduced anxiety behavior.
Abkürzungsverzeich 5 3 Abkürzungsverzeichnis EPM Elevated Plus Maze DPP Dipeptidylpeptidase DPP4-Het DPP4-Heterozygot GLP-1 Glukagon ähnliches Peptide 1 KI Konfidenz Intervall NPY Neuropeptid Y OFT Open Field Test PPI Prepulse Inhibition PTBS Posttraumatische Belastungsstörung PYY Peptid-Tyrosin-Tyrosin RER Respiratorisches Austauschverhältnis Sita Sitagliptin SR Startle Response WT Wildtyp
Einleitung 6 4 Einleitung 4.1 Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) gehört zu den psychischen Erkrankun- gen. Sie kann als Folge eines traumatischen, emotional belastenden Ereignisses erfolgen. Ein Trauma wird nach der WHO im ICD-10 beschrieben als „kurz- oder lang anhaltendes Ereignis oder Geschehen von außergewöhnlicher Bedrohung mit katastrophalem Aus- maß, das nahezu bei jedem tiefgreifende Verzweiflung auslösen würde“ (The ICD-10 classsification of mental and behavioural disorders 1993). Die PTBS kann unmittelbar oder im späteren Verlauf nach dem traumatischen Ereignis eintreten. Die betroffene Per- son muss hierbei nicht selbst das auslösende Ereignis durchlebt haben, es genügt, wenn es bei Dritten beobachtet und miterlebt wird. In wenigen Fällen sind dabei Chronifizie- rungen möglich. (Tagay et al. 2016; Bryant 2011). In Tabelle 1 ist eine schematische Einteilung traumatischer Ereignisse aufgelistet. Sie ist unterteilt in akzidentielle Trau- mata, die zufällig oder durch die Natur verursacht werden und interpersonelle Traumata, die durch den Menschen absichtlich verursacht werden. Diese wiederum werden in ver- schiedene Gruppen eingeteilt: Typ I: einmalig/kurzfristig, Typ II: mehrfach/langfristig und medizinisch bedingte Traumata (Pausch und Matten; Kessler et al. 1995). Zu den akzidentiellen Traumata zählen schwere Verkehrsunfälle, berufsbedingte Trau- mata, Naturkatastrophen wie Erdbeben, technische Katastrophen z.B. Giftgasunfälle, le- bensgefährliche Erkrankungen und als notwendig erlebte medizinische Eingriffe. Zu den interpersonellen Traumata gehören sexuelle Übergriffe, kriminelle/körperliche Gewalt, ziviles Gewalterleben oder Missbrauch, Kriegserleben, Geiselhaft, Folter, sowie komplizierter Behandlungsverlauf nach angenommenem Behandlungsfehler (Maercker 2009; Pausch und Matten).
Einleitung 7 Tabelle 1 Schematische Einteilung traumatischer Ereignisse (Maercker 2009) 4.1.1 Symptome Zu den klassischen Symptomen einer PTBS gehören: - Aufdrängende, belastende Gedanken und Erinnerungen bis hin zu realitätsnahen Wiedererleben des Unglücks durch Bilder, Alpträume, Flash-backs - Gefühl von Hilflosigkeit - Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses - Vermeidungsverhalten bei Gesprächen, Situationen, Orte die in Verbindung mit dem Erlebnis gebracht werden können - Allgemeiner Rückzug, Interessenverlust, Depressionen - Bei Kindern sind veränderte Symptomausprägungen zu beobachten Eine PTBS kann leicht übersehen werden, beispielsweise bei einer lang zurückliegenden Traumatisierung, unklaren Schmerzsyndromen oder Persönlichkeitsstörungen (Flatten et al. 2011). Die gesamten Symptome können sowohl die berufliche als auch die soziale Funktion der Patienten beeinträchtigen und zudem weitere körperliche Krankheiten verursachen.
Einleitung 8 Dadurch erweisen die Erkrankten eine erhöhte Mortalität auf (Cavalcanti-Ribeiro et al. 2012). 4.1.2 Epidemiologie Ob es nach einem traumatischen Erlebnis zu einer PTBS kommt, ist nicht garantiert. Es hängt von vielen verschiedenen Faktoren ab, eine davon ist das zugrundeliegende Ereig- nis (Flatten et al. 2011). Die Häufigkeit an einer PTBS zu erkranken, ist auch von Region zu Region unterschiedlich. In Gegenden mit vielen Naturkatastrophen oder Orte sozialer Konfliktherde ist die Wahrscheinlichkeit um ein Vielfaches erhöht. - Das Grundrisiko, im Laufe des Lebens eine PTBS auszubilden, liegt bei Frauen bei 10 - 12%, bei Männern bei 5 - 6 % - Nach Sexualdelikten ist das Risiko einer PTBS-Erkrankung der Betroffenen um 50 – 80% erhöht - Bei Gewaltverbrechen anderer Art liegt die Prävalenz bei 25% - Bei Kriegsopfer, Folter oder Vertreibungen liegt die Chance bei 50 – 70% - Verkehrsunfallopfer entwickeln in 15 – 39% der Fälle eine PTBS (J. Pausch, Markus und J. Matten, Sven 2018; Maercker 2009) 4.1.3 Therapie Es gibt viele verschiedene Behandlungsansätze, von Verhaltenstherapie über Konfronta- tionstherapie, bis hin zu medikamentöser Therapie. Ziel der kognitiven Verhaltenstherapie ist es, die immer wiederkehrenden Stressfaktoren zu verändern. Dabei werden drei Behandlungsansätze verfolgt: 1. Die Modulierung angstauslösender Situationen, die durch das Trauma ausgelöst wer- den. 2. Durch vertiefte Informationsverarbeitung des Traumagedächtnisses und Ausfindigma- chen der auszulösenden Stimuli wird versucht, die Wiedererlebenssymptomatik zu redu- zieren. 3. Die erlernten Verhaltensstrategien, welche die Symptomatik der PTBS aufrechterhal- ten und verstärken, werden durch neu konditioniertes Verhalten ersetzt. (Margraf und Schneider 2009; Dr. Sandra Elze)
Einleitung 9 Konfrontationstherapien wurden bei ausreichend stabilen Patienten mit Vermeidungsver- halten eingesetzt, welche positive Ergebnisse in Bezug auf Reduktion posttraumatischer Übererregungen zeigten. Ziel dabei ist es, durch ständiges Wiedererinnern an das Trauma die Symptomatik zu reduzieren (Margraf und Schneider 2009). Die pharmakologische Behandlung ist bisher nicht die Therapie der ersten Wahl. Derzeit werden Psychopharmaka als erste bzw. alleinige Vorgehensweise bei Behandlung einer PTBS abgelehnt. Momentan werden sie zur Unterstützung bei depressiven Episoden ver- wendet (Flatten et al. 2011). Zur akuten Anxiolyse können kurzfristig Benzodiazepine verabreicht werden. Eine längerfristige Gabe sollte jedoch vermieden werden, da PTBS- Patienten eine höhere Anfälligkeit haben eine Sucht zu entwickeln. Zur Behandlung de- pressiver Episoden können Antidepressiva eingesetzt werden, wie zum Beispiel Selek- tive-Serotonin-Reuptake-Inhibitoren. Hierbei muss jedoch eine engmaschige Kontrolle durch den behandelnden Therapeuten durchgeführt werden, da das Risiko eines Suizids stark erhöht ist (Rosner et al. 2013; Flatten et al. 2011; Hecht et al. 2019). Es werden derzeit neue Behandlungsmöglichkeiten im Bereich der Pharmakologie er- forscht. Es wird angenommen, dass die Hemmung der Dipeptidylpeptidase 4 (DPP4) und die dadurch verhinderte Spaltung des Neuropeptids Y (NPY) eine große Rolle in der Stressbewältigung spielt (Stein et al. 2011; Heilig 2004). Die Aktivierung von Y1 Rezeptoren durch NPY, speziell im basolateralen Kern der Amygdala, wirkt angstlösend und blockiert die Entwicklung konditionierter Angst. Die Hemmung der Y2 Rezeptoren verursacht eine Erhöhung der NPY-Spiegel, da die nega- tive Rückkopplung wegfällt, wodurch vermehrt Y1 Rezeptoren aktiviert werden (Brothers und Wahlestedt 2010; King et al. 1999). In einer Studie wurde gezeigt, dass Y2-Rezeptor „Knock-out“ Mäuse vermindert Angstzustände zeigten (Redrobe et al. 2003). DPP 4 und NPY können somit Zielstrukturen für die Behandlung von PTBS darstellen, um zukünftig bessere Therapieansätze zu ermöglichen.
Einleitung 10 4.2 Dipeptidylpeptidase 4 4.2.1 Struktur und Eigenschaften von Dipeptidylpeptidase 4 Erstmals wurde Dipeptidylpeptidase 4 (DPP 4) 1966 beschrieben (Hopsu-Havu und Glen- ner 1966). DPP 4, auch bekannt als CD26, gehört zur Familie der Exopeptidasen (Chung et al. 2010). Es kommt ubiquitär im Körper auf verschiedenen Zellen, wie Lymphozyten (T- und B-Zellen), Makrophagen, natürlichen Killerzellen, sowie Endothel- und Epithel- zellen vor (Xia et al. 2017; Buhling et al. 1995). Die Serinprotease spaltet selektiv Dipep- tide vom N-terminalen Ende der Zielproteine, die an vorletzter Stelle Alanin oder Prolin besitzen, ab (Chung et al. 2010). Es ist ebenso bekannt, dass DPP 4 in einer löslichen Form im Plasma vorliegt, welches vom Knochenmark gebildet wird (Cordero et al. 2009; Wang et al. 2014). Das DPP4 Gen ist auf dem Chromosom 2q23 lokalisiert. Das Protein ist ein Typ-II Trans- membranmolekül mit einem kurzen zytoplasmatischen Anteil bestehend aus sechs Ami- nosäuren, einer Transmembrandomäne aus 22 Aminosäuren, sowie einem extrazellulär liegenden Teil, bestehend aus einer glykosylreichen, cysteinreichen Region und einer ka- talytischen Domäne mit 738 Aminosäuren. Die katalytische Einheit liegt als Dimer vor und hat ein Gewicht von 110 kDa (Cordero et al. 2009; Lambeir et al. 2003; Matteucci und Giampietro 2009). Die asymmetrische Einheit besteht aus zwei Homodimeren, deren Monomere durch eine zweifache Dyadenachse verbunden sind. Die Kristallstruktur von DPP 4 zeigt, dass die Tetramerisierung des Enzyms der Schlüssel zur Interaktion mit den anderen Substraten ist. Jede Untereinheit besteht aus zwei strukturellen Domänen: der N- terminalen β-Propeller- und der C-terminalen α/β-Hydrolasedomäne (siehe Abbildung 1) (Engel et al. 2003). Eine Vielzahl von bioaktiven Peptiden sind Substrate für die DPP4 Protease, wie zum Beispiel NPY, Peptid YY (PYY), Insulin-ähnliche Wachstumsfaktoren, Substanz P, viele gastrointestinale Hormone, Neuropeptide und Chemokine (Lambeir et al. 2003). DPP 4 besitzt somit eine Regulatorfunktion, denn durch die Hydrolyse der Zielproteine werden deren biologische Wirkung aufgehoben, vermindert oder verstärkt.
Einleitung 11 Abbildung 1 Gesamtstruktur des DPP 4 Homodimers (Aertgeerts et al. 2003) 4.2.2 Physiologische Rolle von DPP 4 DPP 4 wird aufgrund seiner vielseitigen Funktionen auch als „Moonlight Protein“ be- zeichnet, welches dadurch zustande kommt, dass es die Fähigkeit besitzt, einerseits eine Vielzahl verschiedener Peptide zu spalten (siehe oben) und andererseits über Interaktio- nen mit anderen Bindungspartnern einzugehen (Boonacker und Van Noorden, Cornelis J F 2003). DPP 4 nimmt großen Einfluss auf den Stoffwechsel. Durch die Spaltung des Neuropep- tids Y (NPY) und von PYY verändert DPP 4 das Hungergefühl und das Gefäßsystem. PYY wird durch Spaltung aktiviert und hemmt nach der Nahrungsaufnahme die Magen- entleerung. Es soll dadurch die Verdauung fetthaltiger Nahrung erleichtern. Gleichzeitig vermindern PYY den Appetit. NPY hingegen wirkt zentral über Rezeptoren orexigen (Hunger vermittelnd) (Lambeir et al. 2003; Chen et al. 1997). NPY wird bei erhöhtem Energieaufwand vermehrt im Nucleus arcuatus ausgeschüttet, welches dann Rezeptorver- mittelt zu einer Steigerung des Appetits führt (Kokot und Ficek 1999). Substanz P, aus der Gruppe der Neurokinine, wird durch DPP 4 inaktiviert. Es ist norma- lerweise bei der Schmerzübertragung beteiligt und zudem bei der Steuerung von
Einleitung 12 Entzündungsprozessen. Es hat vasodilatatorische Eigenschaften und steigert so die Ge- fäßpermeabilität (Oehme und Krivoy 1983; Lambeir et al. 2003). Eine Reihe von analgetischen Peptiden im Gehirn enthalten an N-terminal an vorletzter Stelle Prolin und sind somit Substrate der DPP 4. Endomorphin 1 + 2 haben eine hohe Affinität zu μ-Opioidrezeptoren und dadurch analgetische Eigenschaften. DPP 4 inakti- viert die Endorphine, was eine erhöhte Schmerzwahrnehmung zur Folge hat (Horvath 2000; Shane et al. 1999). DPP 4 besitzt Einfluss auf die Aktivierung von T-Zellen und T-Zell Proliferation, was eine Aktivierung des Immunsystems bewirkt. DPP 4 ist in der Lage direkt über den CARMA-1 vermittelten Kernfaktor T-Zellen zu aktivieren. Zusätzlich kann an T-Zellen gebundenes DPP 4 direkt über Caveolin-1 mit Antigen präsentierenden Zellen interagie- ren (Ohnuma 2008). Bezüglich des Glukosehaushalts hemmt DPP4 das Peptidhormon Glucagon- like Peptide 1 (GLP-1), welches eine wichtige Rolle bei der Steuerung des Glukosestoffwechsels spielt. Durch Hydrolyse wird GLP-1 inaktiviert und kann somit die Insulinausschüttung nicht mehr fördern (siehe 1.4) (Vila und Riedl 2010). DPP4 hat zudem die Fähigkeit als Nicht-Integrin Rezeptor zu wirken und ist so in der Lage extrazelluläre Matrixmoleküle wie Fibronektin und Kollagen zu binden (siehe Ab- bildung 2, A, Zelladhäsion) (Piazza et al. 1989). In Abbildung 2 und 3 ist eine Zusammenfassung der verschiedenen Funktionen von DPP 4 im menschlichen Körper dargestellt (Klemann et al. 2016). In der Pathophysiologie spielt DPP 4 ebenfalls eine Rolle. DPP 4 ist auf vielen verschiedenen Epithelzellen exprimiert. Es zeigt sich eine veränderte Expression und Aktivität von zirkulierendem DPP 4 bei verschiednen Krebsarten. Bei undifferenzierten Karzinomen wird eine erniedrigte Expression von DPP 4 im Serum nachgewiesen. Sie korreliert stark mit der Malignität des Tumors (siehe Abbildung 3, B, Solide Tumore) (Larrinaga et al. 2015). Bei bakteriellen systemischen Infektionen ist die DPP 4-Aktivität erniedrigt, bei gleichzeitigem Anstieg des Prolactinoms. Die prognostische Bedeutung dahinter ist noch nicht ganz verstanden (Lambeir et al. 2003). Bei rheumatoider Arthritis ist die DPP 4 Expression deutlich erhöht, jedoch deren gelöste Form im Serum erniedrigt. Diese Reduktion steht im Zusammenhang mit dem Krankheitsverlauf. Ebenso ist die DPP 4
Einleitung 13 Serumaktivität bei Morbus Crohn und Colitis Ulcerosa erniedrigt (siehe Abbildung 3, B) (Rose et al. 2002; Hildebrandt et al. 2001). DPP 4 ist zudem ein Marker für bestimmte maligne T-Zell Lymphome. Die Serumkonzentration von DPP 4 ist hierbei erniedrigt. (siehe Abbildung 3, B, Hämatologische Malignome) (Verstovsek et al. 2000). Wie man in in Abb. 2 und 3 erkennen kann, ist die Dipeptidylpeptidase an vielen verschiedenen Prozessen im Körper beteiligt, wie im Stoffwechsel, bei der Reuglation einer Immunantwort, der Schmerzwahrnehmung, bei Autoimmunerkrankungen oder auch in Karzinomen. Es gibt viele Faktoren, die zu beachten sind, wenn man mithilfe der DPP 4 eine neue Therapiemöglichkeit erforschen möchte. Abbildung 2 (modifiziert nach (Klemann et al. 2016)) (a) Physiologische Prozesse beeinflusst durch die Dipeptidylpeptidase 4 (DPP4) In dieser Abbildung werden die ver- schiedenen Einflüsse der Dipeptidylpeptidase 4 dargestellt. DPP4 als „Moonlight“-Protein hat verschiedene Einflüsse auf unterschiedliche Organfunktionen wie auf die Nozizeption, die Immunantwort, den Metabolismus, der Zelladhä- sion, auch kardiovaskulär und Auswirkungen auf die Psychoendokrinologie lässt sich ein Einfluss nachweisen.
Einleitung 14 Abbildung 3 (modifiziert nach (Klemann et al. 2016) (b) Pathologische Prozesse beeinflusst durch die Dipeptidylpeptidase 4. In dieser Abbildung wird die pathophysiolo- gische Rolle der DPP4/CD26 gezeigt. Sie nehmen Einfluss auf unterschiedliche Erkrankung, wie zum Beispiel bei soliden Tumoren, bei infektiösen/autoimmunen Erkrankungen, hämatologische Malignome sowie bei psycho-neuroen- dokrine Erkrankungen. 4.3 NPY Neuropeptid Y ist ein Peptid, bestehend aus 36 Aminosäuren. Es ist das am häufigsten vorkommende Neuropeptid im Gehirn. Es wird im paraventrikulären Kern, im ventrola- teralen Teil der Medulla oblongata und im Kern des Tractus solitarii exprimiert (Stanley 2007; Pilkington 2013). NPY ist ein wichtiger endogener Regulator, der unter anderem in der Steuerung der zirkadianen Rhythmik, Regulation der Nahrungsaufnahme, Motilität des Gastrointestinaltraktes; Sexualfunktion, neuronalen Erregbarkeit und bei Angst und Depression eine Rolle spielt (Dasgupta 2015). NPY wird aufgrund der hohen strukturel- len Ähnlichkeit zu Peptid YY, zur Familie der pankreatischen Polypeptide gezählt (Hu et al. 2018). Der Rezeptor für NPY zählt zu den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Es wur- den fünf Subtypen identifiziert, die im Menschen vorkommen: Y1, Y2, Y3, Y4, Y5 (Hu
Einleitung 15 et al. 2018). NPY tritt im Körper in zwei verschiedenen Formen auf: NPY (1-36) und NPY (3-36), welche durch die Abspaltung des Tyrosin-Prolin Restes am N-terminalen Ende durch die Dipeptidylpeptidase 4 zustande kommen. NPY und PYY binden an die- selben Rezeptoren (Ballantyne 2006; Grandt et al. 1996). NPY 1-36 bindet an alle Re- zeptoren, jedoch mit erhöhter Affinität zu Y1 und Y5, wodurch es primär anxiolytisch wirkt. Durch die Abspaltung der N-terminalen Gruppe von NPY (1-36) verringert sich das Bindungsbestreben zu den Y1, Y4, Y5 Rezeptoren, die Affinität für Y2 erhöht sich, da es ein spezifischer Agonist für NPY (3-36) ist und über diesen Rezeptor vermehrt anxiogen wirkt (Parker und Balasubramaniam 2007). Nach Bindung an den G-Protein- gekoppelten Rezeptor wird eine Reihe verschiedener Signalkaskaden ausgelöst, die in Abbildung 4 dargestellt sind. Abbildung 4 NPY und seine Rezeptoren (Modifiziert nach (Sah und Geracioti 2013)) Darstellung der Rezeptoren, auf die NPY über einen G-gekoppelten Rezeptor Signalkaskaden auslösen kann. NPY und NPY-Rezeptoren im limbischen System haben eine wichtige physiologische Funktion in der Regulation des Stress- und Angstverhaltens, die in Bezug auf die PTBS von Relevanz sind (Sah und Geracioti 2012). Durch die Hemmung der DPP 4 verringert sich der Anteil an NPY (3-36), wodurch weniger Y2 Rezeptoren aktiviert werden. Dies
Einleitung 16 hat einen positiven angstlösenden Effekt bei Mäusen gezeigt (siehe Abbildung 5) (Bac- chi et al. 2006). Abbildung 5 Rezeptoraffinität NPY vor und nach der Spaltung durch DPP 4 4.4 Glucagon-like Peptide 1 Glucagon-like Peptide 1 (GLP-1) hat eine bedeutende Rolle im Glukosestoffwechsel. Es wird von den neuroendokrinen L-Zellen im Darm produziert und gehört zu den Peptid- hormonen. Bei Nahrungsaufnahme wird vermehrt GLP-1 produziert und bewirkt über Bindung an G-gekoppelte Proteine eine Erhöhung der Insulinsekretion aus den β-Zellen. Es hat nur eine geringe Halbwertszeit, da es schnell von DPP 4 abgebaut wird (Nauck et al. 2011; Lim et al. 2009). GLP-1 wird nicht nur im Darm produziert, sondern auch im Kern des Tractus solitarius des Hinterhirns. Es hat Einfluss auf die Nahrungsaufnahme, reduziert das Gewicht und verzögert zudem die Magenentleerung (Anderberg et al. 2016). In einer Studie wurden GLP-1 Rezeptoren in den Raphe Kernen der Amygdala und im Hippocampus nachgewiesen, die für die Regulierung von Stimmung und Emotionen zu- ständig sind. Es hat sich gezeigt, dass eine akute Stimulation der GLP-1 Rezeptoren zu einer Erhöhung der Angst führte, die langfristige Stimulation jedoch das Gegenteil be- wirkte und ein reduziertes depressives Verhalten zeigte (Anderberg et al. 2016).
Einleitung 17 GLP-1 hat demzufolge nicht nur Effekte auf den Glukosehaushalt, sondern könnte in Zu- kunft auch bei Angst- und Depressionsverhalten einen Nutzen finden. 4.5 DPP4 Inhibitoren Die Hemmung der Dipeptidylpeptidase 4 ist ein wichtiger Bestandteil bei der Behandlung von Diabetes mellitus Typ 2. Durch diese Hemmung wird die Inaktivierung des Gluka- gon-ähnlichen-Peptids 1 (GLP-1) verhindert. Dadurch steigt der Spiegel an aktivem GLP- 1 an, wodurch die Ausschüttung von Insulin erhöht wird (Ahrén 2007). Es wurden viele verschiedene DPP 4 Inhibitoren entwickelt, unter anderem Sitagliptin. Sitagliptin zeigt eine langsame aber eng bindende Hemmkinetik. Es hemmt kompetitiv und reversibel DPP 4. Die Bioverfügbarkeit oral beträgt 80 % und wird schnell in den Körper aufgenommen. Ihre maximale Plasmakonzentration erreicht es innerhalb von ein bis zwei Stunden. 4.6 Hypothese / Zielsetzung der Arbeit Posttraumatische Belastungsstörungen stellen eine schwere psychische Störung dar. Der- zeit liegt der therapeutische Fokus der Behandlung auf der kognitiven Verhaltenstherapie. Die medikamentösen Therapiemöglichkeiten sind momentan begrenzt, daher sind zum besseren Verständnis der Pathophysiologie sowie zur Erkennung möglicher neuer Thera- pieoptionen weitere Forschung notwendig. In der vorliegenden Arbeit wird die Rolle Dipeptidylpeptidase 4 untersucht, da frühere Arbeiten unserer Arbeitsgruppe eine wichtige Rolle in Bezug auf das Angstverhalten nachweisen konnten (Canneva et al. 2015; Klemann et al. 2016). In dieser Arbeit wird ein DPP4-Inhibitor eingesetzt, um die Auswirkungen auf das Angstverhalten der Nage- tiere feststellen zu können. Das übergeordnete Ziel ist dabei die DPP4 Hemmung als ei- nen möglichen Therapieansatz für PTBS zu untersuchen.
Material und 18 5 Material und Methoden Die in der vorliegenden Arbeit analysieren tierexperimentellen Daten wurden von Mitar- beiter der Kinder- und Jugendabteilung für psychische Gesundheit erhoben und für diese Arbeit zur Verfügung gestellt. Bevor die Versuche ausgewertet und diskutiert werden, werden in diesem Kapitel zunächst die verwendeten Methoden und Materialien aufge- zeigt. 5.1 Tiere Erwachsene männliche C57BL/6NCrl (B6N) Mäuse wurden im Alter von 8 Wochen von der Charles River Germany GmbH (Sulzfeld, Deutschland) gekauft. Der DPP4-Deleti- onsstamm DPP4ko (C57BL/6-DPP4m1Nwa/Orl) wurden von Prof. Stephan von Hörsten, Abt. Experimentelle Therapie, Universitätsklinikum Erlangen, zur Verfügung gestellt. Die Tiere wurden in Vierergruppen unter standardisierten Bedinungen (12:12 h Hell- Dunkel-Zyklus, Licht an 07:00 Uhr), kontrollierter Temperatur (23 ± 1°C), Futter und Wasser ad libitum) im Präklinischen Experimentellen Tierzentrum (PETZ) in Erlangen gehalten. Alle tierexperimentellen Versuche wurden von der Regierung Mittelfranken ge- nehmigt (Az. 55.2-2532-2-553) und von geschultem Personal durchgeführt. Nach Erhalt der Tiere wurden diese nach zweiwöchiger Akklimatisierungszeit im Alter von 10 Wochen (Wo) 1:1 (Männchen/Weibchen) gepaart. 5.2 Übersicht/Zeitachse der Experimente 5.2.1 Phänotypisierung der DPP4ko-Linie In diesem Versuchsteil wurde die DPPko-Linie mittels verschiedener Verhaltenstests um- fassend phänotypisiert (Abb. 6). Es wurden Tiere mit homozygoter Deletion der DPP4 (ko) mit heterozygoten (Het) und Wildtyp- (Wt) Tieren verglichen (siehe Tabelle 2).
Material und 19 Tabelle 2 Charakterisierung der eingeschlossenen Versuchstiere der Phänotyp-Versuchsreihe Genotyp Anzahl Geschlecht Alter bei Gewicht Versuchs- (Mittelwert) beginn Wt 11 Männlich 11 Wochen 26,55 g Het 14 Männlich 11 Wochen 25,17 g Ko 13 Männlich 11 Wochen 25,29 g Abbildung 6 Überblick über den zeitlichen Ablauf der DPP4ko-Phänotypisierung 5.2.2 Der Effekt von Sitagliptin auf das Angstverhalten trau- matisierter/nicht traumatisierter Versuchstiere In diesem Versuchteil wurden traumatisierte Tiere mit nicht-traumatisieren Tieren, mit jeweils der Hälfte mit Sitagliptin Behandlung auf das Angstverhalten miteinander vergli- chen. In den Abbildungen 8 und 9 ist jeweils der zeitliche Versuchsplan der Tiere zu sehen. Der in dieser Arbeit verwendete DPP4-Inhibitor Sitagliptin (Abbildung 7) wurde von der Firma Selleck Chemical‘s gekauft. Das Medikament wurde den Versuchstieren über das Trinkwasser mit einer Konzentration von 50 mg/kg/Tag verabreicht. Abbildung 7 Strukturformel Sitagliptin Phosphat Monohydrat (LGC Limited 2020)
Material und 20 Tabelle 3 Versuchstiere zur Untersuchung der Effekte von Sitagliptin auf das allgemeine Angstverhalten nach Trauma-Generierung Anzahl Geschlecht Alter Trauma Sitagliptin-Behandlung 12 Männlich 11 Wochen Ja Ja 12 Männlich 11 Wochen Ja Nein 12 Männlich 11 Wochen Nein Ja 12 Männlich 11 Wochen Nein Nein Abbildung 8 Überblick über den zeitlichen Ablauf der Sitagliptin Behandlung und nachfolgender Versuche zur Untersuchung des allgemeinen Angstverhaltens Um die Effekte von Sitagliptin im Kontext eines Fear Extinction Versuchs zu überprüfen, wurden die Tiere in vier Gruppen unterteilt. Zwei der Gruppen erhielten eine medika- mentöse Behandlung mit Sitagliptin, zwei davon keine, wovon wiederum eine Gruppe jeweils ein Fear Extinction Training zusätzlich durchlief. Tabelle 4 Versuchstiere zur Untersuchung der Effekte von Sitagliptin auf das allgemeine Angstverhalten nach Trauma-Generierung, Fear Memory und Fear Extinction Training Anzahl Ge- Alter Trauma Sitagliptin- Fear Ex- Fear schlecht Behandlung tinction Memory 12 Männlich 11 Wochen Ja Ja Ja Ja 12 Männlich 11 Wochen Ja Ja Nein Ja 12 Männlich 11 Wochen Ja Nein Ja Ja 12 Männlich 11 Wochen Ja Nein Nein Ja
Material und 21 Abbildung 9 Überblick über den zeitlichen Ablauf der Sitagliptin Behandlung und des nachfolgenden Startle und Fear Extinction Versuchs 5.3 Trauma-Generierung / Angstkonditionierung und Fear Memory / Fear Extinction Für die Angstkonditionierung orientiert man sich an der klassischen Konditionierung Pa- vlovs (Pavlov, 1927). Bei der klassischen Konditionierung wird ein zu Beginn neutraler Stimulus (CS: conditional stimulus), wie zum Beispiel ein Ton, Licht oder eine Umge- bung mit einem nachfolgenden unangenehmen Reiz (US: unconditional stimulus z.B. Fußschock) verknüpft. Der unangenehme Reiz löst eine angeborene Angstreaktion aus. Der initial neutrale Stimulus wird nach mehrmaliger Durchführung als Hinweisreiz für den nachfolgenden Reiz gedeutet, sodass die Angstreaktion nun allein durch den neutra- len Reiz ausgelöst wird (CR: conditional response). Die offensichtlichste konditionierte Angstreaktion bei Nagern ist das Anhalten jeder Bewegung, das sogenannte „Freezing“ (Fanselow 1984). Zur Generierung des Traumas und Angstkonditionierung wurden die Tiere in die Ver- suchsbox (Multi-Conditioning System, TSE Systems GmbH, Deutschland) gesetzt und konnten für 198 Sekunden frei explorieren. Es folgte ein 2 Sekunden andauernder elektri- scher Impuls (1,5 mA) über ein Metallgitter. Die Tiere blieben für weitere 60 Sekunden in der Versuchsbox, bevor sie in ihre Heimkäfige zurückgebracht wurden. Die Kontroll- gruppe wurde der Versuchsbox ohne elektrischen Impuls ausgesetzt. Nach jedem Durch- lauf wurde die Versuchsbox gründlich mit einer 70% - Ethanol-Lösung gereinigt. Die Box wurde während des Versuches mit 70 Lux beleuchtet. Zur Ermittlung des kontextuellen Angstgedächtnissses (Fear Memory) wurde ein Teil der Versuchstiere (s. Tabelle 4) für 180 s erneut in dieselbe Box gebracht, in der auch die
Material und 22 Konditionierung stattgefunden hat. Dieses Mal erfolgte jedoch kein elektrischer Fuß- schock. Anhand der Dauer der Bewegungslosigkeit wurde festgestellt, ob die Tiere ihre Umge- bung mit einem Trauma assoziieren. Das Verhalten einer Maus gilt als „freezing“, wenn für mindestens 2 Sekunden eine komplette Bewegungslosigkeit vorliegt. Die Bewegungs- starre wurde mittels Lichtschranken in der x,y,z Achse registriert und zusätzlich mit ei- nem Video aufgezeichnet. Danach wurden die Tiere wieder in ihre Heimkäfige zurück- gebracht und anschließend die Versuchskammer gereinigt. Hierbei ist zu erwähnen, dass dieser Teil im ursprünglichen Setting der Überprüfung der „conditioned fear response“ galt, wobei verschiedene Umgebungen und Gerüche gewählt wurden, die von dem ursprünglichen FC abwichen. Diese waren zunächst in der FC-Box ein eckiger Einsatz, mit Metallgitter und Ethanolgeruch. Getestet wurden neben einem runden Einsatz mit abgedecktem Gitter und Bananengeruch auch ein dreieckiger Einsatz mit Essiggeruch und freilegendem Gitter, welche sukzessiv an den FC-Kontext angepasst wurden. Während der Versuche und der anschließenden Datenauswertung mussten die unterschiedlichen Aufbauten jedoch der Fear Extinction zugeschrieben werden, da die Tiere das Umfeld mit maximalem Angstverhalten wiedererkannten. Der ausbleibende ne- gative Stimulus machte diesen Versuchsteil somit zum Fear Extinction Versuch. 5.4 Elevated Plus Maze Das Elevated Plus Maze (EPM) ist ein Messverfahren, um Angstverhalten bei Mäusen und Ratten zu überprüfen. Es wird bei neurobiologischen Angstforschungen, wie PTBS eingesetzt. Bei diesem Modell zeigt sich die Angst der Nagetiere dadurch, dass sie vermehrt Zeit in geschlossenen Armen verbringen. Der Test besteht aus einer erhöhten plusförmigen (+) Apparatur, die zwei offene und zwei geschlossene Arme besitzt (siehe Abbildung 10). Das Modell beruht auf der Abneigung des Versuchstieres gegenüber freien Flächen und dem natürlichen Explorationsverhalten. Das Verhalten der Nagetiere basiert auf dem Modell der Thigmotaxis, der Vorliebe für das Verbleiben in geschlossenen Räumen oder in der Nähe der Wände eines begrenzten Raumes. Die Angstreduktion wird im EPM durch eine Erhöhung des Anteils der in den
Material und 23 offenen Armen verbrachten Zeit (Zeit in offenen Armen / Gesamtzeit in offenen oder geschlossenen Armen) und eine Erhöhung des Anteils der Eintritte in die offenen Arme (Eintritte in offene Arme / Gesamteintritte in offene oder geschlossene Arme) gemessen. Abbildung 10 Apparatur für den Elevated Plus Maze Test (Laboratory Enterprises 2015) Traumatisierte männliche Tiere (n=24) und nicht-traumatisierte Kontrolltiere (n=24) im Alter von 15 Wochen wurden mittig auf das EPM gesetzt, und das Verhalten anschließend bei fünf-minütigen EPM-Sitzungen aufgezeichnet. Die Auswertung erfolgte über die Software Viewer 3.0.1 (Biobserve GmbH). Das Verhalten der Tiere wurde anhand der folgenden Parameter bewertet: (1) Latenzzeit (2) Zeit in den offenen Armen (3) Zeit in den geschlossenen Armen, (4) Anzahl der Eintritt in die offenen Arme (5) Anzahl der Eintritte in die geschlossenen Arme
Material und 24 5.5 Rotarod Rotarod ist ein Test, um die motorische Koordination und Ausdauer einer Maus zu quantifizieren. Das Testgerät ist ein in 12 cm Höhe rotierender Zylinder, der eine einstellbare Drehgeschwindigkeit von 4 – 40 Umdrehungen pro Minute besitzt (siehe Abbildung 11). Im Test werden die Dauer und maximale Ge- schwindigkeit zum Zeitpunkt des Her- abfallens der Maus vom Zylinder regis- triert und als Maß ihrer motorischen Fä- higkeiten gewertet. Sofern diese herun- Abbildung 11 Rotarod Apparatur (Linton Instrumentation terfallen, werden sie wieder auf die 2011) Rolle gesetzt. Die Tiere werden vor der Testphase zunächst an drei Tagen auf die Bewe- gungen trainiert. Mit diesem Experiment soll getestet werden, ob die Deletion von DPP4 Einfluss auf die Motorik der Versuchstiere hat. Training Tag 1: 10 min, 12 Drehungen pro Minute (UPM), Tag 2 und 3, 2 min, 12 UPM. In der Testphase am darauffolgenden Tag wurde die Geschwindigkeit innerhalt von 300s kontinuierlich von 4 auf 40 UPM gesteigert. Dieser Test wurde zwei Mal mit einer Pause von 1 h durchgeführt. 5.6 Open Field Test Der Open Field Test (OFT) ist ein Testmodell für ängstliches und emotionales Verhalten bei Versuchstieren. Ähnlich zum EPM, wird die allgemeine Ängstlichkeit bei Versuchs- tieren gemessen. Das Open Field besteht aus einem Quadrat aus grauem Kunststoff 1mx1m, das in vier 50x50 cm große quadratische Arenen unterteilt ist. Die Apparatur ist so gebaut, dass sie nicht von den Tieren verlassen werden kann. Unter konstant klar de- finierten Bedingungen bietet der OFT eine hohe Validität. Die Versuchstiere wurden min- destens drei Stunden im Voraus in den Testraum transportiert um das Stresslevel der Mäuse während der Testphase so gering wie möglich zu halten. Während des Versuchs
Material und 25 wird jeweils ein Tier pro Box über fünf Minuten mittels einer Kamera detektiert und an- schließend auf verschiedene Parameter wie Aktivität (%), Spurlänge (cm), Wandabstand (cm), Geschwindigkeit (cm/s) ausgewertet. Die Auswertung erfolgte über die Software Viewer 3.0.1 (Biobserve GmbH). Anhand des Verhaltens einer Maus gegenüber der un- bekannten Umgebung, werden dabei die Aktivität, die Emotionalität und das Angstver- halten gemessen. Nach dem Test wurden die Tiere zurück in ihre Käfige gebracht und das Testfeld sorgfältig gereinigt. 5.7 PhenoMaster Der PhenoMaster (TSE Systems, Bad Homburg, Deutschland) ist ein System zur auto- matisierten Messung verschiedener metabolischer, verhaltensbezogener und physiologi- scher Parameter in einer stressfreien Umgebung mit hoher zeitlicher und räumlicher Auf- lösung. Durch eine personen-unabhängige Überwachung der Versuchstiere können einige Stressfaktoren vermieden werden. Es werden jeweils 8 Tiere parallel für 72h in individu- ellen Käfigen gemessen und analysiert. Das PhenoMaster-System erfasst kontinuierlich die Aktivität der Tiere mittels den Käfig umgebenden Lichtschrankenrahmens, das Trink- und Essverhalten über entsprechenden Sensoren sowie über indirekte Kalorimetrie mit einen O2/CO2 Sensor pro Käfig den O2- Verbrauch und die CO2-Produktion pro Tier. 5.8 Akustik Startle Response Bei Startle Response werden Lärmimpulse in unterschiedlichen Lautstärken den Ver- suchstieren vorgespielt und die darauffolgende Schreckreaktion ermittelt. Die Startle Response Reaktionen wurden mit dem TSE Startle Response System (TSE Systems, Bad Homburg, Deutschland) gemessen. Das Versuchstier wird hierfür in einer bewegungseinschränkenden Gitterbox (80x40x45 mm) einer schalldämmenden Ver- suchskammer gesetzt, die auf einem Piezobeschleunigungssensor befestigt ist. Der Be- schleunigungssensor registriert Käfigbewegungen innerhalb weniger Millisekunden, die zum Beispiel durch eine Schreckreaktion ausgelöst wurden. Die Hintergrundgeräusche wurden von einem Lautsprecher verursacht, welcher sich hinter der Kammer befindet.
Material und 26 Nach der Eingewöhungszeit mit 68 dB, erfolgten 10 Schrecklaute mit einer Intensität von 120 dB für 20 ms, die in einem zufälligen Intervall auftraten. Für die Beurteilung der Startle Response erhielten die Tiere zufällige Impulse von unter- schiedlicher Lautstärke in unterschiedlicher Reihenfolge. Zwischen allen Versuchen erfolgte ein Geräusch, in zufälligen Zeitabschnitten von 6 – 12 Sekunden mit 68 dB. 5.9 SHIRPA-Test Der SHIRPA (SmithKline Beecham, Harwell, Imperial College, Royal London Hospital, Phenotype assessment) Test dient zur Charakterisierung eines Phänotyps (Rogers et al. 1997). Diese Standard Methode liefert Informationen über das Verhalten und Funktions- eigenschaften der getesteten Tiere. Es erfolgte die Analyse von folgenden Kriterien: Kör- perhaltung, Gangart, Wachsamkeit, motorische Kontrolle sowie Koordination, Antwort auf Berührung, Schreckreaktion und Muskeltonus. 5.10 Statistische Analyse In den Abbildungen und Tabellen wurden alle Daten als Mittelwert ± Standardfehler (SEM =Standard Error of the Mean) eingetragen. Signifikante Effekte, die sich ergaben, wurden mittels Stern gekennzeichnet (*=p
Material und 27 GraphPad Prism 7.05 und SPSS Software Version 25. Die Daten wurden manuell auf Ausreißer untersucht. Hierbei wurde nach der Standardformel ermittelt. Standard of mean: ± 2,5 × ℎ Werte, die im Rahmen von technischen Abweichungen auf einen Fehler zurückgeführt werden können, wurden ebenfalls manuell entfernt.
Ergebnisse 28 6 Ergebnisse 6.1 Phänotypisierung der DPP4ko-Linie 6.1.1 Metabolische Analyse DPP4-defizienter Mäuse mittels Phenomaster 6.1.1.1 Respiratorisches Austauschverhältnis (RER) Zur Auswertung der Versuche wurde das Volumen CO2- und O2- über das Phenomaster System (siehe 2.7) gemessen und hier als RER (Abb. 12) dargestellt. In Abb. 12 ist das Volumen CO2 gegenüber dem O2-Volumen über einen Zeitraum von 48h dargestellt. Der Zeitraum wurde in eine aktive und inaktive Phase unterteilt. Es wurden jeweils eine Wild- typ-Gruppe (Wt) (n=11), DPP4-Heterozygot-Gruppe (Het) (n=14) und eine DPP4-Ko- Gruppe (Ko) (n=13) gegenübergestellt. In Abbildung 12 erkennt man über den gesamten Zeitraum, dass die Wt-Gruppe einen deutlich geringeren RER aufweist als die anderen Gruppen. Der p-Wert wurde mittels des Turkey’s multiple comparisons Tests ermittelt. Zwischen der Het und Ko besteht ein signifikanter Unterschied (p=
Ergebnisse 29 Abbildung 12 Darstellung des Respiratorisches Austauschverhältnis (RER), über einen Zeitraum von 48 Stunden. Zu sehen ist das Volumen CO2 gegenüber dem O2-Volumen über einen Zeitraum von 48 Stunden. Dieser beinhaltet die aktive und inaktive Phase der Versuchstiere. Abgebildet sind jeweils WT, Het, Ko 6.1.1.2 Nahrungs- und Wasseraufnahme DPP4-defizi- enter Mäuse Die Nahrung- und Wasseraufnahme wurde ebenso mit Hilfe des Phenomaster-Systems (siehe 5.7) über einen Zeitraum von 48 Stunden gemessen. Gegenübergestellt sind der Wildtyp (n=11), Het (n=13) und Ko (n=13). Aufgrund von technischen Fehlern wurden zwei Werte nicht in die Wertung mit einbezogen. Bei der Nahrungsaufnahme (Abb. 13A) sind über den gesamten Zeitraum deutliche Unterschiede zu erkennen (p=0,0227*). Der Wert wurde mittels ANOVA Kruskal-Wallis Test ermittelt. Die Ko Gruppe nimmt im Mittel am meisten Nahrung zu sich (Mittelwert=6,358), der Mittelwert der Wt-Gruppe beträgt 5,226. Im Turkey’s multiple comparisons Test zwischen den einzelnen Gruppen ist Wt gegenüber Ko (p=
Ergebnisse 30 einzelnen Gruppen ist nicht signifikant. Wt gegenüber Het (p=0,67), Wt gegenüber Ko (p=0,414) und Het gegenüber Ko (p=0,893). Abbildung 13 Box-Plot Darstellung der Nahrung- und Wasseraufnahme. Dargestellt sind in A und B jeweils Wt, Het und Ko Versuchsgruppen. In A wird die Nahrungsaufnahme in Gramm dargestellt. Die Wasseraufnahme (B) ist in ml aufgetragen. Die signifikanten Unterschiede sind mit einem Stern markiert. Stern * = Signifikanz p
Ergebnisse 31 6.1.1.3 Energieaufwand DPP4-defizienter Tiere Auch der Energieaufwand derselben Versuchsgruppe wie in 6.1.1.2 wurde mithilfe des Phenomaster-Systems ermittelt. In Abb. 14 ist der Energieaufwand in Kalo- rien/Stunde/Kilogramm in einem Verlauf von 48 Stunden aufgetragen. Der Zeitraum lässt sich analog in eine aktive und inaktive Phase einteilen. Im Verlauf der Grafik lassen sich zeitweise deutliche Unterschiede vor allem zwischen Wt (n=11) und Ko-Gruppe (n=13) ausmachen (p=
Ergebnisse 32 6.1.2 Rotarod – Testung der Motorik bei DPP4 defizienten Mäusen Abbildung 15 Latency to Fall bei den Versuchstieren mittels Rotarod. In A ist sind zwei Runden dargestellt (Run 1 und 2) mit drei verschiedenen Versuchsgruppen (Wt, Het, Ko). In A ist die Zeit in Sekunden gezeigt wie lange sich die Mäuse auf der Trainingseinheit halten, bevor sie herunterfallen. In diesem Versuch wurden die Versuchstiere auf ihre Motorik getestet (Abb. 15). In A (Abb.15) wurde die Zeit gegenüber den zwei Runs aufgetragen, bevor sie von der Trai- ningseinheit herunterfallen. Es ist kein Unterschied zwischen den einzelnen Gruppen, we- der in Run 1 (Wt (n=8), Het (n=11) und Ko (n=7)), noch in Run 2 (n=8/13/9) zu erkennen (p=0,8873). Der p-Wert wurde mittels two-way Anova ermittelt. Bei dem Vergleich zwi- schen den Gruppen untereinander, mittels Sidak multiple comparison Test ergaben sich ebenfalls keine signifikanten Unterschiede (Daten nicht gezeigt). Im Rahmen dieser Tests wurden die Versuchstiere zusätzlich auf Motorik und Sensorik mithilfe des standardisierten SHIRPA-Tests (Ref) geprüft. Dieser zeigte keinerlei Auffäl- ligkeiten innerhalb der Gruppen (Daten nicht gezeigt).
Ergebnisse 33 6.1.3 Untersuchung eines Möglichen Einflusses von DPP4 auf allgemeine Ängstlichkeit bei Mäusen mittels Open Field Test Im Open Field Test wurde das Angstverhalten der Mäuse und ihre Aktivität in einer un- bekannten Umgebung getestet (siehe 5.6). In Abb. 16-A ist die mittlere zurückgelegte Gesamtstreckenlänge (cm) der verschiedenen Versuchsgruppen zu sehen. Wt (n=11), Het (n=13) und Ko (n=15). Es ist kein statistischer Unterschied zwischen den Gruppen zu sehen (p=0,0876). Jedoch lässt sich ein biologischer Effekt erkennen, dabei hat die Ko Gruppe die größte Strecke zurückgelegt. Der P-Wert wurde mittels ANOVA Post-Hoc- Test ermittelt. Die anderen Daten werden wegen nicht signifikanter Unterschiede nicht gezeigt. Teilbild B der Abb. 16 zeigt die verbrachte Zeit der Mäuse im Zentrum, auch hier sind keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen (n=11/13/15) zu erkennen (p=0,3756). Bei der Latenzzeit (C, Abb.17) wurde überprüft, nach welchem Zeitraum die Mäuse nach Einsetzen in die Kammer aus ihrer Starre sich lösen, hierbei zeigte sich kein Unterschied (p= 0,4314), die Gruppen liegen im Mittel nah beieinander (Mittelwert 64,14/68,12/58,31). Besuche des Zentrums (D, Abb.17) sind ebenfalls keine deutlichen Unterschiede zu erkennen (p=0,2653), sie zeigen alle eine ähnliche Anzahl an Eintritten (Mittelwert 26,82/30,23/25,07).
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