Digital Pulse Check Schweiz - Swiss Finance Institute
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Vorwort Zum zweiten Mal nach 2019 erfasst das Swiss Finance Institute (SFI) zusammen mit der Strategie und Managementberatung zeb den Digitalisierungsstatus der Schweizer Banken im Rahmen einer breit angelegten Studie und stellt die gewonnenen Erkenntnisse dem digitalen Reifegrad von anderen europäischen Banken gegenüber. An der Übungsanlage hat sich auf den ersten Blick wenig verändert: Nach wie vor stehen innovative, kleine agile Fintech-Unternehmen sowie grosse, branchenübergreifend tätige Technologiekonzerne in Lauerstellung und sind willens, Bankdienstleistungen für alle Kundengenerationen mit zukunfts- weisenden digitalen Lösungen zu erbringen. Seit der ersten Ausgabe des Schweizer Digital Pulse Check haben hierzulande weitere Neobanken, wie z.B, yapeal und neon, Fuss gefasst und sind mit fokussierten Leistungsangeboten operativ. Stärker als 2019 zeigt sich jedoch, dass die meisten etablierten Bankinstitute die Zeichen der Zeit erkannt haben. Sie digitalisieren ihre bestehenden Services Schritt für Schritt oder denken diese vom Kunden herkommend neu. Die COVID-19-Lage hat diesen Wandel nochmals akzentuiert. Digitalisierung und Virtualisierung stellt für die Banken eine grosse Chance dar, mit den Herausforderungen der Pandemie umzugehen und Kundenbedürf- nisse auf neue Art und Weise zu erfüllen. Dennoch ist ein Flaschenhals auszumachen: Die Umsetzung der Digitalisierung, also der Weg von der strategischen Blaupause über die Projekt- und Linienarbeit hin zu marktreifen Angeboten und Prozessen, geht bei vielen Instituten (noch zu) langsam voran. Selbst bei den Top-25 Prozent der am stärksten digitalisierten Banken kommen Wachstums- und Effizienzgewinne (noch) nicht in der Erfolgsrechnung an. Es zeigt sich zudem, dass die bereits in der Erstausgabe dieser Studie identi- fizierten Hürden nach wie vor bestehen: Namentlich die digitale Leadership-Kultur sowie die Flexibili- sierung von Bankstrukturen mittels crossfunktionaler Teams und agilen Organisationsformen sind noch wenig ausgeprägt. Richtig ist aber auch, dass die Finanzindustrie als Ganzes in den vergangenen zwei Jahren eine signifikante Entwicklung erfahren hat und die digitale Transformation insgesamt Fahrt aufnimmt – eine Entwicklung, die nicht nur notwendig, sondern auch unabdingbar für die prosperierende Zukunft der gesamten Branche ist. Zusätzlich zur Analyse des digitalen Reifegrads werden im vorliegenden Studienheft zwei Fokus- themen vertieft. Die Fachbeiträge zu „Die Tokenisierung von Vermögenswerten“ und „Innovative Analytik zur Verhinderung von Finanzkriminalität“ stehen exemplarisch für die Vielzahl von Digital- isierungsthemen im Betriebs- und Steuerungsbereich von Banken. Sie zeigen, dass sich die digitale Transformation nicht auf die Kundenschnittstelle beschränken kann und sollte. Wir wünschen Ihnen eine erkenntnisreiche Lektüre. Prof. Dr. Rüdiger Fahlenbrach, SFI Professor, EPFL Prof. Dr. Damir Filipović, SFI Professor, EPFL Dr. Markus Bürgi, Member of the Management Board at SFI Dr. André Ehlerding, Senior Partner at zeb Norman J. Karrer, Partner at zeb Wieland Weinrich, Senior Manager at zeb 3
Inhaltsverzeichnis 6 Wie wir den digitalen Reifegrad von Banken messen 8 Das «Big Picture»: Die digitale Reife der Banken nimmt stetig zu, die Umsetzung geht aber noch langsam voran 8 Positive Entwicklung Schweizer Institute 2021 vs. 2019 9 Digitales Reifeprofil der Schweizer Finanzinstitute und ihrer europäischen Peers verläuft fast im Gleichklang 10 Grosse Banken und Kantonalbanken führen das Digitalisierungsfeld in der Schweiz an 11 Übersicht digitaler Reifegrad nach Bankentypen 12 10 Kernerkenntnisse 14 Dimension „Digitalisierungsstrategie“ 16 Dimension „Geschäftsmodell“ 19 Dimension „Prozesse, Daten und IT“ 21 Dimension „Management und Organisation“ 23 Fazit 25 Fokusthema 1: Die Tokenisierung von Vermögenswerten 33 Fokusthema 2: Innovative Analytik zur Verhinderung von Finanzkriminalität 5
: Digital Pulse Check – Schweiz Wie wir den digitalen Reifegrad von Banken messen Methodik und Teilnehmer Zur Ermittlung des digitalen Reifegrads von Bankinstituten Der DPI reflektiert somit als verdichtete Grösse den digitalen hat zeb das Modell des «Digital Performance Indicator» Reifegrad des jeweiligen Instituts und ermöglicht den (DPI) entwickelt und in Zusammenarbeit mit dem Swiss Quervergleich. Finance Institute für die vorliegende Schweizer Studie verfeinert. Anhand dieses Indikators lassen sich der Status Insgesamt wurden 159 Führungskräfte europäischer respektive die Entwicklung der digitalen Transformation Banken befragt, wobei 31 Prozent aus der Schweiz und innerhalb der Finanzindustrie bestimmen und vergleichen. Liechtenstein stammen. 36 Prozent der Befragten sind für eine Kantonalbank tätig. 26% gehören sonstigen Der DPI erfasst, inwieweit Banken ihre digitale Transforma- Regionalbanken an. Grosse Banken sind mit 16 Prozent tion entlang von vier Dimensionen vorangetrieben haben der Befragten vertreten, Privatbanken mit 18 Prozent. (vgl. Abbildung 1): • Strategie • Geschäftsmodell • Prozesse, Daten und IT • Management und Organisation Das Studienteam hat pro Analyse-Dimension spezifische Kriterien und Erfolgsfaktoren definiert, die den Fortschritt der digitalen Transformation messbar machen. Die Banken wurden mittels einer Online-Befragung gebeten, für jedes Kriterium ihren aktuellen Entwicklungsstand anzugeben, wobei die einzelnen Reifegradstufen durch das Studien- team mit konkreten Ausgestaltungsbeispielen operationali- siert wurden. Dadurch werden die bankseitigen Einschätzun- gen objektiviert. Die Antworten wurden in einem Scoring- Modell gewichtet und zum Gesamt-DPI aggregiert. Die Interpretation der fünf Reifegrad-Stufen ist in Abbildung 2 dargestellt. Liechtenstein: In der gesamten Studie sind liechtensteinische Institute in der Gruppe Schweizer Banken inkludiert. Dies erfolgt, um aufgrund der geringeren Anzahl liechtensteinischer Banken keine Rückschlüsse auf die Daten einzelner Teilnehmer zu ermöglichen. Europäische Banken: Wenn in der Studie von europäischen Banken gesprochen wird, sind darunter die Studienteilnehmer ausserhalb der Schweiz und Liechtenstein zu verstehen. 6
Abbildung 1 Vier Dimensionen Abbildung der digitalen 1: Vier Transformation Dimensionen der digitalen Transformation Digitalisierungsstrategie Geschäftsmodell A B Trenderkennung & -bewertung Neue Ertragsmodelle Digitale KPIs & Steuerung Kanalmanagement & Kundenzugang Digitale Strategie & Transformation Angebotsmanagement Digitale Bank Prozesse Unternehmenskultur, Personalgewinnung C D Datenmanagement & Data Analytics und Personalentwicklung IT Führung Agile Organisation Prozesse, Daten & IT Management & Organisation Abbildung 2 1 Abbildung 2: Digitaler Digital Performance Reifegrad Indicator (DPI) (Digital zur Bestimmung Performance des digitalen Reifegrads Indicator – DPI) Frage Gewichtung Dimensionen Digital Performance Indicator (DPI) Digital Leader wA Digitalstrategie 5 Bank ist über Marktstandards hinaus digital transformiert Digital Player 4 Digitale Transformation ist weitgehend wB Geschäftsmodell abgeschlossen Digital Transformer 3 Digitale Transformation ist in vollem Gange wC Prozesse, Daten & IT Digital Explorer 2 Bank hat erste Schritte zur Transformation angestossen Management & wD Organisation Digital Resister 1 Keine digitale Transformation erkennbar Abbildung 3 2 Teilnehmerstruktur nach Ländern in % Abbildung 3: Teilnehmerstruktur Abbildung 4: Teilnehmerstruktur Schweiz Abbildung 4 nach Ländern nach Bankentypen Teilnehmerstruktur Schweiz nach Bankentypen in % Sonstige 3% Direktbank Sonstige Österreich 2% 2% 9% Großbank 16% Russland 15% Kantonalbank Deutschland 36% 42% Privatbank 18% Schweiz, Liechtenstein Sonstige Regionalbank 31% 26% 3 Online-Tool mit den Studienergebnissen Zu den oben stehenden Ergebnisübersichten können Sie in unserem Online-Studien-Tool weitere Detailanalysen durchführen. 7
: Digital Pulse Check – Schweiz Das «Big Picture»: Die digitale Reife der Banken nimmt stetig zu, die Umsetzung geht aber noch langsam voran Positive Entwicklung Schweizer Der Digital Pulse Check 2021 zeigt nun auf, dass sich der durchschnittliche digitale Reifegrad der Schweizer Banken Institute 2021 vs. 2019 in drei von vier Dimensionen erhöht hat. Besonders bemerkenswert ist, dass die 2019 noch relativ gering Bei unserer letzten Erhebung des digitalen Reifegrades im entwickelte Kategorie «Management und Organisation» Jahr 2019 waren im wesentlichen drei Dinge auffällig: den grössten Weiterentwicklungssprung machen konnte. Hier ist der DPI um 0,7 Punkte auf einen Wert von 3,1 Die Schweizer Banken waren auf der reinen Strategie- gestiegen. Wie 2019 wird im Bereich der Digitalisierungs- Ebene sehr gut aufgestellt und konnten hier auch im strategie der höchste DPI erzielt (3,7). Die unter «Geschäfts- Europavergleich eine hohe Reife aufweisen (DPI 3,2). modell» zusammengefassten Gestaltungselemente des Angebots- und Kanalmanagements folgen mit einem DPI In den Umsetzungsdimensionen – also «Geschäfts- von 3,2 auf Platz 2, was einem Anstieg von 0,6 Punkten modell», «Prozesse, Daten und IT» und «Management seit 2019 entspricht. und Organisation» – war der digitale Reifegrad der Schweizer Banken hingegen deutlich geringer. Diese Hingegen ist in der Dimension «Prozesse, Daten und IT» Diskrepanz zur Strategie-Dimension zeigte sich analog gemäss unserer DPI-Messung eine Stagnation zu verzeich- auch bei den Banken im Ausland. nen. Der DPI beläuft sich unverändert auf 2,7 Punkte. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Banken nicht an diesen Die niedrigste Reife war in der Dimension «Management Gestaltungselementen arbeiten würden – nur sind die und Organisation» zu verzeichnen (DPI 2,4). Weiterentwicklungen teilweise (noch) nicht ausreichend spürbar im Einsatz. Zudem wird in unserem DPI-Modell eine Prozessautomatisierung und -digitalisierung in End-to-End- DPI Schweiz DPC 2019 DPC 2021 Veränderung Sicht vergleichsweise hoch gewichtet. Wie wir aus der Praxis wissen, entscheiden sich aktuell noch viele der etablierten Banken gegen umfassende End-to-End-Prozessoptimierun- Digitalisierungs- 3,2 3,7 + 0,5 gen, um Komplexität, Investitionsbedarf und Realisierungs- strategie dauer zu reduzieren. Stattdessen fokussieren die Optimierun- Geschäftsmodell 2,6 3,2 + 0,6 gen auf Teilprozesse und Geschäftsvorfälle mit hoher Bedeutung für Kundenqualität, Ressourcenbindung oder Prozesse, Daten 2,7 2,7 +/- 0 Risikosituation. Neobanken können hier durch einen und IT «Grüne-Wiese»-Ansatz von Beginn an ein anderes, digitalisiertes Vorgehen wählen. Management 2,4 3,1 +0,7 und Organisation 8
Digitales Reifeprofil der Schweizer weist das Wertschriftengeschäft auf, wo sich sowohl Schweizer wie auch europäische Banken auf einem Finanzinstitute und ihrer europäischen hohen Angebotsniveau befinden. Peers verläuft fast im Gleichklang Prozessdauer bis zur Produktverfügbarkeit aus Sicht Der europäische Vergleich zeigt, dass der Reifegrad-Status eines Neukunden: Bei 70 Prozent der europäischen bei Schweizer und ausländischen Instituten in einem hohen Banken können private Kunden innerhalb eines Tages Gleichklang verläuft. Neben dem bereits diskutierten über ihr neueröffnetes Bankkonto verfügen. 63 Prozent Vorsprung der Schweizer Banken in der systematischen der Institute erreichen diese Zeitdauer auch bei der Trenderkennung und -bewertung fallen drei weitere Neueröffnung eines Depots. Schweizer Bankkunden Abweichungen ins Auge: müssen im Marktdurchschnitt länger auf die Bereitstel- lung warten: nur 34% der Banken eröffnen Konten Kundenzugang: Bei der Gestaltung und Weiterentwick- binnen eines Tages, bei Depots beträgt der Anteil 37%. lung der Kundenschnittstelle setzen Schweizer Banken etwas häufiger als ihre europäischen Peers moderne Zusammengefasst darf konstatiert werden, dass es im Konzepte wie Customer Journeys und das Denken in Durchschnitt auf Management-Ebene weder an digitalen Personas ein. Bei ausländischen Banken sind noch Strategien noch an der Einsicht mangelt, dass eine ent- stärker klassische Methoden der Kundensegmentierung sprechende Transformation breit angelegt sein muss und vorhanden (z.B. nach Alter, Einkommen, Wohnorten). zahlreiche Facetten, wie Organisation, Prozesse und Bank-IT ineinandergreifen müssen, um erfolgreich zu sein. Angebotsmanagement: Bei Banken ausserhalb der Gleichzeitig binden viele Banken ihre Mitarbeitenden noch Schweiz sind die Onlineabschlussfähigkeit einfacher nicht konsequent genug in die digitale Transformation ein, Bankprodukte (z.B. Konto, Sparen) und das Self-Service- die eben nicht nur technisch, sondern auch kulturell eine Angebot im Durchschnitt stärker ausgeprägt als bei tiefgreifende Veränderung darstellt. Schweizer Finanzinstituten. Die höchste Onlinefähigkeit Abbildung 5 Abbildung DPI-Vergleich 5: DPI-Vergleich Schweiz Schweiz vs. europäisches Ausland / Europa Digitalisierungs- Management und Geschäftsmodell Prozesse, Daten und IT strategie Organisation 5 4 3 2 Führung und Agilität 1 Digitale KPIs und Trenderkennung und -bewertung DPI Score Kundenzugang optimierungen Data Analytics Neue Ertrags- Prozessdauer management management End-to-End Angebots- Steuerung Prozesse Prozess- modelle Kanal- IT Schweiz Europäische Wettbewerber 5 9
: Digital Pulse Check – Schweiz Grosse Banken und Kantonalbanken Ein ähnliches Bild zeigt sich in der Dimension «Prozesse, Daten und IT». Auch hier führen die grossen Banken zusammen mit führen das Digitalisierungsfeld in der den Kantonalbanken das Feld an. Deutlich ausgewogener Schweiz an ist der digitale Reifegrad über alle vier Bank-Kategorien im Bereich der Geschäftsmodelle. Schweizer Banken haben in Die Strategiearbeit der Schweizer Finanzinstitute (DPI 3,7) ihrer Gesamtheit die Notwendigkeit zur Digitalisierung im ist im europäischen Vergleich (DPI 3,4) weiter vorange- Angebots- und Kanalmanagement erkannt und richten sich schritten. Die hiesigen Institute zeichnen sich vor allem entsprechend aus. Das bestätigen die gegenüber der durch eine systematische Trenderkennung und -bewertung Vergleichsperiode noch einmal leicht höheren Werte. aus. Dies lässt darauf schliessen, dass die Bedeutung der Das grösste, brachliegende Potenzial wird noch immer auf Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle auf Stufe Manage- der Organisationsebene verortet. Agile Arbeitsmethoden ment weiter zugenommen hat. Im Schweizer Vergleich als Instrument zur kundenzentrierten und effizienten glänzen speziell grosse Banken und Kantonalbanken mit Implementierung von Innovationen kommen bis dato, wenn hohen bis sehr hohen Werten im Bereich der Digitalisie- überhaupt, bestenfalls in der Welt grosser Finanzinstitute rungsstrategie. Auffällig ist jedoch, dass bis zu 20 Prozent zum Einsatz. Gleiches gilt häufig für die Verpflichtung der befragten Regional- und Privatbanken noch keine oder digitaler Vordenker in den eigenen Reihen. nur wenig entwickelte Digitalisierungsstrategien aufweisen (DPI
Abbildung 9 DPI «Management & Organisation» nach Bankentypen Abbildung 6 Übersicht digitaler Reifegrad nach Bankentypen DPI «Digitalisierungsstrategie» nach Bankentypen Abbildung 6: DPI «Digitalisierungsstrategie» nach Bankentypen 0% 20% 40% 60% 80% Europe (exCH) 0% 20% 40% 60% 80% 100% Switzerland Europa (exCH) 3.4 Large banks Schweiz 3.7 Cantonal banks Grossbanken 4.0 Private banks Kantonalbanken 3.8 Regional banks Privatbanken Abbildung 3.4 9 DPI «Management & Organisation» nach Bankentypen Regionalbanken 3.5 Abbildung 7 0 – 1.4 1.5 – 2.4 2.5 – 3.4 3.5 – 4.4 4.5 – 5 DPI «Geschäftsmodell» nach Bankentypen Abbildung 7: DPI «Geschäftsmodell» nach Bankentypen 0% 20% 40% 60% 80% 0% 20% 40% 60% 80% 100% 120% Europe (exCH) 6 Switzerland Europa (exCH) 3.2 Large banks Schweiz 3.2 Cantonal banks Grossbanken 3.6 Private banks Kantonalbanken 3.3 Privatbanken Abbildung 3.0 9 Regional banks DPI «Management & Organisation» nach Bankentypen Regionalbanken 3.0 Abbildung 8 0 – 1.4 1.5 – 2.4 2.5 – 3.4 3.5 – 4.4 4.5 – 5 DPI «Prozesse, Daten & IT» nach Bankentypen Abbildung 8: DPI «Prozesse und Daten und IT» nach Bankentypen 0% 20% 40% 60% 80% Europe (exCH) 7 0% 20% 40% 60% 80% 100% Switzerland Europa (exCH) 2.8 Large banks Schweiz 2.7 Cantonal banks Grossbanken 3.1 Private banks Kantonalbanken 2.7 Regional banks Privatbanken Abbildung 2.4 9 DPI «Management & Organisation» nach Bankentypen Regionalbanken 2.5 Abbildung 9 0 – 1.4 1.5 – 2.4 2.5 – 3.4 3.5 – 4.4 4.5 – 5 DPI «Management & Organisation» nach Bankentypen Abbildung 9: DPI «Management und Organisation» nach Bankentypen 0% 20% 40% 60% 80% Europe (exCH) 0% 20% 40% 60% 80% 100% 8 Switzerland Europa (exCH) 3.0 Large banks Schweiz 3.1 Cantonal banks Grossbanken 4.0 Private banks Kantonalbanken 3.1 Regional banks Privatbanken 2.6 Regionalbanken 2.7 0 – 1.4 1.5 – 2.4 2.5 – 3.4 3.5 – 4.4 4.5 – 5 0 – 1.4 1.5 – 2.4 2.5 – 3.4 3.5 – 4.4 4.5 - 5 Online-Tool mit den Studienergebnissen Eine detaillierte Darstellung der Befragungsergebnisse können Sie in unserem 9 Online-Studien- Toolabrufen. Hier sind nicht nur Auswertungen bis auf Ebene einzelner Kriterien zu finden, es stehen auchvielfältige Filtermöglichkeiten für individuelle Analysen zur Verfügung. 11
: Digital Pulse Check – Schweiz Unsere 10 Kernerkenntnisse EINS Banken setzen auf eine ambitionierte digitale Transformation, bremsen sich aber teilweise selbst aus, denn es mangelt an Umsetzungs- geschwindigkeit und Fokussierung. ZWEI Selbst bei den Top-25-Prozent der am stärksten digitalisierten Banken sind Wachstums- und Effizienzgewinne nicht in der GuV ablesbar. DREI COVID-19 hat den Grad der Onlineverfügbarkeit von Finanzprodukten hochschnellen lassen, was den Digitalisierungsdruck der Banken weiter steigen lässt. VIER Zwei Drittel der Banken wollen ihr Geschäftsmodell bis 2023 über digitale Ökosysteme erweitern, bleiben aber zunächst bei reinen Finanzprodukten; denn um Beyond-Banking-Potenziale heben zu können, mangelt es noch an klaren Business-Cases und den nötigen Skills. FÜNF Privatkunden profitieren bereits von der Möglichkeit, viele Standard- produkte online abschliessen zu können – nur wer eine Immobilie finanzieren will, muss dies meist noch analog tun. 12
SECHS Das Firmenkundengeschäft liegt beim Thema Digitalisierung noch weit hinter dem Privatkundenbereich, denn noch mangelt es an einem digitalen Produktangebot; zudem liegt im Bereich Prozess- automatisierung noch ungenutztes Potenzial. SIEBEN Banken könnten viel stärker von Data Analytics profitieren, wenn sie nicht nur Kundendaten auswerteten, sondern den Fokus auch auf die Optimierung betrieblicher Prozesse legten. ACHT Die digitale Transformation stellt hohe Anforderungen an die IT der Banken, die ihre ambitionierten Strategien und Services oft nicht so schnell umsetzen können, wie es erforderlich wäre. NEUN Banken beziehen ihre Führungskräfte und Mitarbeitenden noch nicht ausreichend in den digitalen Transformationsprozess ein und vernachlässigen damit einen zentralen Erfolgsfaktor. ZEHN Banken, die agile Arbeitsmethoden erfolgreich eingeführt haben, sind in den Prozessen besser aufgestellt. 13
: Digital Pulse Check – Schweiz Dimension „Digitalisierungsstrategie“ Kernerkenntnis 1 – Banken setzen auf grössere Hürde stellt hingegen die Umsetzungsgeschwin- digkeit dar, wobei europäische Banken mit 52 Prozent eine ambitionierte digitale Transforma- gegenüber ihren Schweizer Pendants mit 34 Prozent hier tion, bremsen sich aber teilweise selbst deutlich mehr Mühe bekunden. aus, denn es mangelt an Umsetzungs- geschwindigkeit und Fokussierung. Kernerkenntnis 2 – Selbst bei den Top-25 Prozent der am stärksten digita- 81 Prozent der Banken (Schweiz: 92 Prozent) beschäftigen sich systematisch mit Kundenverhalten, Innovationen und lisierten Banken sind Wachstums- und neuen Technologien – auffällig ist dabei, dass nur rund ein Effizienzgewinne nicht in den Netto- Drittel (Schweiz: 54 Prozent) den Erfahrungsaustausch über die Finanzindustrie hinaus sucht. Auch bei den ertragszahlen abgebildet. Banken, die ihren Handlungsbedarf für die nächsten drei bis fünf Jahre mit konkreten Zielen, Massnahmen und Digitalisierung wirkt aus unserer Sicht in fünf Themenfel- Verantwortlichkeiten hinterlegt haben, wirkt die mangelnde dern: Kundenbindung, Produkte und Vertrieb, Empower- Fokussierung und Priorisierung wie ein Hemmschuh – ment der Organisation, Optimierung Betrieb, Prozesse und das geben zumindest 38 Prozent der befragten Schweizer IT, Management von Finance, Compliance und Risk. Banken zu Protokoll. Im europäischen Quervergleich sehen das lediglich 26 Prozent der befragten Finanzinstitute so. Die Digitalisierung kann auf jedem dieser Gebiete einen Mit anderen Worten: Wer einfach nur lange Listen mit essenziellen Beitrag liefern, sichert sie doch die Ertrags- Digitalprojekten aufsetzt und lostritt, verstolpert sich am basis, unterstützt Ertragswachstum sowohl im Kern- als Ende. auch im Neukundengeschäft und generiert Wachstum in neuen Geschäftsfeldern. Das Erfolgsrezept dahinter sind Eine überraschende Erkenntnis ist übrigens in diesem schlanke, digitale Prozesse, die mittelfristig die Betriebskos- bbildung 10 Zusammenhang auch der Umstand, dass die Digitalisie- ten positiv beeinflussen. An diesem Punkt sind aber sowohl rung offenbar nicht an fehlenden Budgetmitteln scheitert, die europäischen Finanzinstitute als auch die Schweizer össte Herausforderungen im Zuge der digitalen Transformation denn die Transformationskosten werden nur von 17 Prozent Banken noch nicht, denn selbst die Vorreiter in dieser Studie (Schweiz: 18 Prozent) als Problem erachtet. Eine weit können hier noch keine messbaren Effekte erkennen. Abbildung 10: Grösste Herausforderungen im Zuge der digitalen Transformation 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Fokussierung & Priorisierung Umsetzungsgeschwindigkeit Kosten / Ökonomische Sinnhaftigkeit Technikverliebtheit Andere Europa (exCH) Schweiz 14
Zahlreiche Banken haben überdies noch keine dezidierte Kernerkenntnis 3 – COVID-19 hat den Performance- oder Renditemessung etabliert, wie sie in Grad der Onlineverfügbarkeit von anderen Bereichen systematisch erfolgt. Nur 24 Prozent der europäischen Banken – in der Schweiz sogar nur 10 Prozent Finanzprodukten hochschnellen las- – haben explizite Ziele für digitale Vertriebskanäle definiert. sen, was den Digitalisierungsdruck auf Immerhin 41 Prozent (Schweiz) bzw. 39 Prozent (Europa) berücksichtigen die digitalen Kanäle im Zielfindungspro- die Banken weiter steigen lässt. zess, ohne sie aber selbstständig zu steuern oder deren Performance zu messen. Hier besteht ganz klar Handlungs- Wie in vielen anderen Branchen, war COVID-19 auch für bedarf. die Finanzindustrie ein echter Weckruf in Punkto Digitali- sierung. Die Banken haben registriert, dass Kunden nicht Wesentliche Stellhebel für eine nachhaltige Monetarisie- gleich abspringen, wenn die Filiale nicht mehr wie zuvor rung sowie eine kundenzentrierte Weiterentwicklung erreichbar ist. Der Shift zum Onlinebanking hat auch neue digitaler Vertriebsaktivitäten ist die Messung einzelner Kundengruppen erfasst. 79 Prozent der europäischen Kanalaktivitäten für ein bestmögliches Kundenerlebnis. Banken und 68 Prozent der Schweizer Finanzinstitute Dabei schliessen die Metriken eines Zielsystems für den sehen in diesem Push einen bleibenden Effekt. Wir gehen digitalen Vertrieb idealerweise zwei Aspekte ein: Zum davon aus, dass die Entscheider in den Finanzinstituten einen beinhalten sie quantitative Ziele (Ertrag, Kosten, hieraus weitere Handlungsimpulse ableiten. Sie werden Ergebnis, Volumen) – abgeleitet aus der Vertriebsstrategie die mit der Corona-Krise einhergehenden Chancen im und den übergreifenden Vertriebszielen, zum anderen Digital Banking weiterhin konsequent nutzen. In der decken sie klare KPIs für das Kundenerlebnis ab. Pandemie hat sich klar gezeigt, dass Bankkunden digitale Services annehmen und Filialleistungen in geringerem Die systematische Erhebung von Feedback für ausgesuchte Ausmass als zuvor beanspruchen. Kundenerlebnisse (z.B. Konto/Karte, Kredit oder Immobi- lienfinanzierung) sowie eine fortlaufende Messung dieser Kundenerlebnisse in hoher Taktung und auf Basis klarer KPIs sind erforderlich. Die Entwicklung eines gemeinsamen Verständnisses wesentlicher Kundenzufriedenheitstreiber sowohl im Angebot wie auch im operativen Geschäft der Kanäle bilden hierfür die Basis. Eine Kanalkooperations- logik ist zudem erforderlich, um Konflikte zwischen den Kanälen zu vermeiden. 15
: Digital Pulse Check – Schweiz Dimension „Geschäftsmodell“ Ökosysteme erweitern wollen. Die meisten Akteure planen, Kernerkenntnis 4 – Zwei Drittel der schon in den kommenden drei Jahren progressiv neue Banken wollen ihr Geschäftsmodell digitale Leistungen anzubieten, wobei 63 Prozent der europäischen bzw. 53 Prozent der Schweizer Banken auf bis 2023 über digitale Ökosysteme eine Multikanal-Finanzplattform setzen. Dabei handelt es erweitern, bleiben aber zunächst bei sich also primär noch um banknahe Zusatzleistungen. Wenn Schweizer Banken eine Erschliessung von Ertrags- reinen Finanzprodukten. Denn um quellen im Non-Banking-Bereich anzielen, dann setzen sie Beyond Banking-Potenziale zu stem- überwiegend (77 Prozent) auf die Integration zusätzlicher Dienstleistungen. Während zumindest 20 Prozent der men, mangelt es noch an klaren Busi- europäischen Banken über den Aufbau von Ökosystem- ness Cases und den nötigen Skills. leistungen im Bereich Pflege und Gesundheit nachdenken, ist dies nur für weniger als 5 Prozent der Schweizer Banken denkbar. Auch hinsichtlich einer Integration von Bildungs- Fast alle Banken wollen in Zukunft auch Produkte und leistungen in das eigene Non-/Nearbanking-Angebot sind Services jenseits ihrer eigentlichen Kernkompetenz Schweizer Banken etwas weniger engagiert als die Banken anbieten. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass im Ausland (siehe Abbildung 12). zwei Drittel aller Banken ihr Geschäftsmodell über Abbildung 11 Für 2023 geplante neue digitale Geschäftsmodelle Abbildung 11: Für 2023 geplante neue digitale Geschäftsmodelle 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Fokus auf spezielle Kundengruppen / Nischen Integrierte Multikanalwelt in digitalem Ökosystem Open-Plattform-Anbieter E2E Lösungen auf Basis exzellenter Infrastruktur Andere Europa (exCH) Schweiz 16
Auch wenn entsprechende Pläne für die Finanzinstitute europäischen Mitstreitern wesentlich ambitionierter mehrheitlich Neuland sind, sehen sich vielen Banken unterwegs zu sein, erachten doch 59 Prozent den Kunden- aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen genötigt, fokus als essenziell (Europa: 38 Prozent). Insgesamt neuen Ertragsquellen zu erschliessen. Aufgrund der noch herrscht bei den Banken in Bezug auf die Bedeutung von sehr vagen Vorstellungen, wie genau solche Geschäfts- Ökosystemen noch eine gewisse Unsicherheit: 47 Prozent modelle ausgestaltet werden könnten, bleibt allerdings der Banken (Schweiz: 40 Prozent) sehen die Gefahr von abzuwarten, ob die Finanzinstitute auf diesem Gebiet das unrealistischen Potenzialerwartungen. vermutete Potenzial tatsächlich auch zu realisieren vermögen. Die Bankenbranche ist jedoch nicht die einzige Industrie, welche die Ambition hat, zu spezifischen Kundenbedürfnissen Digitale Ökosysteme bergen zahlreiche Stolpersteine über die eigenen Kernaktivitäten hinausreichende Ökosys- teme bzw. Plattformen aufzubauen. In der Schweiz haben Die grösste Herausforderung bei der Erschliessung neuer z.B. viele Versicherer mit frühzeitigen Aktivitäten zum Geschäftsfelder sehen die Banken in unklaren Business Aufbau von Leistungsangeboten rund um Immobilien und Cases, wenig Erfahrung und fehlenden Skills. Letztlich Wohnen auf sich aufmerksam gemacht. Insofern gilt es für sollte der Einstieg ins Plattformgeschäft auch nicht um die Banken, sich nicht nur mit der Entwicklung eigener der Digitalisierung willen geschehen, sondern nur in Ökosysteme in der Rolle als Dirigent auseinanderzusetzen, Verbindung mit einem klaren Business Case erfolgen, aus sondern auch eine Mitwirkung und Beteiligung als z.B. dem sich ein USP/ Alleinstellungsmerkmal ableiten lässt. Produktgeber in Ökosystemen von Dritten zu prüfen. Hier scheinen die Schweizer Banken gegenüber ihren dung 12 uellen im Near- und Non-Banking zur Erweiterung des Geschäftsmodells Figure 12: A bbildung 12: Adressierte Ertragsquellen im Near- und Non-Banking zur Erweiterung des Geschäftsmodells 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% Dienstleistung Andere Veranstaltungen Bildung Gesundsheitswesen / Pflege Europa (exCH) Schweiz 17
: Digital Pulse Check – Schweiz Kernerkenntnis 5 – Privatkunden Kernerkenntnis 6 – Das Firmenkunden- profitieren bereits von der Möglichkeit, geschäft liegt beim Thema Digitalisie- viele Standardprodukte online ab- rung noch weit hinter dem Privatkun- schliessen zu können – wer hingegen denbereich, denn noch mangelt es an eine Immobilie finanzieren will, muss einem digitalen Produktangebot. dies meist noch analog tun. Zudem liegt im Bereich der Prozess- automatisierung noch ungenutztes Beim Fussball würde man von einer guten ersten Halbzeit Potenzial. sprechen. Immerhin haben es die Banken geschafft, mehr als drei Viertel ihrer Produkte online abschlussfähig auszugestalten. Im Vergleich zur letzten Studie aus dem Zunächst dreht sich alles darum, dem Kunden den Zugang Jahr 2019 zeigt sich eine Steigerung in den meisten zu Bankprodukten so leicht und komfortabel wie möglich zu Segmenten. Aktuell bieten 32 Prozent der Schweizer machen sowie einen maximalen Automatisierungsgrad Banken (Europa: 57 Prozent) den Online-Abschluss von anzustreben. Ein unkompliziertes digitales Onboarding sowie Konten an. Bei Sparkonten sind es 26 Prozent (Schweiz) direktabschlussfähige Basisprodukte und Dienstleistungen vs. 37 Prozent (Europa). Konto- und Depoteröffnung sind wären die Pflicht. Firmenkunden haben hier eindeutig das bei gut der Hälfte der europäischen Banken innerhalb eines Nachsehen. So ist ein Geschäftskonto immerhin bei 18 Tages möglich. Die Schweiz liegt hier mit 33 Prozent noch Prozent der europäischen Banken vollständig online abschluss- klar zurück. fähig – im Gegensatz dazu bieten Schweizer Banken ihren Firmenkunden keine digitalen Lösungen an. Hier sollten Aber was wäre eine Halbzeitpause ohne Kritik vom Trainer die ansonsten innovativen Eidgenossen nachlegen. in der Kabine? Die unterdurchschnittliche Onlineabschluss- fähigkeit von Hypothekarfinanzierungen zeigt, dass Banken Die Möglichkeit, mehrere Konten gleichzeitig zu führen nach wie vor Potenziale ungenutzt lassen. Die Etablierung (Multi-Account-Fähigkeit) oder Zahlungen rund um die Uhr digitaler Lösungen für komplexere Kundenbedürfnisse in Echtzeit gutschreiben zu können, wird zunehmend als Kern- erscheint vielen europäischen und insbesondere auch anforderung von den Firmenkunden formuliert. Onlineplatt- Schweizer Banken im Moment noch als zu anspruchsvoll – formen in Verbindung mit einem Kontaktcenter gewinnen und zwar sowohl in Hinblick auf die Umsetzungsherausfor- besonders bei kleinen und mittleren Firmenkunden deutlich derungen wie auf die Notwendigkeit aus Kundensicht. an Wichtigkeit. Gerade der Erstabschluss von Hypotheken wird mit einem hohen Beratungsbedürfnis verbunden, für das im Moment Viele Banken scheinen im Firmenkundengeschäft noch keinen noch kaum digitale Lösungen bereitgestellt werden. hohen Innovationsdruck in Bezug auf die Kundenschnittstelle und das Leistungsangebot zu verspüren. Digitale Zusatzleis- tungen, welche die weiterhin wichtige Beratungskompetenz des Kundenberaters aufwerten, sind aktuell noch Mangelware. Viele Finanzinstitute stecken hier demnach noch in der ersten Phase der digitalen Transformation und haben erst begonnen, ihre bankinternen Prozesse zu digitalisieren. In diese Ange- botslücke dringen neue Wettbewerber wie Amazon, Google, spezialisierte Fintechs, aber auch etablierte Anbieter von Buchhaltungs-Software mit neuen digitalen Lösungen vor. 18
Dimension „Prozesse, Daten und IT“ Kernerkenntnis 7 – Banken könnten Dass Datengenerierung und -nutzung für Unternehmen wichtig sind, ist heute eine Binsenweisheit. Banken setzen viel stärker von Data Analytics profi- die intelligente Auswertung von Daten heute vornehmlich tieren, wenn sie nicht nur Kunden- für vertriebliche Zwecke ein. Nur 12 Prozent (Schweiz) bzw. 18 Prozent (Europa) der Banken sehen überhaupt Anwen- daten auswerteten, sondern den Fokus dungsfälle aus Data Analytics zur Optimierung im rück- auch auf die Optimierung betrieblicher wärtigen Betriebsbereich. Aus zeb-Erfahrung liegen jedoch in den Operations und in der Finanz- und Risikosteuerung Prozesse legten. einer Bank ca. 60 bis 80 Prozent der Potenziale mit direkter Ergebniswirkung. Gerade hier liessen sich also nochmals Bleiben wir bei der Trainerkritik in der Halbzeitpause: spürbare Effizienzpotenziale heben. Dass 93 Prozent der Auch für die bankinternen Abläufe droht eine gelbe Karte. europäischen Finanzinstitute keine übergreifenden, Nur jeweils etwa ein Drittel der befragten Banken setzen systematischen Kosten-Nutzen-Analysen einsetzen – moderne Methoden wie frühes Scannen und Schrifterken- die Schweizer sind hier mit 76 Prozent deutlich besser nung mittels OCR und KI ein, wobei die Schweiz mit einem positioniert – kann die fehlende Berücksichtigung von Nutzungsanteil von 30 Prozent noch etwas hinter den Data Analytics-Anwendungsfällen ausserhalb des europäischen Banken (35 Prozent) liegt. Prozessautoma- Vertriebsbereichs sicherlich in Teilen erklären. tion mithilfe von Robotics (RPA) wird von 34 Prozent der Schweizer Banken eingesetzt – im europäischen Sample Zum anderen beklagt mehr als ein Drittel der Banken das sind es 42 Prozent. Allerdings ist in den nächsten zwei fehlende Know-how: 35 Prozent der Schweizer Banken Jahren eine Verdoppelung der Nutzung dieser Methoden bzw. 43 Prozent der europäischen Finanzinstitute verfügen geplant. nicht über die technische Infrastruktur, um Data Analytics einzusetzen. Und 53 Prozent (Schweiz) bzw. 64 Prozent (Europa) sehen in den geltenden Datenschutzbestimmungen die grösste Hürde. dung 13 e Einsatzbereiche für Data Analytics (2 Antwortmöglichkeiten pro Befragten) Abbildung 13: Geplante Einsatzbereiche für Data Analytics 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% 80% 90% 100% Vertrieb Steuerung Compliance / Fraud Detection Produktion Europa (exCH) Schweiz 19
: Digital Pulse Check – Schweiz Kernerkenntnis 8 – Die digitale Trans- der Schweiz sind zufrieden mit der Leistung der eigenen IT. Bei etwa einem Drittel bewegen sich die Release-Zyklen formation stellt hohe Anforderungen zwischen vier und sechs Monaten. Die Beschleunigung an die IT der Banken, die ihre ambitio- dieser Release-Zyklen erfordert dabei oftmals eine kostspielige Modernisierung der bestehenden IT-Legacy, nierten Strategien und Services oft die Adaption der Entwicklungsmethoden sowie eine nicht so schnell umsetzen können, komplexe organisatorische Transformation. Ohne diese Investitionen wird das Ziel von täglich mehrfachen wie es erforderlich wäre. Releases nur schwer zu erreichen sein. Zusätzlich müssen Banken lernen, ihre Anforderungen aus verschiedenen Digitalisierung ist – natürlich – zum grössten Teil IT-getrie- Bereichen auf Gesamtbankebene sinnvoll zu priorisieren. ben. Das bekommen viele Banken gerade zu spüren, denn sie erkennen, dass hier oft ein Engpass besteht. Knapp die Hälfte der befragten Banken sowohl in Europa als auch in bildung 14 usforderungen beim Einsatz von Data Analytics (Mehrfachnennung) Abbildung 14: Herausforderungen beim Einsatz von Data Analytics (Mehrfachnennung) 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70% Datenschutzaspekte (DSGVO etc.) Fehlendes Know-How Fehlende technische Infrastruktur Reputationsrisiko Andere Europa (exCH) Schweiz 20
Dimension „Management und Organisation“ Kernerkenntnis 9 – Banken beziehen Digitalisierung braucht ein anderes Denken und eine andere Verantwortlichkeit jenseits traditioneller Struktu- ihre Führungskräfte und Mitarbeiten- ren. Anstatt sich aus Angst vor Fehlentscheidungen an den noch nicht ausreichend in den alten Strukturen festzuhalten, stehen vielmehr der Innovationsgeist und der Mut, sich auf Neues einzulassen, digitalen Transformationsprozess ein im Vordergrund. Fähigkeiten wie Offenheit, Innovations- und vernachlässigen damit einen geist und Flexibilität sind dabei wichtige Eigenschaften. Digital Leader treiben Konzepte voran, die auf Innovation zentralen Erfolgsfaktor. ausgerichtet sind. Veränderungen können schneller aufgegriffen und behandelt werden. Digital Leadership In einem anpassungsfähigen Unternehmen sollen Menschen setzt mehr auf das Arbeiten im Netzwerk als auf strenge freiwillig neue Rollen und Funktionen einnehmen, Eigeninitia- Hierarchien. Wichtig dafür sind die Wertschätzung der tive zeigen und verantwortlich handeln. Das funktioniert nur, Mitarbeitenden und der Freiraum, den Digital Leaders wenn sie Vorbilder haben, die danach handeln, ihnen Vertrauen ermöglichen. So fördern sie das Querdenken und die entgegengebracht wird und eine positive Feedbackkultur zur persönliche Weiterentwicklung jeder einzelnen Person. Veränderung ermuntert. Eine positive Fehlerkultur und das Vertrauen in das Team begünstigen Innovationen und neue Denkansätze. Der Die Wirklichkeit scheint davon noch entfernt zu sein. Umgang mit dem Team und auch die Rolle des Digital Nur 15 Prozent der Schweizer bzw. 20 Prozent der europäi- Leaders als Vorbild sind wichtige Aspekte, um Mitarbeiten- schen Banken sind überzeugt, dass sich ihre Führungs- den auch dann nicht zu verlieren, wenn alte Jobs durch die kräfte als Digital Leader etablieren können. Bei 10 Prozent digitale Transformation ersetzt werden. Motivierte (Schweiz) bzw. 13 Prozent (Europa) treiben alle Führungs- Beschäftigte sehen eine solche Veränderung nicht als kräfte gemeinsam die digitale Transformation voran und Verlust, sondern vielmehr als Chance, sich mit anderen übernehmen eine Vorbildfunktion. Dass bedeutet im Stärken einbringen zu können. Nötig wäre also ein neues Umkehrschluss, dass noch ein enormes Entwicklungs- Personalentwicklungskonzept, das konsequent auf digitale bildung 15 potenzial besteht, was digitale Vorbilder betrifft. (Leadership ) Kompetenzen abzielt. 39 Prozent der Schweizer bzw. 45 Prozent der europäischen Banken haben tionierung von Führungskräften als Digital Leader ihre Stellenprofile zumindest um digitale Kompetenzen erweitert. Abbildung 15: Positionierung von Führungskräften als Digital Leader 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Alle Führungskräfte Die meisten Führungskräfte Etwa die Hälfte aller Führungskräfte Vereinzelte Führungskräfte Keine der Führungskräfte Europa (exCH) Schweiz 21
: Digital Pulse Check – Schweiz Kernerkenntnis 10 – Banken, die agile Blickt man auf agile Arbeitsmethoden, so sind diese grundsätzlich in den Banken angekommen. Sie werden Arbeitsmethoden erfolgreich einge- hauptsächlich im Bereich Change (Schweiz: 87 Prozent führt haben, sind in der Prozessdigita- bzw. Europa: 74 Prozent) sowie Innovation und der Kundenschnittstelle (Schweiz: 84 Prozent bzw. Europa: 71 lisierung und -automatisierung besser Prozent) eingesetzt. Darüber hinaus wird cross-funktionale aufgestellt. Zusammenarbeit bei überdurchschnittlich hohen 73 Prozent der Schweizer bzw. bei lediglich 45 Prozent der Dynamische Marktentwicklungen und kürzere Go-to-Mar- europäischen Banken gelebt. Unsere Studie zeigt zudem, ket-Zyklen erfordern eine erhöhte Anpassungsfähigkeit der dass Banken, die agile Arbeitsmethoden einsetzen in der Organisation. Traditionelle Silostrukturen mit einer Prozessautomatisierung und -digitalisierung deutlich überwiegend hierarchischen Ausrichtung sind in diesen besser aufgestellt sind. Zeiten keine Option mehr. Zentraler Erfolgsfaktor: Einrichtung cross-funktionaler Teams mit klarer Gover- nance und Ausweitung interdisziplinärer Netzwerke, die durch eine gemeinsame Vision (Purpose) verbunden sind. An diesen Stellen lassen sich agile Arbeitsmethoden erfolgreich umsetzen. Abbildung 16 Förderung von Digital-Kompetenzen und Veränderungsgeschwindigkeit Abbildung 16: Förderung von Digital-Kompetenzen und Veränderungsgeschwindigkeit 0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% Personalentwicklungskonzept & -massnahmen unternehmensweit auf Digitalkompetenzen ausgerichtet Vollständige Überarbeitung des Personalentwicklungskonzepts inkl. innovativer Konzepte Komplett auf digitale und agile Kompetenzen ausgerichtetes Personalentwicklungskonzept Punktuell erste inhaltliche Anpassungen vorgenommen Nicht nennenswert an veränderte Anforderungen angepasst Europa (exCH) Schweiz 22
Fazit Schweizer Banken halten ihren Vor- Digitale Vordenker bleiben eine sprung im Strategie-Bereich – kunden- gesuchte Spezies – glaubwürdige und und ergebniswirksame Umsetzung erfahrene Digitalisierungsexperten hält (Strategie-)Tempo allerdings noch weiter in Banken zu etablieren. nicht ein. Bei den Bankmitarbeitenden hat das Schreckgespenst der Schweizer Banken sind in der digitalen Strategieentwick- Digitalisierung sein Angstpotenzial verloren oder zumin- lung im europäischen Vergleich die Spitzenreiter. In den dest in seiner Intensität eingebüsst - dies zeigt eine letzten zwei Jahren haben sie ihre digitale Reife ausgebaut jährliche Umfrage des SFI. Umso wichtiger ist die Rolle von – gleiches gilt allerdings auch für die Bankenakteure in digitalen Galionsfiguren, die das gewaltige Potenzial der Europa, die im gleichen Ausmass mitzuziehen vermochten. Digitalisierung aufzeigen und vorleben – und damit auch Es darf festgehalten werden, dass die Digitalisierung des die Transition befeuern und beschleunigen. Diese Vorbilder Bankensektors, zumindest auf den Blaupausen der müssen nicht zwingend auf eine eigene Bankkarriere Branche, weit fortgeschritten ist. So weit, und das ist die zurückblicken. Viele Beispiele auch in der Schweiz zeigen, weniger erfreuliche Erkenntnis, dass die Umsetzung mit dass Quereinsteiger aus anderen Branchen sehr willkom- den Digital-Strategien noch nicht Schritt zu halten vermag. mene Impulse zum Neudenken bisheriger Lösungen und Gleichzeitig gilt es festzuhalten, dass die etablierten zum Aufbrechen bestehender Strukturen leisten können. Finanzinstitute viel Boden gut gemacht haben gegenüber Sie sind eine wichtige Unterstützung für die digitale den Neobanken. Das Bild der vermeintlich trägen Bran- Zukunft einer Branche, die sich in der Vergangenheit chenriesen, die den jungen Wilden in Digitalisierungsfra- möglicherweise unkonventionellen Ideen gegenüber eher gen wenig entgegenzusetzen haben, hat sich definitiv skeptisch gezeigt hat. Die Herausforderung besteht darin, revidiert. Dennoch ist ein Flaschenhals auszumachen: Die Digitalisierungsexperten innerhalb der eigenen Organisa- Umsetzung der angedachten Digitalisierungsschritte von tion dort anzusiedeln, wo sie den grössten Impact der strategischen Blaupause in konkrete digitale Projekte generieren können: in cross-funktionalen Führungspositio- und Prozesse entspricht derzeit noch nicht dem theoretischen nen, wo sie sicherstellen, dass Digitalisierungsprojekte eng Ambitionslevel der Banken. Das vielzitierte Bild des Tankers, koordiniert und damit effizient ausgerollt werden. der auf seiner Wegstrecke eine heftige Kurskorrektur ein- leitet, und hierfür entsprechend Zeit braucht, scheint sich zu bestätigen. Im Gegensatz zu den kleinen, agilen Neo- banken, die – wieder sinnbildlich gesprochen – ihre IT auf der grünen Wiese aufsetzen, müssen sich klassische Finanzinstitute beispielsweise notgedrungen mit über Jahrzehnte gewachsenen IT-Strukturen auseinandersetzen. Dies kostet Zeit und/oder Geld. Daraus abzuleiten, dass Grösse für einmal ein Nachteil ist, wäre aber falsch, denn die Digitalisierung der Finanzindustrie ist ein fortlaufender Prozess. Grosse Tanker sind vielleicht nicht so wendig wie die Fintech-Schnellboote. Sie liegen dafür bei hohem Wellengang deutlich ruhiger und stabiler im Wasser, zumal die Geschäftsmodelle der Banken die Digitalisierung in ihrer technologischen Komplexität erst in den kommenden Jahren abbilden. 23
: Digital Pulse Check – Schweiz Vermehrt agile Arbeitsformen erkennbar Digitalisierung ist nicht die Summe verschiedener IT- Projekte. Die Entwicklung tragfähiger und mehrwertstiften- – Netzwerkorganisationen digitalisie- der digitaler Prozesse und Angebote kann nur durch die ren besser. Interaktion unterschiedlichster Teams aus allen relevanten Bereichen einer Bank erfolgen. Der damit einhergehende Agilität ist ein zentraler Erfolgsfaktor (nicht nur) für Banken, Paradigmenwechsel, z.B. aufgrund des Wegfalls von wenn es darum geht, den Herausforderungen eines zu- Funktionen und Rängen, ist ein enormer Kraftakt. Auch nehmend volatilen Umfelds sowie den wachsenden deswegen sind innovative Arbeitsmethoden noch nicht Anforderungen der Digitalisierung zu begegnen. Der Weg stärker zum Standard geworden, obwohl sie Besserung an zur agilen Organisation stellt die meisten Unternehmen Problemstellen versprechen, die seit vielen Jahren auch die allerdings vor grösste Herausforderungen in Form eines Führungsetagen von Finanzinstituten beschäftigen: Lange tiefgreifenden Wandels. Agilität ist mehrdimensional. Aus Entscheidungsprozesse einhergehend mit entsprechender diesem Grund müssen auf dem Weg zu einer agilen Organisa- Entscheidungsdauer, starre Strukturen und eine von Angst tion mehrere Facetten berücksichtigt werden – von Innova- geprägte Fehlerkultur eingebettet in hierarchisches Denken tions- und Liefermethoden über die Organisations- und führen im Ergebnis zu schwacher Kundenorientierung und Steuerungsinstrumente bis hin zur Arbeitsumgebung. schlechter Time-to-Market. Agilität setzt diesen Schmerz- Und im Zentrum stehen immer die Sinnstiftung und die punkten einen neuen Umfang entgegen. Mit klarem Kunden- Leitprinzipien der Organisation. Immer mehr Schweizer fokus verspricht Agilität Besserung durch verändertes Banken haben den Vorteil von Agilität erkannt – von der Denken und Handeln bei den Mitarbeitenden. Im Ergebnis Einführung agiler Projektmethoden bis hin zur Etablierung führt dieses Verhalten zu besseren Produkten und im von Netzwerkorganisationen. Sie liegen in diesem Bereich vorliegenden Kontext auch zu einer Digitalisierung, die gegenüber ihren europäischen Peers auch ein gutes Stück schnellere und nachhaltigerer Ergebnisse liefert. Sie macht vorne. Dennoch sind immer noch Berührungsängste und überdies Unternehmen für digitale Talente, die weniger auf die Sorge, vermeintlich bewährte Strukturen einzureissen, Hierarchien und mehr auf Eigenverantwortung setzen, als erkennbar. Hier muss ein Umdenken einsetzen, denn Arbeitgeber attraktiv. 24
Die Tokenisierung von Vermögenswerten SFI Professor Rüdiger Fahlenbrach (EPFL), Matthias Lehneis (zeb) 1 Einführung klassifizieren die Aufsichtsbehörden Anlagetoken im Allgemeinen als Wertpapiere und unterwerfen sie der Bei der Tokenisierung von Vermögenswerten handelt es Wertpapierregulierung. Einige Token-spezifische Regelun- sich um die digitale Darstellung realer Vermögenswerte gen sind bereits in Kraft getreten und andere werden auf einem verteilten Kontenbuch (Distributed Ledger) oder diskutiert, um einen angepassten Rechtsrahmen zu um die Ausgabe traditioneller Anlageklassen in tokenisierter schaffen und Rechtssicherheit zu gewährleisten – wie z.B. Form. die Gesetzgebung zu Krypto-Verwahrstellen (Deutschland 2020) sowie zu elektronischen Wertpapieren (das deutsche Anlage-Token sollten zunächst von Utility-Token und "eWpG" für Darlehen-Token wird für 2021 erwartet, das Zahlungs-Token unterschieden werden. Utility-Token schweizerische "Distributed Ledger Technologie (DLT)- stellen ein Recht zur Nutzung einer vorher definierten Gesetz" für 2021, und das liechtensteinische "Blockchain Ware oder einer Dienstleistung dar.1 Zahlungs-Token sind Gesetz" für 2020). in erster Linie Zahlungsmittel, ähnlich den etablierten Fiat-Währungen. Der Markt für die Tokenisierung von Vermögenswerten entwickelt sich rasch, und neben Hunderten von Fintech- Wir werden uns hier auf Anlage-Token konzentrieren, da Startups entwickeln mehrere etablierte Börsen eigenstän- sie von vielen Marktteilnehmers als die digitalen Vermö- dig Infrastrukturlösungen für digitale Vermögenswerte genswerte mit dem grössten wirtschaftlichen Potenzial (z.B. SIX mit der Six Digital Exchange SDX und Börse betrachtet werden. Ein Anlage-Token repräsentiert einen Stuttgart mit ihrer digitalen Handels- und Verwahrungs- Anspruch auf Nutzen aus einem Vermögenswert, z.B. lösung) oder investieren Gelder in Startups, die dies tun zukünftige Cashflows wie Zinsen oder Dividenden oder (Euronext ist z.B. ein früher Investor in Tokeny Solutions). als Sicherheit. Zu den tokenfähigen Vermögenswerten gehören nicht nur Wertpapiere wie Unternehmensanteile Zweck dieses Artikels ist es, das Ökosystem der Asset- (ähnlich wie Aktien) und Darlehen (ähnlich wie Anleihen), Tokenisierung kurz und prägnant zu erklären und die Investmentfondanteile und Rohstoffe, sondern auch andere potenziellen Vorteile und wichtigsten Herausforderungen nicht-finanzielle Vermögenswerte wie z.B. Kunst oder bei der Asset-Tokenisierung hervorzuheben. Es folgen Immobilien. dann Beispiele eines fiktiven Security-Token-Offerings für ein Schweizer KMU sowie die fiktive Tokenisierung Da der Hauptzweck der Token in den meisten Fällen darin eines Kunstwerks von Ferdinand Hodler, um einige der besteht, einen Wert für die Investoren zu schaffen, konkreten Herausforderungen zu veranschaulichen. 1 I nitial Coin Offerings (ICO) waren zwischen 2016 und 2018 eine beliebte Methode zur Mittelbeschaffung für Blockchain-Startups. Ein Grossteil dieser ICOs waren Utility-Token. Der Markt ging nach Betrugsfällen und Bedenken hinsichtlich der Geschäftsmodelle deutlich zurück. 25
: Digital Pulse Check – Schweiz 2) Security Token-Ökosystem Emittenten und Investoren können direkt und ohne Zwischenhändler – die Software ist der Zwischenhändler Damit sich Anlage-Tokens wirklich etablieren können, ist ein – auf die Plattform und die darauf befindlichen Tokens vertrauenswürdiges, umfassendes und den regulatorischen zugreifen. Vorschriften entsprechendes Ökosystem erforderlich. Das Ökosystem besteht aus den in Abbildung 1 dargestellten Diese Charakteristika bieten mehrere Vorteile gegenüber Akteuren. der heutigen Finanzmarktinfrastruktur: Das Security-Token Ökosystem hat, sobald es vollständig Emittenten und Investoren können ohne menschliches entwickelt ist, die folgenden Hauptmerkmale: Zutun in Sekundenschnelle handeln und ihre Geschäfte abwickeln – deutlich effizienter und schneller als heute. Digitale Zertifikate (repräsentiert durch die Token) repräsentieren alle Vermögenswerte, Ansprüche und Tiefere Markteintrittshürden für Emittenten und Berechtigungen. Sie ersetzen z.B. gedruckte Wertpapier- Investoren – es wird erwartet, dass Emissionskosten zertifikate. niedriger sind und Märkte sowie spezifische Instrumente stärker standardisiert sind, was zu geringeren Kosten Smart contracts automatisieren alle notwendigen Schritte für die Informationsbeschaffung auf Seiten der Investoren vollständig – sie setzen die Regeln des Marktes sowie die führt. eines bestimmten Tokens um. Man kann sich einen smart contract als einen programmierten Prospekt vorstellen. Handelsplätze werden Liquiditätsnachfrage und -angebot effektiver zusammenführen (wenn die Inter- Kryptographische Algorithmen sichern die gesamte operabilität von DLT-Netzwerken hergestellt ist). Datenspeicherung und Kommunikation und verschlüsseln sie mit öffentlich-privaten Schlüsseln. Sie unterbinden Die Gesamtarchitektur des Ökosystems gewährleistet damit Manipulationen und gewährleisten einen sicheren Transparenz für Regulierungsbehörden. und überprüfbaren Ursprung von Transaktionen. Abbildung 1: Rollen im Ökosystem für die Asset-Tokenisierung Originatoren von Handelsplätze Vermögenswerten Investoren Liquidität Token-Preise, Liquidität Nachfrage nach Orchestrierung Angebot von Liquidität, von Nachfrage & Liquidität, Beratung & Bereitstellung von Angebot, Handel, Portfoliomanagement Vermögenswerten Token Token Clearing, Abwicklung Emissionsplattformen Krypto-Verwahrstelle Asset-Validierung, Pooling, Smart Wallets und Schlüsselverwaltung, Know- Contracts, Compliance, Rechtsberatung, your-customer (Herkunft der Gelder/des Marketing Vermögens) Ledger-Infrastruktur (z. B. Ethereum) Funktionale Distributed Ledger für Tokens und Liquidität, Interoperabilität mit anderen Netzwerken 26
Sie können auch lesen