Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings: Eine empirische Analyse von Zusammen-hängen zwischen Persönlichkeits- und ...
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Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 5 Personal Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings: Eine empirische Analyse von Zusammen- hängen zwischen Persönlichkeits- und Arbeitgeber- attraktivitätsfaktoren Junias Engelke SRH Fernhochschule, Hamburg Zusammenfassung Unternehmen stehen zunehmend im Wettbewerb um die qualifiziertesten Mitarbeiter. Dabei scheinen eine attraktive und erfolgreich kommunizierte Employer Brand sowie die im Unternehmen vorhandenen Arbeitge- berattraktivitätsfaktoren essentiell zu sein, um Mitarbeiter gewinnen und halten zu können. Im Rahmen der Studie wird untersucht, inwieweit die Persönlichkeit eines Individuums mit der Wahrnehmung der Wichtigkeit einzelner Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren zusammenhängt. Über eine quantitative Umfrage mit 1 072 Pro- banden kann die Vermutung bestätigt werden, dass die Persönlichkeit eines Individuums signifikant mit der Wahrnehmung von Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren korreliert und dabei nicht von den demographischen Daten abhängig ist. Diese Erkenntnisse bieten einerseits neue Möglichkeiten, die Employer Brand zu kommu- nizieren und andererseits neue Möglichkeiten im Rahmen der Selbstselektion im Recruiting-Prozess. Schlüsselwörter: Employer Branding, Personalmarketing, Arbeitgeberattraktivität, Recruiting, Persönlichkeit, Big Five The role of personality as part of employer branding: an empirical analysis of correlation between personality and employer attractiveness factors Abstract Companies are increasingly competing for the most qualified employees. An attractive und successfully com- municated employer brand and the employer attractiveness factors in the company seem to be essential in order to attract and retain employees. The study examines the extent to which the personality of an individual is linked to the perception of the importance of employer attractiveness factors. A quantitative survey with 1,072 test persons confirms the assumption that the personality of an individual correlates significantly with the perception of employer attractiveness factors and is not dependent on the demographic data. These find- ings offer new opportunities to communicate the employer brand on the one hand and new opportunities in the context of self-selection in the recruiting process on the other hand. Keywords: employer branding, human resources marketing, employer attractiveness, recruiting, personality, Big Five 1 Einleitung wissensbasierten Gesellschaft der Erfolg eines Un- ternehmens zunehmend von hoch qualifizierten Im „War for Talents“ steht jedes Unternehmen im Mitarbeitern abhängt (Belsch, 2016). Ein entschei- Wettbewerb um die qualifiziertesten Mitarbeiter für dender Faktor für die langfristige Bindung und das das eigene Unternehmen. Qualifizierte Mitarbeiter Commitment von Mitarbeitern zum Unternehmen sind insbesondere deshalb notwendig, da in einer stellt der „Person-organization fit“ dar, der die Kom-
6 Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 J. Engelke Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings patibilität zwischen dem Individuum und dem Un- im Jahr 1961 haben Tupes und Christal die fünf Fak- ternehmen auf kultureller Weise abbildet (Kristof, toren Begeisterungsfähigkeit (Surgency), Verträg- 1996). lichkeit (Agreeableness), Verlässlichkeit (Dependa- Sowohl bei der Gewinnung als auch bei der bility), emotionale Stabilität (Emotional Stability) langfristigen Bindung von Mitarbeitern scheint die und Kultur (Culture) im Zusammenhang mit einer vom Personalmarketing kommunizierte „Employer Reanalyse der Daten von Cattell vorgeschlagen (Tu- Brand“ maßgeblich für die positive Wahrnehmung pes & Christal, 1961/1992). Das heute bekannte des Unternehmens bei den (potenziellen) Mitarbei- Fünf-Faktoren-Modell ist eine Eigenschaftstheorie tern zu sein (Ambler & Barrow, 1996). Die Grundlage und basiert auf dem lexikalischen Ansatz und der der Employer Brand sind Arbeitgeberattraktivitäts- Faktoranalyse. Die fünf Faktoren, die auch als Big faktoren, welche zudem die Antwort auf die Frage Five bekannt sind, werden als Neurotizismus (Neu- sind, wieso Mitarbeiter gerne in dem Unternehmen roticism), Extraversion (Extraversion), Offenheit für arbeiten bzw. arbeiten wollen (Wolf, 2017). In Zeiten Erfahrungen (Openess), Verträglichkeit (Agreeable- der Digitalisierung werden sowohl die Personalge- ness) sowie Gewissenhaftigkeit (Conscientiousness) winnung als auch die Kommunikation der Employer bezeichnet. Über zahlreiche Studien hinweg, wie Brand überwiegend über digitale Medien gesteuert beispielsweise von Saucier (1997), von Costa und (Haubrock & Öhlschlegel-Haubrock, 2009). Ein Pro- McCrae (1988), von Lanning (1994) oder von Clark blem dabei ist jedoch, dass im Gegensatz zu einem und Livesley (1994), konnten diese fünf Faktoren persönlichen Kontakt mit einem potenziellen Be- bestätigt werden. Jeder dieser Faktoren stellt ein werber diese in der digitalen Welt bisher nicht aus- Kontinuum dar und wird von jeweils sechs Facetten reichend individualisiert werden kann. Doch auch näher beschrieben (Maltby, Day & Macaskill, 2011; für potenzielle Bewerber gestaltet sich der Arbeits- Rauthmann, 2016). markt zunehmend komplexer. So sind Bewerber Das bekannteste Messinstrument zur Erfassung einer Vielzahl von möglichen Jobangeboten aus- der fünf Faktoren ist der NEO-PI-R, welcher auch als gesetzt, welche über Job-Suchmaschinen transpa- Standardinstrument gilt. NEO-PI-R steht für NEO- rent einsehbar sind (Statista, 2020). So kann es für Persönlichkeits-Inventar, revidierte Fassung, und ist einen Bewerber eine große Herausforderung sein, erstmals 1992 von Costa und McCrae veröffentlicht den passenden Job im passenden Unternehmen zu worden, eine deutsche Fassung ist durch Ostendorf finden. und Angleitner im Jahr 2003 erschienen (Herzberg Vor dem Hintergrund der geschilderten Heraus- & Roth, 2014). Der NEO-PI-R misst durch insgesamt forderungen im Zeitalter des digitalen Recruitings 240 Items die fünf Faktoren mit den jeweils sechs stellt sich die Frage, ob über neue Erkenntnisse Facetten (Neyer & Asendorpf, 2018). Komplexitätsreduktionen sowohl des Recruitings Eine weitere Möglichkeit der Messung der fünf als auch der Arbeitgeberauswahl herbeizuführen Faktoren stellt der NEO-FFI dar. NEO-FFI steht für sind. So wäre es denkbar, dass sich eine mögliche Neo-Fünf-Faktoren-Inventar und ist ebenfalls von Passung zwischen den angebotenen Arbeitgeber- Costa und McCrae veröffentlicht worden, eine deut- attraktivitätsfaktoren eines Unternehmens und sche Fassung wurde wiederum von Ostendorf und der Persönlichkeit eins Individuums errechnen Angleitner veröffentlicht. Im Gegensatz zum NEO- lässt. Diese Frage basiert auf der Annahme, dass in PI-R misst der NEO-FFI nur die fünf Faktoren und Abhängigkeit der Persönlichkeit interindividuelle nicht die einzelnen Facetten der Faktoren. Dies re- Unterschiede hinsichtlich der Bedeutsamkeit von sultiert in einer deutlich geringeren Item-Anzahl, Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren existieren. Dem- welche sich beim NEO-FFI auf insgesamt 60 Items nach lautet die Leitfrage dieses Artikels: „Inwieweit beschränkt (Neyer & Asendorpf, 2018). hängen die Wahrnehmung von Arbeitgeberattraktivi- Eine weitere Möglichkeit zur Messung der fünf tätsfaktoren und die Persönlichkeit eines Individuums Faktoren im deutschsprachigen Raum ist der Big- zusammen?“ Five-Persönlichkeitstest (B5T) von Dr. Satow. Der B5T ist erstmalig im Jahr 2010 veröffentlicht worden, die aktuelle Fassung stammt aus dem Jahr 2012. Der 2 Theoretische Grundlagen B5T erfasst neben den fünf Faktoren des Big-Five- Modells auch die drei Grundmotive „Bedürfnis nach Um die oben genannte Leitfrage beantworten zu Anerkennung und Leistung“, „Bedürfnis nach Ein- können, werden im Folgenden die theoretischen fluss und Macht“ sowie „Bedürfnis nach Sicherheit Konstrukte „Employer Branding“ und „Persönlich- und Ruhe“. Zudem enthält der Test eine Skala zur keitspsychologie“ erörtert sowie aufgezeigt, welche Kontrolle von Testverfälschungen. Der B5T besteht Instrumente zur Messung dieser Konstrukte im Rah- aus insgesamt 72 Items (Satow, 2012). men des Artikels herangezogen wurden. Zur Messung der Persönlichkeit im Rah- men dieses Artikels wird der B5T-Test von Dr. Satow verwendet, da dieser Test für nichtkom- 2.1 Persönlichkeitspsychologie merzielle Forschung kostenlos eingesetzt und die Reliabilität nachgewiesen als gut bis sehr gut einge- Das heute bedeutendste Modell der Persönlich- schätzt werden kann (Satow, 2012). keitspsychologie ist das Fünf-Faktoren-Modell nach Costa und McCrae (Herzberg & Roth, 2014). Bereits
J. Engelke Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 7 2.2 Personalmarketing und Employer Brandings kommuniziert werden können. Diese sind Branding somit die Grundlage für den Aufbau einer Arbeitge- bermarke und zudem die Antwort auf die Frage, wie- Da angenommen wird, dass Mitarbeiter die wert- so die Mitarbeiter gerne in dem Unternehmen arbei- vollste Ressource in einem Unternehmen darstel- ten bzw. arbeiten wollen (Trost, 2013). len, wächst gleichermaßen auch die Relevanz des Zu Attraktivitätsfaktoren von Arbeitgebern gibt Human Resource Managements bzw. Personalma- es viele Theorien und Studien, jedoch hat sich bis nagements (Gora, 2017). Die Ziele des Personal- heute kein einheitliches Konzept etabliert. Beispiel- managements spiegeln sich insbesondere in einer haft genannt seien an dieser Stelle die Studien von hohen Zufriedenheit der Mitarbeiter sowie der Wirt- Herzberg, Mausner und Snyderman (1959), Alderfer schaftlichkeit der eingesetzten Instrumente wider (1972), Jurgensen (1978), Simon, Wiltinger, Sebasti- (Holtbrügge, 2013). Ulrich, Schiemann und Sartain an und Tacke (1995), Lievens und Highhouse (2003), (2015) sind zudem der Ansicht, dass sich innerhalb Watzka (2003) oder Trost (2013). Darüber hinaus der nächsten zehn Jahre der Fokus des Human Re- führt beispielsweise das unabhängige Marktfor- source Managements weiterentwickeln wird. Dabei schungsunternehmen Trendence Institut GmbH müssen der Aufbau und die Pflege einer inspirie- (2019) jedes Jahr Trend-Reports zum Thema Emplo- renden, innovativen und kreativen Unternehmens- yer Branding durch. Aufgrund des Umstands, dass kultur im Mittelpunkt stehen, da sich die Arbeit und sich bis heute kein einheitliches Konzept und keine das Privatleben der Menschen weiter verzahnen Operationalisierung zum Thema „Arbeitgeberat- werden. traktivität“ oder „Employer Brand“ etabliert haben, Für die Kommunikation der Unternehmenskul- wird in Abschnitt 3 eine eigene operationale Analy- tur und damit auch der Arbeitgebermarke bzw. Em- se des Konstrukts „Arbeitgeberattraktivität“ vor- ployer Brand ist das Personalmarketing zuständig geschlagen. (Kotler & Armstrong, 2010). Da sich Unternehmen Dieser Vorschlag zur Operationalisierung basiert heute nicht mehr nur die Mitarbeiter aussuchen, auf der ERG-Theorie (Alderfer, 1972). Die ERG-Theo- sondern umgekehrt sich auch potentielle Mitarbei- rie basiert auf der Bedürfnispyramide von Maslow ter häufig ein Unternehmen aussuchen können, ge- und passt diese auf die Arbeitswelt an. Alderfer winnt somit das Employer Branding eine besondere fasst in seiner Theorie die fünf Bedürfniskategori- Bedeutung in den Prozessen der Personalauswahl en von Maslow zu den drei Kategorien „Existence (Hagen, 2011). Der Auswahlprozess eines Mitarbei- Needs“ (Basisbedürfnisse), „Relatedness Needs“ ters kann dabei in die Selbstselektion und in die (Beziehungsbedürfnisse) sowie „Growth Needs“ Fremdselektion unterteilt werden. Die Selbstselek- (Wachstumsbedürfnisse) zusammen und verzichtet tion bezeichnet das Informations-, Auswahl- und dabei auf eine hierarchische Unterscheidung. Für Entscheidungsverhalten von einem potenziellen die operationale Analyse des Konstrukts „Arbeitge- Bewerber bei der Stellensuche. Dabei scheinen vor berattraktivität“ im Rahmen dieses Artikels wird die allem die Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren auf den ERG-Theorie gewählt, da diese auf der anerkannten Prozess und die Entscheidung während der Selbst- Motivationstheorie von Maslow aufbaut, im Gegen- selektion eine hohe Einflusskraft zu haben (Büden- satz zu dieser jedoch explizit auf die Arbeitswelt bender & Strutz, 2011). Die Fremdselektion hinge- angepasst und flexibler gestaltet ist. Dies ist insbe- gen beschreibt die Auswahl eines Kandidaten unter sondere bei der Analyse von Arbeitgeberattraktivi- vielen Bewerbern durch das Unternehmen (Stritzke, tätsfaktoren notwendig, weil es vorstellbar ist, dass 2010). bei den Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren auch Be- Da insbesondere die Employer Brand einen dürfnisse aus höheren Kategorien nachgefragt wer- ausschlaggebenden Faktor der Selbstselektion den, auch wenn Bedürfnisse aus einer niedrigeren darstellt, ist es für Unternehmen von signifikan- Kategorie noch nicht erfüllt sind (Ruthus, 2013). Eine ter Bedeutung, eine attraktive Employer Brand zu Unterteilung nach Herzberg bzw. Simon in Hygie- entwickeln und zu kommunizieren. Unter Employ- nefaktoren und Motivatoren wird nicht in Betracht er Branding wird der „unternehmensstrategische gezogen, da die Studien große Differenzen zwischen Aufbau einer Arbeitgebermarke“ (Kauffeld, 2011, S. der Wichtigkeit von Faktoren aufweisen (Simon, Wil- 97) verstanden. Das Ziel des Employer Branding ist tinger, Sebastian & Tacke, 1995; Herzberg, Mausner somit die positive Differenzierung als Arbeitgeber & Snyderman, 1959). am Arbeitsmarkt. Dabei wird angenommen, dass die kommunizierte Employer Brand sowohl intern als auch extern wirkt. Intern wirkt die Employer 2.3 Aktuelle Forschungslage Brand auf das Commitment, die Bindung und die Zufriedenheit der Mitarbeiter, während die Em- Bisherige Studien zu Arbeitgeberattraktivitätsfak- ployer Brand extern auf die Rekrutierung und die toren konzentrieren sich zumeist auf Unterschiede Selbstselektion der Bewerber wirkt (Schuhmacher der Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren hinsichtlich & Geschwill, 2014). demographischer Daten wie dem Geschlecht (Jur- Um eine Arbeitgebermarke aufbauen zu kön- gensen, 1978), dem Alter bzw. den Generationenun- nen, muss das Unternehmen demnach Arbeitgeber- terschieden (Trost, 2013) oder auch den Differenzen attraktivitätsfaktoren besitzen, die sowohl nach in- zwischen verschiedenen Berufen (Simon, Wiltinger, nen als auch nach außen im Rahmen des Employer Sebastian & Tacke, 1995). Da das Thema „Employer
8 Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 J. Engelke Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings Abbildung 1 Konstrukt Dimensionen Kategorien Operationale Analyse von Vergütung „Arbeitgeberattraktivität“ – Konstrukt, Dimensionen Arbeitsplatz- eigenschaften und Kategorien Basisbedürfnisse Unternehmens- eigenschaften Führung Kollegen Arbeitgeberattraktivität Beziehungsbedürfnisse Unternehmenskultur Tätigkeit Karriere Wachstumsbedürfnisse Branding“ zudem seit Jahren an Bedeutung zu ge- Basis von insgesamt 21 untersuchten Theorien und winnen scheint, gibt es unzählige Studien und wis- Studien abgeleitet (Herzberg, Mausner & Snyder- senschaftliche Ausarbeitungen zum Konstrukt „Em- man, 1959; Jurgensen, 1978; Böckenholt & Hom- ployer Branding“ im Allgemeinen und im Speziellen burg, 1990; Vollmer, 1993; Thom & Zaugg, 1994; Si- zur Analyse der Wichtigkeit einzelner Arbeitgeberat- mon, Wiltinger, Sebastian & Tacke, 1995; Steinmetz, traktivitätsfaktoren. 1997; Wiltinger, 1997; Teufer, 1999; Winter & Jackson, Der Autor dieses Artikels nimmt jedoch an, dass 1999; Franke, 2000; Holtbrügge & Rygl, 2002; Ner- auch Unterschiede bei der Wahrnehmung der Wich- dinger & Baasner, 2002; Grobe, 2003; Hinzdorf, Er- tigkeit von Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren auf- lenkämper & Priemutz, 2003; Watzka, 2003; Lewan- grund von interindividuellen Unterschieden in der dowski & Liebig, 2004; Schäfer, 2006; Trost, 2013; Persönlichkeit von Kandidaten existieren. So ist es Trendence Institut GmbH, 2019, sowie Universum beispielsweise vorstellbar, dass besonders „extro- Communications Sweden AB, 2019). Alle in diesen vertierte“ Individuen andere Arbeitgeberattraktivi- Theorien und Studien erwähnten Attraktivitätsfak- tätsfaktoren bevorzugen als weniger „extrovertier- toren werden gesammelt, konsolidiert, um doppel- te“ Individuen. Eine solche Studie existiert auf Basis te Nennungen bereinigt und anschließend in die drei der Nachforschungen des Autors bislang nicht. Aus Dimensionen geclustert. Aus der Clusterung heraus diesem Grund soll dieser Artikel einen wesentlichen werden dann innerhalb der drei Dimensionen insge- Beitrag zur Erkundung des Gebietes der Rolle der samt acht Kategorien gebildet (s. Abbildung 1). Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings Innerhalb der acht Kategorien werden insge- liefern. samt 35 Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren identifi- ziert (s.Tabelle 1). Durch diese Vorgehensweise kann bei der Ope- 3 Methodische Forschung rationalisierung des Konstrukts „Arbeitgeberat- traktivitätsfaktoren“ sichergestellt werden, dass Vor dem Hintergrund der genannten Forschungs- einerseits die Dimensionen auf einer soliden theo- lücke wird die folgende Leitfrage aufgestellt: „In- retischen Basis stehen und andererseits die Fakto- wieweit hängen die Wahrnehmung von Arbeitgeber- ren praxisorientiert sind, da diese aus zahlreichen attraktivitätsfaktoren und die Persönlichkeit eines Studien identifiziert wurden. Somit wird die weitere Individuums zusammen?“ Mittels einer quantitativen Forschung mit der dargestellten operationalen Ana- Studie wird geprüft, ob Korrelationen zwischen der lyse und den identifizierten Arbeitgeberattraktivi- Bewertung der Wichtigkeit von Arbeitgeberattrak- tätsfaktoren durchgeführt. tivitätsfaktoren und der Persönlichkeit eines Indivi- Zur Messung der Persönlichkeit wird der B5T- duums existieren. Test von Dr. Satow verwendet, da dieser Test für Da es, wie bereits dargestellt, aktuell keine nichtkommerzielle Forschung kostenlos eingesetzt einheitliche Forschungsbasis zum Konstrukt „Ar- werden kann und die Reliabilität nachgewiesen als beitgeberattraktivität“ gibt, wird nachfolgend ein gut bis sehr gut eingeschätzt werden kann (Satow, Vorschlag für eine Operationalisierung unterbreitet. 2012). Dieser Vorschlag dient als Basis der Analyse von Ar- Der insgesamt im Rahmen dieses Artikels ent- beitgeberattraktivitätsfaktoren im Rahmen dieses wickelte Fragebogen besteht somit aus insgesamt Artikels. drei Teilen. Im ersten Teil enthält der Fragebogen die Die operationale Analyse wird in zwei Teile ge- 50 Items aus dem B5T von Dr. Satow zur Erhebung teilt. Im ersten Schritt werden die aus dem Konst- der Persönlichkeit durch die fünf Big-Five-Faktoren. rukt abgeleiteten Dimensionen deduktiv auf Basis Der zweite Teil des Fragebogens enthält 35 Items zur der vorgestellten ERG-Theorie ermittelt. Die in die- Messung der individuellen Wahrnehmung der Wich- sem Artikel verwendeten Dimensionen sind somit tigkeit von Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren auf „Basisbedürfnisse“, „Beziehungsbedürfnisse“ und Basis der durchgeführten Operationalisierung. Der „Wachstumsbedürfnisse“. Im zweiten Schritt wer- abschließende dritte Teil des Fragebogens umfasst den die Kategorien und Faktoren induktiv auf der fünf Items zur Erhebung von demographischen Da-
J. Engelke Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 9 Konstrukt Dimensionen Kategorien Faktoren Tabelle 1 Arbeitgeber- Basisbedürfnisse Vergütung Basisgehalt Operationale Analyse attraktivität des Konstrukts Zusatzleistungen „Arbeitgeberattraktivität“ Sozialleistungen Leistungsorientierter Bonus Arbeitsplatzeigenschaften Sicherheit am Arbeitsplatz Work-Life-Balance Flexible Arbeitszeiten Flexible Arbeitsbedingungen Unternehmens- Standort des Unternehmens eigenschaften Unternehmenserfolg Unternehmensimage Identifikation mit Produkten Attraktivität der Branche Beziehungs- Führung Führungsstil und -kultur bedürfnisse Beziehung zu Vorgesetzten Feedback vom Vorgesetzten Unternehmensführung Kollegen Beziehung zu Kollegen Alter der Kollegen Teamwork Diversität im Unternehmen Unternehmenskultur Kommunikation im Unternehmen Unternehmenskultur Arbeitsklima Corporate Social Responsibility Forschungs- und Innovationskraft Wachstums- Tätigkeit Aufgaben bedürfnisse Eigenverantwortung Kreative Freiräume Spaß an der Arbeit Sinnhafte Tätigkeit Karriere Aufstiegs- & Karrierechancen Weiterbildungsmöglichkeiten Chance, im Ausland zu arbeiten Nachwuchsförderungsprogramme ten. Der Fragebogen wird mithilfe des Online-Tools Teilnehmern haben 0.6 Prozent einen Hauptschul- questback des Anbieters UNIPARK gestaltet (Quest- abschluss, 6.2 Prozent einen Realschulabschluss, back, 2018a, 2018b). Nach einem umfassenden Pre- 23.8 Prozent Abitur, 18.1 Prozent einen Ausbildungs- Test mit zwölf Probanden und der anschließenden abschluss, 50.0% einen akademischen Abschluss Optimierung wird der Fragebogen vom 01.05.2018 sowie 1.3% eine abgeschlossene Promotion. bis zum 02.06.2018 für die Feldphase online Bei der Analyse der Wichtigkeit von Arbeitge- geschaltet. berattraktivitätsfaktoren auf Basis der Mittelwerte, wobei der Wert „1“ „wichtig“ und der Wert „4“ „un- wichtig“ bedeutet, ist bezeichnend, dass viele der 4 Ergebnisse wichtigsten 15 Faktoren in den Dimensionen „Bezie- hungsbedürfnisse“ und „Wachstumsbedürfnisse“ An der Studie haben insgesamt 1 305 Personen teil- angesiedelt sind (s. Abbildung 2). genommen, wobei von den insgesamt 1 305 Daten- Dabei sind die beiden für die befragten Personen sätzen 1 072 Datensätze vollständig beantwortet im Mittelwert wichtigsten Faktoren „Spaß an der Ar- und somit auswertbar sind. Die Verteilung nach beit“ sowie eine „Sinnhafte Tätigkeit“. Beide Fakto- den demographischen Daten zeigt, dass 52.0 Pro- ren sind in der Dimension „Wachstumsbedürfnisse“ zent der Teilnehmer männlich und 48.0 Prozent der der Kategorie „Tätigkeit“ zugeordnet. Des Weiteren Teilnehmer weiblich sind. Bei der Verteilung nach sind die Faktoren aus der Kategorie „Unterneh- Altersklassen zeigt sich, dass 42.7 Prozent der Pro- menskultur“ („Arbeitsklima“, „Unternehmenskul- banden zwischen 20 und 29 Jahren alt sind, wäh- tur“, „Kommunikation im Unternehmen“), sowie rend 20.8 Prozent zwischen 30 und 39 Jahren, 13.5 die Faktoren aus der Kategorie „Führung“ („Füh- Prozent zwischen 40 und 49 Jahren sowie 17.2 Pro- rungsstil und Führungskultur“, „Positive Beziehung zent zwischen 50 und 59 Jahren alt sind. 3.6 Prozent zu den Vorgesetzten“, „Feedback und Anerkennung der Probanden sind 60 Jahre oder älter, 2.1 Prozent der Vorgesetzten“) wichtig. Aus der Dimension der der Teilnehmer sind 19 Jahre oder jünger. Von den Basisbedürfnisse ist auffällig, dass unter den 15
10 Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 J. Engelke Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings Abbildung 2 Mittelwerte der 15 Spaß an der Arbeit 1.16 wichtigsten Arbeitgeber- Sinnhafte Tätigkeit 1.26 attraktivitätsfaktoren Arbeitsklima 1.27 Beziehung zu den Kollegen 1.28 Führungsstil und Führungskultur 1.29 Unternehmenskultur 1.30 Aufgaben 1.34 Kommunikation im Unternehmen 1.37 Sicherheit des Arbeitsplatzes 1.39 Flexible Arbeitszeiten 1.41 Positive Beziehung zu den Vorgesetzten 1.42 Work-Life-Balance 1.42 Feedback und Anerkennung der Vorgesetzten 1.36 Weiterbildungsmöglichkeiten 1.47 Teamwork 1.56 Legende: 1.0 = wichtig 4.0 3.5 3.0 2.5 2.0 1.5 1.0 2.0 = eher wichtig 3.0 = eher unwichtig Mittelwerte der Wichtigkeit der Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren 4.0 = unwichtig wichtigsten Attraktivitätsfaktoren kein Faktor aus ablen, wenn die dritte Variable ausgeschaltet, also der Kategorie „Vergütung“ zu finden ist. Aus der Ka- konstant gehalten wird. Im Rahmen dieses Artikels tegorie „Arbeitsplatzeigenschaften“ sind jedoch die wird dabei die Rangkorrelation nach Spearman mit drei Faktoren „Sicherheit des Arbeitsplatzes“ (1.39), der partiellen Korrelation nach Pearson verglichen. „Flexible Arbeitszeiten“ (1.41) sowie „Work-Life-Ba- Bei der partiellen Korrelation nach Pearson werden lance“ (1.42) unter den 15 am wichtigsten bewerte- dabei die Kontrollvariablen „Geschlecht“, „Alter“, ten Faktoren dabei. „höchster Bildungsabschluss“, „Betriebszugehö- Die fünf nach den Mittelwerten unwichtigsten rigkeit“ sowie „Betriebsgröße“ konstant gehalten, Faktoren sind die „Chance, im Ausland zu arbeiten“ wodurch somit eine Partialkorrelation höherer Ord- (3.07), das „Alter der Kollegen“ (2.83), ein „Leistungs- nung verwendet wird. Die partielle Korrelation nach orientierter Bonus“ (2.40), „Nachwuchsförderpro- Pearson wird verwendet, da durch den zentralen gramme“ (2.37) sowie „Diversität im Unternehmen“ Grenzwertsatz und die hinreichend große Stichpro- (2.37). be eine Normalverteilung der Daten approximiert Dies zeigt insgesamt, dass den befragten Perso- werden kann (Treyer, 2003). Zudem kann ebenfalls nen im Durchschnitt die eigene Tätigkeit, die Kolle- eine metrische Skalierung der Daten angenom- gen, eine gute Führung, die Unternehmenskultur men werden, da durch die verwendete vierstufige und die Eigenschaften am Arbeitsplatz wichtiger Likert-Skala angenommen werden kann, dass die sind als bspw. die Vergütung oder die Karriere. einzelnen Abstufungen „gleich weit“ voneinander Nachfolgend wird nun anhand der Leitfrage „In- entfernt sind (Völkl & Korb, 2018). wieweit hängen die Wahrnehmung von Arbeitgeber- Die Ergebnisse des Vergleichs der Korrelation attraktivitätsfaktoren und die Persönlichkeit eines nach Spearman und der Partialkorrelation nach Individuums zusammen?“ dargestellt, welche Kor- Pearson hinsichtlich der Big-Five-Faktoren und der relationen zwischen den Dimensionen, Kategori- Dimensionen, Kategorien und Faktoren von Arbeit- en und Faktoren von Arbeitgeberattraktivität und geberattraktivität zeigen deutlich, dass die mithilfe den fünf Faktoren der Persönlichkeit signifikant der Rangkorrelation nach Spearman identifizierten sind. Zusammenhänge auch nach dem „Ausschalten“ Dabei wird für die Interpretation der Korrelatio- der demographischen Daten bestehen. So sind nen folgende Abstufung vorgenommen: Unterschiede in den Korrelationen von > .05 und • ab 0.1 = kleiner Effekt, > –.05 lediglich bei zehn Korrelationsvergleichen • ab 0.3 = mittlerer Effekt, beim Big-Five-Faktor „Neurotizismus“ vorhanden. • ab 0.5 = großer Effekt- Bei allen anderen Big-Five-Faktoren finden sich kei- Diese Abstufung folgt der Empfehlung von Jacob ne Unterschiede hinsichtlich der Rangkorrelation Cohen für Korrelationen hinsichtlich der Verhaltens- nach Spearman und der partiellen Korrelation nach wissenschaften (Cohen, 1988; Bortz, 2005). Pearson von > .05 und > –0.5. Der nächstgrößte Da in wissenschaftlichen Untersuchungen häu- Unterschied besteht bei dem Arbeitgeberattrakti- fig „Scheinkorrelationen“ vorkommen und somit vitätsfaktor „Work-Life-Balance“ und dem Big-Five- die identifizierten Korrelationen durch eine dritte Faktor „Verträglichkeit“ mit einem Unterschied von Variable statistisch signifikant beeinflusst werden –.031. Somit kann gesagt werden, dass die demogra- könnten, werden im Folgenden Partialkorrelatio- phischen Daten keinen nennenswerten Einfluss auf nen analysiert. Diese ermöglichen die Analyse der die Zusammenhänge zwischen den Dimensionen, Veränderung des Zusammenhangs von zwei Vari- Kategorien und Faktoren von Arbeitgeberattrakti-
J. Engelke Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 11 Gewissen- Extra- Verträg- Neuro- Tabelle 2 Dimension/Konstrukt Mittelwert* Offenheit Partialkorrelationen haftigkeit version lichkeit tizismus zu Dimensionen und Basisbedürfnisse 1.77 0.094 0.139 0.218 0.195 –0.012 Kategorien • Vergütung 1.99 0.049 0.091 0.255 0.076 –0.063 • Arbeitsplatzeigenschaften 1.46 0.049 0.087 0.087 0.133 0.036 • Unternehmenseigenschaften 1.84 0.060 0.094 0.116 0.191 0.003 Beziehungsbedürfnisse 1.70 0.264 0.060 0.255 0.324 0.002 • Führung 1.51 0.135 0.055 0.202 0.232 0.048 • Kollegen 2.01 0.083 0.018 0.219 0.206 0.063 • Unternehmenskultur 1.61 0.328 0.042 0.157 0.274 –0.037 Wachstumsbedürfnisse 1.78 0.436 0.047 0.381 0.216 –0.132 • Tätigkeit 1.46 0.380 0.045 0.317 0.226 –0.157 • Karriere 2.17 0.314 0.045 0.317 0.136 0.009 * Mittelwerte der deskriptiven Analyse der Wichtigkeit von den Kategorien und Dimensionen von Arbeitgeberattraktivität (1 = wichtig, 2 = eher wichtig, 3 = eher unwichtig, 4 = unwichtig). Alle angegebenen Korrelationen sind partielle Korrelationen nach Pearson. Hierbei wurden die Kontrollvariablen „Ge- schlecht“, „Alter“, „höchster Bildungsabschluss“, „Betriebszugehörigkeit“ sowie „Betriebsgröße“ konstant gehalten. Kursiv gestellte Werte entsprechen einer Korrelation > 0.1 und < 0.2 bzw. > –0.1 und < –0.2 (kleiner Effekt), fett gestellte Werte entsprechen einer Korrelation > 0.2 und < 0.3 bzw. > –0.2 und < –0.3 (kleiner Effekt), fett kursiv gestellte Werte ent- sprechen einer Korrelation > 0.3 und < 0.5 bzw. > –0.3 und < –0.5 (mittlerer Effekt). vität und den Big-Five-Faktoren haben. Aus diesem und < –0.3 (kleiner Effekt) fett sowie alle Korrelatio- Grund werden im Folgenden nur die Ergebnisse der nen > 0.3 und < 0.5 bzw. > –0.3 und < –0.5 fett kursiv partiellen Korrelation nach Pearson dargelegt. (mittlerer Effekt) dargestellt. Um die Übersichtlichkeit innerhalb der Tabellen Die Ergebnisse der partiellen Korrelationen der zu gewährleisten, werden alle Korrelationen > 0.1 Persönlichkeitsmerkmale zu den Dimensionen und und < 0.2 bzw. > –0.1 und < –0.2 (kleiner Effekt) kur- Kategorien von Arbeitgeberattraktivität werden in siv, alle Korrelationen > 0.2 und < 0.3 bzw. > –0.2 Tabelle 2 dargestellt. Gewissen- Extra- Verträg- Neuro- Tabelle 3 Dimension/Konstrukt Mittelwert* Offenheit haftigkeit version lichkeit tizismus Partialkorrelationen Kreative Freiräume 1.69 0.387 –0.027 0.205 0.093 –0.101 > 0,2 sowie > –0,2 Chance, im Ausland zu arbeiten 3.01 0.349 –0.060 0.180 –0.035 –0.035 Eigenverantwortung 1.84 0.294 0.051 0.332 0.168 –0.192 Forschungs- und Innovationskraft 2.03 0.325 0.014 0.121 0.127 –0.034 Teamwork 1.56 0.012 0.049 0.225 0.300 –0.028 Aufgaben 1.34 0.290 0.080 0.218 0.230 –0.120 Beziehung zu den Kollegen 1.28 0.095 0.008 0.155 0.280 0.009 Aufstiegs- und Karrierechancen 1.84 0.153 0.101 0.276 0.107 –0.107 Unternehmenskultur 1.30 0.205 0.089 0.127 0.272 –0.028 Weiterbildungsmöglichkeiten 1.47 0.250 0.087 0.246 0.201 –0.080 Spaß an der Arbeit 1.16 0.116 0.032 0.172 0.245 0.023 Kommunikation im Unternehmen 1.37 0.234 0.139 0.157 0.224 –0.103 Arbeitsklima 1.27 0.192 0.049 0.160 0.231 –0.011 Beziehung zu den Vorgesetzten 1.42 0.094 0.060 0.130 0.224 0.070 Diversität im Unternehmen 2.37 0.222 –0.006 0.169 0.148 0.017 Führungsstil und Führungskultur 1.29 0.159 0.066 0.101 0.215 –0.001 Nachwuchsförderprogramme 2.37 0.187 –0.019 0.214 0.122 –0.029 Zusatzleistungen 2.15 0.025 0.045 0.204 0.065 –0.044 Corporate Social Responsibility 2.08 0.202 –0.021 0.064 0.182 0.041 * Mittelwerte der deskriptiven Analyse der Wichtigkeit von den Kategorien und Dimensionen von Arbeitgeberattraktivität (1 = wichtig, 2 = eher wichtig, 3 = eher unwichtig, 4 = unwichtig). Alle angegebenen Korrelationen sind partielle Korrelationen nach Pearson. Hierbei wurden die Kontrollvariablen „Ge- schlecht“, „Alter“, „höchster Bildungsabschluss“, „Betriebszugehörigkeit“ sowie „Betriebsgröße“ konstant gehalten. Kursiv gestellte Werte entsprechen einer Korrelation > 0.1 und < 0.2 bzw. > –0.1 und < –0.2 (kleiner Effekt), fett gestellte Werte entsprechen einer Korrelation > 0.2 und < 0.3 bzw. > –0.2 und < –0.3 (kleiner Effekt), fett kursiv gestellte Werte ent- sprechen einer Korrelation > 0.3 und < 0.5 bzw. > –0.3 und < –0.5 (mittlerer Effekt).
12 Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 J. Engelke Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings Auf der Ebene der Dimensionen von Arbeitge- lichkeit“ (0.300). Weiterhin auffällig ist, dass auf der berattraktivität können nahezu alle errechneten Faktorenebene mit Ausnahme der Korrelation zwi- Korrelationen zu den fünf Big-Five-Faktoren als schen „Zusatzleistungen“ und „Extraversion“ die signifikant angesehen werden, mit Ausnahme der signifikanten Korrelationen größer 0.2 ausschließ- Korrelationen zwischen Neurotizismus und den Ba- lich zwischen den Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren sis- und Beziehungsbedürfnissen und der Korrelati- und den Dimensionen „Beziehungsbedürfnisse“ onen zwischen Gewissenhaftigkeit und den Bezie- sowie „Wachstumsbedürfnisse“ zu finden sind. Dies hungs- und Wachstumsbedürfnissen. Die höchsten lässt darauf schließen, dass es keine bedeutenden Korrelationen ergeben sich zwischen dem Big-Five- Unterschiede von Personen mit unterschiedlichen Faktor „Offenheit für Erfahrungen“ und der Dimen- Ausprägungen der Persönlichkeitsfaktoren zu den sion „Wachstumsbedürfnisse“ mit einer Korrelation Basisbedürfnissen und den zugehörigen Kategori- von 0.436 sowie zwischen dem Big-Five-Faktor „Ex- en „Vergütung“, „Arbeitsplatzeigenschaften“ sowie traversion“ und „Wachstumsbedürfnisse“ mit einer „Unternehmenseigenschaften“ gibt. Zusätzlich ist Korrelation von 0.381. Eine Korrelation von eben- auffällig, dass es zwischen dem Faktor „Neurotizis- falls größer als 0.3 weist die Beziehung zwischen mus“ und den Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren „Verträglichkeit“ und „Beziehungsbedürfnisse“ mit lediglich sechs signifikante Korrelationen größer einer Korrelation von 0.324 auf. 0.1 und keine einzige signifikante Korrelation größer Hinsichtlich des Zusammenhangs der Katego- 0.2 gibt. Ähnliches kann für den Persönlichkeitsfak- rien von Arbeitgeberattraktivität und den Big-Five- tor „Gewissenhaftigkeit“ berichtet werden, bei dem Faktoren können insgesamt sieben Korrelationen lediglich vier signifikante Korrelationen größer 0.1 nachgewiesen werden, die größer als 0.2 oder klei- auftauchen und ebenfalls keine signifikante Korrela- ner als –0.2 sind. Die höchsten Korrelationen finden tion größer als 0.2. sich zwischen „Tätigkeit“ und „Offenheit für Erfah- Die Ergebnisse der Auswertung der Umfrage rungen“ mit einer Korrelation von 0.380, zwischen zeigen jedoch deutlich, dass zwischen den Big-Five- „Unternehmenskultur“ und „Offenheit für Erfah- Faktoren „Extraversion“, „Offenheit für Erfahrun- rungen“ mit einer Korrelation von 0.328, zwischen gen“ und „Verträglichkeit“ zahlreiche signifikante „Tätigkeit“ und „Extraversion“ mit einer Korrelation Korrelationen zu den Faktoren von Arbeitgeberat- von 0.317 sowie zwischen der Kategorie „Karriere“ traktivität vorhanden sind, wobei fünf Korrelationen und den Big-Five-Faktoren „Extraversion“ mit einer einem „mittleren Effekt“ (> 0.3) entsprechen sowie Korrelation von 0.317 und „Offenheit für Erfahrun- weitere 23 Faktoren einen Korrelationsfaktor > 0.2 gen“ mit einer Korrelation von 0.314. Diese Korrela- aufweisen. Ähnliches gilt auf Seiten der Dimensio- tionen sind als mittlerer Effekt zu bezeichnen. nen und Kategorien von Arbeitgeberattraktivität. Zwischen den fünf Persönlichkeitsfaktoren und Während in der Dimension der Basisbedürfnisse der Ebene der 35 Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren lediglich eine partielle Korrelation einen Korrelati- lassen sich insgesamt 28 Korrelationen mit einem onskoeffizienten > 0.2 aufweist, sind in der Dimen- Faktor größer 0.2 oder kleiner –0.2 identifizieren. sion der Beziehungsbedürfnisse 13 signifikante Kor- Auffallend dabei ist, dass acht dieser Korrelationen relationen > 0.2 zu finden und in der Dimension der bei Faktoren auftreten, die der Kategorie „Tätigkeit“ Wachstumsbedürfnisse sogar 14 signifikante Korre- zugeordnet werden können sowie fünf dieser Korre- lationen > 0.2. Dies zeigt deutlich, dass interindivi- lationen bei Faktoren, die der Kategorie „Karriere“ duelle Unterschiede der an der Umfrage teilgenom- zugeordnet werden können. Somit sind insgesamt menen Personen hinsichtlich der Wahrnehmung der 13 dieser 28 Korrelationen in der Dimension „Wachs- Wichtigkeit von Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren tumsbedürfnisse“ angesiedelt, lediglich eine dieser existieren. Korrelationen (Extraversion und Zusatzleistungen) Dadurch kann die Leitfrage „Inwieweit hängen die ist innerhalb der Basisbedürfnisse angesiedelt. Um Wahrnehmung von Arbeitgeberattraktivitätsfakto- einen Überblick über die stärksten Korrelationen ren und die Persönlichkeit eines Individuums zusam- zwischen den einzelnen Faktoren von Arbeitgeber- men?“ wie folgt beantwortet werden: attraktivität und den Persönlichkeitsmerkmalen zu bieten, sind die Faktoren zu den 15 stärksten Parti- • Auf Seiten der Persönlichkeitsfaktoren sind ins- alkorrelationen in Tabelle 3 aufgelistet. besondere bei den drei Faktoren „Extraversion“, Die höchsten Korrelationen sind hierbei zwi- „Offenheit für Erfahrungen“ sowie „Verträglich- schen dem Faktor „Kreative Freiräume“ und dem keit“ signifikante Unterschiede bei der Wahr- Big-Five-Faktor „Offenheit für Erfahrungen“ mit nehmung von Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren einer Korrelation von 0.387, zwischen dem Faktor zu erkennen. „Chance, im Ausland zu arbeiten“ und wiederum • Auf Seiten der Arbeitgeberattraktivität sind die „Offenheit für Erfahrungen“ mit einer Korrelation interindividuellen Unterschiede insbesondere in von 0.349 sowie zwischen dem Faktor „Eigenverant- den Dimensionen „Beziehungsbedürfnisse“ und wortung“ und dem Big-Five-Faktor „Extraversion“ „Wachstumsbedürfnisse“ zu erkennen. mit einer Korrelation von 0.332 zu finden. Zwei wei- • In Bezug auf die Kategorien von Arbeitgeberat- tere Korrelationen, die als „mittlerer Effekt“ einzu- traktivität ist festzuhalten, dass die Unterschie- stufen sind, finden sich zwischen „Forschungs- und de insbesondere in den Kategorien „Führung“, Innovationskraft“ und „Offenheit für Erfahrungen“ „Kollegen“, „Unternehmenskultur“, „Tätigkeit“ (0.325) sowie zwischen „Teamwork“ und „Verträg- und „Karriere“ festzustellen sind.
J. Engelke Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 13 Komponente Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren Tabelle 4 Faktorenanalyse mit acht 1 Aufgaben (0.673); Eigenverantwortung (0.612); Kreative Freiräume (0.553); Sinnhafte Tätigkeit (0.486) festen Komponenten 2 Aufstiegs- und Karrierechancen (0.698); Nachwuchsförderprogramme (0.664); Chance, im Ausland zu arbeiten (0.624); Weiterbildungsmöglichkeiten (0.552); Leistungsorientierter Bonus (0.519); Zusatz- leistungen (0.429) 3 Diversität im Unternehmen (0.635); Corporate Social Responsibility (0.579); Attraktivität der Branche (0.545); Alter der Kollegen (0.544); Unternehmensimage (0.542); Forschungs- und Innovationskraft (0.475); Identifikation mit Produkten (0.449) 4 Unternehmenskultur (0.664); Arbeitsklima (0.611); Work-Life-Balance (0.534); Kommunikation im Unternehmen (0.507) 5 Feedback vom Vorgesetzten (0.734); Beziehung zu Vorgesetzten (0.684); Führungsstil und -kultur (0.578); Unternehmensführung (0.537) 6 Basisgehalt (0.690); Sozialleistungen (0.624); Sicherheit des Arbeitsplatzes (0.504); Unternehmens- erfolg (0.493); Standort des Unternehmens (0.445) 7 Beziehung zu Kollegen (0.657); Teamwork (0.638); Spaß und Freude an der Arbeit (0.494) 8 Flexible Arbeitsbedingungen (0.813); Flexible Arbeitszeiten (0.811) Extraktionsmethode: Hauptkomponentenanalyse. Rotationsmethode: Varimax mit Kaiser-Normalisierung. Die Rotation ist in 23 Iterationen konvergiert. In Klammern ist jeweils die rotierte Faktorladung angegeben. Somit konnte durch diesen Artikel klar gezeigt wer- 0.751 (Wachstumsbedürfnisse), was als „Fragwür- den, dass grundsätzlich die Persönlichkeit eines dig“ bis „Gut“ bezeichnet werden kann. Da Cron- Individuums mit der Wahrnehmung der Wichtigkeit bachs Alpha nur bei den „Basisbedürfnissen“ unter von Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren zusammen- dem kritischen Wert von 0.7 liegt und dies auch nur hängt. sehr knapp (0.693), kann festgehalten werden, dass In weiteren Analysen der Daten kann zudem ge- der in dieser Studie entwickelte Fragebogen ver- zeigt werden, dass Personen mit höheren Ausprä- wendet werden kann. In einem zweiten Schritt wird gungen bei den Big-Five-Faktoren „Extraversion“, eine Faktorenanalyse zur Sicherstellung der fakto- „Offenheit für Erfahrungen“ und „Verträglichkeit“ riellen Validität des Fragebogens durchgeführt. Die generell höhere Anforderungen an den Arbeitgeber Faktorenanalyse wird mithilfe der Hauptkompo- bzgl. der Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren stellen nentenanalyse durchgeführt, wobei die Anzahl der als Personen mit niedrigen Ausprägungen dieser Items im ersten Schritt basierend auf dem Kaiser- Faktoren. Insgesamt kann festgestellt werden, dass Kriterium (Eigenwerte größer als 1) bestimmt wird. Personen mit hohen Ausprägungen innerhalb des Zur Bestimmung der rotierten Faktorenanalyse Persönlichkeitsfaktors „Extraversion“ besonders wird die orthogonale Rotationsmethode (Varimax) Wert auf eine angemessene Vergütung, auf eine gewählt. Zur Prüfung, ob eine Faktorenanalyse sta- kollegiale Beziehung zu den Kollegen und insbe- tistisch sinnvoll ist, wird der KMO- und Bartlett-Test sondere auf interessante Aufgaben und eine hohe durchgeführt. Das Maß der Stichprobeneignung Eigenverantwortung legen. Individuen mit hohen nach Kaiser-Meyer-Olkin beträgt dabei 0.867 und ist Ausprägungen in der Kategorie „Offenheit“ sind ins- somit als „lobenswert, Anerkennung verdienend“ besondere eine positive Unternehmenskultur, inter- (Eckey, Kosfeld & Rengers, 2002) zu werten. Diese essante Aufgaben, kreative Freiräume und auch die Faktorenanalyse ergibt neun Komponenten, wobei Chance, im Ausland zu arbeiten wichtig. Personen Komponente neun lediglich einen Eigenwert von mit hohen Ausprägungen innerhalb von „Verträg- 1.029 besitzt. Aus diesem Grund wird schlussendlich lichkeit“ legen hingegen viel Wert auf die Führung, eine rotierte Komponentenmatrix mit acht festen auf die Kollegen, auf die Unternehmenskultur und Komponenten erstellt (s. Tabelle 4). auf die Tätigkeit. Individuen mit hohen Werten in- Durch die Faktorenanalyse kann gezeigt werden, nerhalb des Faktors „Neurotizismus“ und des Fak- dass viele Kategorien aus der operationalen Analyse tors „Gewissenhaftigkeit“ unterscheiden sich hin- bestätigt werden können. Jedoch gibt es auch ei- gegen nicht signifikant von Personen mit niedrigen nige Abweichungen hinsichtlich der Zuordnung der Ausprägungen innerhalb des jeweiligen Faktors. Faktoren. Somit kann zwar gesagt werden, dass der Um die korrekte Vorgehensweise bei der Daten- entwickelte Fragebogen eine gute Grundlage aus erhebung und Datenauswertung sicherzustellen, Sicht der Faktorenanalyse bietet, der Fragebogen wird in einem ersten Schritt die interne Konsistenz in zukünftigen Studien jedoch verifiziert und evtl. mithilfe von Cronbachs Alpha geprüft. Das Ergebnis angepasst werden sollte. Nichtsdestotrotz kann die der Analyse bzgl. des gesamten Fragebogens zeigt, faktorielle Validität des Fragebogens als akzeptabel dass Cronbachs Alpha mit einem Wert von 0.873 bei bezeichnet werden. Cronbachs Alpha für standardisierte Items deutlich über dem kritischen Wert von 0.7 liegt. Die interne Konsistenz des gesamten Fragebogens kann somit 5 Fazit als „gut“ bewertet werden. Für die einzelnen Di- mensionen liegt Cronbachs Alpha bei 0.693 (Basis- Die Ergebnisse der quantitativen Studie zeigen deut- bedürfnisse), 0.817 (Beziehungsbedürfnisse) und lich, dass ein signifikanter Zusammenhang zwischen
14 Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 J. Engelke Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings der Persönlichkeit eines Individuums und der Wich- dem potenziellen Arbeitnehmer die Attraktivitäts- tigkeit bei den Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren faktoren des Unternehmens angezeigt werden kön- besteht. Die Leitfrage „Inwieweit hängen die Wahr- nen, die dieser Besucher auf Basis seiner Persön- nehmung von Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren und lichkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit als attraktiv die Persönlichkeit eines Individuums zusammen?“ wahrnimmt. Weitergehend könnte über die Erfas- kann dahingehend beantwortet werden, dass für sung von Persönlichkeitstests im Rahmen des Rec- die Persönlichkeitsfaktoren „Extraversion“, „Offen- ruiting-Prozesses das Unternehmen dem Bewerber heit für Erfahrungen“ sowie „Gewissenhaftigkeit“ genau die Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren „an- signifikante Zusammenhänge bestehen, für die Per- bieten“, die dieser auf Basis seines Persönlichkeits- sönlichkeitsfaktoren „Neurotizismus“ und „Verträg- tests mit hoher Wahrscheinlichkeit als sehr attrak- lichkeit“ jedoch nicht. Auf Seiten der Arbeitgeberat- tiv empfindet. So könnten die Recruiter gegenüber traktivitätsfaktoren kann festgehalten werden, dass Bewerbern mit hohen Ausprägungen des Persön- insbesondere die Dimensionen „Beziehungsbe- lichkeitsfaktors „Verträglichkeit“ insbesondere das dürfnissen“ und „Wachstumsbedürfnisse“ mit den gute „Teamwork“ im Unternehmen kommunizieren, Persönlichkeitsfaktoren korrelieren, bei den Basis- während bspw. bei Bewerbern mit hohen Ausprä- bedürfnisse können nur geringe Zusammenhänge gungen des Persönlichkeitsfaktors „Offenheit“ ins- mit den Persönlichkeitsfaktoren nachgewiesen besondere die „Kreativen Freiräume“ angepriesen werden. werden. Diese Ergebnisse können nun auch entsprechen- Durch die gewonnenen Erkenntnisse könnten de Implikationen für die Praxis und damit die Perso- also einerseits die Unternehmen Vorteile generie- nalarbeit bedeuten. Auf Basis der Persönlichkeits- ren, indem auf den eigenen Karrierewebseiten in- daten und der aufgezeigten Korrelationen könnte dividualisierte und auf den Besucher angepasste es möglich sein, dass Jobportale wie Xing, LinkedIn Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren kommuniziert oder Google for Jobs den Besuchern der jeweiligen werden. Zugleich könnten die Ergebnisse von Per- Website explizit Jobangebote vorschlagen, in denen sönlichkeitstests im Rahmen des Recruiting-Pro- Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren kommuniziert zesses auch für die direkte Kommunikation der Re- werden, die dieses Individuum auf Basis der Per- cruiter in Richtung der Bewerber genutzt werden, sönlichkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit attraktiv um dem Bewerber ein auf ihn zugeschnittenes „Ge- findet. Die Persönlichkeitsdaten könnten dabei ent- samtpaket“ anzubieten. weder über einen Fragebogen ausgewertet werden Andererseits könnten Bewerber von den gewon- oder von Tools wie „Apply Magic Sauce“1 zugeliefert nenen Erkenntnissen profitieren, da Jobportale eine werden. Zudem könnten auch Jobangebote direkt weitere Filterung neben dem Jobtitel, dem Standort ausgeblendet werden, die das Individuum auf Basis und weiteren bisherigen Filterkriterien anbieten der Persönlichkeit voraussichtlich nicht attraktiv könnten. So ist es denkbar, dass diese Jobporta- finden wird. Auf der einen Seite werden so dem Be- le den Bewerbern die Möglichkeit bieten, auf ihrer nutzer nur Jobangebote vorgeschlagen, welche zu Website einen Persönlichkeitsfragebogen auszufül- der Persönlichkeit passen und der Benutzer muss len und dafür dem Bewerber dann in den Jobergeb- keine Jobangebote mehr lesen, welche mit hoher nissen nur Jobs von Unternehmen mit denjenigen Wahrscheinlichkeit nicht zu ihm passen. Dies ist so- Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren anzeigen, die wohl eine Zeitersparnis als auch eine Vereinfachung dem Bewerber auf Basis der Persönlichkeit beson- bei der Jobsuche für potenzielle Arbeitnehmer. Auf ders wichtig sind. Der Bewerber bekommt schluss- der anderen Seite wird jedoch auch die Grundquote2 endlich auf ihn zugeschnittene Unternehmen ange- im Personalauswahlprozess verbessert, da sich auf zeigt. Hiervon wiederum könnten die Unternehmen den Job vermehrt Leute bewerben, die auf Basis der ebenfalls profitieren, da sich eventuell vermehrt Persönlichkeit auch zum Job bzw. zum Unterneh- Leute bewerben, die vom „Person-organization fit“ men passen. Dies könnte somit eine Erleichterung besser ins Unternehmen passen. Dies ist darin be- für die Personalauswahl darstellen, da die prognos- gründet, dass Bewerber sich über solche Jobportale tische Validität erhöht werden könnte. nur auf Jobs von Unternehmen bewerben, die sol- Eine zweite Anwendungsmöglichkeit könnte die che Arbeitgeberattraktivitätsfaktoren anbieten, die Gestaltung von Karriereseiten von Unternehmen dem Bewerber selber auch wichtig sind. betreffen. Wenn wiederum die Daten von Tools wie Diese Implikationen für die Praxis ziehen jedoch „Apply Magic Sauce“ und die in diesem Artikel ana- auch die Gefahr des Datenmissbrauchs nach sich. lysierten Ergebnisse kombiniert werden, so könnten Somit ist es an dieser Stelle noch wichtig zu erwäh- intelligente Algorithmen die kommunizierten Ar- nen, dass die Bewerber in die Freigabe der Daten beitgeberattraktivitätsfaktoren auf der Karrieresei- von Tools wie „Apply Magic Sauce“ explizit einwilli- te eines Unternehmens auf Basis der Persönlichkeit gen müssten, damit diese Daten auch von Jobbör- eines Menschen individuell anpassen. So würden sen oder Unternehmen genutzt werden dürften. Im Rahmen der Jobwebsites wäre es jedoch eine Mög- 1 „Apply Magic Sauce“ ist eine Personalisierungs-Software, die psychologische Merkmale auf Basis von digitalen Fußabdrü- lichkeit, dass im Rahmen eines „Premium“-Features cken des menschlichen Verhaltens voraussagt (University of die Benutzer der Jobportale einen Persönlichkeits- Cambridge, 2018). fragebogen ausfüllen und die Daten dann explizit 2 Die Grundquote beschreibt den Anteil prinzipiell geeigneter Kandidaten unter allen Bewerbern (Nerdinger, Blickle & Scha- und ausschließlich für die Jobsuche genutzt werden per, 2008). können. Somit könnten die in diesem Artikel dar-
J. Engelke Die Rolle der Persönlichkeit im Rahmen des Employer Brandings Wirtschaftspsychologie Heft 3-2020 15 gestellten Ergebnisse eine Professionalisierung im Hinzdorf, T., Erlenkämper, S. & Priemutz, K. (2003). Em- Bereich des datengetriebenen Personalmarketings ployer-Branding ist messbar. Personalwirtschaft, 7, nach sich ziehen. 48–50. Holtbrügge, D. (2013). Personalmanagement (5. Aufl.). Heidelberg: Springer. Holtbrügge, D. & Rygl, D. (2002). Arbeitgeberimage Literatur deutscher Großunternehmungen. Personal, 54, 18–21. Alderfer, C. (1972). Existence, relatedness, and growth: Jurgensen, C. (1978). Job preferences (What makes a human needs in organizational settings. New York: job good or bad?). Journal of Applied Psychology, 63 The Free Press. (3), 267–276. Ambler, T. & Barrow, S. (1996). The employer brand. The Kauffeld, S. (2011). Arbeits-, Organisations- und Perso- Journal of Brand Management, 4 (3), 185–201. nalpsychologie für Bachelor. Heidelberg: Springer. Belsch, S. 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