Gleichzeitig optimieren und neu erfinden?
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Reflexion | Schwerpunkt | Gleichzeitig optimieren und neu erfinden? | Thomas Schumacher, Rudolf Wimmer Gleichzeitig optimieren und neu erfinden? Zum produktiven Miteinander von Innovationslabs und etablierten Unternehmen Thomas Schumacher und Rudolf Wimmer Start-ups und etablierte Unternehmen stellen füreinander potenziell eine Quelle der Inspiration dar. Nicht überra- schend ist deshalb, dass viele Konzerne versuchen, durch die Gründung oder Zusammenarbeit mit Inkubatoren, Acce- leratoren, Fellowship-Programmen und anderen Ansätzen, das Potenzial einer solchen Zusammenarbeit zu heben. Die Theoriebildung hängt dem bislang hinterher und kann (noch) wenig Hilfestellung leisten. Der Artikel liefert einen (Aus)blick auf die beobachtbare Unternehmenspraxis und eine konzeptionelle Bestandsaufnahme. Wenn es um die Frage geht, wie gut sich die deutsche Wirt- ckelt werden kann, jedoch weit auseinander. Zwar ist inzwi- schaft auf die digitale Transformation eingestellt hat, nimmt schen der enorme Veränderungsdruck bei den allermeisten der Grad an öffentlicher Alarmiertheit deutlich zu. «Deutsch- Unternehmen angekommen. Der vielzitierte «sense of urgen- land hat die Digitalisierung verpasst. Unsere Firmen produzie- cy» ist bei den verantwortlichen Entscheidungsträgern durch- ren vor allem mechanisch erstklassige Maschinen, die elektro- wegs beobachtbar. Zweifel bestehen aber, ob sich alteingeses- nisch aber den Anschluss an die Weltspitze verloren haben.» sene Firmen mit erfolgreichen Geschäftsmodellen selbst in (Keese 2016). Als Beleg für diesen Befund wird gerne der Um- die Lage versetzen können, den erforderlichen Wandel mit der stand zitiert, dass die dominierenden Unternehmen der Inter- gebotenen Geschwindigkeit und Radikalität in Gang zu set- netökonomie allesamt im Silicon Valley beheimatet sind. Die zen. Zu sehr spricht die bekannte Pfadabhängigkeit gerade der aktuelle Studie «Global Innovation 1000» zeigt, dass Amazon erfolgsverwöhnten Unternehmen für die Vermutung, dass vie- 2017 mit seinem Forschungsbudget von 16,1 Milliarden Dollar le den Sprung ins digitale Zeitalter nicht schaffen werden. In VW weltweit von Platz 1 verdrängt hat. Hinter Amazon folgen der öffentlichen Diskussion werden für diese These gerne pro- Alphabet (Google) und Intel – alles Giganten der digitalen Welt. minente Beispiele zitiert: Nokia für das Mobiltelefon, Quelle VW ist auf Platz 5 zurückgefallen. für den Versandhandel, viele kleinere und größere Zeitungs- Die Hoffnungen für eine Aufholjagd liegen zum einen auf verlage in der Medienbranche, die klassischen Player in der einer Stärkung der Gründer- und Start-up-szene. Die diesbe- Musikindustrie, etc. züglichen Ökosysteme in Berlin und München werden gerne All diesen Beispielen ist gemeinsam, dass sie zu lange auf als vielversprechende Entwicklungen genannt. Zum anderen die weitere Optimierung ihrer tradierten Geschäftsmodelle setzt man auf die wachsende Bereitschaft der etablierten Un- vertraut und die Abzweigung in die ernsthafte Entwicklung al- ternehmen, sich geschäftlich komplett neu zu erfinden, um so ternativer Antworten auf sich ändernde Kundenbedarfe und das Chancenpotenzial, das mit der digitalen Revolution ver- technologische Möglichkeiten verpasst haben. Dieses Grund- bunden ist, offensiv zu nutzen. Dabei gehen die Meinungen, muster der Unternehmensentwicklung, das unter anderem ob die dafür erforderliche Innovationskraft tatsächlich entwi- Christensen in seinem «innovator’s dilemma» beschreibt (1996), 10 OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2018
Thomas Schumacher, Rudolf Wimmer | Gleichzeitig optimieren und neu erfinden? | Schwerpunkt | Reflexion ist an sich kein neues Phänomen. Es wird jetzt allerdings im Industrie 4.0). Inzwischen ist für diese Innovationsanliegen Zuge der digitalen Transformation erheblich verschärft, da wir ein eigener Forschungscampus in Renningen entstanden, der es hier vielfach mit exponentiellen Verläufen zu tun haben. für 1200 Forscher und Entwickler Platz bietet und dem Cowor- kingspace größerer Start-up-zentren gleicht. Wie bewältigen Unternehmen ihre aktuellen Die gesamte Automobilbranche steht weltweit vor den größ Innovationsherausforderungen? ten Herausforderungen ihrer Geschichte: Neue Antriebssyste Pfadabhängigkeit ist alles andere als ein Naturgesetz. Es gibt me werden den fossilen Brennstoff ablösen, das autonome Fah eine Vielzahl von Unternehmen, die erfolgreich ins digitale Zeit ren forciert eine weitere Computerisierung des Fahrzeugs und alter aufgebrochen sind. Die Axel Springer AG vollzog bereits schließlich stehen insbesondere für die Ballungszentren ganz 2006 einen radikalen Wechsel in ihrer Digitalisierungsstrategie. eigene Mobilitätslösungen ins Haus. Hier kristallisierten sich Neue Tochterfirmen entstanden, die bisherige geschäftliche Ak neue Geschäftsmodelle heraus, in die das Auto lediglich als tivitäten, wie das Bedienen der Rubrikenmärkte, konsequent Hardware miteingebettet ist. Mit Blick auf diese Veränderun- in die digitale Welt transformierten (wie Stepstone für die Stel- gen hat Daimler bereits 2008 mit der Autoverleihplattform lenmärkte, Ladenzeile.de oder Idealo als Preisvergleichsma- Car2go gestartet. Diese Initiative mündete 2012 in einer eige- schine, etc.). Springer hält heute über 200 Beteiligungen an nen, deutlich breiter angelegten, Daimler Mobility Services Onlineunternehmen weltweit. Die Firma machte 2016 bereits GmbH. Ein Kernprodukt dieser Ausgründung ist eine App, ge- 67,4 Prozent ihres Umsatzes von 3,3 Milliarden Euro im Be- nannt «Moovel», die den Kunden die Wahl zwischen unter- reich digitaler Medien. 2017 werden es schon 72 Prozent sein. schiedlichen Mobilitätsdiensten eröffnet. Bereits im Jahr 2020 Volkmar Denner, CEO von Bosch, ist fest entschlossen, den will das Unternehmen in diesen Bereichen eine Milliarde Euro größten Automobilzulieferer der Welt in einen «Digitalkonzern» umsetzen. Begleitet werden die Innovationsanstrengungen umzubauen (z. B. durch Smart Home-Lösungen für das «intel- neuerdings durch das Projekt «Prototyp Daimler 2020», mit des ligente» Haus oder durch Lösungen für das selbstfahrende sen Hilfe das Unternehmen insgesamt agiler, flexibler und vor Auto oder durch Bosch Connected Industries für das Thema allem wesentlich innovativer werden will. OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2018 11
Reflexion | Schwerpunkt | Gleichzeitig optimieren und neu erfinden? | Thomas Schumacher, Rudolf Wimmer Auch klassische technologieorientierte Industrieunterneh- mentieren zurzeit auf ganz unterschiedliche Weise damit, wie men wie General Electric zeigen, wie der Sprung ins digitale sie neben der Bewältigung ihres angestammten Geschäftes Zeitalter gelingen kann. Der langjährige, gerade aus seiner sehr viel weitreichendere, radikalere Innovationspotenziale Funktion ausgeschiedene CEO dieses Unternehmens, Jeffrey R. für sich erschließen können. Immelt, hat diesen Transformationsprozess eindrucksvoll ge- So hat der Heizungshersteller Viessmann einen eigenen schildert: «We were a classic conglomerate. Now people are Fonds («Vito Ventures») aufgelegt, dessen Aufgabe es ist, in calling us a 125-year-old start-up». Aber auch in den digitalen Start-ups zu investieren, die die smarthome-Vernetzungsstra- Welten benötigen tiefergehende Transformationen ihre Zeit. tegie des Unternehmens unterstützen. Der Automobilzuliefe- General Electric ist jetzt im siebten Jahr seines strategiegelei- rer ZF hat eine eigene Tochter, die ZukunftsVenture GmbH, teten Umbaus. Immelt dazu: «I hate to say it, but transformati- gegründet, die ein ganzes «Eco-System» von Start-ups, mit de- on takes time». Auf dem Weg in diese neue geschäftspolitische nen es Jointventures bzw. Beteiligungen gibt, zu steuern ver- Identität hat General Electric eine Reihe früher ausgesprochen sucht. Andere veranstalten zeitlich begrenzte, punktuell prägender Glaubenssätze hinter sich gelassen, wie die primä- durchgeführte Innovationslabs, Hackathons oder gründen ei- re Fokussierung der Aufmerksamkeit auf die Optimierung ste- gene Corporate Inkubatoren bzw. Acceleratoren (siehe Glos- hender Prozesse (Stichwort Six Sigma). Stattdessen heißt es sar, Seite 101) wie etwa die Deutsche Telekom, ProSiebenSat 1, heute: «Companies get into trouble, when process – not outco- SAP oder neuerdings auch Haniel. «Inzwischen gibt es kaum mes for customers – becomes the endgame». mehr einen Dax-Konzern, der kein Start-up im Portfolio hat» (Keese 2016). Rund ein Drittel aller deutschen Großunterneh- men betreibt laut einer Capital Studie solche Innovationsiniti- «Auch in den digitalen Welten benötigen ativen in der einen oder anderen Form (Deburba, Neurohr tiefergehende Transformationen ihre Zeit.» 2015). Eine internationale Studie ermittelte im gleichen Zeit- raum bei 38 Prozent der befragten Unternehmen eigens einge- Als leuchtendes Beispiel für die Selbstveränderungsfähigkeit richtete Innovationszentren zur Entwicklung neuer technolo- angesichts sich disruptive verändernder Marktverhältnisse wird gischer Lösungen und auf Disruption angelegter Geschäfts- gerne Netflix zitiert (O’Reilly, Tushmann 2016). 1997 gegründet modelle (Solis et al. 2015). als Fernleihe-Videothek (basierend auf einer Onlinebestellba- sis mit Postversand) positionierte sich Netflix als Alternative zu Blockbuster, der Nummer 1 am Markt, mit seinen über 6000 Hilfreiche Theorien aus der Filialen und mehr als 40 Millionen Kunden. Zehn Jahre später Management- bzw. Organisations- erfolgte der Schwenk vom Versender zur Download-Plattform, weil es billiger geworden war, einen Film übers Netz zu ver- forschung schicken als per Post. Dann löste Streaming die Download- Sucht man in der einschlägigen Forschung nach bereits em Plattformen ab. Wieder führte Netflix diesen Wandel an, weil pirisch untermauerten, theoriebasierten Konzepten, die die man rechtzeitig in die erforderliche technologische Basis in- Erfolgswahrscheinlichkeiten unterschiedlicher Spielarten der vestiert hatte. Letztlich entschloss sich Netflix vor wenigen Innovation abschätzbar machen, so ist das Angebot im Mo- Jahren, wegen der steigenden Rechtekosten selbst in die Pro- ment noch überschaubar. Zu jung ist das Phänomen und zu duktion von Inhalten einzusteigen – mit großem Erfolg, wie heterogen sind die Ausgangsbedingungen in den einzelnen etwa die Serie «House of Cards» zeigt. Dieser Schritt hat die Er- Unternehmen. Verständlicherweise erlebt die Ratgeberlitera- tragskraft der nach wie vor rapide wachsenden Abonnenten tur rund um diese spezifischen unternehmerischen Heraus- zahlen weiter deutlich ansteigen lassen. Blockbuster dagegen forderungen gerade einen erheblichen Aufwind, versucht sich musste ungeachtet seiner jahrelangen marktbeherrschenden doch die gesamte Beratungsbranche für diese aktuellen The- Position bereits 2010 Insolvenz anmelden. men in Stellung zu bringen (vgl. Rogers 2016). Was zeichnet Unternehmen aus, die sichtlich eine Selbst Überlegungen zur Bewältigung der Gleichzeitigkeit einer erneuerungskraft als «organizational capability» in sich einge- Optimierung des bestehenden Geschäftes und der Suche nach baut haben? Wie können Unternehmen befähigt werden, aus dem radikal Neuen lieferten bereits Ansätze zur Lernfähigkeit ihren angestammten geschäftspolitischen Pfaden auszuzustei von Organisationen (March 1991), evolutionstheoretische An- gen und sich rechtzeitig in wesentlichen Dimensionen unter- sätze der vorausschauender Selbsterneuerung (Wimmer 2007), nehmerisch neu zu erfinden? Was veranlasst andere Unter- Strategieentwicklungskonzepte am Beispiel von Intel (Burgel- nehmen wiederum, trotz ihrer Marktmacht und finanziellen mann 2002) und die Diskussion um die Möglichkeiten und Stärke, dies nicht zu tun oder mit den eingeleiteten Verände- Grenzen einer nachhaltigen Dynamisierung von «organizatio- rungsanstrengungen zu scheitern? Viele Unternehmen experi nal capabilities» (Schreyögg & Kliesch-Eberl 2007). Für einen 12 OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2018
Thomas Schumacher, Rudolf Wimmer | Gleichzeitig optimieren und neu erfinden? | Schwerpunkt | Reflexion ausführlicheren Theoriediskurs würde es sich lohnen, auch auf Dienstleitungen zu entwickeln. Überlebenswichtig ist aus sei- diese Theorieansätze zurückzugreifen. Im Folgenden konzen- ner Sicht deshalb die Fähigkeit, sich schnell und regelmäßig trieren wir uns aber in aller Kürze auf fünf ausgewählte Theo- grundlegend zu wandeln, um sich angesichts der sich rasch rieressourcen. Sie können im aktuellen Ringen um angemes- verändernden Rahmenbedingungen immer wieder neu zu sene Antworten auf die beobachtbare Veränderungsdynamik erfinden. als erste Orientierungslandkarten und Reflexionshilfen in un- Dazu erforderlich ist für heutige Organisationen nach Kot- terschiedlichen Kontexten dienen. ter neben der hierarchischen Struktur (erstes Betriebssystem) eine zusätzliche netzwerkartige Struktur (zweites Betriebssys- Das Innovator’s Dilemma tem). Er versteht darunter eine bewusst geschaffene Organisa- Clayton Christensen beschreibt in seinem Innovator’s Dilem- tion, in der Freiwillige aus der Organisation hierarchieüber- ma, wie erfolgreich etablierte Unternehmen Gefangene ihres greifend an Innovation und Veränderung arbeiten. Das duale eigenen Erfolges werden. Sie können sich weder aus ihrem be- Betriebssystem als eine Kombination von Hierarchie und stehenden profitablen Kerngeschäft zurückziehen noch sind Netzwerk verspricht Individualismus, Kreativität und Innova- sie in der Lage, mit ihren eingespielten Prozessen und Struktu- tion, welche die hierarchische Organisation alleine nicht be- ren erfolgreich in kleinen, neuen Märkten mit zweifelhaften reitstellen kann. Die Verbindung erfolgt im Wesentlichen über Erfolgsaussichten zu arbeiten. Als Ursache dafür nennt Chris- Personen, die Teil beider Betriebssysteme sind. Eine entschei- tensen erstens, dass sich ihre Ressourcenvergabe an Kunden dende Rolle spielt dabei auch das Top Management, weil von und Investoren orientiert und damit dazu führt, dass Ideen, ihm die Initiierung und Aufrechterhaltung des Netzwerks aus- welche die Kunden (noch) nicht wollen, systematisch verwor- geht und die wechselseitige Befruchtung der beiden Betriebs- fen werden. Diese Orientierung führt zur Ablehnung von dis- systeme sicherzustellen ist. rupten Technologien. Zweitens können kleine Märkte nicht das Das Accelerate-Konzept basiert auf Kotters Ansatz «Lea- Wachstumsbedürfnis großer Unternehmen befriedigen. Drit- ding Change», geht aber über die Betrachtung eines episoden- tens tun sich etablierte Unternehmen mit ihren etablierten haften und einmaligen Veränderungsprozesses hinaus. Es hat Planungstechniken schwer, (noch) nicht existierende Märkte vielmehr den Anspruch eines permanenten Beschleunigers, zu analysieren. Viertens sind ihre bestehenden Werte, Prozesse der fortwährend für eine Kultur der Agilität innerhalb einer und Fähigkeiten vielfach unzulänglich und schwer veränder- Organisation sorgt. Inhaltlich aufbauend auf Kotters Change- bar. Fünftens führt das ingenieurgetriebene Over-Engeneering Konzept beinhaltet es acht Beschleuniger der Organisation: zur Übererfüllung von Kundenerwartungen und generiert Ni- Das kollektive Bewusstsein der Dringlichkeit bezogen auf eine schen für disruptive Innovationen, da ein Großteil der Nutzer überlebenswichtige strategische Gelegenheit erzeugen, eine die von den etablierten Unternehmen angebotene Leistung Führungskoalition aufbauen und involviert halten, eine strate- ohnehin nicht in vollem Umfang nutzt. gische Vision und entsprechende Initiativen entwickeln, ein Als Konsequenz für etablierte Unternehmen folgert Chris- Heer von Freiwilligen mobilisieren, Widerstandsphänomene tensen unter anderem, dass diese eine vollkommen unabhän- erkennen und konsequent überwinden, kurzfristige Erfolge er gige Organisationseinheit schaffen sollten, die weit entfernt von zielen und feiern, die Beschleunigung nachhalten und die Ver- der Mutterorganisation existiert. Sie sollte vollkommen eigen- änderung institutionalisieren. verantwortlich sein und über eigene Ressourcen verfügen – klein genug, um sich auch für kleine Erfolge zu begeistern – «Das Accelerate-Konzept macht die Ko- und eine eigene Kultur und eigene KPIs entwickeln. Kritisch wird an Christensen allerdings angemerkt, dass in existenz von Hierarchie und Netzwerk zum einer Zeit, in der 75 Prozent aller Start-ups scheitern und 90 expliziten Element des Organisationsdesigns.» Prozent niemals Gewinne erwirtschaften, sein Begriff der dis- ruptiven Innovation inzwischen inflationär genutzt wird und Das Konzept macht die Ko-existenz von Hierarchie und Netz- sein Modell der disruptiven Innovation eigentlich nur be- werk – die ja in so gut wie allen Organisationen ein bekanntes, schreibt, warum Geschäftsideen scheitern (Lepore 2014). wenn auch oft implizites Phänomen ist – zum expliziten Ele- ment des Organisationsdesigns. Die Kombination von festge The dual operating systems fügter Linienorganisation und von projektförmig organisier- John P. Kotter kritisiert in seinem Buch «Accelerate» (2014) die ten Innovationsinitiativen auf einer quasi hierarchiefreien tradierte hierarchische Verfasstheit etablierter Unternehmen. Basis der Selbstorganisation ist tatsächlich in einer Reihe von Deren «hierarchisches Betriebssystem» reicht demnach nicht Unternehmen in Gang gesetzt worden. Für die Gestaltung mehr aus, um in einer turbulenten Welt frühzeitig die Risiken des darauf gerichteten Changeprozesses greift Kotter auf sei und Potenziale zu erkennen und innovative Produkte und ne bekannten acht Schritte zurück. Allerdings wird das Vorge OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2018 13
Reflexion | Schwerpunkt | Gleichzeitig optimieren und neu erfinden? | Thomas Schumacher, Rudolf Wimmer henskonzept dem Komplexitätsgrad der aktuell anstehenden Etablierte Organisationen betonen (weil unter kurzfristigem Veränderungsherausforderungen in der Regel jedoch nicht Erfolgsdruck stehend) üblicherweise zu sehr die Exploitation gerecht. auf Kosten der Exploration. Es überrascht daher nicht, dass angesichts der aktuellen Herausforderungen rund um das The Exploration — Exploitation oder die ambidextre ma Digitalisierung und der damit verbundenen Suche nach in- Organisation novativen Praktiken und Prozessen, die stärkere Hinwendung James March (1991) bietet mit seiner Unterscheidung von orga zu Start-ups, Inkubatoren und Innovationszentren (und deren nisationalem Lernverhalten in den Dimensionen Exploration Explorationspraktiken) zu einer – wenn nicht der zentralen – und Exploitation eine weitere Perspektive auf das Neben- und Herausforderung für die langfristige Existenzsicherung etab- Miteinander von Corporates und start-up-förmig organisier- lierter Organisation geworden ist. Die sorgfältigen Fallanaly ten Innovationsaktivitäten. Exploration umfasst Tätigkeiten wie sen von O’Reilly und Tushmann zeigen eindrücklich den Vor- Suchen, Variieren, Experimentieren, Spielen, Entdecken und aussetzungsreichtum solcher Unternehmensentwicklungen. Forschen, die auf die Entwicklung neuer Potenziale ausgerich- Dabei ist die Gefahr groß, dass die erforderlichen Veränderun- tet sind, um damit auf sich verändernde Umweltanforderun- gen im bestehenden Geschäft und die start-up-förmig organi- gen reagieren zu können. Exploitation umfasst Tätigkeiten wie sierten Prozesse zur Entwicklung des Neuen einander blo Prozesse kontinuierlich zu optimieren, Effizienzsteigerungs- ckieren, statt zu einer Quelle wechselseitiger Stimulation zu potenziale zu entdecken und konsequent zu realisieren. Hier werden. Für diese erfolgreiche Verzahnung bei gleichzeitig ge geht es darum, den eingeschwungenen Zustand in allen Di- trenntem Agieren gibt es wohl noch keine ausgetretenen Pfa- mensionen noch leistungsfähiger zu machen. de, die sich für schlichtes Kopieren anbieten würden. Nach March unterscheiden sich diese beiden Modalitäten im Erfolgreichmachen eines Unternehmens fundamental. Sie Two Routes to Resilience stehen innerhalb eines Unternehmens in Konkurrenz um be- Gilbert et al. (2012) beschreiben in ihrem Ansatz zur Transfor- grenzte Ressourcen und sind in der organisationalen Praxis mation etablierter Unternehmen zwei unterschiedliche For- nur schwer miteinander vereinbar. Gerade die Sorge um ein men von gleichzeitig notwendiger Transformation: Auf der konstruktives Miteinander der beiden so konträren Steue- einen Seite sehen sie die Repositionierung des Kerngeschäfts rungsmodi ist aus Sicht von March entscheidend, wenn Orga- und die Anpassung des laufenden Geschäftsmodells an sich nisationen langfristig am Markt bestehen wollen. Beide leisten radikal verändernde Marktanforderungen (Transformation A). aus seiner Sicht einen unterschiedlichen, aber jeweils unver- Auf der anderen Seite sollten Organisationen separate, disrup- zichtbaren Beitrag zur langfristigen Überlebensfähigkeit von tive Geschäfte entwickeln, die als Quelle des zukünftigen Organisationen. Wachstums dienen (Transformation B). Als bekanntes Beispiel für den dualen Transformationsan- satz zitieren die Autoren IBM. In den 1990ern transformierte «Für eine erfolgreiche Verzahnung man dort das Kerngeschäft der geschützten Server Software bei gleichzeitig getrenntem Agieren gibt zum offenen Standard und entwickelte gleichzeitig eine globa- es noch keine ausgetretenen Pfade, le Service Organisation als Basis für das zukünftige Wachstum. Um die notwendige Gleichzeitigkeit der Transformation zu die sich kopieren ließen.» ermöglichen, bedarf es eines organisationalen Prozesses, den die Autoren «Fähigkeitsaustausch» nennen. Mit dessen Hilfe Der Umgang mit der gleichzeitigen Exploration und Exploita- können ausgesuchte Ressourcen geteilt werden, ohne den je- tion hat unter dem Stichwort «Ambidexterity» (ursprünglich: weiligen Operationsmodus der beiden unterschiedlichen Or- Beidhändigkeit) inzwischen zu einer regen Debatte um die ganisationswelten zu beeinflussen. Damit kann das etablierte Möglichkeiten ihrer Gleichzeitigkeit im organisationalen All- Geschäft möglichst gut und langfristig gesichert werden und tag geführt. Näher ausgeführt und theoretisch untermauert ha gleichzeitig das neue Wachstumsgeschäft die notwendige Zeit ben diesen Ansatz O’Reilly und Tushmann (2004). In ihrem und Unterstützung erhalten, um sich zu etablieren. jüngsten Buch (2016) rekonstruieren sie anhand einer Fülle Für diesen Fähigkeitsaustausch zeigen die Autoren fünf von Fallbeispielen, wie Unternehmen diese Art von «organiza- Prozessschritte auf: Erstens, ein klares und nachhaltiges Com- tional capability» entwickeln, worin genau sie besteht und wa- mitment der obersten Führung etablieren (keine Teilzeitver- rum andere an solchen Veränderungsvorhaben gescheitert antwortungen auf nachgeordneter Ebene). Zweitens, die Iden- sind. Im Zentrum ihrer Untersuchungen stehen ganz spezifi- tifikation der Ressourcen, die die beiden Organisationen teilen sche Führungskonstellationen und wohl durchdachte Organi- können oder müssen (häufig den Brand oder Kundendaten). sationslösungen, die diese «Beidhändigkeit» ermöglichen. Drittens der Aufbau von Austauschteams (mit klaren Verant- 14 OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2018
Thomas Schumacher, Rudolf Wimmer | Gleichzeitig optimieren und neu erfinden? | Schwerpunkt | Reflexion wortungen auf beiden Seiten). Viertens der Schutz der jeweili- losere Formen der Kopplung zwischen beiden Seiten beob- gen Organisationsgrenzen (z. B. keine Einmischung des tradi- achten. Dabei wird die Stärke der Kopplung in Organisatio tionellen Geschäfts in das neue Start-up). Fünftens die Ent- nen nach Weick vor allem bestimmt durch Regeln, Vorschrif- wicklung und Skalierung des neuen Geschäfts (z. B. externe ten (inkl. der Reaktion auf die Verletzung der Vorschriften), Stakeholder vom neuen Geschäft überzeugen). durch die Schnelligkeit von Feedback und die Aufmerksam- Gilbert et al. veranschaulichen das Vorgehen anhand eines keit, die der Kopplung gewidmet wird. Diese beziehen sich Beispiels aus der Verlagsbranche, bei dem die Deseret News bei der Kopplung von traditionellen Unternehmen und Inno ein erfolgreiches internes start-up in einem bedrohten Kern- vationszentren in der Regel auf finanzielle und kundenbezo- geschäft gründete. Dabei kam dem Fähigkeitsaustausch zwi- gene Themen. schen den beiden Transformationen eine zentrale Rolle zu, um das schnelle Wachstum des Start-ups überhaupt erst zu ermöglichen und es zum Wachstumsmotor des Unterneh- «Die dargestellten Theorien bieten erste mens zu machen. So teilten sich die Deseret News and Deseret Ansätze für ein gelingendes Zusammenspiel Digital u. a. Marke, redaktionelle Inhalte, Marketing Ressour- cen sowie Daten der Kunden und deren Lesegewohnheiten. von etablierten Unternehmen und Start-ups.» Dieser Ansatz weist eine große Verwandtschaft mit dem Ambidextery-Ansatz auf. Zu Recht allerdings betonen Gilbert Zusammenfassend bieten die dargestellten Theorien erste An- et al das Erfordernis, dass sich auch das bestehende Geschäft sätze für ein gelingendes Zusammenspiel von etablierten Un- angesichts der Digitalisierungsanforderungen weitreichenden ternehmen und Start-ups. Die Optimierung des bestehenden Veränderungen unterziehen muss. Es gilt also zwei Transfor- (und in der Praxis meist bedrohten) Geschäfts gleichzeitig zur mationsprozesse klug miteinander zu verzahnen, die jeweils Suche nach neuen geschäftlichen Möglichkeiten zu organisie- ganz unterschiedlichen Logiken des Veränderns folgen. ren, erfordert offensichtlich ein paralleles Engagieren im Mo- dus der Exploitation (March) und einer damit verbundenen Lose und feste Kopplung Transformation A (Gilbert et al) als auch der Exploration und Lose oder feste Kopplung zwischen zwei Systemen bezeichnet einer damit verbundenen Transformation B. Das damit ein- nach Karl Weick (1985) die Fähigkeit eines Systems, auf ein an- hergehende anspruchsvolle Nebeneinander entsprechend fest deres System weniger oder mehr Einfluss zu nehmen (z. B. ein oder lose (Weick) oder auch hierarchisch oder netzwerkförmig traditionelles Unternehmen auf ein Start-up oder umgekehrt). (Kotter) zu verbinden, ist in vielen Organisationen derzeit Ge- Weick spricht von einer losen Kopplung (loose coupling) von genstand aufmerksamen Lernens. Was diese Art der Beidhän- zwei Systemen, wenn sie durch wenige oder schwach ausge- digkeit für das Organisationsdesign und die Führungspraxis prägte gemeinsame Variablen verbunden sind und trotz der bedeutet, wird abschließend erläutert. Verbindung ein hoher Grad an Autonomie der gekoppelten Systeme beobachtbar ist (Weick untersuchte dieses Phäno- men zuerst in Erziehungseinrichtungen). Kernherausforderungen Bei loser Kopplung erfolgen wechselseitige Einflüsse gele- Das Zusammenspiel von Corporates mit Start-up- gentlich und indirekt, während bei fester Kopplung Einflüsse förmig operierenden Innovationseinheiten ständig, wesentlich und meist sofort erfolgen. Dementspre- chend bleiben in lose gekoppelten Systemen auftretende Stö- Angesichts des sich intensivierenden Innovationswettbewerbs rungen eher begrenzt, während bei fester Kopplung Einflüsse sind etablierte Unternehmen im Zusammenspiel mit Innova- weitreichende Wirkungen haben und schneller auf andere Be- tionszentren gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die reiche durchschlagen. nicht mehr nur die effizienzorientierte Ausnutzung der vor- Interessanterweise zeigen sich in vorhersehbaren Umwel- handenen Potenziale ermöglichen, sondern auch die Suche ten engere Kopplungen zwischen Systemen, während in un- und Erschließung neuer Potenziale fördern. Wenn dieses Mit- vorhersehbareren Umwelten mit breiteren Reaktionsspielräu- einander so gegensätzlicher Organisationswelten gelingen soll, men eher losere Kopplungen zu beobachten sind. Die höhere braucht es ein von allen Seiten akzeptiertes hochattraktives Variabilität der Verbindungen der losen Kopplung sorgt hier Zukunftsbild, das alle Beteiligten in ihrer ganzen Unterschied- dafür, dass Veränderungsimpulse an den richtigen Stellen auf- lichkeit auf ein gemeinsames Entwicklungsziel strategisch aus gegriffen und verarbeitet werden. richtet. In diesem gemeinsamen Zukunftsbild wurzeln die da- Schaut man auf das Verhältnis von traditionellen Unterneh für geeigneten Führungsstrukturen und Führungspraktiken, men zu Innovationszentren wie internen oder externen Start- die differenzierten Organisationslösungen und Changepro- ups, Inkubatoren oder Acceleratoren so lassen sich engere und zesse sowie eine von allen geteilte Kultur. OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2018 15
Reflexion | Schwerpunkt | Gleichzeitig optimieren und neu erfinden? | Thomas Schumacher, Rudolf Wimmer Konsequenzen für das Organisationsdesign ken, bis hin zu den entsprechenden mentalen Führungs- und Der Blick zurück zeigt auch in der Vergangenheit bereits Unter- Unter Kooperationsmodellen, die ein Sowohl-als-auch der beiden nehmen, denen es gelungen ist, über Jahrzehnte gleichzeitig Welten ermöglichen. Im Mittelpunkt stehen dabei vor allem – im Sinne von March also beidhändig – ihr bestehendes Ge- bereichsübergreifende Prozesse, die verteilte Aufgaben horizon- horizon schäft erfolgreich zu betreiben und sich selbst parallel dazu tal verknüpfen und Komplexität damit bearbeitbar machen. neu zu erfinden. Für Unternehmen wie Intel, 3M, Gore oder Eine entscheidende Rolle spielen gelingende teamförmige Ko- IBM scheint die Gleichzeitigkeit von Effizienzorientierung operationsformen, um die unweigerlich unterschiedlichen und Neuerfindung oder Exploitation und Exploitation durch- Logiken bereichsübergreifender Kooperation zu managen. aus vereinbar. Eine ganz entscheidende Frage ist dabei die Ge- staltung des Organisationsdesigns, d. h. der Logik der organi- organi Konsequenzen für die Führungspraxis sa sationalen tionalen Binnendifferenzierung und die sorgfältige Pflege Beispiele wie etwa das in dieser Ausgabe vorgestellte Zu- Zu einer ausgeprägten Innovationskultur. Wie kann die Organisa- sammenspiel bei der Otto Group (vgl. S. 4–9) zeigen, dass eine tion sich arbeitsteilig organisieren, um gegenüber den höchst traditionelle Orientierung an Effizienz, Planung und die Ver- volatilen und widersprüchlichen externen Anforderungen von meidung von Abweichungen durchaus vereinbar ist mit einer Effizienz und Innovation simultan antwortfähig zu bleiben Haltung, die auf Überraschung, Probieren und iteratives Ler- (für Intel vlg. Burgelmann 2002, für IBM O’Reilly & Tushmann nen ausgerichtet ist. 2016)? Von zentraler Bedeutung ist dabei die Frage, wie Führung mit den Widersprüchen im Sinne eines Sowohl-als-auch kon- «Wie können Flexibilität, Innovation, struktiv umgehen kann. Mit Bedacht ist deshalb der struktu- relle Ort zu wählen, an dem die mit der Ambidexterity not- not Verantw unternehmerische Agilität und Verant wor- or wendigerweise verbundenen Zielkonflikte sorgfältig bearbei- tungsübernahme in die bisherigen tet werden können. Bewährt hat sich dafür das Top Manage- ment als Team, wenn es für diese Aufgabe die erforderliche Organisationsstrukturen der Unternehmen Arbeitsfähigkeit besitzt (O’Reilly & Tushmann 2016). Voraus- integriert werden?» setzung dafür ist, dass die spezifische Eigenlogik der beiden Welten im Team angemessen vertreten ist und dass man aus- Für die meisten etablierten Unternehmen ist dies gleichbe- reichend Zeit und Aufmerksamkeit für den anfallenden Ent- deutend mit der Frage, wie Flexibilität, Innovation, unterneh- scheidungsbedarf zur Verfügung stellt. Ein wesentlicher Inhalt merische Agilität und Verantwortungsübernahme in die bis- der an diesem Ort immer wieder zu bewältigenden Entschei- herigen Organisationsstrukturen integriert werden können. Die dungslasten ist die achtsame Steuerung der mit Ambidexterity Logik des gewählten Organisationsdesigns wird damit nicht einhergehenden Veränderungsprozesse. Unterstützt werden nur zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor (Stichwort: Com-Com solche Führungsleistungen durch eine unternehmensweit ge- peting by design), sondern hängt unmittelbar mit der Art und lebte Kultur, die die notwendige Achtsamkeit für Überraschen- Weise zusammen, wie die Führungsprozesse strukturiert wer- des, Ungewöhnliches und Unerwartetes entwickeln hilft, um den und Führung alltäglich praktiziert wird. Es geht also um die relevanten Umwelten permanent zu beobachten und die Führungsstrukturen, Führungs- und Kommunikationsprakti- Eindrücke kollektiv zu verarbeiten. Nur mit einer durchgängi- gen «customer-centric organizational cultur» (Goran et al 2017) eröffnet sich Organisationen die Möglichkeit, neben der Routi- Routi Abbildung 1 nisierung ihrer Abläufe und der damit verbundenen Effizienz- Implikationen für Führung und Organisation steigerung, ihre eingeschwungenen Zustände angesichts der von außen aufgenommenen neuen Impulse, immer wieder zu Führungs- und Akzeptanz der Unterschiedlichkeit: hinterfragen und zu innovieren. Damit leistet die Führung ei- Kooperationsmodelle Sowohl-als-auch- statt Entweder-oder-Haltung nen unverzichtbaren Beitrag für den Aufbau einer organisatio- nalen Fähigkeit zur kontinuierlichen Selbsterneuerung. Organisationsziele Routinisierung von Prozessen zur Effizienz- steigerung und Hinterfragung der eingeschwung- Dieser hohe Anspruch – der sich nicht nur auf die oberste enen Zustände zur kontinuierlichen Selbst- Führung beschränkt – bringt letztlich neue Herausforderun- erneuerung gen für das Personalmanagement und speziell für die Anbin- dung der Führungskräfte und Mitarbeiter an die Organisation Strategie als Basis der Akzeptiertes Zukunftsbild, das alle Beteiligten Organisations- und in ihrer ganzen Unterschiedlichkeit auf ein mit sich. Organisationen werden in ihrer Leistungsfähigkeit Führungsentwicklung gemeinsames Entwicklungsziel ausrichtet immer abhängiger davon, ambidextrie-fähige Mitarbeiter und Führungskräfte zu halten und außergewöhnliche Talente zu 16 OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2018
Thomas Schumacher, Rudolf Wimmer | Gleichzeitig optimieren und neu erfinden? | Schwerpunkt | Reflexion gewinnen. Die Gleichzeitigkeit von Exploration und Exploita- tion betrifft darüber hinaus letztlich alle zentralen Führungs- dimensionen, die in beiden Welten ihre je unterschiedliche Literatur Ausprägung erfahren müssen. Um ein Verständnis für diese bzw. um die Akzeptanz der praktizierten Unterschiede ist auf allen Führungsebenen immer wieder neu zu ringen. Nur so entsteht eine tragfähige Kultur des sich wechselseitig Erfolg- reichmachens. Ausblick • Burgelmann, R. A. (2002). Strategy is Destiny: How Strategy-Making Wie können traditionelle Unternehmen und ihre start-up-för- Shapes a Company’s Future, Stanford (Free Press). migen Innovationsanstrengungen sich trotz ihrer strukturel- len, prozessualen und kulturellen Unterschiedlichkeit wech- • Christensen, C. M. (2013). The innovator’s dilemma: when new selseitig inspirieren und konstruktiv kooperieren? Sowohl die technologies cause great firms to fail: Harvard Business Review Press praktischen Erfahrungen (siehe hierzu auch die Beispiele in (1. Aufl. 1996). diesem Heft) als auch die konzeptionell-theoretischen Ansät- • Gilbert, C., Eyring, M. & Foster, R. N. (2012). Two routes to resilience. ze machen die fundamentale Unterschiedlichkeit der beiden Harvard Business Review, December 2012, S. 65—73. Organisationstypen deutlich. Sie zeigen aber auch, dass ein alle Seiten vitalisierendes Miteinander unter inzwischen gut • Goran J., LaBerge, L. & Srinivasan, R. (2017). Culture for a digital angebbaren Bedingungen gelingen kann. age; in: McKinsey Quarterly July 2017, S. 1—13. • Keese, Ch. (2016). Silicon Germany. Wie wir die digitale Transforma tion schaffen, 3. Auflage, Knaus Verlag. • Kotter, J. P. (2014). Accelerate: building strategic agility for a faster- moving world, Harvard Business Review Press. • Lepore, J. (2014). The Disruption Machine. What the gospel of inno vation gets wrong; in: The New Yorker vom 23. Juni 2014. • March, J. G. (1991). Exploration and Exploitation in organizational Prof. Dr. Learning. Organization Science, 2(1), S. 71—87. Thomas Schumacher • O’Reilly, C. A. & Tushman, M. L. (2016). Lead and Disrupt. How to sol- Redakteur der OrganisationsEntwicklung, ve the innovator’s dilemma, Standford Business Books. Professor für Organisation und Führung an der katholischen Hochschule Freiburg, • O’Reilly , C. A. & Tushman, M. L. (2004). The Ambidextrous Organi- Forschungsprogrammleiter und Lehr zation. Harvard Business Review, April 2004, S. 74—81. beauftragter der Universität St. Gallen, Partner osb-international, Wien • Rogers, D. L. (2016). The Digital Transformation Playbook. Rethink Kontakt: your business for the digital age, Columbia University Press. thomas.schumacher@osb-i.com • Schreyögg, G. & Kliesch-Eberl, M. (2008). How dynamic can organi zational capabilities be? Towards a dual-prozess model of capability dynamization; in: Strategic Management Journal vol. 28, S. 913—933. Prof. Dr. • Solis, B., Buvat, J., Subjahmanyam, KVJ & Singh, R. R. (2015). The Rudolf Wimmer Innovation Game: Why and How Businesses are Investing in Innovation Professor für Führung und Organisation Centers, URL: https://www.de.capgemini-consulting.com/resources/ am Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke. Partner der the-innovation-game/ osb international AG, ehemaliger Heraus- geber der OrganisationsEntwicklung • Weick, K. E. (1985). Der Prozess des Organisierens. Suhrkamp. Kontakt: • Wimmer, R. (2007). Die bewusste Gestaltung der eigenen Lernfähig- rudolf.wimmer@osb-i.com keit als Unternehmen; in: Tomaschek, N. (Hrsg.): Die bewusste Organi- sation, S. 39—62, Carl Auer. OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2018 17
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