Steuerung mit Globalbudget? Erfahrungsbericht aus Kanada - allianz Q Workshop: "Was kostet uns das Sparen?" Stoos, 25. Juni 2021
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Steuerung mit Globalbudget? Erfahrungsbericht aus Kanada allianz Q Workshop: „Was kostet uns das Sparen?“ Stoos, 25. Juni 2021 Dr. Heiner Sandmeier, MPH Teilnehmer Studienreise SAGG/SAHE, Stv. Geschäftsführer Interpharma
Warum Globgalbudgets für die Schweiz? Problem Lösung Serge Gaillard, eh. Direktor der Eidg. Finanzverwaltung Eine ‘Schuldenbremse’ für das Gesundheitswesen und Mitglied der Expertengruppe ‘Diener’: Globalbudgets für alle Ausgaben in der OKP Kostenwachsturn des Gesundheitswesens ist das grösste finanzpolitische Problem der Schweiz Nach breit getragenem Widerstand gegen Globalbudgets heisst die Massnahme des Bundesrat nun Kostenentwicklung im Gesundheitswesen belastet die ‘Zielvorgaben für das Kostenwachstum’: Haushalte, die privaten und die öffentlichen Bund legt Zielvorgabe fest (top down) Es gibt keine andere Zwangsabgabe, die nicht politisch gesteuert ist Kantone übernehmen und verteilen auf Leistungsbereiche So kann es nicht weitergehen 2 Quellen: Brändle, T. et al. (2018) Working Paper EFV Nr. 22; Im Dialog, CSS, 3/2018
Internationale Erfahrungen – die Literatur Reviews Empirische Studien Erfahrungen in D, NL, DK, CND, ISR Fehlanzeige. Es gibt keine fundierten empirischen Studien über die Wirksamkeit von Kostenzielvorgaben Einige Reviews ziehen den Schluss, dass Kostenzielvorgaben wirken Die behauptete Wirksamkeit fusst auf Expertenmeinungen Erfahrungen auf die Schweiz Folgen nach Einführung übertragbar? Nein Fehlanreize führen zu Bedeutende Unterschiede: Organisation des Qualitätsverlust mit Wartezeiten und eingeschränkter Gesundheitswesens, Verantwortlichkeiten, historische Zugang Entwicklung, politische Kultur, Mentalität, … Cream Skimmung Zusätzliche, komplexe Regulierungen zur Korrektur der Fehlanreize notwendig 3 Quellen: Brändle, T. et al. (2018) Working Paper EFV Nr. 22; Moreno-Serra, R. (2013) OECD Journal on Budgeting, 13/3: 1–29.
Umsetzung von Globalbudgets Vorteilhafte Faktoren Zentrale Steuerung der Versorgung Fiskalische Äquivalenz (wer zahlt, befiehlt bzw. wer steuert, zahlt) Verfügbarkeit von Daten zur Versorgung Hoher Grad der Digitalisierung im Gesundheitswesen Kapazitäten und Kompetenzen zur Auswertung der Daten Akzeptanz der Bevölkerung für Globalbudgets / Zielvorgaben 4
Ein Augenschein von Ort Studienreise der SAGG (Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheits- ökonomie und Gesundheits- wissenschaften) Ontario Ministry of Health and Long- Term Care St. Michael’s Hospital, Toronto North York General Hospital, Toronto Dalla Lana School of Public Health Quebec Ministry of Health Montreal Neurological Institute and Hospital Desjardins, Private health insurer 5
Schweiz – Kanada Einige Gemeinsamkeiten BIP: 81’993.73 USD Hoher Wohlstand, hohe BIP pro Kopf: 46’194.73 USD Anteil Gesundheitskosten am BIP: 12.1% Ausgaben für Gesundheit Anteil Gesundheitskosten am BIP: 10.8% 10 Provinzen und 3 Territorien verantwortlich für 26 Kantone verantwortlich für Versorgung, Bundestaat mit stark eigenes Gesundheitssystem, nationales Krankenversicherungsgesetz föderaler Struktur nationale Gesetzgebung (Canada Health Act, 1984) Rascher, breiter Zugang im Notfall und bei Zugang zur Rascher, breiter Zugang im Notfall und bei schwerwiegenden Problemen Akutversorgung schwerwiegenden Problemen 7 Overview: Martin D et al. Lancet. 2018;391:1718
Schweiz – Kanada im Vergleich (II) Genf – St. Gallen: 281 km Vancouver - Halifax: 4431 km 8 (Genf – Teheran: 3920 km)
Schweiz – Kanada Einige Unterschiede Bismarck Typ: Versicherungssystem im Organisation des Beveridge Typ: zentral gesteuertes regulierten Wettbewerb Gesundheitswesens Einheitssystem Gesundheitssysteme in Provinzen für zwischen Kantonale Versorgung für zwischen Grösse der 14.7 und 1.2 Mio Einwohner; 1.5 Mio und 16’000 Einwohner Versorgungsgebiete Territorien mit < 50’000 Einwohner (insb. First Nations) Rascher, breiter Zugang zu knappe Ressourcen bei niedergelassenen Ärzten; Grundversorger, Walk-in-Kliniken und Zugang zur ambulanten lange Wartezeiten Spezialisten Versorgung « It’s very challenging to see a doctor » « second opinion is not accessible » « patient accessing walking-clinic are financially punished » Gobalbudgets für Regional Health Authorities Vereinzelt kantonale Gobalbudgets Globalbudgets Gobalbudgets für Spitäler in einigen Provinzen 9 Overview: Martin D et al. Lancet. 2018;391:1718
Globalbudgets in der Praxis: Erfahrungsbericht aus Ontario und Quebec Wie funktioniert’s? Quotes Globalbudget für Spitäler (nicht für alle Leistungsbereiche) «Es ist sehr kompliziert» Trotzdem fee-for-service für Spitalärzte, die keine Spital- bzw. «In anderen Provinzen funktionieren Staatsangestellten sind Globalbudgets anders, wir wissen aber nicht genau wie» Kein Globalbudgets in der ambulanten Medizin (Kosten werden durch knappe personellen Ressourcen limitiert) «Spitäler überziehen das Budget immer und es wird immer korrigiert» Globalbudgets werden jährlich festgelegt «Wir überschreiten das Globalbudget Festlegung ist weitgehend intransparent und stark politisiert regelmässig. Das ist kein grosses Problem, Budgets werden laufend kontrolliert und unter dem Jahr angepasst. denn kein Politiker wagt es, die notwendigen Grund: Canada Health Act garantiert Zugang zu notwendiger Finanzen zu verweigern.» Versorgung Bei überzogenem Budget, werden zusätzliche Mittel für das laufendes Jahr mit dem MoH ausgehandelt 10
Globalbudgets in British Columbia: Pros und Cons aus akademischer Sicht How they are set Advantages Disadvantages Global budget amounts are They provide both policy- Hospital may restrict services to patients or be based on a combination of makers and hospital more selective (cream skimming) factors, including: administrators with yearly Failure to provide financial incentives to shorten predictability Budget values from lengths of stays previous years They do not create financial Lack of transparency in the allocation of funds incentives to oversupply or Rates of inflation provide unnecessary care Perpetuating historical inequities or Capital investment inefficiencies They are an effective tool for decisions controlling growth in hospital Complaints from hospitals regarding inequity in Negotiations costs funding allocations Politics Few financial incentives to increase quality or efficiency 11 Quelle: Current Hospital Funding in Canada The limitations of Global Budgets, Health Services and Policy Research, University of British Columbia February 2014
Aussagen zur Qualität im kanadischen Gesundheitssystem Mangelnde Qualität ist ein anerkanntes, ungelöstes Problem. Hohe Qualität nur an der Spitze der Versorgung nicht in der Breite Die vorhanden Versorgungsdaten werden kaum zur Qualitätssteigerung genutzt Outcome-Daten fehlen weitgehend Chancen der Digitalisierung werden nicht zur Qualitätsverbesserung genutzt 12
Umsetzung von Globalbudgets Vorteilhafte Faktoren Kanada Zentrale Steuerung der Zentral Steuerung durch Versorgung Provinzbehörden mit nationalen gesetzlichen Rahmenbedingungen Fiskalische Äquivalenz Staat (Provinz) finanziert und verwaltet (wer zahlt, befiehlt bzw. Versorgung wer steuert, zahlt) Bundesregierung verbindet ca. 25% Co-Finanzierung mit Vorgaben für Einheitssystem Verfügbarkeit von Daten zur Umfassende Datenerhebung und Versorgung Weitergabe an Behörden Hoher Grad der Digitalisierung im >70% im Bertelsman-Index: Platz 2 Gesundheitswesen Kapazitäten und Kompetenzen Provinzen beschäftigen zusammen zur Auswertung der Daten mehr als 1’000 Gesundheitsökonomen Akzeptanz der Bevölkerung für National Health System / Medicare ist Globalbudgets / Zielvorgaben unbestrittene und unantastbare Errungenschaft; Globalbudgetierung läuft im Hintergrund ab 13
Umsetzung von Globalbudgets Vorteilhafte Faktoren Kanada Schweiz Zentrale Steuerung der Zentral Steuerung durch Dezentrale Organisation der Versorgung Versorgung Provinzbehörden mit nationalen gesetzlichen Rahmenbedingungen Fiskalische Äquivalenz Staat (Provinz) finanziert und verwaltet Bund reguliert KVG, finanziert aber wenig (wer zahlt, befiehlt bzw. Versorgung Finanzierungsquellen: wer steuert, zahlt) Bundesregierung verbindet ca. 25% 6% Bund, 21% Kantone Co-Finanzierung mit gesetzlichen 63% private Haushalte Vorgaben für Einheitssystem Verfügbarkeit von Daten zur Umfassende Datenerhebung und Lückenhafte Datenlage Versorgung Weitergabe an Behörden Fragmentierte, nicht verfügbare Datensilos Hoher Grad der Digitalisierung im >70% im Bertelsman-Index: Platz 2
Was erwarten die Schweizer von Zielvorgaben? 15
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Fazit Selbst unter ausgezeichneten Voraussetzung mit einem zentral gesteuerten Einheitssystem, verfügbaren Daten, grossen administrativen Ressourcen, hohem Digitalisierungsgrad und grosser Akzeptanz der Bevölkerung ist die Wirksamkeit von Globalbudgets für Spitäler in Kanada sehr fraglich Aufgrund der Fehlanreize ist Nachregulierung notwendig Administrativer Aufwand für Budgetierung, Umsetzung, Kontrolle und Anpassungen sind enorm Festlegung der Budgets ist intransparent und politisiert Globalbudgets müssen unter Jahr regelmässig korrigiert werden Effizienz- und Qualitätssteigerung stehen hinten an Sind Globalbudgets / Zielvorgaben ein erfolgversprechendes Modell für die Schweiz? 17
Vielen Dank! 18
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