DIE WELTWEITE KRISE DER DEMOKRATIEN - PHOODLE PHWIEN
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4.2.2020 Die weltweite Krise der Demokratien | DiePresse.com Schnellauswahl Innenpolitik Ausland Economist Kultur Chronik Wien Sport Studie Die weltweite Krise der Demokratien Eine „Marianne“ – Symbol der französischen Republik – blockiert Paris: Seit Monaten legen die Proteste der Gelbwesten ganz Frankreich lahm. REUTERS 30.01.2020 um 13:39 von Susanna Bastaroli Die Unzufriedenheit mit der Demokratie steigt. Das zeigt eine neue Untersuchung der Cambridge-University. Grund sind Flüchtlings- und Finanzkrise sowie der Brexit. Wien/London. Demokratien weltweit leiden derzeit an einer tiefen Glaubwürdigkeitskrise. Die Unzufriedenheit mit demokratischen Systemen ist so groß wie seit 25 Jahren nicht mehr. Das geht aus einer umfassenden Studie hervor, die die Universität Cambridge vor wenigen Tagen veröffentlichte: Da ür wurden vier Millionen Menschen in 154 Ländern befragt – so viele Personen wie noch nie zuvor in vergleichbaren Studien. https://www.diepresse.com/5760588/die-weltweite-krise-der-demokratien 1/4
4.2.2020 Die weltweite Krise der Demokratien | DiePresse.com Von einem „weltweiten Zustand der Demokratie-Malaise“ spricht Roberto Foa, Autor der Studie des Center for the Future of Democracy in Cambridge, das bereits seit 1970 Meinungen zur Demokratie untersucht. Das ernüchternde Ergebnis: 2019 äußerten sich 57,5 Prozent der Befragten „unzufrieden“ mit der Performance ihrer Demokratien, so viele wie seit Beginn der Studie nicht. 1995 waren es in vergleichbaren Umfragen zehn Prozent weniger. Frustrierte Amerikaner Der Frust ist vor allem in bevölkerungsreichen Demokratien gestiegen, wie etwa Brasilien, Nigeria, Mexiko, Südafrika oder Australien – allen voran in der sogenannten Ersten Welt. Während sich in den 1990ern zwei Drittel der Europäer, Nordamerikaner oder Australier zufrieden mit ihren Demokratien äußerten, sagt heute die Mehrheit von ihnen das Gegenteil. In Europa ist der Unmut vorwiegend im kriselnden Mittelmeerraum und in Frankreich verbreitet. Besonders „dramatisch und unerwartet“ ist laut den Autoren aber der Vertrauensverlust in den USA. So sind derzeit nicht einmal die Hälfte der US Bürger mit ihrer Demokratie zufrieden – vor 25 Jahren waren noch 75 Prozent voller Vertrauen. Hauptgrund ür das Tief ist die Finanzkrise von 2008. Ähnlich drastisch ist die Lage in Großbritannien, wo sich 2019 die Mehrheit der Bürger demokratieskeptisch äußerte – erstmals seit Beginn der Untersuchungen: Ein Grund wird im jahrelangen Gezerre um den EU Austritt nach dem Brexit- Referendum gesehen. Nicht lang davor waren die Briten noch voller Demokratie- Optimismus. Von den 1970ern an stieg das Zutrauen in ihr System kontinuierlich – und erreichte, wie in anderen Teilen der Welt auch, Höhepunkte der Begeisterung mit dem Fall der Berliner Mauer und dem Ende der Sowjetunion. In den 2000ern begann die „globale Demokratie-Rezession“. 2005 noch verzeichnete die Demokratie-Begeisterung ein Allzeithoch: Nur 38,7 Prozent zeigten sich mit ihrem System unzufrieden. Danach, so zeigen die Umfragen, ist der Anteil der „Unzufriedenen“ aber weltweit kontinuierlich gestiegen. Was also ist genau passiert? Die Autoren sehen einen klaren Zusammenhang mit einer ganzen Reihe destabilisierender wirtschaftlicher und politischer Ereignisse, die zum Teil auf Fehler, Un ähigkeit und falsches Kalkül politischer und https://www.diepresse.com/5760588/die-weltweite-krise-der-demokratien 2/4
4.2.2020 Die weltweite Krise der Demokratien | DiePresse.com ökonomischer Akteure zurückzu ühren sind. So ist deutlich erkennbar, wie nach der globalen Finanzkrise vom Oktober 2008 der Frust über demokratische Systeme auf Anhieb weltweit um 6,5 Prozentpunkte stieg – und zwar „nachhaltig“, wie die Cambridge-Forscher konstatieren. Die globale Finanzkrise hat nicht nur in den USA zu politischer Polarisierung und zu steigendem Misstrauen gegenüber den wirtschaftlichen und politischen Institutionen ge ührt. In Europa hat sich zudem die Flüchtlingskrise von 2015 langfristig negativ auf das Vertrauen zu politischen Systemen ausgewirkt, da sich damals viele EU- Regierungen überfordert und konzeptlos zeigten. Das Misstrauen äußerte sich auch in Wahlergebnissen. Doch es gibt auch Lichtblicke. Wenn Demokratien konstruktiv kooperieren, um Krisen zu lösen, dann steigt auch das Vertrauen in demokratische Systeme wieder. Ein Beispiel: Als der EU Rat als Reaktion auf die Schuldenkrise den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) ins Leben riefen, stieg in Umfragen das Demokratie- Vertrauen wieder um zehn Prozent. Und in einer Handvoll gut funktionierender kleiner, reicher EU Staaten - unter anderem in den Niederlanden, in Luxemburg, Norwegen, Dänemark oder in der Schweiz - steige die Anzahl der Demokratie-Fans weiterhin, so die Studie. https://www.diepresse.com/5760588/die-weltweite-krise-der-demokratien 3/4
4.2.2020 Die weltweite Krise der Demokratien | DiePresse.com „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Bürger rational sind, wenn sie politische Institutionen bewerten“, lautet das Fazit von Foa. „Ihr Urteil hängt stark von dem ab, was sie observieren und erleben.“ So sei der Erfolg „populistischer“ Parteien und Politiker nicht ein Grund ür die Demokratie-Krise, sondern ein klares Symptom da ür, sagt er. >>> Link zur Studie Zum „Das Wichtigste des Tages“-Newsletter anmelden Alles was Sie heute wissen müssen: Neben Breaking News erhalten Sie die wichtigsten Themen und Analysen des Tages zusammengefasst in Ihrem Postfach. E-MAIL name@mail.com Anmelden https://www.diepresse.com/5760588/die-weltweite-krise-der-demokratien 4/4
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