Digitale Kompetenzen für alle - Weiterbildungsangebote nach DigComp für Personen mit geringen digitalen Kompetenzen in Deutschland - IRC Deutschland
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Lisa Nüßlein & Johanna Schmidt Digitale Kompetenzen für alle Weiterbildungsangebote nach DigComp für Personen mit geringen digitalen Kompetenzen in Deutschland
Digitale Kompetenzen für alle Weiterbildungsangebote nach DigComp für Personen mit geringen digitalen Kompetenzen in Deutschland Autorinnen: Lisa Nüßlein Johanna Schmidt by SuperCode GmbH & Co. KG Projektpartner: IRC Deutschland ZAUG gGmbH Volkshochschule Landkreis Gießen
Über diese Publikation & das Projekt CODE-UP Diese Publikation ist Teil einer Recherche für das Projekt CODE-UP Germany über die derzeitige Weiterbildungslandschaft für digitale Kompetenzen in Deutschland. Diese Bestandsaufnahme fokussiert sich auf ein spezielles Feld der Weiterbildung: Digitale Kompetenzen für geringqualifizierte Menschen (EQR 1-4) nach dem europäi- schen Referenzrahmen DigComp 2.1 (Digital Competence Framework for Citizens) und dem 3-stufigen Ansatz der EU für lebenslanges Lernen (Kompetenzfeststellung, Weiterbildung und Validierung). Den Fragestellungen nach Zielgruppen und Angeboten haben wir uns anhand von Literatur-, Daten- und Internetrecherche sowie mit Hilfe halbstandardisierter Expert:inneninterviews genähert. Es wurden vornehmlich deutsch und englischsprachige Informationen und Angebote näher betrachtet. Ziel der Recherche ist es, den Projektpartnern IRC Deutschland, ZAUG gGmbH und der Volkshochschule Landkreis Gießen wichtige Basisinformationen für die Umsetzung eines Weiterbildungsangebotes nach DigComp 2.1 zu liefern. Die vorliegende Arbeit gibt einen ers- ten Überblick über bestehende Angebote und Best Practice Beispiele. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, da im Bereich des “Upskillings” für Erwachsene mit geringen digitalen Kompetenzen die Angebotslage bisher weder erhoben noch systematisch kategorisiert wurde. Die Rechercheergebnisse sollen weiteren Akteur:innen der nicht-formalen und informellen Weiterbildung helfen, Fragen zur Implementierung von DigComp-basierten Weiterbildungsangeboten zu beantworten. Lisa Nüßlein Johanna Schmidt
Inhalt 01 Einführung 8-9 02 DigComp 2.1 - der EU-Referenzrahmen für digitale Kompetenzen 10-11 03 The digital divide - Personengruppen mit geringen digitalen Kompetenzen 3.1 Geringqualifizierung als entscheidender Faktor 12-18 3.2 Kommunikationskanäle & Zielgruppenansprache 3.3 Zwischenfazit 04 Bildungsangebote im Bereich digitale Kompetenzen - Ein Status quo 4.1 Weiterbildungsangebote nach DigComp 2.1 - Quo vadis Europa? 19-23 4.2 Herausforderungen und erste Lösungen 4.3 Zwischenfazit 05 Digitale Kompetenzen testen und validieren 5.1 Testverfahren mit Selbsteinschätzung 24-27 5.2 In Kombination: Selbsteinschätzung und Wissens-Fragen 5.3 Handlungsbasierte Tests 5.4 Zwischenfazit 06 Ausblick und Handlungsempfehlungen 28-30 31-35 Anhang Quellen Interviewpartner:innen Literatur
8 01 Einführung Neben anderen grundlegenden Kompetenzen vorbehalten. Kompetenzen wie Lesen, Rechnen oder Menschen mit geringer Qualifikation Schreiben definiert die EU die digitale verfügen häufig auch über geringere Kompetenz als eine der acht Schlüs- digitale Kompetenzen. selkompetenzen für lebenslanges Ler- nen. Im Jahr 2013 veröffentlichte die Neben Bildungs- und Qualifizierungs- EU den Referenzrahmen DigComp - grad beeinflussen auch soziodemo- The Digital Competence Framework for grafische Faktoren wie Alter, das Ges- Citizens. chlecht und Wohnort die digitalen Digitale Kompetenz beinhaltet darin Kompetenzen. Personen mit geringem den sicheren und kritischen Umgang Bildungsniveau und/- oder geringem mit digitalen Technologien, die für Einkommen, mit Flucht- und Migra- Information, Kommunikation und tionserfahrung oder ohne adäquate Problemlösungsstrategien aller Le- Ausbildung, laufen Gefahr ausge- bensbereiche genutzt werden. schlossen zu werden. Folglich ist unsere gesellschaftliche und soziale Teilhabe eng mit digitaler Um dem entgegenzuwirken, müssen Teilhabe verbunden: dringend Bildunsangebote entwickelt werden, die digitale Kompetenzen “Sich in einer digitalisierten Gesell- fördern und Menschen dazu befähigen, schaft zurechtzufinden, an ihr teilzu- an der digitalen Gesellschaft teilzuha- haben und die eigene Biografie zu ben. Das Kooperationsprojekt CODE- gestalten wird künftig für jede und UP des IRC Deutschland, der ZAUG jeden Einzelnen auch entschei- gGmbH und der Volkshoch-schule dend von individuellen digitalen Landkreis Gießen widmet sich die- Kompetenzen abhängen.” sem Ziel. Es wird ein Weiterbildungs- (Autorengruppe Bildungsberichters- angebot für Menschen mit geringen tattung 2020: 231) Qualifikationen und geringen digitalen Kompetenzen (EQR1-4) entwickelt, das Die Digitalisierung transformiert un- sich am europäischen Referenzrahmen ser Leben und birgt viele Chancen. DigComp orientiert. Die vorliegende Jedoch werden auch bestehende Publikation ist das Resultat einer für soziale Ungleichheiten verstärkt. dieses Projekt erarbeiteten Bestands- Für Menschen, die nur geringe digi- aufnahme und soll auch weiteren tale Kompetenzen haben, besteht die Bildungsanbietern Informationen erhöhte Gefahr immer weiter an den zur Verfügung stellen. Durch Inter- gesellschaftlichen Rand gedrängt zu net- und Quellenrecherche als auch werden. Die digitale Spaltung der Ge- anhand von Expert:inneninterviews sellschaft (Digital-Divide), zeigte sich werden folgenden Fragen behandelt: auch durch die Corona-Pandemie. Home-Office und Home-Schooling beispielsweise bleiben nur Menschen mit ausreichenden Ressourcen und
9 � Welche Personengruppen verfügen über geringe digitale Kompetenzen und wie können diese Gruppen identifiziert und erreicht werden? � Welche relevanten Bildungs- angebote nach DigComp 2.1 werden bereits angeboten? � Welche relevanten Kompetenz- feststellungs- und Validierungs- verfahren gibt es aktuell? Im Folgenden werden die zentra- len Ergebnisse unserer Recherche vorgestellt und daraus Handlungs- empfehlungen für die Implementier- ung von DigComp basierten Bildungs- angeboten abgeleitet.
10 02 DigComp 2.1 - der EU-Referenzrahmen für digitale Kompetenzen Die digitale Kompetenz ist eine von Stufe darstellt und der Berufsvor- acht Schlüsselkompetenzen des euro- bereitung zugeordnet wird. Stufe 4 päischen Referenzrahmens für lebens- entspricht dem Qualifikationsniveau langes Lernen. “[Sie] umfasst die einer dualen Ausbildung oder der Be- sichere, kritische und verantwortungs- rufsfachschule (DQR 2014: 2). volle Nutzung von und Auseinander- setzung mit digitalen Technologien Demnach fokussieren wir uns hier auf für die allgemeine und berufliche Bil- “Menschen mit geringen Qualifika- dung, die Arbeit und die Teilhabe an tionen”, denn diese “sind stärker von der Gesellschaft.” (ABl 2018/C 189: 9). Arbeitslosigkeit, Armut und sozia- Als Schlüsselkompetenz wird die digi- ler Ausgrenzung bedroht und haben tale Kompetenz als Grundlage für den höhere Gesundheitsrisiken und eine weiteren Kompetenzerwerb eingeord- geringere Lebenserwartung, während net. Es geht dabei weniger um spezi- bei ihren Kindern eine erhöhte Gefahr fische Anwendungskenntnisse, als um von schwachen Lernleistungen besteht.” ein grundlegendes und übergreifend (ABl. 2016/C 484: 1) kritischreflexives Verständnis der digitalen Welt (Autorengruppe Bil- Gemäß der Empfehlung des Euro- dungsberichterstattung 2020: 231). päischen Rates (ABl. 2016/C 484; ABl. 2019/C 189) für digitale Kompetenzen Die erste Version des europäischen in Deutschland orientiert sich das vor- Referenzrahmens für digitale Kom- liegende Projekt bei der Konzeption petenzen DigComp 1.0 The Digital seines Weiterbildungspfades außer- Competence Framework for Citizens1 dem an einem dreistufigen Ansatz zur wurde 2013 veröffentlicht. Seitdem Weiterbildung von Erwachsenen mit kontinuierlich weiterentwickelt, wurde einem niedrigen Kompetenzniveau: die aktuelle Version 2.1 im Jahre 2017 publiziert. Hier werden fünf Kompe- 1. die Bewertung der vorhandenen tenzbereiche in insgesamt 21 Ein- Kompetenzen für die Ermittlung des zelkompetenzen eingeteilt, in denen Bildungsbedarfs jeweils acht verschiedene Kompetenz- stufen erreicht werden können. Die 2. die maßgeschneiderte Qualifizierung, acht Kompetenzstufen sind an den um Bildungslücken zu schließen sowie Europäischen Qualifikationsrahmen (EQR) angepasst. Das Niveau des EQR 3. die Anerkennung der erworbenen entspricht 1:1 denen des Deutschen Kompetenzen Qualifikationsrahmen (DQR). So kann (ABl. 2019/C 189: 4). eine europaweite Vergleichbarkeit von digitalen Kompetenzen erreicht werden. Im vorliegenden Projekt geht es um Bildungsangebote für Menschen mit einem Qualifikationsniveau des EQR von Stufe 1 bis 4, wobei 1 die niedrigste 1 Nicht nur für Bürger:innen, sondern auch für Lehrende, Organisationen und Konsument:innen hat die Europäische Kommission einen Referenzrahmen für digitale Kompetenzen veröffentlicht.
11 Quelle: nach Enterra https://digcomp.enterra.de/ Die fünf Kompetenzbereiche werden in 21 Einzelkompetenzen aufgeteilt: Umgang mit Informationen Erzeugen digitaler Inhalte und Daten � Entwicklung von digitalen Inhalten � Recherche, Suche, Filterung von � Fremde digitale Inhalte nutzen Daten, Informationen und und bearbeiten digitalen Inhalten � Wissen über Copyright und � Aus- und Bewertung von Daten, freie Lizenzen Informationen und � Programmieren digitalen Inhalten � Organisieren und Verwalten von Sicherheit Daten, Informationen und � Schutz von Geräten digitalen Inhalten � Schutz von personenbezogenen Daten und der Privatsphäre Digitale Kommunikation � Schutz von Gesundheit und digitale Kollaboration und Wohlergehen � Interaktion mit Hilfe von � Schutz der Umwelt digitalen Technologien � Austausch mit Hilfe von Problemlösen digitalen Technologien � Lösung von technischen � Teilhabe an der Gesellschaft mit Problemen Hilfe von digitalen Technologien � Bedürfnisse identifizieren und � Zusammenarbeiten mit Hilfe von technische Lösungen finden digitalen Technologien � Kreativer Gebrauch � Netiquette digitaler Technologien � Verwaltung der eigenen � Identifizierung digitaler digitalen Identität Kompetenzlücken Quelle: DigComp 2.1
12 03 The digital divide2 - Personengruppen mit geringen digitalen Kompetenzen Wie steht es um die digitalen teilung der Glaubwürdigkeit einer Kompetenzen in Deutschland und Online-Quelle, die Unterscheidung welche Gruppen brauchen besondere von Informationen und Werbung als Unterstützung durch Weiterbildung? auch das Verständnis darüber, warum Anbieter an Nutzerdaten interessiert Es gibt bisher keine Studie zu digitalen sind (Grotlüschen et al. 2019a). Jedoch Kompetenzen nach DigComp und da muss diese Gruppe auch differen- die Definition von digitalen Kompe- ziert betrachtet werden, denn digitale tenzen je nach Rahmen und Adressa- Praktiken wie die regelmäßige Nutzung tengruppe stark variiert, unterschei- von Sprachnachrichten, Videotelefonie den sich auch die Messinstrumente oder die sozialen Netzwerke, üben und demnach sind Vergleiche zwi- gering literalisierte Erwachsene sogar schen Studien schwierig. Verschiedene häufiger aus (Grolüschen et al. 2019b: repräsentative Studien (z.B. OECD, 31). Auch laut OECD werden generell DESI, LEO Grundbildungsstudie, Digital gute Lese-, Mathematik- und technik- Index) und wissenschaftliche Publika- basierte Problemlösungskompetenzen tionen geben Hinweise auf Zielgruppen benötigt, um das Internet über Infor- mit Weiterbildungsbedarf im Bereich mations- und Kommunikationszwecke digitaler Kompetenzen. Es kann aber hinaus zu nutzen. Nutzer:innen müssen eine klare Forschungslücke im Bereich über verschiedene kognitive Kom- der Kompetenzentwicklungsbedarfe petenzen verfügen, um zum Beispiel von geringqualifizierten Personen- zu erfassen, welche Absichten oder gruppen attestiert werden. S. Widany Verfasser:innen hinter Informatio- vom Deutschen Institut für Erwach- nen stecken (OECD 2019). Auch die senenbildung (DIE) sagt: “In diesem im Nationalen Bildungspanel durch- Feld übertreffen die Daten- und Fos- geführten IKT-Kompetenztests be- chungsdesiderate leider bei weitem die stärken die Korrelation zwischen Bil- erhofften Informationen.” dungsstand und digitalen Kompe- tenzen (Autorengruppe Bildungs- berichterstattung 2020: 294). So sind 3.1 Geringqualifizierung als es häufig geringqualifizierte Mens- entscheidender Faktor chen, also Personen die über keine formale berufliche Ausbildung ver- Aus der zuletzt im Jahr 2018 erhobenen fügen (Ambos 2005), welche auch nur LEO -Grundbildungsstudie geht her- über geringe digitale Kompetenzen vor, dass gering literalisierte Erwach- verfügen. Im Jahr 2018 hatten 17 % der sene3 im Vergleich zur Gesamtbevöl- Erwachsenen im Alter von 25 bis unter kerung seltener internetfähige Geräte 65 Jahren keinen beruflichen Bildungs- nutzen und sich geringere digitale abschluss (Autorengruppe Bildungs- Kompetenzen zuschreiben als bei der berichterstattung 2020: 69). Gesamtbevölkerung üblich. Das be- trifft sowohl die Nutzung von Web- Portalen oder ähnlichem, die Beur- 2 Digital divide bezieht sich sowohl auf den Zugang zu digitaler Technologie als auch auf eine kompetente Nutzung. 12,1 % der erwerbsfähigen Bevölkerung in Deutschland können nicht oder nur unzureichend lesen und schreiben: 58 % sind Männer (global ist das umgekehrt), 3 fast 50 % sind über 45 Jahre alt, 60 % haben keinen oder einen niedrigen Schulabschluss und 60% sind erwerbstätig (Grotlüschen et al. 2019a).
13 Quelle: nach D21 2019: 38 Dieses Schaubild des Digital Index 2019/2020 stellt eine Gruppe Menschen dar, die zu den “digital Abseitsstehenden” zählt. Diese finden sich nur schwer zurecht und haben eine ablehnende Haltung gegenüber der zunehmenden Digitalisierung. Digitale Kompetenzen hängen aber Betriebssystem beherrschen. Jedoch zusätzlich mit weiteren individuellen haben sie weniger Kenntnisse bei mo- als auch strukturellen Faktoren zu- bilen Geräten (Interview O. Moosmann, sammen. Meist ist es die Intersek- gepedu). Die Studie Weiterbildung zur tion, also die Überschneidung dieser Stärkung digitaler Kompetenz älterer Faktoren, die zu einem geringeren Menschen betont jedoch, wie wichtig Kompetenzstand führen. Dazu zählen die digitale Inklusion für ältere Mens- beispielsweise die (soziale) Herkunft chen ist und wie wenig Angebote es wie Flucht- und Migrationshinter- im Bereich der Weiterbildung für diese grund, Geschlecht, der Wohnort, Gruppe gibt (Ehlers et al. 2016). das Alter und die Erwerbstätigkeit. Alter - Die digitale Kompetenz ist bei der älteren Bevölkerung tendenziell geringer. Dies hängt jedoch auch stark mit dem ausgeübten Beruf und dem Bildungs- stand der Personen zusammen (D21 2019). Der Kompetenztest-Anbieter gepedu hat beispielsweise festgestellt, dass ältere Menschen generell gut mit stationären digitalen Gerä- ten umgehen können und Software- Programme wie MS-Office oder das Anlegen von Ordnerstrukturen im
14 Digital Gender Gap zeitabhängig) abgebaut, jedoch Die Initiative D21 hat 2020 eine Son- kommen sie nur für die Perso- derausgabe zum “Digital Gender nen infrage, die digitale Endgeräte, Gap” herausgebracht. Denn der D21- einen Internetanschluss und digi- Digital-Index 2018/2019 ergab, dass tale Grundkompetenzen besitzen. Frauen durchgängig, “das heißt über Menschen, die in ländlichen Regio- alle soziodemografischen Mermale nen oder in weitab gelegenen Un- hinweg, einen geringeren Digita- terkünften leben, haben zusätz- lisierungsgrad als Männer” haben lich einen erschwerten Zugang zu (D21 Digital Gender Gap 2020: 8). entsprechenden Lernorten (Internet- Cafés, Bibliotheken, Bildungsträ- gern etc.). Die digitale Kluft zwischen Quelle: nach D21 Digital 61 55 51 städtischen und ländlichen Gebieten Gender Gap 2020: 7 Digital- in Deutschland ist also ein nicht zu Index vernachlässigender Faktor. Nichtsdestotrotz hat sich die Internet- Es wird herausgestellt, dass es nicht Abdeckung des ländlichen Raums „die“ Frauen und „die“ Männer in der seit 2019 erheblich verbessert (von 66 digitalen Gesellschaft gibt, sondern, % auf 75 %) und liegt über dem EU- dass soziodemografische Aspekte wie Durchschnitt (DESI Deutschland 2020: Bildung, Beruf, Alter, Stadt und Land 6). die Hintergründe für Zugang, Nutzung, Kompetenzen und Offenheit stark be- Digital Natives einflussen. Es sollte ein intersektiona- Denkt man an sogenannte Digital ler Ansatz4 gewählt werden und neben Natives5, ist es ein Trugschluss an- dem Merkmal Geschlecht, auch andere zunehmen, nur weil eine Person um- Merkmale wie Alter, Erwerbsumfang geben von Digitalität aufgewachsen oder Kinder im Haushalt einbezogen ist, sei diese digital kompetent. In einer werden (D21 Digital Gender Gap 2020). Studie warnt die ECDL Foundation (2014) vor einer “verlorenen Generation”: Zugang zum Netz und zu Geräten Auch beim Zugang zum Internet “Young people do not inherently können deutliche Unterschiede ent- possess the skills for safe and effec- lang verschiedener Faktoren ausge- tive use of technologies, and skills macht werden. Laut dem nationa- acquired informally are likely to be len Bildungsbericht, “gibt es kaum incomplete. The failure to provide einen einkommensstarken Haushalt youth with a complete set of skills in ohne Internetzugang, aber 20 % der a formal manner leads to a new digi- einkommensschwächsten Hauhalte tal divide between digital lifestyle haben kein Internet. Frauen und Per- skills and digital workplace skills.” sonen ab einem Alter von 70 Jahren verfügen zudem über eine schlech- tere Digitalausstattung.” (Autoren- gruppe Bildungsberichterstattung 2020: 14) Durch E-Learning Ange- bote werden zwar gewisse Hürden in der Weiterbildung (z.B. orts- und 4 Der Begriff Intersektionalität bezeichnet die Verschränkung von Ungleichheit generierenden Merkmalen und zielt darauf ab, ihr Zusammenwirken aufzuzeigen (Küppers 2014). 5 Die Bezeichnung ‘digital native’ wurde durch den US-Amerikanischen Author Marc Prensky in seinem Text “Digital Natives, Digital Immigrants” geprägt. In den USA sind Digital Natives Menschen, die nach 1980 geboren wurden, Umgeben von Computern, Mobiltelefonen und anderen digitalen Geräten (Prensky 2001).
15 Quelle: D21 2019: 38 Diese Schaubild des Digital Index 2019/2020 stellt eine Gruppe Menschen dar, die noch zu den “digital Mithaltenden” zählt. Sie machen ca. 30 % der Bevölkerung aus. Roman R. Rüdiger von Talent::Digital6 nennt noch einen weiteren Faktor: die Herkunft. “Unter den männlichen Achtklässlern, deren Muttersprache nicht Deutsch Quelle: gepedu 2020: 7 ist, haben beispielsweise 46 Prozent so gut wie keine digitale Souveräni- tät, obwohl sie als Digital Natives auf- wachsen. Aber es reicht eben nicht, Youtube oder WhatsApp bedienen zu Der Kompetenztest-Anbieter gepedu GmbH stellt fest, dass junge Menschen bis 20 Jahre (J) im Vergleich zu Älteren können. Das ist alarmierend.” (A) oftmals deutliche Kompetenzdefizite in der klassischen PC-Technik und -Anwendung aufweisen (Grundlagen (GL) PC/ (eos-life 2019). Mobil). 6 Talent::Digital bietet mit einer Software und einem Gamification-Ansatz die Möglichkeit, die eigenen digitalen Kompetenzen oder die seiner Mitarbeiter:innen zu messen. Der Test basiert auf Grundlage des DigComp 2.1. Eine KI durchsucht das Netz nach Qualifizierungsangeboten und schlägt dem/r Tester:in passende Angebote vor.
16 Flucht- und Migrationshintergrund 3.2 Kommunikationskanäle In Deutschland hängt der Bildungs- grad immer noch sehr stark mit dem & Zielgruppenansprache soziodemografischen Hintergrund zu- sammen. Die Kommunikationskanäle, um die Zielgruppen mit dem jeweiligen Bil- Menschen mit Migrationshintergrund, dungsangebot zu erreichen, sind auch jene die in Deutschland geboren vielfältig und wohl auch stark vom wurden, befinden sich überproportional regionalen Kontext und dem konkre- häufig in sozialen, finanziellen oder ten Angebot abhängig. Hier werden im bildungsbezogenen Risikolagen und Folgenden jene Kanäle zur Zielgruppen- verfügen über einen geringeren Bil- ansprache vorgestellt, welche entweder dungsgrad (Autorengruppe Bildungs- eine hohe Gesamtbedeutung haben berichterstattung 2020: 6). oder sehr spezifisch für bestimmte Bei Menschen mit Fluchterfahrung Zielgruppen wichtig sind. handelt es sich um eine sehr hetero- gene Gruppe und die Qualifikationen (Fast) alle sind online variieren sehr stark von nicht-litera- Das zentrale Merkmal der Zielgruppen lisiert bis hoch gebildet. Im Jahr 2016 “geringe digitale Fähigkeiten” zu haben, haben sich daher zahlreiche Bildungs- bedeutet keinesfalls, dass diese nicht projekte gegründet, um die Newcomer online sind oder über Online-Kanäle einerseits zu den in Deutschland fehl- erreichbar wären. Wie bereits im enden IT-Fachkräften weiterzubilden vorherigen Kapitel beschrieben, haben (Mason et al. 2017). Auf der anderen beispielsweise auch die sogenannten Seite starteten zahlreiche Alphabeti- Digital Natives einen hohen Kompe- sierungskurse. Bezüglich Digitalität ist tenzentwicklungsbedarf in arbeits- mittlerweile auch hinlänglich bekannt, marktrelevanten Bereichen und an dass etwa die Smartphone-Nutzung stationären digitalen Geräten. Auch die einen festen Bestandteil im alltäglichen LEO Studie zeigt, dass die Nutzung Handeln hat (Teucher 2016), jedoch mobiler Geräte unter gering literali- die Nutzung von PC und Laptop weniger sierte Erwachsenen durchaus häu- stark verbreitet ist. Aufgrund fehlen- fig ist (Grotlüschen et al. 2019a). Eine der Anerkennung von Berufsabschlüs- SEO-optimierte Website ist beispiels- sen und Qualifikationen sowie Sprach- weise ein Muss, um besser bei der barrieren ist es insbesondere für diese Suche gefunden zu werden. Ziel- Personengruppe schwer, die passende führend ist auch eine extra Weiterbildung sowie einen Arbeitsplatz Landingpage. zu finden7. Sie zählen zu den am stärks- ten benachteiligten Menschen und ha- Sieben von zehn Bürger:innen nutzen ben daher oftmals einen hohen Bedarf soziale Medien (D21 2019: 24) an Bildung und Komptenzentwicklung. Die Social Media-Nutzung steigt zu- nehmend an und verteilt sich auf alle Bevölkerungsschichten, je nach Ka- nal. WhatsApp ist am gebräuchlichs- ten, dann Facebook und YouTube (D21 2020: 24). Gering literalisierte Men- schen nutzen sogar regelmäßiger soziale Netzwerke als die Gesamt- 7 Vgl. hierzu: Herdin, G. & Velten, S. (2016). Anerkennung informellen und non-formalen Lernens in Deutschland. (Bundesinstitut für Berufsbildung, Hrsg.).
17 bevölkerung (Grolüschen et al. 2019b: 31). Kund:innen, Klient:innen oder Teil- Ein aussagekräftiger und regelmäßig bes- nehmer:innen generell gerne8. pielter Social-Media-Account ist dem- Auch um speziell arbeitsuchende nach zentral in der Zielgruppenans- Menschen zu erreichen, spielen die prache. Vor allem wenn man sich im Mitarbeitenden der Jobcenter und Bereich der digitalen Kompetenzen Arbeitsagenturen eine Schlüsselrolle. platzieren möchte. So können Posts Jobmessen oder Berufsberatungsstellen und Veranstaltungen mit und ohne sind weitere Orte, um Bildungsangebote Marketingbudget verbreitet und gezielt zu platzieren. die Zielgruppe ausgewählt werden. Bei der Vielzahl an Social Media Platt- Das lokale Netzwerk formen ist es jedoch wichtig, die zur Ein ausgeprägtes (lokales) Netzwerk Bildungseinrichtung und Zielgruppe ist sehr wichtig, um die Zielgruppe zu passende auzuwählen und diese pro- erreichen: Bildungsanbieter, migran- fessionell zu betreiben. Laut den von tische Vereine (MSO), Sozialunter- uns befragten Expert:innen sind dies nehmen mit einem Angebot für Men- vor allem Facebook und Instagram. schen mit Migrations- und Flucht- hintergrund, Community Center in Online-Gruppen und Communities sozial schwächeren Vierteln, Unter- Online-Gruppen, Communities und stützungsstellen für benachteiligte Gruppen-Chats spielen ebenfalls eine Menschen, lokale Sportvereine, Musik- große Rolle. Zu finden sind diese etwa vereine etc. bilden eine gute Verbreit- bei Facebook, WhatsApp oder Telegram. ungsplattform. Das eigene Bildungs- Bildungsanbieter können passende projekt bei einer Veranstaltung vorzu- Gruppen identifizieren, wie zum Bei- stellen, sozusagen eine Kurzvorstell- spiel für Menschen mit Flucht- und ung zu halten, kann viele Menschen Migrationshintergrund, für arbeitsu- erreichen und begeistern. Außerdem chende Menschen, für Frauen in MINT gibt es auch die Möglichkeit direkt oder auch Gruppen von anderen Or- mit den Menschen ins Gespräch zu kom- ganisationen, und hier mit entspre- men. Flyer- und Infomaterial auszule- chender Erlaubnis der Betreiber:innen gen hat in der Regel eine eher geringe oder Initiator:innen die eigenen Ange- Konversionsrate. bote posten. Offizielle Stellen wie Jobcenter, Beratungsstellen und Sprachschulen Fast alle Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund haben Kontakt zu offiziellen Stellen wie der Agentur für Arbeit, den Ämtern für Integration, dem Jobcenter oder Sprachschulen. Sie kennen Arbeitsvermittler:innen, Integrationsmanager:innen oder Lehr- kräfte von Sprachschulen. Wenn sie das Bildungsangebot kennen und es für qualitativ hochwertig halten, empfehlen sie dieses ihren 8 Sind Bildungsangebote kostenpflichtig und können über Bildungsgutscheine der Agentur für Arbeit oder des Jobcenters finanziert werden, unterstehen die Arbeitsvermittler:innen einem Neutralitätsgebot. Die Kund:innen haben immer freie Trägerwahl.
18 Botschafter:innen und Key Opinion 3.3 Zwischenfazit Leader Menschen folgen gerne Empfehlungen Verschiedene Studien stellen eine von vertrauensvollen Personen. Gibt Korrelation zwischen geringer Qua- es also Personen, die beispielsweise lifikation und geringen digitalen durch ihre Zugehörigkeit oder Expertise Kompetenzen fest. Die digitalen Kom- ein generelles Vertrauen oder gewisse petenzen erstrecken sich über vers- Bekanntheit bei der Zielgruppe inne- chiedene Kompetenzfelder und set- haben, kann dies den Zugang zur Ziel- zen damit gute kognitive Fähigkeiten gruppe stark erleichtern. Beispielsweise aus anderen Bereichen voraus. Neben sind die Projekt-Koordinatorinnen des dem Bildungsgrad haben weitere indi- Women´s Programs der ReDi School, viduelle und strukturelle Faktoren Ein- welche digitale Bildung für Menschen fluss auf die Komptenzentwicklung. mit Fluchthintergrund anbietet, selbst Dazu zählen zum Beispiel das Alter, der aus der Migrant:innen-Community (In- Wohnort oder der (soziale) Hinter- terview A. Floroiu & P. Delgiudice, ReDi grund. Oftmals führt die Intersektion School of Digital Integration). Über So- von diesen Faktoren zu einem geringen cial Media könnten mit sogenannten Kompetenzniveau. Key Opinion Leadern auch Kampagnen gemacht werden. Um die Zielgruppen für die Bildungs- angebote zu erreichen, ist es wichtig, “Würdest du diesen Kurs weiter emp- die Zielgruppen genau zu identifi- fehlen?” zieren. Eine passgenaue Ansprache Teilnehmer:innen, die bereits erfolg- vermeidet hohen Streuverlust. Die reich einen Kurs abgeschlossen haben, meisten Menschen mit geringen digi- können ebenfalls die Rolle der Multi- talen Kompetenzen, sind über On- plikator:in einnehmen. line-Kanäle wie Social Media zu er- Ein hoher sogenannter Net Promoter reichen. Auch das lokale Netzwerk Score (NPS) der mit der Abfrage der und Arbeitsvermittlungsstellen stel- Kund:innenzufriedenheit erfasst wird len wichtige Partner dar. Weiterhin (zufriedene Kund:innen empfehlen ist eine Kombination aus offline und gerne weiter), stellt also auch für Bil- online Marketinginstrumenten erfolg- dungsangebote ein interessantes Mar- versprechend. Um besonders erfolg- ketingtool dar. reich in der Zielgruppenansprache, zu sein empfiehltes sich, Marketing- expert:innen einzusetzen. Vor allem im Onlinemarketing verändern sich Trends, Möglichkeiten und Designs be- sonders schnell.
19 04 Bildungsangebote im Bereich digitale Kompetenzen - Ein Status quo Die digitale Transformation erzeugt ni- Bildungssystem angepasst.9 cht nur im Privat-, sondern vor allem auch In Deutschland scheint der Fort- im Berufsleben einen enormen Verän- schritt diesbezüglich etwas schleppend derungsdruck. Berufsfelder, Arbeits- voranzugehen10. Dies bestätigte uns abläufe und ganze Branchen wer- auch Frau Jäger, Referatsleiterin für den zunehmend digitalisiert. Diese den Fachbereich Beruf vom Hessischen Herausforderungen müssen gemeis- Volkshochschulverband e.V.: tert werden und Menschen müs- “Seit der DigComp 2.1 von der EU- sen sich mit ihren Kompetenzen an Kommission 2017 veröffentlicht wur- einer rasanten technischen und ge- de, sind im Netz kaum weitere Ve- sellschaftlichen Entwicklung mes- röffentlichungen aus Deutschland sen. Gerade hier werden Weiter- dazu zu finden.” Immerhin wurde bildungsangebote außerhalb des im selben Jahr das Strategiepapier formalen Lernens immer wichtiger. Bildung in der digitalen Welt der Doch wie die Autor:innen der Stu- Kultusministerkonferenz (KMK) ver- die Digitale (Grund-)Kompetenzen abschiedet, welches unter anderem auch für gering Qualifizierte feststel- auf dem Modell des DigComp basiert. len, “scheint die Zielgruppe gering Ähnlich wie in Österreich hat sich Qualifizierter noch wenig im Fokus auch die KMK dazu entschlossen einen arbeitsmarktorientierter Qualifizier- sechsten Kompetenzbereich hin- ungsmaßnahmen im Bereich digita- zuzufügen: “6. Analysieren und Reflek- ler (Grund-)Kompetenzen zu stehen.” tieren”11. (Ziegler et al. 2018: 6). Noch geringer wird das Angebot 4.1 Weiterbildungsangebote wenn sich Bildungsträger dabei auf den DigComp 2.1 beziehen und den nach DigComp 2.1 - Quo dreistufigen Ansatz der 1. Kompe- vadis Europa? tenzmessung, 2. Weiterbildung und 3. Validierung berücksichtigen. Anhand der Internet- und Literatur- recherche sowie der Expert:innen- Zwar wurde die erste Version des interviews konnte festgestellt wer- DigComp bereits 2013 veröffentlicht, den, dass es im Bereich der Bildungs- jedoch scheint der Referenzrah- angebote bisher wenig bis keine 3-stu- men bei Bildungsinstitutionen sowie figen-Lernmodelle nach DigComp 2.1 in Bürger:innen immer noch weitest- Deutschland gibt.12 gehend unbekannt. Doch innerhalb Bei den europäischen Nachbarn zeigt der EU gibt es mehr und mehr viel- sich die Lage etwas anders. Beson- versprechende Projekte. Beispiels ders vielversprechend scheinen hier weise hat man sich in Österreich auf die folgenden drei Projekte zu sein: Ebene der Regierung und Bildungs- anbieter bereits eingehend mit dem DigComp beschäftigt, diesen weiter- entwickelt und an das österreich-ische 9 Siehe dazu DigComp 2.2 AT: https://epale.ec.europa.eu/de/resource-centre/content/digitales-kompetenzmodell-fuer-oesterreich-digcomp-22 [24.06.2020]. Der DigComp 2.2 AT definiert neben den fünf Kern- Kompetenzbereichen einen zusätzlichen “nullten” Bereich: “Grundlagen & Zugang”. 10 Bei unserer Recherche sind wir nur auf einen Hinweis zu einer deutschen Projektbeteiligung gestoßen: Stiftung Digitale Chancen mit dem “DigComp Assessment Tool” https://all-digital.org/projects/piloting-assessment-instrument-digital-competence-foundation-intermediate-levels/ [24.06.2020]. Siehe dazu auch Gallery of Implementations: https://ec.europa.eu/jrc/en/dig- comp/implementation [24.06.2020]. 11 Strategie Bildung in der digitalen Welt der KMK abrufbar unter: https://www.kmk.org/aktuelles/artikelansicht/strategie-bildung-in-der-digitalen-welt.html [24.06.2020]
20 ASK4JOB ist ein paneuropäisches zur Verfügung. Mittelfristig möchte Bildungsprojekt für Langzeitarbeitslose fit4internet die Instrumente auch und gering qualifizierte Erwachsene, anderen Ländern zugänglich ma- welches zur digitalen Bürgerschaft chen. (digital citizenship), digitalen Inte- gration (digital inclusion) und zur DCDS ist ein EU-Projekt bestehend Eingliederung in den Arbeitsmarkt aus fünf Partnerländern, die ein beiträgt.13 Das Projekt ist open-source integriertes modulares System, und kann von Arbeitsmarktakteuren das “Digital Competences Develop- und Bildungsträgern genutzt werden, ment System - DCDS” entwickeln, um Weiterbildungspfade (EQR 1-4) welches auf dem DigComp ba- und andere Angebote zu realisie- siert.16 DCDS möchte nicht- ren, um die Arbeitssuche und die formale Ausbildungsanbieter bei Entwicklung auf persönlicher und be- der Planung und Bereitstellung- ruflicher Ebene zu unterstützen. flexibler und modularer Ausbild- ASK4JOB entwickeln drei Werkzeuge ungsangebote, die zur Verbes- zur Kompetenzfeststellung, Qualifizie- serung der digitalen Grund- rung und Validierung: kompetenzen von Erwachsenen führen, unterstützen. Das Projekt � Online Self-assessment Test befindet sich noch in der Pilot- � Massive Open Online Course (mit und Testphase seiner Plattform Hilfe von A-MOOCs) und “DCD Methodology”17. � Appreciative Validation Wenden wir den Blick noch ein- Das Projekt befindet sich momentan mal nach Deutschland: Auch hier im Abschluss der ersten Pilotphase gibt es vielversprechende Ansät- und ist auch an weiteren Kooperatio- ze und Projekte, beispielsweise nen interessiert. Einen deutschen Pro- an einzelnen Volkshochschulen. jektpartner gibt es bisher nicht. Frau Jäger vom Hessischen Volks- hochschulverband e.V. berichtet, Als Implementierungshilfe haben dass der Bundesarbeitskreis Beruf ASK4JOB mehrsprachige Broschü- des Deutschen Volkshochschul- ren veröffentlicht, die auf ihrer Web- Verbandes e.V. bereits am DigComp seite einsehbar sind.14 gearbeitet und eine bundesweite Umfrage bei den knapp 900 Volks- fit4internet ist eine Vermittlungs- hochschulen in Deutschland durch- plattform zur Steigerung der digitalen geführt hat, um bisherige Ange- Kompetenzen in Österreich. Sie vereint bote und Bemühungen in Erfahr- verschiedene Instrumente (Kompeten- ung zu bringen. zen-Check, Info- und Fokus-Module und Der Bayerische Volkshochschul- eine Kursdatenbank). In der Datenbank verband e.V. hat Anfang 2020 das sind nicht alle Kursanbieter, die digitale Projekt Souverän Digital auf den Kompetenzen vermitteln, zu finden. Weg gebracht und bildet dazu ge- Voraussetzung dafür ist eine Zuord- rade Lehrkräfte weiter18. nung (Referenzierung) zum DigComp 2.2 AT. Die Plattform hilft hierbei und stellt einen umfassenden Leitfaden15 Im Netz zu finden war ein Modellprojekt für Azubis des ABB Ausbildungszentrum Berlin gGmbH https://kompetenzen-digital.de/ [25.06.2010], die ZAUG gGmbH http://www.zaug.de/projekte/digital-kompetent-fit- 12 fuer-die-zukunft/ [25.06.2010] als auch Hinweise darauf, dass die VHS Herford und VHS Erlangen https://www.vhs-erlangen.de/programm/beruf/digitale-kompetenz.html [25.06.2010] sich dem DigComp bedienen. 13 Mehr zum Projekt unter: https://www.ask4job.net/ [24.06.2020]. 14 Englische Version: https://www.ask4job.net/io3?lightbox=dataItem-kamgjvce [24.06.2020].15 Abrufbar unter: https://www.fit4internet.at/view/kursreferenzierung/ [25.06.2010] 16 Mehr zum Projekt unter: http://www.dcds-project.eu/ [25.06.2020] Siehe dazu auch: http://www.dcds-project.eu/results/dcd-methodology/ [25.06.2020] 18 Das Train the Trainer Programm ist hier zu finden: 17 https://bvv-fit.de/programm/vhs-online-1.html/kurs/550-C-20-8733/t/train-the-trainer-souveraen-digital [25.06.2020]
21 Und natürlich zählt auch das hier auf- Kompetenzbereichen, 21 Kompetenzen traggebende Projekt CODE-UP Germany und acht Stufen. Eine solche Differen- dazu, in dem das International Rescue ziertheit bedeutet eine Her-ausforde- Committee (IRC), die ZAUG gGmbH rung in der Operationalisierung.” und die Volkshochschule Landkreis Gießen gemeinsam Bildungsangebote Handlungsorientierter Ansatz im Bereich EQR 1-4 für niedrigquali- Es ist weithin bekannt, dass praxis- fIzierte Menschen nach DigComp 2.1 orientierte Lernangebote insbeson- entwickeln. dere bei Geringqualifizierten zu mehr Lernerfolgen führen. Dieser Lernansatz Jenseits des DigComp 2.1 gibt es im stellt den Erwerb von Kompetenzen in Bereich grundlegender digitaler Kom- den Vordergrund, mit dem Ziel später petenzen eine Vielzahl an Kursen und konkrete Situationen und Anforder- Weiterbildungen zu digitalen The- ungen erfolgreich bewältigen zu men, für digitale Berufe, in IT- und können. Dem liegt “das Konzept des IKT-Kompetenzen, in Computerfähig- DigComp irgendwie quer”, so Frau keiten etc. Die Möglichkeiten sind Jäger vom Hessischen Volkshochschul- zahlreich: von Tages-Trainings über verband e.V. Zielführender wäre Jahreskurse hin bis zu Online-, App- es, wenn der Kompetenzerwerb in oder Blended-Learning-Angeboten. Handlungszusammenhänge gestellt Ohne eine umfassende Analyse oder würde. Handlungskonzepte müsse eine konkrete Fragestellung anzule- man mit entsprechenden Kompetenzen gen, kann hier keine generelle Aussage identifizieren und erst anschließend über das Angebot getroffen werden. dem DigComp zuordnen, so Frau Jä- Festzustellen ist jedoch, dass es auf ger. Insbesondere Geringqualifizierte den meisten Webseiten keine Angaben fühlen sich in formalen Bildungs- zu einer möglichen Orientierung am kontexten weniger gut aufgehoben Referenzrahmen des DigComp oder und ziehen das arbeitsplatznahe, eines 3-stufigen-Lernmodells gibt. praxisorientierte und das nicht- Insbesondere die Kompetenzfest- formale Lernen vor (vgl. Klein & Reut- stellung bleibt bei den meisten ter 2016: 5). Anbietern außen vor. Im Vordergrund stehen vielmehr die Lerninhalte und Digital Mindset die möglichen Zertifikate19. Auch entwickelt und verändert sich die digitale Welt sehr schnell. Frau 4.2 Herausforderurgen Jäger betont, dass die “hohe Dyna- mik” im Bereich der Digitalisierung bei und erste Lösungen der Entwicklung von Bildungsangebo- ten Berücksichtigung finden müsste. Eine zentrale Herausforderung in der “Digitale Tools und damit verbun- Entwicklung von Bildungsangeboten dene Kompetenzen, die heute benö- nach DigComp ist laut Frau Jäger vom tigt werden, sind morgen vielleicht Hessischen Volkshochschulverband bereits veraltet.” Auch Roman Rüdi- e.V. der Referenzrahmen selbst: ger von Talent::Digital ist der Mei- nung, dass eine zentrale Aufgabe die “Der DigComp ist sehr komplex und Entwicklung eines sogenannten sehr ausdifferenziert mit seinen fünf Digital Mindsets20 sei, nur so kann Of- Auch hier zeigt sich die Zertifizierungslandschaft in Deutschland wie ein Flickenteppich. Bis auf die wenigen Monopolinhaber (IHK, MOS Master, ECDL etc.) gibt 19 es wenig Einblick und Übersicht in die jeweiligen Zertifizierungsabläufe und -parameter. Siehe dazu auch Kapitel 5.
22 Quelle: nach D21 2019: 26 Auf diesem Schaubild wird deutlich, dass sich ein Großteil der Menschen über informelles Lernen digitale Kompetenzen aneignet. fenheit und kontinuierliches Lernen len Bildungsaktivitäten stark zur digitaler Neuheiten gefördert werden. digitalen Kompetenzentwicklung Zu basal sind meist die Qualifizierung- beitragen. Auch die digitalisier- sangebote, denn “das Netz ist voll mit ten Bildungsbereiche tragen so Excel-Kursen.” zur Komptenzentwicklung bei (Dr. (R. Rüdiger, Talent::Digital) Sarah Widany, DIE). Durch den vermehrten Einsatz von online Bil- formelles Lernen/Selbstlernen dungs-Formaten (also z.B. Webi- Indem unser Alltag mehr und mehr nare, Apps, Youtube, MOOCs, etc.) digital geprägt ist, eignen wir uns oder technischen Geräten (Lap- sozusagen nebenbei digitale Kompe- tops, Tablets, Beamern etc.) wer- tenzen an. Informelles Lernen ist die den digitale Kompetenzen auch “natürliche Begleiterscheinung des in anderen Bildungsbereichen ne- täglichen Lebens. Anders als beim benbei erlernt und gelehrt - “aber formalen und nicht-formalen Lernen das verläuft bislang wenig syste- handelt es sich beim informellen Ler- matisch und die Datenlage ist un- nen nicht notwendigerweise um ein zureichend” (Dr. Sarah Widany, DIE). intentionales Lernen, weshalb es auch von den Lernenden selbst unter Ums- Unterschiedliche Einstellungen zu tänden gar nicht als Erweiterung ihres digitalen Trends und zum Wissens- Wissens und ihrer Fähigkeiten wahrge- erwerb weisen darauf hin, dass die nommen wird.” (KEG 2000: 9) Vermittlung digitaler Kompetenzen zielgruppenorientierte Bildungs- Frau Dr. Widany vom Deutschen Ins- konzepte benötigt. Beispielsweise titut für Erwachsenenbildung (DIE) ist überzeugt, dass diese informel- 20 Das Digital Mindset beschreibt eine Mentalität die die Herausforderungen der Digitalisierung und Technisierung als Chance begreifen. Althergebrachte Routinen und Struk- turen werden zunehmend obsolet und dazu braucht es Menschen, die Lösungen “digital denken”. Besonders wichtig sind dabei kognitive Fähigkeiten, die Neugier, Kreativität und empathisches Vermögen umfassen. Digitale Grundbildung ist hier ein essentieller erster Schritt.
23 ein explizites Angebot für geringqualif- Vergessenheit. Psychische Belastungen zierte Frauen, welche in der Mehrheit (sei es aus Fluchterfahrung, Langzeit- Personen mit Familien- und Pflege- arbeitslosigkeit oder anderen indi- Arbeit/Sorgetätigkeiten sind und häu- viduellen Schicksalen) sind eben- fig in Teilzeit oder in “scheinbar wen- falls ein weiterer wichtiger Aspekt iger technikaffinen Berufsfeldern” (D21 dabei, die nötige Motivation und Digital Gender Gap 2020: 17) arbeiten. das Durchhaltevermögen zu entwic- Digital-Expertinnen als Vorbilder und keln, um Weiterbildungsmaßnah- Multiplikatorinnen können die Identi- men zu besuchen und zu vollenden fikation mit digitalen Inhalten begün- (ASK4JOB 2019; Epping et al. 2001). stigen. Auch muss gewährleistet sein, dass sich Lerninhalte auf einen tatsä- chlichen alltäglichen Nutzen beziehen 4.3 Zwischenfazit oder zur Jobintegration führen können. Zudem sollten gendergerechte Qua- Aktuell wurde in Deutschland auf litätsstandards für digitale Kompe- Grundlage des DigComp noch kein Cur- tenzen entwickelt werden, welche riculum veröffentlicht und es konnten laut D21 auf dem DigComp basieren keine nennenswerten Bildungspro- sollten (D21 Digital Gender Gap 2020). jekte gefunden werden. Einzelne Akteure beschäftigen sich Eine Fallstudie zum europaweiten mit dem Referenzrahmen oder ordnen Modellprojekt ASK4JOB, welches digi- ihre bestehenden Angebote ein. An- tale Grundkompetenzen für gering- dere europäische Länder haben sich qualifizierte und arbeitsuchende Men- bereits intensiv mit dem DigComp schen fördert, beleuchtet auch die psy- beschäftigt und einige Angebote ziel- chologische Seite und stellt fest, dass gruppengerecht aufbereitet. Diese fehlende Motivation und mangelndes können als Modellprojekte herange- Selbstwertgefühl eine große Barriere zogen werden. für die Menschen darstellen können (ASK4JOB 2019: 10f). Damit einher geht Herausforderungen für die Entwicklung auch das Gefühl, den Anforderungen von Bildungsangeboten stellt die nicht gerecht zu werden und sich von Komplexität und Vielfalt der Inhalte, der Gesellschaft und Digitalisierung aber auch der kurzlebige Charakter abgehängt zu fühlen: mancher digitaler Tools dar. Daher ist es wichtig, nicht rein anwendungs- “Job counselors generally individuate bezogene Kurse anzubieten, son- a series of psychological barriers in dern ein generelles Verständnis für unemployed adults, connected to Digitalität zu schulen (Digital Mind- ‘social isolation’ and ‘digital isolation’ set). Außerdem sollten die Angebote that puts them in a vicious circle.” (AS- sowohl einen handlungsorientier- K4JOB 2019: 15) ten Lernansatz verfolgen als auch zielgruppengerecht konzipiert sein. Aus “Angst, etwas falsch zu machen” Nicht zu vergessen ist, dass infor- scheuen geringqualifizierte Menschen melles Lernen eine große Rolle spielt die Verwendung digitaler Tools oder und auch die generelle Digitalisierung digitaler Lernformate (Ziegler et al. der Bildungsbereiche zur Kompetenz- 2018: 10f) und durch fehlende Praxis entwicklung beiträgt. Dies könnte gerät das erlernte Wissen wieder in systematischer angegangen werden.
24 05 Digitale Kompetenzen testen und validieren Mit zunehmender Bedeutung der digi- talen Kompetenzen für unseren Alltag Es werden beispielsweise folgende und unser Arbeitsleben, steigt auch Typ-Fragen gestellt und die Person der Bedarf an Zertifizierungs- und ordnet sich auf der Skala der Sterne Validierungsmöglichkeiten. Sei es um zwischen Anfänger:in bis Expert:in das passende Kursangebot zu wählen, selbst ein: um (informell) erlernte Kompetenzen Quelle: nach https://digital-competence.eu für den Arbeitsmarkt nachzuweisen oder zur Prüfung des Erlernten nach Abschluss eines Kurses. Im Bereich der Kompetenzfeststellung nach Dig- Comp haben wir drei Typen feststellen [25.06.2020] können, welche anhand von Beispielen vorgestellt werden: 1. die Selbsteinschätzung, 2. Selbsteinschätzung und Entsprechend der persönlichen An- Wissensfragen sowie ein gaben erhält die Testperson an- 3. handlungsbasierter Test. schließend ein Kompetenzrad: 5.1 Testverfahren mit Quelle: https://digital-competence.eu/result/?uri=8259feceae5c1c Selbsteinschätzung Wie schätzen Sie Ihren Kompetenz- grad bei der «Verwaltung der digitalen Identität» ein?21 d0e7325ae1645871d3 [25.06.2020] Eine gängige Praxis zur Bewertung von digitalen Kompetenzen ist die Selbst- einschätzung. Gegliedert in die fünf Bereiche des DigComp werden bei- spielsweise beim online Selbstein- schätzungs-Test des Digitalen Kom- petenzrads die darin eingeteilten 21 Kompetenzen abgefragt. Grundsätzlich erscheint es schwie- rig, die eigenen Kompetenzen realis- tisch einzuschätzen. Woran orientiere ich mich bei meiner Einschätzung? Was genau bedeutet diese Frage? Was wird beispielsweise unter einem sicheren Ort verstanden oder un- ter der Verwaltung meiner digitalen Identität? 21 Frage aus dem Kompetenztest von Enterra. Es kann Anfänger, Grundkenntnisse, Fortgeschritten oder Experte angegeben werden. Abgerufen von: https://www.feedbackpanel. de/panel/527192 [29.06.2020]
25 Bei Selbsteinschätzungen ist zudem zu beachten, dass insbesondere in Sphären der Digitalität, Frauen ihre Kompetenzen meist niedriger ein- schätzen als Männer (KOFA Studie 04/ 2019). In stereotyp-männlich besetzten Quelle: gepedu GmbH 2020: 7 Kompetenzfeldern22 wie etwa Mathe- matik oder Technik, neigen Frauen selbst bei objektiv gleichen Leistungen dazu, sich geringere Fähigkeiten zu- zuschreiben (Janneck & Vincent 2017). “Personen auf Arbeitssuche oder in Maßnahmen zur berufli- chen Weiterbildung und -integration (AS) zeigen im Vergleich 5.2 In Kombination: zu berufstätigen Personen (BT) geringere digitale Kompe- tenz im Leistungsteil (Leist) sowie eine deutlich erhöhte Selbsteinschätzung und Fehleinschätzung ihrer Kompetenzen in der Selbstbeurteilung (SB).” Wissens-Fragen Wie kann ich sogenannte “Fake-News” Hier wurden die 21 Einzelkompetenzen erkennen? Antwort A, B, C des DigComp operationalisiert. Neben Fragen der Selbsteinschätzung und Ein sehr ausgereifter Test, der auch das Abfragen von Einstellungen zur eine fehlerhafte Selbsteinschätzung digitalen Welt wird auch das Wissen berücksichtigt, ist der DigCompCheck getestet. Beispielsweise die Frage nach der gepedu GmbH. Dieser wurde extra gängigen Kriterien für die Aufteilung zum Testen von Kund:innen von Bild- von Daten in verschiedenen Ordnern. ungsträgern entwickelt und passt sich an das Niveau der Zielgruppe jeweils Im Gegensatz zu reinen Selbstein- an. Anhand der Kombination aus schätzungstests ist dieser Test sehr Selbsteinschätzung und Wissens- umfassend. Das führt jedoch dazu, dass fragen, kann die Selbsteinschätzung er sehr umfangreich ist. Die Kurzva- auf starke Abweichungen überprüft riante für Kund:innen von Bildungsträ- werden. Anhand der durchgeführten gern schafft hier Abhilfe, beschränkt DigComp-Check-Tests konnte bei- sich aber wieder auf die Erfassung der spielsweise festgestellt werden, dass fünf Hauptbereiche des DigComp. sich arbeitsuchende Menschen gener- ell besser einschätzen, als sie beim Wissenstest tatsächlich abschneiden. 22 Die Technikorientierung junger Männer wird durch vielfältige biographische und gesellschaftliche Einflüsse geprägt. Daraus resultiert oftmals ein Selbst-Sozialisationspro- zesse im Umgang mit digitaler Hard- und Software, wie beispielsweise Freizeitaktivitäten im Peer-Kontext (z. B. Online Games). Bei der Feststellung von Geschlechterunters- chieden im Einsatz von fachlichen Begriffen zur Digitalisierung sollte also dieser Kontext berücksichtigt werden (D21 Digital Gender Gap 2020: 13).
26 5.3 Handlungsbasierte Tests Auf europäischer Ebene gibt es eine Vielzahl an Kooperationsprojekten, Entpacke den Ordner “Dokumente welche sich auf den DigComp beziehen. 2.zip” und suche das Wort “Honig”. Ein nennenswertes Open-Sourc Pro- Kopiere den Namen des Ordners in jekt, welches digitale Kompetenzen welchem sich die Datei befindet und handlungsbasiert testet und von poste sie ins Antwortfeld23. staatlichen Bildungsanbietern kosten- frei genutzt werden kann ist tuCertiCyl Es gibt auch Modelle des handlungs- (bisher nur auf Spanisch). Hier werden basierten Testens von digitalen Kom- Wissensfragen mit Aufgaben verknüpft. petenzen. Einziger deutscher Anbieter Zum Beispiel soll in einer Simulation und relativ neu auf dem Markt ist per E-Mail ein gespeichertes Doku- derzeit Talent::Digital. Durch das ment im Anhang versendet werden, Spielen eines sogenannten Serious mit einem bestimmten Betreff und Games, also anhand einer fiktiven leerem Textkörper. Bürger:innen und Situation die spielerisch gelöst wer- vor allem arbeitsuchende Personen, den muss, wird der Persönliche Digi- können sich in Zertifizierungscentern tal Index (PDI) errechnet. Das Spiel der öffentlichen Verwaltung24 testen operationalisiert alle 21 Kompeten- lassen und erhalten ein Zertifikat, um zen des DigComp 2.1 und ordnet die damit ihre Arbeitsmarktfähigkeit zu Lösungen den acht Kompetenzstufen erhöhen. Drei sich derzeit noch in der des Europäischen Kompetenzrahmens Entwicklung befindende europäische zu. Eine künstliche Intelligenz schlägt Projekte, die nach dem 3-stufigen anhand des Ergebnisses anschließend Ansatz der EU (Kompetenzcheck, passende Weiterbildungsangebote Weiterbildung, Validierung) arbeiten aus dem Netz beziehungsweise von und somit alle gewünschten Apekte Partnern vor. Talent::Digital spezialisiert beinhalten, sind die bereits erwähnten sich allerdings eher auf Organisationen Projekte DCDS, ASK4JOB und fit4- und den Weiterbildungsbedarf der internet. DCDS arbeitet mit Selbst- Belegschaft als auf niedrigqualifizierte einschätzung und Wissens/ Können- Arbeitsuchende. Fragen (SAT) welche sich an definierten Lernergebnissen ausrichtet25. Durch In Deutschland bekannte Kompetenz- Online Badges26 oder einem Europass rahmen und Zertifikate für basale Supplement werden Qualifikationen IT-Kenntnisse sind der ECDL, der zertifiziert. Der Ansatz wird im Projekt XPert Computerpass, der MOS für BASIC (ein nationales Projekt zur Weiter- Office Anwendungen, SAP oder Cisco bildung von niedrigqualifizierten Er- (vgl. Hanft et al. 2004: 3). Diese bilden wachsenen) von der griechischen nur einen Teil des DigComp ab. Diese Agentur für Arbeit27 eingesetzt. Die Tests bewegen sich mehr im spezi- fit4internet-Instrumente zur Erfassung fischen Bereich von PC, Office und digitaler Kompetenzen beinhalten IT-Kompetenzen. Zertifikate größerer bisher nur Selbsteinschätzungsfragen Bildungsinstitute wie Decra, Hasso (CHECK) und Wissensfragen (QUIZ). Ein Plattner oder SGD Fernstudium ha- Validierungsverfahren für die erwor- ben durch ihre Monopolstellung be- benen digitalen Kompetenzen wird reits an Bekanntheit und Bedeutung derzeit entwickelt. gewonnen. Freie Übersetzung aus dem Demotest zu digitalen Kompetenzen von tuCertiCyl: https://tucerticyl.es/demo/examen/27817/pregunta/3 [25.06.2020] 23 24 Seit Covid-19 können diese Tests auch online und mit Supervision durchgeführt werden. 25 Eine genaue Beschreibung des Kompetenztests wurde im folgenden Dokument veröffentlicht: https://all-digital.org/wp-content/uploads/2019/01/D5.-Contents-of-Self-As- sessment-Tool.pdf [25.06.2020] 26 Digitale Badges sind digitale Abzeichen, die auf einen Blick erworbene Lernleistungen oder Qualifikationen abbilden sollen. 27 http://www.dcds-project.eu/dcds-to-be-used-in-the-basic-project-to-train-adults-in-greece/ [25.06.2020]
27 5.4 Zwischenfazit Mit vielen Kompetenztests lassen sich nur generelle Aussagen über die digi- talen Kompetenzen und das digitale Mindset der Testpersonen treffen. Es gibt zahlreiche Kompetenzfest- stellungs- und Validierungsverfah- ren, doch die wenigsten nutzen einen handlungsorientierten Ansatz. Obwohl dieser, vor allem im Bereich der digi- talen Kompetenzen, die effizienteste Testmethode zu sein scheint. Ein gezieltes Testen und Validieren von Kompetenzen erscheint beim Umfang von 21 Einzelkompetenzen als sinnvoll. Will ein Bildungsanbieter die Kompetenzen in einem bestimmten Bereich testen oder validieren, etwa dem 3D-Druck oder Videoschnitt, so kann das von diesen generellen Test- verfahren nicht geleistet werden. Bei der Zertifizierung sollte Ein- heitlichkeit und Chancengleichheit gesichert werden. Kimpeler und Dör- nitz plädieren daher für die Ein- richtung einer zentralen Kompetenz- agentur, “die passende Formen der Lern- und Leistungsbewertung in ei- ner zunehmend digitalen Welt anbie- tet, zur Markttransparenz beiträgt und digitale Kompetenzkarten und Zertifikate unterstützen kann.” (Kimpe- ler & Dönitz 2016: 26).
Sie können auch lesen