Digitale Medienbildung in der Grundschule: Prof. Dr. Thomas Irion Keynote Grundschultagung 21. 11.2017 IQSH, Kiel - schleswig-holstein.de
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Digitale Medienbildung in der Grundschule: Theoretische Grundlagen, empirische Befunde und praktische Beispiele Keynote • Grundschultagung • 21. 11.2017 • IQSH, Kiel Prof. Dr. Thomas Irion Stellvertretender Leiter Institut für Erziehungswissenschaft Abteilungsleiter Grundschulpädagogik Direktor Zentrum für Medienbildung Fachreferent Medienbildung, Grundschulverband Frankfurt a.M. www.zentrum-fuer-medienbildung.de Twitter: Thomas_Irion Zentrum für Medienbildung PH Schwäbisch Gmünd University of Education
1. Die vernetzte Welt 2. Grundschulbildung für die vernetzte Welt 3. Grundschullernen in vernetzten Lernräumen 4. Potenziale mobiler Technologien für den Grundschulunterricht 5. Ein konkreter Vorschlag für den Start 6. Forderungen für die Grundschule in der vernetzten Welt
Das Internet verändert die Welt ■ Informelle Bildung ■ Spionage ■ Formale Bildung ■ Kriege ■ Verkehr ■ Schönheitsideale ■ Wahlen ■ Partnersuche ■ Umgangsformen ■ Prüfungen ■ Privatheit ■ Aufmerksamkeitssteuerung ■ Entgrenzung der Arbeitswelt ■ Gesundheit ■ Migration, Inklusion ■ Filme ■ Lebensbiographien ■ Musik ■ Innenstädte ■ … ■ Restaurants und Hotels
Digital Natives? Kompetenzen von Lehramtsstudierenden ■ Wie bildet Google die Reihenfolge der Ergebnisse? ■ Wie muss ich ein Computerdokument ■ Wie sind Informationen in Wikipedia zu bewerten? für gute Lesbarkeit layouten? ■ Wie kann ich Texte in Wikipedia prüfen? ■ Wo bekomme ich lizenzfreie Bilder? ■ Wie kann ich bei der Informationssuche ■ Wie kann ich erreichen, dass ich nicht boolsche Operatoren verwenden oder warum ist mit ungewünschten Bildern es wichtig, Ergebnisse zu verfeinern? konfrontiert werden? ■ Wann ist sinnvoll, Informationen mit Mindmaps ■ Wie kann ich Texte mit dem zu strukturieren? Smartphone scannen? ■ Wie kann ich ein PDF komprimieren ohne Bilder ■ Wie verwende ich die automatische zu löschen? Silbentrennung? ■ …
International Computer and Information Literacy Study (ICILS) 2013
KMK-Beschluss vom 8.3.2012: 5 zentrale Bereiche einer Medienbildung in der Schule is c h e k r a t e m o a f t n d d l ls c h i v e u G e s e Schut , a k t n d z von m t e tu r u Kinde s t i m , K u l vor ne rn un s t b e o l i t i k gative d Jug S e l b a n P n E en d li c a b e Wirku i n fl ü s h e n h ngen s e Teil von M n und d edien n g u n s b i l d u n g n t i t ä t i ck l u Ide e i t s e n t w n l ic h k P e r s ö Unterstützung u nd Gestaltung in n , nachhaltiger Leh n o v ativer und u n g e r- und Lernproze H a l t sse c h e r h e r r a l i s e t is c g m o ä s t h ä g u n u n d s p r e r t e Au h e r W e il e h i s c U r t et
KMK-Strategiepapier Bildung in der digitalen Welt (2016) 6 Kompetenzbereiche: • Suchen und Verarbeiten • Kommunizieren und Kooperieren • Produzieren • Schützen • Problemlösen • Analysieren und reflektieren
Grundschulpädagogische Anforderungen ■ Medienbildung verlangt die Förderung der kritischen Reflexions- und Gestaltungsfähigkeit der (digitalen) Umwelt durch Kinder. ■ Medienbildung muss individuell unterschiedliche Voraussetzungen und Zugangsweisen berücksichtigen. ■ Die kindliche Perspektive auf Medien und die Komplexität der Mediennutzungsprozesse müssen angemessen Berücksichtigung finden. Irion, Thomas (2016): Digitale Medienbildung in der Grundschule – Primarstufenspezische und medienpädagogische Anforderungen
3. Grundschullernen in vernetzten Lernräumen
Magic Words - Gestern und heute 1995 2017 Multimedia Tablets in der Schule
Forschungsergebnisse Lernen mit digitalen Medien ■ Frühe Ergebnisse zum Lernen mit digitalen Medien: ■ Lernen mit Computern: Das Land der Nullhypothesen (Schulmeister 1997) ■ Neuere Ergebnisse: ■ Meta-Analyse 2. Ordnung von 25 Meta-Analysen (1055 Einzelstudien) (Tamim et al. 2011): ■ Leichte Tendenz: SchülerInnen lernen mit digitalen Technologien besser. ■ Allerdings große Varianz der Ergebnisse ■ Literature Review (Ross et al. 2010): ■ Bedingungen des Einsatzes müssen stärker berücksichtigt werden.
Die Annahme, dass digitale Medien per se zu einer Verbesserung führen, ist aus Sicht der mediendidaktischen Forschung naiv. Dies gilt bei kritischer Sichtung der Forschung nicht nur für Computer, sondern auch für Interaktive Whiteboards und Tablets.
Analyse des Multimedia-Mythos ■ Auf den ersten Blick: ■ Vernachlässigung von Inhalt, Unterrichtssituation und Mediengestaltung ■ Rediskussion auf der Basis kognitionspsychologischer Erkenntnisse: ■ psychologische Voraussetzungen der Lernenden sind zentral: Kompetenzen, Einstellungen, Verarbeitungstiefe (Weidenmann 2006) ■ viele simultane Medien können zu kognitiven Überlastungen führen (Cognitive Load Theorie (Sweller 2005)
Herzig, Bardo (2014): Wie wirksam sind digitale Medien im Unterrricht?
Der Einsatz digitaler Medien geht aktuell häufig noch zu Lasten der Unterrichtszeit. Time on Task (Brophy & Good, 1986) Bilder: Public Domain Brophy, J., & Good, T.L. (1986). Teacher behavior and student achievement. In M.C. Wittrock (Ed.), Handbook of research on teaching (pp. 328–375). New York: Macmillan.
Lernen im Computerraum Probleme in der Usability
Der Einsatz digitaler Medien Brain load geht häufig zu Lasten der kognitiven Kapazität für inhaltliche Lernaufgaben. 80 % Cognitive Load Theory (Sweller, van Merriënboer & Paas, 1998) Bilder: Public Domain Sweller, J., van Merriënboer, J. J. G., & Paas, F. G. W. C. (1998): Cognitive architecture and instructional design. Educational Psychology Review, 10, 251-296.
4. Potentiale mobiler Technologien für den Grundschulunterricht
Potentiale des Lernens mit Tablets • Kostengünstige Distribution von Lernmedien • Sofortige Leistungsrückmeldungen • Erfassung individueller Lernfortschritte • Verbindung zur außerschulischen Lebenswelt (z.B. Dokumentation von Lerngängen) • Förderung in heterogenen Lerngruppen (Inklusion) • Besondere Potenziale für forschendes Lernen • Entstehung neuer Lernkulturen zwischen implizitem und explizitem Lernen (Spielerisches/entdeckendes Lernen: z.B. Serious Games wie Minecraft; Nutzung von mobilen Technologien für die Erforschung der Welt/das Staunen über die Welt)
Beispiel : Arbeitsteilige Erstellung von Präsentationen mit verschiedenen Tabletfunktionen
Lernpotentiale im Beispiel • Zwei den Buchunterricht erweiterende Perspektiven (Primärerfahrungsperspektive, multimediale Perspektive) • Potenziale für Lernerfahrungen außerhalb der (Schrift-)Sprache • Entgrenzung von Lernprozessen (Schule und Elternhaus) • Implizites Lernen von Medienkompetenzen (Mediengestaltung, Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung) • Verwendung unterschiedlicher Abstraktionsgrade in Lernmedien (Foto, Grafik, Animation, Sound…) • Unterstützung von Lernumgebungen im Situated-Cognition-Ansatz (realitätsnahes Lernen) • Erweiterte Möglichkeiten für Kooperation und Kommunikation
iPAC: Funktionen von Tablets für Lernprozesse (Kearny/Schuck/Burden/Aubusson 2012) ■ Collaboration: ■ gemeinsame Arbeit an Dokumenten (smartamp…), ■ Personalisation: ■ formative assessments, Aufgabenverteilung, individuelle Hilfen (Instruktionsvideos)… ■ Authenticity (Abstraktionsgrad): ■ variable Abstraktionsgrade von Bildern ■ situiertes Lernen
5. Ein konkreter Vorschlag für den Start
Beschränkung auf eine zentrale Funktion (Interaktive) Tafel/OHP (Display Note…) Fotoapparat Instrumente (Walkband…) Diktiergerät Videos sind das Scanner (CamScanner…) Dokumentenkamera (EduCam) TV (Das Erste…) beliebteste digitale Lerncomputer Episkop (EduCam…) Lernmedium deutscher Office-Anwendungen Schreibblock (Paper…) Schüler_innen (76%). Plakat (Mindmeister…) DigiMonitor 2017 Bücher (Kindle…) Cassettenrecorder Gong/Glocke (Table Bell…) Videokamera Basierend auf Kirch 2014
Erklärvideo Taschengeldparagraph
Instruktionsvideos zur Vermittlung anspruchsvoller Lernaufgaben
Zentrum für Medienbildung - Team Prof. Dr. Thomas Irion Carina Ruber Christian Biermann Dejan Simonovic Institut für Erziehungswissenschaft Grundschuldidaktik Grundschuldidaktik Medienpädagogik Projektleitung, Direktor ZfM Projektkoordination Mobile Device Management Unterrichtsvideografie thomas.irion@ph-gmuend.de carina.ruber@ph-gmuend.de christian.biermann@ph-gmuend.de dejan.simonovic@ph-gmuend.de Dr. Axel Blessing Maja Schneider, M.A. Jörg Ostertag, M.A. Digitales Lernen Innovative Lehr-Lern-Technologien Evaluationsstudie Tablets an GMS Lisa Göllner Geschäftsführung ZfM Entwicklungsmanagement ZfM Wissenschaftlicher Mitarbeiter ZfM Stud. Hilfskraft ZfM axel.blessing@ph-gmuend.de maja.schneider@ph-gmuend.de joerg.ostertag@ph-gmuend.de
Derzeit 28 Wissenschaftler_innen aus Fachdidaktiken und Grundlagenwissenschaften mit dem Schwerpunkt (digitale) Medienbildung
Uni-Klassenzimmer mit Videografie ■ 3 diskrete motorgesteuerte Kameras, Mikrofone zur Erfassung des gesamten Klassengeschehens ■ Schnitt-/Regieplatz im Nebenraum (mit Experte für Videografie) ■ Innovative Lehr-Lerntechnologien (28 Tablets, aktuellste interaktive Displaytechnologie, Roboter…) ■ Mobiliar und Ausstattung für modernes grundschulgerechtes Arbeiten
6. Forderungen für die Grundschule in der vernetzten Welt
KMK-Strategiepapier DigitalPakt Schule (2017) Bildung in der • 30.10.2016: Bildungsoffensive für die digitale digitalen Welt (2016) Wissensgesellschaft durch BMBF (Wanka-Milliarden) • 30.5.2017: Vorstellung der Eckpunkte des DigitalPakt 6 Kompetenzbereiche: Schule von Bund und Ländern durch KMK-Präsidentin und BMBF • Suchen und Verarbeiten • Teilhabe, Mündigkeit und Chancengerechtigkeit in • Kommunizieren und Zeiten des digitalen Wandels für jedes einzelne Kind Kooperieren • Primat der Pädagogik • Produzieren • Nutzung digitaler Möglichkeiten in der Schule • Schützen • Aufteilung der Aufgaben auf Bund und Länder • Problemlösen • Länder verpflichten sich, „dass all Schülerinnen und • Analysieren und Schüler, die zum Schuljahr 2018/19 eingeschult reflektieren werden oder in die Sekundarstufe I eintreten bis zum Ende ihrer Schulzeit die im KMK-Beschluss festgestellten Kompetenzen erwerben können.“ (Eckpunkte S. 4)
Aktuell diskutierte Aspekte des Grundschulverbands ■ Aspekt 1: Grundschulen benötigen eine schnelle Netzanbindung und flächendeckendes, lokal abschaltbares W-LAN. ■ Aspekt 2: Grundschulen benötigen grundschulgerechte Supportstrukturen. ■ Aspekt 3: Grundschulen benötigen benutzungsfreundliche, zuverlässige, hervorragend in den Grundschulunterricht integrierbare und altersgerechte Hard- und Softwarelösungen. ■ Aspekt 4: Grundschulen benötigen einen angemessenen Anteil (mindestens 50%) der vorgesehenen Fördermittel („Wanka-Milliarden“). ■ Aspekt 5: Grundschulen benötigen eine wissenschaftliche, praxisnahe Lehrerbildung (Aus- und Weiterbildung) in den Bereichen Medienbildung/ Digitalisierung in allen drei Phasen der Lehrerbildung. Technikschulungen sind nicht ausreichend! ■ Aspekt 6: Eltern müssen in die Medienerziehung eingebunden werden. ■ Aspekt 7: Qualitätssicherung: Einrichtung eines Expertenrates zur Förderung von Kompetenzen in der vernetzten Welt speziell für die Grundschule.
1. Die vernetzte Welt 2. Grundschulbildung für die vernetzte Welt 3. Grundschullernen in vernetzten Lernräumen 4. Potenziale mobiler Technologien für den Grundschulunterricht 5. Ein konkreter Vorschlag für den Start 6. Forderungen für die Grundschule in der vernetzten Welt
Fazit – Die Digitalisierung führt zur Notwendigkeit einer Bildung für die vernetzte Welt. – Ziel muss es zunehmend sein, digitale Medien wie Tablets für didaktische Sternstunden und für den Unterrichtsalltag zu nutzen, um diesen Veränderungen Rechnung zu tragen und die Potenziale zu nutzen. – Die kritische Handlungsfähigkeit von Kindern in der aktuellen und künftigen vernetzten Welt ist die erste zentrale Zieldimension. – Wichtig ist hierbei die Entwicklung anspruchsvoller medienpädagogischer und grundschulspezifischer Konzepte (Irion 2016). Kinder sind nicht nur an die Welt anzupassen (z.B. Internetführerschein), sondern müssen auch lernen diese zu gestalten. – Die Ausschöpfung von Unterrichtspotentialen ist die zweite zentrale Zieldimension für Grundschulen. – Der für die Nutzung digitaler Medien erforderliche Aufwand (individuell, unterrichtsorganisatorisch und technisch) muss kontrolliert werden. Aufwand und Ertrag müssen in Relation gesetzt werden. – Zentral ist die Analyse und Schaffung der Voraussetzungen für eine Weiterentwicklung der Grundschule durch digitale Medien.
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