Direkte Demokratie in Berlin - Die Landesabstimmungsleiterin
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Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Die im Grundgesetz und in der Ver- fassung von Berlin verankerte Volkssouveränität ist ein Kernelement der Demokratie. Volkssouveränität wird als repräsentative Demokratie durch die Wahl zur Volksvertretung und als direkte Demokratie durch Abstimmungen ausgeübt. Repräsentative und direkte Demokratie sind keine Gegensätze, sondern gleichberechtigte Elemente der Volkssouveränität. Das Land Berlin hat sich bewusst für eine Stärkung der direkten Demokratie entschieden und verschiedene Möglichkeiten der unmittelbaren politischen Beteiligung der Bür-gerinnen und Bürger auf Bezirks- und Landesebene geschaffen. Die Berlinerinnen und Berliner nehmen diese Möglichkeiten an und prägen damit das Bild einer lebendigen Demokratie. Die Beteiligung des Volkes an bezirks- oder landespolitischen Sachfragen führt zu neuen Erkenntnissen, macht Entscheidungsprozesse transparenter und fördert letztlich die Akzeptanz bestimmter Vorhaben. Mit der vorliegenden Broschüre möchte ich Sie über die rechtlichen Grund- lagen und die verschiedenen Möglichkeiten informieren, unmittelbar auf die politische Gestaltung in unserer Stadt Einfluss zu nehmen. Machen Sie von den Möglichkeiten der direkten Demokratie Gebrauch ! Dr. Petra Michaelis-Merzbach Landesabstimmungsleiterin 1
Impressum Herausgeberin Die Landesabstimmungsleiterin Berlin Alt-Friedrichsfelde 60 10315 Berlin Telefon: 030 9021 - 3633 E-Mail: landeswahlleiterin@wahlen-berlin.de Internet: www.wahlen-berlin.de in Zusammenarbeit mit der Landeszentrale für politische Bildungsarbeit Berlin und mit der Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin Gestaltung Amt für Statistik Berlin-Brandenburg Fotos: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg 2
Inhaltszerzeichnis 1. Repräsentative und direkte Demokratie .............. 4 2. Volksinitiative ................................................................ 5 3. Volksbegehren .............................................................. 7 4. Volksentscheid .............................................................. 11 5. Mitwirkung der Einwohnerschaft ........................... 13 6. Bürgerbegehren ........................................................... 14 7. Bürgerentscheid ........................................................... 16 8. Weitere Beratungsmöglichkeiten ........................... 18 9. Rechtsschutz . ................................................................ 18 10. Transparenz von Spenden ........................................ 19 Anhang A: Fundstellen für Gesetze und Verordnungen . ..... 20 B: Gesetzestexte ................................................................ 20 Verfassung von Berlin (Auszug) ................................ 20 Gesetz über Volksinitiative, Volksbegehren und Volksentscheid Volksinitiative ..................................................................... 21 Volksbegehren ................................................................... 22 Volksentscheid . ................................................................. 25 Bezirksverwaltungsgesetz (Auszug) Mitwirkung der Einwohnerschaft . .............................. 28 Bürgerbegehren und Bürgerentscheid ..................... 29 C: Muster der Unterschriftsbögen, Unterschriftslisten und Erklärungen ..................... 31 3
1. Repräsentative und direkte Demokratie Das Grundprinzip der Volkssouveränität wird nach der Verfassung von Berlin [Verfassung von Berlin: http:// www.kulturbuch-verlag.de/online/brv/D0001/F00001.pdf] nicht allein durch Wahlen zum Abgeordnetenhaus und durch die gewählte Volksvertretung im Rahmen der repräsentativen Demokratie verwirklicht. Es wird auch durch die verschiedenen Elemente der direkten Demo‑ kratie in Form von Beteiligungen und Abstimmungen der Bürgerinnen und Bürger außerhalb von allgemeinen Wahlen zum Ausdruck gebracht. Nach Artikel 3 Absatz 1 der Verfassung von Berlin wird die gesetzgebende Gewalt durch Volksabstimmungen, Volksentscheide und durch die Volksvertretung ausgeübt. Beide Formen der Demokratie schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen sich auf vielfältige Weise. Neben der unmittelbaren Abstimmung bestehen im Land Berlin ver‑ schiedene Möglichkeiten der Beteiligung der Bürger‑ innen und Bürger an der Gesetzgebung und der Verwaltung. Instrumente der direkten Demokratie bestimmte Sachfragen zu entscheiden, Gesetze zu auf Landesebene sind: beschließen oder eine vorzeitige Beendigung der • Volksinitiative Wahlperiode herbeizuführen. Sie sind in Artikel 62 • Volksbegehren und Volksentscheid und 63 der Verfassung von Berlin normiert; Einzel- • Volksabstimmung heiten sind im Abstimmungsgesetz geregelt. Instrumente der Mitwirkung der Die Verfassung von Berlin sieht für bestimmte Fälle Einwohnerschaft auf Bezirksebene sind auch Volksabstimmungen vor. Diese sind in Artikel 97 Absatz 2 und Artikel 100 Satz 2 der Verfassung • Unterrichtung der Einwohnerschaft von Berlin festgeschrieben. So muss über eine Fu- (§ 41 BezVG), sion mit dem Land Brandenburg oder über eine • Einwohnerversammlung (§ 42 BezVG), Änderung der Artikel 62 und 63 der Verfassung von • Einwohnerfragestunde (§ 43 BezVG) Berlin eine Volksabstimmung aller wahlberechtig- • Einwohnerantrag (§ 44 BezVG) ten Berlinerinnen und Berlin durchgeführt werden. Darüber hinaus sieht das Bezirksverwaltungsgesetz (BezVG) [Bezirksverwaltungsgesetz: http://www.kultur- buch-verlag.de/online/brv/D0002/F00088.pdf] auch eine Nach Artikel 3 Absatz 1 der Verfassung von Berlin unmittelbare Beteiligung vor durch wird auch die vollziehende Gewalt nicht nur durch die Regierung und die Verwaltung, sondern in den • Bürgerbegehren (§ 45 BezVG) Bezirken auch im Wege von Bürgerentscheiden • Bürgerentscheid (§ 46 BezVG) ausgeübt. Die Bürgerinnen und Bürger können nicht nur die Mitglieder der Bezirksverordneten- Mit der Volksinitiative können alle Einwohnerin- versammlung wählen, sondern auch außerhalb nen und Einwohner, die mindestens 16 Jahre alt von Wahlen ihren Willen unmittelbar durch Bürger- sind, ihre Anliegen und Interessen mit vergleichs- entscheide zur Geltung bringen. Bürgerentscheide weise geringem Aufwand unmittelbar an das Ab- sind in Artikel 72 Absatz 2 der Verfassung von Berlin geordnetenhaus von Berlin herantragen und sich verfassungsrechtlich normiert; das Nähere regeln durch ihre Vertrauenspersonen im Parlament Gehör die §§ 45 bis 47 b des Bezirksverwaltungsgesetzes verschaffen. Die Volksinitiative ist in Artikel 61 der (BezVG). Verfassung von Berlin normiert, die Einzelheiten sind im Abstimmungsgesetz (AbstG) [Abstimmungs- Das Bezirksverwaltungsgesetz sieht verschiedene gesetz: http://www.kulturbuch-verlag.de/online/brv/D0001/ Möglichkeiten der Mitwirkung der Berlinerinnen F00017.pdf] geregelt. und Berliner an kommunalpolitischen Entscheidun- gen vor. Zahlreiche bisher durchgeführte Bürger- Volksbegehren und Volksentscheide eröffnen begehren und Bürgerentscheide machen deutlich, den wahlberechtigten Berlinerinnen und Berli- dass die direkte Demokratie ein fester Bestandteil nern auch außerhalb von regelmäßigen Wahlen der Kommunalpolitik in den Berliner Bezirken ge- die Möglichkeit, unmittelbar über Volksentscheide worden ist. 4 Gesetzestexte siehe auch Seite 20 – 31
2. Volksinitiative Die Vertrauenspersonen müssen nicht selbst unterschriftsberechtigt sein. Erklärungen der Trägerin sind nur verbindlich, wenn sie von Die Volksinitiative ist eine besonders geregelte Massen‑ mindestens drei Vertrauenspersonen abgege- petition, die das Parlament zwingt, bestimmte Anliegen ben werden. In dem Antrag auf Behandlung und Themen zu erörtern. Artikel 61 der Verfassung von einer Volksinitiative sind die Namen und An- Berlin bestimmt, dass alle Einwohnerinnen und Einwoh‑ schriften der Vertrauenspersonen anzugeben. ner Berlins das Recht haben, das Abgeordnetenhaus im Rahmen seiner Entscheidungszuständigkeit mit be‑ stimmten Gegenständen der politischen Willensbildung, die Berlin betreffen, zu befassen. Sie bietet damit die Wie läuft die Möglichkeit, ohne ein aufwendiges Verfahren mit einer Unterschriftensammlung ab? relativ geringen Zahl von mindestens 20 000 Unterstüt‑ Eine Volksinitiative muss von mindestens zungsunterschriften auf besondere Probleme aufmerk‑ 20 000 Personen, die am Tag der Unterschrift sam zu machen und dem Parlament unmittelbar Vor‑ mindestens 16 Jahre alt sind und in Berlin mit schläge zu unterbreiten. alleiniger Wohnung oder mit Hauptwohnsitz Der Bereich der möglichen Themen ist bewusst sehr weit gemeldet sind, durch ihre Unterschrift auf gefasst. Eine Volksinitiative kann auf eine Gesetzesände‑ einem Unterschriftsbogen oder einer Unter- rung oder auch auf eine bestimmte politische Entschei‑ schriftsliste unterstützt werden. Die Muster dung gerichtet sein. Voraussetzung dafür ist, dass das für den Unterschriftsbogen und die Unter- Abgeordnetenhaus für diese Entscheidung zuständig ist schriftsliste sind im Anhang als Anlage Nr. 1a und es sich um eine Angelegenheit handelt, die Berlin und 1b abgedruckt. Die darin vorgesehenen betrifft. Sie führt – anders als ein erfolgreicher Volksent‑ Inhalte sind nach der Abstimmungsordnung scheid – nicht unmittelbar zu der angestrebten Rechtsän‑ [Link zur Abstimmungsordnung] verbindlich. derung. Sie ist darauf gerichtet, dass sich das Parlament Die konkrete Gestaltung der Unterschriftslis- mit ihr in öffentlicher Debatte befasst. Die Vertrauens‑ ten und Unterschriftsbögen kann jedoch von personen der Volksinitiative haben das Recht, in den der Trägerin entsprechend ihrer Bedürfnisse zuständigen parlamentarischen Ausschüssen angehört angepasst werden. So kann auch die Anzahl zu werden. der Unterschriftszeilen geändert werden. Auf der Unterschriftsliste und dem Unterschrifts- bogen muss der Wortlaut der Vorlage oder ihr Wer kann daran teilnehmen? wesentlicher Inhalt in Kurzform vorangestellt Teilnahmeberechtigt sind alle Einwohnerin- werden. Neben der Unterschrift müssen der nen und Einwohner Berlins, die im Zeitpunkt Familienname, Vornamen, Geburtstag, die ihrer Unterstützungsunterschrift mindestens Adresse und der Tag der Unterschrift angege- 16 Jahre alt sind. Maßgeblich ist allein, ob die ben werden. Anders als bei einem Antrag auf Person am Tage der Unterschriftsleistung mit Einleitung eines Volksbegehrens müssen der der alleinigen Wohnung oder mit Hauptwohn- Unterschriftsbogen und die Unterschriftsliste sitz in Berlin gemeldet ist. Auf die Staatsange- keine amtliche Kostenschätzung enthalten. hörigkeit und die Wahlberechtigung kommt Die Trägerin muss einheitliche Unterschrifts- es nicht an. Daher können auch Einwohnerin- bögen und -listen verwenden und diese auf nen und Einwohner mit anderer Staatsange- ihre Kosten beschaffen. hörigkeit an einer Volksinitiative teilnehmen. Wie wird eine Wer kann Trägerin sein? Volksinitiative beantragt? Die Initiative geht meistens von einzelnen Der Antrag auf Behandlung der Volksinitiati- Personen oder Gruppen aus. Diese werden als ve im Abgeordnetenhaus ist nach § 4 AbstG Trägerin bezeichnet. Trägerin kann eine natür- schriftlich an die Präsidentin oder den Präsi- liche Person, eine Mehrheit von Personen, eine denten des Abgeordnetenhauses zu richten. Personenvereinigung oder eine Partei sein. Er muss den Namen und die Anschrift der Trä- gerin enthalten und den Wortlaut der Vorlage mit Begründung. In dem Antrag sind auch die Namen und Anschriften der Vertrauensper- Wer ist Vertrauensperson? sonen aufzunehmen. Die Unterschriftsbögen Die Trägerin muss nach § 6 Absatz 1 des Ab- und -listen mit mindestens 20 000 Unterschrif- stimmungsgesetzes (AbstG) fünf Vertrau- ten sind dem Antrag beizufügen. Da in der Re- enspersonen als Vertreter der Volksinitiative gel etwa 15 % der abgegebenen Unterschrif- bestimmen, die berechtigt sind, im Namen ten ungültig sind, weil die Personen nicht der Unterzeichner für die Trägerin Erklärun- unterschriftsberechtigt sind, ihre Angaben gen abzugeben und entgegenzunehmen. nicht lesbar sind oder sie doppelt unterschrie- Gesetzestexte siehe auch Seite 21 – 22 5
ben haben, empfiehlt es sich, eine entspre- Bezirksämter weitergeleitet, die die Unterstüt- chend erhöhte Anzahl von Unterschriften zu zungsunterschriften innerhalb von weiteren sammeln. 15 Tagen anhand der Angaben im Meldere- gister überprüfen. Das Ergebnis teilen sie der Mit dem Antrag müssen alle Vertrauensper- für Inneres zuständigen Senatsverwaltung sonen an Eides statt versichern, dass sie Geld- mit, die wiederum der Präsidentin oder dem und Sachspenden eines Spenders oder einer Präsidenten des Abgeordnetenhauses un- Spenderin, die einen Gesamtwert von 5.000 verzüglich das Gesamtergebnis bekanntgibt. Euro übersteigen, vollständig und richtig bei Binnen drei Tagen stellt dann die Präsidentin der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung oder der Präsident des Abgeordnetenhauses angezeigt haben. das Gesamtergebnis der Zulässigkeitsprüfung fest und teilt es den Vertrauenspersonen mit. Die Präsidentin oder der Präsident des Abge- Ist der Antrag unzulässig, wird er schriftlich ordnetenhauses prüft mit Ausnahme der An- zurückgewiesen und mit Einverständnis der zahl der Unterstützungsunterschriften inner- Trägerin an den Petitionsausschuss zur weite- halb von 15 Tagen nach Eingang des Antrages, ren Bearbeitung übersandt. ob der Antrag zulässig ist. Soweit entsprechen- de Mängel feststellt werden, kann der Trägerin Gelegenheit geben werden, diese zu beseiti- gen. Ist die Volksinitiative zulässig, werden Was geschieht mit dem Antrag? die Unterstützungsunterschriften über die für Zulässige Volksinitiativen werden innerhalb Inneres zuständige Senatsverwaltung an die von vier Monaten nach der Feststellung der Zulässigkeit im Abgeordnetenhaus beraten. Die Vertrauenspersonen haben ein Recht da- Abgeordnetenhaus von Berlin rauf, in den zuständigen Ausschüssen ange- ▲ Fachausschüsse ▲ ▲ ▲ hört zu werden und ihr Anliegen darzulegen. Entscheidung Nach der Anhörung findet eine Aussprache über die Zulässigkeit Anhörung zur Volksinitiative im Abgeordnetenhaus statt. der Volksinitiative Präsident des Abgeordnetenhauses von Berlin ▲ ▲ Prüfung der Zusammenfassung Unterschriften Der Ablauf einer Volksinitiative ist in der neben- stehenden Übersicht nochmals dargestellt: ▲ Senatsverwaltung Antrag für Inneres und Sport auf Behandlung der ▲ ▲ Volksinitiative Bezirksämter Fünf Vertrauenspersonen ▲ Bestimmung von fünf Personen Trägerin der Volksinitiative ▲ mindestens 20 000 Unterstützungs- unterschriften Einwohnerinnen und Einwohner ab 16 Jahre 6 Gesetzestexte siehe auch Seite 21 – 22
3. Volksbegehren nicht, dass Gesetze aufgrund eines erfolgrei- chen Volksentscheids nicht dazu führen dür- fen, dass für bestimmte Aufgaben zusätzliche Das Volksbegehren ist notwendige Voraussetzung für Haushaltsmittel bereitgestellt werden müs- die Durchführung eines Volksentscheids. Es ist neben der sen. Eine Höchstgrenze, welche zusätzlichen Volksabstimmung das zentrale Element der direkten De‑ Kosten durch ein solches Gesetz verursacht mokratie auf Landesebene. Die zum Abgeordnetenhaus werden, besteht nicht. Allerdings gibt es eine von Berlin wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger zeitliche Grenze: Ein durch einen Volksent- können mittels Volksbegehren und Volksentscheid über scheid angenommenes Gesetz, das zusätzli- bestimmte Sachfragen auch außerhalb von regelmäßi‑ che Haushaltsmittel erforderlich macht, darf gen Wahlen unmittelbar entscheiden. erst zum nächstfolgenden Haushaltsjahr in Das Volksbegehren gliedert sich in zwei Verfahrensab‑ Kraft treten. Daher sollte ein Gesetzentwurf, schnitte. In dem ersten Abschnitt sammelt die Trägerin der zusätzliche Haushaltsmittel bindet, eine Unterstützungsunterschriften für einen Antrag auf Ein‑ Regelung enthalten, dass das Gesetz erst in leitung des Volksbegehrens. Ist dieser Antrag zulässig, dem auf einen erfolgreichen Volksentscheid muss die Trägerin grundsätzlich vier Monate warten, folgenden Haushaltsjahr in Kraft tritt. Ist der ob das Abgeordnetenhaus von Berlin das Begehren in Haushaltsplan für das nach dem Inkrafttreten seinem wesentlichen Bestand übernimmt, bevor die des Gesetzes folgende Jahr schon beschlos- Trägerin die Durchführung des Volksbegehrens verlan‑ sen, muss das Abgeordnetenhaus die Mittel gen kann. Lehnt das Abgeordnetenhaus das Begehren ggf. umverteilen, soweit es das Gesetz nicht vorzeitig ab, kann die Trägerin schon vor Ablauf die‑ selbst aufhebt. Aus der Gleichrangigkeit zwi- ser Wartefrist die Durchführung des Volksbegehrens schen dem parlamentarischen Gesetz und verlangen. Im Anschluss an das Verlangen wird in dem dem Volksgesetz folgt, dass das Abgeordne- zweiten Abschnitt das eigentliche Volksbegehren unter tenhaus jederzeit ein durch Volksentscheid der Verantwortung der Landesabstimmungsleiterin zustande gekommenes Gesetz wieder aufhe- durchgeführt. ben oder abändern kann. Ferner sind Gesetze zu Dienst- und Versor- Was kann Gegenstand gungsbezügen, Abgaben, Tarifen der öffent- eines Volksbegehrens sein? lichen Unternehmen sowie Personalentschei- Nach Artikel 62 und 63 der Verfassung von dungen nach den verfassungsrechtlichen Berlin können Volksbegehren folgende Ziele Vorgaben des Artikels 62 Absatz 2 der Ver- haben: fassung von Berlin unzulässig. Volksbegehren dürfen auch nicht gegen das Grundgesetz, • Erlass, Änderung oder Aufhebung sonstiges Bundesrecht oder die Verfassung von Gesetzen, soweit das Land Berlin die von Berlin verstoßen. Volksbegehren sind Kompetenz für die Gesetzgebung hat, ferner innerhalb einer Wahlperiode zu einem • Erlass von Beschlüssen zu Gegenständen Thema nur einmal zulässig. Ein Volksbegehren der politischen Willensbildung im Rahmen zur vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode der Entscheidungszuständigkeit des ist unzulässig, wenn der Antrag auf Einleitung Abgeordnetenhauses, des Volksbegehrens später als 46 Monate • Vorzeitige Beendigung der Wahlperiode nach Beginn der Wahlperiode gestellt wird. des Abgeordnetenhauses. Wegen des hohen finanziellen und organisa- Während Gesetze aufgrund eines erfolgrei- torischen Aufwandes eines Volksbegehrens chen Volksentscheids wie auch vom Abge- und eines Volksentscheids wurde gesetzlich ordnetenhaus beschlossene Gesetze für alle vorgeschrieben, dass ein Volksbegehren be- verbindlich sind, können sonstige Beschlüsse reits vor seiner Durchführung vom Verfas- lediglich eine Empfehlung darstellen. Volks- sungsgerichtshof des Landes Berlin überprü- begehren zu Gesetzesvorlagen sind allerdings fet werden kann, wenn der Senat von Berlin nur zulässig, wenn das Land Berlin auch die den Gegenstand des Volksbegehrens für un- Gesetzgebungskompetenz hierfür hat. zulässig oder das angestrebte Gesetz für ver- fassungswidrig hält. In § 12 AbstG sind weitere Ausnahmen ge- regelt, nach denen ein Volksbegehren in be- stimmten Fällen unzulässig ist. So darf ein Volksbegehren nicht zum Landeshaushalts- Wer kann an einem Volksbegehren gesetz erlassen werden. Das Haushaltsgesetz teilnehmen? wird allein vom Abgeordnetenhaus von Berlin Teilnahmeberechtigt sind alle für die Wahlen erlassen und bestimmt durch den Haushalts- zum Abgeordnetenhaus von Berlin Wahlbe- plan, wie viel Geld für bestimmte Aufgaben rechtigten. Dies sind alle Personen, die seit bereitgestellt wird. Diese Regelung bedeutet mindestens drei Monaten mit alleiniger Woh- Gesetzestexte siehe auch Seite 20, 22 – 25 7
nung oder Hauptwohnsitz in Berlin gemeldet schriftsliste, die für eine Mehrzahl von Per- und mindestens 18 Jahre alt sind sowie die sonen bestimmt ist, verwendet werden. Die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. Kosten für die Vervielfältigung sind von der Trägerin zu übernehmen. Auslagen werden nicht erstattet. In dem Unterschriftsbogen bzw. der Unterschriftenliste müssen folgende Wer kann Trägerin sein? Angaben enthalten sein: Trägerin eines Volksbegehrens können eine natürliche Person, eine Mehrheit von Perso- • Wortlaut des Volksbegehrens oder nen, eine Personenvereinigung oder eine Par- ihr wesentlicher Inhalt in Kurzform, tei sein. Sie ist die Initiative, von der das Volks- • Familienname und Vornamen, begehren ausgeht. • Wohnsitz mit Anschrift und • Tag der Unterschriftsleistung. Wer sind die Vertrauenspersonen? Neben der Unterschrift muss das Geburts- Die Trägerin nach § 16 Absatz 1 AbstG muss datum handschriftlich von der unterzeichnen- fünf Vertrauenspersonen als Vertreter des den Person eingetragen werden. Volksbegehrens bestimmen, die berechtigt sind, für die Trägerin Erklärungen abzugeben und entgegenzunehmen. Erklärungen der Trägerin sind nur verbindlich, wenn sie von Wie viele Unterstützungsunter- mindestens drei Vertrauenspersonen abge- schriften müssen in welcher Zeit geben werden. In dem Antrag auf Einleitung gesammelt werden? des Volksbegehrens sind die Namen und An- Für einen Antrag auf Einleitung eines Volks- schriften der Vertrauenspersonen anzugeben. begehrens sind grundsätzlich mindestens Die Vertrauenspersonen müssen nicht selbst 20.000 gültige Unterschriften erforderlich. Für abstimmungsberechtigt sein. die Änderung der Verfassung von Berlin und für die vorzeige Beendigung der Wahlperiode benötigt die Trägerin mindestens 50 000 gülti- ge Unterschriften. Da häufig nicht alle Unter- Wie läuft die stützungsunterschriften gültig sind, empfiehlt Unterschriftensammlung ab? es sich, etwa 15 % mehr zu sammeln als erfor- Vor Beginn der Unterschriftensammlung derlich. Fehlen am Ende nach der Antragstel- muss die Trägerin, die ein Volksbegehren be- lung noch Unterstützungsunterschriften, kön- antragen will, einen formlosen schriftlichen nen diese nicht nachgereicht werden. Antrag auf amtliche Kostenschätzung bei der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung Grundsätzlich kann die Trägerin so lange sam- stellen. Diese Kostenschätzung ist notwen- meln, bis sie die erforderliche Anzahl von Un- dig, weil sie auf dem Unterschriftsbogen und terstützungsunterschriften beisamme hat. Eine der Unterschriftsliste für den Antrag auf Ein- Sammelfrist existiert nicht. Die berücksichti- leitung eines Volksbegehrens aufgenommen gungsfähigen Unterschriften dürfen jedoch werden muss. Sie soll denjenigen, die das Be- nicht mehr als sechs Monate vor der Einrei- gehren unterstützen wollen, die Kosten vor chung des Antrages bei der für Inneres zustän- Augen führen, die sich aus der Verwirklichung digen Senatsverwaltung abgegeben worden des Begehrens ergeben würden. Die Trägerin sein. Der Tag der Antragstellung zählt für die kann eine eigene Kostenschätzung der amtli- Berechnung der Frist nicht mit. Wird der Antrag chen Kostenschätzung voranstellen. beispielsweise am 30. November abgegeben, zählen nur Unterschriften, die ab dem 30. Mai Erst nach Mitteilung der amtlichen Kosten- abgegeben wurden. schätzung kann mit der Sammlung der Unter- stützungsunterschriften begonnen werden. Dafür müssen die amtlichen Muster 2 a und 2 b der Abstimmungsordnung verwendet wer‑ Wo und wie ist der Antrag auf Einleitung den [Abstimungsordnung: http://www.kultur- des Volksbegehrens zu stellen? buch-verlag.de/online/brv/D0001/F00018.pdf]. Ist die Sammlung der erforderlichen Unter- Die konkrete Gestaltung der Unterschriftslis- stützungsunterschriften abgeschlossen, kann ten und Unterschriftsbögen kann jedoch von der Antrag auf Einleitung des Volksbegehrens der Trägerin entsprechend ihrer Bedürfnisse mit den Unterstützungsunterschriften bei der angepasst werden. So kann auch die Anzahl für Inneres zuständigen Senatsverwaltung der Unterschriftszeilen geändert werden. Es eingereicht werden. Der Antrag muss schrift- kann ein Unterschriftsbogen, der nur für eine lich gestellt werden und den genauen Wort- einzelne Person bestimmt ist, oder eine Unter- laut des Volksbegehrens enthalten. Zielt das 8 Gesetzestexte siehe auch Seite 22 – 25
Volksbegehren auf den Erlass, die Änderung Kann das Abgeordnetenhaus oder die Aufhebung eines Gesetzes, muss das Volksbegehren übernehmen? dem Antrag ein ausgearbeiteter, mit Gründen Das Abgeordnetenhaus von Berlin kann sich versehener Gesetzentwurf beigefügt werden. jederzeit ein Volksbegehren zu eigen machen Bei Änderungen von Gesetzen ist auf be- und die entsprechende Vorlage eines Ge- stimmte Rechtsförmlichkeiten zu achten, um setzes oder Beschlusses selbst beschließen. missverständliche Regelungen zu vermeiden. Nimmt das Abgeordnetenhaus die Vorlage Die Trägerin sollte hierfür schon vor Beginn unverändert an, teilt es dies der Trägerin und der Unterschriftensammlung die Beratung dem Senat mit. Ein Volksbegehren findet in der für Inneres zuständigen Senatsverwaltung diesem Fall nicht statt. in Anspruch nehmen. Die für Inneres zuständige Senatserwaltung verteilt die Unterschriftsbögen und -listen Zusammenfassung gleichmäßig auf die Bezirksämter, die die Die Einleitung eines Volksbegehrens ist in der Gültigkeit der Unterschriften anhand der Ein- nachfolgenden Übersicht nochmals darge- tragungen im Melderegister innerhalb von 15 stellt: Tagen überprüfen. Die für Inneres zuständige Senatsverwaltung prüft gleichzeitig, ob der Vorlage bei Antrag zulässig ist und gibt der Trägerin Ge- Unzulässigkeit legenheit, bei formalen Mängeln den Antrag nach §§ 11, 12 Standpunkt AbstG nachzubessern. Unterstützungsunterschriften Abgeordnetenhaus Senat von Berlin Verfassungs- ▲ können indessen nicht nachgereicht werden. ▲ von Berlin gerichtshof ▲ Berlin ▲ ▲ Die für das Volksbegehren fachlich zuständige Senatsverwaltung bereitet eine Stellungnah- me des Senats zu dem beabsichtigten Volks- begehren vor, die innerhalb von weiteren 15 Tagen herbeigeführt und dem Abgeordneten- Fachlich zuständige Senatsverwaltung haus von Berlin übersandt wird. ▲ Prüfung der Ablehnung Einspruch Zulässigkeit des bei formellen Volksbegehrens Mängeln nach §§ 10, 13 bis 16 Senatsverwaltung für Inneres und Sport Wann kann ein Antrag abgelehnt werden? AbstG ▲ ▲ Sind die formalen Voraussetzungen für ein Volksbegehren nicht erfüllt, lehnt der Se- Antrag Prüfung nat von Berlin den Antrag auf einleitung des auf Einleitung des der Unter- Volksbegehrens schriften Volksbegehrens schriftlich ab. Gegen diese Entscheidung kann die Trägerin Einspruch ▲ Bezirksämter beim Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin erheben, der über die Zulässigkeit des Volksbegehrens entscheidet. Liegen für das Volksbegehren die Vorausset- zungen der §§ 11 oder 12 AbstG nicht vor, Fünf Vertrauenspersonen ▲ legt die für Inneres zuständige Senatsverwal- ▲ tung den Antrag dem Verfassungsgerichtshof Bestimmung von des Landes Berlin binnen 15 Tagen nach der fünf Personen Stellungnahme des Senats über seinen Stand- punkt zur Entscheidung vor. Dies erfolgt in den Trägerin des Volksbegehrens ▲ Fällen, in denen es sich nicht um eine Angele- genheit des Landes Berlin handelt, die Vorlage mindestens 20 000 (50 000) innerhalb der Wahlperiode zum zweiten Mal Unterstützungs- vorgelegt wird oder sonst ausgeschlossen ist unterschriften oder wenn das Volksbegehren gegen die Ver- fassung von Berlin oder gegen Bundesrecht verstößt. Dies gilt auch, wenn das Volksbe- gehren nur teilweise unzulässig ist. Die Träge- rin kann in diesem Fall die Durchführung des Volksbegehrens für die zulässigen Teile ver- langen oder zunächst die Entscheidung des Wahlberechtigte zum Abgeordnetenhaus von Berlin Verfassungsgerichtshofs abwarten. Gesetzestexte siehe auch Seite 22 – 25 9
Wann kommt es Kann der Antrag zum Volksbegehren? geändert werden? Ist der Antrag auf Einleitung eines Volksbe- Nach § 19 AbstG kann der Antrag auf Einlei- gehrens zulässig, muss die Trägerin in der tung des Volksbegehrens nach der Bekannt- Regel vier Monate warten, ob das Abgeordne- machung des Volksbegehrens im Amtsblatt tenhaus den Vorschlag inhaltlich übernimmt. für Berlin nicht mehr zurückgenommen und Erst nach Ablauf dieser Wartefrist kann die Trä- der Wortlaut des Volksbegehrens nicht mehr gerin durch einfache schriftliche Mitteilung an geändert werden. Bis zu diesem Zeitpunkt die für Inneres zuständige Senatsverwaltung sind Änderungen möglich, solange der we- innerhalb eines Monats die Durchführung des sentliche Kern des Volksbegehrens nicht ver- Volksbegehrens verlangen. Wenn das Abge- ändert wird. ordnetenhaus vor Ablauf der vier Monate das Begehren ablehnt, kann die Trägerin auch vor- zeitig die Durchführung des Volksbegehrens verlangen. Wie läuft das Volksbegehren ab? Das Volksbegehren selbst wird unter der Ver- Innerhalb von 15 Tagen nach Eingang des antwortung der Landesabstimmungsleiterin Verlangens veröffentlicht die Landesabstim- durchgeführt. Sie gibt die amtlichen Unter- mungsleiterin das Volksbegehren im Amts- schriftsbögen und -listen aus. Die amtlichen blatt für Berlin und setzt die Eintragungsfrist Unterschriftsbögen und -listen eines Volks- fest. Diese beträgt vier Monate und beginnt in begehrens sind auch bei der Landessabs- der Regel 15 Tage nach der Veröffentlichung timmungsleiterin@Berlin.de im Internet ab- im Amtsblatt für Berlin. rufbar. Die konkrete Gestaltung der Unterschriftslisten und Unter- schriftsbögen erfolgt durch die Landesabstimmungsleiterin. Die Annahme des Abgeordnetenhaus von Berlin Bei Nichtannahme: Landesabstimmungsleiterin be- ▲ ▲ Gesetzentwurfs Durchführung stimmt die Tage und Zeiten, an Volksentscheid denen in den amtlichen Ausle- ▲ gungsstellen die Eintragungen vor- Mitteilung genommen werden können. An mindestens zwei Werktagen in der Feststellung des Ergebnisses Woche müssen die Auslegungs- des erfolgreichen Volksbegehrens durch stellen bis 18.00 Uhr geöffnet sein. die Landesabstimmungsleiterin ▲ ▲ Die Bezirksabstimmungsleiterinnen Prüfung der Unterschriften durch die Bezirksämter und Bezirksabstimmungsleiter le- ▲ ▲ gen die Auslegungsstellen fest. Die Eintragungen können aber auch in Eintragungen in Eintragungen amtlichen Auslegungsstellen in freier Sammlung der »freien Sammlung« erfolgen. Innerhalb der viermonatigen Ein- ▲ ▲ Eintragungen von mindestens 7 % tragungsfrist können sich die Ab- (20 %) der zum Abgeordnetenhaus stimmungsberechtigten eintragen. Wahlberechtigten Die Unterschriftsbögen und -listen enthalten den Namen und die An- Amtliche Bekanntmachung schrift der Trägerin, den Gegen- der Eintragungszeiten und Eintragungsstellen stand des Volksbegehrens mit einer ▲ möglichst genauen Kurzbezeich- nung und der amtlichen Kosten- Landesabstimmungsleiterin ▲ schätzung sowie den Hinweis, dass die personenbezogenen Daten nur Senatsverwaltung für Inneres und Sport für die Zwecke des Abstimmungs- ▲ Verlangen auf Durchführung gesetzes verwendet werden. In des Volksbegehrens den Unterschriftsbögen und -listen Trägerin eines Volksbegehrens müssen Familienname, Vornamen, ▲ mindestens Geburtstag, Wohnsitz mit Anschrift, 20 000 (50 000) Tag der Unterschriftsleistung und Unterstützungs- Unterschrift selbst eingetragen wer- unterschriften den. Wahlberechtigte zum Abgeordnetenhaus zu Berlin 10 Gesetzestexte siehe auch Seite 22 – 25
Was bedeutet »freie Sammlung« ? Die Trägerin erhält auf Anforderung eine an- 4. Volksentscheid gemessene Anzahl entsprechender Unter- Ist ein Volksbegehren zustande gekommen, muss nach Artikel schriftsbögen und -listen, um auch außerhalb 63 der Verfassung von Berlin innerhalb von vier Monaten ein der amtlichen Auslegungsstellen Unterstüt- Volksentscheid herbeigeführt werden. Diese Frist kann auf zungsunterschriften sammeln zu können. acht Monate verlängert werden, wenn innerhalb dieses Zeit‑ Wer das Volksbegehren unterstützen will, raums der Volksentscheid mit einer Wahl oder einem anderen kann sich in den Unterschriftlisten eintragen Volksentscheid verbunden werden kann. Diese Option soll und unterschreiben. Die Trägerin sammelt dazu beitragen, Kosten und organisatorischen Aufwand von die Unterschriftsbögen und -listen und reicht zwei getrennten Abstimmungen zu vermeiden und den Bür‑ sie bei der Geschäftsstelle der Landesabstim- gerinnen und Bürgern die Möglichkeit geben, an einem Tag mungsleiterin ein, die sie an die Bezirksämter im Wahl- oder Abstimmungslokal mehrere Wahl- und Abstim‑ weiterleitet. Dort wird anhand der Eintra- mungsentscheidungen zu treffen. Ob eine Verbindung zweier gungen im Melderegister festgestellt, ob die Ereignisse sinnvoll ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Unterschriften gültig sind. Es wird empfohlen, Die Entscheidung trifft der Senat, der den Abstimmungstag die gesammelten Unterschriften in bestimm- innerhalb von 15 Tagen, nachdem die Landesabstimmungslei‑ ten Zeitabständen schon während der Ein- terin das Ergebnis des Volksbegehrens im Amtsblatt für Berlin tragungsfrist der Geschäftsstelle der Landes- veröffentlicht hat, auf einen Sonn- oder Feiertag festlegt. abstimmungsleiterin zu überbringen, damit diese bereits geprüft werden können. Ist nach einem erfolgreichen Volksbegehren immer zwingend ein Volksentscheid durchzuführen? Wann ist das Volksbegehren Nach Artikel 62 Absatz 4 der Verfassung von erfolgreich? Berlin ist grundsätzlich nach einem zustan- Schon während der Eintragungsfrist für ein de gekommenen Volksbegehren ein Volks- Volksbegehren werden nach bestimmten Zeit- entscheid herbeizuführen. Nur wenn das Ab- abständen Zwischenergebnisse der geprüf- geordnetenhaus den mit dem Volksbegeh- ten und gültigen Unterschriften von der Lan- ren zustande gekommenen Gesetz- oder Be- desabstimmungsleiterin öffentlich bekannt schlussentwurf inhaltlich in seinem wesentli- gemacht. Ein Volksbegehren, das auf einen chen Bestand unverändert annimmt und dies Gesetzentwurf oder einen sonstigen Be- auch ausdrücklich kenntlich macht, entfällt schluss gerichtet ist, kommt nach Artikel 63 der Volksentscheid. Absatz 1 der Verfassung von Berlin zustan- de, wenn mindestens 7 % der zum Abgeord- netenhaus Wahlberechtigten innerhalb der viermonatigen Eintragungsfrist zugestimmt Wie läuft ein Volksentscheid ab? haben. Das sind etwas mehr als 170 000 Per- Im Prinzip entspricht ein Volksentscheid in sonen. organisatorischer Hinsicht einer Wahl. Der Wortlaut des Volksentscheids und der Gesetz- Für die Änderung der Verfassung von Berlin entwurf bzw. Beschlussentwurf wird mit dem und für die vorzeitige Beendigung der Wahl- amtlichen Muster des Stimmzettels 44 Tage periode müssen 20 % der Wahlberechtigten, vor dem Abstimmungstermin im Amtsblatt für also ca. 490 000 Personen zugestimmt haben. Berlin veröffentlicht. Das Abgeordnetenhaus von Berlin kann einen eigenen Gesetzentwurf Da in der Regel etwa 15 % der abgegebenen oder sonstigen Beschluss zur gleichzeitigen Unterschriften ungültig sind, empfiehlt es Abstimmung stellen. Dieser muss spätestens sich, eine entsprechend erhöhte Anzahl von 60 Tage vor dem festgesetzten Abstimmungs- Unterschriften zu sammeln. tag vom Abgeordnetenhaus beschlossen sein. Die Gesetzentwürfe und sonstigen Beschluss- entwürfe werden in den Bezirksämtern und den Abstimmungslokalen zur Einsichtnahme Zusammenfassung ausgelegt. Die Durchführung eines Volksbegehrens ist in der Übersicht auf Seite 10 nochmals dar- gestellt: Wann und wo kann abgestimmt werden? Alle Abstimmungsberechtigten erhalten eine Abstimmungsbenachrichtigung, in der das Abstimmungslokal angegeben ist, in dem sie in der Zeit von 8.00 bis 18.00 Uhr abstimmen können. Die Abstimmungsberechtigten kön- Gesetzestexte siehe auch Seite 22 – 28 11
nen auch per Briefwahl abstimmen. Hierfür Wann ist ein Volksentscheid erfolgreich? können die Abstimmungsberechtigten Wahl- Ein Gesetzentwurf oder ein sonstiger Be- scheine schriftlich, per Telefax oder auch elek- schlussentwurf ist durch Volksentscheid an- tronisch beim zuständigen Bezirkswahlamt genommen, wenn beantragen. • die Mehrheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer und zugleich Abstimmen kann jede Person, die am Abstim- • mindestens ein Viertel der mungstag zum Abgeordnetenhaus von Berlin Stimmberechtigten zugestimmt haben. wahlberechtigt ist, d.h., sie muss am Abstim- Ein erfolgreicher Volksentscheid bedarf daher mungstag mindestens 18 Jahre alt sein und nicht nur mehr »Ja«-Stimmen als »Nein«-Stim- mindestens seit drei Monaten in Berlin mit men, sondern auch mindestens ca. 613 000 alleiniger Wohnung oder mit Hauptwohn- »Ja«-Stimmen. Soll durch einen Volksent- sitz gemeldet sein. Der Stimmzettel enthält scheid die Verfassung geändert werden, muss eine Abstimmungsfrage, die mit »Ja« oder mit eine Mehrheit von 2/3 der Teilnehmerinnen »Nein« beantwortet werden kann. Bei mehre- und Teilnehmer und zugleich mindestens die ren Gesetzentwürfen oder Beschlussentwür- Hälfte der Stimmberechtigten, also ca. 1,2 Mio. fen kann über jede Vorlage einzeln mit »Ja« Personen, der Änderung zustimmen. Eine vor- oder mit »Nein« abgestimmt werden. zeitige Beendigung der Wahlperiode des Ab- geordnetenhauses erfolgt, wenn eine Mehr- heit der abgegebenen Stimmen und zugleich Wo gibt es weitere Informationen? mindestens die Hälfte der Stimmberechtigten Jede abstimmungsberechtigte Person erhält zustimmen. mit der Abstimmungsbenachrichtigung per Post eine Informationsbroschüre, in der der Legt das Abgeordnetenhaus einen eigenen Wortlaut des Volksentscheids, die Abstim- Gesetzentwurf zur gleichzeitigen Abstimmung mungsfrage, der Gesetzentwurf oder sonstige vor, kann über die konkurrierenden Vorlagen Beschlussentwurf und ggf. der Gegenentwurf einzeln mit »Ja« oder »Nein« abgestimmt des Abgeordnetenhauses mit den Argumenten werden. Bei konkurrierenden Vorlagen gilt der Trägerin, des Senats und des Abgeordne- diejenige als angenommen, die mehr »Ja«- tenhauses dargestellt werden. Darüber hinaus Stimmen erhalten hat. Ist diese Anzahl gleich, kann man sich bei der Landesabstimmungslei- kommt es darauf an, auf welche Vorlage weni- terin@berlin.de im Internet über die Durchfüh- ger »Nein«-Stimmen entfallen sind. rung des Volksentscheides informieren. Ausfertigung und Verkündung des Wann wird das Ergebnis Gesetzes im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt gegeben? bei angenommenen Gesetzen ▲ Ein vorläufiges amtliches Endergebnis wird meist schon am Abend des Volksentscheids Präsident des Abgeordnetenhauses/ bekannt gegeben. Spätestens 20 Tage nach Regierender Bürgermeister von Berlin der Abstimmung veröffentlicht die Landesab- ▲ stimmungsleiterin das endgültige Ergebnis im Annahme des Volksentscheids Amtsblatt für Berlin. ▲ Eigener Gesetz- oder Volksentscheid ▲ Beschlussentwurf • Mehrheit der Teilnehmer (bzw. 2/3) und Wann und wie tritt ein Volksgesetz ▲ • mindestens Zustimmung von ¼ (bzw. ½) der in Kraft? Abgeordnetenhaus zum Abgeordnetenhaus Wahlberechtigten Ist ein Gesetz durch Volksentscheid ange- von Berlin ▲ nommen, fertigt der Präsident des Abgeord- • Veröffentlichung des netenhauses das Gesetz unverzüglich aus. Volksentscheids Der Regierende Bürgermeister verkündet es • Versand der Abstimmungs- benachrichtigung und dann binnen zwei Wochen im Gesetz- und der Informationsbroschüre Verordnungsblatt für Berlin. In der Regel tritt • Durchführung der es dann am Tag nach der Veröffentlichung in Abstimmung Kraft, soweit nicht – beispielsweise wegen der haushaltsrechtlichen Auswirkungen – ein an- Landesabstimmungsleiterin ▲ derer Termin bestimmt ist. Festsetzung des Abstimmungstages Zusammenfassung Der Ablauf eines Volksentscheids ist in der nebenstehenden Übersicht nochmals darge- Senat von Berlin stellt. 12 Gesetzestexte siehe auch Seite 25– 28
5. Mitwirkung der Einwohnerschaft Wie erfolgt die Unterrichtung der Einwohnerschaft? Die Bezirksverordnetenversammlung und das Die Verwaltung in Berlin ist zweistufig aufgebaut. Die Bezirksamt sind nach § 41 BezVG verpflichtet, Hauptverwaltung besteht aus den Senatsverwaltungen die Einwohnerinnen und Einwohner über all- und den nachgeordneten Behörden, Anstalten und gemein bedeutsame Angelegenheiten des Be- Eigenbetrieben. Sie nehmen nach der Verfassung von zirks, über städtische Angelegenheiten, soweit Berlin alle Aufgaben von gesamtstädtischer Bedeutung sie den Bezirk betreffen, und über ihre Mit- wahr. Die Bezirksverwaltungen in den zwölf Berliner Be‑ wirkungsrechte zu unterrichten. Insbesonde- zirken nehmen die örtlichen Verwaltungsaufgaben nach re sollen die Einwohnerinnen und Einwohner den Grundsätzen der Selbstverwaltung wahr. bei wichtigen Planungen und Vorhaben des Organe des Bezirks sind das Bezirksamt, das sich aus der Bezirks Gelegenheit zur Äußerung erhalten. Bezirksbürgermeisterin oder dem Bezirksbürgermeister Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzungen der und den Bezirkstadträtinnen und Bezirksstadträten zu‑ Bezirksverordnetenversammlung sowie der sammensetzt, und die Bezirksverordnetenversammlung öffentlich tagenden Ausschüsse sind rechtzei- (BVV), in der jeweils 55 gewählte Bezirksverordnete die tig bekannt zu machen, die Beschlussvorlagen Grundlinien der Verwaltungspolitik des Bezirks bestim‑ und gefassten Beschlüsse sowie die Mitteilun- men. Die BVV regt Verwaltungshandeln an, kontrolliert gen des Bezirksamtes über die Umsetzung von die Führung der Geschäfte des Bezirksamtes und ent‑ Beschlüssen sind einsehbar zu machen. scheidet über bestimmte ihr gesetzlich zugewiesene Verwaltungsangelegenheiten. Die rechtlichen Grund‑ lagen und die näheren Einzelheiten sind im Bezirks‑ verwaltungsgesetz [Bezirksverwaltungsgesetz: http:// Was ist eine Einwohnerversammlung? www.kulturbuch-verlag.de/online/brv/D0002/F00088.pdf] Zur Erörterung wichtiger Bezirksangelegen- geregelt. heiten können nach § 42 BezVG von der Be- zirksverordnetenversammlung oder vom Be- Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger an den Ver‑ zirksamt Einwohnerversammlungen mit der waltungsentscheidungen hat vor allem bei den örtlichen betroffenen Einwohnerschaft durchgeführt Angelegenheiten der Bezirke große Bedeutung. Das werden. Einwohnerinnen oder Einwohner Bezirksverwaltungsgesetz sieht deshalb im 6. und 7. Ab‑ können bei der Bezirksverordnetenversamm- schnitt verschiedene Möglichkeiten der Beteiligung an lung des Bezirks beantragen, dass zur Erörte- kommunalpolitischen Entscheidungen vor. rung einer bestimmten Bezirksangelegenheit Die im 6. Abschnitt des Bezirksverwaltungsgesetzes eine Einwohnerversammlung durchgeführt normierte Mitwirkung der Einwohnerschaft wird als ein wird. Die Einwohnerinnen und Einwohner Prinzip der Selbstverwaltung der Bezirke definiert, die müssen nicht selbst in diesem Bezirk gemel- durch die BVV und das Bezirksamt gefördert wird. det sein. Sie wird einberufen, wenn der Antrag von einem Drittel der Mitglieder der Bezirks- verordnetenversammlung unterstützt wird. Instrumente der Mitwirkung sind • die Unterrichtung der Einwohnerschaft (§ 41 BezVG), • die Einwohnerversammlung (§ 42 BezVG), Wann und wo findet • die Einwohnerfragestunde (§ 43 BezVG) eine Einwohnerfragestunde statt? und Die Bezirksverordnetenversammlungen sollen • der Einwohnerantrag (§ 44 BezVG). nach § 43 BezVG in jeder ordentlichen Sitzung eine Einwohnerfragestunde einrichten, in der Diese Instrumente stehen allen Personen un- das Bezirksamt zu Einwohnerfragen Stellung abhängig von ihrer Staatsangehörigkeit zu, nimmt. Die Einwohnerfragestunde ist Be- die im Bezirk mit ihrem alleinigen Wohnsitz standteil der öffentlichen Sitzung der Bezirks- oder mit dem Hauptwohnsitz gemeldet sind. verordnetenversammlung. Einzelheiten erge- Dabei steht die Information über die aktuel- ben sich aus der jeweiligen Geschäftsordnung len kommunalpolitischen Themen im Vorder- der Bezirksverordnetenversammlung. An das grund. Die Einwohnerinnen und Einwohner Fragerecht werden keine formalen Anforde- können sich mit Vorschlägen und Anträgen rungen gestellt. Es gilt das Prinzip: Wer ein An- aktiv in die politische Debatte einbringen und liegen hat, soll es auch vorbringen dürfen. damit auf den Prozess der Entscheidungsfin- dung in der BVV Einfluss nehmen. Was bedeutet Einwohnerantrag? Einwohnerinnen und Einwohner des Bezirks, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, ha- ben das Recht, mit einem Einwohnerantrag Gesetzestexte siehe auch Seite 29 13
Empfehlungen an die Bezirksverordnetenver- schriften betrifft und wenn dies ohne eine Än- sammlung zu richten. derung des Gegenstandes des Antrags mög- lich ist. Die Vorsteherin oder der Vorsteher Einwohneranträge können in allen Angelegen- der BVV stellt die Zulässigkeit des Antrags fest heiten gestellt werden, in denen die Bezirks- oder weist ihn zurück. Bis zu dieser Entschei- verordnetenversammlung nach den §§ 12 und dung kann der Antrag zurückgenommen wer- 13 BezVG Beschlüsse fassen kann. den, um eventuell fehlende Unterstützungs- unterschriften zu sammeln und den Antrag Der Antrag ist unter Bezeichnung von drei sodann erneut einzureichen. Vertrauenspersonen schriftlich bei der Be- zirksverordnetenversammlung einzureichen Ist der Einwohnerantrag zulässig, entscheidet und zu begründen. Er ist nur zulässig, wenn die Bezirksverordnetenversammlung unver- er von mindestens 1000 Einwohnerinnen und züglich, spätestens jedoch innerhalb von zwei Einwohnern des Bezirks unterstützt wird. Die Monaten nach Eingang des Antrags über den Unterstützungsunterschriften können durch Antrag. Die Vertrauenspersonen haben das Unterschriftsbögen oder Unterschriftslisten Recht auf Anhörung in der Bezirksverordne- erbracht werden, die den Wortlaut des An- tenversammlung und in ihren Ausschüssen. trags enthalten. Neben der Unterschrift und des handschriftlich von der unterzeichnenden Person anzugebenden Geburtsdatums müs- sen der Familienname, Vornamen, Wohnsitz mit Anschrift (alleinige Wohnung oder Haupt- wohnung) und der Tag der Unterschrift an- 6. Bürgerbegehren gegeben werden. Es wird empfohlen, das im Aufgrund der in Artikel 72 Absatz 2 der Verfassung von Anhang befindliche Muster 4 [Link] als Vorlage Berlin und der im 7. Abschnitt des Bezirksverwaltungs‑ zu verwenden. gesetzes normierten Regelungen über Bürgerbegehren (§ 45 BezVG) und Bürgerentscheid (§§ 46 bis 47 b BezVG) Unterschriftsberechtigt sind alle Einwohner, können die wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger die zum Zeitpunkt der Unterschrift das 16. eines Bezirks über bestimmte Sachfragen selbst abstim‑ Lebensjahr vollendet haben und im Bezirk men. Grundsätzlich können alle Angelegenheiten des mit alleiniger Wohnung oder Hauptwohnung Bezirks, in denen auch die Bezirksverordnetenversamm‑ gemeldet sind. Das Recht zur Einreichung lung Beschlüsse fassen kann, Gegenstand eines Bürger‑ eines Einwohnerantrages hängt nicht von der begehrens und eines Bürgerentscheids sein. Wahlberechtigung zur Bezirksverordneten- versammlung ab. Insbesondere können auch Personen, die nicht die deutsche oder die Was ist ein Bürgerbegehren? Staatsbürgerschaft eines EU-Staates haben, Der Antrag auf Durchführung eines Bürger- den Einwohnerantrag unterschreiben. entscheids wird »Bürgerbegehren« genannt. Alle Bürgerinnen und Bürger eines Bezirks, Unterschriften sind ungültig, wenn sie un- die für die Bezirksverordnetenversammlung leserlich oder die Angaben unvollständig oder (BVV) ihres Bezirks wahlberechtigt sind, kön- fehlerhaft sind und die Person des Unterzeich- nen in allen Angelegenheiten, in denen die nenden deshalb nicht zweifelsfrei erkennen BVV nach den §§ 12 und 13 BezVG Beschlüsse lassen. Das gleiche gilt für Eintragungen, die fassen kann, einen Bürgerentscheid beantra- einen Zusatz oder Vorbehalt enthalten oder gen (Bürgerbegehren). Wahlberechtigt sind die nicht fristgerecht erfolgt sind. Mit Telefax alle Deutschen und alle Staatsangehörigen oder elektronisch übermittelte Unterschriften der Europäischen Union, die am Tag der Wahl sind ebenso ungültig. Da in der Regel etwa das 16. Lebensjahr vollendet haben und seit 15 % der abgegebenen Unterschriften ungül- mindestens drei Monaten im Bezirk ihren tig sind, empfiehlt es sich, eine entsprechend Wohnsitz haben. Staatsangehörige anderer erhöhte Anzahl von Unterschriften zu sam- Staaten sind nicht antrags- und abstimmungs- meln. berechtigt. Das Bezirksamt prüft im Auftrag der Bezirks- Die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens, die verordnetenversammlung unverzüglich die Bindungswirkung, d. h., ob ein erfolgreicher Einhaltung der formalen Zulässigkeitskrite- Bürgerentscheid für das Bezirksamt verbind- rien. Den Vertrauenspersonen kann von der lich wäre, und die Kosten, die sich aus dem Vorsteherin oder vom Vorsteher der Bezirks- Anliegen ergeben, werden vom Bezirksamt verordnetenversammlung eine angemessene vorab geprüft. Das Verfahren ist dann zwei- Frist zur Behebung festgestellter Zulässig- stufig gestaltet: Zunächst muss ein Bürgerbe- keitsmängel gesetzt werden, soweit diese gehren durchgeführt werden. Dies ist erfolg- nicht die Anzahl der einzureichenden Unter- reich, wenn es von mindestens 3 % der bei der 14 Gesetzestexte siehe auch Seite 29 – 31
letzten Wahl zur Bezirksverordnetenversamm- Wann und wo gibt es weitere lung Wahlberechtigten durch Eintragungen in Informationen? Unterschriftsbögen oder Unterschriftslisten Bürgerinnen und Bürger, die ein Bürgerbe- unterstützt wird. In diesem Fall wird im An- gehren planen, können sich jederzeit von schluss ein Bürgerentscheid durchgeführt. ihrem Bezirksamt über die Zulässigkeit und die Bindungswirkung eines entsprechenden Bürgerentscheids beraten lassen. Rechtliche Bedenken sind den Vertrauenspersonen un- Was kann Gegenstand verzüglich mitzuteilen. eines Bürgerbegehrens sein? Gegenstand eines Bürgerbegehrens können alle Angelegenheiten sein, in denen die BVV nach §§ 12 und 13 BezVG Beschlüsse fassen Wie läuft ein Bürgerbegehren ab? kann. Die BVV kann zu den Grundlinien der Sobald die Initiative ein Bürgerbegehren Verwaltungspolitik des Bezirks im Rahmen durchführen will, zeigt sie dem Bezirksamt der Rechts- und Verwaltungsvorschriften Be- das beabsichtigte Bürgergehren schriftlich schlüsse fassen. Es muss sich um eine Ange- unter Einreichung eines vorläufigen Muster- legenheit des Bezirks handeln. Die Verwirkli- bogens an. Das Begehren muss eine mit »Ja« chung des mit dem Bürgerbegehren und dem oder »Nein« zu entscheidende Fragestellung Bürgerentscheid verfolgten Anliegens darf enthalten sowie drei Vertrauenspersonen be- zusätzliche Ausgaben für den Bezirk verursa- nennen, die berechtigt sind, die Unterzeich- chen. nenden zu vertreten. Erklärungen sind nur verbindlich, wenn sie von mindestens zwei Nach § 12 Absatz 2 BezVG ist die BVV für be- Vertrauenspersonen abgegeben werden. stimmte Entscheidungen zuständig, die sie verbindlich durch Beschluss treffen kann. Die- Das Bezirksamt leitet diese Anzeige zunächst se Angelegenheiten können auch durch einen nachrichtlich an die Bezirksverordnetenver- Bürgerentscheid verbindlich entschieden sammlung und an die für Inneres zuständi- werden. Ausnahmen gelten nach § 45 Absatz ge Senatsverwaltung weiter. Sodann prüft 1 BezVG für den Bezirkshaushalt, die Geneh- es innerhalb eines Monats die Zulässigkeit migung von über- und außerplanmäßigen des Bürgerbegehrens, die Bindungswirkung, Ausgaben und die Verwendung von Sonder- die sich aus einem entsprechenden Bürger- mitteln. In diesen Fällen sind nur Anträge mit entscheid ergeben würde, und schätzt die empfehlender oder ersuchender Wirkung zu- Kosten, die sich aus der Verwirklichung des lässig. Rechtsverordnungen zur Festsetzung mit dem Bürgerbegehren verfolgten Anlie- von Bebauungsplänen, Landschaftsplänen gens ergeben würden. Sodann informiert es und anderen baurechtlichen Akten, die nach zunächst die für Inneres zuständige Senats- Bundesrecht durch Satzung zu regeln sind, verwaltung über die beabsichtigte Entschei- sowie naturschutzrechtliche Veränderungs- dung. Innerhalb eines weiteren Monats kann verbote, soweit gesetzlich nichts anderes be- der Senat von seinen Bezirksaufsichtsrechten stimmt ist, sind mittels Bürgerentscheid nur Gebrauch machen und die Entscheidung des als Empfehlung oder Ersuchen zulässig, so- Bezirks ändern. Nach Ablauf der Frist oder weit der Bürgerentscheid gegen Bundes- oder nach vorzeitiger Mitteilung der für Inneres zu- Landesgesetze verstoßen würde. ständigen Senatsverwaltung unterrichtet das Bezirksamt die Vertrauenspersonen und die Die BVV kann auch Empfehlungen und Ersu- Bezirksverordnetenversammlung über die Zu- chen für ein bestimmtes Verwaltungshandeln lässigkeit des Bürgerbegehrens, die Bindungs- an das Bezirksamt richten, die lediglich eine wirkung und die voraussichtlichen Kosten des unverbindliche Anregung darstellen. Dies Anliegens. Lehnt das Bezirksamt das Bürger- gilt auch für Bürgerbegehren und Bürgerent- begehren ab, können die Vertrauenspersonen scheide. gegen diese Entscheidung Klage vor dem Ver- waltungsgericht Berlin erheben. In allen anderen Angelegenheiten, die für den Bezirk zwar von Bedeutung sind, deren Erle- digung aber nicht in die Zuständigkeit des Bezirks fällt, weil die Angelegenheit etwa ge- Wann beginnt und endet samtstädtische Bedeutung hat, sind Bürger- das Bürgerbegehren? begehren und Bürgerentscheide nach § 13 Absatz 3 BezVG nur als Empfehlung oder Er- Mit der Unterrichtung der Vertrauensperso- suchen zulässig. Ein entsprechender Bürger- nen über die Zulässigkeit beginnt das eigent- entscheid ist insoweit ebenso unverbindlich. liche Bürgerbegehren. Von diesem Zeitpunkt an können die erforderlichen Unterschriften Gesetzestexte siehe auch Seite 29 – 31 15
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