Sport macht Schule SPORTJUGEND BERLIN LANDESSPORTBUND BERLIN
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SPORTJUGEND BERLIN LANDESSPORTBUND BERLIN EN S P O R TO R G A N I S AT I O N Sport macht Schule UND LEN HU SC N VO ON TI RA PE O KO EIN PRAXISHANDBUCH ÜBER CHANCEN UND FÖRDERUNG DER ZUSAMMENARBEIT VON SCHULEN, JUGENDHILFE UND SPORTORGANISATIONEN IN BERLIN
Penne rabiata. ebecca ging keinem Streit aus dem Weg. Das brachte ihr Respekt, aber keine besseren Noten. Seit der Box-AG jedoch erlebt Rebecca sich völlig neu. Endlich kann sie sich auspowern – und kommt jetzt auch im Unterricht viel besser aus der Deckung. Starke Partner wie Sportvereine sorgen mit spannenden Angeboten dafür, dass Schule in Bewegung kommt. Rebecca hat sich durchgeboxt. Sie ist Siegerin nach Punkten – im Ring und auch bei ihrem Schulabschluss. Neues Lernen. Gleiche Chancen. Berliner 1 Schule S E H S T E R N Berlin Willkommen bei www.berlinerschule.de
Sport macht Schule Sehr geehrte Damen und Herren, langes Sitzen macht nicht klüger - Lernen braucht Bewegung. Sport ist daher ein unverzichtbarer Bestandteil des schuli- schen Angebots. Er fördert die gesunde Entwicklung der Kin- der und Jugendlichen und schafft soziale Erfahrungen und Bindungen bei Schülerinnen und Schülern, die sich positiv auf ihre zukünftige Lebensgestaltung auswirken. Rund 150.000 Kinder und Jugendliche sind in Berliner Sportver- einen aktiv. Von den 7- bis 15-Jährigen treiben über 30 Pro- zent Sport im Verein. Nachwuchsförderung und Breitensport werden nicht nur in den Sportvereinen groß geschrieben. Auch die Schulen leisten einen wichtigen Beitrag. Im Schulgesetz haben wir die Voraussetzungen dafür geschaffen, zusätzliche sportliche Akti- vitäten und Angebote im Ganztagsbetrieb der Schulen zu entwickeln und kompetente Partner in diesen Prozess einzubinden. Mit dem Kooperationsvertrag 2004 zwischen der Senatsver- waltung für Bildung und dem Landessportbund Berlin und der Sportjugend Berlin sind An- knüpfungspunkte geschaffen worden, die seither konkretisiert und ausgebaut wurden. Mit ei- ner weiteren Rahmenvereinbarung im Jahr 2010 zur Zusammenarbeit mit den neuen Integrierten Sekundarschulen sind zusätzliche Möglichkeiten entstanden. Die Berliner Schule öffnet sich damit Partnern, die sich gezielt am Erziehungs- und Bildungsprozess von Kindern und Jugendlichen beteiligen. Mit der vorliegenden Publikation „Sport macht Schule - Kooperation von Schulen und Sportor- ganisationen“ bekommen die Berliner Schulen inhaltliche und organisatorische Hinweise, um gezielte und qualitativ wertvolle Sportangebote in der gemeinsamen Kooperation zwischen den Schulen und den Sportvereinen und -verbänden anzubieten. Ich hoffe, dass damit außerun- terrichtliche Sportangebote verstärkt in die Ganztagsschule einfließen und damit die Bewe- gungsangebote für Schülerinnen und Schüler weiter ausgebaut werden. Dieses Ziel entspricht auch dem Geist der „Gemeinsamen Handlungsempfehlung der Kultusministerkonferenz und des Deutschen Olympischen Sportbundes zur Weiterentwicklung des Schulsports.“ In diesem Sinne hoffe ich, dass das vorliegende Handbuch in Schulen, Sportvereinen und Sport- verbänden positive Impulse vermittelt und die Kooperationsbeziehungen weiter voranbringt. Es grüßt Sie herzlich Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner Senator für Bildung, Wissenschaft und Forschung des Landes Berlin 3
Kooperation von Schulen, Jugendhilfe und Sportorganisationen Liebe Leserinnen und Leser! In Deutschland und in Berlin sind grundlegende Reformen der Schule eingeleitet, die den Sport nicht unberührt lassen. Die Veränderungen führen dazu, dass Kinder zukünftig einen größeren Teil des Ta- ges in der Schule verbringen und weniger Zeit für außerschulische Freizeit-, Sport- und Bildungsan- gebote zur Verfügung haben. Gleichzeitig öffnet die Schule aber ihre Türen für Angebote von Sport- vereinen und anderen freien Trägern der Jugendhilfe. Sie lädt zur Zusammenarbeit ein. Landessportbund und Sportjugend Berlin nehmen diese Einladung an, denn die moderne, lei- stungsfähige Schule braucht ein vielfältiges Sportangebot, das außerhalb des Unterrichts von Sport- vereinen mitgestaltet wird. Und die Sportvereine brauchen die Schulen, wenn sie auch in Zukunft Kinder und Jugendliche gewinnen und für ihre Angebote begeistern wollen. Gemeinsame Koope- rationsangebote können und sollen das Unterrichtsfach Sport an der Schule nicht ersetzen. Sie ver- stehen sich als Ergänzung zum regulären Sportunterricht. Das vorliegende Praxishandbuch für die Kooperation von Schulen und Sportorganisationen sowie für die Zusammenarbeit in der Ganztagsbetreuung von Schülerinnen und Schülern ist auf der Grund- lage von Rahmenvereinbarungen entstanden, die wir mit der Senatsverwaltung für Bildung, Wis- senschaft und Forschung abgeschlossen haben. Das Handbuch nimmt Eckpunkte der Reformen auf und stellt Auswirkungen auf die Schul- und die Sportentwicklung dar. Es zeigt Wege der Zusam- menarbeit auf und benennt ergänzende Unterstützungsmöglichkeiten an den Schnittstellen von Sport, Schule und Jugendhilfe. Wir möchten Sportorganisationen und Schulen ermutigen, gemein- sam den Lebens- und Erfahrungsraum Schule mit Spiel, Bewegung und Sport zu bereichern. Lernen braucht Bewegung, denn Lernen ist ein ganzheitlicher Prozess von Körper und Geist. Unser Dank gilt der Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung für die gute Zusam- menarbeit und Unterstützung. Klaus Böger Tobias Dollase Präsident des Landessportbundes Berlin Vorsitzender der Sportjugend Berlin 5
Inhalt Hinweise zum Aufbau des Praxishandbuchs 3.2. Prävention und Intervention im Sport I. Schule in Bewegung 4. Finanzielle Förderung der Zusammenarbeit von Schulen und Sportorganisationen – zwei Förderwege Deutschland auf dem Weg zur Ganztagsschule. Eine allge- meine gesellschafts- und bildungspolitische Einführung in 4.1. Allgemeine Hinweise Stichworten. 4.2. Finanzielle Zuschüsse 1. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Bil- dungschancen von Kindern und Jugendlichen verbessern 4.3. Antragsverfahren 2. Schule wird zum Lern- und Lebensort: mehr Zeit für 4.4. Abrechnungsverfahren Erziehung, Bildung und Betreuung 4.5. Finanzielle Förderung der Kooperation mit 3. Langes Sitzen macht nicht klüger - Lernen braucht Integrierten Sekundarschulen Bewegung! IV. Spezielle Unterstützungsmöglich- 4. Sportvereine in die Schulen oder Schüler in die Sportvereine? Herausforderungen und Chancen für keiten für Schulen und Sportvereine Sportorganisationen und Schulen 1. Bildung und Qualifizierung II. Schulentwicklung und Koopera- 2. Personelle Unterstützung durch das Freiwillige Soziale tionschancen für den Sport in Berlin Jahr im Sport (FSJ) 1. Gesetzliche Grundlagen und Rahmenvereinbarungen 3. Unterstützung von Sport- und Spielfesten in der Zusammenarbeit von Schulen und Sportvereinen 2. Schulstruktur und Schularten 4. Integration durch Sport 3. Grundelemente der Ganztagsschule in Berlin 5. Mobile Teams einer aufsuchenden Jugendarbeit vor Ort 3.1. Grundschulen 6. KICK – Sport gegen Jugenddelinquenz 3.2. Integrierte Sekundarschulen / Sekundarstufe I 7. Kooperationschancen im Sozialraum mit lokalen Sport 3.3. Gymnasien JugendClubs 8. Sportorientierte Sozialarbeit an Schulen (SchulWork) III. Sportverein macht Schule Tipps und Empfehlungen für die Praxis V. Service 1. Kooperationen vorbereiten 1. Ansprechpartner und Kontaktadressen 2. Konzepte abstimmen und Kooperationen vereinbaren 2. Literaturhinweise und Arbeitshilfen 3. Hinweise zum Kinderschutz VI. Anhang 3.1. Der Schutz von Kindern und Jugendlichen als Verfassungsauftrag Impressum 6
Ko o p e r a t i o n v o n S c h u l e n , J u g e n d h i l f e u n d S p o r t o r g a n i s a t i o n e n Hinweise zum Aufbau des Praxishandbuchs Das vorliegende Praxishandbuch möchte interessierten Le- Der dritte Abschnitt versteht sich als Serviceteil und Praxis- serinnen und Lesern aus Schulen und Sportorganisationen ratgeber für Sportvereine und Schulen. Die Tipps und Emp- einen Orientierungsrahmen und praktischen Wegweiser zur fehlungen sollen helfen, konkrete Vereinbarungen und För- partnerschaftlichen Zusammenarbeit an die Hand geben. derungsanträge auf den Weg zu bringen. Da die Ausgangs- Es ist in fünf Hauptteile gegliedert. und Rahmenbedingungen in den einzelnen Schulen und Sportvereinen unterschiedlich sind, kann es sich dabei nur Im ersten Abschnitt werden allgemeine Hintergründe und um allgemeine Hinweise handeln, die jeweils vor Ort und Eckpunkte der aktuellen und bundesweiten Schulentwick- in der Praxis konkretisiert werden müssen. Außerdem fin- lungen sowie deren Konsequenzen für die Sportorganisa- den sich in diesem Abschnitt wichtige Empfehlungen zum tionen diskutiert. Dabei kommen sowohl Chancen, aber Kinderschutz sowie zur Prävention und Intervention bei auch Probleme und Befürchtungen zur Sprache, die sich sexualisierter Gewalt. auf Seiten der Schulen und auf Seiten der Sportorganisa- Das vierte Kapitel liefert weitergehende Informationen über tionen mit den Veränderungen verbinden. Leserinnen und ergänzende Unterstützungsmöglichkeiten bzw. weitere Leser, die mit der aktuellen Bildungspolitik und den Re- Handlungsfelder der Zusammenarbeit des Sports mit Ber- formprozessen vertraut sind, mögen in den Ausführungen liner Schulen. Diese Hinweise mögen dazu beitragen, bis- des ersten Kapitels längst Bekanntes wieder finden. Ande- her vielleicht noch unentdeckte Kooperationschancen zu ren sollen die Hinweise zur Schulentwicklung die Einschät- entdecken und anzubahnen. zung der Rahmenbedingungen erleichtern, unter denen die Zusammenarbeit von Schulen und Sportorganisationen Im fünften Kapitel sind Ansprechpartner und Kontakta- stattfindet. dressen für die verschiedenen Handlungsfelder in der Zu- sammenarbeit von Sportorganisationen mit Schulen be- Das zweite Hauptkapitel skizziert die gesetzlichen und or- nannt. ganisatorischen Voraussetzungen für Kooperationen von Zudem ist eine Auswahl von Literaturhinweisen und Ar- Schulen mit Sportorganisationen in Berlin. Es werden ins- beitsmaterialien aufgeführt, die der Praxis Anregungen und besondere die unterschiedlichen Strukturen der Ganztags- Hilfestellung geben können. schulen und allgemeine Möglichkeiten der Zusammenar- beit auch mit anderen Schulformen vorgestellt. Zudem Schließlich sind in der Anlage die mit der zuständigen Se- werden die Förderbereiche angesprochen, in denen ins- natsverwaltung abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen besondere Kooperationsvereinbarungen zwischen Grund- im Wortlaut abgedruckt sowie diverse Formulare für das An- schulen und Sportvereinen finanziell unterstützt werden trags- und Abrechnungsverfahren von Sportvereinen doku- können. Zudem werden Möglichkeiten der Zusammenar- mentiert. beit mit den Integrierten Sekundarschulen umrissen. Dar- Außerdem sind die gemeinsamen Handlungsempfehlun- über hinaus werden ergänzende Unterstützungsleistungen gen der Kultusministerkonferenz der Bundesländer und des einer sportorientierten Jugendsozialarbeit eingeführt, die Deutschen Olympischen Sportbundes zur Weiterentwick- von Projekten und Einrichtungen der Sportjugend Berlin er- lung des Schulsports beigefügt, die der vorliegende Leitfa- bracht werden. den an verschiedenen Stellen aufgenommen hat. Ein Leitfaden für die Praxis der Zusammenarbeit von Schulen und Sportorganisationen in Berlin 7
I. Schule in Bewegung Deutschland auf dem Weg zur Ganztagsschule. Eine allgemeine gesellschafts- und bildungspolitische Einführung in Stichworten
I. Schule in Bewegung 1. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen verbessern Die Bundesrepublik Deutschland schneidet in internatio- geseinrichtungen für Vorschulkinder vorgelegt, die gegen- nalen Vergleichsstudien zu den Bildungschancen und zum wärtig schrittweise umgesetzt werden. In Berlin sind ab Bildungsstand seines Nachwuchses nur mittelmäßig ab.(1) 2011 die letzten drei Jahre in Kindertagesstätten kostenlos, Die Forschungsergebnisse zeigen ernüchternde Befunde, damit möglichst viele Eltern die Angebote für ihre Kinder in wenngleich in der internationalen PISA-Rangliste inzwischen Anspruch nehmen und diese auch tatsächlich gefördert wer- Plätze gut gemacht werden konnten. Es bleibt festzuhalten, den können. Sprachlerntagebücher dokumentieren die Ent- dass einerseits der Bildungserfolg in unserem Land noch wicklung. Außerdem gibt es in Berlin im vierten Lebensjahr immer sehr stark von der sozialen Herkunft abhängig ist und für alle Kinder des Jahrgangs einen verbindlichen Sprach- andererseits die schulischen Leistungen deutscher Schüle- test. Wer im Ergebnis besonderen Förderbedarf aufweist, rinnen und Schüler zum großen Teil nur im Mittelfeld der ist zur Teilnahme an täglicher Sprachförderung in einer Kin- untersuchten Nationen landen. dertagesstätte im letzten Jahr vor Schuleintritt verpflichtet. Der PISA-Schock sitzt tief. Er hat viele Fragen und heftige Zugleich hat das Thema Ganztagsschule erheblichen ge- Diskussionen über Qualität und Organisation des deutschen sellschafts- und bildungspolitischen Auftrieb bekommen. Bildungs- und Schulwesens ausgelöst. Gegenüber der traditionellen Halbtagsschule, deren Betrieb am Mittag oder frühen Nachmittag endete, soll Schule Diese Debatten werden begleitet von gesellschaftspoliti- zukünftig über einen größeren Zeitraum des Tages Unter- schen Forderungen nach einer besseren Vereinbarkeit von richt mit anderen Formen des Lernens und der Betreuung Familie und Beruf durch Erweiterung der öffentlichen Ver- verknüpfen. Mit der Ganztagsschule verbinden sich eben- antwortung für Erziehung und Betreuung von Kindern im so zahlreiche Erwartungen. Die Ganztagsschule soll besse- Vorschul- und Schulalter. re Möglichkeiten zur individuellen Förderung von Schülern bieten, um die schulischen Leistungen zu steigern. Sie soll Beide Diskussionsstränge haben zu Reformen des Bildungs- helfen, sozial benachteiligte Schüler besser zu integrieren und Schulsystems geführt, die in der Zuständigkeit der Bun- und bei Kindern mit Migrationshintergrund herkunftsbe- desländer mit unterschiedlichen organisatorischen und po- dingten Lernschwierigkeiten entgegenwirken. Und nicht zu- litischen Akzenten, aber in den Grundzügen in einer ver- letzt spielt auch bei der Ganztagsschule das Ziel der Ver- gleichbaren Richtung umgesetzt werden. einbarkeit von Familie und Beruf eine wichtige Rolle. Öffentlich verantwortete Erziehung und Bildung sollen be- Die Grundsatzfrage, ob es Ganztagsschulen geben soll, stellt reits im frühen Lebensalter in den Einrichtungen der vor- sich nicht mehr. Ganztagsschulen sind in Deutschland mitt- schulischen Tagesbetreuung einsetzen und sozial benach- lerweile Realität und sie werden quantitativ und qualitativ teiligte Kinder aus bildungsfernen Schichten stärker und weiter ausgebaut. Schule ist in Bewegung geraten. Sie ver- intensiver fördern. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die ändert die Organisation des schulischen Lernens sowie den wachsende Zahl von Kindern mit Migrationshintergrund und Lebensalltag und Lebensrhythmus von Kindern und Ju- die Förderung der Sprachentwicklung. gendlichen. Das bleibt nicht ohne Folgen für den organi- sierten Sport. Es ist beabsichtigt, das Angebot an Betreuungsplätzen deut- lich auszuweiten und Kindertagesstätten als Bildungsinsti- tutionen kontinuierlich weiter zu entwickeln. Die Kita-Zeit 1 Vgl. PISA-Konsortium Deutschland (Hrsg.): PISA 2003. Der wird als vorschulische Bildungszeit verstanden. Dafür ha- Bildungsstand der Jugendlichen in Deutschland – Ergebnisse ben inzwischen alle Bundesländer entsprechende Pro- des zweiten internationalen Vergleichs. gramme der Bildung, Erziehung und Betreuung in Ta- Münster 2004 9
I. Schule in Bewegung 2. Schule wird zum Lern- und Lebensort: mehr Zeit für Erziehung, Bildung und Betreuung Charakter und Organisation einer Ganztagsschule lassen sich folgendermaßen kennzeichnen: • Verlängerung der täglichen Bildungs- und Betreuungszeit an der Schule: wirkung in der Schulkonferenz eingeräumt. Die gemeinsa- Es wird mehr tägliche Zeit in die Förderung der Kinder und men Handlungsempfehlungen der Kultusministerkonferenz Jugendlichen am Standort der Schule und in deren Verant- und des Deutschen Olympischen Sportbundes zur Weiter- wortung investiert. entwicklung des Schulsports regen ausdrücklich an, außer- schulische Partner wie den organisierten Sport mit seinen • Integration von Bildung, Erziehung und Betreuung an der Sportvereinen an der Ausgestaltung eines integrativen Sport- Schule: konzepts als Teil des Schulprogramms und der Schulent- Angebote formaler Bildung im Unterricht werden mit An- wicklung zu beteiligen.(3) geboten informeller Bildung in Aktivitäten außerhalb des Im Resultat entwickelt sich Schule zu einem Lern- und Le- Unterrichts verknüpft. bensort zugleich, an dem nicht nur im Unterricht gelehrt und gelernt wird, sondern vielfältige Lerngelegenheiten or- • Rhythmisierung des Schulalltags: ganisiert werden. Letztere sind in der Regel bisher außer- Im Tagesablauf der Schule wechseln sich fachspezifischer halb der Schule beispielsweise von Jugendfreizeitzentren, Unterricht und andere Angebote der Freizeitpädagogik, der Sportvereinen oder Kultureinrichtungen angeboten sowie Jugendhilfe und des Sports ab. von Kindern und Jugendlichen in ihrer Freizeit in Anspruch genommen worden. Die Verlängerung der täglichen Lern- • Öffnung der Schule zu ihrem sozialen Umfeld und Zu- und Lebenszeit in der Schule und die damit verbundene sammenarbeit mit außerschulischen Partnern: Verkürzung der frei zur Verfügung stehenden Zeit wird also Die Schule vereinbart für die Bildungs- und Betreuungs- nicht ohne Auswirkungen bleiben auf die Alltagspraxis in programme außerhalb des Unterrichts die Zusammenar- der Familie, auf die Freizeitgestaltung sowie die außer- beit mit Partnern beispielsweise aus Wirtschaft, Jugendhil- schulischen Aktivitäten der Kinder und damit auch auf das fe, Kultur, Sozialwesen oder Sport, die entsprechende Vereinsleben. Sie sind zudem verknüpft mit einer Lebens- Angebote unterbreiten. welt, in der Kinder und Jugendliche bereits heute immer weniger Spiel- und Sporträume vorfinden und ein eklatan- Schule entwickelt in eigener Verantwortung ein besonde- ter Bewegungsmangel herrscht. Der zukünftigen Schule res Schulprogramm für ihr Gesamtangebot und gibt sich kommt somit auch die Aufgabe zu, den Bewegungsman- dabei ein spezifisches Profil. Im Schulprogramm sind die gel im Alltag gezielt auszugleichen. pädagogischen und organisatorischen Grundsätze festge- legt und die Entwicklungsziele für die Schule beschrieben.(2) Schulprogramm und Profilbildung werden von der Schul- 3. Langes Sitzen macht nicht konferenz beschlossen, in der die Schulleitung, Vertreter des Lehrerkollegiums, gewählte Schülervertreter, Reprä- klüger– Lernen braucht sentanten der Gesamtelternvertretung sowie eine der Schu- Bewegung! le nicht angehörende Person mit Sitz und Stimme reprä- sentiert sind. Außerdem soll der Schulkonferenz ein Die urbanen Lebensverhältnisse, die zunehmende Motori- pädagogischer und ein nichtpädagogischer Mitarbeiter oder sierung und Technologisierung der Umwelt sowie soziale eine Mitarbeiterin von Trägern der freien Jugendhilfe mit be- Rahmenbedingungen und familiäre Lebensstile bieten ei- ratender Stimme angehören, die in Kooperation mit der ner wachsenden Zahl von Kindern und Jugendlichen im- Schule Betreuungsangebote erbringen. Grundsätzlich ist da- mer weniger Anregungen und Anlässe, ihrem natürlichen mit auch einer Sportorganisation die Möglichkeit zur Mit- Bewegungsdrang nachzukommen. Angesichts der Verstäd- 10
terung, der stetigen Zunahme des Straßenverkehrs, der Vor dem skizzierten Hintergrund sind Bewegung und Sport technischen und medialen Durchdringung von Alltag, Mo- nicht nur für die motorische Entwicklung und gesunde Le- bilität und Kommunikation sowie der Zurückdrängung öf- bensgestaltung von Kindern und Jugendlichen unverzicht- fentlicher Bewegungsräume schwinden zunehmend ent- bar. Bewegung und Sport sind grundlegende Elemente für sprechende natürliche Spiel- und Sportmöglichkeiten im das Gelingen einer erfolgreichen ganzheitlichen, das heißt, wohnnahen Umfeld von Kindern und Jugendlichen. Zahl- körperlichen, geistigen und sozialen Entwicklung der Her- reiche Studien machen inzwischen den Bewegungsman- anwachsenden. gel im Lebensalltag der Heranwachsenden für eine Reihe von Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten In der Literatur zur Entwicklung von Ganztagsschulen wird verantwortlich.(4) Die Negativbefunde nehmen eine ganz- Sport oftmals nicht unter den Bildungsangeboten subsu- heitliche Sichtweise ein und stellen nicht nur Defizite in der miert, sondern der Freizeitgestaltung im Rahmen des Schul- motorischen, sondern insgesamt für die psycho-soziale und programms zugerechnet. Das zeugt noch immer von über- intellektuelle Entwicklung einer wachsenden Zahl von Kin- kommenem Denken, das von einem tradierten, aber längst dern und Jugendlichen fest. Es wird ein allgemeiner Rück- widerlegten Dualismus von Körper und Geist geprägt ist. gang des Leistungsvermögens der nachwachsenden Ge- Moderne Neurobiologie und Gehirnforschung sowie em- neration beklagt, der ganz wesentlich mit mangelnder pirische erziehungswissenschaftliche Studien zeigen, dass körperlicher Fitness in Verbindung gebracht wird. hinreichende tägliche Bewegungs- und Sportangebote an den Schulen sehr wesentlich zur Konzentrationsfähigkeit Gestützt werden diese Befunde von Erkenntnissen der mo- und zum Lernerfolg auch in den so genannten kognitiven dernen Neurobiologie und Gehirnforschung, die ebenfalls Fächern beitragen. Demgegenüber wird allerdings häufig von einem engen Zusammenhang zwischen hinreichender unterstellt, dass die auf dem Sportplatz oder in der Turn- Bewegungsintensität und erfolgreichem Lernen ausgehen. halle verbrachte Zeit zu Lasten des Lernpensums gehe und „Toben macht schlau! Bewegung statt Verkopfung.“ lautet sich eher negativ auf die schulischen Leistungen auswirke. ein eingängiger Titel, unter dem die Verbesserung der Kon- zentrations-, Lern- und Gedächtnisleistungen und auch größere Lernerfolge in den so genannten kognitiven Fächern bei ausreichenden sportlichen Aktivitäten thematisiert wer- 2Vgl. Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport (Hrsg.): den.(5) Ausführungsvorschriften zur Erstellung des Schulprogramms Lernen braucht Bewegung, denn Lernen ist ein ganzheitli- und zur internen Evaluation, Berlin, 21. September 2004 cher Prozess von Körper und Geist. Hinzu kommen noch die sozialen Lernchancen, die sich im Sport und in der Ei- 3 Vgl. Gemeinsame Handlungsempfehlungen der genaktivität der Schülerinnen und Schüler bieten: Team- Kultusministerkonferenz und des Deutschen Olympischen fähigkeit, Verantwortungsübernahme für sich und andere, Sportbundes zur Weiterentwicklung des Schulsports. In: DOSB Respekt vor den (gesellschaftlichen) Spielregeln, eine an- Presse Nr. 48/27. 11. 2007, S. 24 gemessene Haltung in der Verarbeitung von Erfolg und Mis- 4 Vgl. exemplarisch Schmidt, Werner; Hartmann-Tews, Ilse; serfolg, Sieg oder Niederlage, Anstrengung und Beharrlich- Brettschneider, Wolf-Dietrich: Erster Deutscher Kinder- und keit bezeichnen beispielhaft persönliche und soziale Jugendsportbericht. Schorndorf 2003 Kompetenzen, die im Sport eingeübt und praktiziert wer- den können. Und das Ganze kann auch noch Freude und 5Vgl. Zimmer, Renate: Toben macht schlau! Bewegung statt Spaß machen, wenn es richtig organisiert wird. Verkopfung. Freiburg 2004 11
I. Schule in Bewegung Dieses Vorurteil hält sich hartnäckig, obwohl ganz aktuell ei- chen Schulen die Sportvereine. Sie können dazu beitragen, ne umfangreiche Studie erneut die positive Wirkung sport- den Bewegungsmangel in der natürlichen Lebenspraxis aus- licher Aktivitäten auf den Bildungserfolg belegt hat. Es heißt zugleichen, die Lernchancen und -voraussetzungen der dort: Jugendliche, die regelmäßig Sport treiben, erzielen Schülerinnen und Schüler zu verbessern, das Schulpro- durchschnittlich höhere Bildungsabschlüsse als ihre bewe- gramm zu bereichern und dessen Attraktivität zu erhöhen. gungsscheuen Altersgenossen.(6) Die Ganztagsschule bietet Chancen, Bewegung und Sport 6 Vgl. Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA): The Impact of zusätzlich zum entsprechenden Unterrichtsfach im Schulall- tag intensiver zu verankern. Rhythmisierung und Gestaltung Participation in Sports on Educational Attainment: New des Schullebens mit Bewegung, Spiel und Sport müssen Evidence from Germany. Pressemitteilung: Wer Sport treibt, ist dabei zu einem durchgängigen Prinzip entwickelt werden. erfolgreicher in Schule und Beruf. http://ftp.iza.org/dp3160.pdf Bewegungs-, Spiel- und Sportangebote sind so zu organi- 7 Vgl. Gemeinsame Handlungsempfehlungen der Kultusminis- sieren, dass sich Sportunterricht und Bewegungszeiten terkonferenz und des Deutschen Olympischen Sportbundes zur außerhalb des Unterrichts sinnvoll ergänzen.(7) Dazu brau- Weiterentwicklung des Schulsports; a. a. O., S. 23 4. Sportvereine in die Schulen oder Schüler in die Sportvereine? Herausforderungen und Chancen für Sportorganisationen und Schulen Die Sportorganisationen stehen vor einer veränderten zuwirken. Die Sportorganisationen, insbesondere die Sport- Schul- und Lebenswirklichkeit, die Chancen und Risiken vereine, sind auf- und herausgefordert, sich auf die tief grei- birgt. Besonders die Sportvereine müssen auf den Wandel fenden Veränderungen in Schule und Freizeitstruktur von reagieren, wenn sie ihre Zukunftsperspektive sichern und Kindern und Jugendlichen einzustellen. Dabei brauchen die entwickeln wollen. Sie sind aufgefordert, im Rahmen ihrer Sportvereine die Unterstützung der Schulen, aber die mo- organisatorischen und fachlichen Möglichkeiten sowie ih- derne Schule braucht auch die Zusammenarbeit mit den rer personellen Kapazitäten an den Ganztags- und Betreu- Sportvereinen. ungskonzepten der Schulen außerhalb des Unterrichts mit- 12
Herausforderungen und Probleme Vereinssport andererseits – eine dritte Säule im Ganztags- für den Sport betrieb der Schule entstehen könnte, in der verschiedene Sportanbieter (z. B. Jugendhilfeeinrichtungen oder Wohl- Viele Sportvereine suchen bereits heute den Weg über die fahrtsverbände) um die Schülerinnen und Schüler konkur- Zusammenarbeit mit Schulen und werden darin nicht nur rieren, was ebenfalls zu Lasten der Sportvereine ausgehen in Berlin von den jeweiligen Jugendorganisationen des könnte. Sports und den Landessportbünden unterstützt. In Zukunft muss diese Zusammenarbeit noch wesentlich ausgeweitet Die allgemeinen Vorbehalte und Befürchtungen können und intensiviert werden. Es soll jedoch nicht in Abrede ge- nicht allesamt und auch nicht für jeden Einzelfall aus- stellt werden, dass damit auch einige Vorbehalte und geräumt werden. Es gibt solche Tendenzen und Probleme Schwierigkeiten verbunden sind. in verschiedensten Ausprägungen und Auswirkungen. Es sind jedoch zwei wesentliche Punkte in Betracht zu ziehen: Die Reduktion der Freizeit bei Schülerinnen und Schülern Erstens ist es sehr unwahrscheinlich, dass der eingeschla- sowie die Intensivierung der sportlichen Angebote inner- gene Weg der bildungs- und schulpolitischen Reformen ei- halb und außerhalb des Unterrichts an der Schule geben in ne Umkehr erfährt. Sportvereine müssen sich auf die ver- vielen Sportvereinen zu der Befürchtung Anlass, dass zahl- änderte Schullandschaft einstellen, wenn sie sich nicht ins reiche Kinder zukünftig dem Vereinsleben fern bleiben Abseits manövrieren wollen. Es gilt, die Herausforderungen könnten. anzunehmen und die Organisationsentwicklung auf neue • Sportangebote und viele andere Möglichkeiten an der Aufgaben auszurichten. Schule in Verbindung mit der eingeschränkten Freizeit – so Zweitens zeigen die bisher vorliegenden Erfahrungen im die Sorge – werden dazu führen, dass die Attraktivität der bundesdeutschen Vergleich und auch erste wissenschaftli- Vereine nachlässt und viele Kinder gar nicht mehr die zeit- che Forschungsergebnisse insgesamt gegenteilige Effekte liche Kapazität aufbringen können oder nach einem langen zu den geäußerten Befürchtungen und Vorbehalten: Sport- Schultag keine Motivation mehr haben, um zusätzlich noch vereine gehören neben den Kindern und Jugendlichen und Angebote eines Sportvereins wahrzunehmen. In der Folge ihren Eltern zu den eindeutigen Gewinnern der Ganztags- werden Mitgliederverluste im Kinder- und Jugendbereich betreuung an Schulen. sowie eine Ausdünnung des entsprechenden Angebots in- nerhalb von Sportvereinen angenommen. Die Schule in ih- Chancen und Perspektiven für den Sport rer neuen Form wird somit als eine unliebsame Konkurrenz zum Sportverein eingeschätzt. Eine umfangreiche Untersuchung zur Entwicklung von Ganztagsschulen in Deutschland, die erstmals empirische • Sportvereine berichten, dass Schulen zunehmend Sport- Befunde für die Ganztagsschuldebatte zur Verfügung stellt, stätten auch am späten Nachmittag und frühen Abend für ist im Hinblick auf den Sport zu ermutigenden Ergebnissen die Ganztagsbetreuung in Anspruch nehmen und damit gekommen:(8) den organisierten Sport aus den ‚angestammten’ Hallen- und Platzzeiten verdrängen. Im Resultat werden die Mög- lichkeiten für den Kinder- und Jugendsport im Verein wei- • Sportvereine sind mit weitem Abstand die wichtigsten Ko- ter eingeschränkt. operationspartner für Schulen in der Ganztagsbetreuung. Ihr Anteil an allen Anbietern und Organisationen, mit de- • Viele Sportvereine sehen Schwierigkeiten, qualifizierte nen die Schulen zusammenarbeiten, macht im Durchschnitt Übungsleiterinnen und Übungsleiter oder Trainerinnen und 26,4 Prozent aus. Wohlfahrtsverbände, Kultur- und Musik- Trainer für die Ganztagsbetreuung an Schulen gewinnen zu vereine, Kirchengemeinden und andere Jugendorganisa- können. Das zumeist ehrenamtliche Personal der Sport- tionen kommen demgegenüber und zusammengenom- vereine steht in der Regel erst nach der Berufstätigkeit am späten Nachmittag zur Verfügung. • Manche Sportvereine haben Sorge, dass die an der Schu- 8Vgl. Holtappels, Heinz-Günter; Klieme, Eckhard; le eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wegen der Rauschenbach, Thomas; Stecher, Ludwig (Hrsg.): zeitlichen Beanspruchungen anschließend nicht mehr für Ganztagsschule in Deutschland. Ergebnisse der die ‚normalen’ Vereinsangebote eingesetzt werden können. Ausgangserhebung der Studie zur Entwicklung von Ganztagsschulen (StEG), Weinheim und München 2007. Vgl. • Weiterhin wird der strukturellen Befürchtung Ausdruck ge- auch StEG Konsortium (Hrsg.): Ganztagsschule: Entwicklung geben, dass neben den bisherigen zwei Säulen des Kinder- und Wirkungen. Ergebnisse der Studie zur Entwicklung von und Jugendsports – dem Schulsport einerseits und dem Ganztagsschulen 2005 – 2010, Frankfurt a. M. 2010 13
I. Schule in Bewegung men nur auf einen Anteil von 17,0 Prozent. Sportvereine Sportverein erleichtern und somit entsprechende Zu- haben also keinen Grund, den Wettbewerb mit anderen An- gangsbarrieren abbauen. bietern zu scheuen. Zudem zeigt dieser Wert, dass viele Ganz allgemein korrespondieren die Ergebnisse der Studie Sportvereine die mit der Beteiligung an der Ganztagsbe- mit den statistischen Daten zur Mitgliederentwicklung in den treuung verbundenen organisatorischen Anforderungen of- Sportvereinen, was am Beispiel Berlin ausgeführt werden fensichtlich gut bewältigt haben. kann. Die Bundeshauptstadt hat auf Grund der demografi- schen Entwicklung – durch Geburtenrückgang, Wegzug jun- • Unter den Personengruppen, die für Angebote der Ganz- ger Familien in das Umland und Alterung der Bevölkerung tagsbetreuung außerhalb des Unterrichts an den Schulen – in den vergangenen zehn Jahren in der Einwohnerschaft eingesetzt werden, stellen Übungsleiterinnen und Übungs- rund 100.000 Kinder und Jugendliche weniger zu ver- leiter aus Sportvereinen die Mehrheit. Allerdings wird pro zeichnen. Trotzdem sind die Mitgliederzahlen im Jugend- Übungsleiter durchschnittlich nur ein Angebot in der Wo- bereich der Sportvereine konstant geblieben. Das hat ins- che realisiert. Dennoch deutet dieser Sachverhalt darauf hin, gesamt nur funktioniert, weil durch Kooperationen mit dass es Sportvereinen zu einem großen Teil gelingt, die per- Kindertagesstätten und Schulen in diesen Altersgruppen sonellen Voraussetzungen für die Präsenz an den Schulen deutliche Zugänge in den Sportorganisationen zu vermer- sicherzustellen. ken sind. • Die Studie hat zudem keine Belege für den befürchteten Die skizzierten Ergebnisse statistischer Erhebungen und wis- Mitgliederrückgang von Kindern und Jugendlichen in Sport- senschaftlicher Studien fordern zur Ausweitung und Inten- vereinen gefunden. Im Gegenteil, die Ergebnisse zeigen, sivierung der Zusammenarbeit geradezu heraus. Sie zeigen dass Sportvereine in der Mitgliederentwicklung von der Zu- Chancen und Entwicklungsperspektiven für den organisier- sammenarbeit mit Schulen und der Mitwirkung in der Ganz- ten Sport auf. Die Aufforderung zur Kooperation trifft nun tagsbetreuung profitieren. Sie sprechen auf diese Weise of- aber wiederum auf eine Schule, die ebenfalls mit Zweifeln, fensichtlich Kinder und Jugendliche an, die sie außerhalb Unsicherheiten und ungewohnten Herausforderungen kon- der Schule gar nicht hätten erreichen und von der Qualität frontiert ist. Ein Wechsel in der Perspektive der Betrachtung der eigenen Arbeit überzeugen können. Die Kooperations- scheint daher angebracht. angebote an den Schulen bilden eine Brücke zum Sport- verein, die einen Teil der Schülerinnen und Schüler auch an Allgemeine Herausforderungen und den Vereinssport heranführt. Allerdings muss einschränkend Probleme für die Schule hinzugefügt werden, dass die allgemeine Tendenz nicht in jedem Einzelfall gilt. Insbesondere bei Kindern und Ju- Die deutsche Schule war in ihrer herkömmlichen Form und gendlichen mit Migrationshintergrund oder generell bei Kin- von wenigen Ausnahmen abgesehen ein relativ abge- dern aus sozial schwächeren Verhältnissen erweist sich oft- schlossenes, auf sich selbst konzentriertes System, das zu- mals der erforderliche Mitgliedsbeitrag in einem Sportverein dem sehr stark von bürokratischen Organisations- und Ver- als eine Barriere, die nicht überwunden wird und die Teil- fahrensabläufen geprägt war und nur wenig Eigen- habe am Angebot der Vereine einschränkt. verantwortung ermöglichen konnte. Im Zentrum stand ein Das Bildungs- und Teilhabepaket der Bundesregierung wird fest gefügter fachspezifischer Unterrichtsplan, der vorgege- hilfebedürftigen Kindern künftig eine Mitgliedschaft im benen Rahmenrichtlinien und zeitlich eingetakteten Leh- reinheiten folgte. Der Betrieb wird in der Regel bewältigt durch einen Schulleiter oder eine Schulleiterin und ein Kol- legium von fachspezifisch ausgebildeten Lehrern, die den Unterricht in abgegrenzten Fächern erteilen. Dieser Schul- betrieb, der bisher im Wesentlichen darauf konzentriert war, fachspezifischen Unterricht zu organisieren, soll nun den ganzen Tag in hoher Eigenverantwortung mit unterschied- lichen formalen und informellen Lernangeboten füllen und dabei mit anderen Berufsgruppen außerhalb der Schule so- wie mit Akteuren der Zivilgesellschaft kooperieren. In Be- zug auf den Sport sind mit den Akteuren der Zivilgesellschaft zum Beispiel ehrenamtliche Vereinsvorstände, ehrenamtli- che oder nebenamtliche Übungsleiterinnen und Übungs- leiter oder auch hauptberufliche Trainerinnen und Trainer aus den Sportorganisationen gemeint. Außerdem hat zu- 14
Schule in Bewegung mindest in Berlin mit der Verlagerung der Horte an die Grund- schulen die Berufsgruppe der Erzieherinnen und Erzieher Einzug in die Schule gehalten. Mit ihnen müssen nun eben- falls Teile des Bildungs- und Betreuungsangebots außerhalb des Unterrichts verknüpft und abgestimmt werden. Das stellt auch die Schulleitungen und Kollegien der Schu- len vor ganz neue Anforderungen und ungewohnte Situa- tionen. • Bildung erstreckt sich nicht allein auf Rahmenrichtlinien und formale Lehrpläne, sondern bezieht ein weites Feld von informellen Lerngelegenheiten in das Angebot mit ein. • Das bekannte Sprichwort, dass in der Schule für das Le- ben gelernt wird, erfährt eine Erweiterung in dem Sinne, dass auch vom realen Leben und Praktikern aus der gesell- sen auch in den Köpfen realisiert und umgesetzt werden, schaftlichen Wirklichkeit gelehrt und gelernt werden kann. was allerdings in der Konsequenz nicht nur für Schulen, son- dern auch für Sportvereine gilt. Die Schule wird somit selbst • Mit Lehrern Erziehern und Sozialarbeitern treffen unter- zu einer lernenden Organisation im sozialen Wandel. In die- schiedlich qualifizierte Berufsgruppen in der Schule zu- ser Situation werden überzeugende, gute und verlässliche sammen, die durchaus auch verschiedene fachliche Blick- Angebote von Sportvereinen im Schulalltag vielfach als kon- winkel auf die Bildung, Erziehung und Betreuung von struktive Beiträge zur Lösung von Organisationsanforde- Schülern einnehmen können. rungen im Ganztagsbetrieb geschätzt. Denn eine gute Ganz- tagsschule muss mehr sein als den ganzen Tag Schule. • Durch die Zusammenführung von Haupt-, Real- und Ge- samtschulen zu Integrierten Sekundarschulen sind auch die In dem Zusammenhang kommt es zudem entscheidend Lehrerkollegien neu zusammengesetzt und es stellen sich auf die Qualität der Übungsleiterinnen und Übungsleiter erhöhte Anforderungen an einen differenzierten Unterricht, oder von Trainerinnen und Trainern an. Hier sind das En- um den heterogenen Voraussetzungen der Schülerinnen gagement der Sportvereine und entsprechende Fort- und und Schüler gerecht zu werden. Das verlangt Neuorientie- Weiterbildungsangebote gefragt. rung und Bereitschaft zur Veränderung. Im Gesamtergebnis kann festgehalten werden, dass sich • Mit der Beteiligung von Sportorganisationen am Schul- die in der Kapitelüberschrift formulierte Frage ‚Sportvereine programm kann unter den Sportlehrerinnen und Sportleh- in die Schulen oder Schüler in die Sportvereine’ nicht als rern des jeweiligen Kollegiums durchaus die Befürchtung schroffer ‚Entweder-oder-Gegensatz’ stellt. Es ist vielmehr verbunden sein, dass es zu einer Verdrängung oder Re- eine „Sowohl-als-auch-Perspektive,“ von der im Allgemei- duktion des Sportunterrichts kommen könnte. nen beide Seiten profitieren. • Die Öffnung der Schule und die erhöhte Eigenverantwor- Generell sollte gelten, dass Sportvereine ihre Kooperation tung verlangen neue Organisations- und Managementqua- mit Schulen nicht allein von der Mitgliedergewinnung ab- litäten. hängig machen, so wichtig diese Frage für die Vereins- und Sportentwicklung auch ist. Die Kooperation mit Schulen und Die Schule muss also von der verbreiteten Vorstellung Ab- die Beteiligung an der Ganztagsbetreuung von Schülerin- schied nehmen, dass einzig und allein von dafür fachspe- nen und Schülern tragen zur gesellschaftspolitischen Ak- zifisch ausgebildeten Pädagogen im Unterricht gelehrt und zeptanz und Förderungswürdigkeit von gemeinnützigen gelernt werden kann. Dazu ist die Verzahnung von forma- Sportorganisationen bei, denn sie leisten in diesem Hand- lem Unterricht mit informellen Lerngelegenheiten erfor- lungsfeld einen Beitrag zum Gemeinwohl und zur Lösung derlich. von gesellschaftlichen Problemen. In diesem Sinne ist nicht Die beispielhaft genannten Aspekte der Veränderungspro- nur eine Öffnung der Schulen in ihrem Sozialraum, sondern zesse der Schule stellen auch deren Leitungen und Leh- auch die Öffnung der Sportvereine zu den bildungs- und rerkollegien vor neue Anforderungen und Belastungen, die gesellschaftlichen Problemen in ihrem Umfeld im Interes- in vielen Bereichen ein Umdenken und Korrekturen im be- se von Kindern und Jugendlichen und im eigenen Interes- ruflichen Selbstverständnis verlangen. Die Reformen müs- se empfehlenswert. 15
II. Schulentwicklung und Kooperations- chancen für den Sport in Berlin
Schulentwicklung und Kooperationschancen für den Spor t in Berlin 1. Gesetzliche Grundlagen und Rahmenvereinbarungen Gesetzliche Grundlagen Gemäß den schulgesetzlichen Regelungen zur Qualitätssi- cherung und Evaluation Grundlage für die Zusammenarbeit von Sportorganisationen (§ 9 Schulgesetz) werden im Rahmen der Schulinspektion mit Schulen bildet das Schulgesetz für das Land Berlin. die Kooperationen mit außerschulischen Partnern als ein Im Schulgesetz in der Fassung vom 28. Juni 2010 heißt es zentraler Qualitätsbereich guter Schule systematisch erfas- in § 3 zu den Bildungs- und Erziehungszielen im Hinblick st, ausgewertet und regelmäßig durch die Schulaufsichts- auf Sport u. a.: (9) behörde in einem Bildungsbericht veröffentlicht, in dem dif- „(2) ferenziert nach Bezirken, Schularten und Bildungsgängen Die Schülerinnen und Schüler sollen insbesondere lernen … über den Entwicklungsstand und über die Qualität von Schu- ... Freude an der Bewegung und am gemeinsamen Sport- len berichtet wird.(10) treiben zu entwickeln.“ „(3) Sportorganisationen agieren in der Kooperation mit Schulen Schulische Bildung und Erziehung sollen die Schülerinnen also nicht als externe „Bittsteller,“ sondern als erwünschte und Schüler insbesondere befähigen.... Partner auf Grundlage des Berliner Schulgesetzes. ... ihre körperliche, soziale und geistige Entwicklung durch kontinuierliches Sporttreiben und eine gesunde Lebens- Weitere gesetzliche Grundlagen für die ausgeführten An- führung positiv zu gestalten sowie Fairness, Toleranz, Team- gebote der sportorientierten Jugendarbeit und Jugendsozi- geist und Leistungsbereitschaft zu entwickeln.“ alarbeit sind die §§ 11 und 13 des Sozialgesetzbuch VIII zur Kinder- und Jugendhilfe und dessen Ausführungsgesetz im Bewegung, Spiel und Sport nehmen somit einen wichtigen Land Berlin sowie eine entsprechende Rahmenvereinba- Stellenwert in der Bildung und Erziehung von Schülerinnen rung über die Kooperation mit Trägern der freien Jugend- und Schülern in Berlin ein. hilfe bei Ausgestaltung und Sicherstellung des Ganztags- betriebes in der Sekundarstufe I. Die Öffnung der Schulen und die Kooperation mit außer- schulischen Partnern sind durch § 5 und § 19 des Schul- gesetzes im Land Berlin vorgezeichnet. 9 Schulgesetz für das Land Berlin (SchulG) vom 26. Januar 2004 (GVBl. S. 26), zuletzt geändert durch Artikel V des Im § 5 des Schulgesetzes heißt es: Gesetzes vom 11. Juli 2006 (GVBl. S. 812) und das dritte „(1) Schuländerungsgesetz vom 28. Juni 2010 Die Schulen öffnen sich gegenüber ihrem Umfeld. Zu die- 10Vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin: Kooperation von Schulen sem Zweck arbeiten sie im Rahmen des Bildungs- und Er- mit außerschulischen Partnern weiterentwickeln. Drucksache ziehungsauftrags mit den Trägern der öffentlichen und frei- 15/5529 vom 1. 9. 2006 en Jugendhilfe sowie mit außerschulischen Einrichtungen und Personen zusammen, deren Tätigkeit sich auf die Le- benssituation der Schülerinnen und Schüler auswirkt. (2) Die Schulen können dazu im Einvernehmen mit der zu- ständigen Schulbehörde insbesondere Vereinbarungen mit den Trägern der öffentlichen und freien Jugendhilfe und der beruflichen Fort- und Weiterbildung, den Musikschulen, den Volkshochschulen sowie Sport- und anderen Vereinen schließen. Sie nutzen Kooperationsmöglichkeiten mit der Wirtschaft, den Sozialpartnern und anderen Einrichtungen, die berufs- oder arbeitsrelevante Angebote machen. (3) Die Schulen können ihren Kooperationspartnern bei einem pädagogischen Bedarf Räume und technische Ausstattung entgeltfrei zur Nutzung überlassen.“ 17
II. Schulentwicklung und Kooperationschancen für den Sport in Berlin Rahmenvereinbarungen des Sports Die Vereinbarungen beziehen sich auf unterschiedliche Schularten und enthalten jeweils spezifische Rahmenbe- mit der Senatsverwaltung für Bildung, dingungen für die Zusammenarbeit. Es bietet sich daher an, Wissenschaft und Forschung zunächst die Strukturen der einzelnen Schularten und des Ganztagsbetriebes vorzustellen, aus denen sich die jewei- Begleitet werden die gesetzlichen Grundlagen durch Rah- ligen Möglichkeiten der Kooperation mit Sportorganisatio- menvereinbarungen, die Landessportbund Berlin und Sport- nen ableiten. jugend Berlin mit der zuständigen Senatsverwaltung für Bil- dung, Wissenschaft und Forschung zur Zusammenarbeit von Schulen und Sportorganisationen abgeschlossen haben. 2. Schulstruktur und Die Vereinbarungen regeln die organisatorischen Rahmen- Schularten bedingungen und fachlichen Standards in der Zusammen- arbeit mit einzelnen Schultypen und in der Ganztagsbe- Mit Beginn des Schuljahres 2010/2011 ist in Berlin eine treuung von Schülerinnen und Schülern. Es gelten drei Schulstrukturreform realisiert worden, die zur Zusammen- unterschiedliche Vereinbarungen. führung der bisherigen Hauptschulen, Realschulen und Ge- samtschulen in Integrierte Sekundarschulen geführt hat. Vereinbarung über die Förderung der Zusammenarbeit zwi- Damit gibt es laut § 17 des Schulgesetzes folgende Schular- schen Schule und Sportverein/-verband im Land Berlin. Die- ten in Berlin: se Vereinbarung bezieht sich im Kern auf die Zusammen- arbeit mit Grundschulen. 1. Grundschule 2. Weiterführende allgemein bildende Schulen Rahmenvereinbarung über die Beteiligung von Sportorga- a) Integrierte Sekundarschule nisationen an der Ganztagsbetreuung von Schülerinnen und b) Gymnasium Schülern. Hier sind allgemeine Grundsätze zur Kooperati- on mit Ganztagsschulen geregelt. Daneben existieren in einem Pilotprojekt aktuell 20 Ge- meinschaftsschulen. Im Unterschied zu den neuen Inte- Vereinbarung zur Beteiligung von Sportorganisationen bei grierten Sekundarschulen ist in den Gemeinschaftsschulen der Durchführung des Ganztagsbetriebes in der Sekundar- das längere gemeinsame Lernen von Klasse 1 bis 10 und stufe I. Diese Vereinbarung bezieht sich auf die Integrierten gegebenenfalls sogar bis Klasse 12/13 fest verankert. Der Sekundarschulen sowie auf Gemeinschaftsschulen und Übergang von der Grundschulzeit in die Sekundarstufe I ab Gymnasien mit Ganztagsbetrieb. der 7. Klasse ist fließend. Der genaue Wortlaut der Vereinbarungen über die Zusam- Mit Ausnahme der Gymnasien sind inzwischen alle vorge- menarbeit von Schulen und Sportorganisationen in Berlin stellten Schularten in Berlin flächendeckend als Ganztags- ist der Anlage zu entnehmen. schulen organisiert. 18
Schulentwicklung und Kooperationschancen für den Spor t in Berlin 3. Grundelemente der Ganztagsschule in Berlin Die allgemeinen Konturen der Ganztagsschule zwischen • Teilgebundene Ganztagsschule (teilweise verpflichtendes dem ersten Klingeln und Schulschluss lassen sich mit fol- und freiwilliges Angebot) genden Grundelementen beschreiben: (11) • Offene Ganztagsschule (freiwillige Teilnahme an den Angeboten) • Unterricht im Klassenverband • Unterricht in Gruppen und freier Unterricht • Unterrichtsbezogene Ergänzungsstunden 3.1. Grundschulen • Hausaufgabenbetreuung In Berlin ist die Hortbetreuung, die bisher für Grundschulkin- • Individuelle Förderstunden der in den westlichen Bezirken in den Kindertagesstätten an- • Themenbezogene, klassenübergreifende Projekte geboten wurde und in den östlichen Bezirken bereits über- • Kreative Freizeitgestaltung wiegend an Schulen angegliedert war, nun fast vollständig an • Pausen, Mittagessen, Entspannungsphasen die Schulen verlagert worden. Damit übernehmen die Erzie- • Angebote in Zusammenarbeit mit außerschulischen herinnen und Erzieher der früheren Horte einen Teil der Ganz- Partnern tagsbetreuung von Schülerinnen und Schülern am Standort Aus diesen Elementen entwickelt jede Schule ein pädago- der jeweiligen Grundschule.(12) Struktur und Organisations- gisches Konzept, das auf den Bedarf der Schülerinnen und form der beiden Grundtypen von Ganztagsgrundschulen las- Schüler sowie die vorhandenen Möglichkeiten und Rah- sen sich in einem Schaubild darstellen. menbedingungen vor Ort abgestimmt ist. Dabei gibt es in Berlin zwei Grundtypen von Ganztagsschulen und eine 11 Vgl. Bundesministerium für Bildung und Forschung (Hrsg.): Mischform: Investitionsprogramm Zukunft Bildung und Betreuung. • Gebundene Ganztagsschule (verpflichtendes Angebot für Ganztagsschulen. Zeit für mehr. Bonn o. J., S. 5 12 alle Schüler) Vgl. Ebd., S. 5 f GEBUNDENE GANZTAGSGRUNDSCHULE OFFENE GANZTAGSGRUNDSCHULE Frühbetreuung 06:00 Frühbetreuung bis Verpflichtender Schulbeginn 08:00 Unterrichtsbeginn Unterricht und Freizeitpädagogik Unterricht in der verlässlichen sind verbunden und über den Tag Halbtagsgrundschule bis 13.30 Uhr von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr verteilt. Obligatorisches Mittagessen 13:30 Unterrichtsende Freiwilliges Angebot Mittagessen Offener Ganztagsbetrieb Freizeitpädagogische Angebote Beendigung des verpflichtenden Schulprogramms 16:00 bis Spätbetreuung 18:00 Spätbetreuung Mehrheitlich sind die Grundschulen als offene Ganztagsschulen organisiert. 19
II. Schulentwicklung und Kooperationschancen für den Sport in Berlin Zur offenen Ganztagsgrundschule Die offene Ganztagsgrundschule orientiert sich in der Regel Im Resultat bietet die offene Ganztagsgrundschule ein an der klassischen Unterrichtsstruktur der Halbtagsschule und verlässliches und verbindliches Bildungsprogramm für alle bietet ein freiwilliges Nachmittagsprogramm. Die Betreuung Schülerinnen und Schüler zwischen 8.00 Uhr und 13.30 übernehmen Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher oder die Uhr an. Zudem wird die Möglichkeit eines kostenpflichtigen außerschulischen Partner der Schule. Hierfür müssen die Mittagessens für alle Kinder eingeräumt. Darüber hinaus Eltern den Betreuungsbedarf und Betreuungsumfang für ihre wird eine Früh-, Nachmittags-, Spät- und Ferienbetreuung Kinder beim Schulamt im Bezirk anmelden und anerkannt für diejenigen Kinder angeboten, die darauf einen Anspruch bekommen. Das heißt, die Kinder benötigen einen nach- haben und bei denen es von den Eltern gewünscht ist. An gewiesenen Betreuungsanspruch nach den Kriterien des der ergänzenden Förderung und Betreuung in der offenen Kindertagesbetreuungsgesetzes.(13) Demnach liegt beispiels- Ganztagsgrundschule in den Zeiten zwischen 6.00 Uhr und weise ein Bedarf vor, wenn ein Arbeits- oder Ausbildungs- 8.00 Uhr bzw. 13.30 Uhr bis 16.00 Uhr und 16.00 Uhr bis verhältnis besteht oder besondere pädagogische, soziale oder 18.00 Uhr nehmen also nicht alle Schülerinnen und Schüler familiäre Gründe in der Person des Kindes oder in der teil. Und von den Teilnehmenden wiederum erfolgt die Situation der Familie gegeben sind, die eine ergänzende Anwesenheit in Betreuung des Kindes erfordern. Auf dieser Grundlage und unter den jeweils gegebenen Voraussetzungen können sich Konsequenzen für Eltern für verschiedene Zeitmodule entscheiden und bei- spielsweise auch Frühbetreuung vor Unterrichtsbeginn oder Kooperationsplanungen Spätbetreuung nach Unterrichtsende wählen. Die Eltern Unter den genannten Voraussetzungen empfiehlt es sich für müssen sich je nach Einkommenssituation – wie auch bereits Sportorganisationen, Kooperationsangebote in der offenen früher in den Horten der Kindertagesstätten – an den Kosten Ganztagsgrundschule im Wesentlichen in der Zeit von der Betreuung beteiligen. Jeweils zu Beginn eines Schuljahres 13.30 Uhr bis 16.00 Uhr anzubieten. Es ist davon entscheiden die Eltern und Schulämter ob und ggf. in auszugehen, dass sich in diesem Zeitraum der größte Teil welchem Umfang die Kinder das Ganztagsangebot wahr- von Schülerinnen und Schülern am Ganztagsangebot der nehmen. Über die Teilnahme und den Umfang der Betreu- Schule beteiligt. Es ist den Sportorganisationen aber ungszeiten im offenen Ganztagsbetrieb wird mit den Er- natürlich freigestellt, in Abstimmung mit der Schule auch ziehungsberechtigten ein Betreuungsvertrag abgeschlossen. andere Zeiten zu wählen. 13 Vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin: Ein Leitbild für die offene Ganztagsgrundschule, Drucksache 15/4125 vom 6. 7. 2005 20
Schulentwicklung und Kooperationschancen für den Spor t in Berlin Zur gebundenen Ganztagsgrundschule Konsequenzen für Kooperationsplanungen Die gebundene Ganztagsgrundschule(14) geht im päda- gogischen Konzept einen wesentlichen Schritt weiter. Der Die Organisationsform der gebundenen Ganztagsgrund- Unterricht findet auf den ganzen Tag verteilt und in der schule stellt Schulleitungen, Lehrerkollegien und Erzieher Regel bis 16.00 Uhr statt. Die klassische Einteilung in 45- vor die Anforderung, einen verpflichtenden Ganztagsbe- Minuten-Unterrichtseinheiten kann aufgelöst werden. trieb für alle Schülerinnen und Schüler bis 16.00 Uhr Formaler Unterricht sowie informelle Lernangebote und anzubieten. Die Organisationsform setzt zudem eine noch Freizeitaktivitäten sind in einem bestimmten Rhythmus auf engere Zusammenarbeit und Abstimmung der Schule mit den gesamten Tagesverlauf abgestellt und werden den außerschulischen Kooperationspartnern voraus. Die miteinander verknüpft. Unterricht und Freizeitaktivitäten, Angebote der Sportorganisationen können prinzipiell auf gemeinsames und individuelles Lernen, Phasen des den ganzen Tag verteilt werden. Sie umfassen in den Zeiten konzentrierten Arbeitens und Phasen der Entspannung der Früh- und Spätbetreuung allerdings nur einen Teil der wechseln sich ab. Schülerinnen und Schüler und bekommen zwischen 8.00 Uhr und 16.00 Uhr den Status von Angeboten des Ganztagsgrundschulen in gebundener Form gewährleisten Schulprogramms mit Anwesenheitspflicht aller Schülerin- bei verlässlichen Öffnungszeiten ab 7.30 Uhr durchgängig nen und Schüler. Das setzt auf Seiten der Sportorga- rhythmisierte Unterrichts- und Betreuungszeiten, an denen nisationen die Selbstverpflichtung zu hoher Verlässlichkeit alle Schülerinnen und Schüler an vier Tagen der Woche und Kontinuität der vereinbarten Sportangebote über ein verpflichtend und kostenfrei von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr ganzes Schuljahr voraus. Es erfordert zudem eine gewisse teilnehmen. Am Freitag wird in der Regel längstens bis zeitliche Flexibilität, weil Sportangebote sowohl am 13.30 Uhr unterrichtet. Auch an diesem Wochentag werden Vormittag als auch am Nachmittag in den Tagesablauf jedoch Förderung und Betreuung sowie freiwillige integriert werden können. Hier sind Absprachen und schulische Veranstaltungen bis 16.00 Uhr angeboten. An Vereinbarungen mit den Schulen zu treffen, die auch auf der Ganztagsgrundschule in gebundener Form wird die zeitlichen und personellen Möglichkeiten der Sportver- obligatorisch eine kostenpflichtige Mahlzeit angeboten. eine Rücksicht nehmen. Die Aufnahme von Schülerinnen und Schülern in die Ganztagsgrundschule in gebundener Form verpflichtet zur regelmäßigen Teilnahme an den ganztägigen Angeboten einschließlich der Förderung und Betreuung. Die Rücknahme der Entscheidung zur Teilnahme ist in der Regel nur am Ende eines Schuljahres möglich und ist mit dem Verlassen und Wechsel der Schule verbunden. Eine ergänzende Förderung und Betreuung ist freiwillig und kostenpflichtig soweit ein besonderer Betreuungsbedarf anerkannt ist. Sie umfasst die Zeiten von 6.00 Uhr bis 7.30 Uhr und/oder von 16.00 Uhr bis 18.00 Uhr sowie in den Ferien zusätzlich die Zeit von 7.30 Uhr bis 16.00 Uhr. Die aufgeführten Zeiten können von den Erziehungs- berechtigten – dem anerkannten Bedarf entsprechend – einzeln oder kombiniert in Anspruch genommen werden. 14 Vgl. Verordnung über den Bildungsgang der Grundschule (GsVO) im Land Berlin vom 19. Januar 2005, geändert durch Verordnung vom 25. September 2006 (GVBl. S. 997) 21
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