DISC-DIRC FÜR PANDA CHARAKTERISIERUNG DER OPTISCHEN EIGENSCHAFTEN DES - DIPLOMARBEIT
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
II. P HYSIKALISCHES I NSTITUT AG D ÜREN C HARAKTERISIERUNG DER OPTISCHEN E IGENSCHAFTEN DES D ISC -DIRC FÜR PANDA D IPLOMARBEIT VON M ARKO Z ÜHLSDORF marko.zuehlsdorf@physik.uni-giessen.de 22. F EBRUAR 2011
Zusammenfassung Der Disc-DIRC ist ein neuartiger Detektor zur Teil- chenidentifikation im PANDA-Experiment beim FAIR-Projekt. Behandelt wird hier die Charakterisierung der optischen Komponenten des DIRC. Es werden sowohl theoretische Grundlagen und Überlegungen für Teile der Optik präsentiert, als auch die experimentelle Herangehensweise an die Vermessung des DIRC-Radiators und der fokussierenden Lichtleiter des FLG-Designs beschrieben.
Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung und Überblick 1 2. Das PANDA Experiment bei FAIR 3 2.1. FAIR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.2. PANDA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.3. Teilchenidentifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 3. Das DIRC-Prinzip 9 3.1. Tscherenkow-Effekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 3.2. Tscherenkow-Detektoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 3.2.1. Schwellen-Tscherenkow-Detektor . . . . . . . . . . . . 13 3.2.2. Ringabbildender Tscherenkow-Detektor . . . . . . . . . 14 3.2.3. DIRC-Detektor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 4. Anforderungen an die optischen Komponenten des Disc-DIRC 21 4.1. Lichtwege . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.1.1. Dispersion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 4.1.2. Klebestellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 4.2. Materialcharakteristika . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4.2.1. Synthetisches Quarzglas . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 4.2.2. Oberflächenrauheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 4.2.3. Homogenität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 4.3. Anforderungen für PANDA-DIRC . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4.3.1. Form des Radiators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 4.3.2. Dicke des Radiators . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 4.3.3. Anwendung auf den fokussierenden Lichtleiter . . . . 34 V
5. Messungen zu optischen Eigenschaften von DIRC Komponen- ten 38 5.1. Instrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 5.2. Messungen am Radiator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 5.2.1. Oberfläche des Radiators . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 5.2.2. Klebestellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 5.2.3. Strahlenhärte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 5.3. Fokussierender Lichtleiter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 5.3.1. Bearbeitung der Oberfläche . . . . . . . . . . . . . . . . 54 5.3.2. Fokussierende Eigenschaften . . . . . . . . . . . . . . . 58 6. Zusammenfassung 61 A. Ruby-Script zur Schrittmotorsteuerung und Leistungsauslese 67 B. Ergebnisse der Dickenbestimmung der Radiatorplatte 70
1. Einleitung und Überblick Der Disc-DIRC, der zur Zeit für das PANDA-Experiment geplant wird, stellt einen neuartigen Tscherenkow-Detektortypen zur Teilchenidentifikati- on dar. Ein herausragender Vorteil gegenüber herkömmlichen Methoden der Teilchenidentifikation ist die geringe Ausdehnung der Apparatur, woraus erhebliche Kosten- und Materialeinsparungen für die vom Targetpunkt aus gesehen nachfolgenden Komponenten resultieren. Die Hauptkomponente des DIRCs besteht aus einer transparenten Schei- be, an die sehr hohe Forderungen in Bezug auf die optische Güte gestellt werden. Ziel dieser Arbeit ist, ein Teil dieser Anforderungen zu charakteri- sieren. Zusätzlich werden Messmethoden präsentiert, die im Vorfeld dieser Arbeit entwickelt und zum Teil durchgeführt wurden, um die theoretischen Überlegungen zu überprüfen. Im Kapitel 2 wird das experimentelle Umfeld des Disc-DIRC im Rahmen von PANDA und FAIR beschrieben. Ein Überblick über die Notwendigkeit von Teilchenidentifikation im Allgemeinen und über verschiedene Methoden der Teilchenidentifikation schließen dieses einführende Kapitel ab. Kapitel 3 erklärt die theoretischen Grundlagen des DIRC-Prinzips mit an- schließender Vorstellung einiger Tscherenkow-Detektoren. Die Kapitel 4 und 5 bilden den Hauptteil dieser Arbeit. In Kapitel 4 werden die Anforderungen und theoretischen Überlegungen zu den optischen Kom- ponenten des Disc-DIRC beschrieben. Ein Teil der Charakterisierung der optischen Eigenschaften findet hier statt. In Kapitel 5 werden experimentelle Versuchsdurchführungen und Ergebnisse beschrieben, die größtenteils mit Lasern und optischen Strahlführungssystemen vorgenommen wurden. 1
1. Einleitung und Überblick Im abschließenden Kapitel 6 werden die Ergebnisse der Arbeit noch einmal zusammengefasst und Perpektiven für weitere Messungen aufgezeigt. 2
2. Das PANDA Experiment bei FAIR 2.1. FAIR Mit dem Projekt FAIR1 wird am GSI-Helmholtzzentrum für Schwerionenfor- schung eine neuartige Beschleunigeranlage der nächsten Generation entste- hen. Aufbauend auf der bereits existierenden GSI-Anlage wird ein interna- tionales Forschungszentrum gebaut, welches der europäische Forschungs- gemeinde ein einzigartiges und technologisch innovatives Beschleuniger- system zur Verfügung stellt [Ges05], das in den Disziplinen Teilchenraten und Luminosität neue Maßstäbe setzen soll. Zielsetzung der FAIR-Anlage sind zum einen Einblicke in die Physik der starken Wechselwirkung, durch Experimente, die sich im nicht pertubativen Energiebereich der Quanten- chromodynamik (QCD) abspielen, und zum anderen neue Erkenntnisse im Zusammenhang von komplexen physikalischen Systemen und Prozessen vor dem Hintergrund der QCD zu erlangen. Ein Charakteristikum der Anlage ist die Möglichkeit zum Parallelbetrieb von Strahlplätzen, wodurch bis zu fünf Forschungsprogramme mit unterschiedlichen Anforderungen gleichzeitig arbeiten können, ohne sich gegenseitig zu beeinflussen [Ges05]. Als Werkzeuge zum Erreichen der Zielsetzungen dienen unter anderem diverse neu zu bauende Beschleunigeranlagen und Speicherringe, als auch der schon bestehende Physikkomplex an der GSI (siehe Abbildung 2.1). Auf 1 Facility for Antiproton and Ion Research 3
2. Das PANDA Experiment bei FAIR Abbildung 2.1.: Das FAIR-Projekt die einzelnen Komponenten des FAIR-Projekts soll im Folgenden in Kürze eingegangen werden. Herzstück bildet der große Doppelringbeschleuniger SIS 100/3002 mit einem Umfang von etwa 1100 Metern, der die an FAIR teilnehmenden Experimente mit hochenergetischen Strahlen aller Ionensorten versorgt. Den Beginn der Beschleunigerkaskade bildet zum einen der bereits an der GSI bestehende Be- schleuniger UNILAC3 , der mit seinen 120 m Länge Ionen auf etwa 20 % Licht- geschwindigkeit beschleunigt. Um zum anderen Protonen zu beschleunigen, wird ein neu geplanter Beschleuniger, der p-LINAC4 , hinzukommen, der auf einer Länge von 34 m Protonen auf 70 % Lichtgeschwindigkeit bringt. Diese beiden Linearbeschleuniger dienen als Injektoranlagen für den bereits existenten SIS 182 , ein Schwerionensynchroton von 216 m Umfang, welcher die vorbeschleunigten Ionen und Protonen weiter auf etwa 90 % Lichtge- schwindigkeit beschleunigt. 2 Schwerionen Synchroton, die Zahl bezieht sich auf die magnetische Steifigkeit in Tm 3 Universal Linear Accelerator 4 proton Linear Accelerator 4
2.2. PANDA An den SIS 18 schließt sich der Hauptbeschleuniger SIS 100 an, der mit einem Umfang von 1080 m Protonen auf 29 GeV weiterbeschleunigt und beliebig ionisierte Isotope auf einige GeV/u Strahlenergie bringt. Für Ionenstrahlen höchster Energie (∼ 35 GeV/u für U92+ ) steht zudem noch der SIS 300 zur Verfügung, der sich im gleichen Tunnel wie der SIS 100 befindet. Nach dem Beschleunigungsprozess finden an diversen Speicherringen ein Großteil der Experimente des FAIR-Projektes statt. Im Collector Ring (CR) werden Antiprotonen und radioaktive Ionenstrahlung stochastisch vorgekühlt. Zudem ist hier eine Massenbestimmung kurzlebiger Kerne möglich. Die gekühlten Antiprotonen werden daraufhin im Accumu- lator Ring (RESR) gesammelt und von dort an den High Energy Storage Ring (HESR) und den New Experiment Storage Ring (NESR) übergeben. Der NESR beheimatet Experimente mit exotischen Ionen- und Antiprotonenstrahlen und dient außerdem zum Abbremsen stabiler oder radioaktiver Ionenstrah- lung sowie Antiprotonenstrahlung für Niederenergie und Fallenexperimente. Am HESR befindet sich das PANDA-Experiment. Es stehen hier gekühlte Antiprotonenstrahlen mit Energien bis zu 15 GeV zur Verfügung, die auf verschiedene Targets treffen. Zusätzlich befindet sich an FAIR mit dem Super Fragment Separator (Super-FRS) ein Massenseparator, der Sekundärstrahlen bei bis zu relativistischen Geschwindigkeiten trennt [Nus08]. 2.2. PANDA Mit PANDA5 steht ein moderner fixed target Hadronenphysik-Detektor zur Verfügung, der am HESR des FAIR-Projektes installiert ist. Zur Reaktion kom- men gekühlte Antiprotonen mit Strahlimpulsen zwischen 1,5 und 15 GeV/c, die im Detektor je nach Messprogramm auf verschiedene Targets treffen [Sch07]. Abbildung 2.2 zeigt den Aufbau von PANDA. Im linken Teil des Bildes befindet sich der Interaktionspunkt. Er wird umschlossen vom Target Spectrometer. Teilchen höchster Energien, die in einen Winkelbereich von 5 anti-Proton Annihilation at Darmstadt; der Strich über dem P entspricht der Konvention, die man benutzt um Antiteilchen und Teilchen in ihrer Schreibweise zu unterscheiden 5
2. Das PANDA Experiment bei FAIR Abbildung 2.2.: Der PANDA Detektor, auf dem aktuellen Stand der Planung (Ende 2010) unter 10◦ zur Strahlachse emittiert werden, gelangen ins Forward Spectrometer und können dort erfasst werden (rechter Bildteil). Durch diese zweiteilige Detektoranordnung ist der komplette Vollwinkel abgedeckt. Ziele des PANDA Programms sind unter anderem die Untersuchung von Charmonium-Zuständen in bislang unerreichter Präzision, die Erzeugung und Untersuchung von Glueballs und anderen Quark-Gluonen-Zuständen, sowie das Studium von Drell-Yan-Prozessen und zeitartigen Formfaktoren. Ein wichtiger Teil des Programms ist zudem die Erzeugung von Hyperker- nen, die eine große Rolle in der Untersuchung der Kernstruktur und der ΛΛ-Wechselwirkung spielen [PAN09]. 6
2.3. Teilchenidentifikation 2.3. Teilchenidentifikation Der Antiprotonenstrahl trifft, in Bild 2.2 von links kommend, auf das Target und verursacht eine Reihe von Reaktionen. Die dabei entstehenden Teilchen sollen identifiziert werden, um die physikalischen Fragestellungen und Auf- gaben von PANDA zu erfüllen. Da einige dieser Teilchen sehr kurzlebig sind und unter Umständen schwer zu detektieren, werden in der Regel die Zerfallsprodukte dieser Teilchen untersucht, um Rückschlüsse auf die Teil- chen der vorhergehenden Generation zu ziehen. Das Konzept der Particle Identification ist im Folgenden nötig, um die zu untersuchenden Teilchen zu identifizieren, ohne deren Flugbahn merklich zu beeinflussen (sowohl in Richtung als auch in Geschwindigkeit). Es reduziert dadurch den Unter- grund und verbessert die Messauflösung. Hierfür gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, die auf unterschiedlichen physikalischen Konzepten beruhen und in unterschiedlichen Umgebungen genutzt werden. Letztlich wird bei den meisten Methoden in irgendeiner Art auf die Geschwindigkeit des zu identifizierenden Teilchens geschlossen, sodass mit bekannter Impulsmessung die Masse und damit die Art des Teilchens bekannt ist6 . Neben der Möglichkeit, die Laufzeit des Teilchens zwischen zwei Referenzpunkten zu messen, eignet sich Tscherenkowlicht in transparenten Dielektrika (Messung von β) und Übergangsstrahlung zwischen Materialien mit verschiedenen Dielektrizitätszahlen (Messung von γ) zur Geschwindigkeitsbestimmung. Eine weitere Möglichkeit ist, den Energieverlust des Teilchens im Medium zu bestimmen und mit dem Bethe- Bloch-Zusammenhang auf die Geschwindigkeit zu schließen. Diese Methoden finden ihre Anwendungen bei unterschiedlichen Impuls- bereichen und allgemein gilt, je höher der Impuls der zu unterscheiden- den Teilchen ist, desto größer werden die Ausmaße der PID Systeme, was in höheren Kosten und mehr Komplexität resultiert. Durch die spezielle Detektoraufgabe kann anhand dieser Kriterien ein geeignetes PID-System zusammengestellt werden. 6 Dies gilt streng genommen nur für ionisierende Teilchen. Bei Neutronen verwendet man, je nach betrachtetem Energiebereich unterschiedliche Kernreaktionen. 7
2. Das PANDA Experiment bei FAIR Bei PANDA kommen unter anderem die DIRC-Detekoren zum Einsatz. In der Detektorregion um das Target herum wird ein Barrel DIRC verwendet, der den Polar-Winkelbereich zwischen 22◦ und 140◦ abdeckt. Vor dem Vor- wärtsbereich des Detektors, als Abschluss des Target Spectrometer kommt der von uns mitentwickelte Disc-DIRC zum Einsatz. Er deckt den Win- kelbereich zwischen 5◦ und 22◦ in vertikaler Vorwärtsrichtung ab (10◦ - 22◦ horizontal) und liefert eine eine π − K-Separation bei Impulsen bis zu 4 GeV/c. 8
3. Das DIRC-Prinzip Die Funktionsweise des Disc-DIRC beruht auf dem Tscherenkow-Effekt. In diesem Kapitel werden die physikalischen Grundlagen dessen betrachtet und eine kurze Übersicht über verschiedene Typen von Tscherenkow-Detektoren gegeben. 3.1. Tscherenkow-Effekt Der Effekt, dass elektromagnetische Strahlung emittiert wird, wenn geladene Teilchen hoher Geschwindigkeit ein Dielektrikum durchfliegen, wurde erst- mals 1934 von Pawel Alexejewitsch Tscherenkow und Sergei Iwanowitsch Wawilow beobachtet. 1937 erfolgte, basierend auf klassischer Elektrodyna- mik, eine theoretische Erklärung von Ilja Frank und Igor Tamm, welche 1958 zusammen mit Tscherenkow den Nobelpreis „für die Entdeckung und Erklärung der Tscherenkow-Strahlung“ bekamen. Der Effekt kommt folgendermaßen zustande: Fliegt ein geladenes Teilchen durch ein (optisch transparentes) Dielektrikum, so werden dessen Atome kurzzeitig polarisiert. Aufgrund der Polarisationsänderung entstehen Di- polschwingungen, die in der Abstrahlung von elektromagnetischen Feldern resultieren. Abbildung 3.2 veranschaulicht das Phänomen: Der blaue Pfeil stellt das Teilchen und dessen zurückgelegte Strecke dar; die Kreise entspre- chen kugelförmig abgestrahlten Lichtwellen. Es lassen sich nun zwei Fälle unterscheiden. Ist die Geschwindigkeit des passierenden Teilchens kleiner als die Phasengeschwindigkeit von elektro- magnetischen Wellen im betreffenden Medium, kommt es insgesamt zu 9
3. Das DIRC-Prinzip (a) Pawel Alexejewitsch (b) Ilja Michailowitsch (c) Igor Jewgenjewitsch Tscherenkow Frank Tamm Abbildung 3.1.: Die Physik-Nobelpreisträger von 1958 [nob11] destruktiver Interferenz. Das Licht benachbarter Atome löscht sich jeweils aus (Abb. 3.2a). Ist die Geschwindigkeit des Teilchens größer als die Lichtge- schwindigkeit im Medium (Abb. 3.2b), kommt es zu konstruktiver Interfe- renz. Die entstehende Wellenfront liegt auf einem stationären Kegelmantel im Bezugssystem des durchfliegenden Teilchens. Der Winkel θ zwischen Teilchenbahn und Ausbreitungsrichtung der Wellen- front errechnet sich aus dem Verhältnis der Geschwindigkeiten des Teilchens und des Lichts. cn c 1 1 cos θ = = · = (3.1) v nph βc βnph c: Lichtgeschwindigkeit im Vakuum cn : Lichtgeschwindigkeit im Medium n: Brechungsindex des Mediums, definiert durch c/cn v: Teilchengeschwindigkeit β: v/c Die Intensität der Strahlung ist d2 N 2πz2 α 1 I= = 1− (3.2) dx dλ λ2 β n2 (ω) 2 10
3.1. Tscherenkow-Effekt θ vt vt c c n t n t (a) Im Fall v < nc kann aufgrund (b) Im Fall v > nc entsteht ein Machscher Kegel, ähn- destruktiver Interferenz kein lich dem Effekt beim Überschallflug. Die Aus- Licht in größerem Abstand zur breitungsrichtung der Wellenfront (θ) ist direkt Teilchenbahn beobachtet wer- abhängig vom Verhältnis von Lichtgeschwindig- den. keit im Medium zur Teilchengeschwindigkeit. Abbildung 3.2.: Tscherenkow-Effekt 2 d N z ist hierbei die Ladung des Teilchens, dx dλ die Anzahl der Photonen pro Wegstrecke und Wellenlängenintervall und α die Sommerfeldsche Feinstruk- turkonstante. Bei den meisten transparenten Materialien herrscht normale Dispersion; das bedeutet, dass der Brechungsindex n(ω) mit zunehmender Frequenz an- steigt. Aus der Bedingung für Tscherenkow-Effekt βn(ω) > 1 folgt hiermit, dass nur Licht emittiert wird, dessen Frequenz über einem bestimmten Wert liegt (siehe Abb. 3.3). Dieser Wert ist in erster Linie abhängig von n(ω) und er wird kleiner mit steigender Geschwindigkeit. Auf der anderen Seite des Spektrums ist der Effekt auch begrenzt, da für Wellenlängen im UV-Bereich die Dispersion bei vielen Materialien nicht mehr der normalen Dispersion entspricht. Des weiteren ist bei kleinen Wel- lenlängen, z. B. im Röntgenbereich, der Brechungsindex kleiner als 1. Die Bedingung βn > 1 ist damit nicht mehr erfüllbar. 11
3. Das DIRC-Prinzip n(ω) n(ω) 1 β 1 ω ω0 Abbildung 3.3.: Dispersionskurve im Bereich einer Resonanzfrequenz (zum Beispiel im nahen UV). Nur im schraffierten Bereich, wo nβ > 1 ist, kann Tscherenkowstrahlung emittiert werden [Jac02] Vernachlässigt man Dispersion, so lässt sich mit Formel 3.2 die Anzahl der emittierten Photonen berechnen. Durch Integration über die Wellenlänge folgt (bei konstantem n): Z λ2 2πz2 α dN 1 = 1− dλ dx λ1 λ2 β n2 2 βn>1 Z λ2 2πz2 α = 2 sin2 θ dλ λ1 λ βn>1 1 1 = 2πz α 2 − sin2 θ (3.3) λ 1 λ2 Setzt man als Integrationsgrenzen 400 - 700 nm ein, so ergeben sich daraus rund 491 z2 sin2 θ Photonen pro Zentimeter. Sehr schnelle Elektronen (β ≈ 1) zum Beispiel erzeugen in einem Glas mit n = 1,5 nach dieser Formel etwa 12
3.2. Tscherenkow-Detektoren 273 Photonen, bei einer Weglänge von einem Zentimeter. Berücksichtigt man Dispersion, ergibt sich eine Abweichung von etwa 1 % von diesem Wert. 3.2. Tscherenkow-Detektoren In Abschnitt 2.3 wurden Tscherenkow-Detektoren als Möglichkeit zur Teil- chenidentifikation genannt. Es gibt, abhängig vom Verwendungszweck, un- terschiedliche Ausführung dieser Detektoren. Als Gemeinsamkeit haben alle Detektoren als Hauptkomponente ein durchsichtiges dielektrisches Me- dium, in welchem der Brechungsindex der entscheidende physikalische Faktor ist. Es folgt eine Auflistung der Wirkungsprinzipien einiger typischer Detektoren. 3.2.1. Schwellen-Tscherenkow-Detektor Diese einfachste Form des Tscherenkow-Detektors nutzt aus, dass leichtere Teilchen bei gegebenen Impuls höhere Geschwindigkeiten als schwerere Teil- chen haben. Es lässt sich so ein Dielektrikum wählen (bzw. ein Brechungsin- dex n), bei dem in einem gewünschtem Impulsbereich eine Teilchentrennung möglich ist, indem das Licht eines tscherenkowstrahlenden (leichten) Teil- chens registriert wird, während das schwere Teilchen eine Geschwindigkeit unter der Grenzgeschwindigkeit vthr = c/n besitzt und somit nicht strahlt. Im Fall, dass zwei Teilchenarten separiert werden sollen, ist diese Separation also möglich im Impulsbereich mc Mc √
3. Das DIRC-Prinzip Eine Variante des Schwellen-Zählers ist der Differentielle Tscherenkow-Detektor. Hierbei wird, gegeben durch die Detektorgeometrie, nur Licht, das in einen bestimmten Winkelbereich emittiert wird, registriert [Str86]. Dadurch ist eine genauere Bestimmung der Teilchengeschwindigkeit möglich, allerdings verringert sich die Teilchen-Zählrate und das Teilchen muss zudem immer parallel einfallen. Wird es in einen Raumwinkelbereich emittiert, ist diese Art der Teilchenidentifikation wirkungslos. 3.2.2. Ringabbildender Tscherenkow-Detektor Moderne Tscherenkow-Detektoren werden als RICH1 -Detektoren realisiert. Hierbei können bei bekanntem Impuls theoretisch alle Teilchen identifiziert werden, die Tscherenkow-Licht emittieren. Abbildung 3.4 zeigt prinzipiell die Funktionsweise: Alle Photonen, die unter dem gleichen Winkel entlang der Strahltrajektorie emittiert werden, werden durch einen sphärischen Spie- gel mit Radius R auf den gleichen Punkt fokussiert. Die Fokalebene bildet wiederum eine Kugeloberfläche um den Interaktionspunkt mit Radius R/2, die mit Photodetektoren bestückt wird, um die Photonen zu erfassen. Die emittierten Photonen eines passierenden Teilchens bilden im Idealfall einen Ring auf der Ebene der Photodetektoren. Zur Bestimmung der Teilchenge- schwindigkeit muss dieser Ring erkannt werden. Der Mittelpunkt des Ringes stellt den Schnittpunkt der Detektorebene mit der Teilchentrajektorie dar. Ist die Position des Mittelpunkts bekannt, kann man aus dem Radius des Ringmusters den Tscherenkow-Winkel berechnen. Mit RICH-Detektoren ist eine gute Geschwindigkeitsbestimmung und ei- ne hohe Teilchenausbeute möglich; die Zuverlässigkeitsgrenze ergibt sich dadurch, dass bei sehr hohen Geschwindigkeiten die Tscherenkow-Winkel- differenz bei verschiedenen Teilchen kleiner als das Auflösungsvermögen der Photodetektoren wird. Dieser Bereich ließe sich dann abdecken, indem man Radiatormaterialien verwendet, deren Brechungsindex näher an 1 liegt. 1 Ring imaging Cherenkov 14
3.2. Tscherenkow-Detektoren Teilchenbahn sphärische Spiegel Interaktions- punkt Photodetektoren Radiator Abbildung 3.4.: Funktionsprinzip des RICH-Detektors 3.2.3. DIRC-Detektor Technisch gesehen ist ein DIRC2 -Detektor eine Variante des RICH-Detektors (s. Abb. 3.5). Der Radiator dient hier gleichzeitig als Lichtleiter, der die Photo- nen an den Rand des Radiators weiterleitet und dort auskoppelt. Außerhalb des Radiators wird das Licht in irgendeiner Weise durch Photosensoren gesammelt. Der große Vorteil vom DIRC-Detektor gegenüber dem RICH-Detektor ist seine Kompaktheit. Das Radiatormaterial hat eine Stärke von nur wenigen Zentimetern, wodurch die vom Interaktionspunkt aus gesehen nachfolgen- den Komponenten des Großdetektors (zum Beispiel elektromagnetische Ka- lorimeter) näher an das Zentrum gebaut werden können, was in geringerer Ausdehnung und damit geringeren Herstellungskosten resultiert. Das Licht wird im Radiator selbst an dessen Enden geleitet, wodurch die eigentliche Photo-Auslese außerhalb des Detektors stattfinden kann. Ein Nachteil des 2 Detection of internally reflected Cherenkov light 15
3. Das DIRC-Prinzip Abbildung 3.5.: Das DIRC-Prinzip: Die im Radiator erzeugten Tscherenkow- Photonen werden an der Radiatoroberfläche totalreflektiert, am dessen Ende ausgekoppelt und von Photosensoren (rot) detektiert. Das Prisma in der Abbildung ist nur eine Mög- lichkeit, die Photonen auszukoppeln. Konzepts sind hohe Anforderungen an die Qualität des Radiatormaterials und damit verbunden hohe Kosten bei der Fertigung des Radiators. Abbildung 3.6b zeigt die bisher einzige Realisierung eines DIRC-Detektors. Der sogenannte Barrel DIRC des BaBar-Detektors (Abb. 3.6a) am SLAC Natio- nal Accelerator Laboratory in Stanford/USA ist ein etwa 6 m langer zylindri- scher Detektor, in dessen Zentrum sich der e+ e− -Kollisionspunkt befindet. Der DIRC-Radiator besteht aus insgesamt 144 Stäben aus synthetischem Quarzglas, mit einer Länge von jeweils 4,90 m [A+ 05]. Ein Detektor dieser Art wird auch im PANDA-Experiment verwendet werden. Er wird dort den Winkelbereich von 22◦ bis 140◦ zur Strahlachse abdecken. Um auch den für Teilchen hoher Impulse wichtigen Winkelbereich zwi- schen 5◦ und 22◦ abdecken zu können, wird zusätzlich ein DIRC-Detektor in Scheibenform (Disc-DIRC) verwendet werden. Er wird sich vor dem elek- tromagnetischen Kalorimeter im Grenzbereich zum Forward Spectrometer befinden (s. Abb. 2.2). Der Disc-DIRC ist ein neuartiger Detektortyp, der speziell für PANDA konzipiert und entwickelt wird. Es sind einige verschie- dene Varianten denkbar, sowohl was den Radiator als auch die Auslese am Rand der Scheibe betrifft. Ein wichtiger Punkt ist der Umgang mit der Di- spersion des Radiatormaterials. Zwei konkurrierende Designs, sowie diverse 16
3.2. Tscherenkow-Detektoren (a) BaBar-Detektor (b) BaBar-DIRC Abbildung 3.6.: Der Barrel-DIRC im BaBar-Experiment als Vorlage für die PANDA-DIRCs[Lei02] Mischformen dieser Designs werden zur Zeit diskutiert und befinden sich zum Teil in der Testphase. Focussing Lightguide Design Beim Focussing Lightguide Design (FLG-Design) (Abb. 3.7) [H+ 09] wird das im Radiator erzeugte Tscherenkowlicht aus der Scheibe an deren Rand aus- gekoppelt und in einem fokussierenden Lichtleiter auf eine Ebene reflektiert, auf der sich die Auslesedetektoren befinden. Die gekrümmte Fläche des Lichtleiter ist so beschaffen, dass jeweils parallele Strahlen so gut wie mög- lich auf einen Punkt fokussiert werden. Es wird somit die Winkelinformation in eine Ortsinformation umgewandelt und man kann im Prinzip jedem Pho- tosensor einen Winkelbereich und somit einen Geschwindigkeitsbereich für das durchfliegende Teilchen zuordnen. Das Prinzip ist in Abbildung 4.10 auf Seite 36 zu sehen. Dort sind mehrere verschiedene FLGs abgebildet, die im Laufe der Planungsphase des Disc-DIRC berechnet und zum Teil auch als Prototypen realisiert wurden. Neben dem PANDA-Disc-DIRC wird aktuell auch ein FLG-DIRC beim WASA-Experiment am COSY-Beschleuniger in Jülich gebaut. Da viele Pla- 17
3. Das DIRC-Prinzip G FL Radiator Abbildung 3.7.: Skizze des FLG-DIRC. Vom Teilchen-Durchgangspunkt ge- hen in rot die Photonen weg und werden am Scheibenrand in die fokussierenden Lichtleiter eingekoppelt. nungsideen und -überlegungen ähnlich denen bei den PANDA-DIRCs ver- laufen, arbeiten die bei beiden Experimenten beteiligten Tscherenkow-Ar- beitsgruppen eng zusammen. Time Of Propagation Design Das Time Of Propagation Design (TOP-Design, Abb. 3.8) benutzt neben der azimutalen Position, an der das Tscherenkowlicht den Scheibenrand trifft, die Laufzeit des Lichts als zweite Koordinate [S+ 08]. Vor den Auslesesen- soren am Rand der Scheibe werden zyklisch wechselnd zwei oder mehrere verschiedene dichroitische Spiegel angebracht. Diese erfüllen zwei Funk- tionen. Durch Dispersion innerhalb des Radiators haben unterschiedliche Lichtfrequenzen unterschiedliche Laufzeiten. Da die Photosensoren nur die Anzahl, nicht die Frequenz der Photonen messen, sind die Spiegel nötig, 18
3.2. Tscherenkow-Detektoren e l sch ge ti ie roi Sp ich D Radiator Abbildung 3.8.: DIRC im ToP-Design. Photonen werden vom Entstehungs- punkt aus direkt am Rand detektiert oder reflektiert. In dieser Darstellung werden zwei verschiedene dichroitische Spiegel abwechselnd eingesetzt, die Photonen werden somit in zwei Gruppen eingeteilt und separat detektiert. um die benötigte 4 σ-Auflösung von Pionen und Kaonen bei 4 GeV/c zu erreichen. Sie reflektieren Licht in einem bestimmten Frequenzband und nur bestimmte Frequenzen werden durchgelassen. Nach einer oder mehreren Re- flexionen wird das Photon dann an anderer Stelle am Scheibenrand detektiert. Dadurch, dass die Photosensoren jeweils nur bestimmte Frequenzbereiche sehen, ergibt sich somit eine Dispersionskorrektur. Außerdem verlängern die Spiegel durch Reflexion die Photonenpfade und damit die Laufzeiten. Hieraus resultiert eine verbesserte Zeitauflösung. Je mehr unterschiedliche Spiegel man verwendet, desto genauer wird die Dispersionskorrektur und desto länger werden die Lichtlaufzeiten. Allerdings können bei zu langen Laufwegen, also zu vielen Totalreflexionen, die Photonen verloren gehen 19
3. Das DIRC-Prinzip (siehe Abschnitt 4.2.2). 20
4. Anforderungen an die optischen Komponenten des Disc-DIRC In diesem Kapitel werden Überlegungen beschrieben, die zu einer Cha- rakterisierung der optischen Eigenschaften dienen. Es wird Dispersion im Allgemeinen betrachtet und der Einfluss, den sie auf die Teilchenidentifikati- on hat. Zudem werden designabhängige Methoden zur Dispersionskorrektur vorgestellt. Das Brechungsgesetz von Snellius und die Fresnelschen Formeln bilden die theoretische Grundlage für Lichtbrechung an optischen Grenzflächen. Sie werden in diesem Kapitel vorgestellt, weil einige Komponenten des DIRC unter Umständen verklebt werden müssen und die Klebeflächen optische Grenzflächen darstellen. Es folgt ein kurzer Einblick in den Herstellungsprozess von synthetischem Quarzglas und dessen Auswirkungen auf die Homogenität des Materials. Die Güte der Oberflächenrauheit wird charakterisiert, damit nach vielen Totalreflexionen noch genügend Licht vorhanden ist, um die Rekonstruktion der Lichtwege vornehmen zu können. Abschließend werden die Überlegungen reproduziert, die zu der aktuel- len Form des Radiators geführt haben und es werden die fokussierenden Lichtleiter des FLG-Designs vorgestellt. 21
4. Anforderungen an die optischen Komponenten des Disc-DIRC 4.1. Lichtwege Unabhängig vom Design des Disc-DIRCs ist es essentiell wichtig, dass das im Radiator erzeugte Licht am Rand der Scheibe ankommt. Die erzeugte Licht- menge pro Teilchen ist so gering, dass die Photosensoren jeweils nur einzelne Photonen sehen. Abgesehen davon, dass die Photosensoren, bei einer Zeitauf- lösung von einigen Dutzend Pikosekunden, empfindlich für Einzelphotonen sein müssen, besteht die besondere Aufgabe der Quarzglasscheibe einerseits darin, als dielektrisches Medium Quelle der Tscherenkowstrahlung zu sein und andererseits darin, als hochpräziser Lichtleiter die Winkelinformation des Lichts beizubehalten und möglichst wenig Licht zu absorbieren oder zu streuen. Anhand der Informationen, die die Photosensoren liefern, sollen die Licht- wege rekonstruiert werden, um zu ermitteln, mit welcher Geschwindigkeit ein Teilchen durch den Radiator ging. Das propagierende Licht unterliegt bei seinem Weg mehreren Einflüssen, die im Folgenden besprochen werden. 4.1.1. Dispersion Optische Dispersion beschreibt den Effekt, dass die Geschwindigkeit des Lichts in einem Medium von der Farbe des Lichts abhängig ist. Ein Wellen- paket verbreitert sich mit der Zeit, da sich die einzelnen Frequenzkompo- nenten des Pakets mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten fortbewegen. Man unterscheidet deshalb eine Phasengeschwindigkeit vph , mit der sich die einzelnen Wellen des Wellenpakets bewegen und die Gruppengeschwin- digkeit vgr , mit der sich das Wellenpaket selbst bewegt. Mit n(λ) = cnc(λ)0 ergibt sich eine Abhängigkeit des Brechungsindexes n von der Wellenlänge, bzw. der Phasengeschwindigkeit. Aus Formel 3.1 folgt hiermit auch eine Wel- lenlängenabhängigkeit des Tscherenkow-Winkels. Für nph (400 nm) = 1,470 folgt bei β = 1 ein Winkel von 47,14◦ , für nph (700 nm) = 1,455 hingegen ein Winkel von 46.58◦ . Weiterhin wird bei größer werdender Teilchengeschwin- digkeit Licht mit zunehmend geringerer Frequenz emittiert. 22
4.1. Lichtwege 1.52 nph ngr 1.51 1.5 1.49 1.48 1.47 1.46 1.45 400 450 500 550 600 650 700 Wellenlänge [nm] Abbildung 4.1.: Die Dispersionskurven für Quarzglas [MAL65]. Beim FLG-Design wirkt sich die Dispersion auf das Grenzflächenverhalten zwischen dem Radiator und den Lichtleitern aus. Licht unterschiedlicher Farbe wird unterschiedlich in den Lichtleiter gebrochen und kann somit an die „farbenblinden“ Photosensoren falsche Informationen liefern. Es wird deshalb überlegt, einen Kristall mit geringerer Dispersion als beim Radia- tormaterial zur Dispersionskorrektur als Einkopplung in den Lichtleiter einzubauen. Mögliche Kandidaten hierfür sind Lithiumfluorid und Kalzi- umfluorid In Abbildung 4.10a ist eine Möglichkeit gezeigt, ein LiF-Stück als Prisma zwischen Radiator und FLG zu koppeln. Im TOP-Design wirkt sich die Dispersion auf die unterschiedlichen Lauf- zeiten der Tscherenkow-Photonen aus, welche abhängig von der Gruppen- geschwindigkeit sind. Bei ngr (400 nm) = 1,515 und ngr (700 nm) = 1,471 für Quarzglas ergibt sich bei einer typischen Weglänge von 1 m eine Laufzeit- differenz von rund 150 ps. Ohne Dispersionskorrektur würde es zu einer schlechteren Zeitauflösung kommen und eine 4σ-Separation von Pionen und Kaonen wäre bei 4 GeV/c nicht möglich [Föh11]. Um die Dispersion zu- mindest teilweise zu kontrollieren, gibt es die Idee, dichroitische Spiegel zu 23
4. Anforderungen an die optischen Komponenten des Disc-DIRC verwenden, die als Bandpassfilter einen Teil des Lichtspektrums durchlassen und den anderen Teil reflektieren. 4.1.2. Klebestellen Abbildung 4.2.: Eine Stückelungsvariante des Disc-DIRC (schematisch). In blau eingezeichnet sind die Bereiche, die als Klebeflächen genutzt werden. Die schwarzen Bereiche sind absorbierend. Es wird aufgrund der hohen Anforderungen an die Güte der Oberfläche und das Material des Radiators (wird in Abschnitt 4.2 besprochen) kaum möglich sein, diesen mit seinem Durchmesser von etwa 2 m aus einem Stück zu fertigen [Föh11]. Eine Option ist, die Scheibe in vier optisch isolierten Teilen zu bauen und so effektiv vier Radiatoren als Detektor zu haben. Die Randflächen, die nicht zu Photonenauslese verwendet würden, müssten dann verspiegelt werden. Diese Variante ist derzeit in einem frühen Pla- nungsstadium und soll nicht weiter besprochen werden. Eine weitere Option ist, die Scheibe aus mehreren kleineren Stücken zusam- menzusetzen (Abb. 4.2 zeigt eine Stückelungsvariante, die für den ersten Disc-DIRC Prototyp im Jahr 2008 verwendet wurde), die dann miteinander 24
4.1. Lichtwege verklebt werden. Da die Klebeflächen optische Grenzschichten darstellen, muss der Kleber besonderen Anforderungen genügen. Tritt Licht durch eine Grenzfläche, lässt sich der weitere Verlauf des Lichts durch das Snelliussche Brechungsgesetz und die Fresnelschen Formeln be- schreiben. In Abbildung 4.3 sind die Effekte gezeigt. Aus dem Brechungsge- setz folgt, für einen Durchgang durch eine Zwischenschicht mit verändertem Brechungsindex, eine Parallelverschiebung. Da die Dicke der Klebeschicht in der Größenordnung von 10−5 m ist, liegt der Längenbereich für die Par- allelverschiebung ebenfalls in diesem Bereich. Dies ist beim DIRC-Radiator vernachlässigbar. Parallelverschiebung Reflexion β n2 > n1 α n2 n1 n1 Abbildung 4.3.: Der Verlauf des dicken roten Strahls beschreibt den Licht- durchgang durch eine Zwischenschicht nach dem Snelliuss- chen Brechungsgesetz. Nach den Fresnelformeln wird das Licht an jeder Grenzfläche abhängig von den Brechungsindi- zes und von der Polarisation reflektiert (Dünne rote Strahlen im Bild). Schwerwiegender ist hier das Verhalten an den Grenzflächen, beschrieben durch die Fresnelformeln. Hier wird, abhängig von der Polarisation des Lichts, bei unterschiedlichem Brechungsindex immer ein Teil reflektiert und ein Teil durchgelassen. Ausgehend von den Maxwell-Gleichungen der Elek- trodynamik und Stetigkeitsbetrachtungen für die Feldstärkevektoren an der 25
4. Anforderungen an die optischen Komponenten des Disc-DIRC Grenzfläche folgt: 2 n1 cos α − n2 cos β R⊥ = (4.1) n1 cos α + n2 cos β 2 n1 cos β − n2 cos α Rk = (4.2) n1 cos β + n2 cos α Zu den Winkeln und Brechungsindizes siehe Abb. 4.3. R⊥ ist der Reflexi- onskoeffizient bei elektromagnetischen Wellen, deren E-Vektor senkrecht zur Einfallsebene liegt. Rk gilt dementsprechend, wenn der E-Vektor in der Einfallsebene liegt. 1 1 Rk R⊥ 0.8 0.8 Reflexionskoeffizient 0.6 0.6 0.4 0.4 0.2 0.2 0 0 0 10 20 30 40 50 60 70 80 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 Winkel [◦ ] Winkel [◦ ] (a) n1 = 1 → n2 = 2 (b) n1 = 2 → n2 = 1 Abbildung 4.4.: Die Graphen zur Darstellung der Fresnelformeln. Im linken Teil geht das Licht vom optisch dünneren zum dichteren Medium; im rechten Teil umgekehrt. Es ist rechts zu erken- nen, dass bei Winkeln über einem bestimmten Grenzwinkel der Reflexionskoeffizient unabhängig von der Polarisation immer bei 1 liegt. In Abbildung 4.4 sind die mit den Fresnelformeln berechneten Reflexions- koeffizienten dargestellt. Der Fall im rechten Bild entspricht (qualitativ) der Situation im DIRC. Das Licht trifft vom Inneren des Quarzglases unter stei- 26
4.2. Materialcharakteristika lem Winkel auf die Oberfläche. Der Reflexionskoeffizient liegt bei 1 und das Licht wird durch den Radiator geleitet. Mathematisch bedeutet das, dass der Sinus des Winkel des gebrochenen Strahls zum Lot hin größer gleich 1 wird. Der kritische Einfallswinkel hierfür berechnet sich aus dem Snelliusschen Brechungsgesetz: n1 sin β = (Snellius) (4.3) n2 sin α n1 sin 90◦ = n2 sin αK n2 ⇒ αK = arcsin (4.4) n1 Bei Winkeln größer als αK kommt es also zur Totalreflexion, die die physika- lische Grundlage für Lichtleiter bildet. 4.2. Materialcharakteristika 4.2.1. Synthetisches Quarzglas Synthetisches Quarzglas (Fused Silica) ist die amorphe Variante von Quarz. Es liegt als möglichst reines Siliziumdioxid vor, der Grad der Verunreinigung beläuft sich auf einige Teilchen pro Milliarden Teilchen SiO2 . Als Verunreini- gung kommen hauptsächlich Metalle, Chlor und OH-Gruppen vor. Das Glas erweicht bei etwa 1600 ◦ C, der Schmelzpunkt liegt bei über 2000 ◦ C. Es gibt verschiedene Herstellungsprozesse für Quarzglas allgemein, für syn- thetisches Quarzglas wird häufig Flammenhydrolyse verwendet [Her11]. Hierbei bilden sich in Knallgasflammen aus SiCl4 Nanotröpfchen aus SiO2 , die sich auf einem rotierenden Trägerrohr absetzen. Dabei entsteht mit der Zeit ein poröser zylinderförmiger Körper (s. Abb. 4.5). Nach mehreren Stun- den wird der Körper getrocknet, um Hydroxylgruppen zu entfernen, die beim Herstellen entstanden sind. Im letzten Schritt der Herstellung wird der 27
4. Anforderungen an die optischen Komponenten des Disc-DIRC Abbildung 4.5.: Herstellungsverfahren von synthetischem Quarzglas: Un- ter Flammenhydrolyse setzt sich SiO2 langsam auf einem rotierendem Rohr ab [Her11]. Rohling in einem Ofen gesintert. Er wird dadurch durchsichtig, mechanisch fest und verliert einen großen Teils seines Volumens. 4.2.2. Oberflächenrauheit Die Oberfläche des Radiators stellt in erster Linie eine optische Grenzfläche dar. Die Qualität der an ihr stattfindenden Reflexion beeinflusst entschei- dend die Leistungsfähigkeit des Disc-DIRCs. Ein wichtiger Parameter zur Güteklassifikation der Oberfläche ist die mittlere quadratische Rauheit (σRMS ). Sie entspricht der mittleren quadratischen Abweichung der Höhe der Un- ebenheiten zur durchschnittlichen Oberflächenhöhe. Die Rauheit kann über skalare Streutheorie mit dem internen Reflexionskoef- fizienten R in Bezug gebracht werden [EBB79]. Wenn man von innerhalb des Glases die Oberfläche betrachtet gilt: 2 4π · σ · n · cos(α) R = exp − (4.5) λ 28
4.2. Materialcharakteristika σ: mittlere quadratische Rauheit n: Brechungsindex α: Einfallswinkel (zum Lot) λ: Wellenlänge des Lichts Man erkennt, dass R mit steigendem Einfallswinkel größer wird, ebenso bei größer werdenden Wellenlängen und kleinerem Brechungsindex. Nimmt man als Wellenlänge 400 nm, als Brechungsindex 1,47 und ein Einfallswinkel von 45◦ , so errechnet sich mit der Forderung, dass nach 100 Reflexionen noch 90 % des Lichts vorhanden ist, eine Rauheit von rund 10 Å. Bei Quarzglas ist dieser Wert für moderne Politurverfahren keine Herausforderung, er muss allerdings auch vorliegen. Bei einer Rauheit von 15 Å bleibt etwa nur noch 79 % des Lichts übrig. 4.2.3. Homogenität Die Homogenität des Quarzglases hat direkten Einfluss auf den Lichtweg im Radiator. Das Licht kann an Unregelmäßigkeiten im Material gestreut wer- den und es kann abgelenkt werden, wenn der Brechungsindex des Materials nicht konstant ist. Bedingt durch das Herstellungsverfahren des synthe- tischen Quarzglases kann es zudem zu periodischen Schwankungen des Brechungsindexes verteilt über das Glas kommen [Sch10]. Dieser Effekt muss aber nicht unbedingt ein Problem sein. Um die für den Radiator benö- Abbildung 4.6.: Zur Darstellung des inhomogenen Brechungsindexes. tigte Form zu bekommen, wird das Quarzglas in großen Blöcken hergestellt und anschließend in der gewünschten Form herausgeschnitten und weiter- verarbeitet. Bei der Herstellung der Blöcke kann es aufgrund von zeitlich 29
4. Anforderungen an die optischen Komponenten des Disc-DIRC nicht stabilen physikalischen Gegebenheiten, wie z. B. minimale Tempe- raturschwankungen im Ofen, zu den angesprochenen Schwankungen im Brechungsindex kommen. Die Blöcke wachsen als rotierende Rohlinge im Ofen. Auch hierbei kann es durch ungleichmäßige Ablagerung zu geringen Unterschieden im Brechungsindex kommen. In Abbildung 4.6 ist die Situation gezeigt. Der Kasten stellt einen Bereich Quarzglas dar. Der Farbgradient beschreibt die Änderung des Brechungsin- dexes, die Kurven seien „Äquipotentiallinien“. Im rechten Teil des Bildes geht Licht in Richtung des Gradienten durch das Material. Es wird dadurch im Mittel nicht gebrochen oder gebeugt und als Effekt tritt höchstens eine Zeitverschmierung auf, die aber durch die Schwan- kungen, die sich im 10−6 -Bereich befinden, innerhalb der Zeitauflösung der Photosensoren liegt. Im linken Teil des Bildes erscheint die Situation etwas anders. Das Licht läuft hier senkrecht zum Gradienten, wodurch verschiede- ne Strahlen verschiedene Brechungsindizes wahrnehmen. Das Licht „sieht“ dadurch eine gitterähnliche Struktur und wird dementsprechend gebeugt. Dieser Effekt ist schon bei kleinen Schwankungen zu erkennen (∆n ≈ 10−6 ) und wird ausführlich beschrieben in [S+ 03]. Ein einfacher Versuchsaufbau mit einem Laserpointer genügt, um die Richtung des Gradienten zu bestim- men. 4.3. Anforderungen für PANDA-DIRC 4.3.1. Form des Radiators Es gibt mehrere Möglichkeiten, die Form der Radiatorscheibe zu gestalten. Es bietet sich aus Symetriegründen eine runde Geometrie an. Alternativ kommen diverse polygonartige Designs in Frage. In der Mitte der Scheibe befindet sich ein Loch, da hier die Strahlführung des Speicherrings liegt. Für das Loch stehen ebenfalls verschiedene Formen zur Auswahl. Zudem können seine Ränder reflektierend oder absorbierend sein. 30
4.3. Anforderungen für PANDA-DIRC Als Entscheidungsgrundlagen dienen die Treffmuster der Photonen (photon hit pattern). Abbildungen 4.7 und 4.8 zeigen solche Diagramme, Abbildung 4.9 dient als Erklärung. Auf der x-Achse dargestellt, findet sich die Position, bei der ein Photon einen Photosensor am Scheibenrand trifft. 15 000 ϑ=13,1◦ Laufzeit [ps] 10 000 5 000 0 -200 -100 0 100 200 Winkel ϕ[◦ ] Abbildung 4.7.: ToP-Photonentreffmuster für eine runde Scheibe ohne Loch. Die Farbe der Linienstrukturen gibt die Anzahl der Reflexio- nen am Scheibenrand an, nach denen das Photon detektiert wird. Schwarz steht für keine Reflexion, rot für eine, grün für zwei und blau für drei Reflexionen [Föh11]. Das in 4.7 abgebildete Muster entspricht der Situation in einem ToP-Design, bei einer runden Radiatorform ohne Loch in der Mitte. Aus der Form der Linien und der relativen Position zueinander wird durch Rekonstruktions- algorithmen die Teilchengeschwindigkeit ermittelt. Hier ergibt sich aus der runden Radiatorgeometrie ein Problem. An den in der Abbildung eingekreis- ten Stellen haben die Linien Umkehrpunkte und eine eindeutige Zuordnung Winkel → Laufzeit ist nicht möglich. Diese Bereiche können für die Rekon- struktion nicht ignoriert werden, weil dort auch vergleichsweise viele Photo- nen sind (im Bild zu erkennen an der höheren Farb- und Punktdichte). Bei einer polygonartigen Radiatorform (s. Abb. 4.8) tauchen solche Umkehr- punkte in den Photonenmustern nicht auf. Hier kann es zu Überschneidun- 31
4. Anforderungen an die optischen Komponenten des Disc-DIRC 15 000 ϑ=13,1◦ Laufzeit [ps] 10 000 5 000 0 -200 -100 0 100 200 Winkel ϕ[◦ ] Abbildung 4.8.: ToP-Photonentreffmuster für eine oktagonale Scheibe ohne Loch. Die Farben sind wie in Abbildung 4.7 kodiert [Föh11]. gen von einzelnen Linien kommen, die aber ein kleineres Problem darstellen, als bei der runden Scheibe, da nur wenige Photonen in diesen Schnittpunkten zu finden sind. Beim FLG-Design ist die Scheibenform eher unwichtig, da hier keine Refle- xionen am Scheibenrand vorkommen und somit keine Mehrdeutigkeiten in den Photonenmustern. Eine achteckige Form hat, unabhängig von der Wahl ToP – FLG, gegenüber anderen Formen (rund oder sechseckig) auch einen praktischen Vorteil. Die Form des zurückführenden Jochs des Solenoidma- gneten im PANDA-Detektor hat ebenfalls eine oktagonale Form. Dadurch ergeben sich eventuell Vorteile bei gemeinsam benutzen Halterungen oder Trägern. Ein weiterer Nachteil der runden Form ergibt sich daraus, dass reflektierte Lichtstrahlen immer unter dem gleichen Winkel auf den Scheibenrand tref- fen. Sollte aus irgendeinem Grund Totalreflexion vorliegen, wäre das Licht dadurch gefangen, weil nach jeder Reflexion wieder die Bedingungen für Totalreflexion erfüllt wäre. Bei der Entscheidung, ob das Loch absorbierend oder reflektierend gemacht 32
4.3. Anforderungen für PANDA-DIRC φ Teilche n flugbah n θ Targetvertex Strahlachse Abbildung 4.9.: Koordinaten zur Erklärung der Photonen-Treffmuster wird, gilt als einer der Diskussionspunkte, dass bei absorbierendem Loch zwar die Treffmuster für die Rekonstruktion übersichtlicher werden, dadurch aber auch wertvolle Information verloren geht. Auch hier gilt, dass das FLG- Design mit der Form und Beschaffenheit des Lochs wenig Probleme hat Zusammen betrachtet ergibt sich, dass zur 4σ-Separation zwischen Pionen und Kaonen eine eckige Scheibe mit reflektierendem Loch für das ToP-Design am leistungsfähigsten ist. Beim FLG-Design ist die Güte der Separation kaum abhängig von der Scheibenform, sodass andere Gesichtspunkte für die Wahl der Form betrachtet werden können [Föh11]. 4.3.2. Dicke des Radiators Die Dicke des Radiators ergibt sich aus einem Optimum zwischen mehreren Überlegungen. Da der für den DIRC vorgesehene Platz im Target Spectrometer begrenzt ist, ist eine dünnere Scheibe von Vorteil. Die Dicke des Radiators ist zwar 33
4. Anforderungen an die optischen Komponenten des Disc-DIRC weniger ein Problem, aber die Lichtleiter des FLG-Designs und auch die Auslesekomponenten am Rand der Scheibe skalieren linear mit der Dicke der Scheibe und benötigen mehr Platz bei höherer Scheibendicke. Bei der Herstellung der Scheibe bedeutet dünner, dass weniger Material ver- wendet werden muss. Dadurch wird die Scheibe aber mechanisch instabiler und schwerer zu transportieren. Zudem ist die Fertigung der Platte und die Nachbearbeitung, um unseren Ansprüchen an die optische Güte zu genügen, aufwändiger. In einer dickeren Platte werden mehr Photonen entlang der Bahn eines durch- fliegenden Teilchens produziert. Dadurch ist eine bessere Statistik für die Rekonstruktion gewährleistet, allerdings leidet die Zeitauflösung, da die Zeitdifferenz zwischen dem ersten und dem letzten emittierten Photon eines Teilchens groß wird. Die bessere Statistik kann die schlechtere Zeitauflö- sung nicht ganz kompensieren, wodurch nach diesen Gesichtspunkten die Tendenz zu kleineren Werten für die Plattendicke geht. Wenn ein Teilchen durch eine dickere Platte fliegt, können durch das zu- sätzliche Material je nach Teilchenart vermehrt Schauer produziert werden und auch die Teilchenbahn beeinflusst werden. Dies ist unerwünscht, da damit Information verloren geht, die eigentlich erst im hinter dem Disc-DIRC befindlichen elektromagnetischen Kalorimeter gesammelt werden soll. Bei einer Strahlungslänge von 123 mm für Quarzglas stellt eine Scheibendicke von 2 cm etwa 16 % der Strahlungslänge dar [Gre87]. Als Plattendicke kommen nach diesen Überlegungen Werte zwischen 10 und 20 mm in Frage, wobei begrenzt durch die momentan technische Mach- barkeit in Herstellung, Nachbearbeitung und Transport zur Zeit mit 20 mm kalkuliert wird. 4.3.3. Anwendung auf den fokussierenden Lichtleiter Die Beschaffenheit der gekrümmten Oberfläche der lichtleitenden Elemente für das DIRC-FLG-Design gestaltet sich als besondere Herausforderung. 34
4.3. Anforderungen für PANDA-DIRC Wenn man nur einen Einfallswinkel in den FLG betrachtet, bewirkt eine parabelartige Flächenkrümmung, dass parallele Lichtstrahlen alle in einen Punkt fokussiert werden. Betrachtet man einen weiten Winkelbereich (z. B. 40 - 75◦ ), so ist eine exakte Lösung nicht möglich. Eine Kurve kann höchstens in der Art optimiert werden, dass parallele Strahlen in einem „Brennfleck“ fokussieren. Durch einen Polynomfit wird nun versucht, diese Bereiche möglichst eng auf die Fokalebene zu legen. Liegt die Größe des Fokalbereichs unter der Pixelgröße des Photodetektors, so ist dieses Verfahren geeignet, um die benötigte Orts-Winkel-Auflösung zu bekommen. Um die speziellen Bedürfnisse der einzelnen Experimente und Designs, die auf den Einsatz fokussierender Lichtleiter fußen, zu berücksichtigen, wurden und werden verschiedene Varianten der FLGs berechnet und zum Teil gefer- tigt (s. Abb. 4.10). Das Edinburgh-Design wurde für die PANDA-Gruppen aus Glasgow und Edinburgh entwickelt. Das Erlangen-Design wird von der Gießener PANDA-Gruppe benutzt, sowie in Tübingen für die Planung des WASA-DIRC. Eine Weiterentwicklung dessen ist ein Design, das aufgrund seiner Form den vorläufigen Namen Gießen-Pilzkopf trägt. Die Bezeichnun- gen der Lightguides stammen von Klaus Föhl. Sie sind nicht endgültig, aber sollen im Folgenden dazu dienen, die unterschiedlichen Designs voneinan- der zu unterscheiden. Abbildung 4.11 zeigt das „performance sheet“ eines Lightguides im Erlangen- Design. Es wird in Kapitel 5.3 nützlich sein, um die gemessenen fokussieren- den Eigenschaften der Lichtleiter mit der Theorie zu überprüfen. Wenn die Photosensoren bezüglich ihrer Geometrie eine rechteckförmige Akzeptanz haben, sollten ihre Pixel größer sein, als der Bereich, den die gestrichelte Linie im Bild umfasst. 35
4. Anforderungen an die optischen Komponenten des Disc-DIRC (a) Edinburgh-Design. In Violett das LiF zur Dispersionskorrektur (b) Gießen-Pilzkopf-Design (c) Erlangen-Design Abbildung 4.10.: Verschiedene FLG-Designs [F+ 09]. Von links kommend je- weils die Radiatorplatte 36
4.3. Anforderungen für PANDA-DIRC Abbildung 4.11.: Performance Sheet eines FLGs im Erlangen-Design. Oben links: Winkel-Positions-Akzeptanz, für die der Lichtleiter gerechnet wurde; oben mitte: Winkel-Positions-Zuordnung; oben rechts: die Winkel wurden zum Teil unterschiedlich gewichtet, um größere Divergenzen der einzelnen Fokus- punkte zu vermeiden; Unten: winkelabhängige Größe des Fokalbereichs. Die Nullmarke auf der y-Achse entspricht dem Mittelwert der Verteilung der Reflexe pro Fokus, die gestrichelten Linien entsprechen Maximum, Median und Minimum der Verteilung und die durchgezogenen Linien entsprechen der Standardabweichung. Die gepunktete Li- nie dient, wie im Text erklärt, zur Darstellung der Ränder einer Rechteckverteilung und berechnet √ sich, indem man die durchgezogenen Linien mit 12 multipliziert [Föh11]. 37
5. Messungen zu optischen Eigenschaften von DIRC Komponenten Einige der oben angesprochenen Aspekte können relativ leicht im Labor gemessen werden. Die entsprechenden Messungen wurden im Rahmen dieser Arbeit zum Teil durchgeführt oder werden hier zusammenfassend wiedergegeben, wenn sie von anderer Stelle durchgeführt wurde. Da die Parallelität der Oberflächen des Radiators wichtig für den Erhalt der Lichtinformationen ist, wurde eine Methode entwickelt, die Dicke der Platte im Bereich von 0,1 mm genau zu bestimmen. Die Methode zeichnet sich durch ein berührungsfreies Messverfahren aus, bei dem die Radiatorplatte nur minimal beeinflusst wird. Verschiedene Teile der Disc-DIRC müssen zusammengeklebt werden. Es wurden Tests mit einem Zweikomponentenkleber auf der Basis von Epoxid- harz durchgeführt, sowohl was Festigkeit betrifft, als auch die optischen Eigenschaften des Klebers. Für das FLG-Design wurden einige Tests an den fokussierenden Lichtlei- tern vorgenommen. Es wurde eine qualitative Charakterisierung des Ober- flächenschliffs durchgeführt und eine Möglichkeit zur Überprüfung der fokussierenden Eigenschaften entwickelt. 38
5.1. Instrumente 5.1. Instrumente Es wurden für einige Messungen jeweils ein roter und ein blauer Laser verwendet, um auf wellenlängenabhängige Effekte empfindlich zu sein. Der rote Laser besitzt einen großen Halo, der vermutlich durch die innere Apertur des Lasers zustande kommt. Um diesen störenden Effekt zu verrin- gern, geht der Laserstrahl als erstes durch eine Lochblende, um den Halo abzuschirmen. Der blaue Laser besitzt eine Leistung von nominell 20 mW, es wurden allerdings Leistungen beobachtet, die bei etwa 50 mW liegen. Damit der Laser trotzdem in einem für die Photosensoren und menschliche Augen unbedenklichen Leistungsbereich betrieben werden kann, wird mit einem Graufilter 90% der Leistung geblockt. Bei beiden Lasern wird der Strahl zu Referenzzwecken geteilt. Da der verwendete Strahlteiler polarisationsabhän- gig teilt, wird vor dem Strahlteiler ein Polarisationsfilter angebracht, damit eine eventuelle Drehung der Polarisationsrichtung des Lasers keinen Effekt auf das Teilungsverhältnis hat. (a) Der Photodiode Detector 918D- (b) Das Dual-Channel Optical Meter 2935-C UV-OD3. Erkennbar ist der (Das Bild zeigt das Nachfolgemodell, wel- Abschwächer-Regler an der ches sich aber bis auf die Modellnummer Oberseite des Gehäuses. Der optisch nicht vom 2935-C unterscheidet) Sensor befindet sich hinter der Öffnung an der Vorderseite. Abbildung 5.1.: Die verwendeten Leistungs-Auslesekomponenten Als Photodetektoren kommen zwei Photodiode Detector Model 918D-UV-OD3 (Abb. 5.1a) der Firma Newport zum Einsatz. Ein solcher Detektor hat einen 39
Sie können auch lesen