THINK TANK ANALYSE Donald Trumps neue Strategie für Afghanistan
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THINK TANK ANALYSE Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. USA DR. CÉLINE-AGATHE CARO Donald Trumps neue Strategie MARKUS HEHN für Afghanistan November 2017 REAKTIONEN UND VORSCHLÄGE AUS FÜHRENDEN US-THINK TANKS www.kas.de/usa Sein ursprünglicher Instinkt sei eigent- festgelegtes Datum über den Rückzug der lich der Rückzug aus Afghanistan ge- US-Soldaten entscheiden soll, sondern ein- wesen, erklärte Donald Trump am 21. zig die tatsächlichen Bedingungen vor Ort. August 2017 zu Beginn seiner Rede in Zudem möchte Trump weder über Truppen- Fort Myer. Dann legte der US-Präsident zahlen noch über Details seiner militäri- allerdings die Ziele und Maßnahmen schen Strategie sprechen. Die Feinde dürf- seines „Zukunftsplans in Afghanistan ten diese nicht erfahren, sagte er, damit sie und Südasien“ vor. 1 Die Experten- sich nicht darauf einstellen können. Gemeinschaft in Washington begrüßt einige Entscheidungen, zeigt sich aber Darüber hinaus strebt der US-Präsident mit in vieler Hinsicht eher skeptisch und den vereinten Kräften von Diplomatie, Wirt- weist die Administration auf weitere schaft und Militär eine politische Lösung in Handlungsmöglichkeiten hin. Afghanistan an und schließt eine Beteiligung der Taliban nicht aus. Die amerikanische Eine Strategie für die ganze Region Rolle sei dabei aber klar begrenzt: „Wir werden kein Nation-Building mehr betrei- Donald Trumps „neue Strategie“ besteht ben. Wir töten Terroristen.“ überwiegend aus fünf Vorhaben. Ein weiterer Teil der Strategie adressiert An die Spitze seiner Kursänderung stellt der Pakistan, das Nachbarland Afghanistans. Die US-Präsident, dass künftig kein politisch Vereinigten Staaten könnten nicht länger über Pakistans Rolle als sicherer Hafen für Terroristen in der Region schweigen, sagt 1 Trump und ruft Pakistan zur Umkehr auf. The New York Times, “Full Transcript and Video: Trump’s Speech on Afghanistan”, 21. August 2017. In Bezug auf Indien gelte es, die strategi- https://www.nytimes.com/2017/08/21/world/asia /trump-speech-afghanistan.html sche Partnerschaft weiterzuentwickeln und
2 Indiens Rolle in Afghanistan besonders in schreibt etwa Michael Rubin, dass Trump Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. wirtschaftlicher Hinsicht zu stärken. mit seinem zustandsbezogenen (conditions- based) Ansatz den Nagle auf den Kopf tref- USA Den amerikanischen Soldaten verspricht fe, wenn der Präsident auch eine exakte De- DR. CÉLINE-AGATHE CARO Präsident Trump eine bessere Ausstattung finition der Bedingungen noch schuldig ge- und größere Handlungsspielräume für deren blieben sei.4 MARKUS HEHN Einsatz. Dafür solle Washington Teile der Befehlsgewalt an Stellen abgeben, die näher Terroristen töten statt Nation-Building November 2017 am echten Kampf-Geschehen sind. Mit dem vom Trump mehrmals beschwore- www.kas.de/usa Ehrliche Analyse mit guten Ansätzen nen neuen Schwerpunkt auf Terrorbekämp- fung und seiner zusätzlichen Distanzierung Generell gesprochen findet sich unter den vom Nation-Building sehen viele Vertreter konservativen Think Tanks eine größere An- aus den Think Tanks eine Neubestimmung hängerschaft für die neue Strategie des Prä- des US-Interesses als vollzogen an. Dies sidenten als unter den links-gerichteten goutieren vor allem konservative Think Denkfabriken. Letztere finden angesichts Tanks. James Jay Carafano von der Heritage der Schwierigkeit des historisch längsten Foundation überschreibt einen Kommentar Krieges der USA aber auch anerkennende mit den Worten „Trump Puts America First Worte für manche Entscheidungen von Do- in Afghanistan“.5 nald Trump. Eine Strategie, die funktionieren soll, brau- „Conditions“ anstelle von „time“ che ein klares Ziel, argumentiert Michael Kugelman vom Wilson Center. Diese Bedin- Eine überwältigende Mehrheit quer durch gung habe Trump nun erfüllt, indem er die alle Think Tanks ist sich einig, dass der US- Terrorbekämpfung in den Mittelpunkt ge- Einsatz grundsätzlich weitergehen sollte. stellt habe.6 Roger L. Simon verweist an Denn es sei wider die eigenen Interessen, dieser Stelle auf die Lehren aus den An- den Kampf den Kräften vor Ort, bzw. priva- schlägen vom 11. September 2001. Afgha- ten Auftragnehmern, zu überlassen und zu nistan dürfe nicht wieder zu einem Sam- glauben, dadurch die Erfolgschancen erhö- melpunkt des internationalen Terrorismus hen zu können. So erläutert zum Beispiel werden, betont der Experte der Hoover In- Max Boot vom Council on Foreign Relations stitution und begründet damit seine Unter- (CFR) seine Position und warnt in Bezug auf stützung für ein fortdauerndes Engagement private Auftragnehmer, dass dies wegen des der Amerikaner.7 Das bedeute aber nicht, so unklaren Verhältnisses zwischen jenen und Simon weiter, dass die USA auch nur eine regulären Truppen etwa im Falle von Ver- Minute an den Versuch verschwenden soll- stößen oder einer Notsituation neue Risiken ten, „Länder wie Afghanistan oder Irak in hinzufügen würde. 2 Dänemark zu verwandeln“. Rufe der Think-Tank-Experten nach mehr Dieser Absage an Nation-Building stimmen US-Truppen oder umgekehrt nach einem vor allem konservative Experten zu. „Das kompletten Rückzug der Amerikaner aus Endspiel besteht nicht darin, die afghani- Afghanistan gibt es nur vereinzelt. „Das Beste an Trumps Rede war, was er 4 Michael Rubin, “There’s too much at stake in Af- nicht gesagt hat“, bemerkt Shuja Nawaz ghanistan for Trump to fail”, AEI, 21. August 2017. vom Atlantic Council und meint damit, dass http://www.washingtonexaminer.com/theres-too- der Präsident im Unterschied zu seinem much-at-stake-in-afghanistan-for-trump-to- Vorgänger kein konkretes Datum für den fail/article/2632185 5 Rückzug der US-Truppen verkündet hat.3 James Jay Carafano, “Trump Puts America First in Afghanistan”, Heritage Foundation, 23. August Für das American Enterprise Institute (AEI) 2017. http://www.heritage.org/middle- east/commentary/trump-puts-america-first- afghanistan 6 Michael Kugelman, “Trump Gets Counterterror- 2 Max Boot, “Trump’s Path to Indefinite Afghan ism Strategy Right on Afghanistan”, Wilson Cen- War”, CFR, 22. August 2017. ter, 24. August 2017. https://www.cfr.org/expert-brief/trumps-path- https://www.wilsoncenter.org/article/trump-gets- indefinite-afghan-war counterterrorism-strategy-right-afghanistan 3 7 Shuja Nawaz, “Trump Misses an Opportunity in Roger L. Simon, “Trump Makes the Right Deci- Afghanistan”, Atlantic Council, 22. August 2017. sion on Afghanistan... and Pakistan”, Hoover Insti- http://www.atlanticcouncil.org/blogs/new- tution, 21. August 2017. atlanticist/trump-misses-an-opportunity-in- https://pjmedia.com/rogerlsimon/2017/08/21/tru afghanistan mp-makes-right-decision-afghanistan-pakistan/
3 sche Nation wieder aufzubauen“, betont Brookings Institution.12 Trumps Politik habe Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. zum Beispiel James Carafano (Heritage).8 damit die Möglichkeit geschaffen, Pakistans „Das hauptsächliche Ergebnis der Nation- Verhalten durch Mittel des Anreizes wie USA Building-Programme von Bush und Obama auch der Abschreckung zu verändern, stellt DR. CÉLINE-AGATHE CARO war das Entfachen von Korruption zulasten James B. Cunningham im Interview mit von Sicherheit “, meint Michael Rubin Ashish Kumar Sen (beide vom Atlantic MARKUS HEHN (AEI).9 Für Anthony Cordesman vom Center Council) fest.13 Auch Luke Coffey (Heritage for Strategic and International Studies Foundation) sieht Trumps Ernsthaftigkeit November 2017 (CSIS) allerdings: „Es ist die eine Sache, gegenüber Pakistan als entscheidend dafür das aussichtslose Bemühen der Vereinigten an, ob sein regionaler Ansatz – im Gegen- www.kas.de/usa Staaten aufzugeben, durch Unterstützung satz zu den Versuchen seiner Vorgänger – von außen das politische, juristische und Erfolg haben kann.14 wirtschaftliche System einer Nation verän- dern zu wollen und dies ohne Rücksicht auf Zu viel Militär, zu wenig Governance deren kulturellen Werte und die Ansichten und Nöte ihres tief gespaltenen Volkes zu Ungeachtet mancher positiver Resonanz tun. Es ist aber eine ganz andere Sache, gar überwiegt im Gesamtbild doch die Kritik – nicht zu helfen und sie dazu zu drängen, Kritik, die sich nicht nur am Inhalt der neu- ihre Reformprogramme selbst zu gestalten en Strategie abarbeitet, sondern auch und umzusetzen, wenn diese unentbehrlich Washingtons „Sumpf“ ins Auge fasst. für deren Überleben, ihren Fortschritt, ihre Einheit und ihre Stabilität sind.“10 Laurel Mil- Trump wiederholt Fehler seiner Vorgänger ler vom RAND Corporation unterstreicht ih- rerseits, dass Trumps Strategie die USA weiterhin dazu verpflichten werde, Nation- Alyssa Ayres vom CFR gibt ihrer Analyse die Building zu betreiben. Es gehe dabei nicht Überschrift „Die nicht allzu neue ‚neue‘ Süd- darum, wie viele es behaupten, das Land asien-Strategie“15 und spricht damit einigen nach unserem Ebenbild aufzubauen, so Mil- ihrer Kollegen aus der Seele, die das Wort ler. Nation-Building sei eher Teil der US- „neu“ nicht gelten lassen wollen. Inhaltlich Aufstandsbekämpfungsstrategie, um der richtet sich deren Kritik – die unabhängig afghanischen Regierung die erforderlichen der eigenen politischen Ausrichtung geäu- Mittel zu geben, damit sie die Unterstützung ßert wird – gegen die Stationierung neuer der Bevölkerung gewinnen kann.11 US-Truppen in Afghanistan. Pakistan gehört mit in den Fokus „Wenn wir nicht mit 100.000 Mann unter Präsident Obama gewinnen konnten, wie wird sich dann gerade einmal ein Fünftel Größerer Konsens herrscht in der Experten- davon durchsetzen?“, fragt zum Beispiel Gemeinschaft, dass eine regionale Strategie Rich Barlow von der Hoover Institution.16 nötig ist, um den Konflikt in Afghanistan zu Zustimmung erhält er unter anderem aus lösen, und dass Pakistan in dieser Hinsicht dem Cato Institute. Doug Bandow verweist eine entscheidende Rolle spielt. Auch wenn ebenfalls auf die wesentliche höhere Trup- ein Wandel Islamabads in seinem Umgang penstärke aus der Zeit vor Trump und fügt mit Terroristen nur schwierig möglich sei, so sei Trump immerhin einen Schritt vorange- gangen. Und zwar, indem er US-Hilfen für Pakistan an die Bedingung geknüpft habe, 12 Daniel L. Byman, “The case against involvement deren Unterstützung für die Taliban einzu- in Afghanistan”, Brookings, 5. September 2017. stellen, schreibt Daniel L. Byman von der https://www.brookings.edu/blog/order-from- chaos/2017/09/05/the-case-against-involvement- in-afghanistan/ 13 Ashish Kumar Sen, “Trump’s Commitment to Afghanistan”, Atlantic Council, 22. August 2017. 8 James Jay Carafano, „Afghanistan by the Num- http://www.atlanticcouncil.org/blogs/new- bers“, Heritage Foundation, 26. August 2017. atlanticist/trump-s-commitment-to-afghanistan 14 http://www.heritage.org/middle- Luke Coffey, “Trump Lays Out a Winning Strat- east/commentary/afghanistan-the-numbers egy for Afghanistan”, Heritage Foundation, 22. 9 Michael Rubin (AEI), siehe Note 4. August 2017. 10 Anthony Cordesman, “Afghanistan, Iraq, Soma- http://www.heritage.org/asia/commentary/trump- lia, and Yemen: Once Again, Is Half a Strategy lays-out-winning-strategy-afghanistan 15 Better than None?”, CSIS, 11. September 2017. Alyssa Ayres, “The Not-So-New "New" South https://www.csis.org/analysis/afghanistan-iraq- Asia Strategy”, CFR, 22. August 2017. somalia-and-yemen-once-again-half-strategy- https://www.cfr.org/blog/not-so-new-new-south- better-none asia-strategy 11 16 Laurel E. Miller, “President Trump’s Recommit- Rich Barlow, “On Afghanistan, Trump Should ment to Nation-Building in Afghanistan“, RAND Have Gone with His Gut”, Hoover Institution, 29. Corporation, 30. August 2017. August 2017. https://www.rand.org/blog/2017/08/president- http://www.wbur.org/cognoscenti/2017/08/29/afg trumps-recommitment-to-nation-building-in.html hanistan-rich-barlow
4 an, dass die nun offenbar angedachte er- Darüber hinaus sollten die USA mit Pakistan Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. neute Erhöhung den afghanischen Kräften vorsichtig sein: Wie bereits dargelegt, sehen kaum helfen würde. Im Gegenteil: Weitere die meisten Experten den Nachbarstaat Af- USA ausländische Soldaten, die in weiteren Regi- ghanistans an einer Schlüsselposition und DR. CÉLINE-AGATHE CARO onen kämpfen, würden es den Taliban damit sowohl als Teil des Problems wie auch wahrscheinlich leichter machen, Menschen Teil der Lösung. Dass Trump hier erfolgreich MARKUS HEHN für sich zu gewinnen. 17 sein und den Kurs Islamabads ändern kann, glaubt Daniel L. Byman (Brookings) kaum21 November 2017 – und ist mit seiner Skepsis nicht allein. „Es „Leider fokussiert sich Trumps ‚Weg nach vorn‘ fast ausschließlich darauf, den militä- gibt keine neue US-Politik gegenüber Pakis- www.kas.de/usa rischen Druck zu erhöhen“, beklagen auch tan und es wird auch keine bald geben“, Michael Fuchs, Hardin Lang und Vikram schreibt Jonah Blank vom RAND. Ein erster Singh vom Center for American Progress Beweis dafür sei, dass in den zwei ersten (CAP). Dieser explizite Vorzug vor allen an- Monaten nach Trumps Ankündigungen keine deren Teilen einer integrierten Strategie signifikante Initiative bekannt gemacht (u.a. mit einer diplomatischen Dimension worden sei.22 Lawrence J. Korb (CAP) argu- und Entwicklungshilfe) sei „der sichere Weg mentiert seinerseits, dass Trumps Vorstoß, in die Katastrophe“.18 Indien eine gewichtigere Rolle in diesem Konflikt zukommen zu lassen, Pakistans Hil- Gegner differenziert betrachten fe für die Taliban nicht beenden wird. Auch den Stopp der Hilfsleistungen an Pakistan sieht er kritisch. So würde es noch schwe- Laut vielen Experten sollte die US- rer, Material für die US-Truppen durch Pa- Regierung ihre Strategie gegenüber Terro- kistan nach Afghanistan zu bringen.23 Eine risten auf den aktuellen Stand der Dinge Meinung, die Jonah Blank (RAND) auch teilt. bringen. Denn: Seit dem 11. September Gautam Adhikari (CAP) ergänzt: Eine enge- 2001 habe sich Vieles geändert, stellt Rolf re Zusammenarbeit zwischen den USA und Mowatt-Larssen vom Belfer Center for Sci- Indien könnte Islamabad alarmieren und ence and International Affairs (Harvard) weiter in die Hände Chinas treiben, zumal fest. Die schlichte Existenz von so genann- Peking sich bereit erklärt habe, Pakistan zur ten „sicheren Häfen“ (safe havens), also Seite zu stehen, wenn die USA zukünftig Rückzugsorten für Terroristen, stelle kaum das Land weniger unterstützen.24 mehr eine wirkliche Bedrohung für die nati- onale Sicherheit der USA dar.19 John Mueller vom Cato Institute spricht sogar von einem Krieg um des Krieges willen? „Safe-Haven-Mythos“ und verlangt eine Un- terscheidung zwischen den Taliban in Af- Einige Experten fühlen sich auch nach der ghanistan und dem ISIS mit seiner interna- Rede nicht ausreichend informiert. Unter tionalen Ausrichtung. Folglich warnt er da- anderem Bruce Riedel von Brookings be- vor, dieselbe Strategie wie in Irak und Syri- mängelt, dass Trump wichtige Einzelheiten en auch in Afghanistan anwenden zu wol- seiner Strategie offen gelassen habe.25 „Er len.20 hat es verpasst klarzustellen, wie viele zu- sätzliche Truppen er senden würde und was diese zu tun hätten“, ergänzt Stephen Tan- kel vom Center for a New American Security 17 Doug Bandow, “Afghanistan Is President Donald 21 Trump’s War Now: Fighting without Purpose or Daniel L. Byman, (Brookings), 5. September End”, Cato Institute, 22. August 2017. 2017. Siehe Note 12. 22 https://www.cato.org/publications/commentary/af Jonah Blank, “Despite Tillerson, U.S. Won't ghanistan-president-donald-trumps-war-now- Abandon Pakistan for India”, RAND, 27. Oktober fighting-without-purpose-or-end 2017. 18 Michael Fuchs, Hardin Lang, Vikram Singh, “The https://www.rand.org/blog/2017/10/despite- American People Deserve More Answers on Af- tillerson-us-wont-abandon-pakistan-for-india.html 23 ghanistan”, CAP, 22. August 2017. Lawrence J. Korb, “10 Fatal Flaws in Donald https://www.americanprogress.org/issues/security Trump's Afghanistan Plan”, CAP, 23. August 2017. /news/2017/08/22/437571/american-people- http://nationalinterest.org/feature/10-fatal-flaws- deserve-answers-afghanistan/ donald-trumps-afghanistan-plan-22021 19 24 Rolf Mowatt-Larssen, “Trump's War-More Risk Gautam Adhikari, “Big Questions about South Than Reward for US Military Involvement in Af- Asia”, CAP, 25. August 2017. ghanistan”, Belfer Center, 22. August 2017. https://www.usnews.com/opinion/world- http://www.belfercenter.org/publication/trumps- report/articles/2017-08-25/donald-trumps- war-more-risk-reward-us-military-involvement- afghanistan-plan-leaves-big-questions-for-south- afghanistan asia 20 25 John Mueller, “Redefining Winning in Afghani- Bruce Riedel, “The 3 wars in Afghanistan“, stan”, Cato Institute, 5. September 2017. Brookings, 30. August 2017. https://www.cato.org/publications/commentary/re https://www.brookings.edu/blog/order-from- defining-winning-afghanistan chaos/2017/08/30/the-3-wars-in-afghanistan/
5 (CNAS). Ihm fehlt – wie auch einigen seiner merman von der RAND Corporation, in wel- Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Kollegen – eine Definition des übergeordne- cher Rolle auch immer dazu beitragen, dass ten Ziels. Tankel schreibt, Trump habe nie die Parlamentswahlen 2018 stattfinden USA die Bedingungen näher erläutert, unter wel- können. Danach bräuchte es ihr zufolge ei- DR. CÉLINE-AGATHE CARO chen die US-Soldaten wieder heimkehren ne Wahlrechtsreform – am besten noch vor könnten. 26 der Präsidentenwahl ein Jahr später.29 MARKUS HEHN Bisweilen greifen einzelne Experten auch Anthony Cordesman (CSIS) pocht zudem November 2017 das politische Washington als Ganzes an auf eine ökonomische Komponente. Interne und werfen Trump vor, sich dem nun ange- wirtschaftliche Reformen seien jetzt das www.kas.de/usa passt zu haben. Lee Smith vom Hudson In- vorrangige Bedürfnis, gepaart mit einem stitute formuliert dies am schärfsten. Man Abbau der Hürden für Unternehmertum und sehe Afghanistan in der US-Hauptstadt als Entwicklung. Dies sollten die Vereinigten einen „Segen“, behauptet er und verweist Staaten aber besser nicht alleine vorantrei- auf viele Jobs und militärische Aufstiegs- ben, so Cordesman. Er schlägt ein „Field chancen sowie florierende Geschäfte im mi- Team“ der Weltbank als Partner vor.30 Auf litärischen Bereich und vom Krieg „profitie- der Suche nach Partnern kommt hier einmal rende“ Hilfsorganisationen.27 mehr Indien ins Spiel. Alyssa Ayres (CFR) schreibt: „Wir sollten mehr zusammen mit Hilfe zur Selbsthilfe Indien tun, um Afghanistan zu helfen“. Dies beinhalte auch, eine Stütze für die heraus- Die Experten aus den verschiedenen Think geforderte Regierung des Landes zu sein.31 Tanks beschränken sich nicht etwa auf Lob und Tadel. Sie bringen auch eigene Ideen Manche Experten aus dem konservativen vor und weisen auf weitere Handlungsmög- Lager können sich mit den aufgeführten lichkeiten hin. Dabei vereint sich ein breites Vorschlägen identifizieren. Beispielhaft hier- Bündnis aus allen politischen Lagern hinter für liefert Peter Brookes von der Heritage der Devise: Verhelfen wir dem afghanischen Foundation folgende Zusammenfassung: Staat zu neuer, eigener Stärke. „Als Freunde Afghanistans werden die USA und andere Partner (etwa Indien oder Euro- Reformen in Afghanistan haben Priorität pa) mit Kabul zusammenarbeiten, um dem Land zugunsten unserer gemeinsamer Inte- ressen politisch, ökonomisch und auch sozi- John R. Allen – ein ehemaliger Vier-Sterne- al zur Seite zu stehen.“32 General mit Afghanistanerfahrung und neu- er Präsident der Brookings Institution – und Michael E. O’Hanlon (Brookings) legen einen Richtiger Umgang mit Pakistan und Taliban ganzen Katalog vor, mit dem die USA Af- ghanistan helfen könnten, „das Momentum Auf der Suche nach einem angemessenen des Krieges umzukehren“. Die beiden Ex- Umgang mit Pakistan kommen die Experten perten möchten die zusätzlichen amerikani- zu verschiedenen Ergebnissen und lassen schen Truppen als Ausbilder und Berater der sich dabei nicht in klassische Lager einord- afghanischen Einheiten eingesetzt wissen. nen. Wenn Trump sich wirklich ernsthaft Außerdem möge die US-Regierung ihrem Pakistans annehmen wolle, so rät Daniel L. afghanischen Pendant bei der Korruptions- Byman (Brookings) zu einer substantiellen bekämpfung helfen.28 Darüber hinaus soll- Eskalation. Drohnenschläge, Geheimopera- ten die USA, ergänzt S. Rebecca Zim- tionen und Überfallkommandos lauten hier die Stichpunkte, denn nur mit Konfrontation könne man den Taliban-Führern tatsächlich 26 Stephen Tankel, “The Only Way Trump’s Af- ghanistan Plan Would Make Sense“, CNAS, 22. August 2017. http://fortune.com/2017/08/22/trump- afghanistan-speech/ 27 29 Lee Smith, “John Kerry Was Right About Terror- S. Rebecca Zimmerman, “What Afghanistan ism in 2004, and Donald Trump And His Generals Needs to Move Forward: A Political Solution”, Are Wrong”, Hudson Institute, 18. September RAND Corporation, 24. August 2017. 2017. https://www.rand.org/blog/2017/08/what- https://www.hudson.org/research/13898-john- afghanistan-needs-to-move-forward-a- kerry-was-right-about-terrorism-in-2004-and- political.html 30 donald-trump-and-his-generals-are-wrong Anthony Cordesman (CSIS), siehe Note 10. 28 31 John R. Allen, Michael E. O’Hanlon, “Trump Alyssa Ayres (CFR), siehe Note 15. 32 made the right move on Afghanistan“, Brookings, Peter Brookes, “New Afghan Strategy Hits the 23. August 2017. Mark“, Heritage Foundation, 24. August 2017. https://www.brookings.edu/blog/order-from- http://www.heritage.org/middle- chaos/2017/08/23/trump-made-the-right-move- east/commentary/new-afghan-strategy-hits-the- on-afghanistan/ mark
6 beikommen.33 Die Alternative hierzu folgt Tanks wegen mangelnder Information noch Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. der Lehre von Zuckerbrot und Peitsche. Ja- viel Unsicherheit. Terrorbekämpfung anzu- mes B. Cunningham (Atlantic Council) sagt kündigen reicht für viele Experten nicht aus. USA im Interview mit Ashish Kumar Sen diesbe- Sie verlangen weitere Details über die An- DR. CÉLINE-AGATHE CARO züglich: „Die Trump-Administration muss zahl der geplanten Truppen und das über- eine multilaterale Anstrengung unterneh- geordnete Ziel der Operationen. Die Erfolgs- MARKUS HEHN men, um Pakistan in eine bessere Position chancen einer reinen militärischen Mission zu bringen – nicht nur in Bezug auf deren werden von den meisten als sehr gering November 2017 Rhetorik, sondern auch deren Taten – und eingeschätzt. Wenn jahrelanges militäri- danach einen Weg finden, die Taliban an sches Engagement zu keinem überzeugen- www.kas.de/usa den Verhandlungstisch zu bringen.34 den Ergebnis geführt habe, warum sollte es dieses Mal – mit weniger Soldaten vor Ort – Unter anderem Laurel E. Miller (RAND) ist anders sein?, so lautet die Hauptfrage der auch der Meinung, dass eine der besten Lö- Experten an die US-Regierung. sungen für Afghanistan darin bestehen wür- de, mit den Taliban zu verhandeln, ihnen Abschließend lässt sich festhalten, dass einen Platz im politischen System zu geben auch nach 16 Jahren US-Engagement in Af- und die Schlüsselpartner in der Region dazu ghanistan die Debatte darüber nicht abge- zu gewinnen, dieses Ziel zu unterstützen.35 ebbt ist. Ganz im Gegenteil: Sie wird kont- rovers von zahlreichen Asien- und Sicher- Schließlich wäre es für einige Experten auch heitsexperten geführt, die sich über das ge- wichtig, über die Rolle des Irans und Russ- samte politische Spektrum verteilen. Be- lands in Afghanistan nachzudenken.36 merkenswert bei dieser US-Diskussion über die neue amerikanische Strategie in der Re- Fazit gion ist auch, dass die transatlantischen Partner der USA, die ebenfalls Soldaten in Afghanistan stationiert haben (beispielswei- Die meisten Experten heißen es prinzipiell se Deutschland), kaum eine Rolle zu spielen gut, wenn die USA in Afghanistan bleiben scheinen. Der Beitrag der Europäer in Af- und einer regionalen Strategie folgen, die ghanistan und die Zusammenarbeit mit den Pakistan und Indien miteinbezieht. Diese USA werden von den Experten entweder gar sollte aber vorsichtig entwickelt werden, um nicht oder nur recht beiläufig erwähnt. Die konstruktiv dazu beizutragen, die Spannun- Interessen und strategischen Ziele der gen in der Region zu reduzieren. Für man- transatlantischen Partner sind ebenfalls che wird die Lösung des Konflikts in Afgha- nicht Teil der Debatte in Washington. Es nistan langfristig auch nur unter der politi- entsteht regelrecht der Eindruck, als seien schen Einbeziehung der Taliban möglich die USA allein in Afghanistan. Dies wirft vie- sein. le Fragen über die zukünftige Zusammenar- beit zwischen den Amerikanern und den Eu- Auch wenn umfangreiches Nation-Building ropäern in Bezug auf globale Sicherheitsfra- in der Regel nicht mehr als realistisches Ziel gen – unter anderem im Bereich der Terro- betrachtet wird, so plädieren dennoch viele rismusbekämpfung – auf. Afghanistan-Kenner für ein weiteres Enga- gement der USA, um das dortige politische System zu stärken, die afghanische Armee auszubilden, Korruption zu bekämpfen und die Wirtschaft wie auch die Entwicklungsar- beit zu fördern. Was den militärischen Aspekt von Trumps Strategie anbelangt, herrscht in den Think 33 Daniel L. Byman, “The case for continued U.S. involvement in Afghanistan”, Brookings, 5. Sep- tember 2017. https://www.brookings.edu/blog/order-from- chaos/2017/09/05/the-case-for-continued-u-s- involvement-in-afghanistan/ 34 Ashish Kumar Sen (Atlantic Council), siehe Note 13. 35 Laurel E. Miller (RAND), siehe Note 11. 36 Vgl. u.a.: Bruce Riedel (Brookings), siehe Note 25, oder Peter Brookes (Heritage Foundation), siehe Note 32.
7 Lese-Empfehlungen Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Brookings Institution USA “The case for/against continued US in- DR. CÉLINE-AGATHE CARO volvement in Afghanistan” MARKUS HEHN (Two-Part Series) Daniel L. Byman, 5. September 2017 November 2017 https://www.brookings.edu/blog/order- from-chaos/2017/09/05/the-case-for- www.kas.de/usa continued-u-s-involvement-in-afghanistan/ CSIS “Afghanistan, Iraq, Somalia, and Yem- en: Once Again, Is Half a Strategy Bet- ter than None?” Anthony Cordesman, 11. September 2017 https://www.csis.org/analysis/afghanistan- iraq-somalia-and-yemen-once-again-half- strategy-better-none Heritage Foundation “New Afghan Strategy Hits the Mark” Peter Brookes, 24. August 2017 http://www.heritage.org/middle- east/commentary/new-afghan-strategy- hits-the-mark Zu den Autoren: Dr. Céline-Agathe Caro ist Senior Policy Analyst im Auslandsbüro der Konrad- Adenauer-Stiftung in Washington D.C. celine.caro@kas.de / @CelineACaro www.kas.de/wf/de/37.3769/ Markus Hehn studiert an der Eberhard Karls Universität in Tübingen Politikwissenschaft und Geschichtswissenschaften. Bildvermerk Titelseite Location: CAMP LEATHERNECK, AF 13. Dezember 2010 Lance Cpl. Glen Santy/ Glen Santy Cop- yright/ Flickr/ CC BY 2.0 https://creativecommons.org/licenses/b y/2.0/
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