Individualisierte Therapie-planung mithilfe des Gewichts-mappings bei Anorexia nervosa

 
WEITER LESEN
Individualisierte Therapie-planung mithilfe des Gewichts-mappings bei Anorexia nervosa
Psychotherapeut
 Übersichten

Psychotherapeut                                 Kathrin Peters1,2 · Elisabeth Rauh1
https://doi.org/10.1007/s00278-021-00495-5       1
                                                     Schön Klinik, Bad Staffelstein, Deutschland
Angenommen: 12. Januar 2021                      2
                                                     Pathopsychologie, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Bamberg, Deutschland
© Der/die Autor(en) 2021

                                                Individualisierte Therapie-
                                                planung mithilfe des Gewichts-
                                                mappings bei Anorexia nervosa

Die Therapie der Anorexia nervosa               sie eine der schwerwiegendsten mit ei-                 der individualisierten Therapieplanung
ist bislang oft nur mäßig und häufig            ner standardisierten Mortalitätsrate von               vorzustellen und anhand der Technik
nicht überdauernd wirksam. In den               5,5–5,9 (Arcelus et al. 2011; Fichter und              des Gewichtsmappings (Giesemann und
S3-Leitlinien und Manualen finden               Quadflieg 2016), was bedeutet, dass die                 Rauh 2013; Rauh 2012) zu erläutern.
sich üblicherweise Empfehlungen,                Sterblichkeit mehr als 5-mal so hoch ist,              Diese Technik nutzt standardisiert erho-
dass im Bereich des Untergewichts               wenn eine Person an Anorexie leidet                    bene individuelle Gewichtsmarker und
Zunahmen um 0,5–1,0 kg/Woche im                 gegenüber einer nichterkrankten Person                 deren Visualisierung und stellt so ei-
stationären und 0,2–0,5 kg/Woche                ihrer Referenzgruppe. Betroffene kom-                   ne anschauliche Orientierungshilfe dar,
im ambulanten Setting angestrebt                men oft mit einer hohen Ambivalenz in                  die Therapeut und Patientin durch die
werden sollten. Allerdings existieren           die Behandlung in dem Sinne, dass sie                  Behandlung dieses komplexen Störungs-
bislang wenige Handlungsemp-                    z. B. weniger unter Auswirkungen der                   bildes navigieren kann. Durch die Ana-
fehlungen, wie dies konkret und                 Essstörung wie Schwäche oder Isolati-                  lyse anamnestischer Muster im Lifechart
nachhaltig unterstützt werden kann              on leiden wollen oder ihren Selbstwert                 sowie prospektiv-antizipierter Entwick-
– nach der Erfahrung der Autorinnen             verbessern möchten, aber nur bedingt                   lungen im Gewichtsmapping lassen sich
„die relevanten Fragen“. Die indivi-            eine Veränderung des Essverhaltens                     Informationen ableiten, die für die Be-
dualisierte Therapieplanung mithilfe            und des Körpergewichts wünschen. Oft                   handlungsplanung und -durchführung
des Gewichtsmappings hat sich da-               gelingt eine Erhöhung der Körpersub-                   relevant sein können. Dieses Instrument
zu als erfolgversprechend erwiesen,             stanz nur im stationären Setting, doch                 der Diagnostik und Therapie wurde im
da sie nicht nur den Zeitverlauf, son-          zeigen sich hier hohe Drop-out-Raten                   Rahmen der Arbeit der Autorinnen auf
dern auch den Schwierigkeitsgrad                (d. h. nichteinvernehmliche, vorzeitige                einer Spezialstation für Essstörungen in
des Bewältigungsprozesses antizi-               Beendigungen der Therapie durch Be-                    der Schön Klinik Bad Staffelstein in den
piert und die Patientin im Erwerb von           troffene oder Behandler) von z. B. etwa                 letzten 15 Jahren entwickelt sowie fort-
aktiven Bewältigungskompetenzen                 40 % unter den Volljährigen in einer                   laufend weiterentwickelt und hat sich
unterstützen kann.                              Multicenterstudie (Roux et al. 2016).                  der klinischen Evidenz nach bewährt
                                                Zudem ist es nicht selten, dass unter                  (unter kontinuierlicher Evaluation im
Behandlungsproblem und Ziel                     häuslichen Bedingungen eine erneu-                     Rahmen des Qualitätsmanagements).
des Gewichtsmappings                            te Abnahme erfolgt. Die Rückfallraten                  Zudem erfolgte eine Datenanalyse an-
                                                – häufig verbunden mit der Notwen-                      hand von 225 erwachsenen Frauen im
Die Anorexia nervosa zählt mit einer            digkeit stationärer Wiederaufnahmen –                  Alter von 18 bis 55 Jahren (Mittelwert
Punktprävalenz von 0,3–2,8 % inner-             liegen systematischen Reviews zufolge                  [M] = 26,3 Jahre, Standardabweichung
halb der Risikogruppe junger Frauen             im Bereich von 9–52 % (meist aber über                 [SD] ± 8,4 Jahre), die sich zwischen 2016
zu den seltenen psychischen Erkran-             25 %; Khalsa et al. 2017), mit einer me-               und 2019 für mindestens 21 Tage auf-
kungen, wenn partielle Erscheinungs-            taanalytisch geschätzten mittleren Rate                grund einer Anorexia nervosa (92 %)
formen nicht eingeschlossen werden              von 31 % (Berends et al. 2018). Hierbei                oder einer atypischen Anorexia nervosa
(Galmiche et al. 2019; Hoek 2006; Hoek          gilt das erste Jahr nach Entlassung als das            (8 %) in akutstationärer Behandlung im
und van Hoeken 2003). Zugleich ist              vulnerabelste. Damit verbunden ist oft                 Zentrum für Verhaltenstherapeutische
                                                eine schwere und persistierende Form                   Medizin (ZVM) befanden (BMI bei Auf-
DereinfacherenLesbarkeit halberwirdimvorlie-    der Anorexia nervosa (Wonderlich et al.                nahme: M = 15,4 kg/m2, SD ± 2,1 kg/m2).
genden Beitrag für Therapeuten die maskuline
und für Patientinnen die feminine Bezeichnung   2020).                                                 Die Diagnosestellung erfolgte gemäß der
verwendet, obwohl selbstverständlich jeweils        Das Ziel dieses Beitrags besteht da-               10. Auflage der Internationalen statis-
alle Geschlechter gemeint sind.                 her darin, eine ergänzende Methode                     tischen Klassifikation der Krankheiten

                                                                                                                                  Psychotherapeut
Individualisierte Therapie-planung mithilfe des Gewichts-mappings bei Anorexia nervosa
Übersichten

                                                                                                       Abb. 1 9 Lifechart, exem-
                                                                                                       plarisch für eine fiktive Pa-
                                                                                                       tientin (zur Orientierung
                                                                                                       wurden bereits Setpoint-
                                                                                                       Schätzung und ausgewähl-
                                                                                                       te Body-Mass-Index[BMI]-
                                                                                                       Linien ergänzt)

und verwandter Gesundheitsprobleme        ripher. Im Fokus steht der individuell-     hatte) und auf der x-Achse einem Le-
(ICD-10), wobei das Gewichtskriteri-      longitudinale Verlauf des Gewichts als      bensjahr (ab dem Alter von 12 Jahren
um ab einem BMI von 18,5 kg/m2 oder       Indikator für ein regelmäßiges und aus-     bis zum aktuellen Alter). Den so dar-
niedriger als erfüllt betrachtet wurde,   reichendes, also selbstfürsorgliches Ess-   gestellten Gewichtsverlauf über die Le-
in Anlehnung an die 5. Ausgabe des        verhalten. In der Gewichtsanalyse wer-      bensspanne beschriftet die Patientin mit
Diagnostic and Statistical Manual of      den zwei Techniken unterschieden. Die-      wesentlichen Informationen zu Biogra-
Mental Disorders (DSM-5) und die sich     se werden in Kombination angewandt,         fie, Krankheit und Therapie (. Abb. 1).
in Vorbereitung befindliche ICD-11.        nämlich (a) die retrospektive Lifechart-
Als atypisch wurden Krankheitsbilder      Erhebung und v. a. (b) das prospektive      Auswertung der Befunde
klassifiziert, wenn trotz signifikanten     Gewichtsmapping.                            Im Anschluss wird das Lifechart nach
Körpersubstanzverlustes (noch) kein                                                   störungsspezifischen sowie transdiagno-
Untergewicht bestand oder keine Ame-      Arbeit mit dem retrospektiv-                stischen Gesichtspunkten ausgewertet –
norrhoe vorlag, bei ansonsten typischem   anamnestischen Lifechart                    wie im Folgenden erläutert und exem-
klinischem Erscheinungsbild.                                                          plarisch in . Tab. 1 dargestellt.
                                          Anlegen der Lebensgewichtskurve                 Wie hoch ist der Körpersubstanzver-
Kurvenanalyse als Instrument              Der Therapeut erhebt gemeinsam mit          lust bzw. die Differenz zu dem Gewicht,
zu Diagnostik, Intervention und           der Patientin die Lebensgewichtskurve,      das sich vermutlich ihrer Veranlagung
Therapieplanung                           die von der Patientin auf Millimeterpa-     gemäß einpendeln würde, wenn die
                                          pier gezeichnet wird. Dabei entspricht      Betroffene regelmäßig und ausreichend
Die Erhebung der Gewichtsdaten nutzt      ein Zentimeterkästchen auf der y-Achse      essen könnte? Letzteres kann als ihr
die normativ am BMI orientierte Eintei-   einem Kilogramm (vom minimalen bis          vermuteter Setpoint-Regulationsbereich
lung von Unter- vs. Normalgewicht, wie    zum maximalen Gewicht, das die Betrof-      des Körpergewichts verstanden werden.
sie in der ICD-10 und im DSM-5 zur        fene seit dem Alter von 12 Jahren jemals    Die Differenzwerte von aktuellem und
Diagnose herangezogen wird, nur pe-       außerhalb von evtl. Schwangerschaften       prämorbidem Gewicht sowie aktuel-

 Psychotherapeut
Individualisierte Therapie-planung mithilfe des Gewichts-mappings bei Anorexia nervosa
Zusammenfassung · Abstract

lem Gewicht und vermutetem Setpoint-          Psychotherapeut https://doi.org/10.1007/s00278-021-00495-5
Regulationsbereich zeigen das indivi-         © Der/die Autor(en) 2021
duelle Spannungsfeld auf und ergänzen
die Schweregradbeurteilung anhand des         K. Peters · E. Rauh
BMI. Beide Werte korrelieren hoch in          Individualisierte Therapieplanung mithilfe des
der untersuchten Stichprobe (r = –0,80,       Gewichtsmappings bei Anorexia nervosa
p < 0,001). Die Setpoint-Differenz weist
aber die höhere Korrelation auf, zur          Zusammenfassung
Häufigkeit von Essstörungsgedanken             Die Anorexia nervosa ist eine seltene,              gehört dazu die prospektive Technik des
                                              schwerwiegende Erkrankung, deren                    Gewichtsmappings, die in einem standardi-
(r = 0,42, p < 0,001), zu ihrem Erleben       Therapie bislang oft nur mäßig wirksam ist.         sierten Vorgehen die individuell relevanten
als quälend (r = 0,38, p < 0,001) und der     Stagnierende Verläufe oder ein erhebliches          Gewichtsmarker erfasst und visualisiert. Diese
subjektiven Beeinträchtigung der Le-          Auf und Ab in der Gewichtsentwicklung               diagnostischen Informationen können eine
bensqualität (r = 0,53, p < 0,001). Die       zwischen stationären Behandlungen und               personalisierte Therapieplanung unterstüt-
Zusammenhänge mit dem BMI fallen              dem häuslichen Transfer sind verbreitet             zen, die sowohl den Zeitverlauf als auch den
                                              und können stationäre Aufnahmen bzw.                Schwierigkeitsgrad des Bewältigungsprozes-
etwas schwächer aus (r zwischen –0,26         Wiederaufnahmen notwendig machen.                   ses antizipiert. Mithilfe der Techniken des
und –0,41, p < 0,001). Der Unterschied        Im Folgenden werden daher Techniken                 Gewichtsmanagements kann die Expositi-
in den Korrelationskoeffizienten erreicht       des Gewichtsmappings vorgestellt, die               onsbehandlung zielgerichtet therapeutisch
ein Signifikanzniveau von p < 0,001, was       eine individualisierte Therapieplanung              angeleitet und begleitet werden. Dabei
auf den Mehrwert der Betrachtung der          ermöglichen. Hierzu zählt zum einen die             werden die Arbeit mit Intervallmodulen und
                                              retrospektive Analyse des Lifecharts, in der die    ihre Rolle für eine bewältigungsorientierte
Setpoint-Differenz hindeutet.                  Gewichtsentwicklung über die Lebenspanne            Expositionsbehandlung diskutiert.
    Die Längsschnittdarstellung kann zu-      aufgezeigt wird und die damit Schweregrad
dem bei der Analyse von Dauer und             der Essstörung, Krankheitsdauer und -verlauf        Schlüsselwörter
Verlauf der Erkrankung und der Iden-          sowie transdiagnostisch relevante Prozesse          Essstörung · Körpergewicht · Exposition ·
tifikation von Mustern helfen (z. B. ei-       veranschaulichen kann. Zum anderen                  Körpergewichtsverlauf · Intervalltherapie
nem gewichtsphobischen Deckelungsef-
fekt). Außerdem kann sie herangezogen
werden, um transdiagnostisch relevante
                                              Individualized treatment planning with the help of weight
Probleme und damit verbundene poten-
                                              mapping in anorexia nervosa
zielle therapeutische Ziele zu klären.        Abstract
                                              Anorexia nervosa is a rare and severe disease       a standardized procedure to record and
Arbeit mit dem Gewichtsmapping                with often only moderate treatment effects.          visualize the individually relevant weight
                                              Stagnating courses of disease or considerable       markers. This diagnostic information can
                                              fluctuations of weight between inpatient             support personalized therapy planning that
Die retrospektive Lifechart-Analyse mit
                                              treatment and transfer to home are common           anticipates both the course over time and the
Schätzung des Setpoint-Regulationsbe-         and can often necessitate hospitalization           degree of difficulty of the coping process. With
reichs zeigt, wo die Patientin zu Behand-     or rehospitalization. This article presents         the help of weight management techniques,
lungsbeginn steht und wo sie bei Voll-        weight mapping techniques that enable an            exposure treatment can be therapeutically
remission vermutlich stehen würde. Als        individualized treatment planning. These            guided and accompanied. Furthermore,
                                              include the retrospective analysis of the           working with intermittent treatment modules
Nächstes stellt sich die Frage, wie der
                                              life chart, in which weight development             and the role of interval therapy in coping-
Weg dazwischen bewerkstelligt werden          over the life span is shown and which can           oriented exposure treatment are discussed.
kann. In den S3-Leitlinien und Manua-         thus illustrate the severity of the eating
len finden sich üblicherweise Empfeh-          disorder, the duration and course of the            Keywords
lungen, dass im Bereich des Unterge-          disease as well as transdiagnostically relevant     Eating disorder · Body weight · Intermittent
                                              processes. Also presented is the prospective        treatment · Body weight trajectory · Interval
wichts Zunahmen um 0,5–1,0 kg/Woche
                                              technique of weight mapping, which applies          treatment
im stationären und 0,2–0,5 kg/Woche im
ambulanten Setting angestrebt werden
sollten (Herpertz et al. 2019). Es fin-
den sich bislang wenige Handlungsemp-       hierzu. Dabei werden meist schnell Span-             im Gesamtkontext der Erkrankung und
fehlungen, wie dies konkret unterstützt     nungsfelder klar, die therapeutisch aber             ihrer Bewältigung. Hier entspricht ein
werden kann – nach der Erfahrung der        zunächst ungelöst bleiben.                           Zentimeterkästchen einem Kilogramm
Autorinnen die relevante Frage. Hier eig-                                                        Körpergewicht, wobei die Skala vom
net sich als therapeutisches Werkzeug die   Anlegen und Ausleuchten des                          niedrigsten bis zum höchsten Gewicht
Etablierung des Gewichtsmappings. Sei-      Gewichtsmappings                                     reicht und mit entsprechenden Linien
ne prospektive Ausleuchtung erfolgt un-     Gemeinsam wird das Koordinatensys-                   bei Minimal- und Maximalgewicht ver-
ter Einbeziehung der individuellen Pa-      tem auf der y- und der x-Achse aus-                  sehen wird (seit dem Jugendalter, außer-
tientensicht bezüglich der Gewichtsent-     geleuchtet (. Abb. 2): Die y-Achse gibt              halb von Schwangerschaften; s. Abschn.
wicklung und der zeitlichen Vorstellung     räumliche Orientierung zur Verortung                 „Anlegen der Lebensgewichtskurve“).

                                                                                                                             Psychotherapeut
Individualisierte Therapie-planung mithilfe des Gewichts-mappings bei Anorexia nervosa
Übersichten

Tab. 1 Beispiel für Befundung und Therapieplanung anhand des in . Abb. 1 dargestellten Life-     Die Daten zeigen, dass 95,1 % der Patien-
charts                                                                                           tinnen bei gezielter Exploration mindes-
Kriterium          Beurteilung                                                                   tens eine Phobiegrenze angeben. Häu-
Schwere der Er-    Schwergradige Anorexia nervosa mit BMI 15,8 kg/m2                             fungen ergeben sich bei den 5er- und
krankung           23 %ige Differenz zum vermuteten Setpoint-Bereich                              10er-Wechseln, insbesondere bei 50 kg.
Verlauf            Exazerbation mit 18 Jahren und rapider Abnahme                                Immerhin 50,2 % der Frauen in der unter-
                   Risikoadaptiertes Niveau nach stationärer Therapie mit gewichtsphobischem     suchten Stichprobe geben 50 kg als eine
                   Deckelungseffekt bei 50 kg                                                     ihrer Phobiegrenzen an, sodass hier eine
                   Kontrolliertes Essverhalten bei mindestens 6 kg unter erwartetem Gewicht      Art „magische Grenze“ der Anorexie zu
                   (noch limitiertes Problemverständnis bei der Patientin)                       liegen scheint.
                  Entgleisung auf bisheriges Minimalgewicht
                  Risiko eines beginnenden Abwärtstrends                                         Wunschgewicht. Hierzu könnte gefragt
Maladaptiv be-    Situationen von Einsamkeit und Zurückweisung                                   werden: „Wenn Gewicht etwas wäre,
wältigte Anforde- Gewichtsphobie                                                                 das wir uns aussuchen könnten, was
rungen                                                                                           würden Sie sich wünschen zu wiegen?“
Ziele und Metho- Krankheits- und Bewältigungsverständnis verbessern (Lifechart, Psychoeduka-     Die Höhe des Wunschgewichts ist dia-
den               tion)                                                                          gnostisch und prognostisch interessant,
                  Selbstfürsorgliches Ernährungsmanagement (Essbegleitung, Mahlzeitenpläne,      da ein niedrigeres Wunschgewicht u. a.
                  Lebensmittelexposition)                                                        mit stärkerer Symptomatik, geringerer
                  Bewältigung der Gewichtsphobie (Mapping, Exposition)                           Symptomverbesserung sowie höherem
                  Ausdifferenzierung des auf Figur und Leistung fixierten Selbstkonzepts (Kör-     Risiko eines Drop-outs assoziiert ist
                  perbild, Selbstwertaffirmation)
                                                                                                 (Boyd et al. 2018; Huas et al. 2011;
                   Aufbau von Selbstmitgefühl („Self-compassion“-Techniken)                      Rienecke und Ebeling 2019), v. a. in
                   Diagnostik und ggf. Erhöhung sozialer Kompetenzen (Rollenspiel, Stationsge-   Stichproben von Erwachsenen. In der
                   meinschaft, Transfererprobung)
                                                                                                 untersuchten Stichprobe geben 83,1 %
                   Intervallplan (3 stationäre Module bei optimalem Verlauf), Sicherstellung     der Frauen mit Anorexia nervosa auf
                   einer poststationären ambulanten Therapie
                                                                                                 Nachfrage ein Wunschgewicht an. Bei
 BMI Body-Mass-Index
                                                                                                 zwei Dritteln davon beträgt dieses zum
                                                                                                 Zeitpunkt der Aufnahme zwischen 44 kg
Dazwischen werden BMI-Linien zur                 mitzubringen. Im Anschluss werden die           und 57 kg (M = 50,5 kg; SD ± 6,3 kg), was
Orientierung eingetragen: Es wird emp-           im Folgenden beschriebenen individuel-          im Mittel einem BMI von 18,2 kg/m2 mit
fohlen, alle ganzen BMI-Werte zwischen           len Gewichtsmarker exploriert sowie in          einem BMI-Range zwischen 15,9 kg/m2
dem aktuellen Gewicht und vorerst                Form beschrifteter Linien eingetragen.          (schweres Untergewicht) und 19,8 kg/m2
mindestens einem BMI von 19 kg/m2                                                                („mitteleuropäisches Schönheitsideal“)
zu kennzeichnen, ggf. verbunden mit              Hormongrenze. Bei welchem Gewicht               entspricht. In einer vergleichbaren Al-
einer Aufklärung über Auswirkungen               eine sekundäre Amenorrhoe eingetreten           tersgruppe von Frauen in der Allge-
der Erkrankung, wie z. B. auf die Fahr-          ist, liefert Informationen zur Schwere-         meinbevölkerung beträgt laut Gesund-
tauglichkeit oder Arbeitsfähigkeit. Die          gradbeurteilung bzw. zum Grad der kör-          heitsberichterstattung des Bundes der
x-Achse schafft zeitliche Orientierung.          perlichen Restitution im Therapieverlauf.       mittlere BMI 23 kg/m2 (Statistisches
Hier steht ein Zentimeterkästchen für                                                            Bundesamt 2018). Statistisch gesehen
einen Tag, und die Beschriftung erfolgt          Phobiegrenzen. Die Aktivierung der Ge-          ist nur bei wenigen Menschen mit ge-
mit dem jeweiligen Datum, begonnen               wichtsphobie, gezügeltes Essen und es-          sundem Essverhalten ein Gewicht im
ab dem ersten Wiegetag im Rahmen der             sensbezogene Sorgen sind signifikant po-         BMI-Bereich um 18 kg/m2 zu erwar-
Therapie. Im stationären Kontext erfolgt         sitiv assoziiert (Calugi et al. 2018). Die      ten. Das Wunschgewicht ist also meist
das Wiegen durch die Klinikmitarbei-             Frage nach Gewichtszahlen, die in beson-        deutlich niedriger als das tatsächlich
tenden, im ambulanten Setting könnte             derem Maße Angst auslösen, hilft daher          zu erwartende Gewicht und daher nur
das tägliche Wiegen im Selbstmanage-             bei der Einschätzung der Expositions-           durch dysfunktionale Maßnahmen der
ment erfolgen, mit einem zusätzlichen            schwierigkeit in unterschiedlichen Be-          Gewichtsmanipulation zu erreichen, wie
Monitoring durch Hausarzt oder Psy-              wältigungsphasen und damit auch des             z. B. Restriktion, Erbrechen oder über-
chotherapeut, z. B. einmal wöchentlich.          Abbruchrisikos sowie der Notwendigkeit          mäßige Bewegung. Hier kann exploriert
Exemplarisch wird das an dem Tag ge-             intensivierter Vorbereitung und Beglei-         werden, ob die Patientin bereits die
messene Gewicht gemeinsam mit einem              tung der Exposition. Nun kann einge-            Erfahrung gemacht hat, ein Wunsch-
Kreuz im Koordinatensystem markiert              schätzt werden, wann es überhaupt zu            gewicht nicht langfristig „halten“ zu
und die Patientin gebeten, dies künftig          einer Bewältigung der Gewichtsphobie            können, ohne dauerhaft kontrolliert zu
eigenständig einzutragen und die Ge-             kommen und die entsprechende Bewäl-             essen, und welche Folgen dies hatte. So
wichtskurve zu jeder Therapieeinheit             tigungserfahrung gemacht werden kann.           können Methoden des geleiteten Entde-

 Psychotherapeut
ckens zur Verbesserung des Krankheits-
                                                                              und Bewältigungsverständnisses sowie
                                                                              zum Aufbau von Änderungsmotivation
                                                                              genutzt werden.

                                                                              Setpoint-Regulationsbereich des Kör-
                                                                              pergewichts. Gemeinsam mit der Pati-
                                                                              entin wird eine Einschätzung hergeleitet,
                                                                              wo sie bei regelmäßigem und ausreichen-
                                                                              dem, also selbstfürsorglichem Essverhal-
                                                                              ten, ein Einpendeln ihres Körpergewichts
                                                                              vermuten würde. Dieser Schätzwert wird
                                                                              mit einem Range ±2 kg ebenfalls im Ge-
                                                                              wichtsmapping gekennzeichnet, sodass
                                                                              die in vielen Manualen beschriebene
                                                                              Psychoedukation zum Prinzip der Set-
                                                                              point-Regulation (Jacobi et al. 2016;
                                                                              Sipos und Schweiger 2016; Wunderer
                                                                              2019) um eine personalisierte Einschät-
                                                                              zung ergänzt wird. Auch hier kann ein
                                                                              Spannungsfeld zum Wunschgewicht auf-
                                                                              gezeigt werden, ohne dass es aufgelöst
                                                                              werden soll. Dabei kann verdeutlicht
                                                                              werden, dass sich der Leidensdruck der
                                                                              Erkrankung in zwei Richtungen – also
                                                                              bidirektional – entfalten kann (. Abb. 3):
Abb. 2 8 Gewichtsmapping, exemplarisch ausgeleuchtet und gestaltet            Einerseits nach unten in Form somati-
                                                                              scher Beschwerden, diverser Einschrän-
                                                                              kungen oder Druck aus dem Kontext,
                                                                              andererseits nach oben in Form psycho-
                                                                              pathologischer Beschwerden wie einer
                                                                              steigenden Gewichtsphobie. Zugleich
                                                                              kann exploriert werden, welche nega-
                                                                              tiven Erwartungen mit einer gesunden
                                                                              Gewichtsregulation verknüpft werden
                                                                              (z. B. Angst vor Ablehnung).

                                                                              Gewichtsmanagement und
                                                                              Anwendung der Mapping-Technik
                                                                              in der Therapie
                                                                              Zur Moderation der Erhöhung der Kraft-
                                                                              und Energiereserven wird ein „Trichter“
                                                                              eingezeichnet, solange ein Untergewicht
                                                                              besteht (in der Regel bis BMI 18,5 kg/m2).
                                                                              Dabeiwähltdie Patientinzwischeneinem
                                                                              moderaten (500–1000 g/Woche) und ei-
                                                                              nem forcierten Vorgehen (700–1500 g/
                                                                              Woche), d. h., die Patientin entscheidet,
                                                                              welches Vorgehen sie sich zutraut. Im ent-
                                                                              sprechenden Steigungswinkel werden Li-
                                                                              nien eingetragen, und die Patientin wird
                                                                              gebeten, den Bereich dazwischen farbig
                                                                              zu unterlegen: Ziel ist es, sich in die-
Abb. 3 8 Bidirektionales Störungsmodell: Spannungsfeld der Anorexia nervosa   sem Bereich zu bewegen. Die Begrenzung
                                                                              nach unten und oben ist essenziell, um
                                                                              einerseits ein Voranschreiten zu fordern

                                                                                                      Psychotherapeut
Übersichten

                                                                                                         werden: Die Variante von 200–500 g/
                                                                                                         Woche scheint womöglich kurzfristig
                                                                                                         attraktiver, geht aber auch mit einer
                                                                                                         Verdoppelung bis Vervierfachung der
                                                                                                         Behandlungsdauer einher. Damit über-
                                                                                                         spannt sie nicht nur das Kontingent
                                                                                                         an Therapiestunden oder Behandlungs-
                                                                                                         wochen, sondern widerspricht oft auch
                                                                                                         den langfristigen Plänen der Patientin.
                                                                                                         Die Wahl bedarf somit zumindest einer
                                                                                                         transparenten Abwägung und ggf. der
                                                                                                         Indikationsstellung für eine stationäre
                                                                                                         Behandlung, wenn die erhofften Erfolge
                                                                                                         im Gewichtsmapping trotz des Bemü-
                                                                                                         hens der Patientin unter ambulanten
                                                                                                         Bedingungen ausbleiben.

                                                                                                         Ableitung einer Intervalllogik
                                                                                                         Wird die Anorexia nervosa als eine
                                                                                                         Erkrankung verstanden, die nicht bei
                                                                                                         einem BMI 18,5 kg/m2 endet, sondern
                                                                                                         bei der das selbstinduziert-erniedrig-
                                                                                                         te Körpergewicht eine Resultante der
                                                                                                         Gewichtsphobie und eines wenig selbst-
                                                                                                         fürsorglichen Essverhaltens darstellt,
                                                                                                         nimmt zwar ihre somatische Komplexi-
                                                                                                         tät im Verlauf ab, ihre psychopathologi-
Abb. 4 8 Gewichtsmapping, Verlauf der Intervallbehandlung mit einem Wechsel aus stationärer The-
                                                                                                         sche Komplexität dagegen oftmals sogar
rapie (im Zentrum für Verhaltenstherapeutische Medizin [ZVM] und Nummerierung des Aufenthalts;
Markierung als Intervallmodul [Int.-Modul] bei regulärer Einhaltung), Intervallvereinbarungen (IV) bei   zu (z. B. Ängste oder Scham, aversives
Entlassung und Transfererprobungen, exemplarisch für die fiktive Patientin aus . Abb. 1 und 2             Körpergefühl, ggf. sogar Suizidgedanken
                                                                                                         oder Flashbacks), wie bereits in . Abb. 3
                                                                                                         dargestellt. Damit ließe sich erklären,
und andererseits zu verdeutlichen, dass es           ter (die Patientin befindet sich also auf            warum Behandlungen oftmals Verbesse-
nicht um ein „Mästen“ geht und die Angst             dem „Bewältigungsweg“), reicht hierfür              rungen auf Gewichtsebene erzielen, ohne
vor zu schneller Zunahme ernst genom-                ein kurzer Blick, und es können ande-               dass eine Besserung in der Psychopatho-
men wird. Wird diese im Verlauf verbali-             re Therapiethemen bearbeitet werden.                logie vorliegt (Fennig et al. 2017; Murray
siert, kann die Patientin einen eigenstän-           Zeigt das Mapping eine Abweichung                   et al. 2018, 2019). In dieser Konstellation
digen Realitätscheck über das Gewichts-              oder komplexe Anforderungen (wie                    könnte auch das Risiko eines erneu-
mapping erlernen, womit Rückversiche-                gravierende Phobiegrenzen) an, kann                 ten Gewichtsverlusts begründet liegen,
rungsverhalten beim Therapeuten redu-                spezifische Unterstützung angeboten                  wenn eine Patientin nicht lernt, ihr Ess-
ziert werden kann. Da Krankheitsgefühl               werden (ähnlich, wie man es von einer               verhalten von den einzukalkulierenden
sowie Hunger- und Sättigungserleben bei              Autonavigation erwarten würde, um ans               Essstörungsgedanken und -gefühlen zu
Betroffenen von Anorexia nervosa maß-                 Ziel zu gelangen).                                  entkoppeln. Oft benennen Patientinnen
geblich gestört sind (Herpertz et al. 2008;             Die prospektive Ausleuchtung auf                 auch Angst, mit ihren Problemen allein-
Kaye et al. 2020; Klastrup et al. 2020)              der Zeitachse kann der Patientin zu-                gelassen zu werden, wenn ihnen diese
fungieren Kurve und Trichter als Ersatz-             dem helfen besser einzuschätzen, wie                nicht mehr angesehen werden. Während
system für die Anpassung adäquater Por-              lange die Krankheitsbewältigung dauern              eine ambulante Therapie häufig nicht
tionsgrößen und Schutzmaßnahmen.                     würde. Außerdem ermöglicht sie die                  ausreicht, ist eine andauernde Hospi-
   Erfahrungsgemäß bewährt es sich,                  Antizipation kritischer Therapiephasen              talisierung ebenfalls nicht sinnvoll. Die
jede Therapieeinheit oder Fallbespre-                und eine entsprechende Behandlungs-                 logische Schlussfolgerung stellt die Ein-
chung mit dem individualisierten Ge-                 planung (z. B. für welche Abschnitte                führung von Intervallmodulen in die
wichtsmapping zu starten, ähnlich der                ambulante oder stationäre Maßnah-                   Behandlungsstrategie dar, wie sie auch
Arbeit mit einer Landkarte oder einem                men gewählt werden sollten) oder kann               in den S3-Leitlinien erwähnt werden
anderen Navigationssystem. Liegt der                 bei der Diskussion des Steigungsgra-                (allerdings dort nur bis zu einem BMI
Gewichtsverlauf überwiegend im Trich-                des des Gewichtstrichters herangezogen              von 18,5 kg/m2; Herpertz et al. 2019).

 Psychotherapeut
Eine konzeptuelle Umsetzung stellt im         Diskussion                                       krankung, Verlauf und Prognose im
Rahmen der individualisierten Thera-                                                           Längsschnitt abzulesen sind.
pie mithilfe des Gewichtsmappings die         Eine Herausforderung bei dem darge-            4 Mit dem individualisierten Gewichts-
Entwicklung eines Zweijahresplans mit         stellten Vorgehen besteht darin, der Pa-         mapping gewinnen Therapeut und
der Patientin unter Einbeziehung ihrer        tientin zu verdeutlichen, dass es bei den        Patientin einen Überblick über die
Bezugspersonen und ambulanten Be-             Mapping-Techniken nicht primär um das            Erkrankung und sehen den aktuellen
handler dar, in dem der Wechsel aus           Gewicht geht, sondern die Gewichtsent-           Gewichtsverlauf in Relation zum Set-
stationärer Expositionstherapie und am-       wicklung für den Aufbau von Kraft- und           point-Regulationsbereich, zu Phobie-
bulanten Transferphasen geplant wird          Energiereserven steht und als Resultante         grenzen und zu dem Wunschgewicht.
(Rauh und Ewald 2016). Die konkrete           von Selbstfürsorge betrachtet wird. Zu-          Das Spannungsfeld der Erkrankung
Ausgestaltung erfolgt unter Berücksich-       dem handelt es sich bei den anamnesti-           kann so sichtbar gemacht werden.
tigung der individuellen Phobiegrenzen,       schen Gewichtsdaten meist um Schätz-             Auch die zeitliche Perspektive auf den
Bewältigungskompetenzen und Kon-              werte, die Unschärfen, Lücken oder Feh-          Bewältigungsprozess wird dadurch
textbedingungen. Entsprechend werden          ler enthalten können, teils ohne dass dies       eröffnet.
die Dauer einer Erprobungsphase und           von der Patientin intendiert ist, teils aber   4 Die Trichtertechnik mit ihrer Limitie-
die Häufigkeit eines E-Mail-Kontakts           auch aus Scham oder Angst. Hier erwei-           rung nach oben und unten kann bei
während der Erprobung bereits zum             sen sich die Erhebung von Fremdana-              der Erhöhung der Kraft- und Ener-
Ende der stationären Therapie geplant         mnesen und auch die Sichtung von Vor-            giereserven in einem angemessenen
und in einer Intervallvereinbarung zwi-       befunden als wertvoll. Die engmaschi-            Bewältigungsrhythmus helfen.
schen Patientin und Behandlungsteam           ge Kooperation mit der Patientin sowie         4 Es sollten Intervallmodule in der
festgehalten, über die stets auch eine aus-   auch ihrem Bezugssystem aus Angehö-              Therapie einer Anorexia nervosa er-
gewählte Bezugsperson und der ambu-           rigen und niedergelassenen Behandlern            wogen werden. Der Unterschied zur
lante Behandler informiert werden. Diese      ist daher sowohl für die Diagnostik als          verschlechterungsbedingten Wieder-
Vereinbarung beinhaltet standardmäßig         auch für die Therapie mit Intervallmodu-         aufnahme liegt in seiner vorwärts
auch eine Schweigepflichtsentbindung,          len unerlässlich.                                gerichteten und planvoll auf den
sodass sich das Netzwerk bei Bedarf               Die erste Evaluation der Intervall-          individuellen Bewältigungsprozess
(z. B. Kontaktabbruch durch Patientin,        strategie weist auf ihre Effektivität hin,        abgestimmten Strategie.
Krise) austauschen könnte. Durch ei-          sowohl hinsichtlich des Einpendelns des
ne solche feste Etappenplanung wird           Körpergewichts im Bereich der Setpoint-
                                                                                             Korrespondenzadresse
der Bewältigungsprozess bedarfsgerecht        Regulation als auch hinsichtlich der Re-
und vorwärtsgerichtet begleitet. Exem-        duktion von Rehospitalisierung nach            Kathrin Peters
plarisch zeigt . Abb. 4 einen solchen         erfolgreichem Abschluss. Einschrän-            Schön Klinik
                                                                                             Am Kurpark 11, 96231 Bad Staffelstein,
Intervallverlauf (mit den Etappenzie-         kend bleibt zu vermerken, dass die
                                                                                             Deutschland
len: Überschreitung der Phobiegrenze,         Veröffentlichung der Ergebnisse sich            KatPeters@schoen-klinik.de
Annäherung an und Erreichen des ver-          noch in der Vorbereitung befindet und
muteten Setpoint-Regulationsbereichs          weitere Forschungsarbeiten mit einer           Danksagung. Für ihre Unterstützung in der Kon-
sowie Absicherung). Dieser ist im Fall-       Erweiterung des Follow-up-Zeitraums            zeptumsetzung und der Datenerhebung danken wir
beispiel durch ein anorexietypisches          nötig sein werden, um die nachhaltige          allen Teammitgliedern.
Sägezahnprofil mit insgesamt positivem         Wirksamkeit zu belegen.                        Funding. Open Access funding enabled and organi-
Aufwärtstrend gekennzeichnet, sodass                                                         zed by Projekt DEAL.
sich das Körpergewicht unter selbst-          Fazit für die Praxis
fürsorglichem Essverhalten einpendelte
und parallel transdiagnostisch relevante      4 Die Anorexia nervosa stellt eine             Einhaltung ethischer Richtlinien
Anforderungen bewältigt werden konn-            schwerwiegende Erkrankung dar,
ten. Ungeplante Wiederaufnahmen nach            zu deren Bewältigung es fundierte            Interessenkonflikt. K. Peters und E. Rauh geben an,
akuter Verschlechterung, wie sie beim           therapeutische Strategien erfordert.         dass kein Interessenkonflikt besteht.
Standardvorgehen in bis zu 50 % der Fälle     4 Techniken des Gewichtsmappings
                                                                                             Alle beschriebenen Untersuchungen am Menschen
auftreten (s. Abschn. „Behandlungspro-          können eine hilfreiche Ergänzung             wurden im Einklang mit nationalem Recht sowie
blem und Ziel des Gewichtsmappings“)            darstellen, indem sie den retro-             gemäß der Deklaration von Helsinki von 1975 (in der
und die damit verbundene Chronifizie-            spektiven und auch den prospektiv-           aktuellen, überarbeiteten Fassung) durchgeführt.
                                                                                             Es liegt ein positives Votum des Ethikrats der Otto-
rung und Demoralisierung, sollen durch          antizipierten Verlauf zu visualisieren       Friedrich-Universität Bamberg vor.
ein solches Vorgehen reduziert und ei-          helfen.
ne langfristige Stabilisierung angestrebt     4 Das anamnestische Lifechart kann             Open Access. Dieser Artikel wird unter der Creative
                                                                                             Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz
werden.                                         ein diagnostisches Gesamtbild ver-           veröffentlicht, welche die Nutzung, Vervielfältigung,
                                                mitteln, da Schweregrad der Er-              Bearbeitung, Verbreitung und Wiedergabe in jegli-
                                                                                             chem Medium und Format erlaubt, sofern Sie den/die

                                                                                                                             Psychotherapeut
Übersichten

ursprünglichen Autor(en) und die Quelle ordnungsge-                chother Psychosom Med Psychol 58:409–415.               http://www.gbe-bund.de. Zugegriffen: 30. Aug.
mäß nennen, einen Link zur Creative Commons Lizenz                 https://doi.org/10.1055/s-2007-986215                   2020
beifügen und angeben, ob Änderungen vorgenom-               Hoek HW (2006) Incidence, prevalence and mortality         Wonderlich SA, Bulik CM, Schmidt U, Steiger H,
men wurden.                                                        of anorexia nervosa and other eating disorders.         Hoek HW (2020) Severe and enduring anorexia
                                                                   Curr Opin Psychiatry 19:389–394. https://doi.           nervosa: update and observations about
Die in diesem Artikel enthaltenen Bilder und sonstiges             org/10.1097/01.yco.0000228759.95237.78                  the current clinical reality. Int J Eat Disord
Drittmaterial unterliegen ebenfalls der genannten           Hoek HW, van Hoeken D (2003) Review of the                     53:1303–1312. https://doi.org/10.1002/eat.
Creative Commons Lizenz, sofern sich aus der Abbil-                prevalence and incidence of eating disorders.           23283
dungslegende nichts anderes ergibt. Sofern das be-                 Int J Eat Disord 34:383–396. https://doi.org/10.    Wunderer E (2019) Therapie-Tools Essstörungen. Beltz,
treffende Material nicht unter der genannten Creative               1002/eat.10222                                          Weinheim
Commons Lizenz steht und die betreffende Handlung            Huas C, Godart N, Foulon C, Pham-Scottez A, Divac S,
nicht nach gesetzlichen Vorschriften erlaubt ist, ist für          Fedorowicz V, Peyracque E, Dardennes R,
die oben aufgeführten Weiterverwendungen des Ma-                   Falissard B, Rouillon F (2011) Predictors of
terials die Einwilligung des jeweiligen Rechteinhabers             dropout from inpatient treatment for anorexia
einzuholen.                                                        nervosa: data from a large French sample.
                                                                   Psychiatry Res 185:421–426. https://doi.org/10.
Weitere Details zur Lizenz entnehmen Sie bitte der                 1016/j.psychres.2009.12.004
Lizenzinformation auf http://creativecommons.org/           Jacobi C, Thiel A, Beintner I (2016) Anorexia und
licenses/by/4.0/deed.de.                                           Bulimia nervosa; Ein kognitiv-verhaltensthe-
                                                                   rapeutisches Behandlungsprogramm. Beltz,
                                                                   Weinheim
                                                            Kaye WH, Wierenga CE, Bischoff-Grethe A, Berner LA,
Literatur                                                          Ely AV, Bailer UF, Paulus MP, Fudge JL (2020)
                                                                   Neural insensitivity to the effects of hunger in
ArcelusJ, MitchellAJ, WalesJ, NielsenS(2011)Mortality              women remitted from anorexia nervosa. Am
      rates in patients with anorexia nervosa and other            J Psychiatry 177:601–610. https://doi.org/10.
      eating disorders: a meta-analysis of 36 studies.             1176/appi.ajp.2019.19030261
      Arch Gen Psychiatry 68:724–731. https://doi.          Khalsa SS, Portnoff LC, McCurdy-McKinnon D, Feus-
      org/10.1001/archgenpsychiatry.2011.74                        ner JD (2017) What happens after treatment?
Berends T, Boonstra N, van Elburg A (2018) Re-                     A systematic review of relapse, remission, and
      lapse in anorexia nervosa: a systematic                      recovery in anorexia nervosa. J Eat Disord 5:20.
      review and meta-analysis. Curr Opin Psych-                   https://doi.org/10.1186/s40337-017-0145-3
      iatry 31:445–455. https://doi.org/10.1097/YCO.        Klastrup C, Frølich J, Winkler LA-D, Støving RK (2020)
      0000000000000453                                             Hunger and satiety perception in patients
Boyd HK, Bodell LP, Jennings KM, Graham AK,                        with severe anorexia nervosa. Eat Weight
      Crosby RD, Wildes JE (2018) Relationship                     Disord 25:1347–1355. https://doi.org/10.1007/
      between desired weight constructs and eating                 s40519-019-00769-7
      disorder severity following treatment for             Murray SB, Loeb KL, Le Grange D (2018) Treatment
      anorexia nervosa. Int J Eat Disord 51:870–878.               outcome reporting in anorexia nervosa: time for
      https://doi.org/10.1002/eat.22879                            a paradigm shift? J Eat Disord 6:10. https://doi.
Calugi S, El Ghoch M, Conti M, Dalle Grave R (2018)                org/10.1186/s40337-018-0195-1
      Preoccupation with shape or weight, fear of           Murray SB, Quintana DS, Loeb KL, Griffiths S, Le
      weight gain, feeling fat and treatment outcomes              Grange D (2019) Treatment outcomes for
      in patients with anorexia nervosa: a longitudinal            anorexia nervosa: a systematic review and
      study. Behav Res Ther 105:63–68. https://doi.                meta-analysis of randomized controlled trials.
      org/10.1016/j.brat.2018.04.001                               Psychol Med 49:535–544. https://doi.org/10.
Fennig S, Brunstein Klomek A, Shahar B, Sarel-                     1017/S0033291718002088
      Michnik Z, Hadas A (2017) Inpatient treatment         Rauh E (2012) Von der ambulanten zur stationären
      has no impact on the core thoughts and                       Behandlung. In: Giesemann K (Hrsg) Hungern
      perceptions in adolescents with anorexia                     im Überfluss. Essstörungen in der ambulan-
      nervosa. Early Interv Psychiatry 11:200–207.                 ten Psychotherapie. Klett-Cotta, Stuttgart, S
      https://doi.org/10.1111/eip.12234                            211–225
Fichter MM, Quadflieg N (2016) Mortality in eating           Rauh E, Ewald H (2016) Akzeptanz des Moduls
      disorders: results of a large prospective clinical           „Intervallbehandlung“ im Rahmen eines sta-
      longitudinal study. Int J Eat Disord 49:391–401.             tionären Therapieangebots der Magersucht.
      https://doi.org/10.1002/eat.22501                            Vortrag auf dem 5. Wissenschaftlichen Kongress
Galmiche M, Déchelotte P, Lambert G, Tavolacci MP                  der Deutschen Gesellschaft für Essstörungen
      (2019) Prevalence of eating disorders over the               (DGESS), Essen. https://www.egms.de/static/
      2000-2018 period: a systematic literature review.            de/meetings/dgess2016/16dgess062.shtml
      Am J Clin Nutr 109:1402–1413. https://doi.org/        Rienecke RD, Ebeling M (2019) Desired weight and
      10.1093/ajcn/nqy342                                          treatment outcome among adolescents in
GiesemannK, RauhE(2013)AnsätzefürdieVernetzung                     a novel family-based partial hospitalization
      vonambulanterpsychodynamischerPsychothe-                     program. Psychiatry Res 273:149–152. https://
      rapie und stationärer kognitiver Verhaltensthe-              doi.org/10.1016/j.psychres.2019.01.028
      rapie bei Anorexia nervosa und Bulimia nervosa.       Roux H, Ali A, Lambert S, Radon L, Huas C, Curt F,
      Ärztliche Psychother Psychosom Med 8:216–221                 Berthoz S, Godart N (2016) Predictive factors of
Herpertz S, Fichter MM, Herpertz-Dahlmann B,                       dropout from inpatient treatment for anorexia
      Hilbert A, Tuschen-Caffier B, Vocks S, Zeeck A                 nervosa. BMC Psychiatry 16:339. https://doi.org/
      (Hrsg) (2019) S3-Leitlinie Diagnostik und                    10.1186/s12888-016-1010-7
      Behandlung der Essstörungen. Springer, Berlin         Sipos V, Schweiger U (2016) Therapie der Essstö-
Herpertz S, Moll A, Gizewski E, Tagay S, Senf W (2008)             rung durch Emotionsregulation. Kohlhammer,
      Störung des Hunger- und Sättigungsempfin-                     Stuttgart
      dens bei restriktiver Anorexia nervosa. Psy-          Statistisches Bundesamt (Hrsg) (2018) Gesundheitsbe-
                                                                   richterstattung des Bundes; Body-Mass-Index.

  Psychotherapeut
Sie können auch lesen