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dza aktuell deutscher alterssurvey Heft 03/2021 Herausgeber: Deutsches Zentrum für Altersfragen Körperliche Aktivität in der Corona- Pandemie: Veränderung der Häufigkeit von Sport und Spazierengehen bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte Sonja Nowossadeck, Markus Wettstein & Anja Cengia
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie: Veränderung der Häufigkeit von Sport und Spazierengehen bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte Sonja Nowossadeck, Markus Wettstein & Anja Cengia Inhalt Kernaussagen ....................................................................................................................... 3 Einleitung .............................................................................................................................. 5 Daten und Methodik .............................................................................................................. 7 Ergebnisse ............................................................................................................................ 9 Diskussion ............................................................................................................................19 Literatur ................................................................................................................................23
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie 3 Kernaussagen Im Juni und Juli 2020 wurde im Rahmen des Deutschen Alterssurveys (DEAS) eine Kurzbefragung zu den Auswirkungen der Corona-Krise durchgeführt. Im Mittelpunkt der Befragung standen Veränderungen in verschiedenen Lebensbereichen, die während der Pandemie bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte, also bei 46- bis 90-Jährigen, aufgetreten sind. Unter anderem wurde auch gefragt, ob sich die körperliche Aktivität seit Mitte März 2020, also dem Beginn der Corona-Krise, geändert hat. Zwei Formen der körperlichen Aktivität werden unterschieden: Sport (etwa Fußball, Gymnastik oder Schwimmen) sowie Spaziergänge. • Ein Viertel der Menschen in der geben an, weniger Sport zu treiben als zweiten Lebenshälfte gibt an, vor der Pandemie. sportliche Aktivitäten eingeschränkt zu haben. Es gibt eine größere Gruppe • Menschen mit hohem Bildungsgrad von Menschen, die Veränderungen ihrer geben besonders häufig Änderungen körperlichen Aktivität berichten: Ein gutes ihres Sportverhaltens in der Pandemie Viertel (27,8 Prozent) hat gemäß ihrer an. Sie treiben einerseits, wie sie selbst Selbstauskünfte sportliche Aktivitäten berichten, am häufigsten mehr Sport als eingeschränkt, 7,7 Prozent haben mehr vor der Pandemie (11,1 Prozent). Sport getrieben als vor Beginn der Andererseits haben in der Gruppe mit Corona-Pandemie. Mehr Spaziergänge hohem Bildungsgrad Menschen den als vor der Pandemie berichten Sport aber auch häufiger eingeschränkt 15,1 Prozent, weniger Spaziergänge als Menschen mit niedrigerem 10,2 Prozent. Zwei Drittel der 46- bis 90- Bildungsgrad (28,0 Prozent vs. Jährigen geben an, die Häufigkeit von 20,8 Prozent Fast jede/r Fünfte Sport, und drei Viertel, die Häufigkeit von (19,0 Prozent) der Personen mit hohem Spaziergängen seit Beginn der Corona- Bildungsgrad gibt an, häufiger spazieren Pandemie beibehalten zu haben. zu gehen, das macht nur jede/r Zwanzigste (5,2 Prozent) mit niedrigem • 46- bis 60-Jährige geben am Bildungsgrad. häufigsten an, dass sich ihre sportliche Aktivität in der Pandemie • Personen, die in Städten und die in verändert hat. 11,4 Prozent in dieser Westdeutschland leben, berichten Altersgruppe treiben laut eigener Angabe häufiger Veränderungen ihrer mehr Sport – das sind etwa 5 bis 10 sportlichen Aktivität als Personen in Prozentpunkte mehr als in den älteren Ostdeutschland und in ländlichen Gruppen. Knapp ein Drittel (30,9 Prozent) Kreisen. Ein Drittel (32,2 Prozent) der in dieser Altersgruppe macht aber weniger kreisfreien Großstädten Wohnenden Sport, auch das ist mehr als in den berichtet eine Verringerung der älteren Gruppen (etwa 4 bis 9 sportlichen Aktivitäten in der Pandemie, Prozentpunkte). Das Spazierengehen das trifft nur auf 25,1 Prozent der schränken dagegen anteilig mehr Bevölkerung in dünn besiedelten Personen der ältesten Gruppe ein als in ländlichen Kreisen zu. Allerdings geben den anderen Altersgruppen (76-90 Jahre: die Großstädterinnen und Großstädter 15,0 Prozent, im Vergleich zu 46-60 auch häufiger an, ihre Sportaktivitäten Jahre: 8,8 Prozent). erweitert zu haben (10,4 Prozent) als die in dünn besiedelten ländlichen Kreisen • Frauen berichten öfter eine Wohnenden (7,3 Prozent). Westdeutsche Verringerung ihrer sportlichen geben zu 10,7 Prozent an, seit März Aktivität in der Pandemie als Männer. 2020 mehr Sport und zu fast einem Drittel Ein Drittel der Frauen zwischen 46 und (30,4 Prozent), weniger Sport zu machen. 90 Jahren (32,8 Prozent) und nur Bei Ostdeutschen sind beide Anteile 22,4 Prozent der Männer dieses Alters
4 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie geringer (2,8 Prozent mehr Sport, Sportaktivitäten, 11,0 Prozent (vs. 21,0 Prozent weniger Sport). 6,5 Prozent) treiben allerdings auch mehr Sport als vorher. • Wer funktionale Einschränkungen hat, gibt öfter reduzierte Aktivitäten bei • Nur ein Viertel der Personen, die in der Sport und Spazierengehen an. Wer mit Pandemie weniger Sport treiben, funktionalen Einschränkungen lebt, gleichen dieses Bewegungsdefizit reduziert gemäß Selbstangaben häufiger durch häufigere Spaziergänge aus. als nicht in dieser Weise eingeschränkte Häufigeres Spazierengehen könnte die Menschen die Sportaktivitäten (32,2 vs. Reduktion sportlicher Aktivität zumindest 26,9 Prozent) und verringert tendenziell teilweise ausgleichen. Ein solcher auch häufiger das Spazierengehen (11,9 Ausgleich findet aber nur selten statt: Nur vs. 7,4 Prozent). ein Viertel (24,6 Prozent) der Personen, die ihre sportliche Aktivität reduziert • Die bereits vor der Pandemie haben, gibt an, seit Mitte März häufiger regelmäßig sportlich Aktiven berichten spazieren zu gehen als zuvor. Dies sieht besonders oft veränderte sportliche bei den Personen, die seit Mitte März Aktivität in der Pandemie. Früheres mehr Sport treiben als zuvor, ganz regelmäßiges Sporttreiben spielt eine anders aus. Mehr als die Hälfte der seit Rolle für die Veränderung der März sportlich Aktiveren (52,0 Prozent) körperlichen Aktivität in der Pandemie. gibt an, seitdem auch häufiger spazieren 38,7 Prozent der im Jahr 2017 zu gehen. Wer in der Pandemie mehr regelmäßig sportlich Aktiven (vs. Sport treibt, hat also häufig auch noch ein 14,7 Prozent der Inaktiven) reduzieren, Bewegungsplus durch mehr wie sie selbst angeben, ihre Spaziergänge.
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie 5 Einleitung Regelmäßige körperliche Aktivität, wie Bevölkerungsgruppen besonders gefährdet Spazierengehen, Schwimmen oder sind, infolge der Pandemie weniger Fahrradfahren, hat positive Auswirkungen körperlich aktiv zu sein mit entsprechenden auf die Gesundheit, auch bei älteren Auswirkungen auf ihre Gesundheit sowie ihr Menschen (Rütten et al., 2005). Körperlich allgemeines Wohlbefinden. Aktive über 65 Jahre haben beispielsweise im Vergleich zu inaktiven Gleichaltrigen eine Im vorliegenden DZA Aktuell werden niedrigere Sterblichkeitsrate, insbesondere selbstberichtete Veränderungen körperlicher bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sowie ein Aktivität zwischen verschiedenen Gruppen generell stärkeres Immunsystem (WHO, verglichen. Ältere Menschen könnten 2020, Jordan et al., 2020, Weyh, Krüger, & aufgrund ihrer höheren Gefährdung durch Strasser, 2020). Sie sind besser geschützt schwere COVID-19-Erkrankungen (Robert- vor bestimmten Krankheiten und Koch-Institut, 2020) ihre körperliche Aktivität Gesundheitsrisiken wie Bluthochdruck, oder zumindest außerhäuslichen Sport Übergewicht, Typ-2-Diabetes und stärker reduziert haben als jüngere, um ihr bestimmten Krebserkrankungen (WHO, Ansteckungsrisiko zu minimieren. 2020). Es gibt auch Hinweise darauf, dass Andererseits könnten Personen im mittleren sich körperliche Aktivität positiv auf geistige Erwachsenenalter diejenigen sein, die in der Fähigkeiten auswirkt (Colcombe & Kramer, Zeit geschlossener Kitas und Schulen ihre 2003) sowie Stimmung und Wohlbefinden Kinder selbst betreuen müssen und denen positiv beeinflusst (Hogan, Mata, & daher besonders die Zeit für Carstensen, 2013). Daher empfiehlt die Freizeitaktivitäten wie Sport fehlt. Dies Weltgesundheitsorganisation für alle wiederum könnte auf Frauen noch stärker Erwachsenen im Alter ab 65 Jahren zutreffen als auf Männer, da Frauen in regelmäßige körperliche Aktivität. Pro einem stärkeren Ausmaß als Männer Woche sollten dies mindestens 150 bis 300 Aufgaben der Kinderbetreuung übernehmen. Minuten aerobe (d. h. eher auf Ausdauer Bildung könnte eine Rolle spielen, da ausgerichtete) körperliche Aktivität mittlerer Menschen mit einem höheren Bildungsgrad Intensität, etwa Joggen oder zügiges Gehen, im Allgemeinen häufiger sportlich aktiv sind und weitere Übungen, z. B. zur als Menschen mit einem geringeren Muskelkräftigung und zum Balancetraining, Bildungsgrad (Lippke & Vögele, 2006; Finger sein. Ähnliche Empfehlungen gelten auch für et al., 2017) und sie womöglich auch Erwachsene unter 65 Jahren. (WHO, 2020). während der Pandemie eher sportlich aktiv bleiben. Hinsichtlich des Wohnortes sind Mit Maßnahmen wie Abstands- und sowohl Stadt-Land-Unterschiede als auch Hygieneregeln aufgrund der Corona- die Unterschiede zwischen Ost- und Pandemie haben sich seit März 2020 die Westdeutschland für die Veränderung der Rahmenbedingungen für körperliche körperlichen Aktivität interessant. Bisherige Aktivität innerhalb kurzer Zeit grundlegend Studien zeigen, dass das Ausmaß der verändert. Das wirkt sich auf die Häufigkeit Sportpartizipation im ländlichen Raum von Sport und Spazierengehen von geringer ist als in Städten (Röding, 2016). In Menschen in der zweiten Lebenshälfte aus, Ostdeutschland war zur Zeit der allerdings womöglich in unterschiedlicher Wiedervereinigung das Niveau Weise für verschiedene breitensportlicher Aktivitäten geringer als in Bevölkerungsgruppen. Es gibt bereits erste Westdeutschland, seither werden die Hinweise darauf, dass die Pandemie die Unterschiede kleiner (Röding, 2016). allgemeine Häufigkeit sportlicher Aktivität Trotzdem zeigen auch die Daten früherer negativ beeinflusst (z. B. Ammar et al., DEAS-Erhebungen höhere Anteile 2020). Allerdings fehlen noch differenziertere regelmäßiger sportlicher Aktivität in Befunde, die zeigen, welche Westdeutschland (Mahne et al., 2017,
6 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie Tabellenanhang). Wenn Menschen in den gesundheitlichen Vorteile von Bewegung Städten und in Westdeutschland zu auch in dieser Situation zu nutzen. größeren Anteilen regelmäßig Sport treiben, Andererseits werden viele, die aus Furcht ist anzunehmen, dass in diesen Gebieten vor einer potenziellen COVID-19- auch mehr Personen von den Ansteckung ihre sportliche Aktivität einschränkenden Wirkungen der Pandemie reduzieren, womöglich aus demselben auf den Freizeitsport betroffen sein könnten. Grund auch weniger spazieren gehen als vor der Pandemie. Auch die funktionale Gesundheit könnte von Bedeutung für die selbstberichtete Das vorliegende DZA Aktuell befasst sich Veränderung der körperlichen Aktivität sein: mit den berichteten Veränderungen Personen mit funktionalen körperlicher Aktivität in der zweiten Gesundheitseinschränkungen sind allein Lebenshälfte infolge der Corona-Pandemie. durch diese häufig in ihren Möglichkeiten Folgende Forschungsfragen werden eingeschränkt, sportlich aktiv zu sein. Da sie untersucht: unter Umständen auch gefährdeter sind, schwer am COVID-19-Virus zu erkranken • Welche Veränderungen berichten (Robert-Koch-Institut, 2020), ist zu erwarten, Menschen in der zweiten Lebenshälfte dass sie während der Pandemie ihre bei Sport und Spazierengehen seit körperliche Aktivität noch stärker reduzieren Beginn der Corona-Pandemie? als Personen mit guter funktionaler • Sind diese berichteten Veränderungen Gesundheit. unterschiedlich nach Alter, Geschlecht Schließlich ist zu erwarten, dass frühere und Bildung? körperliche Aktivität eine wichtige Rolle • Gibt es einen Zusammenhang zwischen spielt: Das Ausmaß, in dem Personen dem Wohnort (West- bzw. körperlich aktiv sind, ist im Allgemeinen über Ostdeutschland, Stadt oder Land) und mehrere Jahre recht stabil (Friedman et al., den berichteten Veränderungen der 2008; Hirvensalo et al., 2000). Personen, die körperlichen Aktivität? schon vor der Pandemie angaben, regelmäßig körperlich aktiv zu sein, bleiben • Wie hängt die funktionale Gesundheit dies daher vermutlich auch eher während mit den berichteten Veränderungen der der Pandemie, während bei körperlich körperlichen Aktivität zusammen? inaktiven Personen kaum zu erwarten ist, dass sie während der Pandemie körperlich • Welchen Unterschied gibt es in den aktiver werden. berichteten Veränderungen bei Sport und Spazierengehen zwischen Wenn es in der Corona-Krise nicht mehr denjenigen, die vor Beginn der möglich ist, Sport z. B. in Vereinen oder in Pandemie (im Jahr 2017) regelmäßig Fitnessstudios zu treiben, bleibt dennoch die körperlich aktiv waren und denen, die Möglichkeit, den fehlenden Sport durch das nicht waren? andere Arten von Bewegung wie beispielsweise Spazierengehen zu • Gleichen Menschen, die in der kompensieren. Es ist anzunehmen, dass das Pandemie weniger Sport treiben, dieses von einem größeren Teil derjenigen, die Defizit durch häufigere Spaziergänge weniger Sport als vor der Pandemie treiben, aus? so gehandhabt wird, um die
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie 7 Daten und Methodik Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) ist eine repräsentative Quer- und Längsschnittbefragung von Personen in der zweiten Lebenshälfte. Im Rahmen der Studie werden seit mehr als zwei Jahrzehnten Frauen und Männer auf ihrem Weg ins höhere und hohe Alter regelmäßig befragt (1996, 2002, 2008, 2011, 2014, 2017, 2020). Dieser lange Beobachtungszeitraum von mehr als zwei Jahrzehnten erlaubt einen umfassenden Einblick in das Älterwerden und die Lebenssituationen von Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Zudem kann durch das kohortensequenzielle Design der Studie Älterwerden im sozialen Wandel untersucht werden. Der Deutsche Alterssurvey ist daher eine zentrale Studie zu Alter und Altern in Deutschland. Mehr als 20.000 Personen haben bislang an der Studie teilgenommen. Befragt werden Personen, die zum Zeitpunkt der ersten Teilnahme 40 Jahre und älter sind. Die Teilnehmenden werden auf Basis einer nach Alter, Geschlecht und Region geschichteten Einwohnermeldeamtsstichprobe ausgewählt. Die Daten des Deutschen Alterssurveys sind daher repräsentativ für die in Privathaushalten lebende Wohnbevölkerung Deutschlands in der zweiten Lebenshälfte. Durch den Deutschen Alterssurvey können auch die Lebenssituationen in Krisenzeiten – wie wir sie aktuell aufgrund der Corona-Pandemie erleben – näher beleuchtet und besser verstanden werden. Die jüngste Befragung fand im Zeitraum vom 8. Juni bis zum 22. Juli 2020 statt. Im Zentrum dieser Befragung standen Fragen zur aktuellen Lebenssituation sowie zu erlebten Veränderungen während der Corona-Pandemie in verschiedenen Lebensbereichen, etwa in sozialen Beziehungen, im Wohlbefinden und in der Erwerbsarbeit. Es haben 4.823 Personen ab einem Alter von 46 Jahren an der Befragung teilgenommen. Aufgrund der Corona- Pandemie wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Deutschen Alterssurveys, die bereits zuvor mindestens einmal an der Studie teilgenommen hatten, mit einem schriftlichen Fragebogen (anstatt wie bisher im persönlichen Interview) befragt. Diese jüngste schriftlich- postalische Kurzbefragung stellt den ersten Teil der siebten Welle des Deutschen Alterssurveys dar. Im zweiten Teil werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Deutschen Alterssurveys telefonisch interviewt – von November 2020 bis April 2021. Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert. Weitere Informationen zum Deutschen Alterssurvey (DEAS) finden sich unter www.deutscher-alterssurvey.de.
8 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie Die Ergebnisse dieses Berichts basieren auf Neben der Unterscheidung des Wohnortes Auswertungen der siebten Welle des der Befragten nach Ost- und Deutschen Alterssurveys (DEAS; Vogel, Westdeutschland wurde auch nach dem Klaus, Wettstein, Simonson, & Tesch- siedlungsstrukturellen Kreistyp des Römer, 2020). Für die vorliegenden Wohnortes (Stand: DEAS 2017) Auswertungen wurden die Angaben von differenziert. Die Menschen wurden danach 4.762 Personen im Alter zwischen 46 und 90 gruppiert, zu welcher Kategorie der Kreis Jahren berücksichtigt. Für einige gehört, in dem sie leben: kreisfreie Auswertungen (frühere körperliche Aktivität, Großstädte, städtische Kreise, ländliche funktionale Einschränkungen) wurden auch Kreise mit Verdichtungsansätzen und dünn Angaben einbezogen, die diese Personen in besiedelte ländliche Kreise (vgl. der DEAS-Erhebung 2017 gemacht hatten – Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und entsprechend beruhen diese Auswertungen Raumforschung (BBSR), 2020). auf Angaben von Personen, die sowohl 2017 als auch 2020 am DEAS teilgenommen Die funktionale Gesundheit wurde in der haben. Für die Analysen wurden die DEAS-Befragung 2017 mit dem GALI- folgenden Maße verwendet: Indikator (Global Activity Limitation Indicator) gemessen und für die Analysen 2020 als Die selbstberichtete Veränderung der Proxy für die funktionale Gesundheit 2020 körperlichen Aktivität in der Corona- übernommen. Für den GALI (vgl. Robine & Pandemie wurde für den Zeitraum zwischen Jagger, 2003) wird erfragt: „Waren Sie März und Juni/Juli 2020 für Sport und während der letzten 6 Monate oder länger Spazierengehen getrennt erfragt. Für Sport bei Dingen, die man üblicherweise so tut, wurde gefragt: „Hat sich Ihre sportliche aus gesundheitlichen Gründen Aktivität seit Mitte März geändert?“ mit den eingeschränkt?“ Die Befragten antworten Antwortmöglichkeiten „Ja, ich mache mehr mit: „Ja, stark eingeschränkt“ / „Ja, Sport“ / „Ja, ich mache weniger Sport“ / eingeschränkt“ / „Nein, nicht eingeschränkt“. „Nein, ist gleich geblieben“. Für Für die Analysen wurden die Antworten Spazierengehen wurde gefragt: „Hat sich zusammengefasst zu „funktional dies [Spazierengehen] seit Mitte März eingeschränkt“ („stark eingeschränkt“ und geändert?“ mit den Antwortmöglichkeiten „eingeschränkt“) und „funktional nicht „Ja, ich gehe häufiger spazieren“ / „Ja, ich eingeschränkt“. gehe seltener spazieren“ / „Nein, ist gleich geblieben“. Die Angaben im DEAS 2017 zu Sport und Spazierengehen wurden als Indikatoren für Alter, Geschlecht sowie Bildungsstatus. die frühere körperliche Aktivität vor März Um die Rolle des Lebensalters zu 2020 verwendet. Konkret wurde 2017 untersuchen, wurden drei Altersgruppen gefragt, wie oft die Menschen Sport treiben gebildet: 46- bis 60-Jährige (n = 996; bzw. spazieren gehen. Dabei konnte als 20,9 Prozent), 61- bis 75-Jährige (n = 2.166; Antwort „täglich“ / „mehrmals in der Woche“ / 45,5 Prozent) sowie Personen zwischen 76 „einmal in der Woche“ / „1- bis 3-mal im und 90 Jahren (n = 1.600; 33,6 Prozent) Monat“ / „seltener“ oder „nie“ gewählt Zudem wurden Frauen (n = 2.434; werden. Für die Auswertungen wurden diese 51,1 Prozent) und Männer (n = 2.328; Antwortkategorien in jeweils zwei Gruppen 48,9 Prozent) miteinander verglichen. zusammengefasst, zum einen für Sport und Bildung wurde in drei Gruppen unterteilt: zum anderen für das Spazierengehen: Personen mit niedrigem (n = 205; Regelmäßig Sport bzw. Spazierengehen 4,3 Prozent), Bildungsabschluss (n = 2.250; (täglich, mehrmals in der Woche bzw. einmal 47,2 Prozent) und hohem Bildungsabschluss in der Woche) und nicht regelmäßig Sport (n = 2.306; 48,4 Prozent). bzw. Spazierengehen (1- bis 3-mal im Monat, seltener bzw. nie).
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie 9 Ergebnisse Ein Viertel der Menschen in der zweiten 61,5 Prozent aller 46- bis 90-Jährigen geben Lebenshälfte gibt an, sportliche an, dass sie gegenwärtig regelmäßig, also Aktivitäten eingeschränkt zu haben. mindestens einmal in der Woche, Sport treiben. In der Corona-Pandemie werden sowohl Kontinuität als auch Veränderungen der Die Häufigkeit des Spazierengehens hat sich körperlichen Aktivität im mittleren und insgesamt noch weniger verändert höheren Erwachsenenalter berichtet. Etwa (Abbildung 1). Etwa drei Viertel der zwei Drittel der Personen (64,5 Prozent) Personen (74,7 Prozent) geben an, genauso geben an, sportlich genauso häufig aktiv oft spazieren zu gehen wie vor der bzw. inaktiv zu sein wie vor der Pandemie. Pandemie, 10,2 Prozent gehen seltener, Diejenigen, die eine veränderte Häufigkeit 15,1 Prozent häufiger spazieren. Beim beim Sport berichten, haben diese sehr viel Spazierengehen haben also anders als beim häufiger eingeschränkt als ausgeweitet: Ein Sport mehr Menschen die Aktivität gutes Viertel (27,8 Prozent) hat sportliche ausgeweitet als verringert. Insgesamt gehen Aktivitäten reduziert, lediglich 7,7 Prozent gegenwärtig 71,1 Prozent aller 46- bis 90- treiben mehr Sport als vor Beginn der Jährigen regelmäßig, also mindestens Corona-Pandemie (Abbildung 1). einmal pro Woche, spazieren. Abbildung 1: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und Spazierengehen) (in Prozent) Sport 7,7 64,5 27,8 mehr als vor Pandemie gleich geblieben weniger als vor Pandemie Spazieren 15,1 74,7 10,2 0 20 40 60 80 100 Prozent Quelle: DEAS 2020, n = 4.679 (Sport), n = 4.718 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben
10 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie Unterschiede nach Alter, Geschlecht und Bildung 46- bis 60-Jährige geben die größten der 76- bis 90-Jährigen, in der drei Viertel Veränderungen der Sporthäufigkeit in der (75,9 Prozent) keine Veränderung berichten. Pandemie an Allerdings bleibt die älteste Gruppe diejenige mit den geringsten Anteilen an regelmäßig Am stärksten hat sich die Häufigkeit von sportlich Aktiven (76-90 Jahre: 50,7 Prozent Sport bei Personen im Alter von 46 bis 60 vs. 46-60 Jahre: 62,4 Prozent). Jahren verändert (Abbildung 2). Sie haben die größten Zuwächse, aber auch die In der ältesten Gruppe geben anteilig mehr größten Rückgänge an sportlicher Aktivität Personen an, das Spazierengehen zu berichten: 11,4 Prozent in dieser einzuschränken als in den anderen Altersgruppe geben an, mehr Sport zu Altersgruppen (76-90 Jahre: 15,0 Prozent, treiben als vor der Pandemie – das sind im Vergleich zu 46-60 Jahre: 8,8 Prozent) mehr als in den älteren Gruppen (61- (Abbildung 2). Dagegen geben besonders 75 Jahre: 6,1 Prozent, 76-90 Jahre: viele der 46- bis 60-Jährigen (19,2 Prozent) 1,9 Prozent). Aber knapp ein Drittel an, dass sie häufiger spazieren gehen als (30,9 Prozent) dieser Altersgruppe von 46 vor der Pandemie. Die Anteile derjenigen, bis 60 Jahren berichtet, weniger Sport zu die regelmäßig spazieren gehen, liegen in treiben – auch das ist mehr als in den der jüngsten (46-60 Jahre) wie auch in der anderen Altersgruppen (mit 27,0 bzw. ältesten Gruppe (76-90 Jahre) jeweils knapp 22,2 Prozent). Am stabilsten bleibt die unter 70 Prozent. Häufigkeit von Sport bei der ältesten Gruppe Abbildung 2: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und Spazierengehen) nach Altersgruppen (in Prozent) 46-60 Jahre 11,4 57,7 30,9 mehr als vor Pandemie gleich geblieben Sport 61-75 Jahre 6,1 66,9 27,0 weniger als vor Pandemie 76-90 Jahre 1,9 75,9 22,2 46-60 Jahre 19,2 72,0 8,8 Spazieren 61-75 Jahre 15,1 75,8 9,1 76-90 Jahre 6,3 78,6 15,0 0 20 40 60 80 100 Prozent Quelle: DEAS 2020, n = 4.679 (Sport), n = 4.718 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch signifikant (p
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie 11 Frauen berichten öfter eine verringerte sportliche Aktivität erhöht haben (Abbildung sportliche Aktivität in der Pandemie als 3). Etwa jede/r Zehnte geht seltener Männer spazieren als vor der Pandemie, knapp jede/r Siebente häufiger und etwa drei Ein Drittel der Frauen zwischen 46 und 90 Viertel berichten keine Veränderung der Jahren (32,8 Prozent) und nur 22,4 Prozent Häufigkeit des Spazierengehens. Die der Männer dieses Alters geben an, weniger Unterschiede zwischen den Geschlechtern Sport zu treiben als vor der Pandemie. Bei sind beim Spazierengehen nur gering und beiden Geschlechtern berichten ungefähr nicht statistisch signifikant. gleich viele, etwa acht Prozent, dass sie ihre Abbildung 3: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und Spazierengehen) nach Geschlecht (in Prozent) Frauen 7,7 59,4 32,8 mehr als vor Pandemie Sport gleich geblieben weniger als vor Pandemie Männer 7,6 69,9 22,4 Frauen 16,6 72,1 11,3 Spazieren Männer 13,5 77,6 8,9 0 20 40 60 80 100 Prozent Quelle: DEAS 2020, n = 4.680 (Sport), n = 4.719 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede nur für Sport statistisch signifikant (p
12 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie Menschen mit hohem Bildungsgrad Aussage nur 2,6 Prozent mehr und nur geben besonders häufig Änderungen 20,8 Prozent weniger Sport. ihres Sportverhaltens in der Pandemie an Beim Spazierengehen unterscheiden sich Die Daten zeigen einen Zusammenhang die Bildungsgruppen vor allem bei denen, zwischen dem Bildungsgrad und der die berichten, mehr spazieren zu gehen: Veränderung der Häufigkeit von Sport in der Fast jede/r Fünfte (19,0 Prozent) der Pandemie: Personen mit einem hohen Personen mit hohem Bildungsgrad macht Bildungsgrad sind die Gruppe, die nach das, aber nur jede/r Zwanzigste eigener Aussage ihre Sportaktivitäten (5,2 Prozent) mit niedrigem Bildungsgrad. einerseits am häufigsten ausgedehnt Dagegen sind die Anteile derer, die weniger (11,1 Prozent), andererseits aber auch spazieren gehen, in allen Bildungsgruppen häufig eingeschränkt hat (28,0 Prozent). Von sehr ähnlich und liegen zwischen 10 und den Personen mit einem niedrigen 11 Prozent. Bildungsgrad treiben dagegen nach eigener Abbildung 4: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und Spazierengehen) nach Bildungsgrad (in Prozent) niedrige Bildung 2,6 76,6 20,8 mehr als vor Pandemie gleich geblieben Sport mittlere Bildung 5,3 66,1 28,6 weniger als vor Pandemie hohe Bildung 11,1 60,9 28,0 niedrige Bildung 5,2 83,8 11,0 Spazieren mittlere Bildung 13,1 76,7 10,2 hohe Bildung 19,0 71,0 10,0 0 20 40 60 80 100 Prozent Quelle: DEAS 2020, n = 4.679 (Sport), n = 4.718 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch signifikant (p
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie 13 Unterschiede nach Wohnort Menschen, die in Städten leben, sagen dies nur auf 25,1 Prozent in dünn öfter als diejenigen auf dem Land, dass besiedelten ländlichen Kreisen zu. Allerdings sich ihre Sporthäufigkeit verändert hat haben die Großstädterinnen und Großstädter nach eigener Aussage auch Während der Pandemie hat sich in den häufiger ihre Sportaktivitäten erweitert Städten das Sporttreiben offenbar stärker (10,4 Prozent) als die in dünn besiedelten verändert als in ländlichen Kreisen ländlichen Kreisen Wohnenden (Abbildung 5): Nur 57,4 Prozent der (7,3 Prozent). Menschen zwischen 46 und 90 Jahren, die in kreisfreien Großstädten leben, aber Auch für Spaziergänge werden tendenziell 71,2 Prozent der Menschen in dünn mehr Veränderungen von Personen in besiedelten ländlichen Kreisen geben an, städtischen Regionen berichtet (Abbildung genauso viel Sport zu treiben wie vor der 5). Allerdings sind die Unterschiede Pandemie. Während in kreisfreien zwischen den Kreistypen gering und Großstädten knapp ein Drittel (32,2 Prozent) statistisch nicht signifikant. sportliche Aktivitäten eingeschränkt hat, trifft Abbildung 5: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und Spazierengehen) nach Wohnort in BBSR-Kreistypen (in Prozent) dünn besied. ländl. Kreis 3,7 71,2 25,1 ländlicher Kreis 7,3 68,9 23,8 Sport städtischer Kreis 11,4 58,3 30,4 kreisfreie Großstadt 10,4 57,4 32,2 dünn besied. ländl. Kreis 11,3 82,0 6,8 Spazieren ländlicher Kreis 15,8 73,3 10,9 städtischer Kreis 19,3 72,1 8,7 kreisfreie Großstadt 17,4 74,0 8,7 0 20 40 60 80 100 Prozent mehr als vor Pandemie gleich geblieben weniger als vor Pandemie Quelle: DEAS 2020, n = 4.111 (Sport), n = 4.138 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede nur für Sport statistisch signifikant (p
14 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie Menschen in Westdeutschland berichten Anteile geringer (2,8 Prozent mehr Sport, häufiger Veränderungen beim Sport 21,0 Prozent weniger Sport; Abbildung 6). Die Pandemie hat die Häufigkeit von Sport in Auch beim Spazierengehen sind die Westdeutschland stärker beeinflusst als in Veränderungen in der Pandemie in Ostdeutschland. Ostdeutsche geben zu Westdeutschland größer als in einem deutlich höheren Anteil (76,3 Prozent) Ostdeutschland: Von allen Westdeutschen als Westdeutsche (58,9 Prozent) an, ihre gehen nach eigener Aussage 18,1 Prozent sportliche Aktivität in der Corona-Pandemie häufiger spazieren als vorher und nicht verändert zu haben. Westdeutsche 9,5 Prozent seltener (Abbildung 6). Bei geben zu 10,7 Prozent an, seit März 2020 Ostdeutschen liegen diese Anteile nur bei mehr Sport zu treiben und zu fast einem 11,7 Prozent (häufiger spazieren) bzw. Drittel (30,4 Prozent), weniger Sport zu 6,4 Prozent (seltener spazieren). machen. Bei Ostdeutschen sind beide Abbildung 6: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und Spazierengehen) nach Wohnort in West- bzw. Ostdeutschland (in Prozent) Sport Ost 2,8 76,3 21,0 mehr als vor Pandemie gleich geblieben West 10,7 58,9 30,4 weniger als vor Pandemie Spazieren Ost 11,7 81,9 6,4 West 18,1 72,3 9,5 0 20 40 60 80 100 Prozent Quelle: DEAS 2020, n = 4.111 (Sport), n = 4.138 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch signifikant (p
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie 15 Unterschiede nach funktionaler Gesundheit Ein Drittel der Personen mit funktionalen eingeschränkte ihre Sportaktivitäten (32,2 Einschränkungen gibt an, während der vs. 26,9 Prozent). Pandemie weniger Sport zu treiben Die selbstberichtete Veränderung des Ein Drittel der Personen in der DEAS- Spazierengehens weist weniger deutliche Befragung 2020 gab im Jahr 2017 Unterschiede nach gesundheitlichen funktionale Einschränkungen an, also Merkmalen auf als die Veränderung beim gesundheitliche Einschränkungen bei Sport. Allerdings zeigt sich auch hier, dass Alltagstätigkeiten – zwei Drittel waren nicht Personen mit einer eingeschränkten funktional eingeschränkt. Personen ohne funktionalen Gesundheit häufiger angeben, funktionale Einschränkungen schätzen Spaziergänge verringert zu haben als häufiger ein, mehr Sport seit März 2020 zu Personen mit guter funktionaler Gesundheit machen als das funktional eingeschränkte (11,9 vs. 7,4 Prozent, Abbildung 7). Personen tun (10,4 vs. 6,0 Prozent, Personen mit einer guten funktionalen Abbildung 7). Funktional eingeschränkte Gesundheit gehen zudem häufiger mehr Personen reduzieren hingegen gemäß ihrer spazieren als die mit funktionalen Selbstauskünfte häufiger als funktional nicht Einschränkungen (18,6 vs. 13,4 Prozent). Abbildung 7: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und Spazierengehen) nach Vorhandensein funktionaler Einschränkungen (in Prozent) keine funktionalen Einschränkungen Sport 10,4 62,7 26,9 funktionale Einschränkungen 6,0 61,8 32,2 Spazieren keine funktionalen Einschränkungen 18,6 74,0 7,4 funktionale Einschränkungen 13,4 74,7 11,9 0 20 40 60 80 100 Prozent mehr als vor Pandemie gleich geblieben weniger als vor Pandemie Quelle: DEAS 2020, n = 4.085 (Sport), n = 4.112 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch signifikant (p
16 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie Unterschiede nach früherer körperlicher Aktivität Fast 40 Prozent der im Jahr 2017 Die Unterschiede beim Spazierengehen sind regelmäßig sportlich Aktiven berichten, dagegen nicht so ausgeprägt. Unabhängig seit März 2020 seltener Sport zu machen davon, ob sie 2017 regelmäßig spazieren gingen oder nicht, berichten etwa drei Viertel Einen großen Unterschied für die berichteten der Menschen in der zweiten Lebenshälfte, Veränderungen von Sport in der Pandemie dass sie das auch nach dem März 2020 so macht die Häufigkeit von Sport in der beibehalten haben (Abbildung 8). Wer Vergangenheit aus: Personen, die 2017 bereits 2017 nicht regelmäßig spazieren regelmäßig Sport getrieben haben (das sind ging, hat in der Pandemie diese Aktivität knapp 60 Prozent der im Jahr 2020 etwas häufiger eingeschränkt als diejenigen, Befragten), haben nach eigener Aussage die 2017 regelmäßig spazieren gingen (10,2 durch die Pandemie zu 38,7 Prozent ihre vs. 8,1 Prozent, Abbildung 9). Diejenigen, Sportaktivitäten reduziert. Bei denjenigen, die schon 2017 regelmäßige Spaziergänge die 2017 nicht regelmäßig sportlich aktiv machten, tun dies nach eigener Angabe in waren (das sind über 40 Prozent der im Jahr der Pandemie zu 18,7 Prozent noch häufiger 2020 Befragten), treiben nur 14,7 Prozent als zuvor. Von denen, die 2017 nicht noch weniger Sport. Allerdings hat die regelmäßig spazieren gingen, machen Gruppe der 2017 regelmäßig sportlich immerhin 13,8 Prozent im Jahr 2020 Aktiven auch häufiger als die 2017 sportlich häufiger Spaziergänge. Inaktiven die Chance genutzt, mehr Sport während der Pandemie zu treiben (11,0 vs. 6,5 Prozent, Abbildung 8). Abbildung 8: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und Spazierengehen) nach körperlicher Aktivität im Jahr 2017 (in Prozent) 2017 regelmäßig Sport 11,0 50,3 38,7 Sport 2017 nicht regel. Sport 6,5 78,8 14,7 Spazieren 2017 regelmäßig spazieren 18,7 73,1 8,1 2017 nicht regel. spazieren 13,8 76,1 10,2 0 20 40 60 80 100 Prozent mehr als vor Pandemie gleich geblieben weniger als vor Pandemie Quelle: DEAS 2020, n = 4.109 (Sport), n = 4.136 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch signifikant (p
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie 17 Kompensationseffekte: Weniger Sport treiben, dafür mehr spazieren gehen? Nur ein Viertel der Personen, die in der In dieser ältesten Gruppe sind es jedoch Pandemie weniger Sport treiben, gleicht auch weniger Personen (17,5 Prozent), die dieses Bewegungsdefizit durch häufigere nicht nur seltener Sport treiben, sondern Spaziergänge aus dazu noch seltener spazieren gehen, als in den anderen Altersgruppen (46- bis 60- Knapp 28 Prozent der 46- bis 90-Jährigen Jährige: 22 Prozent; 61- bis 75-Jährige: geben an, seit Beginn der Pandemie 21,3 Prozent). weniger Sport zu treiben als vorher. Gleichen diese Menschen das Sportdefizit Wer in der Pandemie mehr Sport treibt, dadurch aus, dass sie häufiger spazieren geht häufig auch mehr spazieren. gehen? Etwa die Hälfte dieser Gruppe (54,4 Prozent, Abbildung 9), geht nach Auf der anderen Seite treiben knapp acht eigener Aussage genauso oft wie vor der Prozent der 46- bis 90-Jährigen in der Pandemie spazieren. Etwa jede/r Fünfte aus Pandemie mehr Sport als zuvor. Mehr als dieser Gruppe (21,0 Prozent) sagt, dass er die Hälfte dieser Personen (52,0 Prozent, oder sie nicht nur weniger Sport treibt, Abbildung 9) verbindet dies mit häufigeren sondern darüber hinaus auch die Häufigkeit Spaziergängen. Wer in der Pandemie mehr des Spazierengehens einschränkt. Lediglich Sport treibt, geht also häufig auch mehr ein Viertel (24,6 Prozent) derjenigen, die spazieren. Diese vermehrte körperliche aufgrund der Pandemie weniger oft Sport Aktivität ist vor allem bei den über treiben, geht dafür häufiger spazieren. 60-Jährigen zu beobachten, bei denen fast Dieser Ausgleich zwischen den zwei Drittel der Personen, die mehr Sport Möglichkeiten, sich körperlich zu betätigen, treiben, auch häufiger spazieren gehen. ist in der ältesten Gruppe der 76- bis 90- Allerdings steigt mit dem Alter auch der Jährigen weniger häufig zu beobachten – in Anteil derer an, die zwar mehr Sport treiben, dieser Gruppe sind es nur 17,9 Prozent, die aber weniger spazieren gehen (46-60 Jahre: berichten, ihre sportliche Aktivität reduziert 0,6 Prozent; 61-75 Jahre: 4,3 Prozent; 76-90 zu haben, aber häufiger spazieren zu gehen. Jahre: 7,2 Prozent).
18 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie Abbildung 9: Selbstberichtete Veränderung der Häufigkeit von Spazierengehen bei Personen, die weniger bzw. mehr Sport als vor der Pandemie treiben, insgesamt und nach Altersgruppen (in Prozent) Weniger Sport als vor der Mehr Sport als vor der Pandemie Pandemie 100 2,0 0,6 4,3 7,2 21,0 22,0 21,3 17,5 80 34,1 46,0 31,4 52,3 60 Prozent 54,4 52,4 52,7 64,6 40 61,6 61,4 52,0 47,1 20 24,6 25,6 26,0 17,9 0 Gesamt 46-60 61-75 76-90 Gesamt 46-60 61-75 76-90 Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre Jahre weniger Spazieren Spazieren gleich geblieben mehr Spazieren Quelle: DEAS 2020, n = 4.642 (Sport), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch signifikant (p
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie 19 Diskussion In diesem Beitrag wurde untersucht, wie Unterschiede in der berichteten Menschen zwischen 46 und 90 Jahren ihre körperlichen Aktivität nach Alter, körperliche Aktivität in Form von Sport und Geschlecht und Bildung Spazierengehen nach dem Beginn der Selteneres Sporttreiben und Corona-Pandemie gemäß ihrer Spazierengehen werden von den Gruppen Selbstauskünfte verändert haben. Die am häufigsten berichtet, die die körperliche Studienteilnehmerinnen und Aktivität tendenziell öfter in ihrem Lebensstil Studienteilnehmer machten diese Angaben verankert haben als andere: Das sind im Juni und Juli 2020. innerhalb der zweiten Lebenshälfte vor allem Erwachsene im mittleren Lebensalter, also Die meisten Menschen im mittleren und die 46- bis 60-Jährigen. Fast jede/r Dritte höheren Erwachsenenalter geben an, dass von ihnen schätzt ein, die Häufigkeit von sie ihre körperliche Aktivität nicht verändert Sport in der ersten Welle der Pandemie haben: Nach eigenen Angaben machen zwei verringert zu haben, in der ältesten Drittel der Befragten so viel (oder wenig) Altersgruppe der 76- bis 90-Jährigen ist das Sport wie zuvor, sogar drei Viertel der nur jede/r Fünfte. Es ist anzunehmen, dass Befragten gehen genauso häufig spazieren ein Teil der Befragten dieser jüngeren wie vor der Pandemie. Diese Ergebnisse Altersgruppe, die ja noch im Erwerbsalter decken sich mit den Befunden anderer sind, durch die Corona-Krise in besonderem Studien. So konnten auch die COSMO- Umfang durch veränderte berufliche Erhebungen von 18- bis 74-Jährigen aus Anforderungen und zusätzliche familiale April und Juni 2020 keine gravierenden Aufgaben beansprucht ist und daher Veränderungen der körperlichen Freizeitaktivitäten wie Sport weniger oft (Freizeit-)Aktivität nachweisen (Betsch et al., ausüben kann. Es kann aber auch sein, 2020). dass angesichts des hohen Anteils körperlich Inaktiver in der ältesten Gruppe Auch wenn auf der einen Seite Stabilität der viele dieser Hochaltrigen ihre Aktivität gar körperlichen Aktivität bei großen Teilen der nicht noch weiter reduzieren konnten, also Bevölkerung in der zweiten Lebenshälfte zu einfach körperlich inaktiv geblieben sind. beobachten ist, gibt es doch auf der anderen Seite ein Drittel, bei dem sich die körperliche Es sind außerdem eher Frauen als Männer, Aktivität gemäß ihrer Selbstauskünfte in die die erklären, während der Pandemie weniger eine oder andere Richtung verändert hat. Es Sport zu treiben – ein Drittel der Frauen ist zu vermuten, dass es für diese schränkt die Sportaktivitäten ein und nur ein Veränderungen unterschiedliche Gründe Viertel der Männer. Frauen sind gerade in gibt. Ein Teil dieser Menschen musste das der Corona-Zeit stärker belastet als Männer Sportverhalten vermutlich anpassen, weil (Möhring et al., 2020, Czymara et al., 2020), sich die individuellen Bedingungen oder etwa durch die Organisation des familiären auch die Infrastruktur für Bewegung, etwa Alltags, durch Home-Schooling und die aufgrund zeitweise geschlossener Pflege und Versorgung von Sportstätten, verändert haben. Andere unterstützungsbedürftigen wollten vielleicht ihr Verhalten anpassen, Familienmitgliedern (Klaus & Ehrlich, 2021). zum Beispiel um Sport als Kompensation für Auch wenn es Befunde gibt, dass in dieser andere, während der Pandemie nicht oder Zeit die Geschlechterunterschiede in der nur erschwert durchführbare familialen Arbeitsteilung geringer geworden Freizeitaktivitäten und für Bewegungsarmut sind (Bujard, 2020), tragen nach wie vor im Home-Office zu nutzen. Frauen die Hauptlast der Familienarbeit. Zur Verringerung der Sportaktivitäten im Geschlechtervergleich gibt es allerdings
20 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie auch gegenteilige Befunde, die zeigen, dass Sportverhalten nur für knapp 60 Prozent Frauen ihre Aktivitäten seltener als Männer unverändert und ein knappes Drittel treibt reduzieren und sie häufiger intensivieren gemäß eigener Auskünfte weniger Sport als (Mutz & Gerke, 2020; Sport England, 2020). vor der Pandemie. Ein Grund dafür könnte Zur Begründung wird dabei u. a. angeführt, darin liegen, dass es in Ostdeutschland dass Frauen stärker Online- und Home- weniger Menschen gibt, die in Großstädten Sportangebote annehmen, während Männer leben, wo Sportaktivität durch die Corona- häufiger in Vereinen oder kommerziellen Krise stärker beeinträchtigt wird. Einrichtungen Sport treiben, die in der Ostdeutsche sind zum anderen auch Pandemie geschlossen sind. weniger häufig in Sportvereinen organisiert als Westdeutsche (Lampert et al., 2019). Unterschiede in der berichteten Daher haben die Beschränkungen der körperlichen Aktivität nach Wohnort Tätigkeit von Sportvereinen für sie weniger Ein knappes Drittel der in Städten lebenden Konsequenzen als in Westdeutschland. Personen berichtet, die Sportaktivitäten reduziert zu haben – das ist mehr als in Unterschiede in der berichteten ländlichen Kreisen, wo dies nur auf etwa ein körperlichen Aktivität nach funktionaler Gesundheit Viertel zutrifft. Körperliche Aktivität kann auf verschiedene Weise ausgeübt werden. In Funktionale Einschränkungen, also der Befragung des Deutschen Alterssurveys gesundheitliche Beschränkungen in der wird das Freizeitsportverhalten erfasst, nicht Ausübung von Alltagstätigkeiten wie jedoch die körperlichen Aktivitäten, die z. B. Treppensteigen oder Tragen von mit der beruflichen Tätigkeit, Arbeiten in Einkaufstaschen, führen dazu, dass die Haus und Garten oder mit Transportwegen Betroffenen häufiger als andere Personen zusammenhängen. Es ist anzunehmen, angeben, ihre körperliche Aktivität in der dass sich die Profile körperlicher Aktivität in Pandemie einzuschränken. Ein Drittel von Stadt und Land unterscheiden aufgrund ihnen gibt an, weniger Sport als vorher zu unterschiedlicher Berufsstrukturen, machen (bei funktional nicht Infrastrukturangebote und Möglichkeiten, eingeschränkten Personen etwa ein Viertel) sich im Wohnumfeld zu bewegen. Es ist und knapp 12 Prozent gehen nach eigener auch anzunehmen, dass in den Großstädten Einschätzung seltener spazieren (funktional mehr Menschen aus sozial gehobenen nicht eingeschränkte Personen: 7 Prozent). Schichten leben, zu deren Lebensstil Hinzu kommt, dass Menschen mit Freizeitsport öfter gehört als in anderen funktionalen Einschränkungen weniger oft Schichten. Wenn in den Städten körperliche als andere Sport und Spaziergänge in der Aktivität häufig in Form von (institutionellem Pandemie ausweiten. und organisiertem) Freizeitsport ausgeübt Die Bedingungen in der Pandemie führen wird und die Möglichkeiten dafür in der offenbar zu Bewegungsdefiziten bei Corona-Krise eingeschränkt sind, dann ist es denjenigen, für die gezielte sportliche folgerichtig, dass die Sportaktivität in den Aktivität und auch leichtere körperliche Städten stärker zurückgeht als in ländlichen Belastungen wie Spaziergänge besonders Gebieten. wichtig sind für den Erhalt und Verbesserung Ein ähnliches Muster ist in der Veränderung ihrer funktionalen Gesundheit. In der Gruppe der Häufigkeit von Sport in Ost- und der Menschen mit einer eingeschränkten Westdeutschland zu sehen: Während drei funktionalen Gesundheit gehören viele zu Viertel der ostdeutschen Bevölkerung in der den Risikopersonen, für die es in der zweiten Lebenshälfte keine Änderungen der Pandemie wegen des Infektionsrisikos und Sporthäufigkeit berichtet und nur etwa ein des Risikos schwerer Krankheitsverläufe Fünftel Sport reduziert, bleibt in besonders strikte Empfehlungen zur Westdeutschland das berichtete Einhaltung der Abstands- und Kontaktregelungen gibt. Menschen mit
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie 21 Gesundheitsproblemen fühlen sich zudem, al., 2000; Friedman et al., 2008). Zu hoffen vermutlich aufgrund ihrer größeren ist, dass Ereignisse wie die Corona- Gefährdung, durch die Corona-Pandemie Pandemie die Motivation zu körperlicher auch stärker bedroht als Personen mit Aktivität nicht dauerhaft beeinträchtigen. besserer Gesundheit (Wettstein et al., 2020). Vermutlich werden sportlich Aktive durch die Das kann auch dazu führen, dass für diese Pandemie kurzfristig eingeschränkt, Menschen die Motivation sinkt, sich verändern sich aber nicht langfristig zu überhaupt außerhalb ihrer Wohnung zu sportlich Inaktiven. Andererseits macht die bewegen und aktiv zu bleiben. Dazu kommt, Corona-Pandemie aber auch die Inaktiven dass institutionalisierte Sportangebote nicht zu sportlich Aktiven. Die langfristigen mindestens zeitweise nicht zur Verfügung Folgen der Pandemie für die Sportmotivation standen und stehen. und das Sportverhalten sind derzeit noch nicht abzusehen und sollten Gegenstand Unterschiede in der berichteten längsschnittlicher Untersuchungen in den körperlichen Aktivität nach früherer nächsten Jahren werden. Daneben haben körperlicher Aktivität Politik, Medien und Wissenschaft die Fast 40 Prozent der Personen, die im Jahr wichtige Aufgabe, immer wieder auf die 2017 noch regelmäßige sportliche vielfältigen positiven Auswirkungen von Betätigung angaben, erklären, ihre körperlicher Aktivität hinzuweisen. Der Sportaktivitäten seit März 2020 reduziert zu Appell, in Pandemiezeiten möglichst zu haben. Dazu könnten neben den Hause zu bleiben, darf nicht missverstanden individuellen Veränderungen im Alltag auch werden als Aufruf zur Inaktivität. Sportliche die Einschränkungen durch die Schließung Aktivität kann auch zu Hause ausgeübt der Sportanlagen und Fitnessstudios sowie werden. die Beschränkungen in der Tätigkeit der Sportvereine beigetragen haben. Diese Nur wenig Kompensation von langfristigen Limitierungen haben nicht nur Sporteinbußen in der Pandemie durch individuelle Folgen, auch die Infrastruktur Spaziergänge des Sports kann in Gefahr geraten. Bewertet man die Selbstangaben der Sportvereine haben eine wichtige Bedeutung Menschen in der zweiten Lebenshälfte zu z. B. für den Gesundheitssport und für ihrer körperlichen Aktivität, zeigt sich: Bei andere spezialisierte Sportangebote, gerade der großen Mehrheit ändert sich die auch für Ältere. Viele Vereine haben mit Häufigkeit von Sport und Spazierengehen in existenziellen Problemen zu kämpfen, der Pandemie offenbar nicht. Daneben Schwierigkeiten wie fehlende scheint die Pandemie aber „Verlierer/innen“ Übungsleiter/innen und Mitgliederschwund und „Gewinner/innen“ in Bezug auf bestehen nicht erst seit der Corona- körperliche Aktivität zu produzieren. Wer Pandemie (Breuer & Feiler, 2019). weniger Sport treibt, kompensiert das meistens nicht durch mehr Spaziergänge. Im Es gibt aber auch eine kleine Gruppe der vor Gegenteil – etwa ein Fünftel dieser Gruppe der Pandemiezeit sportlich Aktiven, die sich treibt nicht nur weniger Sport, sondern geht offenbar mit den veränderten Bedingungen auch seltener spazieren als vor der sportlicher Aktivität arrangiert hat. Pandemie. Etwa die Hälfte geht genauso oft 11 Prozent derjenigen, die 2017 regelmäßig spazieren wie vorher und nur ein Viertel Sport getrieben haben, sagen, dass sie in gleicht das Sportdefizit durch häufigere der Pandemie sogar mehr Sport treiben als Spaziergänge aus. Wer aber mehr Sport als vorher. Von den Befragten, die 2017 nicht vor der Pandemie treibt, kann dies oft noch regelmäßig Sport getrieben haben, sagen ergänzen durch ein Plus an Spaziergängen. dies nur 6,5 Prozent. Es ist anzunehmen, Auf mehr als die Hälfte derjenigen, die mehr dass sportliche Aktivität oder Inaktivität Sport treiben als vor der Pandemie, trifft das durch langfristige Einstellungen und zu. Gewohnheiten geprägt wird (Hirvensalo et
22 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie Es ist anzunehmen, dass wichtige vielerlei Hinsicht von regelmäßiger Randbedingungen für körperliche Aktivität körperlicher Aktivität profitieren würden. ungleich verteilt sind und dass diese Mehr Angebote müssen speziell für diese Ungleichheit durch die Pandemie noch Altersgruppe entwickelt und jeweils verstärkt wird. Dazu gehören individuelle individuell auf die körperliche Verfassung berufliche und familiäre Belastungen, die und persönlichen Bedürfnisse abgestimmt Zeit und Kraft für körperliche Aktivität werden. begrenzen. Ein Teil der Menschen in der zweiten Lebenshälfte findet z. B. durch Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass ein Arbeit im Home-Office oder den Wegfall Sportangebot, das ausschließlich auf Indoor- anderer Freizeitaktivitäten mehr Zeit für Sportstätten setzt, unter Sport und Spaziergänge. Andere sind Pandemiebedingungen für längere Zeit nicht dagegen durch gestiegene berufliche mehr verfügbar sein kann. Daher ist Belastungen oder zusätzliche familiäre Flexibilität in den Angeboten für Ältere von Verpflichtungen weder in der Lage, Sport zu Vorteil, die auch Bewegung im Freien oder treiben noch spazieren zu gehen. Diese allein durchführbaren Sport zu Hause Personen benötigen Unterstützung und beinhalten. Eine wichtige Möglichkeit, unter Entlastung, um von den positiven Pandemiebedingungen sportlich aktiv zu Auswirkungen von Freizeit- und besonders bleiben, stellen Online-Sportangebote dar, Sportaktivitäten für Gesundheit und Befinden die, abgestimmt auf verschiedene profitieren zu können, gerade in diesen Altersgruppen und Fitnessgrade, eine herausfordernden und belastenden wichtige Funktion haben können. Dies setzt Krisenzeiten. jedoch auch voraus, dass dem bestehenden Trend einer „digitalen Exklusion“ Älterer Fazit (Deutscher Bundestag, 2020; Seifert, Wie kann körperliche Aktivität von Menschen Cotten, & Xie, 2020), entgegengewirkt wird. im mittleren und höheren Erwachsenenalter Auch dies ist eine dringliche, aber in der andauernden Coronakrise unterstützt langfristige und kontinuierliche Aufgabe, die werden? über den Zeitraum der Pandemie hinausreicht. Bei den Sportangeboten für Ältere spielen Sportvereine eine wichtige Rolle. Fast jeder Schließlich bleibt die Herausforderung über dritte Sportverein (das sind in Deutschland die Corona-Zeit hinaus bestehen, diejenigen rund 28.000) bietet Programme mit Menschen mit Bewegungsangeboten Gesundheitsbezug an (allgemeiner unterschiedlicher Art zu erreichen, die bisher Gesundheitssport, Angebote der derartige Angebote nicht nutzen. Das ist Rehabilitation, Angebote für Menschen mit eine langfristige, von Corona unabhängige Behinderung und chronischen Aufgabe. Wenn sich in der Pandemie aber Erkrankungen) (Breuer & Feiler, 2019). neue und flexiblere Formen des Zugangs zu Dieses Potenzial sollte langfristig und Sport und anderen Bewegungsformen verlässlich unterstützt werden. entwickeln und dauerhaft etablieren, könnte Bewegungsprävention findet vor Ort statt, das eine Chance für eine anhaltend breitere daher sind kommunale Institutionen Akzeptanz und Ausführung von körperlicher einzubinden, um niedrigschwellige Angebote Freizeitaktivität sein. wie Bewegungstreffs oder ehrenamtliche Bewegungsbegleitung zu fördern. Hier zeigt sich, dass langfristig gewachsene Strukturen vor Ort wichtig sind, die dann auch in Krisensituationen funktionieren. Ältere Personen treiben seltener Sport als jüngere Personen, obwohl sie nachweislich in
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