Dza aktuell deutscher alterssurvey - Deutsches ...

Die Seite wird erstellt Michelle Krug
 
WEITER LESEN
dza aktuell
deutscher alterssurvey
Heft 03/2021

Herausgeber:
Deutsches Zentrum für
Altersfragen

                        Körperliche Aktivität in der Corona-
                        Pandemie: Veränderung der Häufigkeit von
                        Sport und Spazierengehen bei Menschen in
                        der zweiten Lebenshälfte
                        Sonja Nowossadeck, Markus Wettstein & Anja
                        Cengia
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie: Veränderung der
Häufigkeit von Sport und Spazierengehen bei Menschen in der zweiten
Lebenshälfte
Sonja Nowossadeck, Markus Wettstein & Anja Cengia

Inhalt

Kernaussagen ....................................................................................................................... 3
Einleitung .............................................................................................................................. 5
Daten und Methodik .............................................................................................................. 7
Ergebnisse ............................................................................................................................ 9
Diskussion ............................................................................................................................19
Literatur ................................................................................................................................23
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie                                                    3

Kernaussagen
Im Juni und Juli 2020 wurde im Rahmen des Deutschen Alterssurveys (DEAS) eine
Kurzbefragung zu den Auswirkungen der Corona-Krise durchgeführt. Im Mittelpunkt der
Befragung standen Veränderungen in verschiedenen Lebensbereichen, die während der
Pandemie bei Menschen in der zweiten Lebenshälfte, also bei 46- bis 90-Jährigen, aufgetreten
sind. Unter anderem wurde auch gefragt, ob sich die körperliche Aktivität seit Mitte März 2020,
also dem Beginn der Corona-Krise, geändert hat. Zwei Formen der körperlichen Aktivität werden
unterschieden: Sport (etwa Fußball, Gymnastik oder Schwimmen) sowie Spaziergänge.
•   Ein Viertel der Menschen in der                    geben an, weniger Sport zu treiben als
    zweiten Lebenshälfte gibt an,                      vor der Pandemie.
    sportliche Aktivitäten eingeschränkt
    zu haben. Es gibt eine größere Gruppe          •   Menschen mit hohem Bildungsgrad
    von Menschen, die Veränderungen ihrer              geben besonders häufig Änderungen
    körperlichen Aktivität berichten: Ein gutes        ihres Sportverhaltens in der Pandemie
    Viertel (27,8 Prozent) hat gemäß ihrer             an. Sie treiben einerseits, wie sie selbst
    Selbstauskünfte sportliche Aktivitäten             berichten, am häufigsten mehr Sport als
    eingeschränkt, 7,7 Prozent haben mehr              vor der Pandemie (11,1 Prozent).
    Sport getrieben als vor Beginn der                 Andererseits haben in der Gruppe mit
    Corona-Pandemie. Mehr Spaziergänge                 hohem Bildungsgrad Menschen den
    als vor der Pandemie berichten                     Sport aber auch häufiger eingeschränkt
    15,1 Prozent, weniger Spaziergänge                 als Menschen mit niedrigerem
    10,2 Prozent. Zwei Drittel der 46- bis 90-         Bildungsgrad (28,0 Prozent vs.
    Jährigen geben an, die Häufigkeit von              20,8 Prozent Fast jede/r Fünfte
    Sport, und drei Viertel, die Häufigkeit von        (19,0 Prozent) der Personen mit hohem
    Spaziergängen seit Beginn der Corona-              Bildungsgrad gibt an, häufiger spazieren
    Pandemie beibehalten zu haben.                     zu gehen, das macht nur jede/r
                                                       Zwanzigste (5,2 Prozent) mit niedrigem
•   46- bis 60-Jährige geben am                        Bildungsgrad.
    häufigsten an, dass sich ihre
    sportliche Aktivität in der Pandemie           •   Personen, die in Städten und die in
    verändert hat. 11,4 Prozent in dieser              Westdeutschland leben, berichten
    Altersgruppe treiben laut eigener Angabe           häufiger Veränderungen ihrer
    mehr Sport – das sind etwa 5 bis 10                sportlichen Aktivität als Personen in
    Prozentpunkte mehr als in den älteren              Ostdeutschland und in ländlichen
    Gruppen. Knapp ein Drittel (30,9 Prozent)          Kreisen. Ein Drittel (32,2 Prozent) der in
    dieser Altersgruppe macht aber weniger             kreisfreien Großstädten Wohnenden
    Sport, auch das ist mehr als in den                berichtet eine Verringerung der
    älteren Gruppen (etwa 4 bis 9                      sportlichen Aktivitäten in der Pandemie,
    Prozentpunkte). Das Spazierengehen                 das trifft nur auf 25,1 Prozent der
    schränken dagegen anteilig mehr                    Bevölkerung in dünn besiedelten
    Personen der ältesten Gruppe ein als in            ländlichen Kreisen zu. Allerdings geben
    den anderen Altersgruppen (76-90 Jahre:            die Großstädterinnen und Großstädter
    15,0 Prozent, im Vergleich zu 46-60                auch häufiger an, ihre Sportaktivitäten
    Jahre: 8,8 Prozent).                               erweitert zu haben (10,4 Prozent) als die
                                                       in dünn besiedelten ländlichen Kreisen
•   Frauen berichten öfter eine                        Wohnenden (7,3 Prozent). Westdeutsche
    Verringerung ihrer sportlichen                     geben zu 10,7 Prozent an, seit März
    Aktivität in der Pandemie als Männer.              2020 mehr Sport und zu fast einem Drittel
    Ein Drittel der Frauen zwischen 46 und             (30,4 Prozent), weniger Sport zu machen.
    90 Jahren (32,8 Prozent) und nur                   Bei Ostdeutschen sind beide Anteile
    22,4 Prozent der Männer dieses Alters
4                                              Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie

    geringer (2,8 Prozent mehr Sport,              Sportaktivitäten, 11,0 Prozent (vs.
    21,0 Prozent weniger Sport).                   6,5 Prozent) treiben allerdings auch mehr
                                                   Sport als vorher.
•   Wer funktionale Einschränkungen hat,
    gibt öfter reduzierte Aktivitäten bei      •   Nur ein Viertel der Personen, die in der
    Sport und Spazierengehen an. Wer mit           Pandemie weniger Sport treiben,
    funktionalen Einschränkungen lebt,             gleichen dieses Bewegungsdefizit
    reduziert gemäß Selbstangaben häufiger         durch häufigere Spaziergänge aus.
    als nicht in dieser Weise eingeschränkte       Häufigeres Spazierengehen könnte die
    Menschen die Sportaktivitäten (32,2 vs.        Reduktion sportlicher Aktivität zumindest
    26,9 Prozent) und verringert tendenziell       teilweise ausgleichen. Ein solcher
    auch häufiger das Spazierengehen (11,9         Ausgleich findet aber nur selten statt: Nur
    vs. 7,4 Prozent).                              ein Viertel (24,6 Prozent) der Personen,
                                                   die ihre sportliche Aktivität reduziert
•   Die bereits vor der Pandemie                   haben, gibt an, seit Mitte März häufiger
    regelmäßig sportlich Aktiven berichten         spazieren zu gehen als zuvor. Dies sieht
    besonders oft veränderte sportliche            bei den Personen, die seit Mitte März
    Aktivität in der Pandemie. Früheres            mehr Sport treiben als zuvor, ganz
    regelmäßiges Sporttreiben spielt eine          anders aus. Mehr als die Hälfte der seit
    Rolle für die Veränderung der                  März sportlich Aktiveren (52,0 Prozent)
    körperlichen Aktivität in der Pandemie.        gibt an, seitdem auch häufiger spazieren
    38,7 Prozent der im Jahr 2017                  zu gehen. Wer in der Pandemie mehr
    regelmäßig sportlich Aktiven (vs.              Sport treibt, hat also häufig auch noch ein
    14,7 Prozent der Inaktiven) reduzieren,        Bewegungsplus durch mehr
    wie sie selbst angeben, ihre                   Spaziergänge.
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie                                                   5

Einleitung
Regelmäßige körperliche Aktivität, wie            Bevölkerungsgruppen besonders gefährdet
Spazierengehen, Schwimmen oder                    sind, infolge der Pandemie weniger
Fahrradfahren, hat positive Auswirkungen          körperlich aktiv zu sein mit entsprechenden
auf die Gesundheit, auch bei älteren              Auswirkungen auf ihre Gesundheit sowie ihr
Menschen (Rütten et al., 2005). Körperlich        allgemeines Wohlbefinden.
Aktive über 65 Jahre haben beispielsweise
im Vergleich zu inaktiven Gleichaltrigen eine     Im vorliegenden DZA Aktuell werden
niedrigere Sterblichkeitsrate, insbesondere       selbstberichtete Veränderungen körperlicher
bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen, sowie ein        Aktivität zwischen verschiedenen Gruppen
generell stärkeres Immunsystem (WHO,              verglichen. Ältere Menschen könnten
2020, Jordan et al., 2020, Weyh, Krüger, &        aufgrund ihrer höheren Gefährdung durch
Strasser, 2020). Sie sind besser geschützt        schwere COVID-19-Erkrankungen (Robert-
vor bestimmten Krankheiten und                    Koch-Institut, 2020) ihre körperliche Aktivität
Gesundheitsrisiken wie Bluthochdruck,             oder zumindest außerhäuslichen Sport
Übergewicht, Typ-2-Diabetes und                   stärker reduziert haben als jüngere, um ihr
bestimmten Krebserkrankungen (WHO,                Ansteckungsrisiko zu minimieren.
2020). Es gibt auch Hinweise darauf, dass         Andererseits könnten Personen im mittleren
sich körperliche Aktivität positiv auf geistige   Erwachsenenalter diejenigen sein, die in der
Fähigkeiten auswirkt (Colcombe & Kramer,          Zeit geschlossener Kitas und Schulen ihre
2003) sowie Stimmung und Wohlbefinden             Kinder selbst betreuen müssen und denen
positiv beeinflusst (Hogan, Mata, &               daher besonders die Zeit für
Carstensen, 2013). Daher empfiehlt die            Freizeitaktivitäten wie Sport fehlt. Dies
Weltgesundheitsorganisation für alle              wiederum könnte auf Frauen noch stärker
Erwachsenen im Alter ab 65 Jahren                 zutreffen als auf Männer, da Frauen in
regelmäßige körperliche Aktivität. Pro            einem stärkeren Ausmaß als Männer
Woche sollten dies mindestens 150 bis 300         Aufgaben der Kinderbetreuung übernehmen.
Minuten aerobe (d. h. eher auf Ausdauer           Bildung könnte eine Rolle spielen, da
ausgerichtete) körperliche Aktivität mittlerer    Menschen mit einem höheren Bildungsgrad
Intensität, etwa Joggen oder zügiges Gehen,       im Allgemeinen häufiger sportlich aktiv sind
und weitere Übungen, z. B. zur                    als Menschen mit einem geringeren
Muskelkräftigung und zum Balancetraining,         Bildungsgrad (Lippke & Vögele, 2006; Finger
sein. Ähnliche Empfehlungen gelten auch für       et al., 2017) und sie womöglich auch
Erwachsene unter 65 Jahren. (WHO, 2020).          während der Pandemie eher sportlich aktiv
                                                  bleiben. Hinsichtlich des Wohnortes sind
Mit Maßnahmen wie Abstands- und                   sowohl Stadt-Land-Unterschiede als auch
Hygieneregeln aufgrund der Corona-                die Unterschiede zwischen Ost- und
Pandemie haben sich seit März 2020 die            Westdeutschland für die Veränderung der
Rahmenbedingungen für körperliche                 körperlichen Aktivität interessant. Bisherige
Aktivität innerhalb kurzer Zeit grundlegend       Studien zeigen, dass das Ausmaß der
verändert. Das wirkt sich auf die Häufigkeit      Sportpartizipation im ländlichen Raum
von Sport und Spazierengehen von                  geringer ist als in Städten (Röding, 2016). In
Menschen in der zweiten Lebenshälfte aus,         Ostdeutschland war zur Zeit der
allerdings womöglich in unterschiedlicher         Wiedervereinigung das Niveau
Weise für verschiedene                            breitensportlicher Aktivitäten geringer als in
Bevölkerungsgruppen. Es gibt bereits erste        Westdeutschland, seither werden die
Hinweise darauf, dass die Pandemie die            Unterschiede kleiner (Röding, 2016).
allgemeine Häufigkeit sportlicher Aktivität       Trotzdem zeigen auch die Daten früherer
negativ beeinflusst (z. B. Ammar et al.,          DEAS-Erhebungen höhere Anteile
2020). Allerdings fehlen noch differenziertere    regelmäßiger sportlicher Aktivität in
Befunde, die zeigen, welche                       Westdeutschland (Mahne et al., 2017,
6                                                Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie

Tabellenanhang). Wenn Menschen in den            gesundheitlichen Vorteile von Bewegung
Städten und in Westdeutschland zu                auch in dieser Situation zu nutzen.
größeren Anteilen regelmäßig Sport treiben,      Andererseits werden viele, die aus Furcht
ist anzunehmen, dass in diesen Gebieten          vor einer potenziellen COVID-19-
auch mehr Personen von den                       Ansteckung ihre sportliche Aktivität
einschränkenden Wirkungen der Pandemie           reduzieren, womöglich aus demselben
auf den Freizeitsport betroffen sein könnten.    Grund auch weniger spazieren gehen als vor
                                                 der Pandemie.
Auch die funktionale Gesundheit könnte von
Bedeutung für die selbstberichtete               Das vorliegende DZA Aktuell befasst sich
Veränderung der körperlichen Aktivität sein:     mit den berichteten Veränderungen
Personen mit funktionalen                        körperlicher Aktivität in der zweiten
Gesundheitseinschränkungen sind allein           Lebenshälfte infolge der Corona-Pandemie.
durch diese häufig in ihren Möglichkeiten        Folgende Forschungsfragen werden
eingeschränkt, sportlich aktiv zu sein. Da sie   untersucht:
unter Umständen auch gefährdeter sind,
schwer am COVID-19-Virus zu erkranken            •   Welche Veränderungen berichten
(Robert-Koch-Institut, 2020), ist zu erwarten,       Menschen in der zweiten Lebenshälfte
dass sie während der Pandemie ihre                   bei Sport und Spazierengehen seit
körperliche Aktivität noch stärker reduzieren        Beginn der Corona-Pandemie?
als Personen mit guter funktionaler
                                                 •   Sind diese berichteten Veränderungen
Gesundheit.
                                                     unterschiedlich nach Alter, Geschlecht
Schließlich ist zu erwarten, dass frühere            und Bildung?
körperliche Aktivität eine wichtige Rolle
                                                 •   Gibt es einen Zusammenhang zwischen
spielt: Das Ausmaß, in dem Personen
                                                     dem Wohnort (West- bzw.
körperlich aktiv sind, ist im Allgemeinen über
                                                     Ostdeutschland, Stadt oder Land) und
mehrere Jahre recht stabil (Friedman et al.,
                                                     den berichteten Veränderungen der
2008; Hirvensalo et al., 2000). Personen, die
                                                     körperlichen Aktivität?
schon vor der Pandemie angaben,
regelmäßig körperlich aktiv zu sein, bleiben     •   Wie hängt die funktionale Gesundheit
dies daher vermutlich auch eher während              mit den berichteten Veränderungen der
der Pandemie, während bei körperlich                 körperlichen Aktivität zusammen?
inaktiven Personen kaum zu erwarten ist,
dass sie während der Pandemie körperlich         •   Welchen Unterschied gibt es in den
aktiver werden.                                      berichteten Veränderungen bei Sport
                                                     und Spazierengehen zwischen
Wenn es in der Corona-Krise nicht mehr
                                                     denjenigen, die vor Beginn der
möglich ist, Sport z. B. in Vereinen oder in
                                                     Pandemie (im Jahr 2017) regelmäßig
Fitnessstudios zu treiben, bleibt dennoch die
                                                     körperlich aktiv waren und denen, die
Möglichkeit, den fehlenden Sport durch
                                                     das nicht waren?
andere Arten von Bewegung wie
beispielsweise Spazierengehen zu                 •   Gleichen Menschen, die in der
kompensieren. Es ist anzunehmen, dass das            Pandemie weniger Sport treiben, dieses
von einem größeren Teil derjenigen, die              Defizit durch häufigere Spaziergänge
weniger Sport als vor der Pandemie treiben,          aus?
so gehandhabt wird, um die
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie                                                   7

Daten und Methodik

   Der Deutsche Alterssurvey (DEAS)

   Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) ist eine repräsentative Quer- und Längsschnittbefragung
   von Personen in der zweiten Lebenshälfte. Im Rahmen der Studie werden seit mehr als zwei
   Jahrzehnten Frauen und Männer auf ihrem Weg ins höhere und hohe Alter regelmäßig befragt
   (1996, 2002, 2008, 2011, 2014, 2017, 2020). Dieser lange Beobachtungszeitraum von mehr
   als zwei Jahrzehnten erlaubt einen umfassenden Einblick in das Älterwerden und die
   Lebenssituationen von Menschen in der zweiten Lebenshälfte. Zudem kann durch das
   kohortensequenzielle Design der Studie Älterwerden im sozialen Wandel untersucht werden.
   Der Deutsche Alterssurvey ist daher eine zentrale Studie zu Alter und Altern in Deutschland.
   Mehr als 20.000 Personen haben bislang an der Studie teilgenommen. Befragt werden
   Personen, die zum Zeitpunkt der ersten Teilnahme 40 Jahre und älter sind. Die
   Teilnehmenden werden auf Basis einer nach Alter, Geschlecht und Region geschichteten
   Einwohnermeldeamtsstichprobe ausgewählt. Die Daten des Deutschen Alterssurveys sind
   daher repräsentativ für die in Privathaushalten lebende Wohnbevölkerung Deutschlands in der
   zweiten Lebenshälfte. Durch den Deutschen Alterssurvey können auch die Lebenssituationen
   in Krisenzeiten – wie wir sie aktuell aufgrund der Corona-Pandemie erleben – näher beleuchtet
   und besser verstanden werden.

   Die jüngste Befragung fand im Zeitraum vom 8. Juni bis zum 22. Juli 2020 statt. Im Zentrum
   dieser Befragung standen Fragen zur aktuellen Lebenssituation sowie zu erlebten
   Veränderungen während der Corona-Pandemie in verschiedenen Lebensbereichen, etwa in
   sozialen Beziehungen, im Wohlbefinden und in der Erwerbsarbeit. Es haben 4.823 Personen
   ab einem Alter von 46 Jahren an der Befragung teilgenommen. Aufgrund der Corona-
   Pandemie wurden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Deutschen Alterssurveys, die
   bereits zuvor mindestens einmal an der Studie teilgenommen hatten, mit einem schriftlichen
   Fragebogen (anstatt wie bisher im persönlichen Interview) befragt. Diese jüngste schriftlich-
   postalische Kurzbefragung stellt den ersten Teil der siebten Welle des Deutschen
   Alterssurveys dar. Im zweiten Teil werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des
   Deutschen Alterssurveys telefonisch interviewt – von November 2020 bis April 2021.

   Der Deutsche Alterssurvey (DEAS) wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Familie,
   Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) gefördert.

   Weitere Informationen zum Deutschen Alterssurvey (DEAS) finden sich
   unter www.deutscher-alterssurvey.de.
8                                               Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie

Die Ergebnisse dieses Berichts basieren auf     Neben der Unterscheidung des Wohnortes
Auswertungen der siebten Welle des              der Befragten nach Ost- und
Deutschen Alterssurveys (DEAS; Vogel,           Westdeutschland wurde auch nach dem
Klaus, Wettstein, Simonson, & Tesch-            siedlungsstrukturellen Kreistyp des
Römer, 2020). Für die vorliegenden              Wohnortes (Stand: DEAS 2017)
Auswertungen wurden die Angaben von             differenziert. Die Menschen wurden danach
4.762 Personen im Alter zwischen 46 und 90      gruppiert, zu welcher Kategorie der Kreis
Jahren berücksichtigt. Für einige               gehört, in dem sie leben: kreisfreie
Auswertungen (frühere körperliche Aktivität,    Großstädte, städtische Kreise, ländliche
funktionale Einschränkungen) wurden auch        Kreise mit Verdichtungsansätzen und dünn
Angaben einbezogen, die diese Personen in       besiedelte ländliche Kreise (vgl.
der DEAS-Erhebung 2017 gemacht hatten –         Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und
entsprechend beruhen diese Auswertungen         Raumforschung (BBSR), 2020).
auf Angaben von Personen, die sowohl 2017
als auch 2020 am DEAS teilgenommen              Die funktionale Gesundheit wurde in der
haben. Für die Analysen wurden die              DEAS-Befragung 2017 mit dem GALI-
folgenden Maße verwendet:                       Indikator (Global Activity Limitation Indicator)
                                                gemessen und für die Analysen 2020 als
Die selbstberichtete Veränderung der            Proxy für die funktionale Gesundheit 2020
körperlichen Aktivität in der Corona-           übernommen. Für den GALI (vgl. Robine &
Pandemie wurde für den Zeitraum zwischen        Jagger, 2003) wird erfragt: „Waren Sie
März und Juni/Juli 2020 für Sport und           während der letzten 6 Monate oder länger
Spazierengehen getrennt erfragt. Für Sport      bei Dingen, die man üblicherweise so tut,
wurde gefragt: „Hat sich Ihre sportliche        aus gesundheitlichen Gründen
Aktivität seit Mitte März geändert?“ mit den    eingeschränkt?“ Die Befragten antworten
Antwortmöglichkeiten „Ja, ich mache mehr        mit: „Ja, stark eingeschränkt“ / „Ja,
Sport“ / „Ja, ich mache weniger Sport“ /        eingeschränkt“ / „Nein, nicht eingeschränkt“.
„Nein, ist gleich geblieben“. Für               Für die Analysen wurden die Antworten
Spazierengehen wurde gefragt: „Hat sich         zusammengefasst zu „funktional
dies [Spazierengehen] seit Mitte März           eingeschränkt“ („stark eingeschränkt“ und
geändert?“ mit den Antwortmöglichkeiten         „eingeschränkt“) und „funktional nicht
„Ja, ich gehe häufiger spazieren“ / „Ja, ich    eingeschränkt“.
gehe seltener spazieren“ / „Nein, ist gleich
geblieben“.                                     Die Angaben im DEAS 2017 zu Sport und
                                                Spazierengehen wurden als Indikatoren für
Alter, Geschlecht sowie Bildungsstatus.         die frühere körperliche Aktivität vor März
Um die Rolle des Lebensalters zu                2020 verwendet. Konkret wurde 2017
untersuchen, wurden drei Altersgruppen          gefragt, wie oft die Menschen Sport treiben
gebildet: 46- bis 60-Jährige (n = 996;          bzw. spazieren gehen. Dabei konnte als
20,9 Prozent), 61- bis 75-Jährige (n = 2.166;   Antwort „täglich“ / „mehrmals in der Woche“ /
45,5 Prozent) sowie Personen zwischen 76        „einmal in der Woche“ / „1- bis 3-mal im
und 90 Jahren (n = 1.600; 33,6 Prozent)         Monat“ / „seltener“ oder „nie“ gewählt
Zudem wurden Frauen (n = 2.434;                 werden. Für die Auswertungen wurden diese
51,1 Prozent) und Männer (n = 2.328;            Antwortkategorien in jeweils zwei Gruppen
48,9 Prozent) miteinander verglichen.           zusammengefasst, zum einen für Sport und
Bildung wurde in drei Gruppen unterteilt:       zum anderen für das Spazierengehen:
Personen mit niedrigem (n = 205;                Regelmäßig Sport bzw. Spazierengehen
4,3 Prozent), Bildungsabschluss (n = 2.250;     (täglich, mehrmals in der Woche bzw. einmal
47,2 Prozent) und hohem Bildungsabschluss       in der Woche) und nicht regelmäßig Sport
(n = 2.306; 48,4 Prozent).                      bzw. Spazierengehen (1- bis 3-mal im
                                                Monat, seltener bzw. nie).
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie                                                                           9

Ergebnisse
Ein Viertel der Menschen in der zweiten                           61,5 Prozent aller 46- bis 90-Jährigen geben
Lebenshälfte gibt an, sportliche                                  an, dass sie gegenwärtig regelmäßig, also
Aktivitäten eingeschränkt zu haben.                               mindestens einmal in der Woche, Sport
                                                                  treiben.
In der Corona-Pandemie werden sowohl
Kontinuität als auch Veränderungen der                            Die Häufigkeit des Spazierengehens hat sich
körperlichen Aktivität im mittleren und                           insgesamt noch weniger verändert
höheren Erwachsenenalter berichtet. Etwa                          (Abbildung 1). Etwa drei Viertel der
zwei Drittel der Personen (64,5 Prozent)                          Personen (74,7 Prozent) geben an, genauso
geben an, sportlich genauso häufig aktiv                          oft spazieren zu gehen wie vor der
bzw. inaktiv zu sein wie vor der Pandemie.                        Pandemie, 10,2 Prozent gehen seltener,
Diejenigen, die eine veränderte Häufigkeit                        15,1 Prozent häufiger spazieren. Beim
beim Sport berichten, haben diese sehr viel                       Spazierengehen haben also anders als beim
häufiger eingeschränkt als ausgeweitet: Ein                       Sport mehr Menschen die Aktivität
gutes Viertel (27,8 Prozent) hat sportliche                       ausgeweitet als verringert. Insgesamt gehen
Aktivitäten reduziert, lediglich 7,7 Prozent                      gegenwärtig 71,1 Prozent aller 46- bis 90-
treiben mehr Sport als vor Beginn der                             Jährigen regelmäßig, also mindestens
Corona-Pandemie (Abbildung 1).                                    einmal pro Woche, spazieren.

Abbildung 1: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und
             Spazierengehen) (in Prozent)

     Sport       7,7                 64,5                             27,8
                                                                                            mehr als vor Pandemie
                                                                                            gleich geblieben
                                                                                            weniger als vor Pandemie
Spazieren          15,1                        74,7                          10,2

             0            20          40              60         80             100
                                            Prozent

Quelle: DEAS 2020, n = 4.679 (Sport), n = 4.718 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben
10                                                                     Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie

Unterschiede nach Alter, Geschlecht und Bildung
46- bis 60-Jährige geben die größten                                   der 76- bis 90-Jährigen, in der drei Viertel
Veränderungen der Sporthäufigkeit in der                               (75,9 Prozent) keine Veränderung berichten.
Pandemie an                                                            Allerdings bleibt die älteste Gruppe diejenige
                                                                       mit den geringsten Anteilen an regelmäßig
Am stärksten hat sich die Häufigkeit von                               sportlich Aktiven (76-90 Jahre: 50,7 Prozent
Sport bei Personen im Alter von 46 bis 60                              vs. 46-60 Jahre: 62,4 Prozent).
Jahren verändert (Abbildung 2). Sie haben
die größten Zuwächse, aber auch die                                    In der ältesten Gruppe geben anteilig mehr
größten Rückgänge an sportlicher Aktivität                             Personen an, das Spazierengehen
zu berichten: 11,4 Prozent in dieser                                   einzuschränken als in den anderen
Altersgruppe geben an, mehr Sport zu                                   Altersgruppen (76-90 Jahre: 15,0 Prozent,
treiben als vor der Pandemie – das sind                                im Vergleich zu 46-60 Jahre: 8,8 Prozent)
mehr als in den älteren Gruppen (61-                                   (Abbildung 2). Dagegen geben besonders
75 Jahre: 6,1 Prozent, 76-90 Jahre:                                    viele der 46- bis 60-Jährigen (19,2 Prozent)
1,9 Prozent). Aber knapp ein Drittel                                   an, dass sie häufiger spazieren gehen als
(30,9 Prozent) dieser Altersgruppe von 46                              vor der Pandemie. Die Anteile derjenigen,
bis 60 Jahren berichtet, weniger Sport zu                              die regelmäßig spazieren gehen, liegen in
treiben – auch das ist mehr als in den                                 der jüngsten (46-60 Jahre) wie auch in der
anderen Altersgruppen (mit 27,0 bzw.                                   ältesten Gruppe (76-90 Jahre) jeweils knapp
22,2 Prozent). Am stabilsten bleibt die                                unter 70 Prozent.
Häufigkeit von Sport bei der ältesten Gruppe

Abbildung 2: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und
             Spazierengehen) nach Altersgruppen (in Prozent)

            46-60 Jahre       11,4          57,7                             30,9                   mehr als vor Pandemie
                                                                                                    gleich geblieben
Sport

            61-75 Jahre 6,1                 66,9                                27,0                weniger als vor Pandemie

            76-90 Jahre 1,9                 75,9                                 22,2

            46-60 Jahre         19,2                       72,0                          8,8
Spazieren

            61-75 Jahre        15,1                       75,8                           9,1

            76-90 Jahre 6,3                        78,6                                15,0

                          0            20    40                   60       80                 100
                                                   Prozent

Quelle: DEAS 2020, n = 4.679 (Sport), n = 4.718 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch
signifikant (p
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie                                                                             11

Frauen berichten öfter eine verringerte                           sportliche Aktivität erhöht haben (Abbildung
sportliche Aktivität in der Pandemie als                          3). Etwa jede/r Zehnte geht seltener
Männer                                                            spazieren als vor der Pandemie, knapp
                                                                  jede/r Siebente häufiger und etwa drei
Ein Drittel der Frauen zwischen 46 und 90                         Viertel berichten keine Veränderung der
Jahren (32,8 Prozent) und nur 22,4 Prozent                        Häufigkeit des Spazierengehens. Die
der Männer dieses Alters geben an, weniger                        Unterschiede zwischen den Geschlechtern
Sport zu treiben als vor der Pandemie. Bei                        sind beim Spazierengehen nur gering und
beiden Geschlechtern berichten ungefähr                           nicht statistisch signifikant.
gleich viele, etwa acht Prozent, dass sie ihre

Abbildung 3: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und
             Spazierengehen) nach Geschlecht (in Prozent)

            Frauen       7,7           59,4                        32,8                     mehr als vor Pandemie
Sport

                                                                                            gleich geblieben
                                                                                            weniger als vor Pandemie
            Männer       7,6              69,9                         22,4

            Frauen         16,6                  72,1                      11,3
Spazieren

            Männer        13,5                   77,6                         8,9

                     0            20     40             60        80              100
                                              Prozent

Quelle: DEAS 2020, n = 4.680 (Sport), n = 4.719 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede nur für
Sport statistisch signifikant (p
12                                                                          Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie

Menschen mit hohem Bildungsgrad                                             Aussage nur 2,6 Prozent mehr und nur
geben besonders häufig Änderungen                                           20,8 Prozent weniger Sport.
ihres Sportverhaltens in der Pandemie an
                                                                            Beim Spazierengehen unterscheiden sich
Die Daten zeigen einen Zusammenhang                                         die Bildungsgruppen vor allem bei denen,
zwischen dem Bildungsgrad und der                                           die berichten, mehr spazieren zu gehen:
Veränderung der Häufigkeit von Sport in der                                 Fast jede/r Fünfte (19,0 Prozent) der
Pandemie: Personen mit einem hohen                                          Personen mit hohem Bildungsgrad macht
Bildungsgrad sind die Gruppe, die nach                                      das, aber nur jede/r Zwanzigste
eigener Aussage ihre Sportaktivitäten                                       (5,2 Prozent) mit niedrigem Bildungsgrad.
einerseits am häufigsten ausgedehnt                                         Dagegen sind die Anteile derer, die weniger
(11,1 Prozent), andererseits aber auch                                      spazieren gehen, in allen Bildungsgruppen
häufig eingeschränkt hat (28,0 Prozent). Von                                sehr ähnlich und liegen zwischen 10 und
den Personen mit einem niedrigen                                            11 Prozent.
Bildungsgrad treiben dagegen nach eigener

Abbildung 4: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und
             Spazierengehen) nach Bildungsgrad (in Prozent)

            niedrige Bildung 2,6                  76,6                                    20,8          mehr als vor Pandemie
                                                                                                        gleich geblieben
Sport

            mittlere Bildung 5,3                 66,1                                   28,6            weniger als vor Pandemie

             hohe Bildung          11,1            60,9                                 28,0

            niedrige Bildung 5,2                         83,8                                  11,0
Spazieren

            mittlere Bildung       13,1                     76,7                               10,2

             hohe Bildung            19,0                       71,0                           10,0

                               0            20    40                   60          80             100
                                                         Prozent

Quelle: DEAS 2020, n = 4.679 (Sport), n = 4.718 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch
signifikant (p
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie                                                                                   13

Unterschiede nach Wohnort
Menschen, die in Städten leben, sagen                                              dies nur auf 25,1 Prozent in dünn
öfter als diejenigen auf dem Land, dass                                            besiedelten ländlichen Kreisen zu. Allerdings
sich ihre Sporthäufigkeit verändert hat                                            haben die Großstädterinnen und
                                                                                   Großstädter nach eigener Aussage auch
Während der Pandemie hat sich in den                                               häufiger ihre Sportaktivitäten erweitert
Städten das Sporttreiben offenbar stärker                                          (10,4 Prozent) als die in dünn besiedelten
verändert als in ländlichen Kreisen                                                ländlichen Kreisen Wohnenden
(Abbildung 5): Nur 57,4 Prozent der                                                (7,3 Prozent).
Menschen zwischen 46 und 90 Jahren, die
in kreisfreien Großstädten leben, aber                                             Auch für Spaziergänge werden tendenziell
71,2 Prozent der Menschen in dünn                                                  mehr Veränderungen von Personen in
besiedelten ländlichen Kreisen geben an,                                           städtischen Regionen berichtet (Abbildung
genauso viel Sport zu treiben wie vor der                                          5). Allerdings sind die Unterschiede
Pandemie. Während in kreisfreien                                                   zwischen den Kreistypen gering und
Großstädten knapp ein Drittel (32,2 Prozent)                                       statistisch nicht signifikant.
sportliche Aktivitäten eingeschränkt hat, trifft

Abbildung 5: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und
             Spazierengehen) nach Wohnort in BBSR-Kreistypen (in Prozent)

            dünn besied. ländl. Kreis 3,7                             71,2                                    25,1

                     ländlicher Kreis       7,3                         68,9                                   23,8
Sport

                    städtischer Kreis       11,4                       58,3                                  30,4

                kreisfreie Großstadt        10,4                      57,4                                32,2

            dünn besied. ländl. Kreis       11,3                                 82,0                                   6,8
Spazieren

                     ländlicher Kreis         15,8                               73,3                                 10,9

                    städtischer Kreis             19,3                             72,1                                8,7

                kreisfreie Großstadt              17,4                            74,0                                 8,7

                                        0                20            40                 60            80               100
                                                                              Prozent

                    mehr als vor Pandemie                     gleich geblieben                 weniger als vor Pandemie

Quelle: DEAS 2020, n = 4.111 (Sport), n = 4.138 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede nur für
Sport statistisch signifikant (p
14                                                                Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie

Menschen in Westdeutschland berichten                                Anteile geringer (2,8 Prozent mehr Sport,
häufiger Veränderungen beim Sport                                    21,0 Prozent weniger Sport; Abbildung 6).

Die Pandemie hat die Häufigkeit von Sport in                         Auch beim Spazierengehen sind die
Westdeutschland stärker beeinflusst als in                           Veränderungen in der Pandemie in
Ostdeutschland. Ostdeutsche geben zu                                 Westdeutschland größer als in
einem deutlich höheren Anteil (76,3 Prozent)                         Ostdeutschland: Von allen Westdeutschen
als Westdeutsche (58,9 Prozent) an, ihre                             gehen nach eigener Aussage 18,1 Prozent
sportliche Aktivität in der Corona-Pandemie                          häufiger spazieren als vorher und
nicht verändert zu haben. Westdeutsche                               9,5 Prozent seltener (Abbildung 6). Bei
geben zu 10,7 Prozent an, seit März 2020                             Ostdeutschen liegen diese Anteile nur bei
mehr Sport zu treiben und zu fast einem                              11,7 Prozent (häufiger spazieren) bzw.
Drittel (30,4 Prozent), weniger Sport zu                             6,4 Prozent (seltener spazieren).
machen. Bei Ostdeutschen sind beide

Abbildung 6: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und
             Spazierengehen) nach Wohnort in West- bzw. Ostdeutschland (in Prozent)
Sport

             Ost 2,8                 76,3                               21,0                  mehr als vor Pandemie
                                                                                              gleich geblieben
            West       10,7          58,9                            30,4
                                                                                              weniger als vor Pandemie
Spazieren

             Ost       11,7                    81,9                             6,4

            West         18,1                   72,3                           9,5

                   0            20   40                60       80                   100
                                            Prozent

Quelle: DEAS 2020, n = 4.111 (Sport), n = 4.138 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch
signifikant (p
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie                                                                                       15

Unterschiede nach funktionaler Gesundheit
Ein Drittel der Personen mit funktionalen                                eingeschränkte ihre Sportaktivitäten (32,2
Einschränkungen gibt an, während der                                     vs. 26,9 Prozent).
Pandemie weniger Sport zu treiben
                                                                         Die selbstberichtete Veränderung des
Ein Drittel der Personen in der DEAS-                                    Spazierengehens weist weniger deutliche
Befragung 2020 gab im Jahr 2017                                          Unterschiede nach gesundheitlichen
funktionale Einschränkungen an, also                                     Merkmalen auf als die Veränderung beim
gesundheitliche Einschränkungen bei                                      Sport. Allerdings zeigt sich auch hier, dass
Alltagstätigkeiten – zwei Drittel waren nicht                            Personen mit einer eingeschränkten
funktional eingeschränkt. Personen ohne                                  funktionalen Gesundheit häufiger angeben,
funktionale Einschränkungen schätzen                                     Spaziergänge verringert zu haben als
häufiger ein, mehr Sport seit März 2020 zu                               Personen mit guter funktionaler Gesundheit
machen als das funktional eingeschränkte                                 (11,9 vs. 7,4 Prozent, Abbildung 7).
Personen tun (10,4 vs. 6,0 Prozent,                                      Personen mit einer guten funktionalen
Abbildung 7). Funktional eingeschränkte                                  Gesundheit gehen zudem häufiger mehr
Personen reduzieren hingegen gemäß ihrer                                 spazieren als die mit funktionalen
Selbstauskünfte häufiger als funktional nicht                            Einschränkungen (18,6 vs. 13,4 Prozent).

Abbildung 7: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und
             Spazierengehen) nach Vorhandensein funktionaler Einschränkungen (in
             Prozent)

            keine funktionalen Einschränkungen
Sport

                                                     10,4                  62,7                                26,9

                  funktionale Einschränkungen 6,0                      61,8                                 32,2
Spazieren

            keine funktionalen Einschränkungen         18,6                           74,0                              7,4

                  funktionale Einschränkungen         13,4                         74,7                               11,9

                                                 0            20          40               60             80                 100
                                                                                 Prozent

                         mehr als vor Pandemie                gleich geblieben                  weniger als vor Pandemie

Quelle: DEAS 2020, n = 4.085 (Sport), n = 4.112 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch
signifikant (p
16                                                                             Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie

Unterschiede nach früherer körperlicher Aktivität
Fast 40 Prozent der im Jahr 2017                                               Die Unterschiede beim Spazierengehen sind
regelmäßig sportlich Aktiven berichten,                                        dagegen nicht so ausgeprägt. Unabhängig
seit März 2020 seltener Sport zu machen                                        davon, ob sie 2017 regelmäßig spazieren
                                                                               gingen oder nicht, berichten etwa drei Viertel
Einen großen Unterschied für die berichteten                                   der Menschen in der zweiten Lebenshälfte,
Veränderungen von Sport in der Pandemie                                        dass sie das auch nach dem März 2020 so
macht die Häufigkeit von Sport in der                                          beibehalten haben (Abbildung 8). Wer
Vergangenheit aus: Personen, die 2017                                          bereits 2017 nicht regelmäßig spazieren
regelmäßig Sport getrieben haben (das sind                                     ging, hat in der Pandemie diese Aktivität
knapp 60 Prozent der im Jahr 2020                                              etwas häufiger eingeschränkt als diejenigen,
Befragten), haben nach eigener Aussage                                         die 2017 regelmäßig spazieren gingen (10,2
durch die Pandemie zu 38,7 Prozent ihre                                        vs. 8,1 Prozent, Abbildung 9). Diejenigen,
Sportaktivitäten reduziert. Bei denjenigen,                                    die schon 2017 regelmäßige Spaziergänge
die 2017 nicht regelmäßig sportlich aktiv                                      machten, tun dies nach eigener Angabe in
waren (das sind über 40 Prozent der im Jahr                                    der Pandemie zu 18,7 Prozent noch häufiger
2020 Befragten), treiben nur 14,7 Prozent                                      als zuvor. Von denen, die 2017 nicht
noch weniger Sport. Allerdings hat die                                         regelmäßig spazieren gingen, machen
Gruppe der 2017 regelmäßig sportlich                                           immerhin 13,8 Prozent im Jahr 2020
Aktiven auch häufiger als die 2017 sportlich                                   häufiger Spaziergänge.
Inaktiven die Chance genutzt, mehr Sport
während der Pandemie zu treiben (11,0 vs.
6,5 Prozent, Abbildung 8).

Abbildung 8: Selbstberichtete Veränderung der körperlichen Aktivität (Sport und
             Spazierengehen) nach körperlicher Aktivität im Jahr 2017 (in Prozent)

                2017 regelmäßig Sport         11,0                50,3                                  38,7
Sport

                2017 nicht regel. Sport 6,5                               78,8                                 14,7
Spazieren

            2017 regelmäßig spazieren           18,7                               73,1                           8,1

            2017 nicht regel. spazieren       13,8                               76,1                            10,2

                                          0            20            40                   60            80            100
                                                                          Prozent

                      mehr als vor Pandemie                 gleich geblieben                   weniger als vor Pandemie

Quelle: DEAS 2020, n = 4.109 (Sport), n = 4.136 (Spazieren), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch
signifikant (p
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie                                               17

Kompensationseffekte: Weniger Sport treiben, dafür mehr spazieren gehen?
Nur ein Viertel der Personen, die in der         In dieser ältesten Gruppe sind es jedoch
Pandemie weniger Sport treiben, gleicht          auch weniger Personen (17,5 Prozent), die
dieses Bewegungsdefizit durch häufigere          nicht nur seltener Sport treiben, sondern
Spaziergänge aus                                 dazu noch seltener spazieren gehen, als in
                                                 den anderen Altersgruppen (46- bis 60-
Knapp 28 Prozent der 46- bis 90-Jährigen         Jährige: 22 Prozent; 61- bis 75-Jährige:
geben an, seit Beginn der Pandemie               21,3 Prozent).
weniger Sport zu treiben als vorher.
Gleichen diese Menschen das Sportdefizit         Wer in der Pandemie mehr Sport treibt,
dadurch aus, dass sie häufiger spazieren         geht häufig auch mehr spazieren.
gehen? Etwa die Hälfte dieser Gruppe
(54,4 Prozent, Abbildung 9), geht nach           Auf der anderen Seite treiben knapp acht
eigener Aussage genauso oft wie vor der          Prozent der 46- bis 90-Jährigen in der
Pandemie spazieren. Etwa jede/r Fünfte aus       Pandemie mehr Sport als zuvor. Mehr als
dieser Gruppe (21,0 Prozent) sagt, dass er       die Hälfte dieser Personen (52,0 Prozent,
oder sie nicht nur weniger Sport treibt,         Abbildung 9) verbindet dies mit häufigeren
sondern darüber hinaus auch die Häufigkeit       Spaziergängen. Wer in der Pandemie mehr
des Spazierengehens einschränkt. Lediglich       Sport treibt, geht also häufig auch mehr
ein Viertel (24,6 Prozent) derjenigen, die       spazieren. Diese vermehrte körperliche
aufgrund der Pandemie weniger oft Sport          Aktivität ist vor allem bei den über
treiben, geht dafür häufiger spazieren.          60-Jährigen zu beobachten, bei denen fast
Dieser Ausgleich zwischen den                    zwei Drittel der Personen, die mehr Sport
Möglichkeiten, sich körperlich zu betätigen,     treiben, auch häufiger spazieren gehen.
ist in der ältesten Gruppe der 76- bis 90-       Allerdings steigt mit dem Alter auch der
Jährigen weniger häufig zu beobachten – in       Anteil derer an, die zwar mehr Sport treiben,
dieser Gruppe sind es nur 17,9 Prozent, die      aber weniger spazieren gehen (46-60 Jahre:
berichten, ihre sportliche Aktivität reduziert   0,6 Prozent; 61-75 Jahre: 4,3 Prozent; 76-90
zu haben, aber häufiger spazieren zu gehen.      Jahre: 7,2 Prozent).
18                                                                Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie

Abbildung 9: Selbstberichtete Veränderung der Häufigkeit von Spazierengehen bei
             Personen, die weniger bzw. mehr Sport als vor der Pandemie treiben,
             insgesamt und nach Altersgruppen (in Prozent)

                   Weniger Sport als vor der                            Mehr Sport als vor der
                         Pandemie                                            Pandemie
          100                                                     2,0        0,6         4,3         7,2
                 21,0    22,0      21,3     17,5

           80                                                                           34,1
                                                                 46,0                               31,4
                                                                            52,3

           60
Prozent

                 54,4    52,4      52,7     64,6
           40
                                                                                        61,6        61,4
                                                                 52,0       47,1
           20
                 24,6    25,6      26,0
                                            17,9
            0
                Gesamt   46-60    61-75     76-90              Gesamt       46-60      61-75        76-90
                         Jahre    Jahre     Jahre                           Jahre      Jahre        Jahre

                   weniger Spazieren        Spazieren gleich geblieben             mehr Spazieren

Quelle: DEAS 2020, n = 4.642 (Sport), gewichtet, gerundete Angaben, Gruppenunterschiede statistisch signifikant (p
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie                                                  19

Diskussion
In diesem Beitrag wurde untersucht, wie           Unterschiede in der berichteten
Menschen zwischen 46 und 90 Jahren ihre           körperlichen Aktivität nach Alter,
körperliche Aktivität in Form von Sport und       Geschlecht und Bildung
Spazierengehen nach dem Beginn der                Selteneres Sporttreiben und
Corona-Pandemie gemäß ihrer                       Spazierengehen werden von den Gruppen
Selbstauskünfte verändert haben. Die              am häufigsten berichtet, die die körperliche
Studienteilnehmerinnen und                        Aktivität tendenziell öfter in ihrem Lebensstil
Studienteilnehmer machten diese Angaben           verankert haben als andere: Das sind
im Juni und Juli 2020.                            innerhalb der zweiten Lebenshälfte vor allem
                                                  Erwachsene im mittleren Lebensalter, also
Die meisten Menschen im mittleren und             die 46- bis 60-Jährigen. Fast jede/r Dritte
höheren Erwachsenenalter geben an, dass           von ihnen schätzt ein, die Häufigkeit von
sie ihre körperliche Aktivität nicht verändert    Sport in der ersten Welle der Pandemie
haben: Nach eigenen Angaben machen zwei           verringert zu haben, in der ältesten
Drittel der Befragten so viel (oder wenig)        Altersgruppe der 76- bis 90-Jährigen ist das
Sport wie zuvor, sogar drei Viertel der           nur jede/r Fünfte. Es ist anzunehmen, dass
Befragten gehen genauso häufig spazieren          ein Teil der Befragten dieser jüngeren
wie vor der Pandemie. Diese Ergebnisse            Altersgruppe, die ja noch im Erwerbsalter
decken sich mit den Befunden anderer              sind, durch die Corona-Krise in besonderem
Studien. So konnten auch die COSMO-               Umfang durch veränderte berufliche
Erhebungen von 18- bis 74-Jährigen aus            Anforderungen und zusätzliche familiale
April und Juni 2020 keine gravierenden            Aufgaben beansprucht ist und daher
Veränderungen der körperlichen                    Freizeitaktivitäten wie Sport weniger oft
(Freizeit-)Aktivität nachweisen (Betsch et al.,   ausüben kann. Es kann aber auch sein,
2020).                                            dass angesichts des hohen Anteils
                                                  körperlich Inaktiver in der ältesten Gruppe
Auch wenn auf der einen Seite Stabilität der
                                                  viele dieser Hochaltrigen ihre Aktivität gar
körperlichen Aktivität bei großen Teilen der
                                                  nicht noch weiter reduzieren konnten, also
Bevölkerung in der zweiten Lebenshälfte zu
                                                  einfach körperlich inaktiv geblieben sind.
beobachten ist, gibt es doch auf der anderen
Seite ein Drittel, bei dem sich die körperliche   Es sind außerdem eher Frauen als Männer,
Aktivität gemäß ihrer Selbstauskünfte in die      die erklären, während der Pandemie weniger
eine oder andere Richtung verändert hat. Es       Sport zu treiben – ein Drittel der Frauen
ist zu vermuten, dass es für diese                schränkt die Sportaktivitäten ein und nur ein
Veränderungen unterschiedliche Gründe             Viertel der Männer. Frauen sind gerade in
gibt. Ein Teil dieser Menschen musste das         der Corona-Zeit stärker belastet als Männer
Sportverhalten vermutlich anpassen, weil          (Möhring et al., 2020, Czymara et al., 2020),
sich die individuellen Bedingungen oder           etwa durch die Organisation des familiären
auch die Infrastruktur für Bewegung, etwa         Alltags, durch Home-Schooling und die
aufgrund zeitweise geschlossener                  Pflege und Versorgung von
Sportstätten, verändert haben. Andere             unterstützungsbedürftigen
wollten vielleicht ihr Verhalten anpassen,        Familienmitgliedern (Klaus & Ehrlich, 2021).
zum Beispiel um Sport als Kompensation für        Auch wenn es Befunde gibt, dass in dieser
andere, während der Pandemie nicht oder           Zeit die Geschlechterunterschiede in der
nur erschwert durchführbare                       familialen Arbeitsteilung geringer geworden
Freizeitaktivitäten und für Bewegungsarmut        sind (Bujard, 2020), tragen nach wie vor
im Home-Office zu nutzen.                         Frauen die Hauptlast der Familienarbeit. Zur
                                                  Verringerung der Sportaktivitäten im
                                                  Geschlechtervergleich gibt es allerdings
20                                                 Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie

auch gegenteilige Befunde, die zeigen, dass        Sportverhalten nur für knapp 60 Prozent
Frauen ihre Aktivitäten seltener als Männer        unverändert und ein knappes Drittel treibt
reduzieren und sie häufiger intensivieren          gemäß eigener Auskünfte weniger Sport als
(Mutz & Gerke, 2020; Sport England, 2020).         vor der Pandemie. Ein Grund dafür könnte
Zur Begründung wird dabei u. a. angeführt,         darin liegen, dass es in Ostdeutschland
dass Frauen stärker Online- und Home-              weniger Menschen gibt, die in Großstädten
Sportangebote annehmen, während Männer             leben, wo Sportaktivität durch die Corona-
häufiger in Vereinen oder kommerziellen            Krise stärker beeinträchtigt wird.
Einrichtungen Sport treiben, die in der            Ostdeutsche sind zum anderen auch
Pandemie geschlossen sind.                         weniger häufig in Sportvereinen organisiert
                                                   als Westdeutsche (Lampert et al., 2019).
Unterschiede in der berichteten                    Daher haben die Beschränkungen der
körperlichen Aktivität nach Wohnort
                                                   Tätigkeit von Sportvereinen für sie weniger
Ein knappes Drittel der in Städten lebenden        Konsequenzen als in Westdeutschland.
Personen berichtet, die Sportaktivitäten
reduziert zu haben – das ist mehr als in           Unterschiede in der berichteten
ländlichen Kreisen, wo dies nur auf etwa ein       körperlichen Aktivität nach funktionaler
                                                   Gesundheit
Viertel zutrifft. Körperliche Aktivität kann auf
verschiedene Weise ausgeübt werden. In             Funktionale Einschränkungen, also
der Befragung des Deutschen Alterssurveys          gesundheitliche Beschränkungen in der
wird das Freizeitsportverhalten erfasst, nicht     Ausübung von Alltagstätigkeiten wie
jedoch die körperlichen Aktivitäten, die z. B.     Treppensteigen oder Tragen von
mit der beruflichen Tätigkeit, Arbeiten in         Einkaufstaschen, führen dazu, dass die
Haus und Garten oder mit Transportwegen            Betroffenen häufiger als andere Personen
zusammenhängen. Es ist anzunehmen,                 angeben, ihre körperliche Aktivität in der
dass sich die Profile körperlicher Aktivität in    Pandemie einzuschränken. Ein Drittel von
Stadt und Land unterscheiden aufgrund              ihnen gibt an, weniger Sport als vorher zu
unterschiedlicher Berufsstrukturen,                machen (bei funktional nicht
Infrastrukturangebote und Möglichkeiten,           eingeschränkten Personen etwa ein Viertel)
sich im Wohnumfeld zu bewegen. Es ist              und knapp 12 Prozent gehen nach eigener
auch anzunehmen, dass in den Großstädten           Einschätzung seltener spazieren (funktional
mehr Menschen aus sozial gehobenen                 nicht eingeschränkte Personen: 7 Prozent).
Schichten leben, zu deren Lebensstil               Hinzu kommt, dass Menschen mit
Freizeitsport öfter gehört als in anderen          funktionalen Einschränkungen weniger oft
Schichten. Wenn in den Städten körperliche         als andere Sport und Spaziergänge in der
Aktivität häufig in Form von (institutionellem     Pandemie ausweiten.
und organisiertem) Freizeitsport ausgeübt
                                                   Die Bedingungen in der Pandemie führen
wird und die Möglichkeiten dafür in der
                                                   offenbar zu Bewegungsdefiziten bei
Corona-Krise eingeschränkt sind, dann ist es
                                                   denjenigen, für die gezielte sportliche
folgerichtig, dass die Sportaktivität in den
                                                   Aktivität und auch leichtere körperliche
Städten stärker zurückgeht als in ländlichen
                                                   Belastungen wie Spaziergänge besonders
Gebieten.
                                                   wichtig sind für den Erhalt und Verbesserung
Ein ähnliches Muster ist in der Veränderung        ihrer funktionalen Gesundheit. In der Gruppe
der Häufigkeit von Sport in Ost- und               der Menschen mit einer eingeschränkten
Westdeutschland zu sehen: Während drei             funktionalen Gesundheit gehören viele zu
Viertel der ostdeutschen Bevölkerung in der        den Risikopersonen, für die es in der
zweiten Lebenshälfte keine Änderungen der          Pandemie wegen des Infektionsrisikos und
Sporthäufigkeit berichtet und nur etwa ein         des Risikos schwerer Krankheitsverläufe
Fünftel Sport reduziert, bleibt in                 besonders strikte Empfehlungen zur
Westdeutschland das berichtete                     Einhaltung der Abstands- und
                                                   Kontaktregelungen gibt. Menschen mit
Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie                                               21

Gesundheitsproblemen fühlen sich zudem,         al., 2000; Friedman et al., 2008). Zu hoffen
vermutlich aufgrund ihrer größeren              ist, dass Ereignisse wie die Corona-
Gefährdung, durch die Corona-Pandemie           Pandemie die Motivation zu körperlicher
auch stärker bedroht als Personen mit           Aktivität nicht dauerhaft beeinträchtigen.
besserer Gesundheit (Wettstein et al., 2020).   Vermutlich werden sportlich Aktive durch die
Das kann auch dazu führen, dass für diese       Pandemie kurzfristig eingeschränkt,
Menschen die Motivation sinkt, sich             verändern sich aber nicht langfristig zu
überhaupt außerhalb ihrer Wohnung zu            sportlich Inaktiven. Andererseits macht die
bewegen und aktiv zu bleiben. Dazu kommt,       Corona-Pandemie aber auch die Inaktiven
dass institutionalisierte Sportangebote         nicht zu sportlich Aktiven. Die langfristigen
mindestens zeitweise nicht zur Verfügung        Folgen der Pandemie für die Sportmotivation
standen und stehen.                             und das Sportverhalten sind derzeit noch
                                                nicht abzusehen und sollten Gegenstand
Unterschiede in der berichteten                 längsschnittlicher Untersuchungen in den
körperlichen Aktivität nach früherer
                                                nächsten Jahren werden. Daneben haben
körperlicher Aktivität
                                                Politik, Medien und Wissenschaft die
Fast 40 Prozent der Personen, die im Jahr       wichtige Aufgabe, immer wieder auf die
2017 noch regelmäßige sportliche                vielfältigen positiven Auswirkungen von
Betätigung angaben, erklären, ihre              körperlicher Aktivität hinzuweisen. Der
Sportaktivitäten seit März 2020 reduziert zu    Appell, in Pandemiezeiten möglichst zu
haben. Dazu könnten neben den                   Hause zu bleiben, darf nicht missverstanden
individuellen Veränderungen im Alltag auch      werden als Aufruf zur Inaktivität. Sportliche
die Einschränkungen durch die Schließung        Aktivität kann auch zu Hause ausgeübt
der Sportanlagen und Fitnessstudios sowie       werden.
die Beschränkungen in der Tätigkeit der
Sportvereine beigetragen haben. Diese           Nur wenig Kompensation von
langfristigen Limitierungen haben nicht nur     Sporteinbußen in der Pandemie durch
individuelle Folgen, auch die Infrastruktur     Spaziergänge
des Sports kann in Gefahr geraten.              Bewertet man die Selbstangaben der
Sportvereine haben eine wichtige Bedeutung      Menschen in der zweiten Lebenshälfte zu
z. B. für den Gesundheitssport und für          ihrer körperlichen Aktivität, zeigt sich: Bei
andere spezialisierte Sportangebote, gerade     der großen Mehrheit ändert sich die
auch für Ältere. Viele Vereine haben mit        Häufigkeit von Sport und Spazierengehen in
existenziellen Problemen zu kämpfen,            der Pandemie offenbar nicht. Daneben
Schwierigkeiten wie fehlende                    scheint die Pandemie aber „Verlierer/innen“
Übungsleiter/innen und Mitgliederschwund        und „Gewinner/innen“ in Bezug auf
bestehen nicht erst seit der Corona-            körperliche Aktivität zu produzieren. Wer
Pandemie (Breuer & Feiler, 2019).               weniger Sport treibt, kompensiert das
                                                meistens nicht durch mehr Spaziergänge. Im
Es gibt aber auch eine kleine Gruppe der vor    Gegenteil – etwa ein Fünftel dieser Gruppe
der Pandemiezeit sportlich Aktiven, die sich    treibt nicht nur weniger Sport, sondern geht
offenbar mit den veränderten Bedingungen        auch seltener spazieren als vor der
sportlicher Aktivität arrangiert hat.           Pandemie. Etwa die Hälfte geht genauso oft
11 Prozent derjenigen, die 2017 regelmäßig      spazieren wie vorher und nur ein Viertel
Sport getrieben haben, sagen, dass sie in       gleicht das Sportdefizit durch häufigere
der Pandemie sogar mehr Sport treiben als       Spaziergänge aus. Wer aber mehr Sport als
vorher. Von den Befragten, die 2017 nicht       vor der Pandemie treibt, kann dies oft noch
regelmäßig Sport getrieben haben, sagen         ergänzen durch ein Plus an Spaziergängen.
dies nur 6,5 Prozent. Es ist anzunehmen,        Auf mehr als die Hälfte derjenigen, die mehr
dass sportliche Aktivität oder Inaktivität      Sport treiben als vor der Pandemie, trifft das
durch langfristige Einstellungen und            zu.
Gewohnheiten geprägt wird (Hirvensalo et
22                                             Körperliche Aktivität in der Corona-Pandemie

Es ist anzunehmen, dass wichtige               vielerlei Hinsicht von regelmäßiger
Randbedingungen für körperliche Aktivität      körperlicher Aktivität profitieren würden.
ungleich verteilt sind und dass diese          Mehr Angebote müssen speziell für diese
Ungleichheit durch die Pandemie noch           Altersgruppe entwickelt und jeweils
verstärkt wird. Dazu gehören individuelle      individuell auf die körperliche Verfassung
berufliche und familiäre Belastungen, die      und persönlichen Bedürfnisse abgestimmt
Zeit und Kraft für körperliche Aktivität       werden.
begrenzen. Ein Teil der Menschen in der
zweiten Lebenshälfte findet z. B. durch        Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass ein
Arbeit im Home-Office oder den Wegfall         Sportangebot, das ausschließlich auf Indoor-
anderer Freizeitaktivitäten mehr Zeit für      Sportstätten setzt, unter
Sport und Spaziergänge. Andere sind            Pandemiebedingungen für längere Zeit nicht
dagegen durch gestiegene berufliche            mehr verfügbar sein kann. Daher ist
Belastungen oder zusätzliche familiäre         Flexibilität in den Angeboten für Ältere von
Verpflichtungen weder in der Lage, Sport zu    Vorteil, die auch Bewegung im Freien oder
treiben noch spazieren zu gehen. Diese         allein durchführbaren Sport zu Hause
Personen benötigen Unterstützung und           beinhalten. Eine wichtige Möglichkeit, unter
Entlastung, um von den positiven               Pandemiebedingungen sportlich aktiv zu
Auswirkungen von Freizeit- und besonders       bleiben, stellen Online-Sportangebote dar,
Sportaktivitäten für Gesundheit und Befinden   die, abgestimmt auf verschiedene
profitieren zu können, gerade in diesen        Altersgruppen und Fitnessgrade, eine
herausfordernden und belastenden               wichtige Funktion haben können. Dies setzt
Krisenzeiten.                                  jedoch auch voraus, dass dem bestehenden
                                               Trend einer „digitalen Exklusion“ Älterer
Fazit                                          (Deutscher Bundestag, 2020; Seifert,
Wie kann körperliche Aktivität von Menschen    Cotten, & Xie, 2020), entgegengewirkt wird.
im mittleren und höheren Erwachsenenalter      Auch dies ist eine dringliche, aber
in der andauernden Coronakrise unterstützt     langfristige und kontinuierliche Aufgabe, die
werden?                                        über den Zeitraum der Pandemie
                                               hinausreicht.
Bei den Sportangeboten für Ältere spielen
Sportvereine eine wichtige Rolle. Fast jeder   Schließlich bleibt die Herausforderung über
dritte Sportverein (das sind in Deutschland    die Corona-Zeit hinaus bestehen, diejenigen
rund 28.000) bietet Programme mit              Menschen mit Bewegungsangeboten
Gesundheitsbezug an (allgemeiner               unterschiedlicher Art zu erreichen, die bisher
Gesundheitssport, Angebote der                 derartige Angebote nicht nutzen. Das ist
Rehabilitation, Angebote für Menschen mit      eine langfristige, von Corona unabhängige
Behinderung und chronischen                    Aufgabe. Wenn sich in der Pandemie aber
Erkrankungen) (Breuer & Feiler, 2019).         neue und flexiblere Formen des Zugangs zu
Dieses Potenzial sollte langfristig und        Sport und anderen Bewegungsformen
verlässlich unterstützt werden.                entwickeln und dauerhaft etablieren, könnte
Bewegungsprävention findet vor Ort statt,      das eine Chance für eine anhaltend breitere
daher sind kommunale Institutionen             Akzeptanz und Ausführung von körperlicher
einzubinden, um niedrigschwellige Angebote     Freizeitaktivität sein.
wie Bewegungstreffs oder ehrenamtliche
Bewegungsbegleitung zu fördern. Hier zeigt
sich, dass langfristig gewachsene Strukturen
vor Ort wichtig sind, die dann auch in
Krisensituationen funktionieren. Ältere
Personen treiben seltener Sport als jüngere
Personen, obwohl sie nachweislich in
Sie können auch lesen