EINE STEUERREFORM FÜR LEISTBARE IMMOBILIEN - POLICY BRIEF 1 - NEOS

Die Seite wird erstellt Astrid Klose
 
WEITER LESEN
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                       1
POLICY BRIEF

 EINE STEUERREFORM
 FÜR LEISTBARE IMMOBILIEN
Günther Oswald | Mai 2022
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                    3

Die zentralen Aussagen

                                       • E
                                          in Neo-Eigentümer-Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer
                                         für Menschen unter 35 Jahren nach niederländischem
                                         Vorbild würde beim Kauf bis zu 14.000 Euro an Ersparnis
                                         bringen, was im Schnitt mehr als sieben Nettomonats­
                                         gehältern entspricht. Um den Einnahmenausfall zu
                                         kompensieren, könnte die Grunderwerbsteuer bei
                                         Erbschaften und bei Anlageobjekten höher ausfallen.

                                       • G
                                          rundbuchgebühren wie in Neuseeland würden
                                         Einsparungen von mehr als einer Milliarde Euro
                                         ermöglichen.

                                       • D
                                          as aktuelle System der Grundsteuer ist möglicherweise
                                         verfassungswidrig. Jedenfalls spiegeln die Einheitswerte
                                         regional stark unterschiedliche Preisentwicklungen
                                         der letzten Jahre nicht wider. Ein reformiertes Modell
                                         kann deutliche Mehreinnahmen bringen. Es soll sich an
                                         Marktwerten orientieren, der Ausgestaltungsspielraum
                                         der Gemeinden soll deutlich größer werden (Bauland­
                                         mobilisierung, effiziente Baulandnutzung). Für Neben­
                                         wohnsitze sollen höhere Steuersätze möglich sein, eine
                                         vorübergehende Befreiung könnte es beim erstmaligen
                                         Immobilienkauf geben.

                                       • E
                                          in modernes Grund- und Immobilienregister würde
                                         niedrigere Nebenkosten für die Bürger und gezieltere
                                         Förderungen für den Staat (ökologische Transformation)
                                         ermöglichen.
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                  4

Die Herausforderung

Für junge Menschen wird es immer schwieriger, sich                In diesem Policy-Brief werden daher Optionen aufgezeigt, wie
eine Eigentumswohnung oder ein Haus zu kaufen. Die                Best-Practice-Beispiele für einen effizienten Staat aussehen,
Einkommen sind im letzten Jahrzehnt deutlich weniger              der Eigentumsbildung nicht verhindert, und wie die Steuern
stark gewachsen als die Immobilienpreise. Von den enormen         und Gebühren auf Grund und Immobilien umgestaltet werden
Preissteigerungen haben vor allem älteren Personen, die in        könnten, um einerseits mehr Wachstum zu generieren und
Städten leben, profitiert. Es ist daher nicht überraschend,       andererseits den Traum vom Eigenheim zu begünstigen.
dass im Sora-Freiheitsindex für das Neos Lab rund zwei
Drittel der Befragten angaben, es sei kaum mehr möglich,
mit eigener Leistung Eigentum zu schaffen.

Das österreichische Steuersystem macht es der jungen
Generation ebenfalls nicht leicht, ein Eigenheim zu erwerben.
Die Steuern auf Arbeit liegen trotz der jüngsten Entlastung
im Spitzenfeld. Gezielte Anreize, in jungen Jahren eine
Kaufentscheidung zu wagen, gibt es kaum. Die Nebenkosten von
im Schnitt zehn Prozent des Kaufpreises sind hoch.

Wer hingegen schon Liegenschaften besitzt, profitiert nicht nur
von stark gestiegenen Preisen, sondern von der seit Jahrzehnten
nicht angepassten Grundsteuer. Angesichts der regional massiv
unterschiedlichen Preisentwicklungen von Grundstücken und
Immobilien stellt sich auch die Frage, ob die Grundsteuer im
Falle neuer Klagen nicht vom Verfassungsgerichtshof gekippt
würde.

Neben Immobilienbesitzern zählt der Finanzminister zu den
größten Profiteuren der Preisexplosion. Über die Eintragungs­
gebühr beim Grundbuch, die ein fixer Prozentsatz des Kauf­
preises ist, holte er sich in den vergangenen Jahren erhebliche
Mehreinnahmen. Nicht zuletzt wegen der aktuell sehr hohen
Inflation sollte der Staat aber auf eine Angemessenheit von
Gebühren im Verhältnis zu den angebotenen Leistungen achten.
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                5

Analyse
Immobilienpreise steigen stark

Die Immobilienpreise in Österreich sind im vergangenen         als zehn Jahre zuvor, was immerhin um gut 50 Prozentpunkte
Jahrzehnt so stark gestiegen wie in kaum einem anderen         über dem durchschnittlichen Anstieg in der EU liegt, wie diese
EU-Staat. Nur in den baltischen Ländern Estland und Lettland   Grafik auf Basis von Eurostat-Daten zeigt (noch ohne Werte
sowie in Ungarn und Luxemburg haben die Immobilienpreise       für 2021).
zwischen 2010 und 2020 noch stärker zugelegt. In Österreich
kostete eine Immobilie im Durchschnitt um 77,6 Prozent mehr

Nur in vier EU-Staaten sind die Immobilienpreise
seit 2010 stärker gestiegen als in Österreich
Steigerung in Prozent zwischen 2010 und 2020

Estland                      107,8

Ungarn                       90,8

Luxemburg                    88,7

Lettland                     81,7

Österreich                   77,6

Litauen                      67,7

Deutschland                  65,2

Schweden                     65,2

Tschechien                   61,6

Slowakei                     50

Portugal                     42,7

Malta                        41,4

Dänemark                     36,2

Bulgarien                    29,9

Belgien                      28,9

Polen                        28,3

Niederlande                  28,1

Irland                       27,1

EU27                         25,9

Kroatien                     18,1

Frankreich                   16,9

Slowenien                    15,8

Finnland                     13,3

Rumänien                     7,4

Zypern             −4,5

Spanien            −5,2

Italien              −14,9

Griechenland         −28,1

Quelle: Eurostat
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                                                          6

Noch einmal verschärft hat sich dieser Trend im zweiten                                                  Die Immobilienvermögen der österreichischen Haushalte
Pandemiejahr 2021. Österreichweit lagen die Preissteigerungen                                            (inklusive Grund) haben damit seit 2005 um fast 570 Milliarden
gemäß Daten der Nationalbank (OeNB) um 11,8 Prozent über                                                 Euro zugenommen und lagen zuletzt bei etwas mehr als
jenen des Jahres 2020. Auch in der Bundeshauptstadt Wien, die                                            einer Billion Euro. Zum Vergleich: Das Bruttoinlandsprodukt
bereits in den Jahren davor noch stärker steigende Preise als                                            Österreichs lag zuletzt bei gut 400 Milliarden Euro.
der Rest des Landes verzeichnete, haben sich Immobilien noch
einmal um mehr als zehn Prozent verteuert.

Wie sich der Wert von Grund und Immobilien seit
2005 entwickelt hat
in Milliarden Euro

   Wert Immobilien*        Wert bebautes Land

2005     316                          182

2006     332                           188

2007     352                             192

2008     370                                201

2009     383                                 210

2010     397                                   219

2011     412                                      227

2012     428                                       236

2013     443                                         251

2014     456                                            267

2015     469                                            283

2016     483                                               307

2017     501                                                  323

2018     522                                                   350

2019     544                                                        368

2020     565                                                         399

2021**   631                                                               446

*Wohnbauten und sonstige Bauten **Schätzung auf Basis des Immobilienpreisindex für "Österreich gesamt"

Quelle: OeNB, Statistik Austria, eigene Berechnungen
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                                                      7

Die Einkommensentwicklung kann nicht mithalten

Die Einkommen der Haushalte konnten da bei weitem nicht           Bei den Mieten ist allerdings noch zu berücksichtigen, dass es
mithalten. Eine Berechnung des NEOS Lab auf Basis von             hier einen sehr heterogenen Markt gibt. Gemeindewohnungen
Daten der Statistik Austria ergibt, dass die verfügbaren          kosteten laut Statistik Austria im Jahr 2021 im Schnitt
Haushaltseinkommen zwischen 2005 und 2021 um knapp 29             6,6 Euro pro Quadratmeter (inklusive Betriebskosten),
Prozent gestiegen sind. Bei den Einkommenswerten handelt es       Genossenschaftswohnungen 7,3 Euro pro Quadratmeter, und
sich nicht nur um Löhne und Gehälter, sondern um die gesamten     Wohnungen am freien Markt 9,7 Euro – also um fast 50 Prozent
Primäreinkommen laut volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung.        mehr als Gemeindewohnungen (vgl. Tabellenband Wohnen 2021).
Erhaltene Sozial- und Transferleistungen sind dabei also ebenso   Auch regional sind die Unterschiede groß. Der Quadratmeterpreis
berücksichtigt wie bezahlte Einkommen- und Vermögenssteuern,      am freien Markt lag im Burgenland bei 6,7 Euro, in Salzburg bei
Sozialbeiträge und gezahlte sonstige Transfers.                   11,2 Euro. Enorme Unterschiede gibt es zudem hinsichtlich der
                                                                  Mietvertragsdauer. Wer einen Uraltvertrag (älter als 30 Jahre)
Die Immobilienpreise sind im gleichen Zeitraum hingegen um        hat, zahlte 2021 im Schnitt nur 5,6 Euro pro Quadratmeter. Bei
fast 140 Prozent gestiegen, in Wien sogar um 173,8 Prozent.       Verträgen unter zwei Jahren sind es 10,1 Euro.
Mietpreise sind zwar auch stärker gestiegen als die Einkommen,
allerdings bei weitem nicht so stark wie die Kaufpreise.

                                                                  Wie sich Immobilienpreise, Mieten und
                                                                  Einkommen entwickelt haben
                                                                  Index: 2005=100

                                                                  280
                                                                                                                                                       Immobilienpreise
                                                                  260                                                                                  Wien*

                                                                  240
                                                                                                                                                       Immobilienpreise
                                                                                                                                                       gesamt*
                                                                  220

                                                                  200

                                                                  180

                                                                  160
                                                                                                                                                       Mieten**
                                                                  140
                                                                                                                                                      Verfügbares
                                                                  120                                                                                 Einkommen pro
                                                                                                                                                      Haushalt,
                                                                  100                                                                                 netto***
                                                                     2005                2009                 2013              2017               2021

                                                                  *Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen **Durchschnittliche Miete inklusive Betriebskosten pro
                                                                  Quadratmeter, Zeitreihenbruch 2021 *** Primäreinkommen plus Sozial- und Transferleistungen, minus
                                                                  Einkommen- und Vermögensteuer, Sozialbeiträgen und gezahlten sonstigen Transfers

                                                                  Quelle: Statistik Austria, OeNB, eigene Berechnungen
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                                       8

Vermögensaufbau für Junge wird erschwert

Gemäß einer aktuellen Auswertung der Bank Austria musste                                Besonders niedrig ist der Eigentumsanteil in Österreich
ein unselbstständig Beschäftigter im Vorjahr bereits mehr                               bei den unter 35-Jährigen. Laut einer Sondererhebung
als 15 Jahresgehälter für eine Eigentumswohnung mit rund                                der Europäischen Zentralbank im Rahmen des „Household
100 Quadratmetern aufbringen. Vor der Pandemie waren es                                 Finance and Consumption Survey (HFCN)“ im Jahr 2017
noch eineinhalb Jahresgehälter weniger (vgl. Der Standard:                              waren nur 22,7 Prozent der 16- bis 34-Jährigen in Österreich
„Wohnraumpreise legen weiter zu, Einkommen können aber                                  Wohnungseigentümer. Nur in Deutschland lag dieser
nicht mithalten“). Der reale Wert eines durchschnittlichen                              Wert noch niedriger, wobei diese Statistik allerdings nicht
Nettoeinkommens hat demnach allein seit Beginn der Pandemie                             für alle EU-Staaten vorlag (vgl. Statistical Tables
um rund 13 Prozent abgenommen.                                                          HFCS).

Vor allem für jüngere Jahrgänge wurde es durch diese                                    Die Generationengerechtigkeit wurde also in den vergangenen
Entwicklung schwieriger, eine Eigentumswohnung oder ein                                 Jahren sicherlich nicht gestärkt. Ältere Jahrgänge, die im
Haus zu kaufen. Dabei weist Österreich ohnehin eine im                                  Schnitt eher Eigentümer sind und auch mehr verdienen, haben
internationalen Vergleich sehr geringe Wohneigentumsquote                               tendenziell von den stark gestiegenen Immobilienpreisen
auf. Laut aktuellen OeNB-Daten waren im Vorjahr 55,3 Prozent                            profitiert. Für die Jüngeren, die im Schnitt niedrigere
der Haushalte Eigentümer ihrer Wohnung oder ihres Hauses.                               Einkommen haben, sind zusätzliche Hürden entstanden,
Nur ein einziges EU-Land, nämlich Deutschland (50,4 Prozent),                           Wohnungs- oder Hauseigentümer zu werden. Zahlen für
lag in dieser Statistik noch hinter uns. Der EU-Schnitt liegt bei                       Deutschland zeigen zudem, dass das Durchschnittsalter
rund 70 Prozent (vgl. Immobilienmarktanalyse der OeNB                                   der Erstkäufer sukzessive gestiegen ist (vgl. IW-Gutachten:
Q4/2021).                                                                               Wohneigentum in Deutschland).

Immobilienbesitz nach Alter
In Prozent der Haushalte. Lesebeispiel: 22,7 Prozent der 16- bis 34-Jährigen
sind Immobilienbesitzer. Daten aus Befragung 2017*

                                                         56,4
                                          54
                                                                         50,8
                                                                                 44,9
                         41,7
40

         22,7
20

         16-34          35-44           45-54           55-64            65-74   75+

Quelle: *Household Finance and Consumption Network (HFCN) der Europäischen
Zentralbank, dritte Welle 2017
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                                                                                 9

Warnungen vor Marktüberhitzung

Ein Gegentrend ist bisher nicht erkennbar, auch wenn die                                                 Ein weiterer Hinweis für eine gewisse Überhitzung ist, dass es –
Notenbank bereits vor einer Überhitzung des Immobilienmarktes                                            zumindest österreichweit – keinen Wohnungsmangel mehr gibt.
warnt (vgl. Kurier: „Nationalbank warnt vor Überhitzung bei                                              Die starke Bautätigkeit der vergangenen Jahre in Kombination
Wohnbaukrediten“. Der OeNB-Fundamentalpreisindikator                                                     mit einem sich abschwächenden Bevölkerungswachstum
verzeichnete zuletzt den höchsten Anstieg seit Beginn                                                    haben dazu geführt, dass die OeNB in ihrer aktuellen
der Zeitreihe im Jahr 1989. Dieser Indikator soll helfen,                                                Immobilienmarktanalyse von einem Überangebot von knapp
Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen, und gibt an, wie                                              40.000 Wohneinheiten ausgeht, für 2022 wird dieses bereits auf
weit die Immobilienpreise von den fundamental gerechtfertigten                                           66.000 Wohnungen geschätzt (aktuelle Flüchtlingsbewegungen
Preisen abweichen. Österreichweit lagen die Preise im dritten                                            sind dabei freilich noch nicht berücksichtigt). Da die Preise aber,
Quartal 2021 um 22,8 Prozent über dem Fundamentalpreis, in                                               wie erwähnt, nicht sinken, sondern weiter steigen, deutet das
Wien sogar um 31 Prozent (vgl. Immobilienmarktanalyse der                                                auf eine hohe Nachfrage nach Wohnungen zu Investitions­
OeNB Q4/2021).                                                                                           zwecken hin.

Nachfrageüberhang am Wohnimmobilienmarkt
Nachfrageüberhang               am Wohnimmobilienmarkt
Lesebeispiel: Im Jahr 2022 wird mit einem Überangebot an Wohnungen von rund 66.000 gerechnet.
Nachfrageüberhang
Lesebeispiel: Im Jahr 2022
2016 war die Nachfrage         am
                            wird
                          hingegen    Wohnimmobilienmarkt
                                 mitnoch
                                      einem
                                          umÜberangebot  an Wohnungen
                                              77.000 Wohnungen          von
                                                               größer als    rund
                                                                           das    66.000 gerechnet.
                                                                               Angebot.
2016 war dieIm
Lesebeispiel: Nachfrage
                Jahr 2022 hingegen   nochÜberangebot
                          wird mit einem  um 77.000 Wohnungen  größer
                                                     an Wohnungen      als das
                                                                  von rund     Angebot.
                                                                           66.000 gerechnet.
80 Tsd.
2016 war die Nachfrage hingegen noch um 77.000 Wohnungen größer als das Angebot.
80 Tsd.
80 Tsd.
60 Tsd.
60 Tsd.
60 Tsd.
40 Tsd.
40 Tsd.
40 Tsd.
20 Tsd.
20 Tsd.
20 Tsd.
0
0
0
−20 Tsd.
−20 Tsd.
−20 Tsd.

−40 Tsd.
−40
−40 Tsd.
    Tsd.

−60 Tsd.
−60
−60 Tsd.
    Tsd.

−80 Tsd.
−80 Tsd.
−80 Tsd.1980       1982      1984       1986 19881988 1990 19901992 1992      1994      1996     1998     2000   2002    2004     2006 2010
                                                                                                                                          2008 20122010 2014 20122016 2014      2016     2018        2020
          1980   1982      1984     1986                               1994      1996     1998    2000    2002   2004   2006    2008                                     2018     2020    2022
          1980     1982      1984       1986     1988      1990     1992      1994      1996     1998     2000   2002    2004     2006    2008     2010      2012     2014      2016     2018        2020
Quelle:  StatistikAustria,
Quelle: Statistik  Austria, OeNB-Berechnungen
                           OeNB-Berechnungen
Quelle: Statistik Austria, OeNB-Berechnungen
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                     10

Die große Nachfrage nach Immobilien hat auch zu einem              Da sich die Banken bisher häufig nicht an diese Empfehlungen
deutlichen Wachstum bei den Wohnbaukrediten geführt -              gehalten haben, wurde die Gangart zuletzt verschärft. „Im
auch weil die Kreditkonditionen weiterhin äußerst günstig          Fall einer Immobilienkrise besteht das Risiko einer Störung
sind. Die durchschnittlichen Zinsen für neue Wohnbaukredite        des Finanzsystems mit negativen Auswirkungen auf die
lagen im dritten Quartal 2021 bei nur 1,2 Prozent. Da aber         Realwirtschaft“, hieß es vonseiten des FMSG im Dezember.
die Einkommen auch mit dem Kreditwachstum nicht Schritt            Wenig später wurde bekannt gegeben, dass – auch auf
halten, verschlechtert sich das Verhältnis Wohnbaukosten zu        Anraten des in Frankfurt ansässigen Europäischen Rats für
den verfügbaren Einkommen der Haushalte sukzessive. Aktuell        Systemrisiken – die bisherigen Empfehlungen für die Vergabe
wenden die Kreditnehmern im Schnitt bereits 56,4 Prozent des       von Immobilienkrediten ab Mitte 2022 verpflichtend von
verfügbaren Haushaltseinkommens für ihre Wohnbaukredite auf.       den heimischen Banken umgesetzt werden müssen (vgl.
Im Jahr 2009 lag die Belastung im Schnitt noch bei unter           Der Standard „Härtere Vorschriften bei Immo-Krediten“).
40 Prozent, vor 20 Jahren waren es sogar nur rund 27 Prozent
des Haushaltseinkommens.                                           Die Europäische Zentralbank hat zudem angesichts der
                                                                   hohen Inflation bereits den Ausstieg aus der ultralockeren
Im internationalen Vergleich nimmt die Verschuldung der            Geldpolitik angekündigt, Zinserhöhungen stehen also bevor
privaten Haushalte zwar noch keine dramatischen Ausmaße an,        (vgl. Handelsblatt: „Holzmann für zwei Zinserhöhungen 2022“).
die OECD warnt in ihrem aktuellen Länderbericht zu Österreich      Somit ist damit zu rechnen, dass der Zugang zu Krediten in den
(vgl. OECD Economic Surveys: Austria 2021) allerdings bereits,     kommenden Jahren eher schwieriger werden dürfte, wodurch vor
dass der „Covid-19-Schock die finanziellen Risken im Immobilien-   allem wieder für die jüngere Generation zusätzliche Hürden beim
und Bankensektor vergrößert“ hat.                                  Vermögensaufbau entstehen.

Auch die österreichischen Finanzaufseher haben das Thema
seit längerem auf der Agenda. Bereits 2018 wurden vom
Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG), das systemische
Risiken für die Finanzmärkte überwachen und Vorschläge
für die FMA und die OeNB erarbeiten soll, Empfehlungen
erarbeitet. Demnach sollen die Banken nur Immobilienkredite
vergeben, wenn die Kreditnehmer über zumindest 20 Prozent
Eigenmittel verfügen und die Schuldentilgung nicht mehr als 30
bis 40 Prozent des Nettoeinkommens ausmacht. Zudem sollen
Kreditlaufzeiten nicht unverhältnismäßig lang ausfallen (vgl.
Presseaussendung FMSG vom September 2018).
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                               11

Kreditbelastung der Haushalte

Kreditbelastung der Haushalte
in % des verfügbaren Haushaltseinkommens

60

in % des verfügbaren Haushaltseinkommens
55                                                                      Wohnbaukredite

50

45
60
40

35
55                                                                                                            Wohnbaukredite
30

25
50
20

15
45
10

 5
40
 0
                                                                        Zinsausgaben

      2004     2006   2008   2010   2012   2014   2016   2018   2020

35
Quelle: OeNB

30

25
Kreditbelastung der Haushalte
20
in % des verfügbaren Haushaltseinkommens

60
 15                                                                     Wohnbaukredite
55

50
10
45

40
  5
35

30                                                                                                            Zinsausgaben
 0
25

20             2004          2006          2008          2010          2012       2014   2016   2018   2020
15

10
Quelle: OeNB
 5
                                                                        Zinsausgaben
 0
      2004     2006   2008   2010   2012   2014   2016   2018   2020

Quelle: OeNB
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                  12

Die aktuellen Steuern und Gebühren auf Grund
und Immobilien im Überblick
Es ist also evident, dass sich am österreichischen           Grunderwerbsteuer
Immobilienmarkt in den vergangenen zehn bis 15 Jahren
einiges verschoben hat, woraus sich neue politische          Die Grunderwerbsteuer fällt immer dann an, wenn ein
Herausforderungen ergeben. Bevor näher auf mögliche          Grundstück den Besitzer wechselt. Der Wechsel kann durch einen
Reformoptionen eingegangen wird, sollen zunächst die         klassischen Kauf erfolgen, aber auch durch einen unentgeltlichen
Defizite im System aufgezeigt und ein Überblick über die     Erwerb (vor allem Erbschaft, Testament, Vermächtnis,
aktuellen Steuern und Gebühren auf Grundstücke und           Schenkung). De facto ist die Grunderwerbsteuer also auch eine
Immobilien gegeben werden.                                   Erbschafts- und Schenkungssteuer, die nur anders heißt.

                                                             Grundsätzlich beträgt sie 3,5 Prozent des Grundstückswertes
                                                             (vgl. Information Finanzministerium zur Grunderwerbsteuer). Bei
                                                             unentgeltlichen Übertragungen, also vor allem bei Erbschaften
                                                             und Schenkungen, gibt es aber einen gestaffelten Tarif.

                                                             In diesen Fällen beträgt die Steuer

                                                             • für die ersten 250.000 Euro 0,5 Prozent,
                                                             • für die nächsten 150.000 Euro 2 Prozent,
                                                             • und darüber hinaus 3,5 Prozent des Werts.

                                                             In der Regel bezahlt der Käufer bzw. neue Besitzer die Steuer,
                                                             es kann aber auch anderes vereinbart werden.

                                                             Welche Familienmitglieder profitieren vom reduzierten Tarif?
                                                             Zum „Familienverband“ zählen Ehegattinnen/Ehegatten,
                                                             eingetragene Partner, Lebensgefährtinnen/Lebensgefährten
                                                             (bei gemeinsamem Hauptwohnsitz), Eltern, Kinder, Enkel,
                                                             Geschwister, Nichten oder Neffen.

                                                             Der Grundstückswert (dazu zählt auch der Gebäudewert) kann
                                                             auf drei Arten ermittelt werden. Die Steuerpflichtigen können sich
                                                             frei entscheiden, welche Methode sie wählen.
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                       13

1. Pauschalwertmodell                                              3.	Nachweis des geringeren gemeinen Werts eines
	
 Beim Pauschalwertmodell fließen verschiedene Faktoren                Grundstücks
   in eine relativ komplexe Formel für die Wertberechnung            	Wer der Meinung ist, dass der tatsächliche Wert seines
   ein. Der Grundwert hängt einerseits von der Fläche                 Grundstücks niedriger ist als der Wert laut Pauschalwert­
   und andererseits von der Lage ab. Um die Lage                      methode oder Immobilienpreisspiegel, kann auch einen
   bewerten zu können, gibt es für jede Gemeinde einen                Nachweis über den „geringeren gemeinen Wert“ erbringen.
   Hochrechnungsfaktor (vgl. Grundstückswertverordnung).              Dieser Nachweis kann über ein Schätzgutachten eines
   Für die fünf größten Städte gibt es eigene Hochrechnungs­          allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Immobilien­
   faktoren für Bezirke bzw. Stadtteile. Im Gegensatz zu              sachverständigen erfolgen oder über eine Bankenschätzung
   den veralteten Einheitswerten sollen so die realen Werte           (wenn z.B. ein Kredit aufgenommen wurde). Aber auch der
   einigermaßen widergespiegelt werden.                               Kaufpreis bei nicht lange zurückliegenden Transaktionen
                                                                      oder der Kaufpreis vergleichbarer Liegen­schaften kann als
 	Der Gebäudewert wiederum hängt von der Größe der                  Nachweis für einen niedrigeren Wert herangezogen werden.
   Nutzfläche und einem Baukostenfaktor ab, der für jedes
   Bundesland festgelegt wird. Der Baukostenfaktor ist derzeit     Grundsätzliche Idee bei der Grunderwerbsteuer ist es
   in Kärnten mit 1.300 Euro pro Quadratmeter am niedrigsten       jedenfalls, dass sich die Steuer möglichst an den realen Werten
   und in Wien mit 1.470 Euro pro Quadratmeter am höchsten.        (Verkehrswerte) orientiert.
   Darüber hinaus gibt es Abschläge für Alter und Art des
   Gebäudes (z.B. Wohngebäude, Fabriksgebäude etc.)                Deutlich niedriger ist sie allerdings bei der Übergabe von land-
                                                                   und forstwirtschaftlichen Grundstücken im Familienverband.
2. Immobilienpreisspiegel                                          Hier gilt:
	Der Wert kann auch auf Basis der Immobilien-Durchschnitts­
   preise der Statistik Austria berechnet werden. Diese Daten      • B
                                                                      emessungsgrundlage ist nicht der tatsächliche
   ergeben sich aus tatsächlich durchgeführten Käufen von              Grundstückswert, sondern der Einheitswert.
   Häusern, Wohnungen und Grundstücken. Für Häuser und             • Der Steuersatz liegt bei 2 Prozent.
   Wohnungen gibt die Statistik Austria Daten auf Bezirksebene
   an, bei Grundstücken sogar auf Gemeindeebene. Damit
   regionale Schwankungen nicht zu überhöhten Steuerlasten
   führen, ist der Wert gemäß Statistik Austria um 28,75 Prozent
   zu reduzieren. Dieser Wert gilt dann als Grundstückswert für
   die Steuerbemessung.
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                   14

Grundsteuer
                                                                    Ein Beispiel: Bei einem Einfamilienhaus werden für die
Die Grundsteuer ist eine Substanzsteuer auf Grundbesitz. Sie        ersten 3.650 Euro des Einheitswerts 0,5 Promille fällig, für
ist bundesgesetzlich geregelt, wird aber von den Gemeinden          die nächsten 7.300 Euro ein Promille und danach zwei
eingehoben und verbleibt auch bei diesen. Bezahlt wird sie von      Promille. Bei einem Einheitswert von 20.000 Euro – ein
den Eigentümern, sie kann aber an Mieter weiterverrechnet           durchschnittlicher Wert für ein Haus am Land – ergibt
werden. Unterschieden wird zwischen der Grundsteuer A               das beispielsweise 27,22 Euro an jährlicher Steuer, die
für land- und forstwirtschaftliches Vermögen und der                aber von den Gemeinden um das maximal Fünffache – in
Grundsteuer B für Grundvermögen. Zu Letzterem gehören               diesem Beispiel auf 136,1 Euro – erhöht werden kann. Für
Einfamilienhäuser, Mietwohngrundstücke, Geschäftsgrund­             Mietwohngrundstücke sowie Geschäftsgrundstücke gibt
stücke, gemischt genutzte Grundstücke, sonstige bebaute             es jeweils leicht abweichende Promillesätze, ebenso für
Grundstücke und unbebaute Grundstücke. Das heißt also,              landwirtschaftliche Flächen.
Basis für die Besteuerung ist grundsätzlich der Boden- und
Gebäudewert.

Allerdings werden für die Berechnung der Steuerhöhe völlig       Das Beispiel zeigt auch bereits, dass die Steuerlast
veraltete Werte herangezogen, die sogenannten Einheitswerte.     vergleichsweise gering ist. Es handelt sich also eher um eine
Das Bewertungsgesetz sieht eigentlich eine Neubewertung alle     Bagatellsteuer, wie auch ein Blick auf die gesamtstaatlichen
neun Jahre vor. Seit 1973 wurde aber bei der Grundsteuer B       Einnahmen zeigt. Die Grundsteuer A brachte dem Finanzminister
keine Hauptfeststellung mehr durchgeführt, 1982 wurden die       2021 lediglich Einnahmen von 31 Millionen Euro, bei der
Einheitswerte lediglich pauschal um 35 Prozent angepasst. Die    Grundsteuer B waren es auch nur 729 Millionen. Zudem sinkt
Einheitswerte spiegeln also die realen Marktwerte bzw. die       ihre Bedeutung wegen der Nichtanpassung der Einheitswerte.
regional stark unterschiedliche Entwicklung der Grundstücks-     Im Vergleich zu den gesamten Steuereinnahmen weist die
und Immobilienpreise schon lange nicht mehr wider. Bei der       Grundsteuer eine deutlich unterdurchschnittliche Dynamik auf.
Grundsteuer A gab es zwar 2014 eine Hauptfeststellung, diese     Von den Immobilienpreisen hat sie sich völlig entkoppelt.
Steuer spielt aber vom Volumen her eine noch geringere Rolle.

Der Berechnungsmodus ist zudem derart kompliziert, sodass
es für die Steuerzahler de facto unmöglich ist, die Steuerhöhe
selbst zu berechnen oder die Berechnungen des Finanzamtes
nachzuvollziehen.
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                                                         15

Zusätzlich geschmälert werden die Einnahmen aus                                                         Die Grundsteuer ist daher völlig aus der Zeit gefallen und hat
der Grundsteuer durch zahlreiche Ausnahmen. So gibt                                                     auch zur Finanzierung der Gemeinden an Bedeutung verloren.
es beispielsweise Befreiungen für das Rote Kreuz, für                                                   Die Kommunalsteuer und die Ertragsanteile, die die Gemeinden
Feuerwehrverbände, gemeinnützige Vereinigungen,                                                         über den Finanzausgleich bekommen, haben sich wesentlich
Sportvereine, Flughäfen, Botschaften, aber auch für Kirchen                                             dynamischer entwickelt.
und anerkannte Religionsgemeinschaften.

Unterdurchschnittliche Dynamik bei der
Grundsteuer
Unterdurchschnittliche Dynamik                                                         bei der
Index: 2005=100 Prozent
Grundsteuer
240
                                                                              Immobilienpreisindex
Index: 2005=100 Prozent
220
240
                                                                                                     Immobilienpreisindex
200

220
Unterdurchschnittliche
180                    Dynamik bei der
Grundsteuer
200                                                                           Steuereinnahmen
Index:
 160   2005=100 Prozent
                                                                              insgesamt

240
                                                                              Immobilienpreisindex
                                                                              Grundsteuer B
140
180
220
120
                                                                              Grundsteuer A
                                                                              (Landwirtschaft)       Steuereinnahmen
160
200
 100
                                                                                                     insgesamt
    2005     2007     2009     2011     2013     2015       2017    2019   2021
 180
140                                                                                                  Grundsteuer B
Quelle: Statistik Austria, OeNB, BMF, eigene Berechnungen

                                                                              Steuereinnahmen
 160
                                                                              insgesamt
120
 140                                                                          Grundsteuer B          Grundsteuer A
                                                                                                     (Landwirtschaft)
100
 120
     2005       2007         2009        2011        2013          2015    2017     2019A
                                                                             Grundsteuer         2021
                                                                              (Landwirtschaft)
 100
   2005Statistik
Quelle:   2007 Austria,
                 2009 OeNB,
                        2011 BMF,
                              2013 eigene
                                      2015 Berechnungen
                                             2017  2019 2021

Quelle: Statistik Austria, OeNB, BMF, eigene Berechnungen
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                    16

Bodenwertabgabe                                                 Immobilienertragsteuer (ImmoESt)

Neben der Grundsteuer A und B gibt es auch noch die             Während die Grunderwerbsteuer in der Regel von den
Bodenwertabgabe. Sie wird nur auf unbebaute Grundstücke         Käufern bezahlt wird, müssen die Verkäufer ihre Gewinne aus
eingehoben, die für Bauzwecke in Betracht kommen und deren      Grundstückstransaktionen über die Immobilienertragsteuer
Einheitswert mehr als 14.600 Euro beträgt. Auch sie ist ein     versteuern. Die ImmoESt wurde 2012 eingeführt und liegt
historisches Relikt und eine Bagatellsteuer. Die Einnahmen      grundsätzlich bei 30 Prozent.
liegen seit Jahrzehnten bei gerade einmal fünf bis sechs
Millionen Euro jährlich, weshalb sich bei der Bodenwertabgabe   Werden die sonstigen Einkommen niedriger als mit
noch stärker als bei der Grundsteuer die Frage nach             durchschnittlich 30 Prozent besteuert (z.B. wegen Verlusten aus
der Verhältnismäßigkeit von Verwaltungsaufwand und              anderen Einkünften), ist auch eine Veranlagung zum regulären
Einnahmenhöhe stellt.                                           Steuertarif möglich (vgl. Immobilienertragsteuer: Aktuelle
                                                                Rechtslage lt. oesterreich.gv.at). Die ImmoESt kann aber nicht
                                                                progressionserhöhend wirken, das heißt, die Steuerpflichtigen
                                                                können wegen der Immobilienerträge nicht in eine höhere
                                                                Steuerstufe rutschen. Eine Sonderregelung gibt es für „Alt-
                                                                Grundstücke“, die vor dem 31. März 2002 angeschafft wurden.
                                                                Dafür fällt effektiv nur ein Steuersatz von 4,2 Prozent des
                                                                Veräußerungserlöses an.

                                                                Berücksichtigt werden Verkaufserlöse von Grund und Boden,
                                                                Gebäuden/Eigentumswohnungen und auch Grundstücksrechte
                                                                wie Baurechte. Unentgeltliche Übertragungen sind allerdings
                                                                nicht steuerpflichtig. Auf Erbschaften und Schenkungen fällt
                                                                also keine Immobilienertragsteuer an. Steuerfrei ist auch der
                                                                Verkauf von Eigenheimen und Eigentumswohnungen, wenn der
                                                                Verkäufer oder die Verkäuferin die Immobilie seit der Anschaffung
                                                                durchgehend zwei Jahre oder mindestens fünf Jahre innerhalb
                                                                der letzten zehn Jahre als Hauptwohnsitz genutzt hat.
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                    17

Grundbuchgebühr                                                   Mietvertragsgebühr

Wer Grund oder eine Immobilie kauft, muss aber nicht nur          Im gewerblichen Bereich gibt es noch eine weitere Gebühr
Steuern zahlen, sondern auch die Grundbuchgebühr. Sie             im Immobilienbereich: die Gebühr für Miet-, Pacht- oder
beträgt 1,1 Prozent des Kaufpreises. Ist die Immobilie mit        Leasingverträge. Sie ist ein historisches Relikt (im
einer Hypothek belastet, fallen weitere 1,2 Prozent vom Wert      Wohnmietbereich wurde sie bereits abgeschafft) und wird
des Pfandrechts für die Eintragung an. Zusätzlich wird auch       von vielen Unternehmen als internationaler Standortnachteil
noch die Eingabengebühr von 47 Euro eingehoben, die auf 66        gesehen.
Euro steigt, wenn die Eingabe nicht elektronisch erfolgt. Für
diesen im Grunde einfachen bürokratischen Akt können also         Die Mietvertragsgebühr wird laut Gebührengesetz schlagend,
einige tausend Euro an Kosten anfallen. Bei Übertragungen         wenn ein Vertrag über den „Gebrauch einer unverbrauchbaren
im Familienverband gibt es eine reduzierte Grundbuchgebühr        Sache auf eine gewisse Zeit und gegen einen bestimmten
– sie wird dann vom Dreifachen des Einheitswerts berechnet,       Preis“ abgeschlossen wird. Sie beträgt ein Prozent der
maximal aber nach 30 Prozent des Verkehrswerts.                   Bemessungsgrundlage (vgl. Gebührengesetz 1957). Diese ist
                                                                  grundsätzlich die Miete für die Vertragsdauer, ist aber mit der
Die gesamten Transaktionskosten für den Käufer sind aber sogar    dreifachen Bruttojahresmiete gedeckelt.
noch deutlich höher. Für Vertragsabwicklung und notarielle
Beglaubigungen fallen weitere ein bis 3 Prozent des Kaufpreises
an Notar- oder Rechtsanwaltskosten an.
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                 18

Falscher Steuermix

Reformoptionen können aber natürlich nicht isoliert für den        Ein EU-Vergleich der Steuerstrukturen zeigt folgendes Bild:
Immobiliensektor betrachtet werden. Der Vermögensaufbau            Bei der Belastung des Faktors Arbeit weist Österreich den
wird in Österreich schließlich vor allem auch durch den            dritthöchsten Wert auf (gemessen in Prozent der gesamten
aktuellen Steuermix erschwert. Seit Jahren weisen alle             Steuereinnahmen). Bei der Reihung nach Steuern auf
Experten von EU-Kommission, OECD oder Internationalem              unbewegliches Vermögen, also Grund und Immobilien,
Währungsfonds (IWF) darauf hin, dass der Faktor Arbeit zu          gibt es hingegen die drittniedrigste Belastung. Nur in
hoch belastet ist. Geändert hat sich an diesem Befund aber         Luxemburg und Malta ist das Steueraufkommen aus
nie etwas Substanzielles, da zwar in regelmäßige Abständen         Grundsteuern laut den Daten der EU-Kommission noch
kleinere und größere Steuerreformen durchgeführt werden,           niedriger.
die kalte Progression aber nie beseitigt wird und somit binnen
wenigen Jahren die Steuerlast wieder gleich hoch ist wie vor der
jeweiligen Reform.

Auch die EU-Kommission (vgl. Länderbericht Österreich
2020) verweist auf die empirische Evidenz, dass „Steuern auf
Immobilien und Verbrauch das langfristige Wachstum weniger
stark beeinträchtigen als Einkommen- und Körperschaftsteuern
sowie Sozialbeiträge“. Der heimische Steuermix wirke
sich daher negativ auf das Wachstum aus. Vor allem das
„Einnahmenpotenzial periodischer Immobiliensteuern, die als
relativ wachstumsfreundlich anzusehen sind, wird nach wie
vor kaum ausgeschöpft, weil als Steuerbemessungsgrundlage
veraltete Katasterwerte herangezogen werden“, heißt es im
Bericht. Darüber hinaus bestehe in Österreich „gemessen am
Nettovermögen eine ausgeprägte Ungleichheit, die in erster Linie
auf die niedrigen Wohneigentumsquoten am unteren Ende der
Vermögensskala zurückzuführen ist“.
In Prozent der gesamten Steuereinnahmen des jeweiligen Landes,
Werte 2020, Reihung nach Belastung Faktor Arbeit

LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                              19
  Arbeit      Vermögen gesamt   unbewegliches Vermögen (Grund)

               0           5          10          15             20   25   30   35   40   45   50   55   60
Deutschland
Schweden
ÖSTERREICH
Vergleich Steueraufkommen auf Arbeit,
Tschechien
Slowakei
Vermögen
Spanien    und Grundbesitz
Slowenien
Vergleich
In               Steueraufkommen
    Prozent der gesamten
Estland
Werte
                         Steuereinnahmen desauf   Arbeit,
                                               jeweiligen Landes,
Italien 2020, Reihung nach Belastung Faktor Arbeit
Vermögen
Belgien
         und Grundbesitz
Niederlande
In Prozent der gesamten Steuereinnahmen des jeweiligen Landes,
   Arbeit
Dänemark   Vermögen gesamt unbewegliches Vermögen (Grund)
Werte 2020, Reihung nach Belastung Faktor Arbeit
Frankreich
              0          5            10          15             20   25   30   35   40   45   50   55   60
Litauen
Deutschland
Lettland
Schweden
    Arbeit  Vermögen gesamt     unbewegliches Vermögen (Grund)
Finnland
ÖSTERREICH
Luxemburg     0          5            10          15             20   25   30   35   40   45   50   55   60
Tschechien
Rumänien
Deutschland
Slowakei
Portugal
Schweden
Spanien
Griechenland
ÖSTERREICH
Slowenien
Ungarn
Tschechien
Estland
Irland
Slowakei
Italien
Zypern
Spanien
Belgien
Malta
Slowenien
Niederlande
Polen
Estland
Dänemark
Kroatien
Italien
Frankreich
Bulgarien
Belgien
Litauen
Niederlande
Lettland
Dänemark
Finnland
Frankreich
Luxemburg
Litauen
Rumänien
Lettland
Portugal
Finnland
Griechenland
Luxemburg
Ungarn
Rumänien
Irland
Portugal
Zypern
Griechenland
Malta
Ungarn
Polen
Irland
Kroatien
Zypern
Bulgarien
Malta
Polen
Kroatien
Bulgarien

Quelle: EU-Kommission
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                      20

Verzerrte Statistik zu Vermögenssteuern

Zu beachten ist dabei allerdings, dass Vergleiche über               nicht gesondert ausgewertet werden könne. Tatsächlich dürften
vermögensbezogene Steuern im Falle Österreichs massiv                die Einnahmen wohl über den genannten Beträgen liegen.
verzerrt sind. Das hat mehrere Gründe: Zum einen wird die
Immobilienertragsteuer (ImmoESt) nicht separat ausgewiesen.          An Transparenz mangelt es auch bei der Grundbuchgebühr. Laut
In den Statistiken des österreichischen Finanzministeriums ist       Budgetdienst wurden im Jahr 2020 allein 809,2 Millionen Euro
sie Teil der Einkommen- und Körperschaftsteuer und wird daher        direkt unter Grundbuchgebühr verbucht. Darin nicht enthalten
auch in der EU-Statistik zu Vermögenssteuern („property taxes“)      sind allerdings jene Grundbuchgebühren, die gemäß einer
nicht berücksichtigt.                                                automatischen Einzugsermächtigung bezahlt wurden. Über diese
                                                                     Schiene kommen noch einmal deutlich über 100 Millionen Euro
Zum anderen werden auch über die Grundbuchgebühr große               pro Jahr dazu (vgl. parlamentarische Anfragebeantwortung 193/
Summen lukriert. Da es sich dabei aber formal um eine Gebühr         AB: Einnahmen aus Gerichtsgebühren). Laut dem Budgetvollzug
und keine Steuer handelt, ist auch sie nicht Teil der EU-Statistik   für das Jahr 2021 lagen die Einnahmen aus der Grundbuchgebühr
zu Vermögenssteuern.                                                 noch einmal um 174,2 Millionen Euro höher als im Jahr davor,
                                                                     und auch bei den automatischen Einzugsermächtigungen lagen
Hier wäre also eine transparentere und ehrlichere Ausweisung         die Einnahmen um knapp 60 Millionen Euro über dem Vorjahr,
dieser De-facto-Vermögenssteuern wünschenswert.                      was ebenfalls „überwiegend“ auf das Grundbuch zurückzuführen
                                                                     sei (vgl. Monatserfolg Dezember 2021 sowie COVID-19-
Um welche Volumina die Statistiken verzerrt sind, lässt sich         Berichterstattung).
nur annäherungsweise beziffern. Bei der ImmoESt ist den
Budgetberichten des Finanzministeriums zu entnehmen, dass            Gemäß Lab-Berechnungen dürften die Einnahmen aus
der „direkt abgeführte Teil der Immobilienertragsteuer“ im           der Grundbuchgebühr im Jahr 2020 also bei rund
Jahr 2020 bei 794,1 Millionen Euro lag und im Vorjahr bereits        940 Millionen Euro gelegen sein und im Jahr 2021 wegen
bei 1.008,7 Millionen Euro. Dabei handelt es sich also nur um        der starken Dynamik auf den Immobilienmärkten bereits
Steuern, die über die sogenannte Selbsterklärung veranlagt           auf rund 1,15 Milliarden Euro gestiegen sein. Für heuer
wurden.                                                              erwartet das Finanzministerium einen weiteren kräftigen
                                                                     Anstieg der Einnahmen um rund 150 Millionen Euro.
In welchem Ausmaß es noch ImmoESt-Einnahmen gibt, die nicht
direkt abgeführt wurden bzw. wie häufig es Korrekturen der           Und schließlich ist auch die erwähnte Mietvertragsgebühr
direkt abgeführten Steuern gibt, ist hingegen nicht bekannt. Das     de facto eine Immobilienertragsteuer, die die Unternehmen
Finanzministerium verwies in einer parlamentarischen Anfrage         jährlich rund 100 Millionen Euro kostet (vgl. parlamentarische
(vgl. Anfragebeantwortung 2288/AB betreffend „Anzeichen einer        Anfrage Neos: Einnahmen aus Rechtsgeschäftsgebühren).
Immobilienblase“) nur darauf, dass das Gesamtaufkommen               Auch sie ist offiziell als Gebühr konstruiert, obwohl die
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                                                               21

Voraussetzungen dafür eigentlich nicht gegeben sind. Gebühren                                              Bei einer ehrlicheren Betrachtung lagen die Einnahmen aus
sollen nämlich vom grundsätzlichen Gedanken her eine konkrete                                              vermögensbezogenen Steuern in Österreich im Vorjahr also um
staatliche Leistung finanzieren. Die Mietvertragsgebühr wird                                               rund 2,3 Milliarden Euro höher als in den offiziellen Statistiken
aber schlagend, wenn zwei privatwirtschaftliche Akteure einen                                              ausgewiesen.
Vertrag abschließen. Eine staatliche Leistung gibt es eigentlich
nicht.

Steuern
Steuernist
        istverzerrt
            verzerrt
Steuern ist verzerrt
  Grundsteuer A+B und Bodenwertabgabe                Grunderwerbsteuer     Sonstiges (v.a. Banken)
   Grundsteuer A+B und Bodenwertabgabe            Grunderwerbsteuer   Sonstiges (v.a. Banken)
  Grundsteuer A+B undImmobilienertragsteuer*
  Mietvertragsgebühr  Bodenwertabgabe             Grunderwerbsteuer
                                                    Grundbuchgebühr** Sonstiges (v.a. Banken)
   Mietvertragsgebühr          Immobilienertragsteuer*   Grundbuchgebühr**
   Mietvertragsgebühr          Immobilienertragsteuer*   Grundbuchgebühr**
                                                                                      5.675
                                                                                                 5.675
                                                                5.173                            5.675
                                                                         5.173         1.150
                                                                         5.173
                                                                940                              1.150
                                                                                                 1.150
                                                                         940
                                                                         940          1.009
4.000
                                                                794
                                       3.416
4.000           3.339                                                                  100       1.009
4.000                                                           100      794                     1.009
                                             3.416                       794
                  3.339                993 3.416                                       993           100
                  3.339                                                  100                         100
                 1.270                                          1.270    100
                                               993                                                   993
                  1.270                        993                       1.270                       993
2.000
                  1.270                                                  1.270
                                       1.658                                           1.658
                 1.319                                          1.319
2.000
2.000
                                             1.658                                               1.658
                   1.319                     1.658                       1.319                   1.658
                  1.319
                 750                   765                      750      1.319         765

                                                              De facto               De facto
          Vermögenssteuern
                 750            Vermögenssteuern
                                            765           Vermögenssteuern
                                                                       750       Vermögenssteuern765
                 750
              2020***                2021***765                2020    750             2021      765

                                                                         Degemäß
*nur direkt abgeführter Teil **Schätzung Basis Anfragen und Budgetdienst *** facto                De facto
                                                                         De factoMethodik der EU- De facto
Kommission Vermögenssteuern             Vermögenssteuern          Vermögenssteuern         Vermögenssteuern
           Vermögenssteuern         Vermögenssteuern            Vermögenssteuern         Vermögenssteuern
               2020***                   2021***                     2020                      2021
                2020***
        EU-Kommission,                     2021***
                       BMF, eigene Berechnungen                      2020                      2021

*nur direkt abgeführter Teil **Schätzung Basis Anfragen und Budgetdienst *** gemäß Methodik der EU-
*nur direkt abgeführter Teil **Schätzung Basis Anfragen und Budgetdienst *** gemäß Methodik der EU-
Kommission
Kommission
       EU-Kommission, BMF, eigene Berechnungen
       EU-Kommission, BMF, eigene Berechnungen
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                   22

Reformoptionen

Umschichten im Steuersystem,                                     Grunderwerbsteuer
Faktor Arbeit entlasten
                                                                 Bei der Grunderwerbsteuer sollten angesichts der stark
Die bisherige Analyse hat also gezeigt, dass Österreich großes   gestiegenen Immobilienpreise Anreize gesetzt werden, die es
Potenzial hat, die Steuerstruktur wachstumsfreundlicher zu       Jüngeren erleichtern, Eigentum zu erwerben. Das aktuelle System
gestalten und mehr Transparenz hinsichtlich der tatsächlichen    sieht nur ermäßigte Sätze bei Erbschaften und Schenkungen vor,
Belastungen zu schaffen. Steuern, deren Höhe von völlig          wobei jene für land- und forstwirtschaftliche Grundstücke noch
unplausiblen Bemessungsgrundlagen abhängen, sind nicht           zusätzlich begünstigt sind.
dazu angehalten, das Vertrauen der Bürger zu gewinnen
und das Gefühl von Gerechtigkeit zu erzeugen. Die Höhe von       Als Vorbild kann das seit Anfang 2021 gültige niederländische
Gebühren wiederum sollte in einem angemessenen Verhältnis        Modell des „Starterfreibetrags“ für Junge beim erstmaligen
zur tatsächlichen Leistung des Staates stehen, was sowohl bei    Erwerb einer Wohnung oder eines Hauses (vgl. Homepage
der Grundbuch- als auch der Mietvertragsgebühr eindeutig nicht   niederländische Steuerbehörden) dienen.
der Fall ist.

Die Leitplanken für die folgenden Reformüberlegungen lauten
daher: Wachstum fördern und die in Österreich besonders hohe        Hintergrund: Niederländisches Modell
Belastung des Faktors Arbeit reduzieren, Vermögensaufbau für        Personen, die jünger als 35 sind und eine Immobilie
junge Menschen erleichtern, verfassungsrechtlich bedenkliche        kaufen, die weniger als 400.000 Euro kostet, müssen
Bestimmungen beseitigen und die Möglichkeiten der                   keine Grunderwerbsteuer zahlen, sofern sie diese nach
Digitalisierung für eine effiziente Verwaltung nutzen.              dem Kauf auch selber bewohnen. Ebenso befreit von der
                                                                    Grunderwerbsteuer ist man, wenn man eine Immobilie
                                                                    renoviert und sie danach selber bewohnt.

                                                                    Abgesehen von der speziellen Förderung junger Menschen
                                                                    unterscheiden die Niederländer bei der Besteuerung generell
                                                                    nach dem Wohnzweck. Lebt man längere Zeit selber im
                                                                    gekauften Objekt, beträgt die Grunderwerbsteuer 2 Prozent.
                                                                    Kauft man hingegen ein Ferienhaus, ein Anlage- oder
                                                                    Geschäftsobjekt, fällt eine deutlich höhere Steuer an –
                                                                    nämlich 8 Prozent.
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                    23

Da der niederländische Immobilienmarkt einigermaßen gut mit
dem österreichischen vergleichbar ist (vgl. Deloitte Property    Resümee: Ein Neo-Eigentümer-Freibetrag nach
Index 2021), könnte ein Neo-Eigentümer-Freibetrag hierzulande    niederländischem Vorbild würde bei einem
ebenfalls im Bereich von 400.000 Euro angesiedelt sein.          Immobilienwert von 400.000 Euro zu einer
                                                                 Steuerersparnis von 14.000 Euro führen. Laut
Um den Faktor Arbeit entlasten zu können, sollte das             Einkommensdaten der Statistik Austria entspricht
Aufkommen der Grunderwerbsteuer insgesamt allerdings nicht       das bei jungen Menschen mehr als sieben
oder zumindest nicht signifikant sinken. Der Einnahmenausfall,   Nettomonatsgehältern, wäre also eine massive
der durch die Steuerbefreiung für unter 35-Jährige entsteht,     Erleichterung für den ersten Eigenheimkauf. Auf
sollte also durch ein Umschichten innerhalb der Steuer           der anderen Seite könnte die Grunderwerbsteuer
ausgeglichen werden. Da es in Österreich – im Gegensatz zu       bei Erbschaften und bei Anlageobjekten höher
den Niederlanden – keine echte Erbschaftssteuer gibt, böte       ausfallen.
es sich an, die Grunderwerbsteuer bei Erbschaften und
Schenkungen entsprechend anzuheben. Das wäre ein Beitrag
zur Chancengleichheit der nächsten Generationen. Schließlich
haben jene, die Eigentum mit selbstverdientem Geld oder
Krediten finanzieren müssen, einen deutlichen Startnachteil.

Da das Einheitswertesystem in der Landwirtschaft ohnehin
dringend reformbedürftig ist (es ist auch Basis für eine
pauschale Einkommensbesteuerung und führt dort zu
erheblichen Steuerausfällen), sollte auch bei Erbschaften oder
Schenkungen von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken
auf Marktwerte umgestellt werden und von begünstigten
Steuersätzen abgesehen werden.

Und schließlich könnten auch in Österreich Ferienhäuser
oder Anlegeobjekte mit einer höheren Grunderwerbsteuer
belegt werden. Die konkreten Steuersätze müssten nach
einer entsprechenden Steuersimulation mit Daten des
Finanzministeriums festgelegt werden.
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                      24

Grundsteuer
                                                                    und andererseits sei die Grundsteuer wegen des „(geringen)
Verfassungsrechtliche Probleme: Wie erwähnt, basiert die            Gewichts der daran geknüpften Steuerfolgen“ und der
aktuelle Grundsteuer auf völlig veralteten Einheitswerten. Auch    „unzweifelhaft erreichten Verwaltungsentlastung (noch)
der Rechnungshof konstatierte in einem Bericht im Vorjahr           verfassungsrechtlich unbedenklich“ (vgl. VfGH-Erkenntnis
(vgl. Rechnungshofbericht: Reformprojekte im Rahmen des             B298/10).
Finanzausgleichs) „dringenden Reformbedarf“. Die Prüfer
verwiesen dabei neben der Nichtanpassung der Einheitswerte
auch auf die „Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (VfGH)“,     Wie die Verfassungsrichter die Grundsteuer heute,
bringen also auch die Befürchtung einer Verfassungswidrigkeit     zwölf Jahre nach diesem Erkenntnis, einstufen, müsste im
ins Spiel.                                                        Zuge von etwaigen neuen Klagen überprüft werden.
                                                                  Klar scheint: Nur solange die Grundsteuer eine Bagatellsteuer
                                                                  ist, kann das eigentlich gleichheitswidrige System der veralteten
  Hintergrund: Höchstgerichtliche Erkenntnisse                    Einheitswerte nach Ansicht des VfGH akzeptiert werden.
  Die Erbschaftssteuer wurde 2007 vom VfGH aufgehoben,
  weil das Aussetzen der Hauptfeststellung der Einheitswerte      Regional große Unterschiede: Das Auseinanderdriften der
 „die Wertentwicklung von Grundstücken nicht angemessen           realen Liegenschaftspreise und Einheitswerte ist jedenfalls
  widerspiegelt“. Ein solches System sei „keine geeignete         evident. Weit zurückreichende und gut vergleichbare Daten
  Bemessungsgrundlage für die Erbschaftssteuer“ und               sind zwar Mangelware, seit 2015 veröffentlicht die Statistik
  daher gleichheitswidrig (vgl. Aussendung VfGH März              Austria allerdings jährlich Häuser-, Wohnungs- und Grundpreise
  2007 „Derzeitige Gestaltung der Erbschaftssteuer                auf Länder- und Bezirksebene. Diese Daten können, wie
  verfassungswidrig“).                                            im Steuerüberblick skizziert, auch für die Berechnung der
                                                                  Grunderwerbsteuer herangezogen werden.
  Die Grundsteuer wurde drei Jahre später allerdings vom
  Höchstgericht vorerst nicht gekippt. Die Argumentation          Diese Statistiken zeigen, wie unterschiedlich dynamisch sich
  damals: Während es bei der Erbschaftssteuer zu                  die Preise entwickeln. In Vorarlberg sind die Häuserpreise
  Belastungsunterschieden zwischen den Erben von                  zwischen 2015 und 2020 im Schnitt um 65,8 Prozent gestiegen,
  Grundvermögen und Erben von anderen Vermögenswerten             in der Steiermark nur um 18 Prozent. Die Grundstückspreise
  komme, seien die Folgen der Einheitswerte bei der               sind im Ländle um 46,3 Prozent und in Wien immerhin auch um
  Grundsteuer geringer. Zum einen führe die Nichtanpassung        fast 40 Prozent gestiegen, im Burgenland hingegen sind sie im
  der Einheitswerte zu einer Entlastung für die Betroffenen,      Schnitt sogar um 7,1 Prozent gesunken.
Immobilien- und Grundstückspreise entwickeln
                                                                               Wien                   4.612                 33,8
sich regional extrem unterschiedlich                                           Niederösterreich       1.515                 29,4
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
Durchschnittliche Preise in Euro pro Quadratmeter
                                                                               ÖSTERREICH             1.739                 26,3
                                                                                                                                                     25
                                                                               Kärnten                1.569                 25,5
Durchschnittliche Häuserpreise
                                                                               Burgenland             924                   20,9
                    Preise 2020                  Veränderung seit 2015 in %
                                                                               Steiermark             1.390                 18,2
Vorarlberg           4.018                           65,8
Tirol                3.333                           53,3
                                                                               Durchschnittliche Wohnungspreise
Salzburg             3.631                           39,6
                                                                                                     Preise 2020        Veränderung seit 2015 in %
Oberösterreich       1.944                           34,3                      Vorarlberg             4.523                 55,1
Wien                 4.612                           33,8                      Niederösterreich       2.926                 54,4
Die  folgende 1.515
Niederösterreich Grafik zeigt aber auch, wie groß  die Unterschiede in
                                                29,4                           Oberösterreich         3.011                 52,5
absoluten
ÖSTERREICH Beträgen
             1.739  sind:                            26,3                      Wien                   4.399                 36
Kärnten              1.569                           25,5                      ÖSTERREICH             3.508                 35,9
Burgenland           924                             20,9                      Tirol                  3.848                 35,7
Steiermark           1.390                           18,2                      Kärnten                2.667                 33,4
Immobilien- und Grundstückspreise
                            Grundstückspreise entwickeln
                                                entwickeln                     Burgenland             1.458                 31,4
sich   regional
Durchschnittliche      extrem
                  Wohnungspreise unterschiedlich
                      extrem unterschiedlich                                   Salzburg               3.960                 28,4
              Preise
Durchschnittliche    2020 in Euro pro Quadratmeter
                   Preise                     Veränderung seit 2015 in %
Durchschnittliche Preise  in Euro pro Quadratmeter                             Steiermark             2.287                 26,6
Vorarlberg           4.523                           55,1
Niederösterreich 2.926
Durchschnittliche Häuserpreise                       54,4
Durchschnittliche Häuserpreise                                                 Durchschnittliche Baugrundstückspreise
                 Preise
Oberösterreich Preise   2020
                  3.011 2020                      Veränderung
                                                      52,5    seit 2015 in %
                                                 Veränderung seit 2015 in %                          Preise 2020        Veränderung seit 2015 in %
Vorarlberg           4.018                            65,8
Wien
Vorarlberg           4.399
                     4.018                           36
                                                     65,8                      Vorarlberg                   379             46,3
Tirol                3.333                            53,3
ÖSTERREICH
Tirol                3.508
                     3.333                           35,9
                                                     53,3                      Wien                   837                   37,7
Salzburg             3.631                            39,6
Tirol
Salzburg             3.848
                     3.631                           35,7
                                                     39,6                      Tirol                       255              26,9
Oberösterreich       1.944                            34,3
Kärnten
Oberösterreich       2.667
                     1.944                           33,4
                                                     34,3                      Salzburg                    241              18,1
Wien                 4.612                            33,8
Burgenland
Wien
Niederösterreich     1.458
                     4.612
                     1.515                           31,4
                                                     33,8
                                                      29,4                     Oberösterreich          80                          6,7
Salzburg
ÖSTERREICH
Niederösterreich     3.960
                     1.739
                     1.515                           28,4
                                                      26,3
                                                     29,4                      Kärnten                 61                        5,2
Steiermark
Kärnten
ÖSTERREICH           2.287
                     1.569
                     1.739                           26,6
                                                      25,5
                                                     26,3                      Niederösterreich        82                       3,8
Burgenland        924                                 20,9
Kärnten           1.569                              25,5                      Steiermark             54                    0
Durchschnittliche Baugrundstückspreise
Steiermark        1.390                               18,2
Burgenland        924                                20,9                      ÖSTERREICH              82                   −1,2
                 Preise 2020                     Veränderung seit 2015 in %
Steiermark        1.390                              18,2                      Burgenland             52                    −7,1
Durchschnittliche
Vorarlberg        Wohnungspreise
                      379                            46,3
                    Preise 2020                   Veränderung seit 2015 in %
Wien              837                                37,7
Durchschnittliche
Vorarlberg        Wohnungspreise
                  4.523                               55,1
Tirol               255 2020
                 Preise                              26,9
                                                 Veränderung seit 2015 in %
Niederösterreich     2.926                            54,4
Salzburg
Vorarlberg             241
                     4.523                           18,1
                                                     55,1
Oberösterreich       3.011                            52,5
Oberösterreich
Niederösterreich
Wien
                      80
                     2.926
                     4.399                            36 6,7
                                                     54,4
Kärnten
Oberösterreich
ÖSTERREICH           61
                     3.011
                     3.508                              5,2
                                                     52,5
                                                      35,9
Niederösterreich
Tirol                 82
                     3.848                             3,8
                                                      35,7                     Quelle: Statistik Austria
Wien                 4.399                           36
Steiermark
Kärnten
ÖSTERREICH           54
                     2.667
                     3.508                           033,4
                                                     35,9
Burgenland
ÖSTERREICH           1.458
                      82                              31,4
                                                     −1,2
Tirol                3.848                           35,7
Salzburg
Burgenland           3.960
                     52                               28,4
                                                     −7,1
Kärnten              2.667                           33,4
Steiermark           2.287                            26,6
Burgenland           1.458                           31,4
Salzburg
Durchschnittliche 3.960
                  Baugrundstückspreise               28,4
Steiermark          Preise
                    2.287 2020                    Veränderung
                                                     26,6     seit 2015 in %
Vorarlberg                 379                        46,3

Wien
Durchschnittliche 837
                  Baugrundstückspreise                37,7
Tirol                 Preise
                          2552020                Veränderung
                                                      26,9   seit 2015 in %
Quelle: Statistik Austria
Vorarlberg
Salzburg                   379
                          241                        46,3
                                                      18,1
Oberösterreich
Wien                  80
                     837                             37,7 6,7
Kärnten
Tirol                 61255                          26,95,2
Niederösterreich      82                                  3,8
Salzburg               241                           18,1
Steiermark           54                               0
Oberösterreich       80                                     6,7
ÖSTERREICH            82                              −1,2
LIBERALE REFORMOPTIONEN FÜR DIE BESTEUERUNG VON GRUND UND IMMOBILIEN
                                                                                                                                                              26
                                                                  Auf Bezirksebene sind die Veränderungen bei
                                                                  Immobilien- und Grundstückspreisen noch größer
                                                                  Durchschnittliche Preise in Euro pro Quadratmeter

                                                                  Bezirke mit der größten Steigerung bei Häuserpreisen (in %)
                                                                                              Preise 2020                       Veränderung in % seit 2015
                                                                  Reutte                      2.412                                   117,1
                                                                  Steyr (Stadt)               2.074                                   107,4
Noch wesentlich besser sieht man die unterschiedlichen             Auf Bezirksebene
                                                                  Eisenstadt (Stadt)
                                                                               2.337
                                                                                     sind die Veränderungen
                                                                                                     87
                                                                                                            bei
Entwicklungen bei der Betrachtung der Bezirksdaten. Die            Immobilien- und Grundstückspreisen noch größer
                                                                   Durchschnittliche
                                                                  Bezirke                Preise
                                                                          mit der geringsten     in Euro
                                                                                             Steigerung   pro
                                                                                                        bei   Quadratmeter
                                                                                                            Häuserpreisen (in %)
folgende Grafik zeigt jeweils die Top-3-Bezirke mit der
                                                                                              Preise 2020                       Veränderung in % seit 2015
prozentuell stärksten und schwächsten Preisentwicklung            Scheibbs                1.068                                     7,2
                                                                   Bezirke mit der größten Steigerung bei Häuserpreisen (in %)
zwischen 2015 und 2020. Die Häuserpreise sind demnach in          Hallein                 2.896
                                                                                           Preise 2020                              7,3
                                                                                                                               Veränderung in % seit 2015
                                                                  Lilienfeld
                                                                    Reutte                    857
                                                                                               2.412                                   8,6
                                                                                                                                       117,1
Reutte (Tirol) mit 117,1 Prozent am stärksten gestiegen. In
                                                                   Steyr (Stadt)             2.074                                107,4
Scheibbs (Niederösterreich) gab es in fünf Jahren nur ein Plus    Bezirke mit der größten Steigerung bei Wohnungspreisen (in %)
                                                                   Eisenstadt (Stadt)        2.337                                87
von 7,2 Prozent.                                                                          Preise 2020                      Veränderung in % seit 2015
                                                                  Freistadt                3.071                                  183,6
                                                                   Bezirke mit der geringsten Steigerung bei Häuserpreisen (in %)
                                                                  Feldkirchen              3.089
                                                                                            Preise 2020                           170,3
                                                                                                                              Veränderung in % seit 2015
Bei den Baugrundstückspreisen ist die Kluft noch wesentlich       Wiener Neustadt (Land)
                                                                   Scheibbs                   2.394
                                                                                                1.068                                 131,8
                                                                                                                                         7,2
größer. Die größte Steigerung (plus 152,9 Prozent) gab es          Hallein                   2.896                                7,3
                                                                  Bezirke mit am stärksten sinkenden Wohnungspreisen (in %)
in Hallein (Salzburg), in Murau (Obersteiermark) sind die          Lilienfeld                857                                  8,6
                                                                                          Preise 2020                     Veränderung in % seit 2015
Grundstückpreise hingegen um 36,1 Prozent gesunken.               Hartberg-Fürstenfeld    1.163                                  −17,3
                                                                   Bezirke mit der größten Steigerung bei Wohnungspreisen (in %)
                                                                  Eferding                2.024
                                                                                           Preise 2020                           −14,6
                                                                                                                            Veränderung in % seit 2015

Bei den Einheitswerten, die die Basis für die Grundsteuer sind,   Wolfsberg
                                                                   Freistadt                  1.164
                                                                                                 3.071                                −7,9
                                                                                                                                       183,6
                                                                   Feldkirchen               3.089                                 170,3
spiegeln sich all diese Entwicklungen nicht wider, wie auch die   Bezirke mit der größten Steigerung bei Baugrundstückpreisen (in %)
                                                                   Wiener Neustadt (Land) 2.394                                    131,8
Preisentwicklungen der Jahrzehnte davor.                                                  Preise 2020                      Veränderung in % seit 2015
                                                                  Hallein                 543                                  152,9
                                                                   Bezirke mit am stärksten sinkenden Wohnungspreisen (in %)
                                                                  Hollabrunn               42
                                                                                           Preise 2020                         83,4
                                                                                                                           Veränderung in % seit 2015
Schon aus Gründen der Steuergerechtigkeit sollte das derzeitige
                                                                  Eferding
                                                                   Hartberg-Fürstenfeld         115
                                                                                                1.163                                 76,9
                                                                                                                                       −17,3
System daher reformiert und auf völlig neue Beine gestellt         Eferding                  2.024                               −14,6
werden.                                                           Bezirke mit am stärksten sinkenden Baugrundstückpreisen (in %)
                                                                   Wolfsberg                 1.164                               −7,9
                                                                                          Preise 2020                     Veränderung in % seit 2015
                                                                  Murau                    42,5                                  −36,1
                                                                   Bezirke mit der größten Steigerung bei Baugrundstückpreisen (in %)
                                                                  Urfahr-Umgebung          88
                                                                                           Preise 2020                           −20
                                                                                                                            Veränderung in % seit 2015
                                                                  Mistelbach
                                                                   Hallein                     38,3
                                                                                                543                                   −14,9
                                                                                                                                        152,9

                                                                    Hollabrunn                  42                                      83,4
                                                                    Eferding                     115                                    76,9

                                                                    Bezirke mit am stärksten sinkenden Baugrundstückpreisen (in %)
                                                                                               Preise 2020                       Veränderung in % seit 2015
                                                                    Murau                       42,5                                    −36,1
                                                                    Urfahr-Umgebung              88                                     −20

                                                                    Mistelbach                  38,3                                    −14,9

                                                                  Quelle: Statistik Austria
Sie können auch lesen