UNGERECHTE VERTEILUNG - WIE UNGLEICHHEIT UNSER LEBEN PRÄGT - Otto Bauer ...
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VORWORT Die weltweite Corona-Krise hat viele soziale Ungleichheiten aufgezeigt und „Soziale Ungleich- verstärkt. Auch in Österreich wurden soziale Unterschiede, die es schon heit wirkt in fast lange vor Ausbruch der Krankheit gab, deutlich sichtbar. Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit, Bedingungen für Heimunterricht von Kindern, Pflege- und alle Lebensberei- Betreuungsverpflichtungen oder Möglichkeiten zur Abschottung vom Vi- che. Ein gut ausge- rus: Verschiedene Bevölkerungsgruppen wurden von den Auswirkungen bauter Sozialstaat der Gesundheitskrise unterschiedlich stark getroffen. und ein gerechtes Steuersystem be- Österreich wird im internationalen Vergleich oft als Land des sozialen Aus- kämpfen die Ursa- gleichs bezeichnet. Der gut ausgebaute Sozialstaat und die Berücksichti- chen und Folgen gung unterschiedlicher Interessen bei politischen Entscheidungen haben uns in der Vergangenheit diesen positiven Ruf eingebracht. Doch diese his- gleichermaßen.“ torischen Errungenschaften sind heute umkämpft und viele Daten belegen auch hierzulande wachsende Ungleichheiten. So sind in kaum einem ande- ren Land die Vermögensunterschiede so hoch wie in Österreich. Auch die Spreizung zwischen niedrigen und hohen Einkommen nahm in den letzten Jahrzehnten merklich zu. Diese Ungleichheiten haben vielfältige Auswirkungen auf die Lebens- chancen, von der Freizeitgestaltung über die Wohnsituation und den Ge- sundheitszustand bis hin zur politischen Teilhabe. Diese Broschüre zeigt anhand zahlreicher Daten und Fakten, wie soziale Ungleichheit in viele gesellschaftliche Bereiche wirkt und was dagegen getan werden kann. Um die negativen Folgen von Ungleichheit für das gesellschaftliche Miteinander Renate Anderl, und die Demokratie abzufedern, setzt sich die AK für einen gut ausgebauten AK Wien Präsidentin Sozialstaat ein, der allen einen hohen Lebensstandard ermöglicht. Aller- dings reicht es nicht aus, die Symptome zu behandeln. Es müssen auch die Wurzeln von sozialer Ungleichheit bekämpft werden.
Katharina Bohnenberger Franziska Disslbacher Michael Ertl Georg Feigl Julia Hofmann Georg Hubmann Markus Marterbauer Patrick Mokre Johannes Rendl Matthias Schnetzer Jana Schultheiss Nora Waldhör IMPRESSUM 1. Auflage, September 2021 Medieninhaber: Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien, Prinz Eugen Straße 20-22, 1040 Wien, Telefon: ( 01) 501 65 0 Offenlegung gem. § 25 MedienG: siehe wien.arbeiterkammer.at/impressum Redaktion: Katharina Bohnenberger, Franziska Disslbacher, Michael Ertl, Georg Feigl, Julia Hofmann, Georg Hubmann, Markus Marterbauer, Patrick Mokre, Johannes Rendl, Matthias Schnetzer, Jana Schultheiss, Nora Waldhör Konzeption: Georg Hubmann, Jahoda-Bauer-Institut, www.jbi.or.at Grafik: Gerhard Schmadlbauer Hersteller: Bösmüller Printmanagement GesmbH & Co. KG Bestell-Telefon: 01 50165-0 Die Broschüre und die Grafiken stehen auf der Homepage der AK Wien unter www.arbeiterkammer.at/verteilungsgerechtigkeit zum Download bereit.
INHALT 1 Ungleichheit und Arbeitsmarkt ……………………………………………………… 06 2 Ungleichheit und Geschlecht ..………………………………………………………… 08 3 Ungleichheit und unbezahlte Arbeit …………….……………………………………… 10 4 Ungleichheit und soziale Mobilität ..……………………………………..………… 12 5 Ungleichheit und Lebenszufriedenheit …………………………………………… 14 6 Ungleichheit und Gesundheit …………………………………………………………… 16 7 Ungleichheit und Wohnen …………..……………………………………………………. 18 8 Ungleichheit und Freizeitgestaltung ……………………………………………… 20 9 Ungleichheit und Klimakrise …………………………………….…………………… 22 10 Ungleichheit und Demokratie ..……………………………………………………… 24 11 Was zu tun ist ………………………………….……….……….……………………………… 26 12 Lesestoff ………………………………….……….……….……………………………………… 30 13 Ungleichheit in Zahlen ………………………………….……….……….………………… 32
UNGLEICHHEIT UND ARBEITSMARKT DER DRUCK AM ARBEITSMARKT STEIGT 1 Soziale Ungleichheit wird am Arbeitsmarkt deut- lich sichtbar, zum Beispiel bei unterschiedlicher Bezahlung für gleiche Arbeit, Geschlechterunter- schieden in Hoch- und Niedriglohnsektor oder bei bei der Lockerung der Zumutbarkeitskriterien bei Erwerbslosen. Arbeitnehmer*innen haben diesen Zugang zur Politik nur wenn sie gemeinsam aktiv sind, etwa über die Organisation in Gewerkschaf- Langzeitbeschäftigungslosigkeit. ten. Wenn Gewerkschaften geschwächt werden, Ungleichheit verändert auch den Arbeitsmarkt nützt das vor allem zahlungskräftigen Einzelin- selbst. Wenn mehr Vermögen, Macht und politi- teressen bei politischen Entscheidungen (z.B. im scher Einfluss bei den Reichsten und großen Kon- Arbeitsrecht oder der Marktregulierung). zernen konzentriert ist, verschlechtert sich die Marktmacht und politische Macht sind schwer zu Lage für Arbeitnehmer*innen. trennen. Aber je ungleicher eine Gesellschaft ist, desto weniger können Arbeitnehmer*innen den Marktmacht und politischer Einfluss Arbeitsmarkt mitgestalten. Das hat negative Aus- Große internationale Konzerne können über die wirkungen auf Beschäftigte und Erwerbslose. Arbeitsverhältnisse und die Bezahlung von beson- ders vielen Menschen bestimmen. Wenn einige Prekäre Beschäftigung höhlt Arbeitsrechte aus wenige Reiche immer reicher werden, oder einige Das sieht man zum Beispiel an der Zunahme der wenige Unternehmen immer größer, heißt das für prekären Beschäftigung in den letzten Jahrzehn- ihre Beschäftigten, dass sie sich mangels Alterna- ten. Krisen beschleunigen diese Veränderung, tiven schlechter durchsetzen können. weil viele Menschen gleichzeitig arbeitslos wer- Mit dem Reichtum wächst auch der politische Ein- den. Nach der Krise von 2008 sind die prekären fluss: Think Tanks und Parteispenden sind Türöff- Beschäftigungsverhältnisse in Österreich vor ner für die Industrie, um ihre Interessen auch am allem durch Leiharbeit und Outsourcing doppelt Arbeitsmarkt politisch durchzusetzen. Das zeigt so schnell angestiegen wie die stabilen Normal- zum Beispiel die Debatte zum 12-Stunden-Tag oder arbeitsverhältnisse. 6 | Ungleichheit und Arbeitsmarkt
DIE KRISE AM ARBEITSMARKT VERSCHÄRFT SICH +19,16 % 1.260.200 2010 1.057.600 2020 Quelle: AMS & Statistik Austria 2010/2020, eigene Darstellung +63,34 % suche Arbeit 409.639 +162,07 % 250.782 116.727 44.540 LANGZEITBESCHÄFTIGUNGSLOSE ARBEITSLOSE ATYPISCH BESCHÄFTIGTE Arbeitsmarktpolitik muss für alle sein Zum Weiterlesen: Wenn der Arbeitsmarkt nach den Vorstellungen Biffl, G. (1996): Entwicklung der Langzeitarbeits- der Reichsten umgestaltet wird, ist das oft be- losigkeit in Österreich und Maßnahmen zu ihrer sonders schlimm für Langzeitbeschäftigungslose, Bekämpfung, online unter: also für jene, die länger als ein Jahr ohne dauer- http://bit.do/arbeitsmarkt_01 hafte Beschäftigung sind. Auf dem freien Arbeits- Gilberg, R. / Hess, D. / Schröder, H. (1999): Wieder- markt werden sie als Letzte wiedereingestellt, eingliederung von Langzeitarbeitslosen. Chancen eine Rückkehr ins Arbeitsleben ist ohne staatliche und Risiken im Erwerbsverlauf, online unter: Unterstützung sehr schwierig. Gerade für diese http://bit.do/arbeitsmarkt_02 Menschen ist eine Arbeitsmarktpolitik besonders Knittler, K. (2018): Atypische Beschäftigung 2017, wichtig, die sicherstellt, dass die am meisten ge- In: Statistische Nachrichten 9/2018, Wien: Statistik fährdeten Gruppen am Arbeitsmarkt nicht unter- Austria, online unter: gehen oder übergangen werden. http://bit.do/arbeitsmarkt_03 FAKTEN • 2010 gab es in Österreich rund 44.500 Langzeitbeschäftigungslose. 2020 waren es rund 117.000. • Atypische Beschäftigungsformen werden immer normaler: Zwischen 2008 und 2017 ist die Zahl der Normal- arbeitsverhältnisse um nur 4,47 % (+107.500) gestiegen, während die Zahl der atypischen Beschäftigungsformen um 19,16 % (202.600) gestiegen ist. • 2020 sind nur noch 48 % der Frauen und 85 % der Männer in Normalarbeitsverhältnissen beschäftigt. Ungleichheit und Arbeitsmarkt | 7
UNGLEICHHEIT UND GESCHLECHT LÖHNE UND PENSIONEN VON FRAUEN SIND ZU GERING Die Benachteiligung von Frauen zieht sich durch deutlich unter der Armutsgefährdungsschwelle sämtliche Lebensbereiche und das ganze Arbeits- für Alleinlebende. leben. Für Lohnunterschiede zeigt das der Gender Pay Gap. Im Jahr 2019 war der Stundenlohn von Ökonomische und soziale Benachteiligung Frauen um 19,3 % niedriger als jener von Männern. Das Zusammenspiel mehrerer Faktoren und Be- Das ist ein Unterschied, den Frauen Tag für Tag zu nachteiligungen erklärt, warum die Pensionen von spüren bekommen. Im Alter sind viele Frauen von Frauen so weit unter denen der Männer liegen. Der 2 Männern ökonomisch abhängig und von erdrü- wichtigste Grund ist, dass Frauen im Erwerbsle- ckender Armut betroffen. ben in der Regel weniger Einkommen als Männer beziehen. Frauen erhalten nicht nur pro Stunde Fast die Hälfte weniger Pension weniger Lohn, sie sind auch deutlich häufiger in Weil die Pensionshöhe vom Einkommen abhängt, Teilzeit beschäftigt, auch weil es oft keine zu einer erhalten Frauen auch eine niedrigere Pension als Vollzeiterwerbstätigkeit passenden Kinderbetreu- Männer. Ähnlich wie beim Einkommen wird der ungsmöglichkeiten gibt. Pensionsunterschied zwischen Frauen und Män- Blickt man nur auf die bezahlte Erwerbsarbeit, so nern durch den Gender Pension Gap gemessen. arbeitet die Hälfte der Frauen Teilzeit - bei jenen Nur in drei EU-Ländern, nämlich Luxemburg, Mal- mit Kindern unter 15 Jahren sind es sogar drei ta und den Niederlanden, ist die Lücke größer als Viertel. Seit der Reform von 2003 gelten für die in Österreich. Hierzulande erhalten Frauen, die Pensionsberechnung längere Durchrechnungs- 2019 in Pension gingen, im Mittel 46,1% weniger zeiträume. Dass Frauen häufiger teilzeitbeschäf- Pension als Männer, die im gleichen Jahr den Ru- tigt sind, schlägt damit voll durch. Dazu kommt, hestand angetreten haben. dass Frauen im Durchschnitt acht Versicherungs- Die durchschnittliche neu zuerkannte Pension jahre weniger haben als Männer. Denn Frauen leis- von Frauen lag 2019 bei 1.226 Euro brutto, jene ten neben der Erwerbstätigkeit den Großteil der der Männer bei 2.274 Euro. Personen mit be- Fürsorge- und Betreuungsarbeit für ältere oder sonders niedrigen Pensionen werden durch die kranke Angehörige oder die Kinder. Die teilweise Mindestpension in Form der Ausgleichszulage Anrechnung von Kindererziehungszeiten gleicht unterstützt. Zwei von drei der Betroffenen sind diesen Unterschied nicht aus. In Summe sind die weiblich. Allerdings ist die Mindestpension sehr niedrigeren Pensionen von Frauen ein Abbild der niedrig und auch mit Ausgleichszulage liegt sie vielen ökonomischen und sozialen Benachteili- 8 | Ungleichheit und Geschlecht
gungen und Diskriminierungen, denen Frauen im Verlauf ihres Lebens ausgesetzt sind. FAKTEN Zum Weiterlesen: • Vorarlberg hat österreichweit mit 56 % den höchs- Dessimirova, D. / Bustamante, M.A. (2019): ten Gender Pension Gap. In Wien ist er mit 33 % am The gender gap in pensions in the EU, online unter: niedrigsten. http://bit.do/gender_01 • Unter jenen, die 2018 ihre Alterspension angetreten Mairhuber I./Stadler, B. (2020): Gender Gap in sind, hatten nur 36,7 % der Frauen 40 oder mehr Pension und Pension Literacy von Frauen in Versicherungsjahre, bei den Männern sind es 77,7 %. Österreich, online unter: http://bit.do/gender_03 • Unter den über 65-Jährigen hatten 2017 18,4 % der Mayrhuber, C. (2020): Geschlechtsspezifische Frauen und 1 % der Männer keine eigene Pension. Pensionslücke in Österreich, online unter: Frauen sind im Alter oft ökonomisch von ihren Männern http://bit.do/gender_02 abhängig. NIEDRIGE LÖHNE FÜHREN ZU NIEDRIGEN PENSIONEN -19,3 % -46,1 % Quelle: MA 23 (Wirtschaft, Arbeit und Statistik der Stadt Wien) & Arbeiterkammer OÖ 2020, eigene Darstellung LOHNUNTERSCHIED PENSIONSUNTERSCHIED 2019 2019 Ungleichheit und Geschlecht | 9
UNBEZAHLTE ARBEIT IST BESONDERS UNGLEICH VERTEILT Männer in Österreich Frauen in Österreich 2,3 4,5 Quelle: European Institute for Gender Equality 2021, eigene Darstellung Stunden Stunden Männer in Europa Frauen in Europa 2,6 3,9 3 Stunden Stunden In Österreich leisten Frauen täglich 2,2 Stunden mehr unbezahlte Arbeit als Männer. UNGLEICHHEIT UND UNBEZAHLTE ARBEIT WHO CARES? Frauen sind nicht nur am Arbeitsmarkt stärker Gender Care Gap von 98 %. Nur in Griechenland von Ungleichheit betroffen. Sie übernehmen auch ist der Abstand noch größer als in Österreich. Der wesentlich mehr unbezahlte Arbeit, in Form von EU-Durchschnitt in der ungleichen Verteilung von Sorge-, Haus- und Pflegearbeit als Männer. Deshalb unbezahlter Arbeit beträgt 47 %. spricht man neben dem Gender Pay Gap auch von einem Gender Care Gap (Fürsorgelücke). Öster- Frauen leisten die meiste unbezahlte Arbeit reich liegt bei der unterschiedlichen Verteilung von Traditionelle Geschlechterrollen spielen bei der unbezahlter Arbeit in der EU auf dem vorletzten ungleichen Verteilung von Sorge-, Haus- und Pfle- Platz. Frauen leisten hierzulande im Durchschnitt gearbeit eine wesentliche Rolle. Diese gelten im- 4,5 Stunden unbezahlte Arbeit pro Tag, Männer mer noch als „Frauenarbeit“. Dementsprechend dagegen nur 2,3 Stunden. Daraus ergibt sich ein wird sie auch gesamtgesellschaftlich verteilt und 10 | Ungleichheit und unbezahlte Arbeit
bewertet. Frauen verkürzen etwa häufiger ihre Haushalte, die das nötige Geld haben, lagern ihre Arbeitszeit als Männer, um sich um Kinder oder Betreuungs- oder Pflegearbeit an private Dienst- Pflegebedürftige zu kümmern. In Österreich leister*innen aus. Die Mehrheit der Haushalte arbeitet rund jede zweite Frau mit Betreuungs- übernimmt die Sorgearbeit jedoch großteils selbst. pflichten in Teilzeit, jede fünfte geht gar keiner Erwerbsarbeit mehr nach. Aber nur jeder zwan- Zum Weiterlesen: zigste Mann verkürzt seine Arbeitszeit. Meist European Institute for Gender Equality (2021): Be- sind Betreuungspflichten auch nicht der Auslöser jing Platform for Action: Gender inequalities in care für den Teilzeiterwerb von Männern, gerade ein- and consequences for the labour market, online un- mal 5 % gaben sie gegenüber der Statistik Austria ter: http://bit.do/care_01 als Grund an. Auch die private Alten- und Kran- Grisold, A. / Mader, K. (2013): Veränderungen und kenbetreuung wird überwiegend von Frauen Stillstand von Frauenarbeit im Längsschnittver- übernommen. Über die Hälfte der Pflegenden gleich, In: Ökonomie und Gesellschaft Jahrbuch 25, sind (Ehe-)Partnerinnen, Schwestern oder Töch- Marburg: Metropolis Verlag, S. 47 - 75 ter der zu betreuenden Person. Frauen reduzie- Statistik Austria (2019): Vereinbarkeit von Beruf und ren daher häufig die Arbeitszeit. Jede dritte Frau Familie, online unter: http://bit.do/care_02 ist in einem Teilzeitarbeitsverhältnis. Vereinbarkeit von Job und Familie Für die Reduktion von Arbeitszeit bei Frauen ist auch das fehlende Kinderbetreuungsangebot ver- antwortlich, besonders in ländlichen Regionen. FAKTEN In Österreich werden nur knapp 27 % der 0-3-Jäh- • In der Europäischen Union leisten 92 % aller Frauen an mehreren Tagen rigen in Betreuungseinrichtungen betreut. Der in der Woche unbezahlte Arbeit, 81 % sogar täglich. 68 % der Männer Großteil der Eltern betreut seine Kinder zu Hause. verrichten an einigen Tagen unbezahlte Arbeit und nur 38 % täglich. Das hat auch damit zu tun, dass gerade einmal in • Länder mit großem Gender Care Gap haben meist auch einen gro- 13 % der Einrichtungen die Öffnungszeiten mit den ßen Gender Pay Gap. Erfordernissen des Berufslebens vereinbar sind. • Bei den 30-44-Jährigen geben fast Dreiviertel der Frauen an, dass sie Bei den Kindergärten sind es nicht einmal die Hälf- aufgrund von Betreuungspflichten ihre Arbeitszeit verkürzen. Die te, die diesen Anforderungen entsprechen. Mehrheit der Männer, die eigentlich Betreuungspflichten hätten, arbei- Hohe Teilzeitquoten wirken sich auf die niedrigen tet weiterhin Vollzeit (86 %). Einkommen aus und diese wiederum auf spätere Pensionsansprüche. Sie verfestigen so Ungleich- heiten zwischen den Geschlechtern. Wenige Ungleichheit und unbezahlte Arbeit | 11
UNGLEICHHEIT UND SOZIALE MOBILITÄT NICHT NUR GELD WIRD VERERBT Die Lohnhöhe hängt von vielen Faktoren ab. Ein- über Netzwerke zu Praktika oder Jobs verhel- fluss haben etwa das Geschlecht, die Branche, in fen, sie finanziell beim Studium oder einem Aus- der man arbeitet, oder der formale Bildungsab- landsaufenthalt unterstützen, andere können schluss. Absolvent*innen einer Hochschule wer- nur davon träumen. So häufen und verfestigen den im Durchschnitt besser bezahlt als jene, die sich im Lauf des Lebens die Vor- und Nachteile kein Studium absolvieren konnten. Der Grad des der sozialen Herkunft. Das zeigt sich etwa in der Bildungsabschlusses ist aber nicht nur das Er- Vererbung von Bildung: 68 % der Kinder aus Aka- gebnis von persönlichen Vorlieben, wie etwa des demiker*innenhaushalten schließen selbst wie- Berufswunsches, sondern vor allem eine Frage derum ein Hochschulstudium ab. Aber nur 7 % 4 der sozialen Herkunft. der Menschen, bei denen die höchste abgeschlos- sene Ausbildung der Eltern die Pflichtschule ist, Was bestimmt die Bildungschancen? erlangen einen Hochschulabschluss und 27 % Der Bildungsweg der Kinder wird wesentlich vom dieser Gruppe schließen selbst maximal eine Bildungsstand und sozialen Status der Eltern so- Pflichtschule ab. wie der Verfügbarkeit von Bildungseinrichtun- gen definiert. Welche Möglichkeiten ein Mensch Geringe Chancen auf sozialen Aufstieg im Leben bekommt, hängt in vielfältiger Weise In Österreich ist der soziale Aufstieg im Ver- von Vermögen und Einkommen, Bildung und Be- gleich zu anderen EU-Ländern besonders ruf sowie dem sozialen Umfeld der Eltern und des schwierig. Skandinavische Länder, wie Däne- familiären Umfelds ab. mark, Norwegen, Schweden und Finnland, bie- Hier ein paar Beispiele: Während manche Eltern ten hingegen mehr Arbeiter*innenkindern die viel Geld für Nachhilfe, Freizeitaktivitäten und Möglichkeit einen höheren sozialen Status oder Sprachkurse ihrer Kinder ausgeben, können sich einen Hochschulabschluss zu erlangen. Ähn- viele andere das schlichtweg nicht leisten. liches gilt für die Chance auf einen Aufstieg in Führungs- oder Fachkräftepositionen. Diese ist Für die Entwicklung von Kindern sind qualitäts- für Kinder aus Arbeiter*innenfamilien in Skan- volle Kinderbetreuungseinrichtungen besonders dinavien 3,3-mal höher als in Österreich. Nur wichtig. Während diese in manchen Gegenden, Portugal schneidet im OECD-Vergleich noch vor allem im städtischen Raum, gut ausgebaut schlechter ab. Die soziale Durchlässigkeit ist in sind, überwiegt in anderen Regionen ein Mangel Österreich also sehr gering. an Plätzen. Einige Eltern können ihren Kindern 12 | Ungleichheit und soziale Mobilität
FAKTEN • Bei den Eltern mit Universitätsabschluss ha- Zum Weiterlesen: ben 86 % der Kinder Matura oder einen höhe- Institut für Höhere Studien (2020): Studierenden- ren Abschluss. Sozialerhebung 2019. Kernbericht, online unter: • Wenn die Eltern lediglich die Pflichtschule http://bit.do/bildung_01 abgeschlossen haben, erreichen die Kinder zu OECD (2018): A Broken Social Elevator? How to 27 % auch keinen höheren Abschluss. Bei El- Promote Social Mobility, online unter: tern mit einem Hochschulabschluss schließen http://bit.do/bildung_02 nur 2% der Kinder maximal die Pflichtschule ab. Statistik Austria (2020): Bildung in Zahlen: • Die Bildungsvererbung zwischen den Gene- 2018/2019, online unter: http://bit.do/bildung_03 rationen ist in Österreich für Frauen stärker ausgeprägt als für Männer.. DER BILDUNGSWEG DER ELTERN BESTIMMT DEN BILDUNGSWEG DER KINDER Universität HÖCHSTE ABGESCHLOSSENE AUSBILDUNG DER ELTERN Matura Quelle: Statistik Austria 2018, eigene Darstellung Mittlere Schule Lehre/ Pflichtschule max. 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % HÖCHSTE ABGESCHLOSSENE AUSBILDUNG DER KINDER max. Pflichtschule Lehre/mittlere Schule Matura Universität Ungleichheit und soziale Mobilität | 13
EINKOMMEN UND LEBENSZUFRIEDENHEIT HÄNGEN ZUSAMMEN ∅ Österreich oberstes Einkommens- fünftel mittleres Quelle: Statistik Austria 2020, eigene Darstellung Einkommens- fünftel unterstes Einkommens- fünftel 5 0 7 7,5 8 8,5 10 sehr zufrieden gar nicht zufrieden WIE ZUFRIEDEN SIND SIE MIT IHREM LEBEN? UNGLEICHHEIT UND LEBENSZUFRIEDENHEIT GLEICHHEIT IST GLÜCK Schon der deutsche Titel des Weltbestsellers Glück ist ungleich verteilt „Gleichheit ist Glück“ der beiden britischen Wis- Blickt man auf Fragen der Lebenszufriedenheit senschaftler*innen Kate Pickett und Richard und des Glücks, so zeigt sich, dass die Menschen Wilkinson weist darauf hin, dass es einen Zu- in Österreich im EU-Vergleich mit 8 von 10 mög- sammenhang zwischen sozialer Ungleichheit lichen Punkten zu den zufriedensten gehören. und Lebenszufriedenheit gibt. Sozial gleichere Dieser hohe Durchschnittswert wird meist mit Gesellschaften bieten für Alle ein besseres und den guten Lebensbedingungen, wie den im Euro- schöneres Leben. Es gilt: Je niedriger die sozia- pavergleich hohen Einkommen oder dem gut aus- le Ungleichheit, desto glücklicher sind auch die gebauten Gesundheits- und Sozialsystem in Ver- Menschen. bindung gebracht. 14 | Ungleichheit und Lebenszufriedenheit
Sieht man allerdings etwas genauer hin, zeigen Zum Weiterlesen: sich innerhalb der Bevölkerung beträchtliche Arbeiterkammer Wien (2020): AK-Wohlstandsbe- Unterschiede bei der Lebenszufriedenheit. Be- richt 2020. Analyse des gesellschaftlichen Fort- sonders deutlich sticht der Einfluss der Einkom- schritts in Österreich 2016-2021, online unter: menshöhe hervor: Bei der untersten Einkom- http://bit.do/lebenszufriedenheit_03 mensgruppe lag die mittlere Lebenszufriedenheit Statistik Austria (2020): Wie geht´s Österreich? In- 2018 laut Statistik Austria bei 7,4, bei der obersten dikatoren und Analysen sowie COVID‑19‑Ausblick, Einkommensgruppe allerdings bei bereits 8,5 von online unter: 10 möglichen Punkten. Der Erwerbsstatus spielt http://bit.do/lebenszufriedenheit_01 ebenso eine zentrale Rolle: Personen mit einem Pickett, K. / Wilkinson, R. (2009): Gleichheit ist aufrechten Beschäftigungsverhältnis wiesen mit Glück. Warum gerechte Gesellschaften für alle bes- 8,2 einen deutlich höheren Zufriedenheitswert ser sind, online unter: auf als Arbeitslose mit nur 6,6 Punkten. Diese http://bit.do/lebenszufriedenheit_02 Unterschiede ergeben sich vor allem aus den unsi- chereren Lebensbedingungen und den damit ver- bundenen geringeren Möglichkeiten zur sozialen Teilhabe von Arbeitslosen und Menschen mit ge- ringerem Einkommen. Viel Geld allein macht aber natürlich nicht auto- matisch glücklich. Lebenszufriedenheit und FAKTEN Glück hängen auch von vielen persönlichen Fak- • Die allgemeine Lebenszufriedenheit hängt toren, wie beispielsweise von Freundschaften stark mit dem Wohlstandsniveau eines Landes und Familie oder persönlichen Einstellungen und zusammen: Im EU-Vergleich sind Menschen in Lebenszielen ab. Dennoch: Menschen mit Geld Bulgarien oder Griechenland am unglücklichsten, haben einfach eine große Sorge weniger als Men- in Österreich oder Dänemark am glücklichsten. schen ohne Geld. • Die Lebenszufriedenheit in Österreich stieg im letzten Jahrzehnt stets an, allerdings hat die Ein glückliches Leben für Alle! Corona-Krise die allgemeine Lebenszufrieden- Damit jedoch möglichst alle die Chance auf ein ge- heit stark gedämpft. lungenes und glückliches Leben haben, ist ein gut • Arbeitslose, Frauen und junge Menschen haben ausgebauter Sozialstaat mit kostenloser Gesund- in Österreich im Zuge der Corona-Krise beson- heitsversorgung, einem durchlässigen Bildungs- ders unter einem Einbruch ihrer Lebenszufrieden- system und funktionierender öffentlicher Infra- heit gelitten. struktur unabdingbar. Ungleichheit und Lebenszufriedenheit | 15
UNGLEICHHEIT UND GESUNDHEIT ARMUT MACHT KRANK 6 Im Zuge der Corona-Krise ist das Thema Gesund- heit wieder besonders ins Zentrum der Aufmerk- samkeit gerückt. Österreich hat eines der am besten ausgebauten Gesundheitssysteme und gedanken hängen häufig mit der Höhe des Ein- kommens zusammen. Von Depressionen sind rund 3,5 % der Männer und Frauen in der höchs- ten, aber bereits 10 % der Männer und 15 % der die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung ist Frauen in der niedrigsten Einkommensklasse durch die gesetzliche Krankenversicherung er- betroffen. fasst. Dennoch zeigen sich auch hierzulande be- Besonders dramatisch sind die Unterschiede bei trächtliche Unterschiede beim Zugang zu me- der Lebenserwartung. Auswertungen von Statis- dizinischen Leistungen, beim Risiko krank zu tik Austria zeigen, dass Menschen, die dauerhaft werden oder gar frühzeitig zu sterben. in Armut leben müssen, deutlich früher sterben als die Durchschnittsbevölkerung. So haben Wer weniger verdient, wird eher krank Männer in manifester Armut im Durchschnitt Der Österreichische Gesundheitsbericht aus rund 11 und Frauen rund 4 Lebensjahre weniger 2019 zeigt bei zahlreichen Erkrankungen einen als nicht-armutsgefährdete Menschen. Das liegt starken Zusammenhang mit der Einkommens- daran, dass manifest Arme häufig mit widrigen höhe. Das betrifft etwa chronische Krankhei- Lebensbedingungen zu kämpfen haben (u.a. auf ten wie Rückenprobleme oder Bluthochdruck. Grund von Obdachlosigkeit, schlechterer Quali- Besonders offensichtlich werden die Klassen- tät ihrer Wohnung, weniger Zugang zu bestimm- unterschiede aber auch bei der Zahngesund- ten Gesundheitsleistungen). heit: So schätzen vier Fünftel der Personen mit sehr hohem, aber nur drei Fünftel der Personen Gesundheitliche Risiken am Arbeitsplatz mit sehr niedrigem Haushaltseinkommen ihren Das Risiko bestimmte Erkrankungen zu bekom- Zahnstatus als (sehr) gut ein. Auch psychische men oder körperliche Schäden zu erleiden hängt Erkrankungen, wie Depressionen oder Suizid- auch stark mit dem Arbeitsplatz zusammen. So 16 | Ungleichheit und Gesundheit
ARMUT REDUZIERT DIE LEBENSERWARTUNG -1,5 -4 -4 -11 JAHRE JAHRE JAHRE JAHRE Quelle: Statistik Austria 2019, eigene Darstellung ARMUTSGEFÄHRDET MANIFEST ARM Armutsgefährdet sind Personen mit einem Haushalts- Manifest arm sind Personen, die ihre Grundbedürfnisse aus einkommen unter 60 % des Medianeinkommens. finanziellen Gründen nicht mehr decken können. ist man in einigen Branchen oder Berufen eher Gesundheitsbefragung 2019, online unter: einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt als in http://bit.do/gesundheit_02 anderen: Das Bauhilfs-, Transport- und Fracht- Steiber, N. / Liedl, B. / Molitor, P. (2020): Infektions- gewerbe oder das Hotel- und Gaststättenwesen risiko am Arbeitsplatz: Das Risiko für eine Corona- sind Beispiele für Berufsfelder, in denen es be- Infektion ist ungleich verteilt, online unter: http:// sonders hohe Gesundheitsrisiken gibt. Ebenso bit.do/gesundheit_03 kommt es hier zu deutlich mehr Arbeitsunfällen und auch die Sterberate ist höher als in anderen Branchen. Die Corona-Krise hat diese Zusam- menhänge noch einmal deutlicher hervorgeho- ben: Ökonomisch benachteiligte Gruppen wa- FAKTEN ren einem deutlich höheren Risiko ausgesetzt, • Viele Erkrankungen sind sozial ungleich verteilt: sich mit dem Virus zu infizieren oder gar an 18 % in der höchsten Einkommensklasse beklagen COVID-19 zu sterben. ein Rückenleiden, in der Gruppe mit sehr geringem Haushaltseinkommen sind es rund 32 %. • Personen in einkommensschwachen Haushal- Zum Weiterleisen: ten beurteilen ihren allgemeinen Gesundheits- Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesund- zustand um einiges schlechter als Personen in heit und Konsumentenschutz (2019): Gender- höheren Einkommensklassen. Gesundheitsbericht. Schwerpunkt Psychische • Das Risiko einer psychischen Erkrankung hängt Gesundheit am Beispiel Depression und Suizid, vom sozialen Status ab. Eine finanziell unter- online unter: http://bit.do/gesundheit_01 stützte Psychotherapie bekommt aber nur jede*r Statistik Austria (2020): Soziodemographische und sechste Betroffene, das erhöht die soziale Kluft. sozioökonomische Determinanten von Gesundheit. Auswertungen der Daten der Österreichischen Ungleichheit und Gesundheit | 17
UNGLEICHHEIT UND WOHNEN WIE WOHNEN UNSER LEBEN PRÄGT Etwa die Hälfte der österreichischen Bevölkerung konzentrieren sich Haushalte mit niedrigem verfüg- besitzt Wohnraum, die andere Hälfte zahlt einen barem Einkommen auch in Regionen mit günstigen wachsenden Anteil ihres Einkommens für dessen Mieten. Gebiete mit hoher Armutskonzentration Nutzung. Die Folgen der ungleichen Immobilienver- sind oft durch schlechtere, aber zugleich dichte Be- mögensverteilung sind Wohnkostenüberbelastung, bauung und schlechtere Infrastruktur gekenn- Überbelag, Energiearmut und hohe Lärm- und Um- zeichnet. In Folge kommt es dort zu einer Häufung 7 weltbelastung bei ärmeren Haushalten. Dieser ste- sozialer Probleme in den Wohnanlagen, im öffent- hen Wohnraum-Überfluss und wachsende Vermö- lichen Raum und an den Schulen, gefolgt von einem genseinkommen aus Anlagevermögen bei reicheren Wegzug besser situierter Bewohner*innen. Hält die Haushalten gegenüber. öffentliche Hand nicht entsprechend dagegen, ver- stärkt sich diese Tendenz noch weiter und reduziert Wohnungleichheit verschärft die Folgen die Lebensmöglichkeiten der Bewohner*innen weit der Corona-Krise über die unmittelbare Wohnqualität hinaus. Die Wohnsituation hat einen großen Einfluss auf die Lebensmöglichkeiten, insbesondere während Gemeinnütziger Wohnbau als wichtiger Ausgleich der Corona-Krise wurden diese Unterschiede spür- Im internationalen Vergleich ist die Wohnsituation barer. Für Menschen, die in überbelegten Wohnun- in Österreich dennoch gut. Das liegt am insgesamt gen ohne Freiflächen an einer befahrenen Straße höheren Wohlstandsniveau und den vergleichswei- wohnen, waren die Lockdowns belastender als für se geringen Einkommensunterschieden, aber auch jene, die sie im großzügigen Einfamilienhaus mit am nach wie vor hohen Anteil des gemeinnützigen eigenem Arbeitszimmer und Garten verbrachten. Wohnbaus (knapp ein Viertel in Österreich gegen- Erste Studien deuten bereits darauf hin, dass die über 7 % im OECD-Schnitt), insbesondere in den unterschiedlichen Möglichkeiten, die der eigene Städten. Dieser sorgt für eine bessere soziale Durch- Wohnraum etwa für Home-Schooling bietet, auch mischung innerhalb als auch zwischen den Wohn- künftige Lebenschancen beeinflussen. vierteln. Mit moderaten Wohnkosten bei relativ ho- hen Standards übt er auch Druck auf das allgemeine Räumliche Armuts- und Vermögenskonzentration Niveau der Mieten und damit die Gewinne privater Je größer die soziale Ungleichheit ist, desto stärker Immobilienvermieter*innen aus. 18 | Ungleichheit und Wohnen
Verteilungspolitisch gilt es folglich den gemein- nützigen Bereich auszubauen, der nicht nur die FAKTEN Lebensqualität und Kaufkraft der unmittelbaren Mieter*innen erhöht, sondern den Wohnungs- und • Dem reichsten Fünftel gehören 88 % des nicht als Immobilienmarkt insgesamt reguliert. Hauptwohnsitz genutzten Immobilienvermögens. • Nennenswertes Einkommen aus Immobilienbesitz Zum Weiterlesen: findet sich fast nur bei Reichen: Allein 83 % der Fessler, P. / Schürz, M. (2010): Informationen zum nicht über Firmen lukrierten Mieterträge gehen an „kleinen Häuselbauer“, online unter: das oberste Einkommensdrittel. http://bit.do/wohnen_01 • Menschen mit geringem Einkommen leben oft in Springler, E. (2019): Die Rückkehr der Wohnungsfra- Vierteln mit schlechterer Infrastruktur. 4 von 10 ge, online unter: http://bit.do/wohnen_02 können sich sogar diese Wohnungen oft nicht leisten, Tockner, L. (2017): Wie kann städtisches Wohnen 5 % nicht einmal ausreichend heizen. wieder leistbar werden?, online unter: http://bit.do/wohnen_03 ARMUTSGEFÄHRDUNG SCHAFFT GRÖSSERE WOHNPROBLEME nicht armutsgefährdet armutsgefährdet 40,8 % 33 % Anteil der Betroffenen in % 12,3 % 13,3 % 8,2 % 8,9 % 4,9 % 4,6 % 1,9 % 1,3 % Quelle: Eurostat 2021, eigene Darstellung € Wohnkosten- Überbelag nicht angemessen zu dunkel zu feucht überbelastung warm Armutsgefährdet sind Personen mit einem Haushaltseinkommen unter 60% des Medianeinkommens. Ungleichheit und Wohnen | 19
KINDER UND JUGENDLICHE, DIE SICH FREIZEITAKTIVITÄTEN NICHT LEISTEN KÖNNEN 131.000 Quelle: Statistik Austria / EU-SILC 2020, eigene Darstellung 70.000 57.000 25.000 8 Erwerb von Besuchen von kosten- Feiern von Festen zu Freund*innen zum Sport-/Freizeit- pflichtigen Freizeitver- besonderen Anlässen Spielen und Essen geräten anstaltungen einladen UNGLEICHHEIT UND FREIZEITGESTALTUNG FREIZEIT MUSS MAN SICH LEISTEN KÖNNEN „Wo seid ihr in den Sommerferien auf Urlaub ge- zur Freizeitgestaltung wider. wesen?“ ist eine häufig gestellte Frage am Beginn Fremdbestimmte Freizeit beeinträchtigt eines neuen Schuljahrs. Der vermeintlich sanfte soziale Teilhabe Einstieg in den Schulalltag löst bei manchen Kin- Freizeit ist das, was vom Tag übrigbleibt, wenn dern jedoch ein Schamgefühl aus, weil sie nicht man bezahlte und unbezahlte Arbeitszeiten so- von Urlaubsreisen erzählen können. Dies ist kein wie damit verbundene Wegzeiten abzieht. Neben Einzelschicksal: Jedes sechste Kind unter 16 Jah- persönlichen Bedürfnissen sind es vor allem ren lebt in Haushalten wo ein Urlaub aus finan- soziale Interaktionen, die unsere Freizeitakti- ziellen Gründen nicht möglich ist. Soziale Un- vitäten bestimmen. Selbstbestimmte Freizeit- gleichheiten spiegeln sich in den Möglichkeiten phasen sind aber nicht selbstverständlich. In der 20 | Ungleichheit und Freizeitgestaltung
Gebäudereinigung führen etwa geteilte Dienste halbe Million Menschen in Österreich. in den Morgen- und Abendstunden zu fremdbe- Kinder von einkommensarmen Familien trifft es stimmten Freizeitphasen. Für die Beschäftigten besonders hart. Sie können deutlich weniger von bedeutet das eine drastische Einschränkung ge- ihren Eltern gefördert werden. Jedes zehnte Kind meinsam planbarer Freizeitgestaltung mit Fami- unter 16 Jahren ist von kostenpflichtigen Freizeit- lie und Freund*innen. aktivitäten ausgeschlossen, jedes zwanzigste be- kommt dafür notwendige Sportgeräte nicht. Un- Freizeit ist ungleich verteilt gleichheit setzt sich also bei den Kindern fort und Oftmals entspricht das Freizeitausmaß nicht den schränkt ihre Möglichkeiten ein. Bedürfnissen der Beschäftigten. Arbeitslose und unfreiwillig Teilzeitbeschäftigte stehen überlas- Zum Weiterlesen: teten Vollzeitbeschäftigten gegenüber. Während Sardadvar, K. (2019): Ausgelagert und unsichtbar: jede*r sechste Teilzeitbeschäftigte gerne mehr Arbeitsbedingungen in der Reinigungsbranche, on- oder sogar Vollzeit arbeiten möchte, sehnt sich line unter: http://bit.do/freizeit_01 jede*r vierte Vollzeitbeschäftige nach mehr Frei- Statistik Austria (2021): Lebensbedingungen für zeit und der Reduktion der Wochenarbeitszeit Personen in Risikohaushalten 2020, online unter: um ein paar Stunden. Freizeit ist also sehr un- http://bit.do/freizeit_02 gleich verteilt. Menschen mit hohem Einkommen Statistik Austria (2020): Arbeitsmarktstatistiken haben deutlich mehr Spielraum, zugunsten von 2019 Ergebnisse der Mikrozensus-Arbeitskräfteer- mehr Freizeit auf einen Teil ihres Einkommens hebung und der Offenen-Stellen-Erhebung, online zu verzichten. unter: http://bit.do/freizeit_03 Einkommen bestimmt Freizeitgestaltung Gesellschaftliche Teilhabe ist eng verknüpft mit den individuellen finanziellen Möglichkeiten: Sei FAKTEN es der Kino- oder Theaterbesuch, das Treffen mit • Freizeit ist ungleich verteilt: 18 % der Teilzeitbe- Freund*innen im Café oder ein Getränk im Gast- schäftigten möchten mehr arbeiten und 16 % der haus als Abschluss einer gemeinsamen sport- Vollzeitbeschäftigen sehnen sich nach mehr Frei- lichen Aktivität. Armutsgefährdete Personen zeit. haben ein höheres Risiko sozial ausgegrenzt zu • Jeder achte Mensch in Österreich kann sich kei- werden. Neben vielen anderen Indikatoren listet nen Urlaub leisten. Statistik Austria als Indiz für Ausgrenzungsge- • 25.000 Kinder unter 16 Jahren können sich Freizeit- fährdung auf, wenn Menschen nicht zumindest aktivitäten wie Geburtstagsfeste nicht leisten. einmal pro Monat Bekannte oder Verwandte zum Essen einladen können. Das betrifft mehr als eine Ungleichheit und Freizeitgestaltung | 21
UNGLEICHHEIT UND KLIMAKRISE WER SÄGT AM AST, AUF DEM WIR SITZEN? Umweltungleichheit hat viele Gesichter, aber es brauchen überdurchschnittlich mehr Flächen, sitzen dabei nicht alle im gleichen Boot: Ärme- Energie und Ressourcen – ihre Wohnungen und re Menschen sind stärker von lokalen Luft- und Autos sind größer. Die öffentliche Hand fördert Lärmbelastungen betroffen. Global betrachtet diese Lebensstile teilweise durch umweltschäd- sind Menschen in ärmeren Regionen klimabe- liche Subventionen wie zum Beispiel der Steuer- dingten Naturkatastrophen wie Dürren oder befreiung von Kerosin. Demgegenüber entstehen Überschwemmungen stärker ausgesetzt. Auch in die Emissionen der Ärmeren häufig aus einem Österreich verstärken die Folgen der Klimakrise Mangel an Geld: Denn umweltfreundliche Lösun- 9 die soziale Ungleichheit. gen sind oft teurer und damit schlechter leistbar. Gleichzeitig zwingt der Mangel an öffentlicher, Wer lebt auf unsere Kosten? klimafreundlicher Infrastruktur viele Menschen Die ungleiche Verantwortung für die Klimakrise auf umweltschädliche Lösungen wie etwa Autos nimmt weiter zu. Der Anstieg der Treibhausgas- zurückzugreifen. emissionen in den letzten 25 Jahren lässt sich nur zu 6 % auf die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung Klimaschutz fördert Gleichheit zurückführen. Die reichere Hälfte der Weltbevöl- Gerechter Klimaschutz schafft gute Infrastruk- kerung ist für die verbleibenden 94 % des Zuwach- turen für ein klimaneutrales Leben. Außerdem ses verantwortlich. Der Grund ist die steigende dämmt er überflüssige Luxusemissionen aus Ungleichheit und der immer klimaschädlichere Überreichtum ein. Dafür muss der bestehende Konsum der globalen Eliten. materielle Wohlstand gerechter verteilt werden. Faire Klimaschutzmaßnahmen verbessern die Fliegen, Rasen, Residieren Lebensqualität – gerade für die Ärmsten: Mit Diese Ungleichheit im CO2-Verbrauch gibt es auch mehr sozial-ökologischem Wohnbau und ther- in Österreich: Zwar verursachen auch die ärms- mischer Sanierung des Bestandes können die ten 10 % der Haushalte mehr Emissionen als das Emissionen für Raumwärme gesenkt und Ener- verträgliche Klimabudget von 1 bis 2 Tonnen pro giearmut bekämpft werden. Klimaschutz schützt Jahr und Person. Aber ein Blick auf die Klima- gerade die Verletzlichsten unserer Gesellschaft, bilanz der reichsten Österreicher*innen zeigt, wie Kranke, Ältere, Kinder und Einkommensar- dass Überreichtum und nicht Armut die zentrale me, denn sie sind von Klimaerhitzung besonders Ursache der Umweltzerstörung ist. Reiche ver- bedroht. 22 | Ungleichheit und Klimakrise
Zum Weiterlesen: FAKTEN Greenpeace (2020): Klimaungerechtigkeit in Öster- reich, online unter: • Weltweit gehen ganze 37 % des Zuwachses an http://bit.do/klimakrise_01 Treibhausgasemissionen auf die reichsten 5 % Oxfam International (2020): Confronting Carbon der Weltbevölkerung zurück. Inequality: Putting climate justice at the heart of • Die reichsten 10 % der österreichischen Haushal- the COVID-19 recovery, online unter: te emittieren viermal so viel Treibhausgase wie http://bit.do/klimakrise_02 die ärmsten 10 %. Wiedmann, T. / Lenzen, M. / Keyßer, L. T. / Stein- • In Österreich gibt es vor allem in den Bereichen berger, J. K. (2020): Scientists’ warning on affluen- Verkehr, Wohnen und Freizeitaktivitäten große ce, online unter: http://bit.do/klimakrise_03 soziale Ungleichheit bei den Emissionen. REICHE VERURSACHEN VIERMAL SO VIEL CO2 40 35 30 Tonnen CO2 / Jahr und Haushalt 25 40,8 20 Tonnen CO2 Quelle: Greenpeace 2020, eigene Darstellung 15 10 9,7 Tonnen CO2 5 Unterste 10 % Oberste 10 % Ungleichheit und Klimakrise | 23
UNGLEICHHEIT UND DEMOKRATIE WER DAS GELD HAT, MACHT DIE REGELN 10 Ungleichheit bei Einkommen und Vermögen hat vielfältige Auswirkungen auf die Demokratie. Die Reichsten folgt und die Demokratie so untergraben wird. Beteiligung an Wahlen und anderen politischen Ak- tivitäten unterscheidet sich nach sozialen Kriterien. Reichtum bildet Meinung Das gilt auch für Österreich: Im ökonomisch benach- Es wird aber nicht nur Geld in die Hand genommen, teiligsten Drittel gaben 41 % der Wahlberechtigten um die eigenen Interessen auf parlamentarischer bei der Nationalratswahl 2019 keine Stimme ab. Im Ebene durchzusetzen, sondern auch um das Mei- obersten Drittel gehen nur 17 % nicht zur Wahl. Un- nungsbild in der Bevölkerung zu beeinflussen. Dazu gleichheit wächst auch, weil viele Menschen mit ge- werden Denkfabriken gegründet und finanziert, die ringem Einkommen nicht an demokratischen Ent- die politische, mediale und wissenschaftliche Agen- scheidungsprozessen teilnehmen, während andere da prägen. Vermögende Industrielle und Unterneh- große Geldbeträge locker machen, um sich mehr mensverbände haben in den letzten Jahren viel Geld Einfluss zu verschaffen. Außerdem gibt es noch viele in neoliberale Institute investiert und diesen zu gro- Menschen, die aufgrund ihrer Staatsbürger*innen- ßen medialen Reichweiten verholfen. Zudem haben schaft gar nicht wählen dürfen. einige Reiche eigene Medien gegründet oder sich in Massenmedien eingekauft, um Einfluss auf die öf- Politik für die Reichen fentliche Meinung auszuüben. Politische Entscheidungen werden oftmals durch Lobbying beeinflusst, um etwa Handelsabkommen Gleiches Recht für alle? oder Steuererleichterungen für Reiche durchzu- Reiche Menschen beeinflussen Gesetze nicht nur, sie setzen. Oder es wird an Parteien gespendet, um sich können sich diesen auch einfacher entziehen. Das die politische Gunst für die eigenen Belange zu si- Verschieben von Vermögen in internationale Steuer- chern. Mehrere internationale Studien zeigen, dass sümpfe oder das Ausnutzen von Schlupflöchern im die Politik häufiger den politischen Präferenzen der Justizsystem sind Beispiele dafür. Die Verknüpfung 24 | Ungleichheit und Demokratie
JE GERINGER DAS EINKOMMEN, UMSO HÖHER DER ANTEIL DER NICHTWÄHLER*INNEN Quelle: SORA Österreichischer Demokratie Monitor 2019, eigene Darstellung 59 % 78 % 83 % Wahlbeteiligung Wahlbeteiligung Wahlbeteiligung ökonomisch ökonomisch ökonomisch schwächstes Drittel mittleres Drittel stärkstes Drittel von Reichtum und Macht ist in vielen Bereichen von Zum Weiterlesen: Wirtschaft und Gesellschaft sichtbar – und manch- Dimmel, N. / Hofmann, J. / Schenk, M. / Schürz, M. mal auch unsichtbar. Viele Menschen beschleicht des- (2017): Handbuch Reichtum. Neue Erkenntnisse aus halb das Gefühl, dass manche mehr gehört werden der Ungleichheitsforschung, Wien: Studienverlag und es sich richten können, während ihre Interessen Pühringer, S. / Stelzer-Orthofer, C. (2016): Neolibera- zu wenig berücksichtigt werden. Das erklärt auch, le Think-Tanks als (neue) Akteure in österreichischen warum sich benachteiligte Gesellschaftsschichten gesellschaftspolitischen Diskursen, SWS Rundschau vermehrt von politischen Entscheidungsprozessen 56/1: S. 75-96 abwenden. Dazu kommt noch die wachsende Zahl an Zandonella, M. (2020): Ökonomische Ungleichheit zer- Menschen, die von politischer Mitbestimmung gänz- stört die Demokratie. Wenn Armutsbetroffene nicht lich ausgeschlossen ist, weil sie keine österreichische zu Wahlen gehen und ihre Anliegen kein Gehör finden, Staatsbürger*innenschaft besitzt. Das verstärkt die online unter: http://bit.do/demokratie_01 Schieflage in der Demokratie weiter. FAKTEN • In Österreich waren bei den letzten Nationalratswahlen fast 1,1 Millionen Menschen oder 15 % der Bevölkerung im wahlfähi- gen Alter mangels österreichischer Staatsbürger*innenschaft vom Wahlrecht ausgeschlossen. In Wien betrifft dies sogar jede dritte Person. • Laut Transparency International gibt es in Brüssel 50-mal mehr Lobbyist*innen als EU-Abgeordnete. 70 % davon vertreten Interessen der Industrie, nur 10 % die Interessen von Arbeitnehmer*innen. • Große Medien sind in Österreich im Besitz von vermögenden Familien oder Banken. Sie prägen die öffentliche Debatte. Auswertungen zeigen, dass die großen Tageszeitungen beispielsweise eine Vermögenssteuer überwiegend ablehnend kom- mentieren. Ungleichheit und Demokratie | 25
WAS ZU TUN IST EINE GERECHTERE WELT IST MÖGLICH 11 Hohe Ungleichheit zerrüttet den Zusammen- halt der Gesellschaft und das Wohlbefinden der Einzelnen. In ungleichen Gesellschaf- ten sind die sozialen Unterschiede bei Woh- nen und Gesundheit, Freizeitaktivitäten und Bildung, Jobs und sozialer Absicherung, politischem Einfluss und beim ökologischen nalen und kognitiven Fähigkeiten junger Men- schen aus allen Schichten. Dies steigert auch ihre Chancen auf gute Jobs und Wohlstand. Soziale Dienste ermöglichen auch eine gerech- tere Verteilung unbezahlter Sorge- und damit auch bezahlter Erwerbsarbeit, vor allem für Fußabdruck groß; das führt zu niedriger Le- Frauen können sie gute Jobs und Einkommen benszufriedenheit, hoher Unsicherheit und sowie eigenständige soziale Absicherung brin- verbreiteter Angst. Emanzipatorische Politik gen. Was für das Bildungssystem exemplarisch will die Lebensbedingungen der Vielen ver- gilt, stimmt ebenso für Qualifizierung und bessern, indem sie die negativen gesellschaft- Weiterbildung, für eine flächendeckende Ver- lichen Folgen von Ungleichheit korrigiert. Sie sorgung mit mobilen Pflegediensten und Pfle- muss diese aber bereits vor ihrem Entstehen geheimen sowie ein Gesundheitssystem ohne an den Wurzeln bekämpfen. Das erfordert ziel- Klassen. gerichtete Maßnahmen bei den Ärmeren, den breiten, von Erwerbsarbeit und -einkommen Besonders Städte und Gemeinden schaffen In- geprägten Klassen, sowie den Reichen. frastruktur für alle: Öffentliche Räume wie Parks, Sportplätze oder Kultureinrichtun- Öffentliche Infrastruktur bringt gen ermöglichen Freizeitaktivitäten und ge- mehr Gerechtigkeit sellschaftliche Auseinandersetzung. Sozialer Soziale Dienste mit hoher Qualität für alle hel- Wohnbau fördert das Miteinander und die fen den Menschen in Lebensphasen besonderer Durchmischung. Öffentliche Verkehrsmittel Schutzbedürftigkeit. Sie verringern direkt die verbessern die Mobilität aller, unabhängig von ökonomische Ungleichheit und ermöglichen ihrem Einkommen oder Vermögen. Öffentliche Erwerbsarbeit und Einkommen. Öffentliche Infrastruktur fördert Erholung, ermöglicht So- Kindergärten, Ganztagsschulen und offene lidarität, verbessert Erwerbschancen und hilft Hochschulen verbessern die sozialen, emotio- gegen den Klimawandel. 26 | Was zu tun ist
MEHR GLEICHHEIT MIT ÖFFENTLICHEM EIGENTUM UND ÖFFENTLICHER INFRASTRUKTUR ÖFFENTLICHE RÄUME UND INFRASTRUKTUR BEREITSTELLEN, DAMIT ALLE AM GESELLSCHAFT- LICHEN LEBEN TEILHABEN KÖNNEN UND WIR UNSEREN PLANETEN SCHÜTZEN. • Ausbau des öffentlichen Verkehrs, von Bahn und Bus bis zu Rad- und Fußwegen. • Reduktion von Verkehrs-, Lärm- und Luftbelastungen – da davon gerade Einkommensschwächere am stärksten betroffen sind. • Konsumfreie Räume in der Öffentlichkeit sowie leistbare Zugänge zu Kunst und Kultur, um gesell- schaftliche Teilhabe für alle zu ermöglichen. • Ausbau von ressourcenschonenden und umweltfreundlichen Produktionsweisen, damit unser Planet auch für zukünftige Generationen lebenswert bleibt. Politik für die Vielen werbspolitik verhindert Monopole mit hohen Gewerkschaften und Betriebsrät*innen kämp- Preisen. fen für bessere Rahmenbedingungen von Ar- Die Erwerbstätigen haben eine soziale Arbeits- beitsverhältnissen, mehr Gleichberechtigung losen-, Kranken- und Pensionsversicherung und Mitbestimmung in Erwerbsleben und Pro- geschaffen, die Schutz bietet und den Lebens- duktion, sowie hohe (Mindest-)Löhne und Ur- standard sichert. Sie muss weiter verbessert laubsansprüche. Aktive Beschäftigungs- und werden, auch in Bezug auf die Finanzierung. Industriepolitik schützen vor Arbeitslosigkeit Steuern verringern Ungleichheit und finanzie- und haben die Zukunft von Produktion und ren soziale Dienste, öffentliche Infrastruktur Arbeitsplätzen im Auge. Gelungene Wettbe- und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Wir Was zu tun ist | 27
MEHR GLEICHHEIT MIT FAIRER ARBEITSWELT UND MEHR DEMOKRATIE 11 DAS RECHT AUF ARBEIT MIT FAIREN ARBEITSBEDINGUNGEN UND BREITER MITBESTIMMUNG ERMÖGLICHEN, DAMIT ALLE EIN MENSCHENWÜRDIGES LEBEN FÜHREN KÖNNEN. • Durch das Recht auf Arbeit mit fairen Arbeitsbedingungen und breiter Mitbestimmung allen ein men- schenwürdiges Leben ermöglichen. • Gute kollektivvertraglich abgesicherte Arbeitsverhältnisse mit Mindestlohn und laufender Mög- lichkeit zu Weiterbildung. • Effektivere Einkommensberichte und Strafen bei Unterentlohnung, um die Lohnschere zwischen den Geschlechtern zu schließen. • Ausbau der Gesundheitsprävention in den Betrieben, um psychische und physische Belastungen in der Arbeitswelt zu reduzieren. • Leichterer Zugang zur österreichischen Staatsbürger*innenschaft, da derzeit viele Menschen von demokratischen Entscheidungsprozessen ausgeschlossen sind. • Vollständige Transparenz und wirksame Obergrenzen bei Parteispenden, damit die Interessen aller Menschen gleichmäßig berücksichtigt werden. wollen sie progressiver machen. Die starken meinden, gute Wohn- und Arbeitsbedingungen Belastungen kleinerer Einkommen mit den für alle, hohe Qualität von Bildung, Gesundheit erforderlichen Verbrauchs- und Ökosteuern und Pflege, attraktive Freizeitmöglichkeiten müssen durch Transfers kompensiert, Kapital- und gute Infrastruktur, eine lebendige Demo- erträge besser erfasst und hohe Vermögen und kratie, in der die Interessen aller Bevölkerungs- Erbschaften progressiv besteuert werden. gruppen zum Ausdruck kommen, unabhängig Mehr wirtschaftliche Gleichheit ist politisch von ihrer Herkunft und ihren wirtschaftlichen machbar. Sie schafft eine inklusive, solidari- Ausgangsbedingungen. sche Gesellschaft, lebenswerte Städte und Ge- 28 | Was zu tun ist
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