Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? - Chinesische Firmenbeteiligungen in Deutschland im Kontext von "Made in China 2025"
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GED Studie Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? Chinesische Firmenbeteiligungen in Deutschland im Kontext von „Made in China 2025“
Autorin Dr. Cora Jungbluth (Bertelsmann Stiftung, Gütersloh)
GED Studie Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? Chinesische Firmenbeteiligungen in Deutschland im Kontext von „Made in China 2025“
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? Inhalt Zentrale Ergebnisse 5 Drei Empfehlungen zum Umgang mit chinesischen Direktinvestitionen 6 1 Einleitung 8 2 Kometenhafter Aufstieg: China als Auslandsinvestor 10 3 Top-Ziel in Europa: Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland 12 4 „Made in China 2025“: Industriepolitik für die vierte industrielle Revolution 16 4.1 Chinesische Beteiligungen passen überwiegend zu „Made in China 2025“ 17 4.2 Formale Eigentumsform: Staatsunternehmen sind in der Minderheit 18 4.3 Regionale Verteilung: Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen vorne 19 5 Fazit: Fairer Rahmen für gegenseitige Investitionen notwendig 22 Anhang 24 Chinesische Firmenbeteiligungen zwischen 2014 und 2017 25 Literatur 38 Abkürzungen 42 Abbildungen 42 Impressum 43 4
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? Zentrale Ergebnisse „Made in China 2025“ (MIC 2025) ist die zentrale industrie Der Großteil der 112 MIC 2025-relevanten chinesischen politische Strategie der chinesischen Regierung, um China Beteiligungen (knapp 60 Prozent) verteilt sich auf nur zur globalen Anführerin der vierten industriellen Revolu- drei Bundesländer: Baden-Württemberg (26), Nordrhein- tion zu machen. Chinesische Firmenbeteiligungen im Aus- Westfalen (22) und Bayern (18) – und damit auf genau die land gehören explizit zu den Instrumenten, mit denen MIC Regionen, in denen der Großteil der deutschen „Hidden 2025 umgesetzt werden soll. Champions“ angesiedelt ist. Deutschland ist ein attraktiver Standort für chinesische Mit 18 Prozent sind Staatsunternehmen bei den hier be Firmenbeteiligungen und bietet aufgrund seiner hohen trachteten chinesischen Firmenbeteiligungen in der Min- Anzahl an „Hidden Champions“, also technologischen derheit. Berücksichtigt man nur die Beteiligungen, die sich Weltmarktführern in hochspezialisierten Nischen, pass- den MIC 2025-Branchen zuordnen lassen, steigt ihr Anteil genaues Know-how für MIC 2025. jedoch auf etwa 22 Prozent – ein mögliches Indiz für das verstärkte Interesse staatlicher Akteure, Know-how für die 64 Prozent beziehungsweise 112 der 175 hier betrachteten Umsetzung von MIC 2025 im Ausland zuzukaufen. chinesischen Beteiligungen an deutschen Firmen zwischen 2014 und 2017 ab einem Anteil von zehn Prozent lassen sich Die formale Eigentumsform chinesischer Unternehmen einer der zehn Schlüsselbranchen zuordnen, in denen China zeigt aufgrund des komplexen Wechselspiels zwischen mithilfe von MIC 2025 die weltweite Technologieführerschaft Staat und Unternehmen in China jedoch nicht das vollstän- übernehmen will. dige Bild potentiellen staatlichen Einflusses. Die große Her- ausforderung liegt für die deutsche Seite daher in den Aus- Zum einen liegt ein klarer Fokus auf den MIC 2025-Bran- prägungen staatlichen Einflusses, die in der mehrheitlichen chen „Energiesparende Autos und Autos mit alternativer Eigentumsform chinesischer Investoren nicht oder nur Antriebstechnik“, „Energiesysteme“ sowie „Maschinen mit unzureichend abgebildet sind. computergestützter numerischer Steuerung (CNC) im Pre- miumsegment und Robotern“ – also Branchen, in denen Deutschland zum Teil deutliche technologische Wettbe- werbsvorteile aufweisen kann. Bereits vor der Einführung von MIC 2025 im Jahr 2015 waren diese Branchen aber bereits ein Interessenschwerpunkt chinesischer Investoren hierzulande. Zum anderen gewinnen seit Einführung von MIC 2025 bei chinesischen Firmenbeteiligungen in Deutschland auch diejenigen Schlüsselbranchen an Bedeutung, die zuvor gar keine oder nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Besonders auffällig ist dies bei der MIC 2025-Branche „Biomedizin und Medizingeräte im Premiumsegment“. 5
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? Drei Empfehlungen zum Umgang mit chinesischen Direktinvestitionen 1. Deutschland braucht eine differenzierte Diskussion 2. Deutschland und die EU haben Chinas industriepolitischen zu Investitionen aus China, aber auch aus anderen Ambitionen im Grunde nichts entgegen zu setzen. aufstrebenden Schwellenländern. Das sollte sich ändern. Gegenwärtig dominiert die Angst vor dem „technologischen Die chinesische Regierung verfolgt mittels Investitionen Ausverkauf“ die öffentliche Diskussion zu diesem Thema. in ausländische High-Tech-Unternehmen eine klare in- Die positiven Effekte, die zunächst einmal mit ausländi- dustriepolitische Strategie. Mithilfe solcher Beteiligungen schen Direktinvestitionen einhergehen, kommen dagegen soll China zur technologischen Weltspitze aufrücken. oft zu kurz. Investitionen aus China und anderen Ländern Deutsche Unternehmen sind ein Schwerpunkt. Wenn es schaffen Arbeitsplätze, bringen Kapital ins Land und tra- hierbei Grund zur Annahme gibt, dass staatliche Einfluss- gen zum Steueraufkommen bei. Chinesische Investoren nahme zu Wettbewerbsverzerrungen führt, besteht für verbessern zudem die Integration mit dem für Deutschland die Politik Handlungsbedarf. wichtigen chinesischen Markt. Bei Firmenbeteiligungen bringen chinesische Unternehmen ein im Vergleich zu Bei Firmenbeteiligungen in strategischen Sektoren wie Finanzinvestoren aus anderen Ländern langfristiges Inte- kritischer Infrastruktur sollte unter Beteiligung der invol- resse mit und bieten zum Teil Standortgarantien. In der vierten Interessengruppen ernsthaft in Erwägung gezogen Vergangenheit haben sie bereits deutsche Firmen aus der werden, die Anteilsschwelle für das Prüfverfahren auslän- Insolvenz gerettet. discher Beteiligungen von derzeit 25 auf zehn Prozent zu senken. Ab diesem Wert ist der international üblichen Eine grundsätzliche Offenheit und Willkommenskultur für Definition folgend von einer Direktinvestition auszugehen, ausländische Investoren unabhängig von ihrem Herkunfts- mit der der Investor in der Regel einen Kontrollanspruch land muss bestehen bleiben und eventuell sogar verstärkt verbindet. werden. Denn Deutschland als globalisierter Wirtschafs- standort braucht ausländische Direktinvestitionen. Zusätzlich wäre – wie bereits diskutiert wird – ein euro- päischer Rahmen zur Analyse und ggf. Prüfung von Firmenbeteiligungen aus Drittstaaten sinnvoll, der auch den Umgang mit staatlichen und staatsnahen Investoren einbezieht. So kann vielleicht verhindert werden, dass EU-Staaten gegeneinander ausgespielt und europäische Standards bei Investitionsprojekten unterwandert werden. Denn gegenwärtig haben lediglich zwölf der 28 Mitglieds- staaten ein solches Prüfverfahren. Generell wäre eine einheitliche europäische Positionierung gegenüber China, zumindest in strategisch bedeutenden Bereichen, wünschenswert. Nur so kann die EU in Beijing überhaupt noch Einfluss geltend machen. 6
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? 3. Deutschland und die EU sollten das Problem der fehlenden Reziprozität in den Wirtschaftsbeziehungen mit China dezidiert und selbstbewusst angehen. Deutschland bietet chinesischen Investoren genau wie die anderen EU-Staaten auch freien Marktzugang und hat keinen weitgehenden Schutzmechanismus für Schlüssel- technologien. Die chinesische Regierung hingegen schützt strategische Industrien bislang bewusst vor ausländischem Zugriff. Kurz gesagt: Ein mit Kuka vergleichbarer chine- sischer Roboterhersteller würde nicht unter ausländische Kontrolle geraten. Fast 17 Jahre nach Chinas WTO-Beitritt gibt es in den gegenseitigen Beziehungen also kein „Level Playing Field“. An dieser Stelle könnte die amerikanische Handelspolitik Deutschland und der EU in die Hände spielen: So gefährlich der von US-Präsident Trump provozierte Handelskrieg auch sein mag, zeigt seine Androhung doch, wie abhängig China nach wie vor von westlichem Know-how ist. Die EU sollte diese Situation nutzen. Statt ebenfalls auf protektionisti- sche Maßnahmen à la Trump zurückzugreifen, könnte sie sich gegenüber China als im Vergleich zu den USA verläss- licher Wirtschaftspartner positionieren – und so dafür sor- gen, dass ihre Forderungen in Beijing Gehör finden. An vorderster Stelle ist hier der Abschluss des bilateralen Investitionsabkommens zu nennen, das seit 2014 verhan- delt wird. Damit könnte ein wichtiger Schritt in Richtung faire Wettbewerbsbedingungen zwischen chinesischen und europäischen, und damit auch deutschen, Unternehmen in China vollzogen werden. In Zeiten eines weltweit zunehmenden Protektionismus sind sowohl China als auch die EU mehr denn je auf verläss- liche Partnerschaften angewiesen.Es sollte daher in beid- seitigem Interesse sein, sich aktiv für die Aufrechterhaltung einer internationalen regelbasierten Wirtschaftsordnung einzusetzen. 7
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? 1 Einleitung Der Roboterhersteller Kuka, der Automobilzulieferer Erstens stellt sich die Frage nach dem politischen Ein- Finoba, der Medikamentehersteller Bendalis – drei Unter- fluss auf diese Beteiligungen: Es ist unklar, welche Rolle nehmen aus ganz unterschiedlichen Branchen. Gemeinsam die chinesische Regierung dabei spielt. Damit einher gehen haben sie zwei Dinge (vgl. Tabelle im Anhang): Erstens sind Befürchtungen, dass hier unter staatlicher Anleitung syste- sie mehrheitlich in chinesischem Besitz. Zweitens passt matisch Schlüsseltechnologien aufgekauft werden und eine ihre jeweilige Technologie in Chinas industriepolitische potentielle staatliche Einflussnahme möglicherweise zu Strategie „Made in China 2025“ (MIC 2025). Diese Strate- Wettbewerbsverzerrungen führt, etwa über politisch sub- gie definiert zehn Schlüsselbranchen, in denen China in der ventionierte Kaufpreise für deutsche Firmen. ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts technologisch weltweit führend werden soll, darunter Robotik, E-Autos und com- Zweitens geht es um die fehlende Reziprozität zwischen putergesteuerte Maschinen. Chinesische Firmenbeteiligun- China und Deutschland beziehungsweise der EU: Während gen im Ausland sind explizit als Instrument vorgesehen, chinesische Unternehmen in Deutschland ohne nennens- um „Made in China 2025“ umzusetzen. werte Einschränkungen auf „Einkaufstour“ gehen können, schützt die chinesische Regierung strategische Industrien Deutschland verfügt über vielfältiges technologisches bewusst vor ausländischem Zugriff. Kurz gesagt: Ein chine- Know-how, das für die zehn MIC 2025-Branchen relevant sisches Kuka, wenn es eines gäbe, würde nicht in ausländi- ist. Es ist daher nicht verwunderlich, dass chinesische sche Hände fallen. Direktinvestitionen in Deutschland, darunter immer mehr Firmenbeteiligungen, in den letzten Jahren zugenommen Deutschland steht hier vor einem Dilemma: Als große haben (vgl. Tabelle im Anhang). Nachdem deutsche Unter- Exportnation befürwortet es wie kaum ein anderes Land nehmen jahrzehntelang wesentlich mehr in China in- offene Märkte und heißt ausländische Investoren grund- vestierten als chinesische Unternehmen in Deutschland, sätzlich willkommen. Die oben genannten Unsicherheiten, drehte sich 2017 die Situation erstmals um: Dem chinesi- die mit chinesischen Investitionen einhergehen, haben schen Handelsministerium (MOFCOM) zufolge fielen Chi- jedoch dazu geführt, dass Deutschland seine Gesetzgebung nas ausländische Direktinvestitionen (ADI) in Deutschland für die Überprüfung ausländischer Firmenbeteiligungen in diesem Jahr deutlich höher aus als deutsche ADI in China verschärft hat: Eine Änderung der Außenwirtschaftsver- (Abbildung 1). Das ist auch darauf zurückzuführen, dass ordnung 2017 räumte dem Bundeswirtschaftsministerium deutsche Unternehmen dort weiterhin Restriktionen und (12. Juli 2017) hierbei mehr Kompetenzen ein, zum Beispiel Diskriminerung im Vergleich zu chinesischen Unternehmen in Hinblick auf kritische Infrastruktur – nach wie vor ausgesetzt sind. Ihre Investitionstätigkeiten in China fallen jedoch erst ab einer Beteiligung von 25 Prozent. Fälle daher zurückhaltender aus (AHK, 16. November 2017). wie der geplante Einstieg des chinesischen Staatskon- zerns State Grid Corporation of China beim Netzbetrei- Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass chinesische ber 50Hertz bleiben damit weiterhin unter dem Radar der Investitionen in Deutschland, insbesondere Firmenbeteili Gesetzgeber: State Grid wollte sich mit 20 Prozent betei- gungen, in Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit zum Teil ligen – also deutlich unter der für eine Überprüfung rele- sehr kritisch diskutiert werden. Dabei stehen im Wesent- vanten Schwelle. Der Plan scheiterte formal letztlich daran, lichen zwei Aspekte im Vordergrund (vgl. zum Beispiel: dass der belgische Hauptanteilseigner Elia von seinem Vor- Bündnis 90/Die Grünen, 10. März 2018; BDI 2017; Gabriel kaufsrecht Gebrauch machte (Welt, 23. März 2018). Doch 2016): die Diskussion über den Umgang mit chinesischen Firmen- 8
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? ABBILDUNG 1: ADI-Ströme zwischen China und Deutschland, 2004 – 2017 (in Mio. US-Dollar) 3.000 2.500 2.000 1.500 1.000 500 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Deutsche ADI in China Chinesische ADI in Deutschland Quellen: Deutsche ADI in China für die Jahre 2004–2015: Statistical Year Book of China, verschiedene Jahre; für das Jahr 2016 bzw. 2017: MOFCOM, 4. Februar 2017 bzw. MOFCOM, 29. Januar 2018. Chinesische ADI in Deutschland für die Jahre 2004–2010: MOFCOM et al. 2011; für die Jahre 2011–2015: MOFCOM et al. 2016; für das Jahr 2016 bzw. 2017: MOFCOM et al. 2017 bzw. MOFCOM, 1. Februar 2018. beteiligungen in Deutschland, insbesondere in Schlüssel- technologien, geht weiter. Ziel der vorliegenden Studie ist es daher, einen Abgleich zwischen diesen Firmenbeteiligungen und Chinas High- Tech-Strategie „Made in China 2025“ vorzunehmen. Dabei geht es in erster Linie darum, einen Überblick zu geben, welche chinesischen Beteiligungen sich in diese industrie- politische Strategie einordnen lassen. Die Analyse kann jedoch keine Evidenz dazu liefern, ob sie auch tatsächlich politisch motiviert sind. Im Folgenden beginnen wir mit einem kurzen Überblick über Chinas ausländische Direktinvestitionen, insbesondere in Deutschland. Dann erfolgt die Zuordnung von insgesamt 175 chinesischen Beteiligungen an deutschen Unternehmen aus den Jahren 2014 bis 2017 in die zehn Schlüsselbranchen, die MIC 2025 aufführt. Daraus leiten wir Vorschläge zum möglichen weiteren Umgang mit chinesischen Investitio- nen ab. 9
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? 2 Kometenhafter Aufstieg: China als Auslandsinvestor Direktinvestitionen aus China sind seit der Verkündung der stimmtes Niveau erreicht hat, bestimmte Produktionsfak- Going-Global-Strategie im Jahr 2000 wesentlicher Bestand- toren auf ihrem Heimatmarkt nicht in ausreichender Quali- teil der chinesischen Reformagenda. Zuvor waren diese stark tät oder Quantität vorhanden sind, oder dieser gesättigt ist reglementiert. Der politische Schwerpunkt lag auf Direkt (Jungbluth 2015: 40–43). investitionen ausländischer Unternehmen in China. Mit der Going-Global-Strategie fördert die chinesische Regierung Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass mittlerweile seit fast 20 Jahren die „umgekehrte Richtung“, China als Auslandsinvestor in den letzten Jahren einen also die internationale Expansion chinesischer Unterneh- kometenhaften Aufstieg hingelegt hat. Den Daten der men unter anderem in Form von ADI. Zentrales Ziel der United Nations Conference of Trade and Development Strategie ist es, China als Volkswirtschaft in den globalen (UNCTAD) zufolge war das Land 2016 der zweitgrößte Aus- Wertschöpfungsketten voranzubringen. Das bedeutet, landsinvestor weltweit: 183 Milliarden US-Dollar und damit dass China nicht länger nur als „Fabrik der Welt“ dienen, 12,6 Prozent der globalen ADI-Ströme kamen in diesem sondern zunehmend zum „Forschungslabor der Welt“ Jahr aus China. Im Jahr 2006 waren es mit knapp 18 Milli- werden soll. Damit einhergehen sollen zum Beispiel eigen- arden US-Dollar lediglich 1,3 Prozent. Seitdem haben sich ständige Innovationen und Patente sowie original chinesi- Chinas jährliche ADI nahezu verzehnfacht und in dieser sche „Global Players“, also chinesische Samsungs, Siemens Entwicklung alle anderen Schwellenländer weit hinter sich oder Sonys. Im 21. Jahrhundert, so die Vision der chine- gelassen (Abbildung 2). Zum Vergleich: Indien investierte sischen Regierung, soll das Label „Made in China“ nicht 2016 gerade einmal fünf Milliarden US-Dollar im Ausland. mehr für billige Massenware stehen, sondern für hochwer- Das entspricht 0,4 Prozent der weltweiten ADI-Ströme. tige innovative Produkte (Jungbluth 2015: 183–184). Obwohl die Regierung in den vergangenen Jahren durch Kapitalver- Anders sieht es bei den ADI-Beständen, also den kumulier- kehrskontrollen ADI in bestimmten Bereichen wieder stär- ten Auslandsdirektinvestitionen, aus: 2016 hielt China ker eingeschränkt hat, ist ihr grundsätzliches Bekenntnis mit etwa 1,3 Billionen US-Dollar rund fünf Prozent der zu ADI chinesischer Unternehmen als wichtigen Faktor der globalen ADI-Bestände und lag damit weltweit auf Rang 10 Wirtschaftsentwicklung des Landes ungebrochen (vgl. zum (Abbildung 3). Setzt man die ADI-Bestände in Relation zum Beispiel Xi, 18. Oktober 2018). Bruttoinlandsprodukt, wird deutlich, dass China hier noch erhebliches Aufholpotential hat – gerade im Vergleich zu Neben der politischen Strategie ist die Unternehmensebene wichtigen Auslandsinvestoren wie den USA oder Deutsch- die zentrale Triebkraft für ADI aus China. Viele chinesi- land: Chinas ADI-Bestände belaufen sich auf lediglich sche Unternehmen verfolgen genau wie Unternehmen aus 11,3 Prozent seiner Wirtschaftsleistung. Für die USA liegt anderen Ländern mittlerweile eine eigene Internationali- dieser Wert bei 33,3 Prozent, für Deutschland sogar bei etwa sierungsstrategie. Sie suchen Zugang zu Absatzmärkten, 40 Prozent (UNCTAD 2017a und 2017b). Es ist also davon Technologien und qualifizierten Arbeitskräften im Ausland. auszugehen, dass Chinas Direktinvestitionen im Ausland Zudem haben auch chinesische Unternehmen begonnen, in den kommenden Jahren weiter zunehmen werden. Nach ihre Produktion in andere Länder zu verlagern, da die Lohn- einer Projektion der Prognos AG im Auftrag der Bertels- kosten in China schnell steigen. Aus wirtschaftshistorischer mann Stiftung könnte China im Jahr 2025 bereits 288 Mil- Perspektive ist es ein häufig zu beobachtendes liarden US-Dollar im Ausland investieren. Auf Deutsch- Phänomen, dass Unternehmen ins Ausland expandieren, land könnten davon etwa 4,3 Milliarden US-Dollar entfallen wenn ihre Wettbewerbsfähigkeit und Finanzkraft ein be- (Jungbluth 2016: 5). 10
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? ABBILDUNG 2: ADI-Ströme ausgewählter Länder, 2000 – 2016 (Millionen US-Dollar) 450.000 400.000 350.000 300.000 250.000 200.000 150.000 100.000 50.000 0 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 USA China Niederlande Japan Frankreich Deutschland Quellen: UNCTAD 2017c ABBILDUNG 3: ADI-Bestände ausgewählter Länder, 2000 – 2016 (Mio. US-Dollar) 8.000.000 7.000.000 6.000.000 5.000.000 4.000.000 3.000.000 2.000.000 1.000.000 0 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 USA Vereinigtes Königreich Japan Deutschland China Frankreich Quelle: UNCTAD 2017d 11
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? 3 Top-Ziel in Europa: Chinesische Direktinvestitionen in Deutschland Deutschland war 2016 das Hauptzielland für chinesische Anteil an chinesischen Investitionen, die Deutschland als Direktinvestitionen in Europa und der achtgrößte Emp- finales Ziel haben, dürfte also höher liegen als in offiziellen fänger chinesischer ADI weltweit. Trotzdem entfielen nationalen Statistiken erfasst ist. auf Deutschland lediglich 2,4 Milliarden US-Dollar bzw. 1,2 Prozent der gesamten chinesischen ADI-Ströme in Das gilt auch für die chinesischen ADI-Bestände in Deutsch- diesem Jahr. Deren Löwenanteil geht nach wie vor in die land. Diese lagen 2016 mit 7,8 Milliarden US-Dollar an asiatische Nachbarschaft (Abbildung 4). 4. Stelle innerhalb der EU und an 13. weltweit. Lediglich 0,6 Prozent der chinesischen ADI-Bestände insgesamt ent- Bei der regionalen Verteilung ist allerdings der „Hongkong- fallen damit auf Deutschland (Abbildung 5). Faktor“ zu beachten (vgl. Jungbluth 2016: 40): Chinesische Unternehmen investieren auch über ihre Tochterunter- Im Fokus chinesischer Investoren stehen den chinesischen nehmen in Hongkong oder andere Länder im Ausland. Der Statistiken zufolge das produzierende Gewerbe, unter- ABBILDUNG 4: Regionale Verteilung chinesischer ADI-Ströme, 2016 (in Prozent) 66,4% Asien Lateinamerika 13,9% 58,2% davon Hongkong Europa 5,4% davon EU 5,1% davon Deutschland 1,2% Ozeanien 2,7% Nordamerika 10,4% davon USA 8,7% Afrika 1,2% Quelle: MOFCOM et al. 2017 12
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? ABBILDUNG 5: Regionale Verteilung chinesischer ADI-Bestände, 2016 (in Prozent) 67,0% Asien Lateinamerika 15,3% 57,5% davon Hongkong Europa 6,4% davon EU 5,2% davon Deutschland 0,6% Ozeanien 2,8% Nordamerika 5,6% davon USA 4,4% Afrika 2,9% Quelle: MOFCOM et al. 2017 ABBILDUNG 6: ADI-Bestände in Deutschland nach regionaler Herkunft, 2016 (in Prozent) Sonstige 0,3% Zentral- und Südamerika 0,7% Nordamerika 6,0% 86,7% Europa Asien 6,3% 76,1% davon EU davon China 0,4 % Anmerkung: Zugrunde liegen die unmittelbaren und mittelbaren Direktinvestitionsbestände (saldiert) Quelle: Deutsche Bundesbank 2018 13
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? nehmensnahe Dienstleistungen sowie Dienstleistungen im Im Zuge dieser Entwicklung haben auch die Beteiligungen Bereich Forschung und Technologie (MOFCOM et al. 2017: chinesischer Unternehmen an deutschen Firmen sprung- 30). haft zugenommen. Unseren Recherchen zufolge gab es 2017 hierzulande mindestens 47 solcher Beteiligungen in Höhe Der Blick auf die offiziellen Statistiken der Deutschen Bun- von mindestens zehn Prozent – ab dieser Schwelle zählen desbank bestätigt die im gesamtwirtschaftlichen Kontext Firmenbeteiligungen als Direktinvestitionen, mit denen vergleichsweise geringe Quantität chinesischer Direktinves- der Investor nach international üblicher Definition „lang- titionen in Deutschland: Im Jahr 2016 hielten chinesische fristige Interessen und einen Kontrollanspruch verbindet“ Unternehmen mit 2,2 Milliarden Euro nur 0,4 Prozent der (Jungbluth 2016: 37). Zum Vergleich: Für das Jahr 2013 Direktinvestitionsbestände in Deutschland (Abbildung 6).1 weist die Unternehmensberatung EY insgesamt 25 chine- sische Firmenbeteiligungen in Deutschland aus, also etwa Selbst wenn sich aufgrund des „Hongkong-Faktors“ sämt- die Hälfte (EY 2014: 5).2 liche Hongkonger ADI-Bestände in Deutschland in Höhe von 1,3 Milliarden Euro auf Unternehmen aus der Volks- Der Großteil der chinesischen Investitionsprojekte hierzu- republik China zurückführen ließen, läge der chinesische lande findet aber nach wie vor in Form von sogenannten Anteil immer noch bei lediglich 0,7 Prozent. Greenfield Investments, also Neuansiedlungen, und Erweite- rungsinvestitionen statt. Das heißt, dass chinesische Fir- Der größte asiatische Investor in Deutschland ist nach wie men „auf der grünen Wiese“ eigene Vertriebsgesellschaf- vor Japan mit 19,8 Milliarden Euro. Das entspricht vier ten, Fabriken, Forschungs- und Entwicklungszentren etc. Prozent der ADI-Bestände in Deutschland. Umgekehrt aufbauen oder bereits bestehende Firmenstrukturen aus- haben deutsche Unternehmen in China bislang etwa 76 Mil- bauen. Damit schaffen sie neue Werte, zum Beispiel in liarden Euro investiert. Das entspricht rund sieben Prozent Form von Arbeitsplätzen und tragen zum Steueraufkom- der globalen deutschen ADI-Bestände im Jahr 2016. In den men bei. Vorläufigen Zahlen von Germany Trade and Invest gegenseitigen Investitionsbeziehungen ist also nach wie vor (GTAI) zufolge gab es 2017 in Deutschland 147 chinesische eine deutliche quantitative Assymmetrie zu erkennen. Neuansiedlungs- und Erweiterungsprojekte, also etwa dreimal so viele wie Firmenbeteiligungen (Deutscher Unabhängig von der hinzugezogenen Datenquelle sind Bundestag, 7. März 2018: 3). chinesische Investitionen in Deutschland in den letzten Jahren deutlich gestiegen: Sowohl die Deutsche Bundes- Obwohl Neuansiedlungen bei der Anzahl chinesischer bank als auch das chinesische Handelsministerium gehen Investitionsprojekte in Deutschland überwiegen, finden davon aus, dass sich die chinesischen ADI-Bestände in diese weitgehend unter dem Radar statt. Die öffentliche Deutschland in nur drei Jahren von 2013 bis 2016 fast ver- Aufmerksamkeit gilt, wie eingangs geschildert, vornehm- doppelt haben. lich den chinesischen Firmenbeteiligungen. Das hängt damit zusammen, dass bei Beteiligungen zum einen beste- 1 Die erheblichen Unterschiede zwischen den ADI-Beständen in der deutschen und chinesischen nationalen Statistik sind seit Jahren zu 2 Die genannten Angaben zu chinesischen Beteiligungen in Deutschland beobachten und werden viel diskutiert. Mögliche Gründe dafür sind: basieren auf öffentlich zugänglichen Informationen und erheben unterschiedliche Erhebungs- und Berichtmethoden, unterschiedliche keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Vgl. ausführlicher Jungbluth Zeitpunkte der Veröffentlichung etc. Vgl. hierzu ausführlicher die 2016: 40 sowie die Tabelle mit den 175 hier analysierten chinesischen statistischen Erläuterungen bei Jungbluth 2016: 37–40. Firmenbeteiligungen im Anhang. 14
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? hende Werte (Technologie, Arbeitsplätze, Grund und Boden etc.) übernommen werden und zum anderen die Investi- tionssumme in der Regel wesentlich höher liegen als bei Neuansiedlungen (Jungbluth 2016: 27–28). Diese Kombina- tion unterfüttert die Befürchtung, dass chinesische Inves- toren möglicherweise politisch subventioniert deutsche High-Tech-Firmen übernehmen und es so zu einem sys- tematischen technologischen „Ausverkauf“ Deutschlands kommt. Jenseits dieser zum Teil polemisch geführten Debatte und der dem gegenüber stehenden, anscheinend geringen Quantität chinesischer ADI hierzulande ist es Fakt, dass Deutschland in den letzten Jahren zu einem wichtigen Ziel- land für Direktinvestitionen aus China geworden ist und dies perspektivisch auch bleiben wird. Hierfür gibt es im Wesentlichen zwei Motive: Zugang zu Schlüsseltechnolo- gien und Know-how sowie Zugang sowohl zum deutschen als auch zum europäischen Markt. Deutschland, dessen eigene Digitalisierungsinitiative Industrie 4.0 für MIC 2025 eine wichtige Vorbildfunktion hatte (Petersen / Jungbluth 2018: 145), passt aufgrund seiner Industrie- und Unternehmensstruktur sowohl in die Inter- nationalisierungsstrategien chinesischer Unternehmen als auch in die industriepolitische Strategie „Made in China 2025“ der chinesischen Regierung. Ein wesentlicher Faktor in der Analyse chinesischer ADI in Deutschland liegt daher weniger in ihrer Quantität als in ihrer Qualität. 15
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? 4 „Made in China 2025“: Industriepolitik für die vierte industrielle Revolution China will mithilfe einer aktiven Industriepolitik die vierte 7. Tiefgehende Umstrukturierungen im Industriesektor industrielle Revolution (Digitalisierung) nutzen, um in voranbringen künftigen Schlüsselindustrien weltweit führend zu werden. 8. Serviceorientierte Produktion und produktorientierten Die Digitalisierung betrifft nahezu alle Wirtschafts- und Service aktiv entwickeln Lebensbereiche und verändert so die Grundlagen inter- 9. Internationalisierungslevel des Industriesektors erhöhen nationaler Wettbewerbsfähigkeit. Althergebrachte Wettbe- werbsvorteile, Technologien und Geschäftsmodelle werden Aufgabe „6. Entwicklungsdurchbruch in zehn Schlüssel- obsolet. Neue entstehen in einer Geschwindigkeit, die die bereichen vorantreiben“ listet auch die oft zitierten zehn drei vorangegangenen industriellen Revolutionen (Mecha- Schlüsselbranchen auf, in denen China künftig zum globa- nisierung, Automatisierung, Informatisierung) bei Wei- len Technologie- und Innovationsführer werden will: tem übertrifft (vgl. hierzu ausführlicher Schwab 2016). Im Zuge dieser globalen Umwälzungen will China seine Rolle 1. Neue Generation von Informationstechnologien als Zulieferer für westliche Konzerne abstreifen und noch 2. Maschinen mit computergestützter numerischer in der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts zu einem weltweit Steuerung (CNC) im Premiumsegment und Roboter führenden Technologie- und Innovationsstandort werden. 3. Luft- und Raumfahrtsysteme 4. Meerestechniksysteme und Hightech-Schiffe Die Strategie „Made in China 2025“ (MIC 2025), die die 5. Fortschrittliche Schienenverkehrssysteme chinesische Regierung im Mai 2015 verkündete, soll dafür 6. Energiesparende Autos und Autos mit alternativer die Grundlagen schaffen. Sie definiert ein klares Ziel: Antriebstechnik „[…] Bis zum 100. Jahrestag der Gründung des Neuen 7. Energiesysteme Chinas wollen wir unser Land zu einer Industriegroßmacht 8. Landwirtschaftliche Maschinen aufbauen, die die Entwicklung des globalen Industriesek- 9. Neue Materialien tors anführt“ (Staatsrat, 8. Mai 2015). Um das zu erreichen, 10. Biomedizin und Medizingeräte im Premiumsegment. will China bis 2025 zunächst mit den Industrieländern gleichziehen und diese bis 2049 überholen. Im Vordergrund In den für diese Branchen zentralen Kernbereichen soll stehen dabei neun „strategische Aufgaben und Schwer- China bis 2025 unter anderem „seinen Marktanteil an punkte“: eigenen geistigen Eigentumsrechten […] in großem Stil ausbauen, seine Abhängigkeit vom Ausland deutlich redu- 1. Steigerung der Innovationsfähigkeit der einheimischen zieren […] und […] ein international führendes Niveau Industrie erreichen“ (Staatsrat, 8. Mai 2015). 2. Vertiefung der Integration von Informatisierung und Industrialisierung MIC 2025 sieht zudem unter Aufgabe „9. Internationalisie- 3. Stärkung der industriellen Basis rungslevel des Industriesektors erhöhen“ Direktinvestitionen 4. Verbesserung der Produktqualität und Aufbau eigener im Ausland explizit als Teil der Strategie vor, um diese Ziele Marken in der Kürze der Zeit zu erreichen: „Unternehmen sollen dabei 5. Flächendeckende Umsetzung umweltfreundlicher unterstützt werden, im Ausland Akquisitionen, Unterneh- Fertigung mensbeteiligungen und -gründungen durchzuführen sowie 6. Entwicklungsdurchbruch in zehn Schlüsselbranchen Forschungs- und Entwicklungszentren, Testanlagen und glo- vorantreiben bale Vertriebs- und Servicesysteme aufzubauen“ (ibid.). 16
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? ABBILDUNG 7: Zuordnung chinesische Firmenbeteiligungen in Deutschland zu MIC 2025, 2014 – 2017 (in Prozent) MIC 2025: 112 Beteiligungen 20,5% Energiesparende Autos und Autos mit alternativer Antriebstechnik 175 Beteiligungen 18,8% Energiesysteme 16,1% Biomedizin und Medizingeräte im Premiumsegment 15,2% Maschinen mit computer- gestützter numerischer Steuerung (CNC) im Premium- segment und Roboter 8,0% Neue Generation von Informationstechnologien 6,3% Luft- und Raumfahrtsysteme 5,4% Neue Materialien 4,5% Fortschrittliche 64,0% Ja Schienenverkehrsysteme (Zuordnung zu MIC 2025) 36,0% Nein 2,7% Meerestechniksysteme (keine Zuordnung zu MIC 2025) und Hightech-Schiffe 1,8% Landwirtschaftliche Maschinen Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen. Details siehe Erläuterungen zum verwendeten Datensatz im Anhang. Im Folgenden analysieren wir daher die Frage, inwiefern beziehungsweise 64 Prozent der betrachteten chinesi- sich chinesische Firmenbeteiligungen in Deutschland in schen Beteiligungen lässt sich einer dieser Branchen zuord- den MIC 2025-Branchenkatalog einordnen lassen. Außer- nen. Der Anteil der Mehrheitsbeteiligungen liegt hier mit dem gehen wir auf die Branchenverteilung, die formale 74 Prozent etwas höher als im Gesamtdurchschnitt. In MIC Eigentumsform der chinesischen Investoren und die regi- 2025-Branchen scheinen chinesische Investoren also noch onale Verteilung dieser Beteiligungen innerhalb Deutsch- stärker nach mehrheitlicher Kontrolle der übernommenen lands ein. Firmen zu streben als in anderen Bereichen. Der Großteil der 112 Firmenbeteiligungen, die zu MIC 2025 4.1 Chinesische Beteiligungen passen passen (79 Beteiligungen beziehungsweise 71 %) konzent- riert sich auf folgende vier Branchen (Abbildung 7): überwiegend zu „Made in China 2025“ 1. Energiesparende Autos und Autos mit alternativer Unsere Analyse umfasst 175 chinesische Firmenbeteiligun- Antriebstechnik (23 Beteiligungen) gen in Deutschland zwischen 2014 und 2017 ab einem Anteil 2. Energiesysteme (21 Beteiligungen) von zehn Prozent. Insgesamt 124 davon beziehungsweise 3. Biomedizin und Medizingeräte im Premiumsegment 71 Prozent befinden sich unseren Informationen zufolge (18 Beteiligungen) mehrheitlich (Beteiligung > 50 Prozent) in chinesischer 4. Maschinen mit computergestützter numerischer Hand. Eine detaillierte Auflistung aller Beteiligungen sowie Steuerung (CNC) im Premiumsegment und Roboter Graphiken zur Auswertung der einzelnen Jahre von 2014 bis (17 Beteiligungen) 2017 finden sich im Anhang. Das ist zunächst nicht verwunderlich, da das auch die Die zehn Schlüsselbranchen von MIC 2025 sind ein kla- Bereiche sind, in denen Deutschland wirtschaftlich und rer Schwerpunkt chinesischer Firmenbeteiligungen in technologisch stark und international erfolgreich ist. Ins Deutschland: Die überwiegende Mehrheit, nämlich 112 besondere der Maschinenbau und die Automobilbranche 17
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? hatten daher schon lange vor Verkündung von MIC 2025 tegie passt. Denn nach wie vor unterliegen ADI aus China eine große Anziehungskraft auf chinesische Investoren (Für bestimmten Restriktionen, die in den letzten zwei Jahren die Jahre 2001–2013 siehe Emons 2013: 19–20; Jungbluth durch stärkere Kapitalverkehrskontrollen zum Teil wieder 2013: 13; Strack und Schwarzer 2014: 3; Wassner 2015: 5). verschärft wurden (MERICS 2018). Zwar wurde das Geneh- Interessant sind jedoch zwei Beobachtungen: migungsverfahren für Auslandsinvestitionen stark liberali- siert und mittlerweile weitgehend in ein Registrierungssys- Erstens hat die Anzahl der Beteiligungen, die sich den MIC tem umgewandelt (Jungbluth 2016: 14–16). Dennoch gehen 2025-Branchen zuordnen lassen, seit Verkündung der Stra- ADI für chinesische Unternehmen mit einem nicht uner- tegie deutlich zugenommen: Für 2016 und 2017 lag sie bei heblichen bürokratischen Aufwand einher. Zudem ist der über 70 Prozent. Im Jahr der Verkündung von MIC 2025 und Zugang zu Devisen ebenfalls reguliert. dem Vorjahr lag sie hingegen nur bei knapp über 50 Prozent. Die chinesische Regierung hat also ausreichend Hebel zur Zweitens lässt sich ab 2015 eine stärkere Diversifizierung Verfügung, um ADI aus China in eine politisch gewünschte hinsichtlich der zehn Schlüsselbranchen erkennen: Wäh- Richtung zu steuern – und zwar unabhängig von der for- rend sich chinesische Firmenbeteiligungen in Deutschland malen Eigentumsform der Unternehmen. 2014 auf insgesamt sechs dieser Branchen konzentrierten, finden in den Folgejahren in nahezu allen Branchen Betei- ligungen statt. Besonders auffällig ist das große Interesse 4.2 Formale Eigentumsform: chinesischer Investoren im Bereich „Biomedizin und Medi- Staatsunternehmen sind in der Minderheit zingeräte im Premiumsegment“. Dieses lässt sich erst ab 2015, also dem Jahr der Verkündung von MIC 2025, beob- achten. Vorher spielte diese Branche im Grunde keine Rolle Aufgrund der oben erwähnten Verflechtungen zwischen (vgl. hierzu auch Jungbluth 2016: 31). Staat und Unternehmen in China kann die formale Eigen- tumsform chinesischer Investoren die Frage nach dem viel Vor dem Hintergrund des komplexen Wechselspiels diskutierten potentiellen Einfluss der chinesischen Regie- zwischen Staat und Unternehmen in China3 sind hier rung zwar nicht vollständig beantworten. Die Analyse zeigt zwei Erklärungen denkbar: aber immerhin, welche Investoren zumindest formal unter diesem Einfluss stehen (können). Wir unterscheiden hier- Zum einen schaffen industriepolitische Strategien wie MIC bei zwischen privaten und staatlichen Unternehmen sowie 2025 durch entsprechende Fördermaßnahmen generell An- Unternehmen, die der State-owned Assets Supervision and reize für chinesische Unternehmen in den politisch erwünsch- Administration Commission (SASAC) und damit direkt der ten Branchen zu investieren, sei es im In- oder im Ausland. Zentralregierung in Beijing unterstehen. Zum anderen ist im Speziellen bei ADI davon auszugehen, Fast Zweidrittel und damit die überwältigende Mehrheit der dass Unternehmen mit einer erleichterten Durchführung 175 hier berücksichtigten chinesischen Firmenbeteiligun- rechnen können, wenn ihr Investitionsprojekt in die Stra- gen wurde von Unternehmen durchgeführt, die mehrheitlich (> 50 Prozent) in Privatbesitz sind (Abbildung 8). Bei 18 Pro- 3 Zu Chinas Politik- und Wirtschaftssystem vgl. ausführlich: Heilmann zent der Fälle handelt es sich um Staatsunternehmen, wobei 2016: 220–222; Jungbluth 2015: 31–37. acht Prozentpunkte auf SASAC-Unternehmen entfallen. 18
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? ABBILDUNG 8: Chinesische Firmenbeteiligungen in Deutschland nach Eigentumsform, 2014 – 2017 (in Prozent) 64,0% privat 17,7% k. A. 10,3% staatlich 8,0% staatlich (SASAC) SASAC = State-owned Assets Supervision and Administration Commission (Kommission zur Kontrolle und Verwaltung von Staatsvermögen beim Staatsrat der Volksrepublik China) Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen. Details siehe Erläuterungen zum verwendeten Datensatz im Anhang. Berücksichtigt man jedoch nur die 112 Beteiligungen, die 4.3 Regionale Verteilung: Baden- sich den zehn MIC 2025-Branchen zuordnen lassen, fällt der staatliche Anteil mit etwa 22 Prozent ein ganzes Stück Württemberg und Nordrhein-Westfalen vorne höher aus. SASAC-Unternehmen nehmen davon neun Pro- zentpunkte ein und liegen damit ebenfalls etwas höher 77 der betrachteten chinesischen Firmenbeteiligungen und als im Gesamtdurchschnitt. Das legt ein verstärktes politi- damit 44 Prozent entfallen auf lediglich zwei Bundeslän- sches Interesse an diesen Branchen nahe. Dennoch sind der: 39 in Baden-Württemberg und 38 in Nordrhein-West- Staatsunternehmen bei chinesischen Firmenbeteiligungen falen (NRW). Davon entfallen 26 beziehungsweise 22 auf in Deutschland formal betrachtet in der Minderheit. MIC 2025-Branchen. In beiden Bundsländern stehen ins- besondere energiesparende Autos und Autos mit alterna- Die große Herausforderung liegt für die deutsche Seite tiver Antriebstechnik, Biomedizin und Medizingeräte im daher in den Ausprägungen staatlichen Einflusses, die in Premiumsegment sowie Maschinen mit computergestütz- der mehrheitlichen Eigentumsform chinesischer Investoren ter numerischer Steuerung (CNC) im Premiumsegment und nicht oder nur unzureichend abgebildet sind. Diese reichen Roboter im Fokus. In Baden-Württemberg spielen zudem von privat-staatlich gemischten Eigentumsformen (hunhe Energiesysteme eine herausragende Rolle. Bayern folgt mit suoyouzhi) über parteistaatliche Organisationen in den 26 chinesischen Beteiligungen auf Rang drei. 18 davon las- Unternehmen bis hin zu undurchsichtigen Finanzierungs- sen sich MIC 2025 zuordnen mit einem ähnlichen Bran- strukturen und den zahlreichen informellen Verflechtun- chenschwerpunkt wie NRW und Baden-Württemberg gen, die für Außenstehende und insbesondere Ausländer (Abbildung 9). eine Black Box darstellen (vgl. hierzu Wübbeke 2016: 51–54; Jungbluth 2016: 35–36). Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Bayern sind auch die drei Bundesländer mit der höchsten Anzahl an sogenannten „Hidden Champions“ in Deutschland (Hermann 2007 zitiert nach Baden-Württemberg o. J.). Dabei handelt es sich um mittelständische, in der Öffent- 19
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? ABBILDUNG 9: Chinesische Firmenbeteiligungen in Deutschland nach Bundesländern, 2014 – 2017 6 4 Schleswig- Holstein 2 2 38 3 1 Mecklenburg- Vorpommern 2 2 Hamburg Bremen 14 22 10 3 1 Berlin 2 2 2 1 Niedersachsen Brandenburg 15 Sachsen- Anhalt 10 6 6 5 Nordrhein- Westfalen 2 39 Sachsen 8 Thüringen 5 Hessen 26 n 2014 – 2017 Zuordnung MIC 2025 Rheinland- 26 Pfalz MIC 2025-Branchen: 18 n Biomedizin und Medizingeräte 3 im Premiumsegment 1 n Energiesparende Autos und Autos mit alternativer Antriebstechnik n Energiesysteme Saarland n Fortschrittliche Schienenverkehrsysteme n Landwirtschaftliche Maschinen n Luft- und Raumfahrtsysteme n Maschinen mit computergestütz- ter numerischer Steuerung (CNC) im Premiumsegment und Roboter n Meerestechniksysteme und Bayern Hightech-Schiffe n Neue Generation von Informationstechnologien Baden- n Neue Materialien Württemberg Quelle: Eigene Erhebungen und Berechnungen. Details siehe Erläuterungen zum verwendeten Datensatz im Anhang. 20
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? lichkeit oft unbekannte Unternehmen, die in ihren tech- ben über ihre Investitionsförderungsgesellschaften aktive nologischen Nischen Weltmarktführer sind. Dieser Unter- Standortpolitik.4 Zwar liegt der Schwerpunkt vor allem auf nehmenstyp steht bei chinesischen Firmenbeteiligungen in Neuansiedlungen. Aber auch ausländische Firmenbetei- Deutschland seit Jahren besonders im Fokus (Emons 2013). ligungen werden in der Regel neutral bis positiv gesehen, sofern damit eine Standorterhaltung einhergeht. In Zukunft Die drei genannten Bundesländer sind auch die Länder, in könnte allerdings der Umgang mit potentiellem staatlichen denen 2017 im bundesweiten Vergleich die meisten Patente Einfluss auf solche Beteiligungen auch für die Bundesländer angemeldet wurden (Deutsches Patentamt 2018). Paten- ein größeres Thema werden, insbesondere in Zusammen- tanmeldungen sind zwar nicht gleichzusetzen mit Inno- hang mit unfairen Wettbewerbsbedingungen für ihre ein- vationsfähigkeit, zeigen aber zumindest, dass an diesen heimischen Unternehmen in China oder in Deutschland Standorten Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten ein vis-à-vis staatlich finanzierten chinesischen Investoren. Schwerpunkt sind – und diese damit anscheinend beson- ders attraktiv für chinesische Firmenbeteiligungen. Chris- tian Rusche (2017) zeigt ebenfalls, dass es hier einen star- ken Zusammenhang gibt: Denn Rusche zufolge investieren chinesische Investoren in den Bundesländern, „wo die Patentanmeldungsintensität hoch ist.“ Der Zuschnitt der MIC 2025-Branchen auf hochspezialisierte Technologien dürfte weiterhin für großes Interesse chinesischer Unter- nehmen an deutschen Firmen sorgen. Insgesamt liegt der Schwerpunkt chinesischer Investo- ren eindeutig im Westen der Republik: Lediglich 18 der 175 Beteiligungen (10,3 Prozent) gingen in die fünf neuen Bundesländern und zwölf davon in MIC 2025-Branchen. Die meisten davon wurden in Sachsen (6; MIC 2025 = 5) und Thüringen (6; MIC 2025 = 2) durchgeführt. Mögliche Gründe dafür könnten unter anderem die Unterschiede in der Wirt- schaftsstruktur und -entwicklung sowie der Zugang zu Technologien und Fachkräften sein. Generell bieten die 16 Bundesländer genau wie der Wirt- schaftsstandort Deutschland insgesamt ausländischen Investoren ein offenes Investitionsumfeld – unabhängig von deren Herkunftsland. Denn ADI können für die Bundes- länder positive Effekte in Form von Arbeitsplätzen, Steuer 4 Vgl. exemplarisch die Internetseiten der folgenden Investitionsförde- rungsgesellschaften: Baden-Württemberg: http://www.bw-invest.de; aufkommen und erhöhter internationaler Verflechtung Hamburg: http://www.hamburg-invest.com; Nordrhein-Westfalen: mit sich bringen. Die Bundesländer stehen bei der Anwer- https://www.nrwinvest.com/de/startseite; Sachsen: https://standort- bung von ADI zudem in Wettbewerb zueinander und betrei- sachsen.de/de/investoren 21
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? 5 Fazit: Fairer Rahmen für gegenseitige Investitionen notwendig Deutschland ist aufgrund seiner Unternehmens- und betrachteten chinesischen Firmenbeteiligungen in der Min- Wirtschaftsstruktur ein attraktiver Standort für ausländi- derheit. Berücksichtigt man nur die Beteiligungen, die sich sche Direktinvestitionen. Unabhängig vom Herkunftsland den MIC 2025-Branchen zuordnen lassen, steigt ihr Anteil der Investoren bietet es ein offenes Investitionsumfeld und jedoch auf etwa 22 Prozent – ein mögliches Indiz für das heißt ADI grundsätzlich willkommen. In den vergangenen verstärkte Interesse staatlicher Akteure, Know-how für die Jahren hat die schnell zunehmende Anzahl von Firmenbe- Umsetzung von MIC 2025 im Ausland zuzukaufen. Zudem teiligungen aus China jedoch für eine kontroverse Diskus- spielen in China gemischte Eigentumsformen aus Staats- sion über Deutschlands Offenheit als Wirtschaftsstandort und Privatbesitz eine wichtige Rolle. Auch bei Privatunter- gesorgt. Im Vordergrund steht dabei die Angst vor einem nehmen, die formal gesehen mehrheitlich in Privatbesitz staatlich orchestrierten Technologietransfer nach China. sind, kann also staatliche Einflussnahme vorliegen. Tatsächlich liegt ein klarer Fokus chinesischer Firmen- Die formale Eigentumsform chinesischer Unternehmen beteiligungen in Deutschland auf den zehn Schlüsselbran- zeigt aufgrund des komplexen Wechselspiels zwischen chen, die in „Made in China 2025“ (MIC 2025) definiert Staat und Unternehmen in China darüber hinaus nicht das sind. MIC 2025 ist die zentrale industriepolitische Strate- vollständige Bild potentiellen staatlichen Einflusses: Die gie, die China zur globalen Anführerin der vierten industri- informellen Verflechtungen über Netzwerke, Parteistruk- ellen Revolution machen soll. Firmenbeteiligungen im Aus- turen und andere Kanäle spiegeln sich darin nicht wider. land gehören explizit zu den Instrumenten, mit denen MIC In diesen Ausprägungen staatlichen Einflusses liegt für die 2025 umgesetzt werden soll: 64 Prozent beziehungsweise deutsche Seite eine besonders große Herausforderung, da 112 der 175 hier betrachteten chinesischen Beteiligungen an sich hierfür nur schwierig eine Lösung finden lässt, die in deutschen Firmen zwischen 2014 und 2017 ab einem Anteil Einklang mit internationalen Prinzipien wie Nichtdiskrimi- von zehn Prozent lassen sich einer der zehn Schlüsselbran- nierung steht. Außerdem sollte bei chinesischen und ande- chen zuordnen, in denen China mithilfe von MIC 2025 die ren ausländischen Investoren nicht der Eindruck entstehen, weltweite Technologieführerschaft übernehmen will. Im sie seien in Deutschland generell nicht mehr willkommen. Vordergrund stehen spezialisierte Segmente der Automo- bilindustrie und des Maschinenbaus, in denen Deutsch- Deutschland sollte sich im Umgang mit chinesischen ADI land zum Teil deutliche technologische Wettbewerbsvor- daher auf drei Bereiche konzentrieren: teile aufweisen kann. Bereits vor der Einführung von MIC 2025 im Jahr 2015 waren diese Branchen daher bereits ein Erstens sollte es seine grundsätzliche Willkommenskultur Interessenschwerpunkt chinesischer Investoren hierzu- für ausländische Investoren unabhängig vom Herkunfts- lande. Seit Einführung von MIC 2025 nimmt bei chinesi- land aufrecht erhalten. ADI bringen positive Effekte zum schen Firmenbeteiligungen aber auch die Bedeutung von Beispiel in Form von Arbeitsplätzen und tragen zu Deutsch- MIC 2025-Schlüsselbranchen zu, die zuvor gar keine oder lands internationaler Verflechtung bei. nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Besonders auffällig ist dies bei der MIC 2025-Branche „Biomedizin Zweitens ist eine politische Flankierung dieser Offenheit und Medizingeräte im Premiumsegment“. sinnvoll, um Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Einflussnahme zu verhindern. Die Umsetzung des bereits Formal lässt sich keine Konzentration auf Staatsunter- seit Februar 2018 in der Öffentlichkeit kursierenden Vor- nehmen feststellen: Mit 18 Prozent sind diese bei den hier schlags, die Anteilsschwelle für das Prüfverfahren auslän- 22
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? discher Beteiligungen zu senken, ist eine mögliche Maß- nahme (Handelsblatt, 14. Februar 2018). Derzeit liegt die Schwelle bei 25 Prozent. Zehn Prozent wären aber denkbar, da hier der international üblichen Definition folgend in der Regel die langfristig motivierte Direktinvestition beginnt, mit der der Investor einen Kontrollanspruch verbindet. Einige EU-Staaten prüfen derzeit sogar bereits ab einem Anteil von fünf Prozent (European Commission 2017: 3). Deutschland liegt hier im EU-weiten Vergleich im Mittel- feld. Zusätzlich ist ein gemeinsamer europäischer Rahmen zur Analyse und ggf. Prüfung ausländischer Beteiligungen aus Drittstaaten sinnvoll, der auch den Umgang mit staat- lichen und staatsnahen Investoren einbezieht. Gegenwärtig verfügen überhaupt nur 12 der (noch) 28 EU-Staaten über ein Prüfverfahren für ausländische Firmenbeteiligungen. Drittens sollten sich Deutschland und die EU dezidiert und selbstbewusst für faire Rahmenbedingungen in den gegen- seitigen Investitionsbeziehungen mit China einsetzen, also für die Herstellung der viel zitierten Reziprozität. In einer globalisierten Welt ist China wirtschaftlich mindes- tens ebenso abhängig von Deutschland wie Deutschland von China. Der Abschluss des EU-China Investitions abkommens, das seit 2014 verhandelt wird, ist hier als Maßnahme an vorderster Stelle zu nennen. Damit könnte ein wichtiger Schritt in Richtung Reziprozität vollzogen werden. In Zeiten eines weltweit zunehmenden Protektionismus sind sowohl China als auch die EU mehr denn je auf verläss- liche Partnerschaften angewiesen. Es sollte daher in beid- seitigem Interesse sein, sich aktiv für die Aufrechterhaltung einer internationalen regelbasierten Wirtschaftsordnung einzusetzen. 23
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? Anhang Chinesische Firmenbeteiligungen in Deutschland zwischen 2014 und 2017 24
Kauft China systematisch Schlüsseltechnologien auf? Datensatz zu chinesischen Firmenbeteiligungen in Deutschland 2014 – 2017 Ziel- Branche Chinesischer Mehrheit- Anteil Trans- MIC 2025- unternehmen Investor liche Eigen- (Prozent) aktions-/ Schlüsselbranche tumsform des Firmenwert Investors (Mio. Euro) 2017: 47 Beteiligungen Biotest Biotechnologie Creat Group privat 89,9 1.300,0 Biomedizin und Medizingeräte im Premiumsegment Curasan Pharma, Chindex / Fosun privat 25,0 2,3 Biomedizin und Medizingeräte Biotechnologie und International im Premiumsegment Gesundheit Elexxion Pharma, Shanghai Tianying Medi- k. A. 55,0 k. A. Biomedizin und Medizingeräte Biotechnologie und cal Instruments im Premiumsegment Gesundheit Metrax Pharma, Jiangsu Yuyue Medical privat 100,0 k. A. Biomedizin und Medizingeräte Biotechnologie und Equipment & Supply im Premiumsegment Gesundheit Romaco Pharma, Truking Technology privat 75,1 150,0 Biomedizin und Medizingeräte Pharmatechnik Biotechnologie und im Premiumsegment Gesundheit Bosch Mahle Automobil- FountainVest Partners privat 100,0 k. A. Energiesparende Autos und Autos Turbo Systems und Fahrzeugbau mit alternativer Antriebstechnik CP Tech Automobil- Nedschroef / Shanghai staatlich 0,9 5,3 Energiesparende Autos und Autos und Fahrzeugbau Prime Machinery mit alternativer Antriebstechnik Finoba Automotive Automobil- China National staatlich 100,0 k. A. Energiesparende Autos und Autos und Fahrzeugbau Machinery Industry (SASAC) mit alternativer Antriebstechnik Corp (Sinomach) Koller Gruppe Automobil- Nanjing Nangang Iron privat Mehrheits- k. A. Energiesparende Autos und Autos und Fahrzeugbau & Steel United / Fosun beteiligung mit alternativer Antriebstechnik International Robert Bosch Starter Automobil- Zhengzhou Coal Mining k. A. 100,0 545,0 Energiesparende Autos und Autos Motors Generators und Fahrzeugbau Machinery Group / China mit alternativer Antriebstechnik Holding (SEG Automo- Renaissance Capital In- tive Germany) vestment (CRCI) Schürholz Gruppe Automobil- Jiangsu Olive Sensors privat 32,0(a) 6,0(b) Energiesparende Autos und Autos und Fahrzeugbau High-Tech mit alternativer Antriebstechnik TEG Technische Automobil- Punch Power Train / privat 100,0 k. A. Energiesparende Autos und Autos Entwicklungs- und Fahrzeugbau Yinyi Investment mit alternativer Antriebstechnik gesellschaft Holding Group Trimet Automotive Automobil- Shandong Binzhou Bohai staatlich 75,0 62,0 Energiesparende Autos und Autos Holding und Fahrzeugbau Piston mit alternativer Antriebstechnik VEM Holding Automobil- SEC Holding privat Mehrheits- k. A. Energiesparende Autos und Autos und Fahrzeugbau beteiligung mit alternativer Antriebstechnik Duisburg Tubes Industrie und Taihai Manoir k. A. 100,0 k. A. Energiesysteme Production Maschinenbau Nuclear Equipment Gelpag Advanced Energie- und Motic (Xiamen) privat 100,0 0,4 Energiesysteme Technology Umwelttechnik Electric Group Manz CIGS Energie- und Shanghai Electric staatlich 100,0 50,0 Energiesysteme Technology Umwelttechnik Group / Shenhua Group mdexx Energie- und Zhuzhou Lince Group privat 100,0 k. A. Energiesysteme Umwelttechnik WKS Group Energie- und China Aerospace staatlich 100,0 k. A. Energiesysteme Umwelttechnik Science and Industry (SASAC) Corporation Sea & Sun Technology Energie- und Zhonghuan TIG Meteor- staatlich 20,0 k. A. Energiesysteme Umwelttechnik ological Instruments SMA Railway Elektronik Beijing Dinghan privat 100,0 23,0 Fortschrittliche Technology Technology Schienenverkehrsysteme 25
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