Eine wahre Fallvorstellung 10.5.2021 Leonardo Aceto

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Eine wahre Fallvorstellung 10.5.2021 Leonardo Aceto
Eine wahre
    Fallvorstellung 10.5.2021
        Leonardo Aceto
Eine wahre Fallvorstellung 10.5.2021 Leonardo Aceto
34jähriger Hr. W.

 1/2018: Hausärztliche Zuweisung bei
 Schmalkomplextachykardie (HF
 217/min)
 Bereits vorgängig Husten, Fieber →
 HA: Co-Amoxicillin bei DD
 pulmonaler Infekt
Eine wahre Fallvorstellung 10.5.2021 Leonardo Aceto
Systemanamnese

 Seit Monaten ausgeprägte Fatigue,
 Leistungsintoleranz, Gewichtsverlust
 von ca. 10kg in den letzten 2
 Monaten, Nachtschweiss

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Eine wahre Fallvorstellung 10.5.2021 Leonardo Aceto
CT Thorax/Abdomen

 Verdacht auf Lymphom bei
 Lymphadenopathie retroperitoneal und
 mesenterial sowie Hepato- und Splenomegalie
 mit jeweils hypodensen Läsionen; zusätzlich
   längerstreckige Darmwandverdickung des Jejunums
   Verdacht auf pulmonale Beteiligung bei konfluierenden
    nodulären peribronchovaskulären Läsionen

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5
6
HIV Screening reaktiv

 HI-VL 195'000 cop/ml
 CD4 14/ul (3.8%)
 MSM, wiederholter ungeschützter
 Analverkehr, St. n. IVDA (Crystal
 Meth)
 Bisher noch nie HIV-Test gemacht
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CT-gesteuerte Punktion
      retroperitoneales LK-Paket

 Histiozytäre Reaktion mit Nachweis von
 reichlich intrazytoplasmatischen
 säurefesten Stäbchen. Keine Hinweise auf
 Lymphom oder Malignität.
   Kein Nativmaterial für Kultur
   Nicht genügend Material für PCR

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Disseminierte
           Mykobakterieninfektion
   Pulmonal: kulturell + molekulargenetisch Nachweis von
    Mycobacterium avium-intrazelluläre-Komplex
   Dünn- und Dickdarm: Nachweis von massenhaft SFS in
    histologischen Schnitten mehrerer Dünn- und Dickdarmbiopsien,
    molekulargenetisch (aus Paraffinblock) 2. atypisches
    Mykobakterium: Mycobacterium celatum
   Blutkulturen: Wachstum von Mycobacterium avium-intrazelluläre-
    Komplex
   Hepato- und Splenomegalie mit mehreren hypodensen Läsionen,
    a.e. Mycobakterien-Manifestation

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Weitere AIDS-definierende
      Erkrankungen
 Schwere Sooroesophagitis
 Wasting-Syndrom
 CMV-Retinitis links
 Mehrere kutane Kaposi-Sarkome
  Unterschenkel beidseits
 Kutane VZV- und HSV2-Manifestation
  (mehrere Dermatome)
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CMV-Retinitis
   Cymevene 25.1.18 - 8.2.18, Valcyte 2x900mg 8.2.18 - 21.2.18 (Stopp bei
    (Fieber in) Neutropenie: 0.21 Tsd/ul)
   Valcyte 1x900mg (Erhaltungstherapie) 26.2.18 - 20.3.18 (Stopp bei erneuter
    Neutropenie)
   Rezidiv am 17.4.18, wiederholte Foscarnet-Applikationen intravitreal
    17.4.18 - 27.4.18
   Systemische CMV-Disease 24.4.18 (CMV DNA im Blut 7'225 IE/ml),
    Foscarnet 3x60mg/kg i.v. 26.4.18 - 13.5.18
   Foscarnet 1x7'200mg i.v. an 5 Tagen/Woche 14.5.18 - 4.7.19
    (Erhaltungstherapie), Abbruch trotz CD4
MAC / M. celatum

                                                                 Spiegelbestimmung

  BK+ BK+ BK+ BK+                   BK-

                             A

                 Rifabutin

                 Levofloxacin 1x500mg
Start 26.1.18

                 Ethambutol 1x15mg/kgKG     Ethambutol 1x20mg/kgKG

                 Clarythromycin 2x500mg

                2/18     4/18        6/18        8/18    10/18       12/18   2/19    4/19   6/19
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EACS Guidelines

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Rücksprache B. Schulthess, Tb-Labor

Ihre Frage zur in der Literatur beschriebenen Rifampicin-Resistenz von M. celatum ist
schwierig zu beantworten. Zu M. celatum habe ich leider wenig eigene Resistenz-Daten,
nur von 5 Isolaten. Clarithroymcin, Ethambutol und Moxifloxacin wurden jeweils sensibel
getestet. Für Rifampicin und Rifabutin kann ich aufgrund unserer Daten nicht sagen, ob
M. celatum resistenter ist als z.B. M. avium. Da M. celatum rel. selten ist, ist es in den
meisten aktuellen Studien zur NTM-Resistenztestung nicht zu finden. Und wenn wird ein
Breakpoint von 1 mg/l verwendet, der von M. tuberculosis stammt und bei dem auch M.
avium in vitro resistent ist. Wie bei den meisten NTMs ist sicherlich Clarithromycin die
wichtigste Substanz. Die Entstehnung einer Clarithromycin-Resistenz gilt es mit mind.
einer besser zwei weiteren Substanzen zu verhindern. In vielen Case Reports wird in der
Annahme einer Rifampicin-Resistenz bei M. celatum ein Chinolon eingesetzt. Eine
Kombination von Clarithomycin, Ethambutol und Moxifloxacin wäre aus
mikrobiologischer Sicht für M. celatum wie auch für M. avium eine Option.

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Triumeq

     Descovy + Tivicay
     Descovy + Tivicay
          twice daily

     Descovy + Tivicay

     Descovy + Tivicay
          twice daily
                         Start 5.2.18: 2.5 Wochen nach HIV-Diagnosestellung
                                                                              Antiretrovirale Therapie

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Weitere Komplikation
 Subakuter inferiorer Myokardinfarkt
    25.3.18: Koronare Eingefässerkrankung (thrombotischer
      Verschluss des proximalen RCX)
    DD multifaktorielle Genese
        Inflammation i.R. IRIS?
        vorangegangene Zarzio-Gabe?
        prokoagulatorischer Zustand bei komplexer medikamentöser
         Therapie?

    Unauffällige Thrombophilieabklärung im Verlauf

 Postinfarktperikarditis

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CD4-Verlauf

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Fieber in Neutropenie
       2.5 Wochen nach ART-Beginn

 T 39.1°C, P 134/min
 Neutropenie (0.3 Tsd/ul) → medikamentös
 CT: grössenprogrediente Hepatosplenomegalie,
  grössenprogrediente retroperitoneale und
  inguinale Lymphadenopathie

 Hochgr. Vd. a. IRIS
   Start Prednison 1mg/kgKG

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   Intermittierend Fieber, Hitzewallungen, Schweissausbrüche,
IRIS       Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen
          Gewichtszunahme (+25kg!)
          Mondgesicht
          Substitutionsbedürftige Hypophosphatämie
          Augenlinsentrübung beidseits
          Erniedrigte Knochendichte für Alter und Geschlecht (DEXA v.
           29.1.19
          Negativer Impact auf Kaposi-Manifestationen

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IRIS

 Paradoxical IRIS: clinical deterioration of
  patients on antimicrobial therapy for an infection after
  starting ART

 Unmasking IRIS: a previously present, but
  clinically undetected and therefore untreated infection,
  becomes apparent after starting ART

 Ausschlussdiagnose!

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Thalidomid
 1950er Jahre Beruhigungs- und Schlafmittel
 Anfang 1960er Jahre vom Markt genommen wegen stark
  teratogener Effekte
 Wenig später Wiederentdeckung wegen
  entzündungshemmenden und immunmodulierenden
  Eigenschaften
 Behandlungsmöglichkeit bei immunologischen und
  malignen Erkrankungen
 CH: keine Zulassung, Off-Label Use

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Thalidomid

 Dosierung: 200mg/d
 CH Herstellung Apotheke Bichsel in
 Interlaken: 50er Packung mit Kapseln
 à 50mg kostet CHF 198.-
 Informed Consent vom Patienten
 Kostengutsprache
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IRIS                                                       PET/CT Ganzkörper:
                                                                       matabolisch aktive
                                                                       Lymphadenopathie
                                                                       mesenterial und
                                                                       retroperitoneal sowie
                                                                       metabolisch aktiver Fokus
                                                                       in der Milz, a.e. Lymphom

                                    Push-Enteroskopie: Glasig-         Gastro-/Koloskopie: keine
                                    gelbliche aufgequollene            SFS, Kultur kein Wachstum
                                    Schleimhaut; wenig SFS,
                                    Kultur kein Wachstum         Synacthen-Test: geringe
                                                                 NNR-Insuffizienz; zudem
                                                                 Gewöhnung mit Vd. a.
                                                                 Entzugssymptomatik

Fieber/klinische Verschlechterung                                                          27
HIV-Unterdrückung
durch ART

                            CD4-Zellzahl

IRIS

                    Immunologische Kontrolle
                    opportunistischer Erkrankungen

Prednisondosis
HIV-Unterdrückung
durch ART

                            CD4-Zellzahl

IRIS

                    Immunologische Kontrolle
                    opportunistischer Erkrankungen

Prednisondosis
Hr. W. heute (knapp 3 ½
        Jahre später…)
 HI-VL unterdrückt (Descovy + Tivicay twice daily)
    Back to once daily?

 CD4↑ (3/2021: 252 (26.5%)), CD4:CD8 Ratio 0.6
  (1/2018: 0.1)
 Prednison 5mg/d, Dosisreduktionen in 1mg-
  Schritten, CRP praktisch normalisiert
 Jobverlust, dekonditioniert, IV-
  Reintegrationsprogramm

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