ELTERNRATGEBER Asthma bronchiale, Teil II: Therapie

 
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ELTERNRATGEBER Asthma bronchiale, Teil II: Therapie
ELTERNRATGEBER

Asthma bronchiale,
Teil II: Therapie

Stand 04 / 2020
ELTERNRATGEBER Asthma bronchiale, Teil II: Therapie
Pädiatrische Allergologie » 02 / 2020 » Elternratgeber   35

ELTERNRATGEBER

Asthma bronchiale, Teil II: Therapie
Peter J. Fischer und Dominik Fischer, Schwäbisch-Gmünd

Liebe Eltern,

Fortschritte in der Asthmatherapie ha-
ben zu einer erheblichen Verbesserung
der Lebensqualität von Asthmakranken
geführt.

Ziele

Die moderne Asthmatherapie hat folgen-
de Ziele: Das Kind sollte
❙ keine Beschwerden mehr haben,
❙ sich normal körperlich belasten kön-
  nen,
❙ sich altersgerecht körperlich und psy-
  chisch entwickeln,
❙ eine     bestmögliche     Lungenfunktion
  beibehalten,
❙ keine Komplikationen und Folgeschä-
  den und
❙ keine unerwünschten Wirkungen der
  Therapie erleiden.
                                              kurse   nach     der   Arbeitsgemeinschaft     ❙ Sport, Entspannungstechniken,
Voraussetzungen                               Asthmaschulung im Kindesalter (AGAS:           ❙ und andere.
                                              E   https://www.asthma­s chulung.de/)
Eine Asthmatherapie ist dann erfolgreich,     werden in Praxen und Kliniken angeboten.       Asthma-Kontrolle
wenn die Ärztin bzw. der Arzt, das erkrank-
te Kind und dessen Familie vertrauensvoll     Therapie-Bausteine                             Die Steuerung der Asthmatherapie folgt
zusammenarbeiten.      Die    Behandlungs-                                                   anhand der Asthma-Kontrolle. Es werden
maßnahmen müssen sinnvoll gesteuert           Die Asthmatherapie besteht aus unter-          3 Grade unterschieden: gut kontrolliert,
und so angepasst werden, dass das Kind        schiedlichen Bausteinen:                       teilweise kontrolliert, unkontrolliert (Tab.
möglichst keine Beschwerden mehr hat          ❙ Information und Schulung,                    1). Früher wurde Asthma in verschiede-
(Asthma-Kontrolle). Heute stehen ver-         ❙ Vermeidung von Auslösern (z. B. Aller-       ne Schweregrade eingeteilt, um die Aus-
schiedene, sehr wirksame therapeutische         gieauslöser, Tabakrauch),                    prägung zu beschreiben. Inzwischen
Möglichkeiten zur Verfügung, sodass           ❙ medikamentöse Behandlung,                    hat sich aber weitgehend durchgesetzt,
fast alle Patientinnen und Patienten mit      ❙ beim allergischen Asthma Hyposensi-          stattdessen die Asthma-Kontrolle zu be-
Asthma die oben genannten Ziele errei-          bilisierung,                                 schreiben. Wie in Übersicht 1 zu erkennen
chen können. Hierfür sind die Information     ❙ atemtherapeutische Techniken (z. B.          ist, ist bei Kindern ein Asthma nur dann
und die Schulung des Kindes, der Familie        dosierte Lippenbremse, atemerleich-          gut kontrolliert, wenn keines der genann-
und weiterer Bezugspersonen unbeding-           ternde Körperstellungen), Physiothe-         ten 4 Symptome in den vorangegangenen
te Voraussetzung. Asthma-Schulungs-             rapie,                                       4 Wochen aufgetreten ist.
36        Pädiatrische Allergologie » 02 / 2020 » Elternratgeber

                                                                                                                Medikamentöse Therapie
     Übersicht 1. Grade der Asthmakontrolle

                                                                                                                Man unterscheidet bei den Medikamen-
     Grade der Asthmakontrolle | Kinder und Jugendliche                  Gut        Teilweise      Un-
                                                                                                                ten (Übersicht 2):
                                                                      kontrolliert kontrolliert kontrolliert

     Symptomkontrolle             Hatte die Patientin / der Patient                                             ❙ Akutmedikamente          (Bedarfsmedika-
                                  in den letzten 4 Wochen:                                                        mente, Symbol roter Kreis l), die bei

                                  n    Symptome tagsüber                                                          akuten Beschwerden die Bronchien
                                                                                                                  erweitern, und
                                  n    Nächtliches Erwachen              Kein            1–2         3–4
                                       durch Asthma                    Kriterium       Kriterien   Kriterien    ❙ Dauermedikamente („Controller“, Sym-
                                                                        erfüllt         erfüllt     erfüllt       bol grünes Quadrat n, die in der Lang-
                                  n    Gebrauch
                                                                                                                  zeittherapie die Entzündung in den
                                       von Bedarfsmedikation
                                                                                                                  Bronchien bekämpfen und die Bronchi-
                                  n    Aktivitätseinschränkung
                                                                                                                  en vorbeugend stabilisieren.
                                       durch Asthma

     Beurteilung des Risikos      Erhebung von                                                                  Die Behandlung folgt einem Stufenplan
     für eine zukünftige
                                  ❙ Lungenfunktion (Vorliegen einer Atemwegsobstruktion)
                                                                                                                mit 6 Stufen. (In der   E Patientenleitlinie
     Verschlechterung                                                                                           finden Sie ausführliche Hinweise zur
     des Asthmas                  ❙ Anzahl stattgehabter Exazerbationen                                         Asthmatherapie.) Das bedeutet, dass die
                                    (keine / ≥ 1 x im Jahr / in der aktuellen Woche)
                                                                                                                Ärztin oder der Arzt Ihrem Kind je nach

                                                                            © ÄZQ, BÄK, KBV und AWMF 2018       Ausprägung der Beschwerden und auch
                           (Quelle: modifiziert nach E Nationale Versorgungsleitlinie Asthma, 3. Auflage [6])   dem Ergebnis der Lungenfunktion eines
                                                                                                                oder mehrere der üblichen Medikamente
                                                                                                                empfehlen wird. Zum Beispiel reicht bei
     Übersicht 2. Akut- und Dauermedikamente in der Asthmatherapie                                              Kindern und Jugendlichen mit seltenen
                                                                                                                Beschwerden ein Spray mit kurz wirksa-
     Asthmamedikamente
                                                                                                                men bronchienerweiternden Wirkstoffen

     1. Akutmedikamente:                                                                                        (Beta-Mimetika) aus, das sie bei Atemnot
                                                                                                                nutzen können (Stufe 1). Bestehen jedoch
     l Kurzwirkende Beta-Mimetika (SABA) (z. B. Salbutamol = Bronchospray®, Sultanol® u. a.)
                                                                                                                recht häufig Beschwerden, sollte zusätz-
     l Ipratropium (Atrovent®)                                                                                  lich ein Kortikosteroid zunächst in nied-
     l Kortikoide oral oder intravenös (z. B. Prednisolon)                                                      riger Dosis zum Inhalieren zum Einsatz

     l Reservemedikamente im Krankenhaus:                                                                       kommen (Stufe 2; Alternative in begrün-
       Magnesium, Beta-Mimetika, Theophyllin intravenös                                                         deten Fällen: ab 12 Jahren bedarfsorien-
                                                                                                                tierte Anwendung der Fixkombination
     2. Dauermedikamente:                                                                                       aus niedrigdosiertem inhalativem Korti-
     n Inhalative Kortikoide                                                                                    koid + Formoterol).
       (z. B. Alvesco®, Budiair®, Flutide®, Junik®, Novopolmon®, Pulmicort®, Ventolair®)

     n Langwirkende Beta-Mimetika (LABA)                                                                        Hat das Kind trotzdem noch Beschwer-
       (z. B. Formoterol = Foradil®, Oxis® [auch rascher Wirkungseintritt]), Salmeterol = Serevent®)            den, wird die Ärztin bzw. der Arzt die
                                                                                                                nächste Behandlungsstufe anraten. Da-
     n Kombinationspräparate: inhalatives Kortikosteroid + langwirkendes Beta-Mimetikum
       (z. B. Flutiform®, Relva Ellipta®, Symbicort®, Viani®)                                                   bei wird zunächst die Kortikosteroiddo-
                                                                                                                sis erhöht (Stufe 3) und danach, wenn
     n Leukotrien-Antagonisten (Montelukast = MonteluBronch®, Singulair®)
                                                                                                                erforderlich, ein zweites Medikament
     n Langwirkende Anticholinerika (LAMA) (z. B. Tiotropiumbromid = Spiriva®)                                  dazugegeben (Stufen 4 und 5). Nur sehr
     n Kortikoide oral (z. B. Prednisolon)                                                                      wenige Kinder müssen mit Omalizumab

     n Anti-IgE-Antikörper (Omalizumab = Xolair®), und andere Biologika (Mepolizumab, Dupilumap)                und anderen Biologika (Stufe 6) behan-
                                                                                                                delt werden.
Pädiatrische Allergologie » 02 / 2020 » Elternratgeber   37

                                                                                          regelmäßigen und korrekten Anwendung
                                                                                          ab (siehe   E Elternratgeber „Wie inhaliere
                                                                                          ich richtig?“).

                                                                                          Unerwünschte Wirkungen

                                                                                          Beta-Mimetika können in hohen Dosen zu
                                                                                          einer Beschleunigung des Pulsschlags
                                                                                          und Zittrigkeit führen. Leukotrien-Anta-
                                                                                          gonisten können in seltenen Fällen Alb-
                                                                                          träume, Halluzinationen und Reizbarkeit
                                                                                          auslösen.

                                                                                          Kortikosteroide können ab einer gewissen
                                                                                          Schwellendosis den inneren Rhythmus
                                                                                          der körpereigenen Kortisonausschüttung
                                                                                          stören, zu einer verminderten Knochen-
                                                                                          dichte und zu Wachstumsstörungen füh-
                                                                                          ren. Bei der Inhalation von Kortikosteroi-
                                                                                          den ist jedoch bei niedriger und mittlerer
                                                                                          Dosierung im Gegensatz zur innerlichen
Die Therapie wird im Rahmen regelmäßi-       Akut- und Dauermedikamente können            Anwendung (Tabletten) nicht mit Aus-
ger Arztbesuche überprüft und der Grad       bereits ab dem Säuglingsalter mit dem        wirkungen auf den übrigen Organismus
der Asthma-Kontrolle angegeben (Über-        Dosieraerosol (Spray) und einer Inhalier-    zu rechnen. In diesem Dosisbereich sind
sicht 1).                                    hilfe (Spacer) effektiv inhaliert werden.    die Vorteile der Behandlung bei Weitem
                                             Ältere Kinder brauchen bei Verwendung        größer als die möglichen Nachteile.
Entscheidend ist, dass bei häufig auftre-    eines Akutmedikaments als Spray bei
tenden Beschwerden zusätzlich zu kurz­       guter Koordination keine Inhalierhilfe       Hier können Sie weitere Informationen
wirksamen Medikamenten eine antient-         mehr. Schulkinder und Jugendliche be-        finden:
zündliche Langzeittherapie erforderlich      vorzugen oft den Pulverinhalator. Vorteil
ist. Nur so kann die chronische Entzün-      von Dosieraerosol und Pulverinhalator ist
                                                                                          E  Deutsche Atemwegsliga
dung in den Bronchien wirksam behan-         eine kurze Inhalationszeit, was vor allem    E  Arbeitsgemeinschaft Asthmaschulung
delt werden. Ihre Ärztin oder Ihr Arzt für   bei einer Dauerbehandlung ein wichtiger         im Kindes- und Jugendalter
Kinder- und Jugendmedizin wird für Ihr       Faktor für die konsequente Mitarbeit der
Kind einen schriftlichen Behandlungs-        Patientin bzw. des Patienten ist. Ab Stu-
                                                                                             Dr. med. Peter J. Fischer
plan erstellen, auf dem die täglichen Dau-   fe 4 können Kombinationspräparate aus           Dr. med. Dominik Fischer
ermedikamente und die Akutmedikamen-         inhalativem Kortikosteroid plus lang wir-
                                                                                             Praxis für Kinder- und Jugendmedizin
te festgehalten sind.                        kendem Beta-Mimetikum die Inhalation
                                                                                             Kinderpneumologie – Allergologie
                                             vereinfachen. Ein elektrisches Inhalier-
                                                                                             Mühlbergle 11 | 73525 Schwäbisch Gmünd
Inhalationstherapie                          gerät kann von Vorteil sein, wenn zusätz-
                                             lich eine Befeuchtung der Atemwege zur
Die meisten Asthma-Medikamente wer-          Schleimlösung erwünscht ist oder beim
den durch Inhalation verabreicht. Sie        schweren Asthmaanfall eine langsame
kommen so direkt an den Wirkort in den       und kontinuierliche Verabreichung eines
                                                                                             Im kommenden Journal folgt:
Bronchien. Dadurch kann die Dosis im         Medikaments angestrebt wird. Der Erfolg
Vergleich zur innerlichen Gabe deutlich      einer Inhalationsbehandlung hängt ins-          Asthma Teil III –
reduziert und Nebenwirkungen vermin-         gesamt weniger vom verwendeten Sys-                Atemtherapie, Sport, Prognose
dert werden.                                 tem als in viel stärkerem Maße von der
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