Ergotherapie nach erworbener Hirnschädigung
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NeuroInfo MERKBLATT MÄRZ 2012 Hinweise für Betroffene, Angehörige und Interessierte Ergotherapie nach erworbener Hirnschädigung Herausgeber : Neuronales Netzwerk Deutsche Stiftung für Menschen mit erworbenen Hirnschäden info@neuronales-netzwerk.org www.neuronales-netzwerk.org in Zusammenarbeit mit: Praxis für Ergotherapie Margrit Elsholz www.ergotherapie-elsholz.de und RC reweca gGmbH - Beratung für Menschen mit erworbenen Hirnschäden März 2012
Ergotherapie nach erworbener Hirnschädigung- Merkblatt März 2012 Bevor die Behandlung „Ergotherapie“ genannt wurde, war sie früher bis Ende der neunziger Jahre als „Beschäftigungs- und Arbeitstherapie“ bekannt. Ergotherapie kommt aus dem Griechischen und bedeutet „ergon“ = Werk, Tat, Arbeit; „Therapie“ = Behandlung. Man setzte Arbeit oder Betätigung als Therapiemittel schon in der Antike ein, weil man die Erfahrung gemacht hat, dass sich eine Beschäftigung positiv auf die Gesundung der Patienten auswirkt. 1924 entwickelte Hermann Simon in Gütersloh die Arbeitstherapie zur Behandlung von psychisch kranken Menschen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden in Deutschland verwundete deutsche Soldaten von britischen Krankenschwestern erstmals beschäftigungs- und arbeitstherapeutisch versorgt. Im Jahr 1953 gründete sich dann die erste Lehranstalt für Beschäftigungstherapie. 1999 wurde die bis dahin geschützte Berufsbezeichnung „Beschäftigungs- und Arbeitstherapeut“ in die ebenfalls geschützte Berufsbezeichnung „Ergotherapeut“ geändert. 1. Wozu ist Ergotherapie hilfreich? Die Ergotherapie unterstützt Menschen dabei, eine durch Krankheit, Verletzung oder Behinderung verlorengegangene oder noch nicht vorhandene Handlungsfähigkeit im Alltagsleben (wieder) zu erreichen. Die Fähig- und Fertigkeiten eines Menschen können zum Beispiel durch einen Schlaganfall verloren gehen oder bei Kindern aufgrund von Entwicklungsstörungen in nicht ausreichendem Maße ausgebildet sein. Handlungsfähig im Alltagsleben zu sein bedeutet, dass ein Mensch die Aufgaben, die er sich stellt und die ihm durch sein Leben bzw. die Gesellschaft gestellt werden, für sich zufriedenstellend erfüllen kann. 2. Für wen ist Ergotherapie sinnvoll und wo wird sie eingesetzt? Ergotherapie als Behandlungsform findet man in Kliniken, Rehabilitationseinrichtungen, Heimen, Einrichtungen für geistig und/oder körperlich beeinträchtigte Menschen oder ergotherapeutischen Praxen. Sie ist sinnvoll für Kinder und Erwachsende, z.B.: • bei Menschen mit neurologischen Störungen, wie nach einem Unfall, Schlaganfall oder Herzinfarkt • bei Menschen mit angeborenen körperlichen oder geistigen Schädigungen, • bei Menschen mit rheumatischen Erkrankungen, • bei Kindern mit Verhaltens- oder Entwicklungsstörungen, • bei Menschen mit orthopädischem Verschleiß, • bei Menschen mit Störungen der Koordination, der Aufmerksamkeit, der Reaktion, der Merkfähigkeit, des Gleichgewichts oder der Grob- bzw. Feinmotorik (Motorik = Bewegungslehre, Bewegungsabläufe), • bei Menschen mit Alterserkrankungen wie Parkinson oder Alzheimer,
Ergotherapie nach erworbener Hirnschädigung- Merkblatt März 2012 • bei Menschen mit Multipler Sklerose (Erkrankung des Nervensystems). Ergotherapie ist ein in Deutschland anerkanntes Heilmittel und wird vom Arzt verordnet, zum Beispiel als motorisch-funktionelle, als sensomotorisch-perzeptive, psychisch-funktionelle Behandlung oder als Hirnleistungstraining. 3. Welches Ziel verfolgt die Ergotherapie? Das Ziel der Ergotherapie ist immer die individuelle größtmögliche Selbständigkeit und Unabhängigkeit im Alltags-, Schul- und Berufsleben. Die Ergotherapie verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Das heißt, dass nicht nur die Bewegungsabläufe des Körpers (= Motorik) geschult werden, sondern das ganze menschliche System einbezogen wird. Es geht also um Bewegung, Wahrnehmung, Aufmerksamkeit und harmonisches Zusammenwirken dieser Einzelaspekte. 4. Was passiert in der Ergotherapie? Je nach Krankheitsbild und individuellen Zielen werden unterschiedliche Einzelmaßnahmen der Ergotherapie zusammengestellt, wie z.B.: • das Trainieren und Vorbereiten von körperlichen Bewegungsabläufen; • das Trainieren von Kraft, Beweglichkeit, Ausdauer und Koordination mit dem Schwerpunkt Oberkörper. Auf diese Weise können Bewegungseinschränkungen ausgeglichen oder gänzlich behoben werden. • Training zur selbständigen Alltagsbewältigung: Waschen, Anziehen, Trainieren von Essen, Schlucken, Trinken, Einkauf, Umgang mit Geld, Telefonieren, Umgang mit anderen Kommunikationsmitteln, Orientieren im Straßenverkehr, Zeiteinteilung, Tagesstrukturierung, Umgang mit Medikamenten, und vieles mehr; • das Trainieren von Aufmerksamkeit, Wahrnehmung, Konzentration, Gedächtnis und Ausdauer; • das Beraten und Anleiten der Angehörigen im Umgang mit dem Patienten. Zum Aufgabenfeld der Ergotherapeuten gehört auch die Analyse der Wohnsituation und Wohnumgebung, um auch hier, durch z.B. eine entsprechende Wohnraumgestaltung, die größtmögliche Eigenständigkeit des Patienten zu erreichen. Dies geschieht in den Kliniken in der Regel in Zusammenarbeit mit dem Pflegepersonal sowie dem Physiotherapeuten oder dem Sozialarbeiter in Vorbereitung der Entlassung des Patienten.
Ergotherapie nach erworbener Hirnschädigung- Merkblatt März 2012 5. Welche speziellen Methoden gibt es für Menschen mit erworbenen Hirnschädigungen? Wichtig ist das Erfassen der individuellen Problematik, sowie der vorhandenen Ressourcen, d.h. welche Fähigkeiten dem Patienten noch zur Verfügung stehen. Je nach Art, Schwere und Ort der Schädigung kann der Patient z.B. in seiner Motorik (bspw. durch eine Halbseitenlähmung) oder in seiner Orientierungs- oder Konzentrationsfähigkeit Defizite erleben. Hier setzt die Ergotherapie an. 5.1. Motorischer Bereich Beim Trainieren im motorischen Bereich geht es oftmals um die Verbesserung der Belastungsfähigkeit, der Ausdauer und der Handgeschicklichkeit, sowie um das Erlernen von Gelenkschutzmaßnahmen. Wichtigstes Ziel ist immer das Wiedererlangen der Selbständigkeit, Selbstversorgung und der Alltagsbewältigung, auch unter Einbeziehung von Hilfsmitteln, wie z.B. Griffverdickungen, elektrische Dosenöffner u.a. 5.2. Sensomotorisch- Im Sensomotorisch-perzeptiven Bereich werden u.a. folgende Ansätze bei Menschen mit erworbenen Hirnschäden eingesetzt: Methode nach perzeptiver Bereich „Perfetti“, Spiegeltherapie, Klangmassage nach Peter Hess 5.3. Kognitiver Bereich Die Ergotherapie nutzt unterschiedliche, auf Erkrankung und Patient abgestimmte Methoden des individuellen Hirnleistungstrainings, z.B. nach Dr. F. Stengel, und bei Defiziten im Bereich der Konzentration nach Brayn Gym. Hirnleistungstrainings im Rahmen der Ergotherapie sollen, auf den Patienten abgestimmt, z.B. die Orientierung in Ort, Raum, Zeit und zur Person verbessern. Außerdem dienen sie dazu, die Folgen von neuropsychologischen Defiziten in den Bereichen Aufmerksamkeit, Konzentration, Merkfähigkeit, Gedächtnis oder Lese- Sinnverständnis zu verbessern und ggf. Kompensationsstrategien zu vermitteln. 6. Wo finde ich spezialisierte Therapeuten? Ergotherapeuten findet man z.B. im Branchenbuch oder sie werden von niedergelassenen Ärzten und/oder Krankenhäusern empfohlen. Bei der Suche nach einem Therapeuten greifen inzwischen auch immer mehr Menschen auf das Internet zurück. Über die spezielle Qualifizierung muss man sich letztendlich selber informieren. Unter dem Punkt „Links“ in diesem Merkblatt finden Sie weitere Informationen dazu. 7. Wie lange geht eine solche Therapie? Die Dauer der Therapie richtet sich immer nach der Situation des Patienten und der Schwere der Erkrankung oder Behinderung. Aber
Ergotherapie nach erworbener Hirnschädigung- Merkblatt März 2012 auch nach der Fähigkeit des Patienten, sich auf die Behandlung einzulassen und mitzuwirken. Ansonsten entscheidet der Arzt über die Dauer der Behandlung. Bei chronischen Erkrankungen kann der Arzt einen Antrag auf Behandlung außerhalb des Regelfalls bei der Krankenkasse stellen und dadurch eine Verlängerung der Therapiedauer bewirken, wenn er dieses für notwendig und sinnvoll erachtet. 8. Wer zahlt die Therapie? Ergotherapie ist eine Leistung der Krankenkassen. Die ergotherapeutische Behandlung erfolgt auf der Grundlage einer ärztlichen Verordnung (Rezept Nr. 18). Diese enthält die Diagnose, die Frequenz und die Art der Behandlung. Vor Beginn jeder Behandlung wird vom Therapeuten eine Befunderhebung durchgeführt. Die Behandlung ist zuzahlungspflichtig, falls keine Zuzahlungsbefreiung vorliegt. 9. Wo findet die Therapie statt? Wie anfangs schon erwähnt, findet die Ergotherapie u. a. in Krankenhäusern, in Rehabilitationseinrichtungen, Heimen oder in niedergelassen Praxen statt. Ist der Patient nicht in der Lage, zur Therapie in eine Praxis zu gehen, kann vom Arzt auch ein Hausbesuch verordnet werden. 10. Links Deutscher Verband der Ergotherapeuten e.V.: www.dve.info Therapeutenauskunft im Internet: www.deutsche-therapeutenauskunft.de Autorin Margrit Elsholz Praxis für Ergotherapie www.ergotherapie-elsholz.de weitere Quellen: http://www.deutsche- therapeutenauskunft.de/therapeuten/ergotherapie/was-ist-ergotherapie/
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