Empfehlungen zur Grippeimpfung - Richtlinien und Empfehlungen - InfoVac

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Richtlinien und Empfehlungen

Empfehlungen zur Grippeimpfung
September 2007
Bundesamt für Gesundheit in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe Influenza und der Eidgenössischen
Kommission für Impffragen

   Das Wichtigste in Kürze
   Die Grippe (saisonale Grippe, epide-   Die Influenzaviren, und im Besonde-    sie ermöglicht jedoch während einer
   mische Grippe oder Influenza) ist      ren das Influenzavirus vom Typ A,      Grippesaison eine Reduktion der
   eine durch Influenzaviren verur-       zeichnen sich durch die häufige        Morbidität und der Mortalität um
   sachte Infektionskrankheit, deren      Änderung ihrer Oberflächenanti-        40 bis 70%.
   Konsequenzen und Komplikationen        gene aus, sodass während einer         Da sich die zirkulierenden Viren je-
   oft unterschätzt werden. Sie kann      Grippesaison permanent neue Va-        des Jahr ändern, ist es notwendig,
   mit den unterschiedlichsten Symp-      rianten identifiziert werden können.   die Impfung jährlich zu erneuern.
   tomen einhergehen, die von einer       Verschiedene Mechanismen favori-       Die beste Zeit zur Grippeimpfung
   leichten Atemwegsinfektion bis         sieren die Selektion unbekannter       liegt zwischen Mitte Oktober und
   zum Tod reichen können. In speziel-    Virusvarianten, die sich aufgrund      Mitte November, die Impfung ist
   len Risikogruppen und generell bei     der verminderten Immunität der Be-     dann ungefähr 6 Monate wirksam.
   Menschen über 65 Jahre stellt die      völkerung leicht ausbreiten können.    Die Grippeimpfung wird in erster
   Grippe einen wichtigen Morbiditäts-    Alljährlich auftretende Epidemien      Linie für Personen empfohlen, die
   und Mortalitätsfaktor dar.             sind die Folge. Wenn die Verände-      im Falle einer Grippeerkrankung ei-

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   Die durchschnittliche Ansteckungs-     rung der Oberflächenantigene (Hae-     nem erhöhten Komplikationsrisiko
   rate für die Bevölkerung der           magglutinin und Neuraminidase) be-     ausgesetzt sind (Personen über
   Schweiz liegt bei 5%, bei Erwach-      sonders grundlegend ist, kann der      65 Jahre, Personen mit chronischen
   senen sind es 10% und bei Kindern      neue Virus zum potentiellen Aus-       Herz- oder Lungenerkrankungen,
   20% bis 30%. Rund 200 000 In-          löser einer Pandemie werden.           mit chronischen Stoffwechselstörun-
   fluenzaerkrankungen sind jeden         Das wichtigste Mittel zur Prävention   gen, mit chronischen immunsup-
   Winter Grund einer Arztkonsulta-       der Grippe ist die Impfung. Die        pressiven Erkrankungen, Bewohner
   tion. Insbesondere bei Risikoperso-    Grippeimpfung bietet dem immuno-       von Alters- und Pflegeheimen). Um
   nen können Grippeerkrankungen          kompetenten Erwachsenen einen          die Gefahr der Grippeinfektion von
   schwere Komplikationen mit sich        ungefähr siebzig- bis neunzigpro-      Personen mit erhöhtem Komplika-
   bringen, die eine stationäre Behand-   zentigen Schutz vor der klinisch       tionsrisiko entscheidend zu reduzie-
   lung nötig machen. So werden in        symptomatischen Erkrankung oder        ren, wird die Grippeimpfung auch
   der Schweiz pro Jahr bis zu 5000       zumindest vor den Komplikationen,      für das Medizinal- und Pflegeperso-

                                                                                                                        und Empfehlungen
   Hospitalisationen infolge Grippe       die eine Influenzaerkrankung nach      nal empfohlen sowie generell für
   registriert. Jährlich sind 400 bis     sich ziehen kann – unter der Bedin-    alle Personen, die in engem Kontakt
   1000 Todesfälle der Grippe zuzu-       gung, dass der Impfstoff die Anti-     zu Personen aus Risikogruppen
   rechnen, bei grösseren Grippeepi-      gene der zirkulierenden Viren ent-     stehen.
                                                                                                                        Richtlinien

   demien kann diese Zahl auf weit        hält. Bei älteren Menschen ist die
   über 1000 ansteigen.                   Grippeimpfung weniger wirksam,

Stichworte:
Grippe, Impfung, Impfempfehlungen, Influenza, influenza-like-illness, Influenza-Virus, Schwangerschaft, Wirksamkeit

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Bundesamt für Gesundheit
                          Empfehlungen zur Grippeimpfung
         September 2007

                          Herausgeber
                          © Bundesamt für Gesundheit (BAG)

                          Aktuelle Version im Internet
                          www.bag.admin.ch/infinfo

                          Weitere Informationen
                          Bundesamt für Gesundheit
                          Direktionsbereich Öffentliche Gesundheit
                          Abteilung Übertragbare Krankheiten
                          3003 Bern
                          Telefon 031 323 87 06
                          epi@bag.admin.ch

                          Autoren
und Empfehlungen

                          C. E. Ammon, Advimed Sàrl, Genf. Co-Autor: M. Witschi, Bundesamt für Gesundheit BAG, Bern

                          Bundesamt für Gesundheit
Richtlinien

                          Direktionsbereich Öffentliche Gesundheit, Abteilung Übertragbare Krankheiten

                          Eidgenössische Kommission für Impffragen (EKIF)
                          Mitglieder: C. Aebi, Bern; R. Anderau, Neuenburg; G. Bachmann, St. Gallen; H. Binz, Solothurn; D. Desgrandchamps, Baar; M. Gallacchi,
                          Melide; U. Heininger, Basel; A. Marty-Nussbaumer, Luzern; L. Matter, Basel; K. Mühlemann, Bern; J. Roffler, Genf; C.-A. Siegrist, Genf; R.
                          Steffen, Zürich; B. Vaudaux, Lausanne. Sekretariat der EKIF bereitgestellt durch BAG, Abteilung für übertragbare Krankheiten.

                          Arbeitsgruppe Influenza (AGI)
                          Mitglieder : F. Eynard, Bern (Sekretariat); P. Fontana, Zürich; A. Geret, Bern; C. Griot, Mittelhäusern; R. Junker, Ittigen; D. Koch, Bern; J.
                          Kyek, Zug; E. Masserey, Lausanne; H. C. Matter, Bern; T. S. Meister, Ittigen; K. Mühlemann, Bern; S. Müller, Bern; C. Panchaud, Bern; J.
                          Roffler, Genf; C.A. Siegrist, Genf; R. Steffen, Zürich; U. Thurnherr, Basel; H.-R. Widmer, Bern; A. Witschi, Basel; Sekretariat der AGI bereit-
                          gestellt durch BAG, Abteilung für übertragbare Krankheiten.

                          Referenzierung
                          Bundesamt für Gesundheit, Arbeitsgruppe Influenza, Eidgenössische Kommission für Impffragen. Empfehlungen zur Grippeimpfung
                          (ehemals Supplementum XIII). Bern: Bundesamt für Gesundheit, 2007

                          Diese Publikation erscheint auch in französischer Sprache.

                          BAG-Publikationsnummer
        2                 BAG OeG 11.06 1500 d 1000 f 20EXT0609/20EXT06010

                          Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier
Bundesamt für Gesundheit
Empfehlungen zur Grippeimpfung

Inhaltsverzeichnis
Das Wichtigste in Kürze                                                                                1
Impressum                                                                                              2
1. Einleitung                                                                                          4
2. Eigenschaften des Influenzavirus                                                                    4
      2.1 Allgemeine Beschreibung                                                                      4
      2.2 Virusvermehrung                                                                              4
      2.3 Genetische Variabilität                                                                      4
3. Epidemiologie                                                                                       5
      Abbildung 1: Anzahl der Influenzaverdachtsfälle 1995–2007 und Anzahl der influenzaverursachten
                    Todesfälle 1995–2005                                                               6
      Abbildung 2: Anzahl der Influenzaverdachtsfälle 2000–2007, pro Epidemiesaison                    6
4. Klinik                                                                                              7
5. Impfung                                                                                             7
      5.1 Impfstoffe                                                                                   7
      5.2 Wirksamkeit                                                                                  8
      5.3 Nebenwirkungen                                                                               8
6. Indikationen der Grippeimpfung                                                                      9
      6.1 Empfehlungen                                                                                 9
      6.2 Besondere Gruppen                                                                            9

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      6.3 Impfstoffe und Dosierung                                                                     10
      6.4 Kontraindikationen                                                                           11
7. Ökonomische Aspekte                                                                                 11
8. Prävention und Therapie mit antiviralen Medikamenten                                                11
  Literatur                                                                                            12

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                                                                                                            Richtlinien

                                                                                                            3
Bundesamt für Gesundheit
                          Empfehlungen zur Grippeimpfung

                          1. Einleitung                             zwischen den Virustypen erlaubt [7, 8].    magglutinine (H1, H2, H3) und zwei
                                                                    Im Gegensatz zu den Influenzaviren         Neuraminidasen (N1 und N2), die bei
                          Eine Infektion mit Influenzaviren vom     vom Typ A und B besitzt das Virus vom      humanpathogenen Viren gefunden
                          Typ A oder B verursacht die Krankheit     Typ C und Thogotovirus nur ein Glyko-      werden [18]. In letzter Zeit sind aber
                          Grippe, auch Influenza genannt. Die       protein an seiner Oberfläche. Neben        auch einige andere Influenza-A-Typen
                          Impfung gegen die saisonale Grippe,       diesen strukturellen Differenzen unter-    beim Menschen identifiziert worden:
                          die hauptsächlich durch Influenza-A-      scheiden sich die Influenzaviren auch      Viren vom Typ H9N2, H7N7, H7N3,
                          Viren verursacht wird, ist das wirk-      durch ihre Wirtsspezifität. Die Influen-   H10N7 und nicht zuletzt auch H5N1
                          samste Mittel zur Prävention der          zaviren vom Typ B und C finden sich        [19–25].
                          Grippe, die jedes Jahr erhebliche         hauptsächlich beim Menschen, wäh-
                          Kosten im öffentlichen Gesundheits-       rend das Influenzavirus Typ A auch im
                          wesen verursacht. Ältere Menschen         gesamten Tierreich weit verbreitet ist     2.3 Genetische Variabilität
                          oder Menschen, die an chronischen         [7, 9]. Die Vogelwelt stellt das wich-
                          Krankheiten leiden, sind am meisten       tigste Reservoir für das Influenza-A-      Der zyklische Verlauf von Influenzaepi-
                          von der Morbidität und Mortalität der     Virus dar, allerdings findet man es        demien spiegelt die genetische Varia-
                          Grippe betroffen. Die Grippeimpfung       auch häufig bei anderen Tieren wie         bilität der Influenzaviren wider. Diese
                          ist für diese Personen und für das        Schweinen, Rindern und auch Mee-           genetisch bedingte Variabilität der Gly-
                          Personal des Gesundheitswesens            restieren [9–12]. Während die Influen-     koproteine der Virusoberfläche, die die
                          empfohlen. Das hier vorliegende           zaviren vom Typ A und B klinisch von       prinzipiellen Ziele der neutralisieren-
                          Dokument vermittelt grundlegende          grosser Bedeutung sind, verlaufen          den Antikörper des Menschen sind, ist
                          Erkenntnisse über die Grippeviren, die    Infektionen durch das Influenzavirus       die Überlebensgarantie der Viren, die
                          Krankheit, die verschiedenen erhältli-    vom Typ C häufig unbemerkt [13–15].        es ihnen ermöglicht, der Immunant-
                          chen Impfstoffe und die Empfehlun-                                                   wort des infizierten Wirtes zu entkom-
                          gen zur Grippeimpfung.                                                               men [26–28]. Um permanent ihre
                                                                    2.2 Virusvermehrung                        Oberfläche zu modifizieren, benutzen
                                                                                                               die Viren zwei Mechanismen: Antigen-
                                                                    Influenzaviren werden ausgehend von        drift und Antigenshift.
         September 2007

                          2. Eigenschaften                          infizierten Personen durch Tröpfchenin-
                                                                    fektion von Mensch zu Mensch oder          2.3.1 Antigendrift
                             des Influenzavirus                     von Mensch zu Tier übertragen [16].        Dieser Begriff beschreibt die Verände-
                                                                    Sie infizieren die Atemwege durch          rung der viralen Antigenstruktur durch
                                                                    Inhalation und vermehren sich in den       die Anhäufung von Punktmutationen
                          2.1 Allgemeine Beschreibung               zilienbesetzten Epithelzellen des obe-     im Genom der Viren und vor allem in
                                                                    ren Respirationstraktes, der von der       den Genen, welche für die zwei wich-
                          Die Influenzaviren sind kugelförmig       Nase bis zu den Bronchiolen reicht.        tigsten Glykoproteine kodieren. Diese
                          oder pleomorph mit einem Durchmes-        Für das Haften der Viren an der Wirts-     Mutationen entstehen bei der Virus-
                          ser von etwa 100 nm und gehören zur       zelle ist eines ihrer Glykoproteine, das   replikation. Der Selektionsdruck, den
                          Familie der Orthomyxoviren. Ihr Ge-       Haemagglutinin, verantwortlich. Das        das Immunsystem des Wirtes auf
                          nom besteht aus einer einsträngigen       Haemagglutinin fixiert den Rezeptor        das Virus ausübt, begünstigen die
                          RNS (Negativstrang), die in sieben        der N-Acetylneuraminsäure, eine Sial-      Veränderungen der Tertiärstruktur der
und Empfehlungen

                          (Influenza Typ C) oder acht (Influenza    säure der Wirtszelle, und penetriert       Virusproteine. Die nachfolgenden Vi-
                          Typ A und B) Segmente unterteilt ist.     durch Endozytose die Zellmembran.          rusgenerationen haben demnach eine
                          Jedes RNS-Segment besteht aus ei-         Innerhalb der Zelle erfolgt die Fusion     Struktur, die von der Ausgangsstruktur
                          ner Sequenz von Basen, die eines          der viralen Membran mit der endoso-        immer weiter weg«driftet», so dass
Richtlinien

                          oder mehrere Proteine kodiert, und        malen Membran unter dem Einfluss           bestehende Antikörper diese Struktu-
                          ist durch eines oder mehrere Nukleo-      der Azidifizierung des Endosoms. Die       ren zunehmend nicht mehr erkennen.
                          proteine vor vorzeitigem Abbau ge-        Herabsetzung des pHs führt zur Frei-       Es ist also essentiell, dass die Zusam-
                          schützt. Jedes Genomsegment ist mit       setzung      des    RNS-Nukleoprotein-     mensetzung des Grippeimpfstoffes
                          einer RNS-Polymerase assoziiert. Das      Komplexes, was den Transport in den        periodisch an die aktuell zirkulierenden
                          gesamte genetische Material ist um-       Zellkern ermöglicht. Dort erfolgt dann     Viren angepasst wird. Dieses Phäno-
                          geben von einer Proteinschicht (M1-       die eigentliche Transkription aller Ge-    men der Antigendrift ist die Erklärung
                          Matrixprotein) und einer Lipid-haltigen   nomsegmente. Die Zusammenset-              dafür, dass es praktisch jeden Winter
                          zweiten Membran. In diese äussere         zung der neu synthetisierten Virusbe-      erneut zu einer Grippeepidemie
                          Hülle sind die zwei Glykoproteine, das    standteile erfolgt in der Zellmembran      kommt. Das Ausmass dieser Epide-
                          Hämagglutinin (H) und die Neuramini-      und ihre Freisetzung aus der Wirtszelle    mien hängt davon ab, wie sehr die
                          dase (N) eingelagert [1–3].               unterliegt dem Kommando des zwei-          Struktur der zirkulierenden Viren von
                          Die Influenzaviren können in vier Arten   ten Oberflächenproteins, der Neurami-      der Struktur der in der letzten Saison
                          (Genera) unterteilt werden: Influenza     nidase. Ohne die Aktivität der Neura-      zirkulierenden Viren abweicht. Das
                          A, B, C und Thogotoviren [4–6]. Der       minidase würden die Viruspartikel an       Phänomen der Antigendrift kann bei
                          Unterschied zwischen den vier Virus-      der Oberfläche haften bleiben und          allen drei Virustypen, bei Influenza Typ
                          arten basiert auf der Struktur ihrer      könnten nicht freigesetzt werden [17].     A, B und C, beobachtet werden [26–
        4                 Nukleoproteine und der Grösse des         Insgesamt kennt man 16 Haemag-             31].
                          Genoms, nicht jedoch auf ihrer Mor-       glutinin- und neun Neuraminidase-
                          phologie, die keine Differenzierung       Typen, allerdings sind es nur drei Hae-
Bundesamt für Gesundheit
Empfehlungen zur Grippeimpfung

2.3.2 Antigenshift                         gen der Aktivität der Influenzaviren       aus der Reservoirspezies heraus
Dieses Phänomen ist nur bei Influen-       [49, 50].                                  den Menschen infizieren kann. Eine
zaviren vom Typ A bekannt, es ist weit-    Der von der Infektion betroffene Be-       lückenlose Überwachung sowie die
aus seltener als die Antigendrift. Es      völkerungsanteil und der Schweregrad       sofortige Durchsetzung entsprechen-
handelt sich um eine grundlegende          der Symptome können von Jahr zu            der Massnahmen sind Voraussetzung,
Veränderung eines oder beider Ober-        Jahr bedeutende Unterschiede auf-          um die Zirkulation und Ausbreitung
flächenglykoproteine. Die Basis dieses     weisen. Die Infektionsrate kann wäh-       eines solchen Virus in der Bevölkerung
Mechanismus ist die segmentierte           rend einer Grippesaison bei 5% bis         soweit als möglich zu verhindern. Zu
Genomstruktur der Influenzaviren. Vor-     20% liegen, sie kann aber in kollek-       diesem Zweck ist die Schweiz Mit-
raussetzung ist hierzu nicht nur die       tiven Einrichtungen, in denen die Ein-     glied im weltweiten Influenza-Über-
gleichzeitige Infektion eines Zwischen-    wohner in engem Kontakt miteinander        wachungsnetz [82]. Hierzulande be-
wirtes mit zwei verschiedenen Influ-       leben, wie z. B. in Alters- und Pflege-    ruht die Influenzasurveillance auf der
enzaviren unterschiedlicher Herkunft       heimen, leicht 50% übersteigen [42,        Erfassung der Erkrankungshäufigkeit
(z. B. Mensch und Tier), sondern auch      51–57]. Wenn die Ausbreitung der           durch das Sentinella-Meldesystem,
die gleichzeitige Infektion einer Wirts-   Grippe weltweit erfolgt, spricht man       auf der Virusisolierung und -typisie-
zelle mit zwei Virusarten. Durch den       von einer Pandemie, ein Phänomen,          rung durch das nationale Zentrum für
freien Austausch von viralen Genom-        das durch das Auftreten von Influenza-     Influenza (NZI) sowie auf der Todes-
segmenten der beiden verschiedenen         viren verursacht wird, gegen welche        ursachenstatistik und der medizini-
Viren kommt es zur Genese gänzlich         die Bevölkerung noch nicht immuni-         schen Spitalstatistik der Krankenhäu-
neuer Virustypen, die ein grosses          siert ist [31, 58–61]. Im Laufe des        ser, die vom Bundesamt für Statistik
Pathogenitätspotential für den Men-        20. Jahrhunderts hat man vier In-          (BFS) erstellt werden.
schen aufweisen können. Im Allge-          fluenza-Pandemien beobachtet. Die          Seit 1986 wurden im Sentinella-Mel-
meinen besitzt die Bevölkerung keine       schwerste war die so genannte «Spa-        desystem (rund 220 Arztpraxen) wäh-
Immunität oder nur eine sehr geringe       nische Grippe», die 1918/1919 mehr         rend der Grippesaison (zehn Wochen-
Immunität gegenüber solch neuen            als 50 Millionen Todesopfer gefordert      Peak-Perioden) zwischen 3 000 und
Viren. Unter geeigneten Bedingungen        hat [39, 62–64]. In der Schweiz wur-       10 000 Influenzaverdachtsfälle gemel-
kann das Auftreten solcher neuer In-       den bei einer Gesamtbevölkerung von        det. Hochgerechnet ergibt dies für die

                                                                                                                                 September 2007
fluenzaviren zu einer Influenzapande-      ungefähr 3,865 Millionen Einwohnern        gesamte Schweiz etwa 100 000 bis
mie führen [31–34].                        zu dieser Zeit 21 500 Todesfälle und       300 000 Grippeerkrankungen pro Jahr.
Neuesten Veröffentlichungen zufolge        600 000 Erkrankungsfälle registriert       Im Durchschnitt können zwischen
scheint es möglich zu sein, dass der       [65–67]. Weitere Pandemien des             30% und 35% der eingesandten Sen-
Mensch zum Ursprung einer Pande-           20. Jahrhunderts wurden 1957 («Asia-       tinellaproben durch kulturellen Virus-
mie werden könnte, indem es direkt         tische Grippe»), 1968 («Hongkong-          nachweis als positiv bestätigt werden
im Menschen zu einer Mutation im           Grippe») und 1977 («Chinesisch-russi-      (Mittelwert 2000 bis 2005). Diese
Gen des Haemagglutinins des Influen-       sche Grippe») nachgewiesen [18, 68–        Nachweisrate kann jedoch während
za-A-(H5N1-)Virus kommen könnte            71]. Diese zuletzt genannte Pandemie       einer Epidemie auf 55% bis 60% an-
[35, 36].                                  zeichnete sich durch einen eher mil-       steigen. Durchschnittlich sind etwa
                                           den Verlauf aus und führte 1981 in der     10% der gemeldeten Patientinnen und
                                           Schweiz zu einer vergleichsweise           Patienten 60 Jahre alt oder älter, 66%
                                           leichten Epidemie (durch ein Influenza-    sind zwischen 10 und 59 Jahre alt und

                                                                                                                                 und Empfehlungen
3. Epidemiologie                           B-Virus). In jenem Jahr wurden durch       24% sind jünger als 10 Jahre. Diese
                                           freiwillige Meldungen der behandeln-       Verteilung reflektiert nicht unbedingt
                                           den Ärzte 14 300 Grippeerkrankungen        eine erhöhte Anzahl von Grippeerkran-
Influenza ist eine akute Infektions-       und 492 Todesfälle registriert [72, 73].   kungen bei Erwachsenen – im Gegen-
                                                                                                                                 Richtlinien

krankheit, die in Ländern mit gemäs-       In Hongkong wurden 1997 mehrere            teil, Influenzaerkrankungen sind häufi-
sigtem Klima in Form jährlicher Epide-     Todesfälle beim Menschen durch ein         ger bei Kindern –, sondern die Vertei-
mien auftritt [19, 37–42]. Eine Epide-     bis dahin nur bei Vögeln identifiziertes   lung der Altersgruppen der Patientin-
mie kann durch die Verbreitung eines       Influenza-A-Virus (H5N1) verursacht        nen und Patienten bei den Ärzten im
einzigen Influenza-A-Virus, mehrerer       [74–78]. Eine aktualisierte Auflistung     Sentinella-Meldesystem.
verschiedener Influenza-A-Virustypen       der bisher diagnostizierten Erkran-        In 5,3% der im Sentinella-Melde-
oder sogar durch eine gemischte Ver-       kungen und Todesfälle durch dieses         system registrierten Influenzaver-
breitung von Influenza-A- und B-Viren      Influenzavirus kann auf der nachfol-       dachtsfälle wurde anlässlich der Erst-
verursacht sein [43–48]. Es kommt          gend genannten Website der WHO             konsultation eine Pneumonie diagnos-
vor, dass eine Epidemie durch das Auf-     konsultiert werden:                        tiziert (4,4% dieser Patientinnen und
treten von zwei Wellen gekennzeich-        http://www.who.int/csr/disease/avian       Patienten waren unter 60 Jahre alt,
net ist, eine erste Welle verursacht       _influenza/en/ [79].                       13,6% über 60 Jahre), und 0,5% der
durch ein Influenza-A-Virus, gefolgt       Zwei Jahre später, wiederum in Hong-       Patientinnen und Patienten wurden
von einer zweiten Welle verursacht         kong, wurden zwei Grippefälle bei          hospitalisiert (0,3% der unter 60-jähri-
durch ein Influenza-B-Virus [43].          Kindern durch ein erneut beim Men-         gen, 1,9% der über 60-jährigen). Die
Die verstärkte Mobilität der Bevölke-      schen unübliches, bei Vögeln jedoch        Altersverteilung sowie die Häufigkeit
rung und die vermehrt zugänglichen         bekanntes Influenza-A-Virus (H9N2)         von Pneumonien und Hospitalisatio-
und schnell wachsenden Transport-          diagnostiziert [21, 80, 81]. Diese Fälle   nen zeigten bezüglich Jahr, Virustyp       5
möglichkeiten spielen eine Rolle und       verdeutlichen, dass das Influenzavirus     oder -subtyp keine wesentlichen Un-
erfordern ein aufmerksames Verfol-         unter bestimmten Umständen direkt          terschiede.
Bundesamt für Gesundheit
                          Empfehlungen zur Grippeimpfung

                          Abbildung 1
                          Wöchentliche Anzahl der Influenzaverdachtsfälle (Deklaration im Rahmen des Sentinella-Meldesystems
                          1995–2007 (5-Wochen-Mittel) und wöchentliche Anzahl der influenzaverursachten Todesfälle (BFS) 1995–2005
                          (5-Wochen-Mittel).
                           Influenzaverdachtsfälle pro 1000 Konsultationen

                                                                                                                                                             Anzahl Todesfälle an Influenza
         September 2007

                          In der Saison 2004/2005 waren wäh-                 4. Klinik                                     Symptome verursachen. Dies hängt
                          rend der epidemischen Phase 5276                                                                 von den intrinsischen Eigenschaften
                          durch Influenzaverdacht bedingte Erst-                                                           des Virus sowie einer ganzen Reihe
                          konsultationen gemeldet worden.                    Die Infektion durch das Influnezavirus        variabler Faktoren, wie z. B. dem Alter
                          Dies entspricht für die gesamte                    kann beim Menschen vollkommen                 des Patienten, seinem Immunstatus
                          Schweiz hochgerechnet etwa 262 000                 asymptomatisch verlaufen oder aber            oder dem Vorliegen einer Grundkrank-
                          Konsultationen [83].                               unterschiedlich schwere klinische             heit, ab. Beim Erwachsenen sind die
                          Im Laufe der letzten 30 Jahre wurden
                          jährlich durchschnittlich 420 Todesfälle
                          (Extreme 126–1052) mit der Hauptur-                Abbildung 2:
                          sache Influenza durch die Todesfall-               Wöchentliche Anzahl der Influenzaverdachtsfälle (Meldungen im Rahmen
                          statistik erfasst. Davon waren 92%                 des Sentinella-Meldesystems (5-Wochen-Mittel) pro Epidemiesaison
                          der Verstorbenen über 60 Jahre alt,                (Wochen 47 bis 17 der Jahre 2000/2001 bis 2006/2007).
und Empfehlungen

                          7% zwischen 5 und 59 Jahre und 1%
                          betraf Kinder unter 5 Jahren. Diese
                          Zahlen reflektieren allerdings vor allem
                          im Kindesalter nur teilweise die durch
Richtlinien

                          Influenza verursachte Mortalität. Aus-
                                                                              Grippeverdachtsfälle / 1000 Konsultationen

                          gehend von einer Zeitreihenanalyse
                          der zwischen 1969 und 1985 regis-
                          trierten Todesfälle starben während
                          der elf Grippeepidemien in dieser Zeit
                          12 200 Personen mehr, als ohne Epi-
                          demien zu erwarten gewesen wäre
                          [84]. Eine neuere Studie in der Schwei-
                          zer Bevölkerung über 60 Jahre hat
                          gezeigt, dass die Anzahl der zwischen
                          1969 und 1999 durch Influenza verur-
                          sachten Todesfälle 24 800 erreicht hat
                          [73]. Eine Exzessmortalität von ver-
                          gleichbarem Ausmass wurde auch in
                          anderen Ländern beobachtet: in der
                          ex-DDR (1969–1990), in Amerika
                          (1972–1985, 1972–1997 und 1979–
        6                 2001), England und Wales (1975–
                          1990) sowie in Frankreich (1972–1997)
                          [85–89].
Bundesamt für Gesundheit
Empfehlungen zur Grippeimpfung

Symptome der Grippe von der Ver-              und bis zu fünf Tage nach Symptom-           Grundlage für diese Expertenempfeh-
mehrung des Virus im Organismus               beginn aus [17]. Diese Periode kann          lungen sind Daten über die zirkulieren-
abhängig, die nach rund 48 Stunden            bei Kindern bedeutend länger sein.           den Influenzavirusstämme aus dem
ihr Maximum erreicht und danach               Die Rekonvaleszenz dauert durch-             weltweiten Influenzaüberwachungs-
noch sechs bis acht Tage anhält. Das          schnittlich ein bis zwei Wochen, kann        system [82]. Sobald die empfohlene
Virus infiziert die Zellen des respiratori-   sich jedoch über einige zusätzliche          Zusammensetzung des Impfstoffes
schen Epithels, wo es zu einer Ent-           Wochen erstrecken. Wenn auch Kom-            bekannt ist, werden die entsprechen-
zündungssreaktion der Mukosa und              plikationen durch die Grippe im Prinzip      den Virusstämme in embryonierten
einem Ödem der respiratorischen               bei jedem Patienten möglich sind, so         Hühnereiern kultiviert, inaktiviert und
Strukturen vom Larynx bis zu den              ist doch das Risiko bei bestimmten           gereinigt und schliesslich zum ge-
Bronchien kommt. Die Regeneration             Bevölkerungsgruppen deutlich erhöht          wünschten Endprodukt verarbeitet.
der zerstörten Epithelzellen beginnt          (Personen über 65 Jahre, Personen            Die in der Schweiz registrierten
etwa am fünften Tag und ist nach ca.          mit chronischen Krankheiten, Bewoh-          trivalenten Grippeimpfstoffe enthalten
einem Monat vollendet [90].                   ner und Bewohnerinnen von Alters-            entweder ganze Influenzaviruspartikel
Nach einer Inkubationszeit von ein            und Pflegeheimen). Die Hospitalisie-         (Inflexal® Berna Biotech) oder Influen-
bis vier Tagen setzen die Symptome            rungs- und Komplikationsrate ist             zaviruspartikel in fragmentierter Form,
derart plötzlich ein, dass die betroffene     bei diesen Personen 2–5 Mal höher als        die so genannten Splitimpfstoffe
Person sich meist mit grosser Ge-             bei gesunden Personen. Die häufigs-          (Fluarix® GlaxoSmithKline, Mutagrip®
nauigkeit an den Moment des Er-               ten Komplikationen sind Sinusitis, Oti-      Sanofi Pasteur MSD). Subunit-Impf-
krankungsbeginns erinnern kann. Die           tis media, Bronchitis, Pneumonie und         stoffe enthalten nur die zwei Ober-
ersten Symptome bestehen aus                  falscher Krupp, primär viraler oder          flächenantigene des Virus, die Neura-
einem allgemeinen Unwohlsein, Abge-           sekundär bakterieller Ätiologie. Aber        minidase und das Hämagglutinin
schlagenheit, plötzlichen Fieberschü-         auch Pleuritis, Myositis, Myokarditis        (Influvac® Solvay Pharma). Dies ist
ben, Kopfschmerzen, Muskel- und Ge-           oder Perikarditis mit nachfolgender          gleichermassen der Fall für die so
lenkschmerzen, gefolgt von Appetit-           dilatativer Kardiomyopathie, Myokard-        genannten Virosomen-Impfstoffe (In-
losigkeit und Schwindelgefühl. Häufig         infarkt oder toxischer Schock können         flexal V® Berna Biotech, Influvac Plus®
berichten die Patienten auch über             auftreten und lebensbedrohlich sein.         Solvay Pharma), in denen die Ober-

                                                                                                                                     September 2007
Augenbeschwerden, vor allem beim              Weiterhin beobachtet man als                 flächenantigene in Form von rekonsti-
Blick zur Seite, über Lichtscheu, Tränen-     schwere Komplikationen Meningitis            tuierten Influenza-Virosomen (Lipo-
fluss und Brennen der Augen [90–92].          und Enzephalitis, Myelitis sowie             some) enthalten sind [113, 114].
Die zweite Phase ist durch die Inten-         Polyradikulitis Guillain-Barré [100, 101].   Zurzeit werden alle Impfstoffe paren-
sivierung der respiratorischen Symp-          Gastro-intestinale Komplikationen wie        teral, intramuskulär oder subkutan
tome      gekennzeichnet. Trockener           Appendizitis oder Cholezystitis sind         verabreicht, es befinden sich jedoch
Husten, Halsschmerzen, Heiserkeit             seltener und treten mit einiger Latenz       Impfstoffe in Entwicklung, die intrana-
und laufende Nase sind die häufigsten         auf, wahrscheinlich bedingt durch in-        sal oder transkutan verabreicht wer-
Symptome. Bei Kindern stehen oft              fluenzaverursachte       Immunerschöp-       den können. Die intranasale Impfung
auch heftige gastro-intestinale Symp-         fung. Der Zusammenhang zwischen              hat den Vorteil, bei Massenimpfungen
tome wie Übelkeit, Erbrechen, Bauch-          dem sehr seltenen Reye Syndrom und           leicht anwendbar zu sein, da eine
schmerzen und Durchfall im Vorder-            viralen Infektionen, insbesondere In-        grosse Anzahl von Personen, auch
grund. Das Fieber, Hauptsymptom der           fluenza und Varizellen, wird diskutiert      Kinder, schnell geimpft werden kann.

                                                                                                                                     und Empfehlungen
Influenza, steigt in den ersten zwölf         [102–104].                                   Dies könnte im Falle einer Pandemie
Stunden rasch bis zu Werten von                                                            von grossem Nutzen sein. Die intrana-
38° C mit Spitzen bis zu 41° C an. Ob-                                                     sale Anwendung wurde mit beiden
wohl die Fieberwerte mit zunehmen-                                                         Formen der Influenzavakzine, der in-
                                                                                                                                     Richtlinien

dem Alter der Betroffenen eher abneh-         5. Impfung                                   aktivierten und der lebendattenuier-
men, kann die Körpertemperatur auch                                                        ten, getestet. Die lebendattenuierte
bei älteren Menschen mehrere Tage                                                          Form erwies sich als besonders wirk-
erhöht bleiben. Das Fieber dauert im          5.1 Impfstoffe                               sam, sogar gegenüber Virenstämmen,
Allgemeinen drei Tage, eventuell inter-                                                    die durch den Impfstoff nicht abge-
mittierend durch die Verabreichung            Es existieren zwei Gruppen von Impf-         deckt waren. Dies wird der besseren
von fiebersenkenden Medikamenten,             stoffen, die inaktivierten Influenza-        Induktion der zellulären Immunant-
kann jedoch bis zu acht Tagen persis-         impfstoffe und die attenuierten              wort durch diese Vakzine zugerechnet
tieren. Bei der klinischen Unter-             Lebend-Vakzine. In Übereinstimmung           [106, 115]. Dabei handelt es sich um
suchung fällt oft eine Schwellung             mit den Empfehlungen der Weltge-             attenuierte, kälteadaptierte Lebend-
rund um die Augen auf, begleitet von          sundheitsorganisation (WHO) sind die         impfstoffe, die in den USA für ge-
glänzenden Augen und einer Konjunk-           Impfstoffe trivalent und enthalten je-       sunde Personen im Alter von 5 bis
tivitis. Der Rachen ist häufig diffus         weils zwei Influenza-A-Stämme und            49 Jahren zugelassen sind. Bei Säug-
livid gerötet. Man findet eine relative       einen Influenza-B-Stamm [110]. Eine          lingen und Kindern wurden diese
Bradykardie, oft als Zeichen einer            Expertenkommission der WHO gibt              Impfstoffe bereits mit Erfolg ange-
Hypotension. Die zervikalen Lymph-            jedes Jahr die Empfehlungen zur              wandt [116].
knoten sind vor allem bei Kindern ver-        exakten Zusammensetzung der Vak-             Um mit dem intranasalen Subunit-
grössert [15, 47, 93–99].                     zine bekannt, im Februar für die nörd-       Impfstoff eine der parenteralen Form      7
Im Allgemeinen scheiden infizierte            liche Hemisphäre und im September            vergleichbare Immunantwort zu indu-
Erwachsene das Virus 24 Stunden vor           für die südliche Hemisphäre [111, 112].      zieren, hat man durch das Zufügen von
Bundesamt für Gesundheit
                          Empfehlungen zur Grippeimpfung

                          Adjuvantien eine Verbesserung zu          Antikörperproduktion bei 70% bis           nen (95% CI: 36–70%), 54% Reduk-
                          erreichen versucht [117–124]. Leider      90% der Kinder und jungen Erwach-          tion der Hospitalisationen (95% CI:
                          traten unter Anwendung eines sol-         senen (95% Confidenzintervall [CI]:        26%–71%) und 58% Reduktion der
                          chen intranasalen Impfstoffes mit         48%–92%) festgestellt [130, 131, 134-      Todesfälle (95% CI : 13%–80%) [150].
                          Adjuvans (Nasalflu® Berna Biotech)        136, 138, 139].                            Eine Fall-Kontroll-Studie bei diabeti-
                          Fazialisparesen auf, die den Hersteller   Bei Erwachsenen unter 65 Jahren            schen Patienten ergab eine Reduktion
                          2002 zum Rückzug des Impfstoffes          waren 73% (95% CI: 53%–84%) der            von 79% der Hospitalisationen wegen
                          zwangen [125].                            ansonsten gesunden Personen gegen          Pneumonie, Bronchitis und Influenza
                          Bei der transkutanen Impfung, die im      laborbestätigte Influenza geschützt,       (95% CI: 19–95%) [154].
                          Moment getestet wird, scheint die         jedoch nur 15% (95% CI: 9%–22%)            Eine Metaanalyse von elf Einzelstu-
                          durch die Impfung induzierte Immun-       gegen grippale Infekte [142]. Durch        dien mit Patienten mit chronischer
                          antwort derjenigen der klassischen        die Impfung wird auch die Dauer der        Bronchopneumonie oder anderen
                          parenteralen Impfung zu entsprechen.      Abwesenheit vom Arbeitsplatz signifi-      Lungenerkrankungen zeigte, dass der
                          Dies lässt auf die baldige Entwicklung    kant verkürzt, allerdings ist der Effekt   Schutz vor Exazerbation der chronisch
                          eines Impfstoffes hoffen, der sich        gering: 0,4 Tage (95% CI: 0,1–0,8 Tage)    obstruktiven Lungenerkrankung durch
                          leichter und sicherer anwenden lässt      [140–144].                                 die Grippeimpfung signifikant war (VE
                          als die herkömmliche parenterale Imp-     Was ältere Personen betrifft, emp-         63%; 95% CI: 36–89%) [152, 153].
                          fung [126–128].                           fiehlt es sich, die in Institutionen wie   Eine Metaanalyse von sechs Studien
                                                                    Alters- und Pflegeheimen durchge-          über die Wirksamkeit der Grippe-
                                                                    führten Studien von denen, die bei zu      impfung bei HIV-infizierten Personen
                          5.2. Wirksamkeit                          Hause lebenden Personen durchge-           ergab eine Wirksamkeit von 27% bis
                                                                    führt wurden, getrennt zu analysieren.     78% bei 646 Personen mit einer sig-
                          Die Grippeimpfung schützt rund 70%        Eine Metaanalyse von 64 Studien,           nifikanten Reduktion der Influenzainzi-
                          bis 90% vor einer laborbestätigten        durchgeführt zwischen 1996 und 2006        denz (risk difference RD: –0.27; 95%
                          Influenza bei immunkompetenten Er-        bei in Pflegeheimen lebenden Per-          CI: –0.42 bis –0.11) [155].
                          wachsenen, sofern der Impfstoff mit       sonen, ergab, dass die Impfung bei
                          den zirkulierenden Viren überein-         23% (95% CI: 6%–36%) einen Schutz          Die Dauer des Impfschutzes ist nicht
         September 2007

                          stimmt. Bei älteren Menschen ist die      gegen grippale Infekte vermittelte.        genau bekannt. Nach etwa vier Mona-
                          Impfung weniger wirksam, sie redu-        Andererseits wurde 46% (95% CI:            ten kann die Konzentration der Anti-
                          ziert jedoch die Anzahl Hospitalisatio-   30%–58%) der geimpften Patientin-          körper abnehmen, wahrscheinlich ist
                          nen um 25% bis 45% und die Mortali-       nen und Patienten ein Schutz vor           jedoch ein optimaler Impfschutz wäh-
                          tät während der Grippesaison um           Pneumonie vermittelt, die Hospitalisa-     rend vier bis sechs Monaten gewähr-
                          40% bis 75% [99, 105–109].                tionen wurden um 45% (95% CI:              leistet. Daher sollte die Impfung auch
                          Zur Wirksamkeit der inaktivierten         16%–64%), die Anzahl der Todesfälle        nicht zu früh durchgeführt werden. Da
                          parenteralen Grippeimpfstoffe wurde       durch Grippe oder Pneumonie ebenso         die Grippeepidemien im Allgemeinen
                          eine Vielzahl von Studien durchge-        um 42% (95% CI: 17%–59%) redu-             zwischen Dezember und März auftre-
                          führt, welche z. T. sehr unterschied-     ziert [137]. Ähnliche Ergebnisse erga-     ten, ist es angebracht, die Impfung
                          liche Ergebnisse erbrachten: Die An-      ben auch mehrere andere Studien, in        zwischen Mitte Oktober und Mitte
                          gaben zur Wirksamkeit können zwi-         denen die Grippeimpfung bei älteren        November durchzuführen [156, 157].
                          schen 0 und 100% variieren. Die           Menschen zwar oft nicht signifikant
und Empfehlungen

                          wichtigsten Faktoren, die für diese       wirksam gegen grippale oder pseudo-
                          Unterschiede verantwortlich sind, sind    grippale Infekte war, jedoch eine          5.3. Nebenwirkungen
                          Alter und Gesundheitszustand der          Reduktion des Risikos für schwere
                          Studienpopulation, Ausmass der je-        Erkrankungen wie Pneumonie sowie           Als Erstes ist hervorzuheben, dass alle
Richtlinien

                          weiligen Influenzaaktivität, Dosierung    eine Reduktion der Krankenhausauf-         zurzeit in der Schweiz verwendeten
                          des Impfstoffes, Zeitdauer zwischen       enthalte ermöglichte [88, 145–147].        Impfstoffe inaktiviert sind. Sie ent-
                          Impfung und Exposition, Übereinstim-      Bei älteren Menschen, welche zu-           halten keine infektiösen Viren und
                          mung der Impfviren mit den zirkulie-      hause leben, ist die Tendenz vergleich-    können demnach keine Grippe oder
                          renden Influenzaviren sowie das Vor-      bar: die Impfung ist nicht signifikant     grippalen Infekte verursachen. Leich-
                          liegen anderer respiratorischer Erkran-   wirksam gegen die laborbestätigte          tere Nebenwirkungen können bei
                          kungen [129]. Die Immunogenität be-       Grippe (RR 0.19; 95% CI: 0.02–2.01),       10% bis 64% der geimpften Personen
                          misst sich am prozentualen Anteil an      schützt nicht signifikant vor grippalen    auftreten, sie sind meistens leicht und
                          geimpften Personen mit einem Anti-        Infekten (RR 1.05; 95% CI: 0.58–1.89)      lokal begrenzt [159, 160].
                          körpertiter über einem definierten        und Pneumonie (RR 0.88; 95% CI:            – lokale Reaktionen
                          Schwellenwert oder am Ausmass des         0.64–1.20), sie ermöglicht aber eine         Die am häufigsten beobachtete
                          Antikörperanstieges (GMT). Die Wirk-      Reduktion der Hospitalisationen wegen        Reaktion ist eine leichte lokale Reak-
                          samkeit variiert in Abhängigkeit vom      Grippe oder Pneumonie (VE 26%,               tion um die Impfstelle, die nach
                          verwendeten Outcome, seien dies           95% CI: 12%–38%) und der Todesfälle          48 Stunden verblasst. Erythem,
                          grippeartige Erkrankungen, laborbe-       generell, unabhängig von der Todes-          Schmerzen, und Juckreiz können
                          stätigte Grippefälle, Komplikationen,     ursache (VE 42%; 24%–55%) [88, 137,          Begleitsymptome sein [159, 161].
                          Hospitalisierungen oder Tod.              146, 148–151].                             – systemische Reaktionen
        8                 Klinische Studien haben bei guter         Die Grippeimpfung bei Personen mit           Fieber, Übelkeit, Myalgien und an-
                          Übereinstimmung der Impfviren mit         Diabetes ergab eine Wirksamkeit mit          dere grippale Symptome sind bei
                          den zirkulierenden Influenzaviren eine    56% Reduktion jeglicher Komplikatio-         einer Minderheit der Geimpften
Bundesamt für Gesundheit
Empfehlungen zur Grippeimpfung

   (
Bundesamt für Gesundheit
                          Empfehlungen zur Grippeimpfung

                          da für diese Altersgruppe nicht genü-      Wachstumsverzögerungen bei schwe-          Schwere des Grippeverlaufes bei HIV-
                          gend Daten vorliegen und die Sicher-       ren Influenzaverläufen häufig vorkom-      infizierten Personen sind nur spärlich
                          heit des Impfstoffes erst bei Kindern      men. Malformationen durch Influenza        bekannt. Neuere Berichte zeigen, dass
                          ab sechs Monaten belegt ist [190].         wurden zwar beschrieben, konnten je-       die grippalen Symptome verlängert
                          Inaktivierte Grippeimpfstoffe bei Kin-     doch nie bestätigt werden [200].           sind und dass das Komplikationsrisiko
                          dern ab sechs Monaten bis zu zwei          Bisher wurden durch die Verabrei-          bei HIV-infizierten Personen möglicher-
                          Jahren sind bisher nur als mässig wirk-    chung inaktivierter Impfstoffe wäh-        weise erhöht ist. Die Impfung wäre
                          sam beschrieben worden [191]. In           rend der Schwangerschaft keinerlei         daher sinnvoll [206; 207]. Die Antikör-
                          einer neueren Studie jedoch wurde          unerwünschte Nebenwirkungen nach-          perproduktion kann jedoch schwach
                          eine Schutzwirkung von 70% (Arzt-          gewiesen [200, 201]. Die Influenza-        sein, besonders im fortgeschrittenen
                          besuche) bis zu 90% (Pneumonie)            impfung sollte bevorzugt erst ab dem       Stadium der Immunsuppression. Auch
                          bei Säuglingen im Alter von sechs bis      zweiten Trimenon erfolgen, da im ersten    eine Boosterimpfung konnte in den
                          23 Monaten beschrieben, allerdings         Trimenon die Gefahr einer Koinzidenz       meisten Fällen keine bessere Immun-
                          nach Anwendung von zwei Impfdosen          von Impfung und spontanem Früh-            antwort bewirken [208–214]. Die
                          [192]. Ab welchem Alter die Verabrei-      abort besteht [202, 203]. In den USA       Möglichkeit einer Aktivierung der
                          chung einer einzigen Impfdosis (im         wird die Influenzaimpfung schwange-        Virusreplikation des HIV durch die
                          Rahmen der erstmaligen Anwendung)          ren Frauen ab der 14. Schwanger-           Influenzaimpfung bei HIV-positiven
                          ausreichend ist, hängt von der indivi-     schaftswoche empfohlen, zu Beginn          Personen ist ausgiebig untersucht
                          duellen Expositionsanamnese des            der Schwangerschaft nur, wenn die          worden. In einigen Studien wurde
                          Impflings in vorhergehenden Influen-       Frau einer Risikogruppe angehört. Es       nach der Influenzaimpfung eine vor-
                          zasaisons ab («priming»). In Europa        besteht keinerlei Verbindung zwischen      übergehende erhöhte Virusreplikation
                          wird die Verabreichung einer einzigen      der Grippeimpfung und eventuellen          des HIV beobachtet, jedoch ohne Ein-
                          Impfdosis ab dem Alter von 36 Mona-        mütterlichen, perinatalen oder kindli-     fluss auf den Verlauf der immunologi-
                          ten als ausreichend erachtet. In den       chen Komplikationen, wie auch keiner-      schen Parameter (CD4) oder auf den
                          USA werden bis zum Alter von neun          lei Hinweise auf Teratogenität vorliegen   weiteren Krankheitsverlauf [215–218].
                          Jahren zwei Impfdosen empfohlen,           [202, 203]. Schädliche Auswirkungen
                          und eine jüngere Studie hat bestätigt,     der Influenzaimpfung auf das Stillen
         September 2007

                          dass eine zweite Impfdosis die Im-         sind nicht bekannt, wie andererseits       6.3. Impfstoffe und Dosierung
                          munogenität der Influenzaimpfung bei       das Stillen die Immunantwort nach der
                          Kindern dieser Altersgruppe deutlich       Influenzaimpfung nicht beinflusst. In      In der Schweiz sind zurzeit folgende
                          erhöht [193]. Die Verabreichung einer      der Schweiz ist die Impfung während        Impfstoffe erhältlich:
                          zweiten Impfdosis kann also bei            einer Influenzaepidemie im zweiten         – Impfstoffe mit Viruspartikeln in
                          Kindern mit erhöhtem Komplikations-        oder dritten Trimenon vor allem für           fragmentierter Form, so genannte
                          risiko, insbesondere bei Kindern mit       schwangere Frauen empfohlen, die              «Splitvakzine» (Fluarix®, Mutagrip®),
                          herabgesetzter      Immunkompetenz,        zusätzliche Risikofaktoren aufweisen          die neben anderen Viruspartikeln
                          von Nutzen sein.                           (chronische Herz- und Lungen- oder            auch die Oberflächenantigene Hae-
                          Aufgrund der raschen Verminderung          Nierenkrankheiten oder Stoffwechsel-          magglutinin und Neuraminidase ent-
                          der Antikörpertiter und der Modifika-      störungen).                                   halten.
                          tion des zirkulierenden Influenzavirus-    Die Influenzaimpfung der schwangeren       – Subunit-Impfstoffe (Influvac®), die
                          typs muss auch bei Kindern die Imp-        Frau ist nicht nur für ihren eigenen          nur die Oberflächenantigene Hae-
und Empfehlungen

                          fung jährlich erneuert werden [191,        Schutz wirksam. Der Schutz wird auch          magglutinin und Neuraminidase ent-
                          194]. Im Übrigen sind bei jüngeren Kin-    auf das Neugeborene übertragen. Die           halten.
                          dern bei der erstmaligen Anwendung         IgG-Antikörper passieren die Plazenta      – Virsosomale Impfstoffe (Inflexal® V,
                          die Subunit-Impfstoffe wegen ihrer         und können post-partum das Neugebo-           Influvac Plus®), bei denen die Ober-
Richtlinien

                          besseren Verträglichkeit anderen inak-     rene vor Influenza während einigen Wo-        flächenantigene in eine Lipidmem-
                          tivierten Impfstoffen vorzuziehen.         chen nach der Geburt schützen [204].          bran eingebettet sind, die von den
                                                                                                                   Immunzellen besser erkannt wird.
                          6.2.2. Schwangere Frauen                   6.2.3. Auslandreisende                     Im Allgemeinen besteht die Dosierung
                          Bei schwangeren Frauen zeigen In-          Die Grippeimpfung wird Risikoper-          aus einer tiefen subcutanen oder einer
                          fluenzaerkrankungen vor allem im           sonen, die in die Tropen reisen, das       intramuskulären Injektion. Kinder un-
                          zweiten und dritten Trimester ver-         ganze Jahr hindurch empfohlen.             ter drei Jahren erhalten eine halbe
                          mehrt schwere Verläufe [195–197].          Ebenso wird sie Risikopersonen, die in     Impfdosis. Wird die Impfung zum
                          Die Gefahr betrifft vor allem die mögli-   der Zeit von Juni bis September in die     ersten Mal durchgeführt, empfiehlt
                          che Exazerbation eines Grundleidens        südliche Hemisphäre reisen, als Prä-       es sich zwei Dosen (oder zwei halbe
                          (Diabetes, Herzinsuffizienz, Nieren-       ventivmassnahme empfohlen [49, 50,         Dosen, je nach Alter) im Abstand von
                          oder Lungenerkrankungen, Immun-            205]. Der Impfstoff für die südliche       vier Wochen zu injizieren («priming»).
                          suppression usw.) durch die Influenza-     Hemisphäre ist in der Schweiz in den       Da jedoch die Empfehlungen zur
                          erkrankung. Während der Pandemien          Impfzentren erhältlich. (Siehe auch        Grippeimpfung von Säuglingen und
                          von 1918/1919 und 1957 wurde bei           Richtlinien und Empfehlungen Nr. 6         Kindern vom jeweiligen Impfstoff
                          schwangeren Frauen eine Exzess-            [«Impfungen bei Auslandsreisen»] und       abhängig sind, empfiehlt es sich,
                          mortalität festgestellt [198, 199].        www.safetravel.ch.)                        für einen bestimmten Impfstoff das
 10                       Das Virus scheint von der Mutter auf                                                  Kompendium          zu      konsultieren
                          das Kind übertragbar zu sein, insofern     6.2.4. HIV-positive Personen               (www.Kompendium.ch).
                          Aborte, Frühgeburten und intrauterine      Informationen über Häufigkeit und
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Empfehlungen zur Grippeimpfung

6.4. Kontraindikationen                     ist jedoch nicht nur ein rein finanzielles   Studie bei Kindern hat kürzlich nachge-
                                            Problem, sondern hat auch einschlägi-        wiesen, dass eine Investition von
Die Kontraindikationen der Grippe-          gen Einfluss auf das öffentliche Ge-         1,7 Milliarden € für die Grippeimpfung
impfung betreffen vor allem die auf         sundheitswesen, ein Aspekt, der nur          eine Kostenersparnis von 2,7 Milliar-
Hühnereiern produzierten Impfstoffe:        schwierig kalkulierbar ist. Eine franzö-     den € an medizinischen und Pflege-
akute Überempfindlichkeit auf einen         sische Studie aus dem Jahr 2002 hat          kosten ermöglichte, der Gewinn pro
der Bestandteile des Hühnereis oder         gezeigt, dass in 395 Haushalten, in          Kind errechnete sich auf etwa 5,7 € bis
auf einen der Hilfsstoffe (Lezithin,        denen ein Grippefall aufgetreten war,        12,6 € [230].
Formaldehyd, Triton-X, Aminoglyko-          817 Kontaktpersonen identifiziert            Leider gibt es zurzeit keine Studie, die
side). Ist die Impfung unbedingt indi-      wurden, von denen wiederum 313 an            den Einfluss der Grippeimpfung global
ziert, kann eine Desensibilisierung         Grippe erkrankten (Ansteckungsfälle).        und auf lange Sicht verfolgen würde.
durchgeführt werden, wonach die             Von diesen 313 Personen konsultier-          Solche Studien wären unabdingbar für
Impfung meistens möglich ist [165,          ten 178 einen Arzt. Die mittlere Krank-      eine umfassende ökonomische Ana-
219, 220].                                  heitsdauer betrug acht Tage (95% CI:         lyse der Grippeimpfung.
Personen mit Fieber dürfen erst nach        7–8 Tage) für den Indexfall, sieben
dem Abklingen der Symptome                  Tage (95% CI: 7–8 Tage) für die An-
geimpft werden. Fieberfreie oder fast       steckungsfälle. Die Dauer der Ab-
fieberfreie leichtere Erkrankungen          wesenheit vom Arbeitsplatz betrug            8. Prävention und Therapie
stellen keine Kontraindikation der          4.0 +/– 2.8 Tage für den Indexfall und
Grippeimpfung dar [160].                    2.9 +/– 2.5 Tage für die Ansteckungs-
                                                                                            mit antiviralen Medika-
Ausser der Allergie auf Hühnereiweiss       fälle [223]. Diese Studie, wie im übri-         menten
oder andere Inhaltsstoffe der Vakzine,      gen mehrere vorhergehende Studien,
gibt es ab dem Alter von sechs Mona-        macht den grossen Einfluss der
ten keine Kontraindikation der Grip-        Grippe auf die Gesellschaft und die          Die Grippeimpfung stellt ohne Zweifel
peimpfung.                                  öffentliche Gesundheit deutlich [159,        die wichtigste Massnahme für die
                                            224–227].                                    Prävention der Grippeerkrankung und
                                            Was den eigentlichen finanziellen            ihrer Komplikationen dar. Es stehen

                                                                                                                                    September 2007
                                            Aspekt betrifft, so haben die Autoren        darüber hinaus aber auch antivirale
7. Ökonomische Aspekte                      einer englischen Studie durch Model-         Medikamente zur Verfügung, die ge-
                                            lierung errechnet, dass, wenn die            gen das Influenzavirus aktiv sind und
                                            Impfung 4 508 (95% CI: 2431–7606)            die zur Prophylaxe und Therapie der
Die Grippe kann bezüglich Morbidität        von 10 000 geimpften Personen vor            Grippe hinzugezogen werden können.
und Mortalität bedeutende Konse-            der Grippeerkrankung schützt, dies           Vier Moleküle, die zwei verschiedenen
quenzen haben, und die Grippeimp-           einer Kostenersparnis von £ 653 221          Familien angehören, sind bekannt:
fung ist ein sicheres und wirksames         (95% CI: 354 575–1 072 257) für das          Amantadin, Rimantadin, Zanamivir
Mittel der Prävention. Zurzeit sehen        öffentliche Gesundheitswesen ent-            und Oseltamivir. Die zwei ersteren
die Empfehlungen nur die Impfung            sprechen würde [144].                        Moleküle fixieren das Matrixprotein
von Personen vor, die einer der Risiko-     Eine Studie in einem petrochemischen         M2 des Influenzavirus vom Typ A und
gruppen angehören. Eine ökonomi-            Unternehmen mit 1022 Mitarbeitern            agieren während der Virusreplikation,
sche Analyse dieses Vorgehens drängt        ergab eine Kostenersparnis allein an         indem sie die Protonkanäle dieses

                                                                                                                                    und Empfehlungen
sich auf.                                   medizinischen Ausgaben von 53 US $           Proteins blockieren. Dadurch verhin-
Seit mehreren Jahren hat man in viel-       pro geimpften Mitarbeiter. Wurde die         dern sie die Azidifizierung der viralen
fältigen Studien versucht, das Kosten/-     Abwesenheit vom Arbeitsplatz in die          Vakuole, die Vorraussetzung ist für die
Nutzen-Verhältnis der Grippeimpfung         Rechnung miteinbezogen, so erhöhte           Translokation des Virusgenoms in den
                                                                                                                                    Richtlinien

zu bestimmen. Es besteht heute kein         sich diese Kostenersparnis auf 899,70        Zellkern, wo die eigentliche Virusrepli-
Zweifel mehr daran, und die Ergeb-          US $ pro Mitarbeiter [228].                  kation stattfindet [232].
nisse der Studien bestätigen, dass die      Im Gegensatz dazu fand das Team um           Zwei Medikamente, die die virale Neu-
Impfung von Risikopersonen wirksam          Bridges und Kollegen in einer amerika-       raminidase inaktivieren, sind in letzter
ist. Eine neuere Studie aus 25 Ländern      nischen Automobilgesellschaft zwar           Zeit durch molekulare Modellierung
der Europäischen Union kam zum              eine Reduktion der Abwesenheitstage          entwickelt worden. Sie haben eine
Schluss, dass die Realisierung eines        vom Arbeitsplatz, die Kosten der Imp-        Struktur analog der N-acetyl-neuramin-
Impfprogrammes für Risikopersonen           fung annullierten jedoch den Gewinn          säure, die die virale Neuramindase
zwar eine zusätzliche Investition in        der verlorenen Arbeitstage [159].            fixiert und somit die Freisetzung der
Höhe von 1,52 Milliarden € erfordern,       Die Studien, die bei Kindern durchge-        neu synthetisierten Viruspartikel an
aber zugleich eine Kostenersparnis          führt wurden, weisen in erster Linie         der Oberfläche der infizierten Zelle
von 39,45 Millionen € an direkten Pfle-     auf den Einfluss auf die Gesundheit          verhindert. Die Neuraminidasehem-
gekosten und von 1,59 Milliarden € an       der Kinder hin, die sich häufig durch        mer, Zanamivir und Oseltamivir, sind
Krankenhauspflegekosten, d.h. einen         eine verminderte Anzahl von Arztbe-          aktiv gegen Influenzaviren vom Typ A
Gewinn von 109 Millionen € mit sich         suchen oder Krankenhausaufenthalten          und B [233].
bringen würde [151, 153, 221, 222].         ausdrückt [179, 229–231]. Dabei              Seit einigen Jahren ist das Auftreten
Was die Impfung der Bevölkerung im          scheint es berechtigt, davon auszuge-        von resistenten Virusmutanten gegen
Allgemeinen, also ausserhalb der Risi-      hen, dass eine verminderte Anzahl von        eines oder mehrerer dieser Medika-         11
kogruppen betrifft, sind die finanziellen   Arztbesuchen eine Verminderung der           mente beschrieben worden. In den
Studien weniger einhellig. Die Grippe       Kosten mit sich bringt. Eine finnische       USA hat das Advisory Committee on
Bundesamt für Gesundheit
                          Empfehlungen zur Grippeimpfung

                          Immunization Practices (ACIP) auf-                resistenter Viren gegen die Neuramini-           Medikamente können zur Prävention
                          grund der hohen Rate an resistenten               dasehemmer ist geringer, scheint je-             und zur Therapie der Grippe während
                          Viren (92%) die Empfehlung herausge-              doch zuzunehmen [133, 236].                      einer Epidemie eingesetzt werden
                          geben, die Anwendung der Medika-                  In der Schweiz sind Symmetrel®                   [237]. Für weitere Information zu
                          mente Amantadine und Rimantadine                  (Amantadine hydrochlorid) sowie                  den antiviralen Medikamenten ist
                          bis zur Wiederherstellung der Sensi-              zwei Neuraminidasehemmer, Zanami-                das Kompendium zu konsultieren
                          bilität der zirkulierenden Viren zu ver-          vir   (Relenza®)    und    Oseltamivir           (www.kompendium.ch).
                          meiden [160, 234, 235]. Die Rate                  (Tamiflu®) auf dem Markt. Alle drei

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