Energie in der Welt - Weltenergierat
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Energie in der Welt 2.1 Zahlen und Fakten 2.2 Szenarienvergleich des World Energy Councils 2.3 Weltweite Entwicklungen in der Offshore-Windenergie 2.4 Batterieelektrische Antriebe vs. E-Fuels 2.5 Die 24. Klimakonferenz in Kattowitz 2.6 Chile, ein Vorreiter im Bereich der erneuerbaren Energien 2 33
Energie in der Welt 2.1 Zahlen und Fakten • Globale Energienachfrage wächst schwächer als das globale Wirtschaftswachstum und weist vor allem Wachstum bei Erdgas und Strom auf • Die CO2-Emissionen stiegen weltweit um 1,7 % • Trotz starken Zubaus erneuerbarer Energien hat sich der Anteil fossiler Brennträger im Energiemix nicht vermindert Weltweite Energietrends in den G20-Staaten im Nachfrage und der chinesischen Kohle zu Gas-Politik Jahr 2018 seinen historischen Trend deutlich. Der Anstieg des Stromverbrauchs um 3,7 % ist auf die höhere Nachfrage Die ökonomische Situation und die Energietrends im Jahr in China (+7,7 %) und den USA (+2,2 %) zurückzufüh- 2018 ähneln denen im Jahr 2017. Der Stromsektor und ren. der Ölsektor bilden hier eine Ausnahme. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) der G20-Staaten1 wuchs Wirtschaftswachstum im Jahr 2018 wie im Jahr 2017 um 3,8 %, wobei Indien und China mit 7,3 % bzw. 6,6 % die höchsten und Süd- Das Bruttoinlandsprodukt der G20-Staaten wuchs mit afrika und Argentinien mit 0,8 % bzw. –2,6 % die nied- 3,8 % mit der gleichen Rate wie im Jahr 2017 und leicht rigsten Wachstumsraten aufwiesen. Der gesamte Ener- über dem jährlichen Durchschnitt der Jahre 2006 bis gieverbrauch stieg um 2,1 %. Der Kohleverbrauch wuchs 2016. nach zwei Jahren des Rückgangs um 0,8 % im Jahr > 2017 und 0,7 % im Jahr 2018, vorwiegend getrieben durch China. Der Erdölverbrauch stieg um 1 % und Das Wirtschaftswachstum bleibt damit auch über seiner historischen Trendentwick- der G20 blieb im Jahr 2018 lung. Der Erdgasverbrauch erhöhte sich um fast 5 % im Jahr 2018 und übertrifft damit angetrieben von der US- konstant und erreichte 3,8 % Chinas Wirtschaft wuchs mit 6,6 % im Jahr 2018, der 1 Die G20-Staaten umfassen Argentinien, Australien, Brasilien, Kana- da, China inkl. Hong-Kong, die Europäische Union, Frankreich, geringsten Rate der letzten 28 Jahre. Die US-Brutto- Deutschland, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Mexiko, Russland, inlandsprodukt erhöhte sich aufgrund höherer Konsu- Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, die Türkei, das Vereinigte König- menten- und Staatsausgaben, Investitionen und Exporte reich, die USA. Sie verbrauchen zusammen fast 80 % der weltweiten Energieproduktion (78 % in 2017). um 2,9 % im Jahr 2018. Das Wachstum des indischen Abbildung 2.1: 2018 Wesentliche Energiekennziffern der G 20-Staaten Wirtschaftswachstum: +3,8 % 2017: +3,8 %, 2006–16 : +3,3 % +2,1 % +0,7 % +1,0 % +4,8 % +3,7 % Gesamtverbrauch Kohle Öl Gas Elektrizität 2017: +2,2 % 2017: +0,8 % 2017: + 2,0 % 2017: +3,9 % 2017: +2,5 % 2006–16: +1,3 % 2006–16: +1,6 % 2006–16: + 0,5 % 2006–16: +2,0 % 2006–16: +2,7 % (Anteil am (Anteil am (Anteil am (Anteil am Gesamtverbrauch: 31 %) Gesamtverbrauch: 29 %) Gesamtverbrauch: 21 %) Gesamtverbrauch: 10 %) Quelle: Enerdata 34
Energie in der Welt Abbildung 2.2: BIP-Wachstum in den G20-Staaten (%/Jahr) 10 % 2006–2016 2016–17 2017–18 8% 6% 4% 2% 0% –2% –4% G20 China EU USA Indien Japan Deutschland Russland Indonesien Brasilien Großbritannien Frankreich Mexiko Südkorea Kanada Australien Südafrika Argentinien % G20 23 % 20 % 19 % 10 % 5 % 4% 4% 3% 3% 3% 2% 2% 2% 2% 1% 1% 1% Quelle: Enerdata Abbildung 2.3: Trendentwicklungen des Gesamtenergieverbrauchs in den G20-Staaten (%/Jahr) 8% 2006–2016 2016–17 2017–18 6% 4% 2% 0% –2% –4% –6% G20 China USA EU Indien Russland Japan Kanada Südkorea Deutschland Brasilien Frankreich Indonesien Saudi-Arabien Großbritannien % G20 28 % 20 % 14 % 8% 7% 4% 3% 3% 3% 2% 2% 2% 2% 2% Quelle: Enerdata 35
Energie in der Welt Abbildung 2.4: Energiemix der G20-Länder 2000 und 2018 2000 2018 Kohle 8% 8% Öl 10 % 27 % 10 % Gas 31 % Primäre Elektrizität Biomasse & 20 % 21 % Erdwärme 35 % 29 % Quelle: Enerdata Bruttoinlandsprodukts blieb mit 7,3 % hoch. Es wurde von höheren Staatsausgaben vor den Parlamentswahlen und höherer industrieller Aktivität angetrieben. > Der Gesamtenergieverbrauch der G20-Staaten erhöhte sich angetrieben von China und den USA Im Gegensatz dazu verlangsamte sich das Wachstum um 2,1 % im Jahr 2018 angesichts moderater weltweiter Nachfrage und Span- nungen in den Handelsbeziehungen in mehreren Staa- ten, so in der gesamten EU, Japan, Kanada und Südafri- Der Energieverbrauch wuchs auch in Indien um 3,6 % ka. infolge eines höheren Kohle- und Erdölverbrauchs und auch in Russland um 4,2 %. Der Energieverbrauch wuchs in Südkorea um 1,7 % und stabilisierte sich in Gesamter Energieverbrauch Indonesien (+0,1 %). Der gesamte Energieverbrauch der G20 wuchs im Jahr Auf der anderen Seite fiel der Energieverbrauch der Euro- 2018 mit 2,1 %, nach 2,2 % im Vorjahr, weiter und blieb päischen Union nach 3 Jahren des Zuwachses wegen signifikant höher als der langjährige Durchschnitt der Rückgängen in der Nachfrage nach Kohle und Erdgas Jahre 2006–2016 mit nur 1,3 %/Jahr (siehe Abbildung um –1,1 % ab; ebenso in Japan nach zwei Jahren der 2.3). Erholung mit –1,2 %. Der Großteil des Wachstums ging auf die beiden größten Kohle blieb mit 31 % im Jahr 2018 der am meisten ge- Verbraucher China mit 28 % und den USA mit 20 % des nutzte Energieträger, gefolgt von Erdöl mit 29 %, Erdgas Energieverbrauchs der G20 zurück. Der chinesische mit 21 %, Atomenergie, Wasserkraft und erneuerbare Energieverbrauch wuchs mit 3,7 % schneller als im Jahr Energien mit zusammen 10 % sowie Biomasse und an- 2017 (+2,9 %), aber langsamer als in den Jahren 2006– dere mit insgesamt 8 %. 2016 (+4,3 %/Jahr), was ein geringeres aber trotzdem noch dynamisches Wachstum aufzeigt. Verbesserte öko- nomische Bedingungen und Wetteränderungen mit Re- korden in den Heiz- und Kältetagen erhöhten auch den US-Energieverbrauch um 3,5 %. Dies steht im Kontrast zum stabilen Energieverbrauch im Jahr 2017 und dem leichten Verbrauchsrückgang der Jahre 2006 bis 2016. 36
Energie in der Welt Energiebedingte CO2-Emissionen Angetrieben von der wachsenden Energienachfrage stie- > Der gesamte Kohleverbrauch stieg im Jahr 2018 im zweiten Jahr in Folge trotz abweichender gen auch die energiebedingten CO2-Emissionen der G20 um 1,7 % gegenüber +2,2 % im Jahr 2017. Die Emissio- Entwicklungen: Rückgänge in Europa nen gehen zu 49 % auf Kohle, zu 31 % auf Erdöl und zu 20 % auf Erdgas zurück. und Nordamerika, starkes Wachstum in Indien und Südostasien > Die CO2-Emissionen aus der Verbrennung fossiler Energieträger wuchsen im Jahr 2018 Indien und China sind für den Großteil des steigenden Kohleverbrauchs verantwortlich. Am meisten trug Indien zum wachsenden Kohleverbrauch mit zusätzlichen 19 Mio. t bei, wobei sich der Verbrauch im Zusammen- mit 1,7 % weiter an hang mit weiterhin hohem Wirtschaftswachstum (Indiens Strommix wird von Kohle als Energieträger dominiert) um 4,8 % im Jahr 2018 beschleunigte. Der chinesische Koh- Kohle leverbrauch steigerte sich ebenfalls um 19 Mio. t bzw. 1 % im Jahr 2018, getrieben vom dynamischen Wirt- Nachdem der gesamte Kohleverbrauch der G20 drei schaftswachstum und höherer Stromnachfrage. Die chi- Jahre zurückging und um 0,8 % im Jahr 2017 wuchs, nesische Regierung strebt weiterhin eine Reduktion des erhöhte er sich im Jahr 2018 weiter um 0,7 % bzw. Kohleanteils im Primärenergiemix zugunsten von erneu- +25 Mio. t. Trotz unterschiedlicher Trends in den Ver- erbaren Energien und Erdgas an (61 % im Jahr 2018 im brauchsländern wurde das Verbrauchswachstum in der Vergleich zum Regierungsziel von 58 % im Jahr 2020). Stromerzeugung angetrieben (siehe Abbildung 2.5). Der Kohleverbrauchsanstieg verstetigte sich auch stark in Abbildung 2.5: Trendentwicklungen beim Kohleverbrauch der G20-Staaten (%/Jahr) 15 % 2006–2016 2016–17 2017–18 10 % 5% 0% –5% – 10 % G20 China Indien EU USA Russland Deutschland Japan Südafrika Südkorea Türkei Australien Indonesien % G20 52 % 14 % 9% 8% 3% 3% 3% 3% 2% 2% 2% 2% Quelle: Enerdata 37
Energie in der Welt Russland mit 4,1 %, der Türkei mit 11 % und Indonesien nigen Staaten. Trotz der leichten Verlangsamung des mit 7,7 %. Wirtschaftswachstums in China stieg der chinesische Erdölverbrauch um 5,8 %. Die wirtschaftliche Erholung Im Gegensatz dazu sank der Kohleverbrauch in den USA und die höhere einheimische Produktion vergrößerten mit –11 Mio. t oder –3,4 % weiter, weil fast 15 GW Kohle- die Erdölnachfrage in den USA mit +2,1 %. Aufgrund der kraftwerkskapazität stillgelegt wurden und die Stromer- wirtschaftlichen Erholung stieg der Ölverbrauch auch in zeugung aus Kohle im Jahr 2018 um 5 % zurückging. Russland um 3,8 %. Der Umstieg von Stromerzeugung aus Kohle auf Erdgas hält wegen des Überflusses an unkonventioneller Erdgas- Die Erdölnachfrage stieg auch in Indien wegen Infra- produktion an. Der Kohleverbrauch sank auch in der EU strukturinvestitionen der Regierung im Straßenbau und um –4,9 % (–6,5 % in Deutschland), getrieben durch die bei Wohngebäuden als auch wachsenden Motorradver- Maßnahmen gegen den Klimawandel und in Japan mit käufen um 2,7 %. Die Erdölnachfrage der EU sank 2018 –1,7 %, weil fünf Kernkraftwerke im Jahr 2018 wieder um 1,3 % nach einem Wachstum von 1,7 % im Jahr ans Netz gingen. 2017 wegen der Wirtschaftsabschwächung und stagnie- renden Fahrzeugverkäufen (+0,1 %, nach vier aufeinan- derfolgenden Wachstumsjahren). Die Erdölnachfrage Erdöl ging weiterhin in den südamerikanischen Staaten Brasili- en und Mexiko sowie in Japan (–3,2 %) und Saudi-Arabi- Der gesamte Erdölverbrauch der G20 stieg im Jahr 2018 en zurück. wegen der höheren Nachfrage des Verkehrssektors und der ölverarbeitenden Industrie um 1 % (Abbildung 2.6), wenn auch langsamer als 2017. Das beträchtliche Wachstum der ölverarbeitenden Industrie befeuerte die Erdölnachfrage trotz des Verbots von Einwegplastik in ei- Abbildung 2.6: Trendentwicklung bei Erdölverbrauch in den G20-Staaten (%/Jahr) 8% 2006–2016 2016–17 2017–18 6% 4% 2% 0% –2% –4% –6% –8% G20 USA China EU Indien Japan Russland Saudi-Arabien Deutschland Brasilien Südkorea Kanada Mexiko Indonesien Australien Türkei Südafrika Argentinien % G20 25 % 19 % 16 % 7 % 5% 5% 3% 3% 3% 3% 3% 3% 2% 2% 1% 1% 2% Quelle: Enerdata 38
Energie in der Welt > Das Wachstum des Erdölverbrauchs der G20- Staaten verlangsamte sich im Ende 2017 wurden die weltweiten Erdölreserven auf 1.700 Mrd. Barrel geschätzt. Das entspricht bei konstan- ter Förderung einer Reichweite von 50 Jahren. Die Re- serven der G20 von 900 Mrd. Barrel würden für 33 Jahre Vergleich zu 2017, blieb aber deutlich ausreichen. Die globalen Erdgasreserven von 209 Billio- nen Kubikmetern würden in 55 Jahren gefördert sein. über der Trendentwicklung der Die Erdgasreserven der G20 von 85 Billionen Kubikme- Vergangenheit tern wären in 36 Jahren aufgebraucht. Die USA wurden im Jahr 2018 der größte Erdölproduzent vor Saudi-Arabien dank hochschießender unkonventio- Erdgas neller Erdölproduktion, die im Dezember 2018 bereits 60 % des amerikanischen Erdölverbrauchs entsprach. Die gesamte Erdgasverbrauch der G20-Staaten wuchs Die Erdölproduktion erhöhte sich auch in Saudi-Arabien, seit 2014 dynamisch und erhöhte sich im Jahr 2018 um Libyen und Russland, sank aber deutlich im Iran auf- 109 Mrd. Kubikmeter oder 4,8 % (Abbildung 2.7). grund der US-amerikanischen Sanktionen und in Vene- zuela wegen der Wirtschaftskrise im Land. Die weltweite In den USA – dem mit 30 % größten Erdgasverbraucher Wachstumsabschwächung und die unsicheren Perspek- der G20 – stieg der Gasverbrauch um 67 Mrd. Kubikme- tiven des Erdölverbrauchs wegen des amerikanisch-chi- ter oder um 10 % im Jahr 2018, angetrieben von der nesischen Handelsstreits führten international zu Preis- dynamischen Nachfrage in der Stromerzeugung und rückgängen auf bis zu 43 US-Dollar pro Barrel Ende dem Haushaltssektor sowie der rekordhohen Erdgaspro- 2018. duktion. Aufgrund seiner Kohle zu Gas-Strategie be- schleunigte sich der Erdgasverbrauch in China um Abbildung 2.7: Trendentwicklung bei der Erdgasnachfrage in den G20-Staaten (%/Jahr) 20 % 2006–2016 2016–17 2017–18 15 % 10 % 5% 0% –5% – 10 % – 15 % G20 USA EU Russland China Kanada Japan Deutschland Großbritannien Italien Saudi-Arabien Indien Türkei Südkorea Australien Argentinien % G20 30 % 17 % 17 % 10 % 5% 4% 3% 3% 3% 3% 2% 2% 2% 2 % Quelle: 2 % Enerdata 2% 39
Energie in der Welt 35 Mrd. Kubikmeter oder 18 %. China überflügelte Süd- Strom korea als zweitgrößten Flüssiggasimporteur nach Japan bereits im Jahr 2017 und beschleunigte seine Erdgasim- Die Stromnachfrage der G20-Staaten stieg im Jahr 2018 porte um fast 32 % im Jahr 2018 (+44 % bei den Flüs- um 3,7 % mit unterschiedlichen nationalen Mustern, die siggasimporten). Die Erdgasnachfrage erhöhte sich sich von den verhergehenden Jahren unterscheiden (Ab- ebenfalls in Indien um 1,6 % und Südkorea um 12 %, bildung 2.8). China und die USA waren die Treiber des dort wegen der erhöhten Erdgasnachfrage in der Strom- Nachfragewachstums: die Stromnachfrage in China erzeugung in der Folge von Nichtverfügbarkeiten der wuchs trotz der Wachstumsabschwächung um 7,7 % im südkoreanischen Atomkraftwerke. Jahr 2018 gegenüber 5,9 % im Jahr 2017 wegen der > höheren Industrienachfrage und des massiven Aufbaus Der Erdgasverbrauch der der Strominfrastruktur. Die USA verzeichnete ein G20 wuchs im Jahr 2018 2,2 %-Wachstum nach einem 0,8 %-Rückgang im Jahr 2017, als ein Ergebnis der erhöhten Nachfrage des Ge- weiter, angetrieben von der werbesektors und der Haushalte. Unterdessen erfuhren Rekordproduktion in den USA, einige Länder wie Frankreich, das Vereinigte Königreich oder Mexiko eine Umkehrung des Trends vom negativen Kohle zu Gas-Umstiegspolitiken Nachfragewachstum des Jahres 2017. im Stromsektor und dem Wirtschaftswachstum Das Wachstum des Stromverbrauchs in China und den USA trug zu fast 75 % zum Stromverbrauchswachstum der G20-Staaten bei. Demgegenüber reduzierte das Wiederanfahren japani- scher Atomkraftwerke die Nachfrage nach erdgasbefeu- erter Stromerzeugung im Land und die Erdgasnachfrage Japans ging um 3,7 % zurück. Die europäische Erdgas- nachfrage sank um 2,3 % wegen der Wachstumsab- schwächung, höherer Wasserkraftverfügbarkeit und mil- deren Temperaturen. Abbildung 2.8: Trendentwicklung bei der Stromnachfrage in den G20-Staaten (%/Jahr) 10 % 8% 2006–2016 2016–17 2017–18 6% 4% 2% 0% –2% –4% G20 China USA EU Indien Japan Russland Südkorea Deutschland Kanada Brasilien Frankreich Saudi-Arabien Großbritannien Italien Mexiko Türkei Australien Indonesien Südafrika Quelle: Enerdata % G20 32 % 20 % 15 % 6 % 5% 5% 3% 3% 3% 3% 2% 2% 2% 2% 1% 1% 1% 1% 1% 40
Energie in der Welt Abbildung 2.9: Trendentwicklungen im Jahr 2018 gegenüber dem Jahr 2017 in ausgewählten G20-Staaten EU28 Thermisch –5 % vs. Wasserkraft +13 % China Erneuerbar (ohne Wasserkraft) USA Deutschland +29 %, Erneuerbar Größter Thermisch +6 % Japan (ohne Wasserkraft) Windstrom- Nuklear +15 %, Erzeuger Indien +60 % Thermisch +4 % Solar Südkorea +55 % Nuklear –10 % vs. Thermisch +7 % G20: Erneuerbare (ohne Wasserkraft) +16 %, Thermisch +3 % Quelle: Enerdata Abbildung 2.10: Trendentwicklungen im Jahr 2018 gegenüber dem Jahr 2000 im Stromerzeugungsmix ausgewählter G20-Staaten 100 % 90 % 80 % 70 % 60 % 50 % 40 % 30 % 20 % 10 % 0% 2000 2018 2000 2018 2000 2018 2000 2018 2000 2018 2000 2018 2000 2018 2000 2018 G20 China USA EU28 Indien Deutschland Japan Südkorea % G20 31 % 20 % 15 % 7% 5% 3% 3% Foss. Kraftwerke Kernenergie Wasserkraft Wind PV Andere Quelle: Enerdata 41
Energie in der Welt > Erneuerbare Energien ohne Wasserkraft erzielten im Jahr 2018 ein Wachstum von 16 %, womit ihr Anteil auf 8 % im Strommix der G20-Staaten wuchs Fossile Kraftwerke stellen mit 66 % noch immer den Großteil der Stromerzeugung der G20-Staaten im Jahr 2018. Die Wasserkraft folgt mit einem in den letzen Jah- ren konstanten Anteil von 15 % vor Atomenergie mit 11 % Anteil, der allerdings um 7 %-Punkte seit dem Jahr 2000 gesunken ist. Der Anteil der erneuerbaren Energien ohne Wasserkraft am Strommix der G20 hat sich seit dem Jahr 2000 ver- zwanzigfacht. Der Anteil stieg von weniger als einem Prozent auf 8 % im Strommix des Jahres 2018 dank emporschnellender PV- und Windstromproduktion mit einem Wachstum von 23 % bzw. 13 % im Jahr 2018, allerdings ein wenig verlangsamt gegenüber 2017. China und die USA trieben das PV- und Windwachstum, wobei China für jeweils ein Drittel des Wachstum verantwortlich ist. Inbesondere in China beschleunigte sich der Wind- kraftausbau gegenüber 2017 von 10 auf 13 %. Indiens Rolle im dynamischen Ausbau ist wachsend, vor allem in der PV-Stromerzeugung (+68 % im Jahr 2018). Während Indiens PV-Kapazität um 57 % wuchs, verzeichneten China und die USA nur Wachstumraten von 34 % und 12 %. Deutschland bliebt der drittgrößte Windkraftprodu- zent im Jahr 2018, allerdings mit weniger deutlichem Wachstum von 7 % als in anderen wesentlichen G20- Staaten. Japan bleibt drittgrößter PV-Stromproduzent mit einem starken Wachstum von 22 % (Abbildung 2.10). 42
Energie in der Welt 2.2 Szenarienvergleich des World Energy Councils • Grundsätzliche Unterschiede verschiedener Prognosen und Szenarien • Einige Vorhersagen liegen dicht beieinander – in anderen Feldern gibt es große Differenzen • Szenarien des World Energy Council berücksichtigen neben Energiethemen auch externe Faktoren Während früher in der Energiewirtschaft recht einfache Energieprognosen zur Vorhersage und Planung üblich waren und dies aufgrund der eher statischen Entwick- lung und der teilweise monopolartigen Strukturen auch durchaus sachgerecht schien, sind in den letzten Jahr- zehnten immer komplexere Analysen und Szenarien ent- wickelt worden. Diese sind immer stärker in den Planungsprozess und die Strategieerarbeitung der Unternehmen eingeflossen, aber auch für die politische Diskussion und Entschei- dungsfindung ist es seit vielen Jahren für alle Beteiligten unerlässlich, auf Szenarien aufzubauen, um die zukünfti- ge Entwicklung der Energiemärkte planen zu können. > Grundlegende Unterschiede in den Ansätzen führen zu deutlich anderen Aussagen kennen; handelt es sich im gerade geschilderten Fall um ein Missverständnis – oder um eine bewusste Verdre- Sofern man allerdings versucht, diese Vielzahl von Studi- hung? en und Szenarien nebeneinander zu legen, stellt man > fest, dass sie zu sehr unterschiedlichen Aussagen kom- men – beziehungsweise sehr unterschiedliche Entwick- Das World Energy Council lungen prognostizieren oder unterstellen. Missverständ- überarbeitet derzeit die nisse fangen schon mit der Frage an, welche Zeithorizon- te oder Regionen betrachtet wurden oder ob es eine ob- Szenarien grundlegend jektive Arbeit oder eine Auftragsstudie einer Interessen- gruppe war. Auch die Frage, ob ein bestimmtes Ergebnis Das Studienteam des Londoner Word Energy Council hat prognostiziert worden ist – oder aber als Vorgabe unter- jetzt unter Einbindung von Experten aus den Ländern ei- stellt worden ist, unterscheidet die Studien grundsätzlich: ne Vielzahl verfügbarer weltweiter Szenarien in einer ei- Wenn eine Studie zum Beispiel das Ziel hat, aufzuzeigen, genen Studie verglichen. Diese vergleichende Analyse welche (zur Not auch unrealistischen) Maßnahmen zur erfolgte auch vor dem Hintergrund, dass die eigenen drei Erreichung einer 95%igen CO2-Reduktion erforderlich Szenarien (Unfinished Symphony, Modern Jazz und wären, kann sie vom Ende her anfangen und eine 95%ige Hard Rock) gerade komplett überarbeitet werden, damit CO2-Reduktion als Arbeitshypothese unterstellen. Das sie im September auf dem 24. World Energy Congress in Ziel der Studie war also, Transparenz herzustellen und Abu Dhabi neu vorgestellt werden können. damit eine Diskussion in Gang zu bringen, ob erforderli- che Maßnahmen für ein abstraktes Ziel überhaupt auf Die Besonderheit des World Energy Council ist es ja, eine gesellschaftliche Akzeptanz stoßen. Solange aber der wirklich unabhängige Organisation zu sein und führende grundsätzlich andere Studienansatz übersehen wird, „Stakeholder“ unterschiedlichster Bereiche, die mit kann es zur Folge haben, dass dann eine Schlagzeile Energie befasst sind, aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft lautet, die Studie habe wissenschaftlich belegt, dass das und Verbänden als Mitglieder zu haben. Dies ermöglicht 95 %-Ziel erreichbar ist – alle Kritiker seien widerlegt. es auch, einen viel breiteren und ausgewogeneren An- satz zu verfolgen, als dies anderen Organisationen mög- Was bisher fehlte, war ein methodischer Vergleich und lich ist. eine Klassifizierung verschiedener Studien. So ist es schwer, verschiedene Zielsetzungen und Ansätze zu er- 43
Energie in der Welt Abbildung 2.11: Drei alternative Pfade bis 2060 werden können. Weiterhin wurden generelle Unterschie- de und Ähnlichkeiten dieser Typen herausgearbeitet. Modern Jazz Schließlich wurden die Ergebnisse in den jeweiligen Gruppen gegenübergestellt und diese miteinander vergli- Marktmechanismen, Technologische chen. Innovationen, Energiezugang für alle Unfinished Symphony Einteilung der Studien in drei Gruppen Starke Politik, langfristige Planung, Normative Szenarien vereinte Klimaaktionen Abbildung 2.12: Normative Szenarien Hard Rock Plausible Wünschenswerte Zukunft Fragmentiertes Szenario, nach innen Zukunft gerichtete Politik, geringe globale Kooperation Best Case Möglichkeiten Plausible Fakten und Werte Lücke Zukunft Projektion auf Referenz/ Was muss passieren, Basis einer Baseline Heutige Plausible „Prognosen Ein Modellsind schwierig, vorgegebenen besonders, Organisation um die Lücke Zukunft wenn zu schließen Zukunft wenn sie die Zukunft betreffen“ Zunkunft und Systeme und die Ziele „Business as usual“ Worst Case zu erreichen? Plausible Dieses bekannte Zitat wird unter anderem Mark Twain Zukunft zugeschrieben und sollte Ansporn sein, Prognosen we- der zu abhängig von ganz bestimmten Rahmenbedin- Es wird eine bestimmte Entwicklung in der Zukunft unter- gungen zu machen, noch die Zukunft mehr oder weniger stellt. Diese ist zwar technisch möglich; Ziel ist jedoch, nur als Fortschreibung des gerade Erlebten zu beschrei- von diesem zukünftigen Ergebnis zurückzurechnen und ben. Für strategische Erwägungen in Unternehmen ge- darzustellen, wann welche Maßnahmen erfolgen und nauso wie für die Regierungsarbeit ist es aber wichtig, welcher Weg beschritten werden muss, um dorthin zu Studien zur Verfügung zu haben, die eine ausreichende kommen. Ziel ist oft, in den politischen Entscheidungs- Halbwertzeit besitzen und noch Bestand haben, wenn prozess konkrete Überlegungen einfließen zu lassen – Veränderungen oder Innovationen sich wechselseitig ver- entweder um die erforderlichen Beschlüsse diskutieren stärken. Daher betrachtet das World Energy Council für zu können oder auch, um eher abstrakte Ziele hinterfra- die eigenen Szenarien zurzeit in übergreifenden und in- gen zu können (siehe das CO2-Beispiel oben). Außerdem ternationalen Workshops nicht nur die zukünftige Ent- lässt sich so politisch überprüfen, ob der notwendige wicklung des Energiesektors, sondern bezieht zum Bei- Zeitplan zur Zielerreichung einzuhalten ist. spiel unter dem Stichwort „Constellations of Disruption“ auch sich wechselseitig verstärkende Veränderungen und sogar gesellschaftliche Einflüsse außerhalb des Outlooks/Projektionen Energiesektors in die Überlegungen ein. Abbildung 2.13: Outlooks/Projektionen Um die eigene Arbeit aber auch kritisch zu hinterfragen Plausible und zu verbessern, hat sich das WEC andere Zukunft am Markt Best Case verfügbare Szenarien angesehen und verglichen. Dies Möglichke Annahmen Plausiblehat Fakten war für die eigene Arbeit aufschlussreich – zugleich Die Zukunft und Wer Zukunft Projektion auf Referenz/ dasErzählungen/ World Energy entwickelt Council damit sich aber auch geholfen, et- Ein Modell Basis einer Baseline Heutige wasHandlungen bereits – ob der Licht in den Dschungel es verfügbaren Szenarien Plausible vorgegebenen Organisati uns gefällt zu bringen. Erstmals liegt hier nun eine Untersuchung Zukunft Zunkunft und Syste oder nicht vor, die unterschiedliche Szenarien systematisch und Worst Case methodisch vergleicht. Es wurden alle namhaften Studi- Plausible en in den Vergleich einbezogen, sofern sie einen langfris- Zukunft tigen Horizont haben und sowohl regional als auch inhalt- lich umfassend sind. Dabei zeigte sich, dass alle Arbeiten Hier werden meist für konkrete mittelfristige Planungen in drei ganz verschiedene Gruppen/oder Typen unterteilt Fortschreibungen der momentanen Entwicklung (busi- 44
Energie in der Welt ness as usual) vorgenommen. Diese können zum Bei- Ähnlichkeiten und Unterschiede der Studien spiel für Sensitivitätsanalysen verwendet werden. Quanti- tative Erwägungen stehen im Vordergrund. CO2-Emission 2015-2040 im Verhältnis zum Wirtschaftswachstum Die meisten globalen Szenarien erwarten eine positive Plausible Szenarien Korrelation von Emissionen und wirtschaftlichem Wachs- (oder exploratorische Szenarien) tum. Abbildung 2.14: Plausible Szenarien Einige Analysen sehen die Welt umweltgetrieben und unterstellen relativ geringe Emissionen – im gleichen Zug Plausible aber auch geringeres Wachstum (WEC US, IEEJ Advan- Zukunft ced Tech, Statoil Reference). Best Case Möglichkeiten Annahmen Plausible Fakten Andere Szenarien sehen die wirtschaftliche Prosperität Die Zukunft und Werte Zukunft im weltweiten Fokus und gehen Projektion auf davon aus, dass die Sen- Referenz/ entwickelt sich Wa Erzählungen/ kung von Basis Emissionen einer eine geringere PrioritätBaseline hat als die Heutige bereits – ob es Ein Modell Handlungen Plausible vorgegebenen Organisation uns gefällt wirtschaftliche Entwicklung (dies gilt für die meisten Out- Zukunft Zunkunft und Systeme oder nicht looks). Worst Case Plausible Zukunft Schließlich erwarten manche Szenarien, dass sich die Weltwirtschaft schlecht entwickelt und trotzdem die Emissionen steigen (WEC HR, Statoil Rivalry, IEEJ Refe- rence, etc.) – dies kann man schlicht als eine gescheiter- Diese Szenarien sind qualitative Storylines, die plausible te Entwicklung für die Welt bezeichnen. alternative Zukunftspfade beschreiben und durch Model- lierung quantitativ unterstützt sind. Bei diesen Untersu- chungen können unterschiedliche, auch äußere Einflüs- Normative Szenarien sind generell optimisti- se einbezogen werden und oft werden verschiedene Ent- scher wicklungspfade in verschiedenen Szenarien aufgezeigt (wie die Szenarien des World Energy Council – Unfini- Demgegenüber sind normative Szenarien generell opti- shed Symphony, Modern Jazz und Hard Rock). Qualitati- mistischer und unterstellen ein erfolgreiches Entkoppeln. ve Überlegungen dominieren hier. Danach wird eine positive wirtschaftliche Entwicklung als möglich angesehen trotz drastischer Maßnahmen zur Typisch für plausible Szenarien und eine Stärke gegen- Senkung der Emissionen (IRENA, Ener Green, IEA SD, über den vorgenannten Gruppen ist es, dass bestimmte Statoil Renewal). globale Trends oder Entwicklungen einbezogen werden. Die meisten normativen Szenarien zeigen einen tech- Eine große Anzahl von Studien und Szenarien wurden in nisch möglichen Pfad auf, zukünftig gleichzeitig niedrige den Vergleich einbezogen. Auswahlkriterium war, dass Emissionen als auch hohes Wirtschaftswachstum zu er- die Analysen nicht unter einem regionalen Schwerpunkt reichen. Dabei zeigen sich vor allem folgende Gemein- sondern global erfolgen; weiterhin musste der Betrach- samkeiten in den normativen Szenarien: tungszeitraum mindestens bis 2030 gehen, die Veröffent- lichung nicht mehr als 5 Jahre zurückliegen und das ganze Energiespektrum ohne inhaltliche Begrenzung be- Niedrige Emissionen und hohes Wachstum ...? trachtet worden sein. Hohe Investitionen und stark zunehmende Effzienzstei- gerung führen zur Dekarbonisierung nicht nur der Pro- duktion, sondern auch des Endverbrauchs (insbesonde- re wird hier der Transportsektor aufgeführt). Trotz des rasanten Anstiegs der Erneuerbaren spielen Fossile Ener- gien – insbesondere Gas – weiterhin eine große Rolle. Die Digitalisierung führt zu einer deutlich umweltfreundliche- ren Wirtschaft – aber auch Carbon Capture & Storage 45
Energie in der Welt Abbildung 2.15: Untersuchte Szenarien Namen der Energievorhersagen Organisation/Studie Plausible Szenarien Projektionen Normative Szenarien • Modern Jazz (MJ) • Unfinished Symphony WEC (2016) World Energy Szenarien bis 2060 (US) • Hard Rock (HR) Shell (2013) New Lens Scenarios bis 2100, • Mountain (M) • Sky (S) Mountain, Ocean; SKY • Ocean (O) • Reform (Rf) Statoil (2017) Energy Perspektiven bis 2050 • Renewal (Rn) • Rivalry (Rv) EIA (2017) International Energy Outlook • Reference bis 2040 • Current policies (CP) • Sustainable Development IEA (2017) World Energy Outlook bis 2040 • New policies (NP) (SD) • Advanced Technology IEEJ (2017) Outlook bis 2050 • Reference (AT) • Evolving Transition BP (2018) Energy Outlook bis 2040 (ET) CEPSA (2017) Energy Outlook 2030 • Reference Exxon (2018) Outlook for Energy: • Reference Ein Blick auf 2040 Enerdata (2018) Global Energy Szenarien • Ener Brown • Ener Blue • Ener Green bis 2040 IRENA (2018) Perspektive für Energiewende • 66% chance
Energie in der Welt Ergebnisse im Vergleich: Abbildung 2.16: Hauptannahmen für den globalen Energie-Mix 2040 im Vergleich (Mio. GTOE) 25 WEC Plausible Projektionen Normative 20 15 10 5 0 W MU Ex T En on V r GL St ell D IR tion ky A n En 662 CC r CC P1 CC 3 P4 W US R Sh l M at O at Rf e v EJ r AT IE CP P A BP EJ 15 IP P2 IE r B DN r B IP r G En l R E EN R N EI IP C P Sh A S H a S 20 St ell IE x St oil el A A e e EC EC oi EC A IE C IE Sh IE W IP Kohle Öl Gas Nuklear Andere Plausible: WEC MJ (Modern Jazz), WEC US (Unfinished Symphony), WEC HR (Hard Rock)/Shell M (Mountain), Shell O (Ocean), Statoil Rf (Reform), Sta- toil Rv (Rivalry), Ener-Brown, IEEJ AT (Advanced Technology) Outlooks: IEA CP (Current Policies), IEA NP (New Policies), EIA Ref (Reference), IEEJ Ref (Reference), BP (Evolving Transition), CEPSA Ref (Reference), Exxon (Reference), Ener-Blue, DNV GL Normative: IEA SD (Sustainable Development), Shell S (Sky), Statoil Rn (Renewal), IRENA 662 (66 % below 2 °C), Ener-Green, IPCC P1 (Low Energy De- mand), IPCC P2 (Sustainability), IPCC P3 (Middle of the Road), IPCC P4 (Fossil-Fuelled Development) • Öl: Die Ölnachfrage wird stabil in den Outlooks und Zukünftige Entwicklungen plausiblen Szenarien erwartet; während der Anteil im Energiemix niedriger in den normativen gesehen wird Ungeachtet des starken Anstiegs der erneuerbaren Ener- – mit größerer Streuung. gien bleiben fossile Energien wichtig. Wachsende Bedeu- tung erlangen synthetische Kraftstoffe • Gas: Die meisten Outlooks sehen ein starkes Wachs- (Power-to-X/e-Fuels). Höhere Energieeffizienz und zu- tum beim Gas, normative Szenarien erwarten recht nehmende Elektrifizierung sind essentiell für eine CO2- früh (vor 2040), dass der Scheitelpunkt der Nachfrage arme Wirtschaft. Viele Szenarien halten es auch für erfor- erreicht wird. Dieser Zeitpunkt wird in den plausiblen derlich, dass weltweit Protektionismus bekämpft werden Szenarien sehr unterschiedlich gesehen – teilweise muss. Stattdessen muss die internationale Kooperation wird auch erwartet, dass Gas zum Rückgrat des Ener- und regionale Integration gestärkt werden und Klima- giesystems wird (Shell Mountains). schutz in weltweiten Abkommen verfolgt werden. Größe- re Aufmerksamkeit muss dem veränderten Kundenver- • Nuklear: Alle Szenarien gehen davon aus, dass die halten und der Dezentralisierung gewidmet werden. Nachfrage nach Kernkraft steigen wird. • Erneuerbare Energien: Solar und Wind (onshore/off- Entwicklungen außerhalb des Energiesektors shore) werden in allen Szenarien und Prognosen als wachsend angesehen; die normativen Szenarien se- In der Analyse hat sich aber auch deutlich gezeigt, dass hen einen deutlich stärkeren Anstieg als dies in den fast alle Szenarien wichtigen Entwicklungen, die teilweise Outlooks erwartet wird. Die plausiblen Szenarien zei- außerhalb der Energiewirtschaft stattfinden, viel zu wenig gen eine höhere Streuung bei der Wachstumsrate für Beachtung schenken – teilweise sie sogar ganz ausblen- Erneuerbare – sowohl für PV, als auch für Wind. den. > Die meisten verfügbaren Szenarien blenden grundlegende Veränderungen aus 47
Energie in der Welt Abbildung 2.17: Unterschiede der Vorhersagen (Auswahl) Plausible Szenarien Projektionen Normative Szenarien Primärenergie Nachfrage Verbrauch Primärenergie (‘000 MTOE) 25,0 25,0 25,0 22,5 22,5 22,5 20,0 20,0 20,0 17,5 17,5 17,5 15,0 15,0 15,0 12,5 12,5 12,5 10,0 10,0 10,0 7,5 7,5 7,5 2000 2014 2030 2060 2000 2014 2030 2060 2000 2014 2030 2060 Solar & Wind Solar & Winderzeugung (‘000 TWh) 60 60 60 50 50 50 40 40 40 30 30 30 20 20 20 10 10 10 0 0 0 2000 2014 2030 2060 2000 2014 2030 2060 2000 2014 2030 2060 CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Energie (Gt CO2) 45 45 45 40 40 40 35 35 35 30 30 30 25 25 25 20 20 20 15 15 15 10 10 10 5 5 5 2000 2014 2030 2060 2000 2014 2030 2060 2000 2014 2030 2060 Legende History WEC MJ WEC US History IEA CP IEA NP History IEA SD Shell S WEC HR Shell M Shell O EIA Ref IEEJ Ref BP ET Statoil Rn IRENA 662 IPCC P1 Statoil Rf Statoil Rv IEEJ AT CEPSA Ref Exxon DNV GL IPCC P2 IPCC P3 IPCC P4 Plausible: WEC MJ (Modern Jazz), WEC US Outlooks: IEA CP (Current Policies), Normative: IEA SD (Sustainable Development), (Unfinished Symphony), WEC HR (Hard Rock), IEA NP (New Policies), EIA Ref (Reference), Shell S (Sky), Statoil Rn (Renewal), Shell M (Mountain), Shell O (Ocean), Statoil Rf IEEJ Ref (Reference), BP (Evolving IRENA 662 (66% below 2°C), Ener-Green, (Reform), Statoil Rv (Rivalry), Ener-Brown, Transition), CEPSA Ref (Reference), IPCC P1 (Low Energy Demand), IPCC P2 IEEJ AT (Advanced Technology) Exxon (Reference), Ener-Blue, DNV GL (Sustainability), IPCC P3 (Middle of the Road), IPCC P4 (Fossil-Fuelled Development) 48
Energie in der Welt Dies gilt zunächst für die demographische Entwicklung: Kalten Krieg zwischen Elektronen und Molekülen verstär- Es wird in der Regel eine konstante Bevölkerung ange- ken oder beenden wird. Wird eine Sektorkopplung auf nommen. Dabei werden regionale Unterschiede in globa- eine weitere Beschleunigung der Elektrifizierung setzen len Regionen, aber auch Themen wie eine Alterung in- oder flüssigen Kraftstoffen eine neue starke Rolle in einer dustrieller Gesellschaften oder eine weltweite zunehmen- sauberen Zukunft bescheren? de Verstädterung mit all ihren Auswirkungen auch auf die Energiewirtschaft, ausgeblendet. Es ist zu hoffen, dass zukünftig mehr Studien die Kom- plexität umfassender aufgreifen – und eine klarere Unter- Weiterhin werden die Auswirkungen von Umweltverände- scheidung zwischen Projektionen, normativen und plau- rungen gerne übersehen – dabei drehen sich die Studien siblen Szenarien ein besseres Verständnis in der Öffent- doch gerade um die dringende Eindämmung des bereits lichkeit ermöglichen. begonnenen Klimawandels. Es finden sich kaum Studi- en, die auf die Bedeutung zu erwartender Klimafolgen eingehen. Dabei werden zunehmende Wärme, Unwetter und Wasserknappheit erheblichen Einfluss haben. Das World Energy Council legt mittlerweile einen Fokus auf das Thema Resilienz, forscht zu den verschiedenen Themen und lässt diese auch in die Szenarien einfließen. Dazu gehört auch ein tieferes Verständnis für die Auswir- kungen der Digitalisierung: Die Verbindung von Energie- wende und digitaler Produktivität wird meist positiv gese- hen und eine lineare Korrelation erwartet. Cyber Security oder ein stark verändertes Verhalten der Kunden, die zunehmend Prosumer werden und die Dezentralisierung fortschreiten lassen oder Off-Grid Lösungen werden nicht – oder nicht ausreichend – betrachtet. > Die neuen WEC-Szenarien berücksichtigen auch nicht unmittelbare Energiethemen – wie mögliche Folgen der Urbanisierung oder Cybersicherheit Es wird in allen Studien von einer hohen Anzahl von Elek- trofahrzeugen und drastisch günstigeren Batterietechno- logien ausgegangen. Ob es aber auch einen Paradigmen- wechsel durch veränderte Nachfrage geben kann, mit der Möglichkeit alternativer Wege oder Entwicklungen, wird nicht untersucht. Interessant ist: nur Shell erwähnt in seiner Sky Studie, dass soziale Ungleichheit auf der Welt zu Herausforderungen führen kann. 100 GJ werden hier als notwendige Energiemenge pro Einwohner auf der Welt als Grenze für menschenwürdiges Leben genannt. Schließlich fehlt in den untersuchten Szenarien die Über- legung, welche Implikation eine Veränderung der Ener- gielandschaft auf die geopolitische Entwicklung hat: Wie ist es, wenn sich die Welt nicht mehr ums Öl dreht. Dazu gehört auch die Frage, ob fortschreitende Innovation den 49
Energie in der Welt 2.3 Weltweite Entwicklungen in der Offshore-Windenergie • Deutliches Wachstum der Offshore-Windenergie erwartet • Europa und Asien sind die stärksten Wachstumsregionen • Kostensenkungen begünstigen das Wachstum Der Ausbau der Offshore-Windenergie schreitet spürbar Ende 2018 waren außerhalb Europas lt. IRENA lediglich voran. Waren im Jahr 2010 weltweit noch wenig mehr als etwa 4,9 GW an Offshore-Leistung installiert. Innerhalb 2 Gigawatt (GW) an Offshore-Leistung installiert, so wa- Europas entfallen knapp vier Fünftel der installierten ren es Ende 2018 laut IRENA bereits 23,4 GW. Der glo- Leistung auf das Vereinigte Königreich (ca. 45 %) und bale Offshore-Windmarkt wird bis 2030 weiter deutlich Deutschland (ca. 35 %), gefolgt von Dänemark, Belgien wachsen. Bloomberg erwartet eine jährliche Wachstums- und den Niederlanden mit etwa 7 %, 6 % und 5 %. Auch rate von 16 % gegenüber 2017 und eine Gesamtleistung im kommenden Jahrzehnt wird in Europa mit einem sig- von 115 GW im Jahr 2030. Andere Schätzungen gehen nifikanten weiteren Ausbau gerechnet. Bereits bis 2020 davon aus, dass dieser Wert bereits 2027 erreicht werden dürfte die in Europa installierte Gesamtleistung auf mehr wird (Wood Mackenzie). Berücksichtigt man die nationa- als 25 GW wachsen; Ørsted erwartet einen Ausbau auf len Ausbauziele, ist ein Ausbau auf mehr als 150 GW bis 43 GW im Jahr 2025. Für das Jahr 2030 divergieren die 2030 denkbar. Schätzungen naturgemäß. Der europäische Windener- gieverband WindEurope gibt eine Bandbreite von 49,5 > bis über 98 GW an. Europa bleibt in kommenden Jahren Hauptregion für den Bliebe es bei dem deutschen Ausbauziel von 15 GW im Jahr 2030, würde der Anteil Deutschlands an der instal- Offshore-Ausbau lierten europäischen Offshore-Leistung damit auf etwa 20 % sinken. Auch in Zukunft wird ein starker Ausbau im Der bisherige Ausbau war allerdings kein globales Phä- Vereinigten Königreich (informelles Ziel bis 2030: nomen, sondern wurde eindeutig von Europa dominiert: 30 GW), in den Niederlanden (Ziel: 11,5 GW bis 2030, Abbildung 2.18: Erwarteter Offshore-Zubau in Europa bis 2030 in GW GW 90 80 70 60 Rest Europa 50 Irland 40 Polen Belgien 30 Frankreich 20 Niederlande Deutschland 10 Dänemark 0 UK 2019 2020 2021 2022 2023 2023 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Quelle: Wood Mackenzie; Japan und Südkorea: politische Ausbauziele; Irland 2030: National Offshore Wind Energy Association of Ireland; Polen 2030: Foundation for Sustainable Energy; Extrapolation 2027 bis 2030 EnBW 50
Energie in der Welt aktuell ca. 1,2 GW) sowie in Dänemark erwartet. Die dä- (Taifune, Sedimentierungen in Flussdelta-Meeresböden, nische Regierung hat drei Ausschreibungen mit jeweils große Wassertiefen) angepasst werden. 800 MW angekündigt, so dass ein Zuwachs von heute 1,3 GW auf etwa 4 GW im Jahr 2030 realistisch ist. Sind diese Voraussetzungen gegeben, wird mit einem dynamischen Wachstum gerechnet. In Japan, Taiwan Als „Offshore-Land“ neu hinzukommen dürfte insbes. und Südkorea setzt man aufgrund begrenzter Flächen- Frankreich; auch in Polen gibt es neue Entwicklungen. verfügbarkeit an Land auf die Offshore-Technologie, um Der Ausbau in Frankreich läuft etwas verzögert an, aber die jeweils nationalen Dekarbonisierungsziele erreichen die maßgebliche „programmation pluriannuelle de zu können. China plant den Aufbau von 5 GW bis 2020, l’énergie“ (PPE) sieht bis 2028 eine Gesamtleistung von die mit großer Sicherheit überschritten werden dürften. 4,7 bis 5,2 GW vor. Polen verfügt derzeit noch über keine Marktbeobachter rechnen damit, dass China bis Ende installierte Offshore-Leistung, doch erwartet der polni- des kommenden Jahrzehnts mehr als 30 GW Offshore- sche Übertragungsnetzbetreiber PNE einen Ausbau von Windleistung aufbauen kann. Damit würde 2030 jedes 4 GW bis 2027. In Irland, das bisher erst 25 MW instal- vierte bis fünfte weltweit installierte Offshore-GW vor der liert hat, wird mit einem Ausbau von 1,2 bis 2 GW bis chinesischen Küste stehen. Aller Voraussicht nach wird 2030 gerechnet. China Mitte des kommenden Jahrzehnts das Vereinigte Königreich als Land mit der größten installierten Offshore- > Leistung ablösen. In Taiwan wurden bereits Ausschrei- Dynamisch wachsende bungen durchgeführt, die bis 2025 zu einem Ausbau auf Offshore-Märkte künftig vor 5,5 GW führen sollen. Taiwan wird mit einem Ausbau auf etwa 10 GW bis 2030 an zweiter Stelle hinter China in allem in Asien Asien sein. Japan hat jüngst die gesetzliche Grundlage für den Offshore-Ausbau geschaffen und wird nun die Die europäische Dominanz wird noch einige Jahre anhal- Phase kleinerer Demonstrationsprojekte hinter sich las- ten: Noch im Jahr 2022 dürften von den dann weltweit zu sen. Da Japan keine offiziellen Ausbauziele hat, sind erwartenden 46 GW etwa 34 GW in Europa installiert Schätzungen hinsichtlich des künftigen Zubaus schwie- sein. Allerdings blicken Marktbeobachter in jüngerer Zeit rig und divergieren erheblich. Ein Ausbau auf etwa zunehmend nach Asien und Nordamerika, wo in den 10 GW bis 2030 scheint politisch gewünscht zu sein. In kommenden Jahren ebenfalls ein dynamisches Wachs- Südkorea werden 13 GW bis 2030 angepeilt. Analysten- tum erwartet wird. In den asiatischen Ländern waren einschätzungen sehen für beide Länder derzeit allerdings Ende 2016 lediglich etwa 1,7 GW (Ende 2018: 4,8 GW) einen geringeren Ausbau voraus. installiert. Allerdings wird die installierte Leistung voraus- sichtlich bis Ende 2022 auf 11,3 GW wachsen. Kern- Für die nächsten Jahre ist aufgrund der klimatischen und märkte sind China, Japan, Korea und Taiwan. In diesen naturräumlichen Bedingungen sowie aufgrund des Auf- Ländern sind die industriellen und infrastrukturellen Vo- baus der erforderlichen Infrastruktur noch mit – im Ver- raussetzungen größtenteils noch zu schaffen, insbes. der gleich zu Europa – eher kleineren Projekten und etwas Aufbau einer Hafen-Infrastruktur sowie der Aufbau von höheren Stromgestehungskosten zu rechnen. Industrien zu Herstellung von Spezialschiffen, großen Windgeneratoren und Tragstrukturen. Weiterhin müssen Auf wachsendes Interesse stößt auch der nordamerikani- netzseitige Voraussetzungen für die Aufnahme von Off- sche Markt. Die USA hatten Ende 2017 lediglich eine shore-Windenergie geschaffen werden. Allerdings sind installierte Leistung von 30 MW, bis Ende 2022 sollen es die Bedingungen für die Schaffung einer Offshore-Indus- rund 1,2 GW sein. Einschätzungen zum weiteren Ausbau trie in den genannten Ländern sehr gut. So haben China, divergieren allerdings. Bloomberg prognostiziert, dass bis Japan und Südkorea über langjährige Erfahrungen bei 2030 3 bis 4 GW in den USA insgesamt installiert sein der Produktion von Windkraftanlagen und damit über ei- werden; BVG Associates liefern eine optimistischere Pro- ne entsprechende Lieferkette. Insbesondere Japan und gnose, bei der die jährliche installierte Kapazität im Jahr Südkorea verfügen über eine gut ausgebaute maritime 2026 über 1 GW liegt und eine Gesamtleistung von Industrie. In Japan, Südkorea und Taiwan werden zudem 8,4 GW Ende 2030 erreicht wird; noch optimistischer ist Marktreformen (insbes. Unbundling integrierter Staats- Wood Mackenzie mit deutlich über 9 GW bereits 2027. In unternehmen) durchgeführt. Auch muss die verwendete den USA gibt es kein Ausbauziel für Offshore auf der Technologie an die spezifischen Bedingungen der Region Bundesebene; vielmehr treiben einzelne Bundesstaaten den Ausbau voran. Gründe hierfür sind insbesondere die 51
Energie in der Welt Abbildung 2.19: Erwarteter Offshore-Zubau weltweit bis 2030 in GW GW 200 180 160 140 120 USA 100 Europa Asien 80 60 40 20 0 2019 2020 2021 2022 2023 2023 2025 2026 2027 2028 2029 2030 Quelle: Wood Mackenzie; Japan und Südkorea: politische Ausbauziele; Irland 2030: National Offshore Wind Energy Association of Ireland; Polen 2030: Foundation for Sustainable Energy; Extrapolation 2027 bis 2030 EnBW eingeschränkte Flächenverfügbarkeit für andere Erneu- Ein wesentlicher Grund für das globale Wachstum der erbaren-Technologien im Nordosten der USA und die Offshore-Technologie ist – neben Faktoren wie begrenz- Hoffnung, dass sich die zunehmende Erneuerbaren-Pro- ter Flächenverfügbarkeit für Onshore-Technologien – die duktion dämpfend auf den örtlichen Strompreis auswir- Kostenentwicklung. Die Stromgestehungskosten, also die ken wird. Der Ausbauschwerpunkt wird zunächst an der Gesamtkosten, umgelegt auf die produzierte Megawatt- Ostküste sein. Besonders aktiv sind derzeit Maryland stunde, werden sich bis 2030 gegenüber 2015 um etwa (Ziel: mehr als 480 MW bis 2022), Massachusetts zwei Drittel vermindert haben (von etwa 150 EUR/MWh (1,6 GW bis 2027), New York (2,4 GW bis 2030), New auf etwa 50 EUR/MWh). Hauptgründe auf der techni- Jersey (3,5 GW bis 2030), Maine (5 GW bis 2030) und schen Ebene sind größere und effizientere Generatoren, Connecticut (825 GWh pro Jahr im Jahr 2025). Auch in optimierte Tragstrukturen, technische Fortschritte bei der Kalifornien ist ein substanzieller Ausbau geplant, aller- Verkabelung und beim Netzanschluss (Erhöhung der Ka- dings wird hier wegen der Wassertiefen vor allem auf pazität und der Spannung der Exportkabel). Wesentliche schwimmende Fundamente zurückgegriffen werden Kostenreduzierungen haben sich zudem durch Verbes- müssen. Entsprechende Projekte dürften erst nach 2025 serungen bei Installation und Logistik (Reduzierung von realisiert werden. Ähnlich wie in Asien muss auch in den Installationszeiten, Logistikoptimierung) sowie durch Op- USA erst eine Lieferkette sowie eine Offshore-Infrastruk- timierungen bei Betrieb, Wartung und Instandhaltung tur aufgebaut werden. ergeben. > Der größte Kostensenkungseffekt hat sich bislang bei den Deutliche Kostensenkungen Generatoren ergeben, bei denen ein deutliches Größen- stützen den weltweiten wachstum zu verzeichnen war. Größere Generatoren ver- mindern naturgemäß die Anzahl der zu errichtenden Ausbau von Offshore Windenergieanlagen und reduzieren den Wartungs- und Instandsetzungsaufwand. Die Kapazität der Generatoren 52
Energie in der Welt ist allein in den letzten zehn Jahren um etwa 100 % ge- stiegen (pwc). In Europa betrug die durchschnittliche Größe der installierten Offshore-Windkraftanlagen im Jahr 2017 5,9 MW, was allein gegenüber 2016 einem Anstieg von 23 % entspricht. Die Anlagengrößen werden in den kommenden Jahren noch deutlich weiter zuneh- men. So wird damit gerechnet, dass bis 2024 Generato- ren mit einer Leistung von bis zu 15 MW im Markt zur Verfügung stehen werden (WindEurope). Schwimmende Fundamente (Floating Offshore) sind der- zeit noch in der Entwicklung begriffen. Aktuell sind welt- weit lediglich etwa 20 MW installiert; ca. 300 MW De- monstrationsanlagen und 7 GW in Großprojekten sind angekündigt (Norwegian Energy Partners/BVG). Die ge- naue Entwicklung ist aktuell noch schwer abzuschätzen, da sich bisher keines der derzeit in Entwicklung befindli- chen technischen Konzepte für die schwimmende Trag- struktur durchgesetzt hat. Ein wesentlicher Vorteil der Floating-Technologie ist, dass sie bei größeren Küstenentfernungen in größerer Wasser- tiefe, d. h. mit noch besserer Windausbeute eingesetzt werden kann. Aufgrund der hohen Windausbeute erwar- ten einzelne Marktbeobachter sogar, dass die Stromge- stehungskosten bei Anlagen mit schwimmenden Funda- menten noch schneller sinken könnten als bei der fest installierten Offshore-Windenergie. Von heute 180 bis 200 €/MWh wird bis 2030 mit einem Rückgang der Kos- ten auf 40 bis 60 €/MWh gerechnet (WindEurope). Der- zeit ist eine solche Entwicklung aber sehr schwierig zu prognostizieren, weil sich die Technologie noch in einem frühen Stadium befindet. Vor allem Japan und Korea sowie die Westküste der USA dürften aufgrund der großen Wassertiefen wesentliche Testmärkte für schwimmende Fundamente werden. Al- lerdings ist das Potenzial für Anlagen mit festen Funda- menten sowohl an der US-Ostküste als auch in Asien in den kommenden Jahren noch ausreichend. Die absehbar deutlichen Kostensenkungen und auch die für eine Erneuerbaren-Erzeugungsart hohe Volllaststun- denzahl dürften dafür sorgen, dass Offshore-Windener- gie immer wettbewerbsfähiger auch gegenüber neu zu installierenden fossilen oder nuklearen Anlagen wird und der Ausbau global dauerhaft anhält. Zur Umsetzung ihrer Dekarbonisierungsziele setzen einige Länder außerdem auf diese Technologie, um räumlichen Beschränkungen oder an Land auftretenden Akzeptanzproblemen zu ent- gehen. 53
Energie in der Welt 2.4 Batterieelektrische Antriebe vs. E-Fuels • Elektromobilität und E-Fuels ergänzen sich komplementär in unterschiedlichen Mobilitätsanwendungen • Die ambitionierten deutschen Klimaziele sind nur im Zusammenspiel beider Technologien zu erreichen • Neben dem initiierten Hochlauf der Elektromobilität wird auch ein zeitiger Markthochlauf von E-Fuels benötigt Was sind E-Fuels? bei ca. 150.000 Elektro-Pkw. Das erfolgreichste Elektro- modell in Deutschland 2018 (Batterieelektrisch [BEV] E-Fuels sind synthetische, strombasierte Kraftstoffe, die und Plug-In-Hybrid [PHEV]) ist der VW Golf. Dahinter mit heutigen Diesel und Benzin nahezu vollständig iden- folgen der Renault Zoe und der BMW i3. Der Marktanteil tisch sind, aber nicht aus fossilen Quellen stammen son- der deutschen Hersteller ist in den meisten großen Märk- dern aus erneurbarem Strom, Wasser und CO2 hergestellt ten außer China in etwa so groß wie bei Pkw insgesamt. wurden. Während ihres Produktionsprozesses wird CO2 In den USA ist er mit 11 % sogar klar höher als der Ge- gebunden, das während der Nutzungsphase in gleicher samtmarkanteil. Menge wieder emittiert wird – sodass der gesamte Kreis- lauf von Produktion bis Nutzung klimaneutral ist. Im größten Markt China schwächt sich das Wachstum im Jahresverlauf etwas ab. Trotzdem werden in China inzwi- Bisher hat die deutsche Industrie zu Forschungszwe- schen mehr Elektro-Pkw neu zugelassen als in Westeuro- cken, dem Bau von Pilotanlagen und der Finanzierung pa, den USA und Japan zusammengenommen. In West- von Start-ups ca. 200 Mio. Euro in E-Fuels-Technologien europa beträgt die Wachstumsrate der Pkw-Elektroneu- investiert. Damit ist Deutschland führend bei der Ent- zulassungen 33 Prozent. In den Volumenmärkten sind wicklung und Herstellung von Elektrolyseuren und Um- die Zuwächse bescheidener. In Norwegen sind es 21 wandlungstechnologien (Methanisierung, Methanolsyn- Prozent, in Großbritannien und Frankreich 19 Prozent. these oder Fischer-Tropsch-Reaktoren). Viele Technologi- Beim Anteil bleibt Norwegen mit 52,9 Prozent an der en haben einen hohen technischen Reifegrad erreicht. In Spitze, Schweden erreicht 12,6 Prozent, die Niederlande den letzten 2 Jahren wurde eine Vielzahl von Studien in 7,4 Prozent und China 4,2 Prozent. Deutschland liegt bei Auftrag gegeben, die mögliche Produktionskosten von 2,6 Prozent und damit gleichauf mit den USA. E-Fuels im Zeitablauf bis 2050 untersucht haben, sie kommen je nach regionaler Verankerung der Produktion, Die Aufteilung des Elektro-Pkw Marktes auf BEV und Markthochlaufannahmen und Verzinsungsannahmen PHEV ist oft in etwa pari. In China allerdings entfallen auf Produktionskosten im Jahr 2030 um 1-2 €/l Diesel- 73 % aller Elektro-Neuzulassungen auf rein elektrische äquivalent. Parallel zu diesen Effekten entwickeln sich Fahrzeuge. In Westeuropa beherrschen die Plug-In Hyb- die Stromgestehungskosten erneuerbarer Energien welt- ride mit 51 % das Geschäft, in den USA kommen sie weit positiv für die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sogar auf 53 %. der E-Fuels-Produktion. Bei Brennstoffzellfahrzeugen wurden 2017 weltweit Die Studien kommen auch einvernehmlich zu dem 3.471 Neuzulassungen registriert – nach 2.290 im Jahr Schluss, dass E-Fuels zum Erreichen der Klimaziele fak- 2016. Zweidrittel der Neuzulassungen entfallen auf den tisch alternativlos sind. Flüssige synthetische Kraftstoffe US-Markt, 24 % auf Japan und nur 9 % auf Europa. werden mittel- bis langfristig mindestens in der Luft- und Schifffahrt unverzichtbar sein, abhängig von der Betrach- tungsweise auch im Straßenverkehr. Ein Markthochlauf Stärken und Schwächen Elektromobilität und dieser Technologien ist somit gesellschaftlich gefordert, E-Fuels was Investitions- und Planungssicherheit durch langfristi- ge und stabile Rahmenbedingungen benötigt. Es existieren unterschiedliche Vor- und Nachteile von Elektromobilität und E-Fuels. Elektrofahrzeuge emittieren bei der Fahrt keine Treibhausgase. E-Fuels hingegen Elektromobilität heute emittieren zwar bei der Verbrennung CO2, aber nur in genau der Menge, die zuvor der Atmosphäre entnommen Im Jahr 2017 wies Deutschland mit 54.617 Neuzulas- wurde, sind also ebenfalls klimaneutral. sungen, weltweit prozentual die höchste Wachstumsrate von 117 Prozent auf. 2018 konnte die Zahl der verkauf- Elektromobilität ist nahezu marktreif. Auch das Lade- ten Elektroautos noch einmal um 24 Prozent gesteigert infrastrukturnetz wird zunehmend dichter. Rund 13.500 werden. Am 1.1.2019 lag der Bestand in Deutschland öffentlich zugängliche Ladepunkte stehen bundesweit 54
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