Energiestrategie 2050 und ihre Umsetzung - Hintergrundpapier - Forma Futura
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Zusammenfassung Der fortschreitende Klimawandel trägt einen entscheidenden Anteil an Extremereignissen wie Dür- reperioden und Überschwemmungen, die sich in den vergangenen Jahren intensiviert haben. Die Energieerzeugung ist ein wichtiger Ansatzpunkt, wie diese verheerende Entwicklung verlangsamt werden kann. Genau dort setzt die Energiestrategie 2050 an – mit dem Ziel, die Energiewende in der Schweiz zu erreichen. Eine zentrale Voraussetzung, die jedoch oft im Hintergrund steht, ist dabei, dass die Be- völkerung die Ziele mitträgt, so dass die entsprechenden Gesetze an der Urne angenommen und die Massnahmen erfolgreich umgesetzt werden. Dieses Hintergrundpapier zeigt anhand von Leuchtturmprojekten, wie beispielsweise der Erneuer- baren-Energiegemeinschaft Walenstadt, innovativen Unternehmen und beherzten Privatpersonen, wie bereits heute zahlreiche konkrete Beiträge zur Umsetzung der Energiestrategie 2050 geleistet werden. 2
Inhaltsverzeichnis Zusammenfassung.....................................................................................2 Einleitung...................................................................................................4 Die Energiestrategie 2050 in Kürze...........................................................5 Die drei Säulen der Energiestrategie 2050................................................... 5 Atomausstieg.............................................................................................. 6 Steigerung der Energieeffizienz................................................................. 7 Ausbau der erneuerbaren Energien........................................................... 7 Gesetze.......................................................................................................... 8 CO²-Gesetz................................................................................................. 9 Energiegesetz............................................................................................. 9 Stromversorgungsgesetz............................................................................ 9 Umsetzung der Energiewende ................................................................10 … durch Leuchtturmprojekte in der Schweiz.............................................. 12 Erneuerbare-Energiegemeinschaften....................................................... 12 Programme von EnergieSchweiz.............................................................. 15 … durch Firmen im Forma Futura Anlageuniversum.................................. 18 Schneider Electric SA................................................................................ 18 NIBE Industrier AB.................................................................................... 18 … durch Mitarbeitende von Forma Futura.................................................. 19 Wohnen.................................................................................................... 19 Mobilität................................................................................................... 22 Fazit und Ausblick....................................................................................24 Quellenverzeichnis...................................................................................25 3
Einleitung Extreme Trockenheit, Überschwemmungen und Zum einen, da die heute existierenden Tech- Murgänge – der Klimawandel, der einen Anteil nologien, die eine Energiegewinnung ohne an solchen Extremereignissen der vergange- kohlenstoffreiche Rohstoffe wie Kohle, Öl und nen Jahre hat, zeigt sich auch in der Schweiz. Gas ermöglichen, im Energiesektor besser skalierbar sind als beispielsweise in der Land- Mit dem Pariser Klimaübereinkommen von 2015 wirtschaft oder in der Zementindustrie. Zum haben sich die teilnehmenden Länder verpflich- anderen, da der Anteil dieser CO²-reichen Roh- tet, die durchschnittliche globale Erwärmung im stoffe immer noch hoch ist: 2017 war Heizöl mit Vergleich zur vorindustriellen Zeit deutlich unter 40 Prozent der Heizungen und knapp 30 Pro- 2.0° Celsius zu begrenzen, wobei ein maximaler zent der Warmwasserversorgung in Wohnge- Temperaturanstieg von 1.5° Celsius angestrebt bäuden der Schweiz der Hauptenergieträger. wird. Bereits heute ist eine durchschnittliche globale Erwärmung von rund einem Grad Dazu hat die Schweiz die Energiestrategie 2050 Celsius erreicht, in der Schweiz liegt sie mit verabschiedet. Darin wird basierend auf drei Säu- rund 2.1° Celsius sogar doppelt so hoch! len festgehalten, wie die Schweiz in eine erneu- erbare Energieversorgung geführt werden kann. Die CO²-Emissionen von heute bestimmen die globale Erwärmung von morgen. Deren Da die Umsetzung der Energiestrategie 2050 Reduktion ist somit eine der grossen Herausfor- mit vielen rechtlichen Schritten verknüpft ist, derungen der kommenden Jahrzehnte, neben braucht dies in unserer Demokratie Geduld. vielen weiteren wie beispielsweise der schwin- Das hat beispielsweise das kürzliche Nein zur denden Artenvielfalt. Ein Schwerpunkt bei der Totalrevision des CO²-Gesetzes gezeigt. Die- CO²-Emissionsreduktion liegt auf der Energie. ses Hintergrundpapier zeigt auf, was fernab des rechtlichen Rahmens bereits alles mög- lich ist und umgesetzt wurde. Abbildungen 1 bis 3: Ausgetrocknete Emme Hochwasser in Luzern Murgang mit Blockschlag Sommer 2018 Sommer 2021 Axenstrasse Frühling 2020 (Bundesamt für Umwelt) (Tagesanzeiger) (Bundesamt für Strassen) 4
Die Energiestrategie 2050 in Kürze Der Ursprung der Energiestrategie 2050 liegt hende Energiestrategie zu überprüfen und die in der Nuklearkatastrophe vom März 2011 in Energieperspektiven 2035 zu aktualisieren. Da- Fukushima (Japan). Aufgrund dieses tragischen raus sind die Energieperspektiven 2050 und Ereignisses beauftragte der Bundesrat das Eid- schliesslich die Energiestrategie 2050 ent- genössische Departement für Umwelt, Verkehr, standen, deren Grundlage das Anfang 2018 Energie und Kommunikation (UVEK), die beste- in Kraft getretene totalrevidierte Energiege- setz bildet. «Die Energiestrategie 2050 ist eine Massnahme der Schweiz, die Erderwärmung zu reduzieren – heute beträgt diese hier bereits doppelt so viel wie im globalen Durchschnitt.» Die drei Säulen der Energiestrategie 2050 Abbildung 4: Schwerpunkte der Energiestrategie (Eidgenössisches Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation UVEK) 5
Atomausstieg Eine Säule bildet der Atomausstieg. Konkret (ENSI) gewährleistet ist. Zudem ist die Wieder- bedeutet das, dass keine neuen Rahmen- aufarbeitung abgebrannter Brennstäbe verbo- bewilligungen für Kernkraftwerke vergeben ten – sie müssen als radioaktiven Abfall entsorgt werden und bestehende Kraftwerke in Betrieb werden. Die Nuklearforschung jedoch wird vom bleiben, solange die Sicherheit gemäss Eid- Bund weiterhin unterstützt und nicht verboten. genössischem Nuklearsicherheitsinspektorat Infobox radioaktive Abfälle Mit dem Atomausstieg stellt sich die Frage drei mögliche Standorte vertieft untersucht nach der Entsorgung der radioaktiven Ab- werden. Das Verfahren soll 2029 enden, dann fälle. Denn der radioaktive Abfall der fünf benötigt es einen Entscheid des Bundesrates Kernkraftwerke in der Schweiz, den grössten und eine Genehmigung dieses Entscheids Verursachern dieser Abfälle in der Schweiz, durch das Parlament. Anschliessend kann entspricht dem Volumen der Bahnhofshalle das fakultative Referendum ergriffen werden. des Hauptbahnhofs Zürich. Die abgebrannten Wenn alles nach Plan läuft, wird das Tiefen- Brennelemente gelten als hochaktive Abfälle lager für schwach- und mittelaktive Abfälle und benötigen 200'000 Jahre, um auf ein so 2050, jenes für hochaktive Abfälle 2060 in Be- tiefes Niveau von Radiotoxizität («Giftigkeit») trieb gehen. Was bei einer Ablehnung durch zu kommen wie das Uran, das als Erz in der das Volk, ca. 2031, geschehen würde, ist of- Natur vorkommt. Während dieser Zeit sollen fen. Bis dahin lagern die Abfälle im Zwischen- sie, gemeinsam mit schwach- und mittelakti- lager für radioaktive Abfälle in Würenlingen. ven Abfällen, in einem geologischen Tiefen- lager entsorgt bzw. gelagert werden. Dabei Das erste und bisher einzige Kernkraftwerk sind die Abfälle tief im Untergrund in stabilen der Schweiz, das vom Netz ging, ist das AKW Gesteinsschichten untergebracht. Mühleberg. Obwohl es nur während 48 Jah- ren Strom produzierte, nun jedoch Abfälle hin- Weltweit ist noch kein Endlager in Betrieb, terlässt, deren Entsorgung ungeklärt ist und das erste soll in Finnland 2025 fertiggestellt die während 200'000 Jahren hoch radioaktiv werden. Wo und ab wann das in der Schweiz sind, werden immer wieder Stimmen laut, die der Fall sein wird, ist unklar. Aktuell ist die Kernenergie als nachhaltig einstufen lassen dritte Etappe des Verfahrens im Gang, in der möchten. 6
Steigerung der Energieeffizienz Um erstens den Wegfall der Energie aus den gungen, wie beispielsweise Steueranreize Kernkraftwerken zu kompensieren und zwei- für Gebäudesanierungen, ist die Entwicklung tens dem erhöhten Energiebedarf gerecht zu energieeffizienter Technologien für diese werden, soll die Energieeffizienz von Gebäu- Säule zentral. Dazu tragen zahlreiche innova- den, Mobilität, Industrie sowie Geräten erhöht tive Unternehmen bei. Beispiele dazu sind im werden. Neben gesetzlichen Rahmenbedin- hinteren Teil des Hintergrundpapiers zu finden. «Der Atomausstieg, die Steigerung der Energieeffizienz sowie der Ausbau der erneuerbaren Energien sind die Bestandteile der Energiewende in der Schweiz.» Ausbau der erneuerbaren Energien Damit die Ziele der Energiestrategie 2050 er- auch die anderen erneuerbaren Energien wie reicht werden, braucht es zusätzlich zur ge- Sonne, Wind, Holz, Biomasse und Geothermie steigerten Energieeffizienz den Ausbau er- ausgebaut werden. Dort, wo das nicht heu- neuerbarer Energien. Die Bestandteile dieser te schon der Fall ist, sollen die erneuerbaren Säule sind die gezielte Förderung erneuer- Energien mit der Zeit gegenüber den übrigen barer Energien sowie die Verbesserung der Energiequellen wirtschaftlich konkurrenzfähig rechtlichen Rahmenbedingungen. Neben der werden. bereits stark ausgebauten Wasserkraft sollen Abb. 5: Entwicklung der erneuerbaren Energien Abb. 6: Entwicklung der erneuerbaren Energien in der Schweiz 1965 bis 2019 weltweit 1965 bis 2019 (BP Statistical (BP Statistical Review of Global Energy) Review of Global Energy) 7
Gesetze Das Bundesgesetz über die Reduktion der CO²- erster Linie im Energiegesetz geregelt, welches Emissionen, kurz CO²-Gesetz, besagt, dass die am 1. Januar 2018 totalrevidiert in Kraft trat. Schweiz bis 2050 Netto-Null CO²-Ausstoss er- Ebenfalls zentral ist das Bundesgesetz über die reichen soll. Um das zu erreichen, spielt die Stromversorgung. Energiewende eine wichtige Rolle. Diese wird in Abbildung 7: Chronologie Energiestrategie 2050 (Forma Futura) 8
CO²-Gesetz Da Energie- und Klimapolitik eng verknüpft derung wie eine CO²-Abgabe auf Brennstoffe sind, ist die Nennung des CO²-Gesetzes zent- sowie durch Änderungen des Mineralölsteuer- ral. Im CO²-Gesetz geht es darum, Emissions- gesetzes wie die Erleichterung für Erd- und reduktionsziele sowie die dazu notwendigen Flüssiggas sowie biogene Treibstoffe erreicht Massnahmen bis 2030 festzulegen. Die im Juni werden sollen. 2021 abgelehnte Totalrevision formulier- te Reduktionsziele bis 2030 und hatte das Nachdem das Referendum ergriffen wurde, langfristige Ziel, dass die Schweiz bis 2050 hat die Bevölkerung die Totalrevision am 13. Netto-Null CO²-Ausstoss erreicht. Netto-Null Juni 2021 mit 51.6 Prozent abgelehnt. So- bedeutet in diesem Zusammenhang, dass wei- mit kann die Schweiz den CO²-Ausstoss nicht terhin CO² ausgestossen werden darf, dass die- wirksam reduzieren und das Erreichen des ser aber durch Negativ-Emissionstechnologien Klimaziels rückt in weite Ferne. Zudem stehen und natürliche Senken, beispielsweise Wälder ohne Flugticketabgabe weniger zusätzliche Mit- und Moore, kompensiert werden muss. Die Re- tel für klimafreundliche Investitionen in Gebäu- duktionsziele hätten durch technische Massnah- de, für Ladestationen und Elektrobusse sowie men wie CO²-Grenzwerte für Gebäude, durch für neue Technologien bereit. Im Nachgang der Emissionshandel und CO²-Kompensation wie Abstimmung, bei der alle Parteien ausser der die Verkehrsverlagerung von der Strasse auf SVP ein Ja unterstützt haben, ist unklar, wie die die Schiene, durch Lenkungsabgaben und För- Klimapolitik der Schweiz aussehen wird. Umso wichtiger sind freiwillige Initiativen. Energiegesetz Das Energiegesetz verankert Richtwerte für ketes der Energiestrategie 2050, zu denen das den Energie- und Stromverbrauch. Neben Verbot von Atomkraftwerken, strengere Abgas- dem Gesamtenergie- und Stromverbrauch pro vorschriften, Geld für energetische Sanierungen, Person werden darin auch Richtwerte für den erneuerbare Energien und Grosswasserkraft Ausbau der Stromproduktion der erneuerbaren sowie beschleunigte Bewilligungsverfahren für Energien festgehalten. An diesen Richtwerten Windparks und Solaranlagen gehören. Dieses orientieren sich die Massnahmen des ersten Pa- Gesetz ist seit dem 1. Januar 2018 in Kraft. Stromversorgungsgesetz Das Stromversorgungsgesetz schafft die Vor- gungsgesetzes ist die vollständige Öffnung aussetzungen für eine sichere, zuverlässige und des Strommarktes. Im gleichen Zug soll auch nachhaltige Elektrizitätsversorgung in allen Lan- das Energiegesetz angepasst werden. Darin desteilen und legt den Erhalt und die Stärkung sollen als Begleitmassnahme zur Marktöffnung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der die Investitionsanreize in die einheimischen er- Schweizer Elektrizitätswirtschaft fest. Ziel der neuerbaren Energien verbessert und damit die derzeit laufenden Revision des Stromversor- Versorgungssicherheit gestärkt werden. 9
Umsetzung der Energiewende ... Die erste Säule des Atomausstiegs ist bereits zentrale Voraussetzung, damit die Energiewen- beschlossen. Für die Erhöhung der Energie- de gelingt: Die Bevölkerung muss die Ener- effizienz und den Ausbau der erneuerbaren giewende, die dazu notwendigen Gesetze Energien sind noch viel Forschung und daraus und die entstehenden neuen Technologien resultierende technologische Fortschritte not- und Techniken akzeptieren, damit sie ange- wendig. Zusätzlich braucht es aber eine weitere wendet werden können! «Die soziale Akzeptanz ist ein Faktor, der potenziell eine wichtige Barriere für die Erreichung der Ziele im Bereich erneuerbarer Energien darstellen kann.» Ein Ausbau der erneuerbaren Energien im gros- Wasserkraft (davon rund 50 Prozent aus Gross- sen Stil ist in der Schweiz unausweichlich. Das wasserkraft, der Rest aus Kleinwasserkraft) und zeigt ein Blick auf die Ausgestaltung des Aus- lediglich 6 Prozent aus den restlichen erneuer- baus der erneuerbaren Energien: 2017 stamm- baren Energien (Abfall, Biogas, Biomasse, Solar, ten rund 63 Prozent der produzierten Elektrizi- Wind). tät aus erneuerbaren Quellen: 57 Prozent aus 36.9% nicht erneuerbare Stromproduktion 6.38% diverse erneuerbare Energien 56.7% Wasserkraftwerke erneuerbare Stromproduktion Abbildung 8: Elektrizität in der Schweiz 2017 (Bundesamt für Energie) 10
Damit auch der verbleibende Anteil zukünftig lionen Haushalten), der Windenergie (4'000 aus erneuerbaren Energien stammt, braucht GWh, entspricht 1.2 Millionen Haushalten) so- es grosse Anstrengungen. Mit einem Zubau wie der Kleinwasserkraft (2'200 GWh, entspricht bis 2050 von 10'400 GWh, was dem Strom- 650'000 Haushalten). Zur Einordnung: Ein mitt- verbrauch von 3 Millionen Haushalten be- leres Atomkraftwerk hat eine maximale Leistung stehend aus drei Personen in einem Mehrfa- (Nennleistung) von 1400 MW, das entspricht milienhaus entspricht, wird den Solaranlagen jährlich 11’000 GWh Strom für ca. 3.5 Millionen im Ausbau der erneuerbaren Energien der Haushalte. Die tatsächliche Leistung kann gerin- grösste Anteil zugesprochen, gefolgt von der ger ausfallen. Geothermie (4'400 GWh, entspricht 1.3 Mil- Infobox Masseinheiten aus dem Energiebereich Leistung W = Watt kW = Kilowatt = 1'000 W MW = Megawatt = 1'000 kW = 1 Mio. W kWp = Kilowatt Peak = maximale Leistung von Solarmodulen unter Idealbedingungen Stromproduktion kWh = Kilowattstunde MWh = Megawattstunde = 1'000 kWh GWh = Gigawattstunde = 1'000 MWh = 1 Mio. kWh Eine Kilowattstunde (kWh) ist die Energiemenge, die bei einer Leistung von einem Kilowatt innerhalb von einer Stunde umgesetzt wird. Für folgende Aktivitäten wird jeweils eine Kilowattstunde Strom benötigt: 70 Tassen Kaffee kochen 1 Stunde lang die Haare föhnen 15 Hemden bügeln 1 Maschine Wäsche waschen bei 60 Grad 50 Stunden am Laptop arbeiten 15 Stunden Licht einer 60W-Glühlampe 90 Stunden Licht einer 11W-Energiesparlampe 7 Stunden fernsehen Stromverbrauch eines Haushaltes Ein mittlerer Verbrauch eines Haushalts mit drei Personen in einer Mehrfamilienhauswohnung ohne Elektroboiler, Elektroheizung und Wärmepumpe beträgt etwa 3’400 kWh pro Jahr (EKZ 2018). Der jährliche Stromverbrauch kann aber stark schwanken, je nach Zahl der Personen in einem Haushalt und abhängig davon, ob die Personen in einer Wohnung oder einem Ein- familienhaus leben. Quelle: Akzeptanz erneuerbarer Energie. Stadelmann-Steffen et al., Kap 2, Seite 29 11
Die für diesen Ausbau notwendigen Solaran- inoffizielle fünfte Landessprache der Schweiz lagen, Windräder und Kleinwasserkraftwerke die Energiewende nicht blockiert, ist, die Un- sind grundsätzlich kaum bestritten, sobald sicherheiten der lokalen Bevölkerung ernst zu es aber um die konkrete Umsetzung geht, nehmen und zu beseitigen, mit anderen Worten werden Zielkonflikte sichtbar. Bei lokalen Bau- die erwähnte soziale Akzeptanz herzustellen. Im projekten sind diese besonders einschneidend, Folgenden werden Projekte und Initiativen ge- denn mit dem Instrument der Einsprache kann zeigt, denen genau dieser Prozess erfolgreich bereits eine einzelne Person ein Projekt blo- gelungen ist. ckieren. Die Lösung, damit die Einsprache als … durch Leuchtturmprojekte in der Schweiz Erneuerbare-Energiegemeinschaften Das grosse Potenzial, das dem Solarstrom und kommen zu speichern und in Zeiten niedrigerer der Windenergie zugesprochen wird, führt di- Produktion zur Verfügung zu stellen. Das würde rekt zu den Erneuerbare-Energiegemeinschaf- neben neuen Technologien einen Netzausbau ten. Die erneuerbaren Energien produzieren im grossen Stil bedingen. Dass dieser Ausbau nicht gleichmässig Strom: Solaranlagen produ- kleiner ausfallen kann, ist ein Grund, weshalb zieren mehr, je stärker die Sonneneinstrahlung Wissenschaftler*innen aus dem Energiebereich ist, das Gleiche gilt für Windräder bezüglich immer wieder die Relevanz dezentraler Energie- der Windstärke. Das heutige Stromnetz ist aber gemeinschaften betonen. noch nicht darauf ausgelegt, hohe Energievor- «Energiegemeinschaften sind ein elementarer Bestandteil der Energiewelt von morgen: Sie dienen dazu, die zeitlich versetzte Produktion und den Verbrauch von Energie dezentral auszugleichen, was zur Entlastung des Stromnetzes führt.» Dabei schliessen sich meistens Privatpersonen, Notwendigkeit für einen Netzausbau reduziert Gemeinden und/oder KMU zusammen, um in werden. Die Akteur*innen sind dabei nicht einer lokalen Energiegemeinschaft Strom zu mehr nur Endkund*innen, sondern werden Pro- produzieren und zu verbrauchen. Durch den lo- sumer genannt, eine Wortkombination aus Pro- kalen Ausgleich von Erzeugung und Verbrauch duzent*in und Konsument*in. können Systembelastungen minimiert und die 12
Abbildung 9: Entwicklung der Energieproduktion vom Einfamilienhaus zur Erneuerbare-Energiegemeinschaft (Eigene Darstellung, Bildquelle: https://greenenergylab.at/presse/publikationen/) Ein weiterer Vorteil von Erneuerbare-Energie- ziehen auch weitere Akzeptanz nach sich. Zu- gemeinschaften ist die lokale Wertschöpfung, dem wird das Energiesystem durch die Betei- welche die Notwendigkeit von Energieim- ligung der Bevölkerung demokratisiert und porten minimiert und so zur Unabhängigkeit durch die Visualisierung des aktuellen Strom- vom Ausland beiträgt. Diese Unabhängigkeit, verbrauchs sowie der Stromproduktion wird das zusammen mit dem Entfallen des Transportes Energiebewusstsein gesteigert, was zu einem von Energie, erhöht zudem die Versorgungssi- geringeren Energieverbrauch führen kann. cherheit. Das enorme Potenzial von solchen Erneuer- Damit diese Art der Stromproduktion populär bare-Energiegemeinschaften lässt sich am Bei- wird, ist die Akzeptanz der Bevölkerung, die spiel Deutschlands sehen, wo Privatpersonen, Teil der dezentralen Energiegemeinschaften Landwirt*innen und das Gewerbe 2016 bereits werden soll, zentral. Sie ist aber nicht nur die 55.4 Prozent der gesamten Leistung zur Strom- Voraussetzung für eine Erneuerbare-Energie- erzeugung aus Erneuerbaren-Energien-Anla- gemeinschaft, sondern erfolgreiche Projekte gen ausmachten. 13
Abbildung 10: Historische Entwicklung der Anteile in Deutschland (https://www.trendresearch.de) Beispiel Quartierstrom Walenstadt Auch in der Schweiz gibt es erste Erneuerba- teiligten der Stromverbrauch sowie die Strom- re-Energiegemeinschaften. Ein Beispiel ist das produktion der Photovoltaikanlagen (PVA) ge- Projekt Quartierstrom in Walenstadt, das die messen. erwähnten Vorteile aufzeigt. Bei diesem ein- zigartigen Pilotprojekt, das vom Bundesamt für Sobald ein Haushalt mehr Strom produziert Energie als Leuchtturmprojekt unterstützt wur- hat, als er verbrauchte, konnte er ihn für die de, bildeten 36 Privathaushalte und ein Alters- anderen Parteien ins Netz einspeisen. Wenn und Pflegeheim während der Pilotphase im Jahr im gesamten Netz überschüssiger Strom vor- 2019 eine Erneuerbare-Energiegemeinschaft. handen war, hat ihn das Wasser- und Elektrizi- Mittels einem Smart Meter wurde bei allen Be- tätswerk Walenstadt (WEW) gekauft. «Beim Pilotprojekt Quartierstrom Walenstadt wurden knapp vierzig Haushalte miteinander vernetzt und konnten Strom ins Netz einspeisen.» Im Gegenzug bezog die Erneuerbare-Energie- len Strommarktes stieg der Eigenverbrauch gemeinschaft weiterhin Strom vom WEW, um der Gemeinschaft als Ganzes auf rund 60 Pro- den vollständigen Bedarf zu decken, beispiels- zent, was fast einer Verdoppelung entspricht. weise bei bedecktem Himmel. Dank des loka- Zu 33 Prozent versorgten sich die Haushalte selbst mit Solarstrom, ohne Zutun des WEW. 14
Nach der erfolgreichen Pilotphase des Projekts Ziel ist es nun, mehr Haushalte ins Projekt Quartierstrom 1.0 wurde gleich anschliessend einzubinden, um Erneuerbare-Energiege- mit dem Projekt Quartierstrom 2.0 gestartet. meinschaften zukünftig für die grosse Masse verfügbar zu machen. Abbildung 11: Nutzungsverteilung Pilotprojekt Quartierstrom Walenstadt (https://quartier-strom.ch) Programme von EnergieSchweiz Wie viel Energie darf jede*r von uns verwen- lichen und deshalb oft langwierigen Weg – das den, so dass auch zukünftige Generationen ge- Aktionsprogramm EnergieSchweiz ins Leben nügend Ressourcen und einen lebenswerten gerufen. Damit werden Gemeinde, Städte, Are- Planeten vorfinden? Berechnungen haben er- ale sowie Regionen unterstützt, die bereits heu- geben, dass dies global 2000 Watt Primärener- te freiwillig an diesem Ziel und somit auch der gie Dauerleistung pro Person entspricht. Erreichung der Ziele der Energiestrategie 2050 mitwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, hat das Bundesamt für Energie (BFE) – als Ergänzung zum gesetz- 15
Hierzu gibt es sieben Förderungsprogramme: y Projektförderung y Smart-City y 2000-Watt-Gesellschaft y Mobilität y Energie-Region y 2000-Watt-Areal y Energiestadt Im folgenden Beispiel wird ein Fokus auf die werden können und deren Wirkung bei einer 2000-Watt-Areale gelegt. Dabei handelt es sich, Zusammenarbeit auf Quartierebene ansetzt. wie bei Erneuerbare-Energiegemeinschaften, ebenfalls um Projekte für eine nachhaltigere Ein 2000-Watt-Areal ist mehr als eine Sied- Schweiz, die nicht direkt von der Politik abhän- lung. Es steht für Energieeffizienz, erneuer- gig und deshalb unbürokratischer umgesetzt bare Energien und Klimafreundlichkeit. Abbildung 12: Das 2000-Watt-Areal Freilager in Zürich (https://freilager-zuerich.ch/) Um das Label zu erhalten, wird der gesam- ge ist dabei die Erreichung der drei Ziele der te Entwicklungsverlauf von der Erstellung bis 2000-Watt-Gesellschaft: zum Betrieb eines Areals betrachtet. Grundla- y Energieeffizienz: 2000 Watt Primärenergie y Nachhaltigkeit: 100 Prozent erneuerbare Dauerleistung pro Person Energieversorgung y Klimaneutralität: Null energiebedingte Treibhausgasemissionen Das Projekt wird dabei sowohl quantitativ, ent- Das Label ist zwar vom BFE geführt und ge- sprechend den Zielen der Energiestrategie 2050 staltet, wird aber mit Partnern umgesetzt. Der und den Klimazielen 2015 von Paris, als auch qua- Vizedirektor des BFE, Daniel Büchel, betont, litativ bewertet. Ende 2020 sind schweizweit dass neben Hochschulen und Städten die Zu- 39 Areale zertifiziert, davon befinden sich 26 sammenarbeit mit Unternehmen zentral sei, in der Entwicklung, fünf in der Transformation denn wenn ein Projekt wirtschaftlich oder und acht sind bereits in der Betriebsphase. technisch nicht umsetzbar sei, nütze es nichts. 16
Beispiel Freilager Zürich Ein Beispiel eines 2000-Watt-Areals ist das Frei- Freilager-Areals mit 78.2 Prozent Ja-Stimmen lager in Zürich. 1923 wurde die Zürcher Freilager angenommen. Der Weg für die Erstellung eines AG gegründet, um in Zürich-Albisrieden Lager- Wohn- und Gewerbequartiers war geebnet und flächen für die Zwischenlagerung unverzollter nach einer intensiven Planungs- und Bauphase Güter zur Verfügung zu stellen. Nach einer be- wurde das 2000-Watt-Areal 2016 fertiggestellt. wegten Geschichte des Areals hat das Stadt- zürcher Stimmvolk 2008 die Umzonung des «Die Stadt Zürich hat bereits vier 2000-Watt-Areale realisiert: Freilager, Hunziker Areal, Kalkbreite und Sihlbogen.» Im lebhaften Quartier, das aus fünf sehr unter- Areal umfasst 800 Mietwohnungen, fast 200 schiedlich gestalteten Quartierteilen besteht, Zimmer für Studierende sowie 18'200m² Ge- wohnen und arbeiten rund 2'500 Personen. Das werbe- und Büroflächen. Lebensqualität wird mit den grosszügigen, garten grossgeschrieben und Nachhaltigkeit offenen Räumen, dem vielseitigen Gewer- ganzheitlich verstanden, wie die folgenden beangebot, der guten öV-Anbindung sowie Highlights mit Fokus auf Energie zeigen: einer Kindertagesstätte und einem Kinder- y Die dreizehn Gebäude entsprechen dem nutzlos an die Umwelt abgegeben, ins Energiestand Minergie(-P-)Eco. Es handelt Anergienetz gespiesen und in Erdsonden sich somit mehrheitlich um Niedrigstenergie- gespeichert. So kann das Freilager die Bauten, die alle hohe Anforderungen Wärme im Winter zum Heizen und für die bezüglich Gesundheit und Bauökologie Warmwassererzeugung nutzen. erfüllen. y Ähnlich wie beim Quartierstrom Walenstadt y Die Heizwärme, Kühlung sowie das werden Strom, Wasser und Wärme in Warmwasser werden über ein Anergienetz Echtzeit mit Smart Metering gemessen, mit Erdsonden erzeugt bzw. aufbereitet. ausgewertet und angezeigt. Dadurch werden Das Anergienetz funktioniert so, dass es Bewohner*innen für ihren Eigenverbrauch mit einem nahegelegenen Rechenzentrum sensibilisiert und können diesen optimieren. verbunden ist. Dieses muss während des y Die Stromerzeugung erfolgt über ganzen Jahres gekühlt werden und gibt zertifizierten Ökostrom des Elektrizitätswerks Wärme ab. Diese Abwärme wird nun, statt der Stadt Zürich. 17
… durch Firmen im Forma Futura Anlageuniversum Zwei neue Ansätze im Energiebereich wurden innovative Unternehmen, welche die dazu not- soeben vorgestellt. Um diese und ähnliche wendigen Produkte sowie die dazugehörige In- Vorhaben erfolgreich zu realisieren, braucht es frastruktur entwickeln und herstellen. Im Folgenden sind beispielhaft zwei Unternehmen aus dem Forma Futura Anlageuniversum auf- geführt, die täglich für die Realisierung der Energiewende tätig sind. Schneider Electric SA Die französische Schneider Electric SA wur- ne, flexible, digitale Architektur und Plattform, de 1836 ursprünglich als Stahlwerk ge- die in Haushalten, Gebäuden, Rechenzentren, gründet. Heute hat das Unternehmen den Infrastrukturen und in der Fertigungsindust- Schwerpunkt im Bereich Stromerzeugung rie zum Einsatz kommt. Sie basiert auf dem sowie Übertragung und Verteilung des «Internet der Dinge», das die Vernetzung von Stroms. Die Lösung EcoStruxure™ ist ein Bei- physischen (z. B. Haushalten) und virtuellen spiel dafür, wie sie eine höhere Energieeffi- (z. B. Software) Gegenständen ermöglicht. zienz erreichen und so verschiedene Haus- halte und Unternehmen vernetzen können. Konkret bietet Schneider Electric mit dieser Lösung eine effektive und vollständig elektri- Letzteres ist - wie besprochen und in Abbil- sche Infrastruktur für Solarenergie, Windanla- dung 9 ersichtlich – die Voraussetzung für de- gen und Kleinwasserkraftwerke an, wodurch zentrale Erneuerbare-Energiegemeinschaften. die Produktivität gesteigert und der War- Bei E coStruxure™ handelt es sich um eine offe- tungsaufwand der Anlagen verringert wird. NIBE Industrier AB Die vor über 60 Jahren in Schweden gegrün- dukt im Winter Wärme erzeugt und im Som- dete Firma NIBE ist spezialisiert auf Lösungen mer Klimatisierung erreicht werden kann. für ein angenehmes Raumklima sowie für intel- ligente Heiztechnologie und Steuerung. Nach- Neben dieser Hardware trägt auch hier in- haltigkeit ist im Unternehmen stark verankert. telligente Software zur Energieeffizienz bei. Damit können beispielsweise Bewohner*innen Bei ihrem Angebot von Heizung, Klimatisie- die Wärmepumpe aus der Ferne steuern und so rung, Wärmerückgewinnung sowie Warm- die Heizung erst kurz vor Ankunft zu Hause ein- wasserbereitung setzen sie mit Wärme- schalten. Indem NIBE auch beim Produktdesign pumpen auf erneuerbare Energien, dabei um die Reduzierung von Umweltbelastungen nutzen sie Erd-, Luft- und Wasserwärme. bemüht ist, können sie die Umwelt zusätzlich Energieeffizienz wird durch Umkehrbarkeit schonen. erreicht, d. h. dass mit dem gleichen Pro- 18
… durch Mitarbeitende von Forma Futura Die folgenden Porträts von Forma Futura Mitar- nachhaltigeren Welt beizutragen. Hierzu müs- beitenden zeigen, dass jede*r von uns bei sich sen keine weiteren Gesetze oder Innovationen selbst, dem eigenen Haus, der Mietwohnung abgewartet werden. oder der Mobilität ansetzen kann, um zu einer Wohnen 65.4 Prozent der Energie in einem durchschnitt- unziker-Ebneter sowie Robert Müller, eben- H lichen Privathaushalt entfällt auf die Raumwär- falls Mitglied der Geschäftsleitung, in ihrem Zu- me, sprich die Heizung. Auf einen nachhaltigen hause auf Wärmepumpen, die eine Erdsonde Energieträger umzustellen lohnt sich somit be- als Wärmequellanlage verwenden. Christian sonders. In den Porträts werden die Fernwär- Kobler, Verwaltungsratspräsident und Mitglied me sowie die vernetzte Photovoltaikanlage er- der Geschäftsleitung, hat eine Heizung mit Bio- läutert. Weiter setzen unsere CEO Antoinette gas einbauen lassen. Privathaushalte: Wofür verbrauchen sie die Energie? 2,3% Waschen und Trocknen 65,4% 4,1% sonstige Elektrogeräte Raumwärme 1,9% Beleuchtung 2,7% Gefrieren und Kühlen 4,4% Kochen und Geschirrspülen 2,0% Klima, Lüftung und Haustechnik 14,4% Warmwasser 2,6% Unterhaltung, Information und Kommunikation Abbildung 13: Energieverbrauch in Schweizer Haushalten 2019 (Bundesamt für Energie) 19
Beispiel Fernwärme in der Mietwohnung Alice Balmer, Nachhaltigkeitsanalystin bei Forma Futura, ist sich bewusst, welche wich- tige Rolle die Raumwärme im gesamten Energieverbrauch der Privathaushalte spielt. Deshalb setzte sie sich in ihrer Mietwohnung erfolgreich für eine Alternative zur bishe- rigen Ölheizung ein. Diese war im Mehrfamilienhaus bereits seit 25 Jahren in Betrieb. Wie kam es, dass das Mietshaus heute ans Fern- len wollte. Da mir Nachhaltigkeit sehr am Her- wärmenetz des Kehrichtheizkraftwerkes Hagen- zen liegt, war es für mich keine Frage, mich holz angeschlossen ist? für diese Alternative einzusetzen. Daraufhin Das ganze Quartier in Zürich-Oerlikon hat habe ich das Gespräch mit der Vermieterin im Jahr 2018 eine Offerte der Stadt Zürich gesucht, welche nach tatkräftigem Engage- mit dem Angebot erhalten, an das Fernwär- ment meinerseits schlussendlich dem Wech- menetz Hagenholz angeschlossen zu wer- sel von der Ölheizung zur Fernwärme zuge- den. Unsere Vermieterin hat die Offerte lei- stimmt hat. der abgelehnt ohne die Mieter*innen zu informieren oder sich mit uns rückzusprechen. Wie ist es Dir gelungen, Deine Vermieterin zu überzeugen? Glücklicherweise hat sie aber meinen Namen Ich habe mir viel Zeit genommen die Sachlage als zukünftigen Kontakt angegeben. Eines Ta- zu erklären und bin auf die Fragen meiner Ver- ges erhielt ich dann tatsächlich ein Telefon eines mieterin im Detail eingegangen. So konnte ich Mitarbeiters der Stadt Zürich, welcher zusätzlich mein Wissen teilen, was schlussendlich auch bei eine Einschätzung von uns Mieter*innen einho- ihr zu einer Bewusstseinsbildung führte. Abbildung 14: Aus Abfall wird Energie (Stadt Zürich, Tiefbau- und Entsorgungsdepartement) 20
Infobox Fernwärme Stadt Zürich Um die Ziele der 2000-Watt-Gesellschaft zu me wird in Form von heissem Wasser über erreichen, bietet das Wärmenetz von Entsor- ein Leitungsnetz direkt in die angeschlosse- gung + Recycling Zürich (ERZ) in fünf Gebie- nen Gebäude gebracht. Bis 2050 soll mit der ten der Stadt Wärmelösungen für das Heizen, Fernwärme ein Viertel des Wärmebedarfs der Kühlen und die Warmwasseraufbereitung an. Stadt gedeckt sein. Die ERZ erzeugt insge- Dazu wird die Abwärme des Kehrichtheiz- samt so viel Wärme, wie 170'000 Haushalte kraftwerkes Hagenholz verwendet: Die Wär- verbrauchen. Beispiel vernetztes Eigenheim Jürg Wildhaber, stellvertretender Leiter Portfoliomanagement bei Forma Futura, hat sich beim Bau seines neuen Eigenheims 2020 für erneuerbare Energien entschieden. Dabei hat er eine Photovoltaikanlage (PVA) auf dem Dach inklusive einer einfachen Steuerung des Wassererwärmers (Boiler) installiert. Sein Haus ist zwar nicht wie bei Quartierstrom Walenstadt mit anderen Häusern vernetzt, dank einem Smart Meter hat er aber ebenfalls jederzeit die Kontrolle über die Produktion und den Verbrauch. Wie sieht der Stromverbrauch in Deinem neuen erhitzt wurde. Das war überhaupt nicht nötig, Zuhause aus? da ich dank der Sonne tagsüber das Wasser Die PVA produziert über das ganze Jahr 2020 wärmen kann. Dank der App spielte ich mit der gesehen rund 115 Prozent meines Stromver- Raumtemperatur, um zu sehen, was die opti- brauchs (inkl. Heizung und Wasser). Der Eigen- male Einstellung zwischen Komfort und Strom- verbrauch (Nutzung eigener Strom / Produktion verbrauch ist. Die zeitnahe Visualisierung von Total) lag bei 38 Prozent. Dank der Steuerung Verbrauch und Produktion hat mein Bewusst- des Warmwassers konnte ich den Eigenver- sein für Energie und Strom also definitiv ge- brauch praktisch verdoppeln. Der Autarkiegrad fördert und zu noch mehr Einsparnissen ge- (Nutzung eigener Strom / Gesamtverbrauch) lag führt. bei 48 Prozent. Wie nutzt Du die App für die Heizung? Wie kommst Du zu all diesen Zahlen? Zwischen 22:00 und 06:00 Uhr lasse ich die Den Stromverbrauch und Statistiken kann Temperatur im Haus um zwei Grad fallen, am ich via App anzeigen lassen (inkl. Charts). So Wochenende bis 08:00 Uhr. Wenn ich in die Fe- sehe ich immer, wann ich wie viel Strom rien gehe, schalte ich die Heizung auf Ferien- verbraucht und wie viel ich gleichzeitig modus, was dann das Haus auf einer Mindest- produziert habe. Das führte dazu, dass temperatur von 12 Grad belässt. Im Sommer ich meinen Energieverbrauch optimier- schalte ich die Heizung komplett aus um zu te: Waschmaschine und Geschirrspüler lau- verhindern, dass sich die Heizung einschaltet, fen möglichst nur, wenn die Sonne scheint. wenn die Temperatur einmalig kurz unter 20 Grad fällt. Dank der Steuerung habe ich zudem bemerkt, dass das Wasser über Nacht immer auf 55 Grad 21
Du hast gesagt, dass auch der Boiler an die PVA bei genug Strom auf 60 Grad erhitzt. So konnte angeschlossen ist. Wie funktioniert das? ich die Legionellenschaltung sparen. Über Nacht Ich habe den Boiler mit der PVA verbunden wird das Wasser zudem nur erhitzt, falls im Zeit- und mit einer Steuerung versehen lassen. Da- raum Mitternacht bis 04:00 Uhr die Wassertem- durch wird das Warmwasser während dem peratur unter 42 Grad fällt. Das Wasser wird bis Tag automatisch erhitzt, wenn ich mehr Strom max. 48 Grad erhitzt. Unter 40 Grad sollte das produziere als ich verbrauche. Immer genau Warmwasser nicht fallen, weil sich sonst Legio- der überschüssige Strom wird zum Wasser er- nellen bilden könnten. wärmen benötigt. Dank der PVA wird das Wasser Mobilität Neben der Steigerung der Energieeffizienz führen und deshalb die Technologie intensiver und dem Ausbau der erneuerbaren Energien genutzt oder Investitionen in andere Produkte gibt es einen weiteren, jedoch grundsätzlich und Dienstleistungen getätigt werden. So sind anderen Ansatz, der in der Energiestrategie die Technologien zwar effizienter, das Einspar- 2050 fehlt: Die Suffizienz. potenzial wird jedoch nicht realisiert. Dabei geht es nicht um einen technologieba- Ein Beispiel dafür ist die Automobilität. Mit dem sierten Ansatz, sondern darum, das Verhalten Wechsel von Autos mit Benzin- und Dieselan- von uns Menschen zu überdenken und zu ver- trieben auf Elektroautos kann der Energiever- ändern. Richtungsweisend sind dabei die Fra- brauch stark gesenkt werden. Das führt jedoch gen nach dem rechten Mass und ob es nicht nur zu einer weniger starken Belastung der Um- auch mit einem geringeren Ressourcenver- welt, wenn die Autos nicht gleichzeitig immer brauch geht. Diese Thematik ist besonders schwerer werden und mehr Kilometer mit ihnen wichtig, um einen Reboundeffekt zu verhin- zurückgelegt werden. Leider ist heutzutage eine dern. Davon wird gesprochen, wenn neue, ef- gegensätzliche Entwicklung zu beobachten. fizientere Technologien zu Kosteneinsparungen Was wäre, wenn die Neuwagen 2015 auf einen Schlag durch Elektroautos ersetzt würden? Energieverbrauch Diesel / Benzin Energieverbrauch Elektro 1'957'124'000 kwH 770'400'000 kwH Kosten für Treibstoff Kosten für Strom 337'435'200 CHF 154'080'000 CHF Kostenersparnis Energieverbrauch -54,34% -60,65% Abbildung 15: Einsparung von Energie und Kosten bei einem Wechsel zu Elektroautos (Bundesamt für Energie) 22
Beispiel Mobilität ohne eigenes Auto mit drei Kindern Der Grundsatz «weniger ist mehr» wird bezüglich Mobilität beim gesamten Nachhal- tigkeitsteam von Forma Futura grossgeschrieben, denn alle gehen ohne eigenes Auto durch das Leben. Für Balthasar Bänninger, stellvertretender Leiter des Nachhaltigkeits- teams, ist das teilweise eine besondere Herausforderung, da er eine Familie mit drei Kindern im Vorschulalter hat. Warum ihm diese Lebensweise trotzdem Freude macht und er nicht das Gefühl hat, auf etwas zu verzichten, erzählt er gleich selbst. Warum hast Du Dich für ein Leben ohne eige- viel Gepäck hat. Zudem ist es im Ausland oft nes Auto entschieden? schwierig einzuschätzen, ob der Besuch einer Das war weniger eine bewusste Entscheidung, Gegend ohne Auto möglich ist oder nicht. als dass es sich einfach so entwickelt hat. Ich hatte keinen Bedarf und habe diesen bis heu- Das ist vor allem so, da alle unterschiedlich aus- te grösstenteils nicht. Aus diesem Grund habe legen, was zumutbar ist. So haben wir es schon ich auch die Autoprüfung erst im Alter von 33 erlebt, dass uns gesagt wurde, wir müssten gemacht. unbedingt ein Auto haben und dann hat sich herausgestellt, dass es sich lediglich um 10 Was machst Du, wenn Du mal etwas Grosses Fussminuten bis ins Dorf handelt, was für uns transportieren musst oder sonst auf ein Auto natürlich problemlos ist. Ein anderes Mal hatte angewiesen bist? die Hauptstrasse kein Trottoir und das war dann Obwohl meine Familie und ich nach wie vor schon suboptimal, gerade mit den Kindern. kein Auto für Ausflüge, Ferien oder Einkäu- fe brauchen, gibt es natürlich auch bei uns In diesen Herausforderungen liegen aber auch Situationen, die ohne Auto nicht mit einem die schönen Seiten dieser Art zu reisen. Da man angemessenen Aufwand zu bewältigen sind. alles selbst tragen muss, ist das Gepäck limitiert. Dann kann ich entweder das Auto von meiner Diese Beschränkung auf das Wesentliche gibt Schwester, die im gleichen Haus wohnt, benut- mir auch ein Gefühl von Freiheit. Weiter sind zen oder ich reserviere ein Auto bei Mobility. die Begegnungen mit der lokalen Bevölke- Hier kommt mir der Wohnort in der Stadt zu rung im öffentlichen Verkehr sehr interessant. Gute, denn es hat in der Nähe unzählige Mobi- Oft ist beispielsweise bereits nach wenigen Mi- lity-Standorte, so dass meistens etwas passen- nuten erkennbar, welche Einstellung eine Kultur des verfügbar ist. gegenüber Kindern im öffentlichen Raum hat. So werden unsere Kinder in den Italienferien Was sind für Dich die herausforderndsten und immer herzlich aufgenommen und böse Blicke schönsten Momente ohne Auto? bleiben aus, auch wenn sie mal lauter sind. Die Vor- und Nachteile eines weitgehend autofreien Lebens werden mir in den Ferien Und zuletzt ist bei der Fahrt im Zug die am meisten bewusst. Solange noch nicht alle Aufmerksamkeit aller bei dem, was gerade Kinder laufen konnten, war es eine Heraus- draussen vorbeizieht oder drinnen passiert forderung mit dem Zug zu verreisen, da man und wir Erwachsenen müssen uns nicht auf die Kinder tragen musste und gleichzeitig das Fahren konzentrieren. 23
Fazit und Ausblick Das Hintergrundpapier hat aufgezeigt, dass einer nachhaltigen Schweiz gefragt ist. der oft gehörte Vorwurf der trägen De- mokratie als Verhinderin von Innovation Es braucht dazu die Gesellschaft, jede*n Einzel- und Fortschritt nicht als Argument dient, ne*n von uns, die immer wieder die Bereitschaft die Energiewende weiter zu verschieben. zeigt, neuen Technologien eine Chance zu ge- ben, eigene Meinungen zu überdenken und die Gemeinsam mit engagierten Mitbürger*in- positiven Seiten der Veränderungen zu sehen, nen, innovativen Unternehmen und der so dass dank einer erfolgreichen Energiewen- Unterstützung vom Staat in Form von För- de unsere Lebensqualität, aber auch jene von derprogrammen lässt sich bereits heu- nachfolgenden Generationen erhalten oder so- te vieles bewirken und weitere Menschen gar gesteigert werden kann. überzeugen, dass mutiges Handeln hin zu «Die Energiewende ist ein wichtiger Bestandteil des Dialoges zwischen Forma Futura und den Unternehmen im Anlageuniversum.» Forma Futura leistet ihren Beitrag, indem sie alten zur neuen Energiewelt befinden. Der dort in solide, zukunftsträchtige Firmen wie bei- geführte Dialog führt den Unternehmen vor spielsweise die vorgestellte Schneider Elec- Augen, dass die Thematik die Anleger*innen tric SA oder Nibe investiert und mit ihnen bewegt und in der Gesellschaft angekommen einen aktiven Unternehmensdialog führt. Der ist. So werden die Unternehmen zum Handeln Austausch wird aber auch mit Unternehmen ge- motiviert. führt, die sich erst noch in der Transition von der 24
Quellenverzeichnis (zuletzt besucht am 22. Juni 2021 bzw. am 11. Dezember 2020) Einleitung • https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/dossiers/klimaschutz-und-co2-gesetz.html • https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/fachinformationen/klima--internationales/das- uebereinkommen-von-paris.html • https://www.meteoschweiz.admin.ch/home/klima/klimawandel-schweiz.html • https://www.planat.ch/de/wissen/rutschung-und-felssturz/erdrutsch • Die Rolle der Energie bei der Klimawende, Prof. Dr. Sonia I. Seneviratne, https://energiestiftung.ch/veranstaltung/fachtagung-2020-power-fuers-klima.html • https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bau-wohnungswesen/gebaeude/energiebereich.html Die Energiestrategie in Kürze • https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/politik/energiestrategie-2050.html • https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/politik/energiestrategie-2050/erstes-massnahmenpaket/aenderungen-im- kernenergiegesetz.html • https://www.nagra.ch/de • https://www.zwilag.ch/de • https://www.srf.ch/kultur/wissen/rueckbau-akw-muehleberg-wie-entsorgt-man-ein-ganzes-atomkraftwerk • https://www.srf.ch/news/international/atomendlager-in-finnland-ein-projekt-fuer-100-000-jahre • https://www.faz.net/aktuell/finanzen/ist-eine-investition-in-atomkraft-gruen-17305369.html • https://www.uvek.admin.ch/uvek/de/home/energie/energiestrategie-2050.html • https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/versorgung/erneuerbare-energien.html • https://www.nzz.ch/schweiz/abstimmung-vom-21-mai-das-energiegesetz-auf-einen-blick-ld.1288154 • https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/politik/energiestrategie-2050/was-ist-die-energiestrategie-2050.html • https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/versorgung/stromversorgung/stromversorgungsgesetz-stromvg.html • https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/versorgung/stromversorgung/stromversorgungsgesetz-stromvg/revision- stromvg.html • https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/recht/totalrevision-co2-gesetz.html • https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/fachinformationen/klimapolitik/kompensation-von-co2- emissionen.html • https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/recht/totalrevision-co2-gesetz/faq-co2.html • https://www.bk.admin.ch/ch/d/pore/va/20210613/can644.html • https://www.bafu.admin.ch/bafu/de/home/themen/klima/fachinformationen/emissionsverminderung/ verminderungsziele/ziel-2050.html Umsetzung der Energiewende … • https://www.ndr.de/nachrichten/info/Watt-Das-leisten-die-Anlagen-im-Vergleich,watt250.html • Isabelle Stadelmann-Steffen, Karin Ingold, Stefan Rieder, Clau Dermont, Lorenz Kammermann und Chantal Strotz. 2018. Akzeptanz erneuerbarer Energie. Nationales Forschungsprogramm 71: Steuerung des Energieverbrauchs. 25
Quellenverzeichnis (Forts.) (zuletzt besucht am 22. Juni 2021 bzw. am 11. Dezember 2020) … durch Leuchtturmprojekte in der Schweiz • https://greenenergylab.at/presse/publikationen/ • Entwicklung von Erneuerbaren in Europa – Ideen für die Schweiz, Dirk Hendricks, https://energiestiftung.ch/veranstaltung/fachtagung-2020-power-fuers-klima.html • https://quartier-strom.ch/ • https://www.2000watt.swiss/2000-watt-areale-kennenlernen.html • https://www.2000watt.swiss/2000-watt-areale-finden.html • https://www.bfe.admin.ch/bfe/de/home/versorgung/statistik-und-geodaten/geoinformation/geodaten/pilot-und- demonstrationsprojekte.html • https://freilager-zuerich.ch/quartier/geschichte/ • http://www.freilager-zuerich.ch/wp-content/uploads/2017/07/Faktenblatt_FreilagerZH.pdf • https://www.minergie.ch/ • https://ethz.ch/de/die-eth-zuerich/nachhaltigkeit/nachhaltiger-campus/umwelt/energie/erdspeicher.html … durch Firmen im Forma Futura Anlageuniversum • https://www.se.com/ch/de/work/solutions/for-business/electric-utilities/power-generation/ • https://www.nibe.eu/ch/de … durch Mitarbeitende von Forma Futura • https://www.stadt-zuerich.ch/ted/de/index/entsorgung_recycling/zuerich_waerme.html • https://www.energiestiftung.ch/energiesuffizienz.html Autorin Serena Rickenbacher Junior Nachhaltigkeitsanalystin Forma Futura Invest AG Bederstrasse 49 T +41 44 287 22 87 CH-8002 Zürich formafutura.com Version Juli 2021
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