Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag

Die Seite wird erstellt Andrea Baur
 
WEITER LESEN
Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag
vor Ort
                            Spezialausgabe Nr. 227 | Juli 2019

FAIRMED feiert Geburtstag

60 Jahre Einsatz
für die Ärmsten
Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag
«Was mit leprakranken Menschen
geschieht, denen der Zugang zu
medi­zinischer Versorgung fehlt,
habe ich vor Jahren mit eigenen
Augen gesehen. Es hat bewirkt,
dass ich mich an der Seite von
FAIRMED für die Gesundheit der
Ärmsten engagiere. Denn die Ver-
nachlässigung von Kranken lässt
sich durch nichts rechtfertigen.»
Ruth Dreifuss, Alt-Bundesrätin
Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag
Inhalt                                                              Liebe Leserin, lieber Leser

                                                                     FAIRMED wird dieses Jahr 60 – dazu möchten
 3 | Editorial                                                       wir Ihnen ganz herzlich gratulieren! Denn nur
                                                                     dank Menschen wie Ihnen können wir uns seit
 4 | Zurück in die Zukunft                                           über einem halben Jahrhundert für die Ärms-
                                                                     ten der Welt engagieren. Ein Grund zum Feiern
 6 | Niemanden zurücklassen                                          ist unser Geburtstag aber nicht.
                                                                     Denn noch immer sind über
 8 | 110 % Einsatz gefragt                                           eine Milliarde Menschen
                                          von vernachlässigten Tropenkrankheiten wie Lepra,
11 | FAIRMED damals                       Buruli oder Elephantiasis betroffen.
     und heute
                                          Trotzdem blicken wir optimistisch in die Zukunft und
12 | Ein neues Kleid für eine             glauben, dass der Kampf für die Ärmsten der Welt in den
     zeitlose Vision                      nächsten Jahren entscheidende Erfolge feiern wird. Ein Grund dafür sind
                                          die siebzehn nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen. Bis
14 | «Mein Vater brachte die              2030 wollen die UNO-Mitgliedsstaaten unter anderem die Armut und den
     Welt nach Bern»                      Hunger auf der Welt beenden und jedem Menschen ein gesundes Leben
                                          gewährleisten.
16 | Ihr Einsatz hilft:
     Gönnerschaft, Spende                 In dieser Spezialausgabe lesen Sie, welchen Beitrag FAIRMED zur Errei-
     oder Erbschaft                       chung dieser Ziele leistet und welche Herausforderungen es dabei zu über-
                                          winden gilt. Denn als Organisation, die den Blick seit ihrer Gründung immer
                                          nach vorne gerichtet hat, wollen wir auch diese Spezialausgabe dazu nut-
                                          zen, zuerst nach vorne zu blicken. Unser Geschäftsleiter René Stäheli und
                                          unser Programmleiter Bart Vander Plaetse geben dazu einen Einblick in die
                                          strategische Fahrtrichtung von FAIRMED. Danach schildern unsere ehe-
                                          malige Marketingchefin Anna Opladen und unser ehemaliger Stiftungsrats-
                                          präsident Rolf Lehmann, wie der Wandel weg von der reinen Leprahilfe
                                          gemeistert wurde. Unser ehemaliges Stiftungsratsmitglied Richard Hehl
                                          berichtet dann über seine Zeit als Chirurg in verschiedenen Lepraspitälern
                                          in Indien und der Türkei in den 60er Jahren. Zudem offenbart der Berner
                                          Schriftsteller Pierre Farine, weshalb FAIRMED seine Kindheit und Jugend
                                          entscheidend geprägt hat und welche Rolle eine behaarte Riesenspinne
                                          in seinen Erinnerungen spielt.
Impressum
                                          Viel Spass bei der Reise und herzlichen Dank!

                                          Arno Meili
Aarbergergasse 29
Postfach, CH-3001 Bern
                                          Kommunikation und Fundraising FAIRMED
Telefon +41 (0)31 311 77 97
info@fairmed.ch
www.fairmed.ch

Redaktion: Arno Meili,
Saskia van Wijnkoop, René Stäheli,
Bart Vander Plaetse
Fotos: Peter Käser, Simon Huber,
Sarthak Karki, FAIRMED
Gestaltung: graphicarts, Bern-Liebefeld
Druck: Bruhin Spühler AG, Rüti ZH

Sonderausgabe zum vierteljährlichen
Magazin von FAIRMED. Abonnement in
Spenden ab 5 Franken erhalten.
Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag
Zurück in die Zukunft

                  Die Organisation wird 60! Trotz-
                  dem schauen wir nicht zurück,                                                   Die «Leprahilfe Emmaus
                  sondern nach vorne. Denn ge-                                                    Schweiz» beginnt den Kampf
                  meinsam mit Ihnen wollen wir                                                    gegen Buruli in Kamerun. Dies ist
                  auch in Zukunft weiter an unserer        Als letzte Konsequenz ihrer            ein Schritt weg vom reinen Fokus
                  Vision arbeiten, dass niemand an         Weiterentwicklung ändert die           auf Lepra hin zur Bekämpfung
                  einer heilbaren Krankheit leiden         «Leprahilfe Emmaus Schweiz»            verschiedener vernachlässigter
                  oder sterben darf.                       ihren Namen zu FAIRMED.                Tropenkrankheiten.

2030 2019                                  2017 2009                            2006 2001

    Unter dem Motto «niemanden               Gründung von FAIRMED India als        Die Zahl der Menschen, bei
    zurücklassen» – das FAIRMED              eigenständige Organisation. Dies      denen weltweit Lepra diag-
    schon seit 60 Jahren hat – sollen        ist ein Schritt auf dem Weg, die      nostiziert wird, sinkt auf knapp
    die siebzehn nachhaltigen Ent-           FAIRMED-Büros in den Projekt-         250 000 pro Jahr. Zudem wur-
    wicklungsziele der Vereinten Nati-       ländern unabhängiger zu machen.       den bereits über zwölf Millio-
    onen erreicht werden. Unter                                                    nen Menschen von der Krank-
    anderem soll eine gute Gesund-                                                 heit geheilt. Die «Leprahilfe
    heitsversorgung für jeden Men-                                                 Emmaus Schweiz» intensiviert
    schen gewährleistet werden.                                                    deshalb ihre thematische Wei-
                                                                                   terentwicklung.

4
Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag
Die WHO empfiehlt die Verwen-
                     dung der Kombinationstherapie            Mittlerweile unter dem Namen
                     (MDT) zur Behandlung von Lepra.          «Aussätzigenhilfe Emmaus
                     Durch die MDT wurde die Resis-           Schweiz» unterstützt die Organi­
                     tenzentwicklung eingedämmt               sation bereits 60 Lepra-Stationen
                     und die Behandlungszeit verkürzt.        in 28 Ländern mit Zuwendun­-
                     Ein Meilenstein im Kampf gegen           gen im Wert von 1,4 Millio­nen
                     die Krankheit.                           Franken.

2000              1981               1976                   1964               1959

Die «Aussätzigenhilfe Emmaus             Eröffnung des Länderbüros in             Mitglieder der «Freunde Emmaus
Schweiz» ändert ihren Namen zu           Indien und Bau von mehreren              Bern» gründen das Nationale
«Leprahilfe Emmaus Schweiz».             Lepraspitälern, unter anderem in         Komitee für die Aussätzigen. Sie
                                         den südindischen Städten Hubli           engagieren sich für die Ärms-
                                         und Palamaner. Vier Jahre spä-           ten der Welt, die für sie damals
                                         ter wird auch das Länderbüro im          die 12 Millionen Betroffenen von
                                         kamerunischen Yaoundé eröffnet.          Lepra sind. Über 50 Jahre vor
                                                                                  den nachhaltigen Entwicklungs-
                                                                                  zielen folgten sie bereits dem
                                                                                  Moto, niemanden zurückzulassen.

                                                                                                                     5
Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag
Niemanden
                                             zurücklassen
                                             FAIRMED-Geschäftsleiter René Stäheli glaubt an eine Welt mit weniger
                                             Armut und Krankheit. Woher diese Einschätzung kommt und welche Rolle
                                             FAIRMED dabei spielen soll? Ein Gespräch über Chancen, Pflichten und
                                             Herausforderungen.

                                             «Die Welt entwickelt sich immer        endlich die Menschen in den Fokus
                                             rasanter, die Menschen vernetzen       gerückt, für die sich FAIRMED schon
                                             sich immer mehr. Distanzen werden      seit 60 Jahren einsetzt - nämlich die
                                             einfacher zu überwinden, technische    Ärmsten der Welt», so der Geschäfts-
                                             Innovationen und medizinische Fort-    leiter. Unter dem Motto «Niemanden
                                             schritte bringen Veränderung», zeigt   zurücklassen» hat sich die Weltge-
                                             sich Stäheli optimistisch. «Zudem      meinschaft dazu verpflichtet, bis 2030
    René Stäheli ist seit 1999               wurden mit den nachhaltigen Entwick-   unter anderem die extreme Armut auf
    Geschäftsleiter von FAIRMED.             lungszielen der Vereinten Nationen     der Welt zu beenden und jedem Men-

              2030                                                                  2020
               Bis zu diesem Jahr sollen die siebzehn                                Mit der Londoner Deklaration über ver-
               nachhaltigen Entwicklungsziele der Ver-                               nachlässigte Tropenkrankheiten (NTDs)
               einten Nationen erreicht werden. Unter                                hat sich die internationale Gemeinschaft
               dem Motto «Niemanden zurücklassen»                                    dazu verpflichtet, zehn NTDs bis 2020 zu
               haben es sich die UNO-Länder unter                                    kontrollieren, zu eliminieren oder aus-
               anderem zum Ziel gesetzt, die weltweite                               zurotten. Zu diesen NTDs gehören unter
               Armut zu beenden und jedem Menschen                                   anderem die Flussblindheit, Lepra oder
               ein gesundes Leben zu gewährleisten.                                  Elephantiasis.

6
Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag
schen eine gute Gesundheitsversor-         wo es an medizinischer Versorgung,         lernfähig sein und bleiben muss – die
gung zu ermöglichen.                       Hygiene sowie sauberem Trinkwas-           bescheidene Grösse der Organisation
                                           ser fehlt», erklärt der Geschäftsleiter.   sieht er dabei als Vorteil: «Ich rechne
Gleichzeitig mahnt Stäheli aber, dass      «Hier setzen wir an und versuchen          in den nächsten zehn Jahren mit vie-
trotz grossen Fortschritten noch gros-     sicherzustellen, dass die lokalen          len Veränderungen, Fortschritten und
se Herausforderungen warten. Kann          Gesundheitsangebote den Bedürf-            Innovationen im Bereich der Medizin,
der Fortschritt mit dem Bevölkerungs-      nissen der Bevölkerung gerecht wer-        der Digitalisierung und der Technik,
wachstum in Afrika rechtzeitig fertig-     den», erklärt Stäheli.                     welche auch für unsere Projektländer
werden? Können diejenigen, die vom                                                    positive Effekte haben können.» Dafür
Fortschritt bisher links liegen gelas- Bedürfnisorientierte Partner-                  müsse man gewappnet sein.
sen wurden, aufholen und aus der       schaften
Verelendung befreit werden?            Hand in Hand damit geht für ihn eine           Und auch vor der eigenen Haustür gilt
                                       Verbesserung der sanitären und hygi-           es für Stäheli stets am Ball zu blei-
«Ob es die internationale Gemein-      enischen Bedingungen und die Bewäl-            ben: «Als Schweizer Organisation wol-
schaft tatsächlich packt, die nötigen  tigung von vielfältigen sozioökono-            len wir bei unseren Mitbürgerinnen
Veränderungen rechtzeitig einzulei-    mischen Herausforderungen. «Es                 und Mitbürgern das Bewusstsein för-
ten, ist einzig eine Frage des politi- bringt nichts, wenn Menschen Medi-             dern, dass die Lebensbedingungen
schen Willens. Im Moment scheinen      kamente zur Behandlung von Krank-              der Ärmsten auf der Welt nicht gott-
den Politikern die nationalen Interes- heiten erhalten und diese aus tradi-           gewollt sind und dass das Bauen von
sen aber wichtiger                                       tionellen Gründen            Mauern um den eigenen Tellerrand
zu sein als die Ret- «Lebensbedingungen nicht einnehmen                               keine Lösung für die globalen Prob-
tung des Planeten»,                                      oder sie sich kurze          leme sein kann. Wir müssen Lösun-
befürchtet Stäheli.
                       der Ärmsten sind nicht Zeit nach der Ein-                      gen anstreben, die alle Menschen
«Die nachhaltigen             gottgewollt.»              nahme wegen man-             miteinbeziehen. Das Wissen und die
Entwicklungsziele                                        gelnder Hygiene in           Mittel dazu existieren und werden kon-
sind aber nur zu erreichen, wenn in    den Dörfern oder verseuchtem Was-              stant weiterentwickelt. Just do it», so
Zukunft alle am selben Strang zie-     ser wieder anstecken. Deshalb ist die          der Geschäftsleiter abschliessend.
hen», ist er überzeugt.                Zusammenarbeit mit anderen Organi-
                                       sationen aus verschiedenen Sektoren
Und welche Rolle soll FAIRMED dabei    notwendig», erklärt er.
spielen? «FAIRMED setzt sich dafür
ein, dass auch die am meisten Zurück-  Diesen partnerschaftlichen Ansatz
gelassenen Zugang zu Gesundheits-      verfolgt FAIRMED zwar bereits
dienstleistungen erhalten», erklärt    heute, Stäheli sieht aber die Möglich-
Stäheli. Ein Indikator dafür, wo sich  keit einer Intensivierung. «Ich wün-
diese Menschen finden lassen, sind     sche mir, dass FAIRMED in Zukunft
vernachlässigte Tropenkrankheiten      so vernetzt ist, dass wir bei unseren
wie Lepra, Flussblindheit oder Wur-    Projekten immer die passenden Part-
merkrankungen. «Denn diese Krank-      ner finden, welche die Bedürfnisse
heiten treten vor allem in Regionen    abdecken, die nicht Teil der Kernkom-
auf, wo das Gesundheitssystem          petenz von FAIRMED sind.» Darüber
besonders schwach ist. Also dort,      hinaus fordert Stäheli, dass FAIRMED

                2019                                                           2018
                 FAIRMED feiert unter dem neuen Namen                            Adrian Hehl löst Rolf Lehmann
                 den zehnten Geburtstag, die Organisa-                           als Stiftungsratspräsident ab.
                 tion bereits den sechszigsten. Unser Ein-
                 satz gilt heute wie auch schon bei unse-
                 rer Gründung den Ärmsten der Welt.

                                                                                 Adrian Hehl

                                                                                                                                7
Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag
«110 Prozent
                                          Einsatz gefragt»
                                          Den Ärmsten der Welt ein gesundes Leben ermöglichen, das ist unser
                                          Ziel. Doch genau diese «radikale Fokussierung» auf die Ärmsten ist mit
                                          vielen Herausforderungen verbunden. Unser Programmleiter Bart Vander
                                          Plaetse erklärt, welche Herausforderungen dies sind und was ihn jeden
                                          Tag motiviert, diese anzugehen.

                                          Bart Vander Plaetse hat einen              Ungerechtigkeit vor Augen führen
                                          anspruchsvollen Job, der ihm körper-       Solche Schicksale seien es dann auch,
                                          lich wie auch mental einiges abverlangt.   die ihn jeden Tag zum Arbeiten moti-
                                          Denn neben den vielen Reisestrapazen       vierten, fährt Bart Vander Plaetse
                                          und zahlreichen Überstunden sind es        fort. «FAIRMED unterstützt diejeni-
                                          vor allem die Begegnungen mit Krank-       gen, die es am nötigsten haben, die
                                          heit und Armut in unseren Projektlän-      in der grössten Armut leben. Und ich
                                          dern, die an ihm zehren. Nach seinem       sehe, dass wir hier etwas verändern
                                          intensivsten Moment während seinen         können – das treibt mich an», sagt
                                          bisherigen drei Jahren bei FAIRMED         Vander Plaetse. In der laut ihm «radi-
                                          gefragt, erzählt er von der Begegnung      kalen Fokussierung» auf die ärmsten
                                          mit einem 13-jährigen Mädchen in der       und vernachlässigten Menschen der
                                          Zentralafrikanischen Republik: «Durch      Welt liegt aber auch eine grosse Her-
    Bart Vander Plaetse ist als Leiter
                                          die Lepraerkrankung hatten die Fin-        ausforderung: «Es ist nicht einfach,
    der Programmabteilung für die
                                          ger des Mädchens bei unserem Tref-         diejenigen zu finden, die am meis-
    Projekte von FAIRMED verant-
    wortlich. Er und sein Team in Bern    fen bereits Teile ihrer Funktionsfähig-    ten Hilfe benötigen. Denn sie wer-
    arbeiten dafür eng mit unseren        keit verloren. Es war klar, dass sie nie   den oft an den Rand gedrängt, ver-
    ausschliesslich lokalen Mitarbei-     voll arbeiten und deshalb wohl auch        gessen von der eigenen Regierung
    tenden vor Ort zusammen.              nie heiraten und eine Familie gründen      und der eigenen Gesellschaft. Oft-
                                          wird», erzählt er. «Sie hat ihr Leben      mals führen sie ein beinahe unsichtba-
                                          noch nicht einmal angefangen und ist       res Leben, weitab vom Interesse der
                                          bereits beeinträchtigt. Das macht mich     Öffentlichkeit.» Umso nötiger sei es,
                                          traurig, aber gleichzeitig auch wütend,    dass sie von FAIRMED und den Men-
                                          denn ein solches Schicksal wäre dem        schen in der Schweiz nicht vergessen
                                          Mädchen erspart worden, wenn Lepra         werden. «Wir müssen der Schwei-
                                          bei ihr rechtzeitig erkannt und behan-     zer Bevölkerung diese Ungerechtig-
                                          delt worden wäre.»                         keit vor Augen führen.» Eine schwie-

              2009                                                   2006
               Die «Leprahilfe Emmaus Schweiz»                         Über zwölf Millionen Menschen wur-
               ändert ihren Namen zu FAIRMED. Die                      den von Lepra geheilt. Bei weniger als
               Weiterentwicklung der Organisation                      250 000 Menschen pro Jahr wurde neu
               wird in ihrem Namen sichtbar.                           Lepra diagnostiziert. Die «Leprahilfe
                                                                       Emmaus Schweiz» treibt ihre themati-
                                                                       sche Weiterentwicklung mit dem Fokus
                                                                       auf verschiedene vernachlässigte Tro-
8                                                                      penkrankheiten deshalb weiter voran.
Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag
Unabhängigkeit als Ziel
                                                   «Die Idee, ein öffentliches Fundrai-
                                                   sing zu initiieren, bestand darin, In-
                                                   derinnen und Inder mit mittlerem bis
                                                   hohem Einkommen zu erreichen.
                                                   Dieses Segment ist gut ausgebil-
                                                   det und hat genug Geld, Gesund-
                                                   heitsprogramme wie die Lepra­­be-
                                                   kämpfung zu unterstützen», erklärt
                                                   John Kurian George, Landesver-
                                                   antwortlicher von FAIRMED in In-
                                                   dien. Deshalb wurde im Mai 2017
                                                   «FAIRMED India» gegründet. Das
                                                   Ziel: Das FAIRMED-Programm zur
                                                   Eliminierung der Lepra soll voll-
                                                   ständig aus indischem Geld finan-
                                                   ziert werden. Und die bisherigen
                                                   Spendenaufrufe zeigen erfreuliche
                                                   Resultate, sagt George und fügt
                                                   an: «All unsere Bemühungen wer-
                                                   den dazu führen, dass FAIRMED
                                                   India in naher Zukunft unabhängig
                                                   operieren kann.»

2001                                       2000
Die «Leprahilfe Emmaus Schweiz»            Die «Aussätzigenhilfe Emmaus Schweiz»
beginnt in Kamerun ihren Kampf gegen       ändert ihren Namen zu «Leprahilfe Emmaus
Buruli. Damit engagiert sich die Orga-     Schweiz». Das WHO-Ziel der globalen Elimi-
nisation auch erstmals in Projekten, bei   nierung von Lepra wird erreicht. Das heisst,
denen Lepra nicht im Zentrum steht.        dass die Zahl der Patienten auf weniger als
                                           ein Patient pro 10 000 Einwohner gesunken
                                           ist. Die Milleniums-Entwicklungsziele der Ver-
                                           einten Nationen werden beschlossen.
                                                                                            9
Vor Ort - 60 Jahre Einsatz für die Ärmsten FAIRMED feiert Geburtstag
rige Aufgabe, sagt Vander Plaetse:         leben, muss FAIRMED sein», ist Van-       Auf zukünftige Entwicklungen ange-
     «Unsere Projektgebiete liegen oft in       der Plaetse überzeugt, «egal ob es        sprochen, sagt Vander Plaetse, dass
     schwer zugänglichen Regionen und           auf dem Weg dahin Hürden zu über-         FAIRMED eine schwierige Entwick-
     den Menschen dort fehlt es an vie-         winden gibt.»                             lung bevorsteht: «Um unsere Vision
     lem. Unsere Arbeit ist deshalb mit                                                   besser umzusetzen, wollen wir uns
     grossem Aufwand verbunden. Zwar            «Geschichte vor Ort erzählen»             in noch grösseren Projekten enga-
     ist der Einfluss auf das Leben von         Einen Weg, um diese Hürden in             gieren. Dafür müssen wir aber insti-
     Einzelnen enorm, es benötigt aber          Zukunft einfacher zu überwinden,          tutionelle Geldgeber wie Stiftungen
     verhältnismässig viel Aufwand, um          sieht er in der Stärkung der Mitarbei-    oder Kantone überzeugen, die oft-
     relativ wenige zu unterstützen. Diese      tenden vor Ort. «Die Teams in den         mals hohe Ansprüche an die Durch-
     Botschaft ist bei potentiellen Spen-       Ländern werden in Zukunft mehr Ver-       führung und Dokumentation der Pro-
     derinnen und Spendern nicht ein-           antwortung übernehmen und noch            jekte stellen.» Diese Ansprüche zu
     fach rüberzubringen.» Exemplarisch         eigenständiger arbeiten», so Van-         erfüllen sei für eine kleine Organisa-
     dafür steht für Bart Vander Plaetse        der Plaetse. Unter anderem sollen         tion wie FAIRMED nur durch einen
     das Engagement in der Zentralafrika-       sie dazu befähigt werden, zukünftig       hohen Grad an Effizienz und Professi-
     nischen Republik, wo FAIRMED als           selbst Spenden zu sammeln. «Die           onalisierung möglich - und damit ver-
     eine von wenigen NGOs noch präsent         Geschichte der Ärmsten muss auch          bunden mit viel Arbeit. «Damit wir
     ist. Die angespannte politische Lage       vor Ort und nicht nur in der Schweiz      mit den grösseren und internationa-
     und die kaum vorhandene Infrastruk-        erzählt werden. So können wir unsere      len NGOs mithalten können, braucht
     tur gestalten die Arbeit in der Repub-     Arbeit besonders nachhaltig gestal-       es von allen 110 Prozent Einsatz», so
     lik im Herzen Afrikas extrem heraus-       ten», ist der Programmleiter über-        der Programmleiter. «Und ich weiss,
     fordernd, Projekte in anderen Ländern      zeugt. Einen ersten Versuch in diese      dass jeder bei FAIRMED bereit ist,
     wären einfacher umzusetzen. «Doch          Richtung hat FAIRMED in Indien            diesen Einsatz zu leisten.»
     genau hier, wo die Ärmsten der Welt        bereits gestartet.

              1999                                                       1995
                René Stäheli wird Geschäftsleiter der                      Rolf Lehmann löst Walter Rosenfeld als Präsi-
                «Aussätzigenhilfe Emmaus Schweiz».                         dent der «Aussätzigenhilfe Emmaus Schweiz»
                                                                           ab. Die WHO verteilt gratis die Kombinations-
                                                                           therapie (MDT) zur Behandlung von Lepra.

                René Stäheli

                                                                           Rolf Lehmann
10
FAIRMED damals
und heute
 «Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit»: Nach dieser Devise
 arbeiten die Marketingverantwortlichen von FAIRMED schon seit der
 Gründung vor 60 Jahren. Als Folge davon haben wir unser Aussehen
 stets verändert, was sich unter anderem an der Gestaltung unserer
 Werbemittel nur unschwer erkennen lässt.

                                                                                                                       1999: Broschüre

                                                                                                                                         vor Ort
1960: Wurfblatt            1965: Erste Broschüre      1994: Broschüre                                                                      Ausgabe Nr. 225 | März 2019

                                                                                vor Ort
                                                                                Ausgabe Nr. 185 | Juni 2009

                                                                                                                           Sri Lanka

                                                                                                                          Knifflige Suche
                                                       Elfenbeinküste
                                                       Leben retten Seite 3
                                                       FAIRMED

                                                                                                                          nach Lepra
                                                       Jubiläum Seite 8
                                                       Kamerun
                                                       Geigy-Preis   Seite 10

           2000: Broschüre         2007: Kampagnen-   2009: Erste Broschüre                                            2019: FAIRMED vor Ort
                                   Broschüre          FAIRMED vor Ort                                                  heute, im Magazin-Format

1991                                                        1989
Die Weltgesundheitsversammlung der                                Marcel Farine übergibt die Präsident-
WHO beschliesst, Lepra als Volkskrank-                            schaft der «Aussätzigenhilfe Emmaus
heit zu eliminieren. Dies bedeutet, dass                          Schweiz» nach 30 Jahren Amtszeit an
die Zahl der Patienten weltweit auf                               Walter Rosenfeld.
weniger als einen pro 10 000 Einwohner
gesenkt werden soll.

                                                                  Marcel Farine                               Walter Rosenfeld
                                                                                                                                                                         11
Ein neues Kleid für
                                             eine zeitlose Vision
                                             Seit 60 Jahren arbeitet FAIRMED dort, wo sich Krankheit und Armut über-
                                             schneiden. Am Anfang lag der Fokus innerhalb dieser Schnittmenge auf
                                             den rund 12 Millionen Menschen, die zu dieser Zeit weltweit von Lepra
                                             betroffen waren. Durch die globalen Erfolge in der Leprabekämpfung – zu
                                             denen auch FAIRMED beigetragen hat – wurde dieser Fokus nach der
                                             Jahrtausendwende neu ausgerichtet. Ein strategisches Facelift, das mit
                                             einigen Risiken verbunden war.

                                             «Wir standen an einem Wendepunkt»,      Vernachlässigte Tropenkrankhei-
                                             erinnert sich der damalige Präsident    ten im Fokus
     Rolf Lehmann ist Rechtsanwalt           und heutige Vize unseres Stiftungs-     Doch waren mit dem Abrücken vom
     und Notar und war von 1995 bis
                                             rats, Rolf Lehmann. «Uns war zwar       Lepra-Fokus nicht auch Risiken ver-
     2018 Präsident der «Leprahilfe
                                             klar, dass wir uns weiterhin für die    bunden? «Na klar war das zu einem
     Emmaus Schweiz» und Stiftungs-
     ratspräsident von FAIRMED.              Ärmsten der Welt einsetzen wollen.      gewissen Grad auch riskant», sagt
                                             Da sich die Zahl der Lepra-Betroffe-    unsere damalige Marketing-Che-
     Anna Opladen leitete von 2003
                                             nen aber erheblich vermindert hatte,    fin Anna Opladen rückblickend. «Die
     bis 2017 die Marketingabteilung
     von FAIRMED und ist aktuell als         wussten wir, dass eine Konzentration    Leute in der Schweiz haben uns mit
     Senior Partnership Manager bei          nur auf die tückische Krankheit nicht   Lepra in Verbindung gebracht. Plötz-
     Amnesty tätig.                          mehr zeitgemäss war.»                   lich engagierten wir uns für vernach-

          1981                                                                       1966
            Die WHO empfiehlt die Verwendung                                         Die «Aussätzigenhilfe Emmaus Schweiz»
            der Kombinationstherapie (MDT) zur                                       gehört zu den Gründungsmitgliedern der
            Behandlung von Lepra. Durch die MDT                                      Internationalen Vereinigung der Lepra-
            wurde die Resistenzentwicklung ein­                                      Hilfswerke ILEP. Die Statuten hat Marcel
            gedämmt und die Behandlungszeit                                          Farine geschrieben, der auch als ihr ers-
            verkürzt.                                                                ter Präsident fungiert.

12
lässigte Menschen in entlegenen               besten gefällt. Um an Sicherheit zu konnten», so Lehmann. Gleichzeitig
Gebieten, in denen nicht nur Lepra            gewinnen, machten wir auch noch ist er sich aber auch sicher, dass das
ein Problem war. Zudem sprachen               eine Umfrage bei der Bevölkerung. Ende der FAIRMED-Fahnenstange
wir neuerdings von vernachlässigten           Die Resultate der                                        noch lange nicht
Tropenkrankheiten – ein Begriff, den          beiden Tests zeig-    «Die Namensfindung erreicht ist: «Ich
die meisten Menschen noch nie                 ten uns klar auf,                                        wünsche mir, dass
gehört hatten.»                               welcher      Name              war   zäh.»               unsere Botschaft in
                                              zu uns passt», so                                        20 Jahren in der gan-
Wandel als einzige Konstante                  Opladen weiter. «Seit da heissen wir   zen Schweiz   bekannt  ist. Wir werden
Ein Beispiel dieser Transformation            FAIRMED.»                              hoffentlich auf viele erfolgreiche Pro-
war das 2001 beginnende Engage-                                                      jekte zurückblicken können, die wie
ment gegen die Hautkrankheit Buruli           Dies war vor zehn Jahren. «Eine Zeit, Keimzellen zum Start von vielen neuen
in Kamerun, in dem FAIRMED eine               in der wir unseren neuen Namen und Projekten in möglichst vielen verschie-
Pionierrolle einnahm. «Zudem war              unseren neuen Auftritt in der Schwei- denen Ländern geführt haben.»
unsere Organisation lange geprägt             zer Bevölkerung bekannt machen
von ehrenamtlicher Arbeit, wenigen
Mitarbeitenden im Feld, einer kleine-
ren Geschäftsstelle und einer starken
Ausrichtung auf Indien», erzählt Rolf                                                                                                                                    FAIRMEDs Engagement gegen
                                                                                                                                                                         Buruli schaffte es in die Medien
Lehmann. Mit dem Wandel in den
2000er Jahren sei auch eine strake
Professionalisierung einhergegangen.                 26      |
                                                                 Magazin                                                                                                                                                                      Montag, 28. August 2017
                                                                                                                                                                                                                                                                                 |
                                                                                                                                                                                                                                                                                     BZ
«Es herrschte Aufbruchsstimmung»,
so Lehmann. Die Zahl der Mitarbei-                   Kampf gegen die «Geister-Krankheit»                                                                                                                                                                   Bei der
                                                                                                                                                                                                                                                           Ersten Hilfe
tenden in Bern und in den Ländern                                                                                                                                                                                                                          hapert es
stieg schnell an.                                                                                                                                                                                                                                          SCHWEIZ Einer Mehrheit der
                                                                                                                                                                                                                                                           Bevölkerung täte eine Auffri-
                                                                                                                                                                                                                                                           schung der Erste-Hilfe-Kennt-
                                                                                                                                                                                                                                                           nisse gut, ergab eine Umfrage.
                                                                                                                                                                                                                                                           Denn nur eine kleine Zahl der
                                                                                                                                                                                                                                                           Befragten kennt die Grundre-
                                                                                                                                                                                                                                                           geln, die es an einem Unfallort
Was jedoch noch fehlte, war ein pas-                                                                                                                                                                                                                       zu beachten gilt.

                                                                                                                                                                                                                                                           Zwei von drei befragten Personen
sender Name. «Wir wussten, dass                                                                                                                                                                                                                            (65 Prozent) fühlen sich zwar in
                                                                                                                                                                                                                                                           der Lage, Erste Hilfe zu leisten,
                                                                                                                                                                                                                                                           wie die Umfrage von Touring-

der Name «Leprahilfe Emmaus                                                                                                                                                                                                                                Club Schweiz (TCS) und Schwei-
                                                                                                                                                                                                                                                           zerischem Samariterbund zeigt.
                                                                                                                                                                                                                                                           Doch die eigenen Kenntnisse

Schweiz» nicht mehr zu uns passte.                                                                                                                                                                                                                         werden offenbar überschätzt. Im
                                                                                                                                                                                                                                                           Umgang mit einer konkreten Un-
                                                                                                                                                                                                                                                           fallsituation wären die meisten
                                                                                                                                                                                                                                                           überfordert. Denn nur gerade 7
Gepaart damit war aber auch die                                                                                                                                                                                                                            Prozent der Befragten konnten
                                                                                                                                                                                                                                                           spontan die vier Grundregeln
                                                                                                                                                                                                                                                           nennen, die bei einem Unfall gel-
Angst, die Identifikation der Spende-                                                                                                                                                                                                                      ten. Und nur ein Drittel war in der
                                                                                                                                                                                                                                                           Lage, drei dieser vier Mass-
                                                                                                                                                                                                                                                           nahmen aufzulisten. Die Regeln

rinnen und Spender mit unserer Orga-                                                                                                                                                                                                                       schreiben vor, für die eigene Si-
                                                                                                                                                                                                                                                           cherheit zu sorgen, den Unfallort
                                                                                                                                                                                                                                                           zu sichern, die Sanität zu rufen

nisation mit einem neuen Namen zu                    Rätselhafte Tropenkrankheit: Fairmed-Mitarbeiter Fidel Gaetan behandelt in Kamerun einen 10-jährigen Knaben, der an Buruli erkrankt ist.                                          Simon Huber / zvg
                                                                                                                                                                                                                                                           und Erste Hilfe zu leisten.
                                                                                                                                                                                                                                                              Ebenso kennt nur ein Drittel
                                                                                                                                                                                                                                                           der Befragten (32 Prozent) die

gefährden», erzählt Anna Opladen.
                                                                                                                                                                                                                                                           drei Kriterien, anhand derer man
                                                                                                                                                                                                                                                           den Zustand einer verletzten Per-
                                                     FORSCHUNG Die Entwick-                                                                                               ‹Körperwelten›», sagt Fairmed-         Boock fast zur Verzweiflung               son einschätzt. Dazu gehört zu
                                                     lungsorganisation Fairmed                                                                                            Geschäftsführer Stäheli. Buruli        bringt: «Noch heute haben die             prüfen, ob diese bei Bewusstsein
«Entsprechend zäh war die Namens-                    in Bern setzt sich dafür ein,
                                                     dass die Tropenkrankheit Bu-
                                                                                                                                                                          an sich ist zwar nicht tödlich, aber
                                                                                                                                                                          wer an derartigen Wunden leidet
                                                                                                                                                                                                                 traditionellen Heiler in den Dör-
                                                                                                                                                                                                                 fern unglaublich viel Macht»,
                                                                                                                                                                                                                                                           ist, ob sie atmet und ob sie stark
                                                                                                                                                                                                                                                           blutet oder schwerwiegende Ver-
                                                     ruli erforscht wird. Das Ziel: sie                                                                                   und in ärmlichen Gebieten unter        sagt er. Lange Zeit hatten sich die       letzungen hat.
findung», schmunzelt sie. «Wir haben                 möglichst rasch auszurotten.
                                                     Das ist nicht einfach bei einer
                                                                                                                                                                          mangelhaften Hygienebedingun-
                                                                                                                                                                          gen lebt, riskiert, sich eine tödli-
                                                                                                                                                                                                                 Spitalärzte gewundert, warum al-
                                                                                                                                                                                                                 le Buruli-Patienten, die sie tags-        Gelernt und wieder vergessen
                                                     so geheimnisvollen Krankheit.                                                                                        che Blutvergiftung zuzuziehen.         über betreut hatten, abends wie-          Geht es um eine bewusstlose Per-

mit Hilfe einer Agentur verschiedene                 Alphonse Um Boock und René
                                                                                                                                                                             Die einzige wirklich wirkungs-
                                                                                                                                                                          volle Therapiemöglichkeit be-
                                                                                                                                                                                                                 der weg waren. Die Erklärung sei
                                                                                                                                                                                                                 sehr einfach gewesen, sagt Um
                                                                                                                                                                                                                                                           son, die nicht atmet, wissen zwar
                                                                                                                                                                                                                                                           über zwei Drittel der Umfrage-
                                                     Stäheli haben hart gearbeitet die-                                                                                   stand lange Zeit in der gross-         Boock: «Die Heiler, die glaubten,         teilnehmer, dass eine Herzmas-

Vorschläge erarbeitet und unsere                     ser Tage. Aber es hat sich gelohnt,
                                                     und sie haben wichtige Fort-
                                                     schritte gemacht im Kampf gegen
                                                                                                                                                                          flächigen Entfernung des be-
                                                                                                                                                                          fallenen Gewebes. «Ein Riesen-
                                                                                                                                                                          problem für die Menschen in
                                                                                                                                                                                                                 in den Beulen sässen starke Geis-
                                                                                                                                                                                                                 ter, wollten diese für sich haben.»
                                                                                                                                                                                                                 Deshalb hatten sie «ihre» Patien-
                                                                                                                                                                                                                                                           sage angezeigt wäre. Allerdings
                                                                                                                                                                                                                                                           gibt mehr als die Hälfte an, dass
                                                                                                                                                                                                                                                           sie sich der Praktik nicht sicher
                                                     die tropische Krankheit Buruli:                                                                                      Afrika, die oft Stunden von einem      ten kurzerhand wieder einge-              sei, und nur rund ein Fünftel der
bestehenden Spender und Spende-                      Zusammen mit Länderkoordina-
                                                     toren aus zwei afrikanischen
                                                                                                                                                                          Spital entfernt wohnen und das
                                                                                                                                                                          Geld für eine Operation und die
                                                                                                                                                                                                                 sammelt und ihnen eingeredet,
                                                                                                                                                                                                                 sie könnten ihnen besser helfen.
                                                                                                                                                                                                                                                           Befragten konnte die Vorgehens-
                                                                                                                                                                                                                                                           weise präzise beschreiben.
                                                     und drei asiatischen Ländern ha-                                                                                     monatelange Behandlungszeit               Hier hilft keine vernünftige Ar-         Das Problem sei, dass die einst
rinnen befragt, welcher ihnen am                     ben der Arzt aus Kamerun und
                                                     der Geschäftsleiter der Ent-
                                                                                                                                                     Gemeinsam
                                                                                                                                                     gegen Buruli:
                                                                                                                                                                          nicht aufbringen können», sagt
                                                                                                                                                                          René Stäheli.
                                                                                                                                                                                                                 gumentation: Wer endlich doch
                                                                                                                                                                                                                 im Spital landete, weil Hühner-
                                                                                                                                                                                                                                                           im Erste-Hilfe-Kurs erlernten
                                                                                                                                                                                                                                                           Praktiken zeitlich oft weit zu-
                                                     wicklungsorganisation Fairmed                                                                   Fairmed-                Seit 2008 setzen Ärzte zur          mist und -federn nicht geholfen           rücklägen, hält der TCS in einer
                                                     in Bern eine Woche daran ge-                                                                    Geschäftsführer      Therapie ein sehr starkes Anti-        hatten, musste schlimmstenfalls           Mitteilung fest. Die meisten der
                                                     tüftelt, wie sie für jedes Land die                                                             René Stäheli (l.)    biotikum ein. Dieses muss aber         mit einer Amputation rechnen.             befragten Personen hätten zwar
                                                     angepasste Strategie finden.                                                                    und der              regelmässig gespritzt werden,          Wasser auf die Mühlen der tradi-          einen Nothelferkurs für den Füh-
                                                       Diese Zusammenarbeit ist                                                                      Kameruner Arzt       ausserdem kann es starke Neben-        tionellen Heiler: «Bei mir müsst          rerschein gemacht, das Gelernte
                                                     wichtig: Nur so kann es gelingen,                                                               Alphonse Um          wirkungen von Hörschädigung bis        ihr so etwas nicht befürchten»,           seither aber nicht mehr auf-
                                                     die Tropenkrankheit möglichst                                                                   Boock in der         Nierenversagen auslösen. Gegen-        sagten sie ihren Patienten. Solche        gefrischt.                    sda
                                                     rasch auszurotten – und so nach                                                                 Geschäftsstelle      wärtig werden weniger happige          Vorkommnisse stellten eine
                                                     dem Motto «Leave no one be-                                                                     von Fairmed in       Antibiotika getestet, die auch in      grosse Hürde dar für die Schul-
                                                     hind» (Niemanden zurücklas-                                                                     Bern. Beat Mathys    Tablettenform verabreicht wer-         medizin.
                                                     sen) der Vereinten Nationen                                                                                          den können. «Wahrscheinlich               Genau deshalb treffen sich die
                                                                                                                                                                                                                                                           Falsche
         1965                                                                                                     1964
                                                     auch jenen zu helfen, die arm sind                                                                                   lässt sich diese Therapie einfacher    Länderkoordinatoren regelmäs-
                                                     und unter mangelhaften hygieni-       der Übertragungsweg nicht              Krankheit ungehindert ausbrei-          durchführen», hofft René Stäheli.      sig. Und weil die afrikanischen
                                                     schen Bedingungen leben.              schon Rätsel genug, ist auch die
                                                                                           Früherkennung alles andere als
                                                                                                                                  ten, und ungefähr nach vier Wo-
                                                                                                                                  chen brechen flache Geschwüre
                                                                                                                                                                          Bereits seit ein paar Jahren wird
                                                                                                                                                                          zudem eine Methode getestet,
                                                                                                                                                                                                                 Ärzte die Mentalität ihrer Lands-
                                                                                                                                                                                                                 leute kennen, finden sie manch-
                                                                                                                                                                                                                                                           Rezepte
                                                     Frauen und Kinder betroffen           einfach: Die Krankheit beginnt         auf.                                    bei der die Buruli-Bazillen durch      mal äusserst raffinierte Lösun-           ARZTPRAXEN Das falsche Me-
                                                     Das ist eine ziemliche Heraus-        mit einer schmerzlosen Schwel-                                                 ständige Wärme von mindestens          gen, beispielsweise eine Zusam-           dikament oder eine falsche Dosis
                                                     forderung, denn Buruli ist äus-       lung der Haut. Noch bevor sie          «Zerfressene Bäuche»                    38 Grad Celsius absterben sollen.      menarbeit mit den traditionellen          können gravierende Folgen ha-
                                                     serst eigenartig. Bisher tappen       richtig erkennbar ist, richtet sie     Diese fressen sich in die Tiefe         Auch hier gilt es, etliche logisti-    Heilern: Fairmed vereinbarte mit          ben. Eine Studie der Uni Zürich
                                                     Tropenärzte weltweit im Dun-          im Unterhautgewebe schwere             und können ganze Muskeln und            sche Fragen zu lösen.                  ihnen, dass sie die Kranken eine          zeigt, wie oft solche Zwischenfäl-
                                                     keln: Sie wissen weder, woher die     Zerstörungen an, und zwar, weil        Knochen zerstören. Mit ver-                                                    Woche lang bei sich behandeln             le in Schweizer Hausarzt- und
                                                                                                                                                                          Heiler und Aberglauben
           Dapson, das zur Behandlung                Krankheit kommt, noch, wie sie
                                                     sich ausbreitet. Den Erreger, das                      Die Organisation unterstützt
                                                                                           die Bazillen ein einzigartiges Gift
                                                                                           namens Mycolacton ausschei-                                   bereits
                                                                                                                                  heerenden Folgen. «Ich habe
                                                                                                                              Und das ist nur die medizinische
                                                                                                                                  schon Kinder gesehen, deren
                                                                                                                                                                                                                 und die ausgetriebenen Geister
                                                                                                                                                                                                                 für sich behalten könnten. «Da-
                                                                                                                                                                                                                                                           Kinderarztpraxen vorkommen.
                                                                                                                                                                                                                                                           Besonders häufig sind demnach
                                                     Mycobacterium ulcerans, konn-         den. Dieses zerstört das Gewebe    Seite. Dann gibt es noch die ande-
                                                                                                                                  Bäuche derart zerfressen waren,                                                nach», sagten die Fairmed-Mit-            ältere Patienten betroffen.
           von Lepra eingesetzt wird, führt          ten sie zwar isolieren und als Ver-
                                                     wandten des Tuberkel- und des
                                                                                                            60 Lepra-Stationenre,
                                                                                           und verhindert erst noch eine
                                                                                           Immunreaktion. So kann sich die
                                                                                                                                  in   28      Ländern
                                                                                                                                  die «afrikanische»  Seite, die
                                                                                                                              den modernen Arzt Alphonse Um
                                                                                                                                  nierten Körper der Ausstellung
                                                                                                                                                                  mit
                                                                                                                                  dass sie aussahen wie die plasti-                                              arbeitenden, «bleibt nur noch die
                                                                                                                                                                                                                 Krankheit übrig, und um die kön-
                                                                                                                                                                                                                                                              Ein Jahr lang sollten 148 Haus-
                                                                                                                                                                                                                                                           ärzte und 32 Kinderärzte in der

           zu Resistenzentwicklungen.                Leprabazillus identifizieren. Aber
                                                     ob er von Mücken übertragen           EHRGEIZIGES ZIEL
                                                                                                            Zuwendungen im Wert von 1,4 Millionen                                                                nen wir uns im Spital kümmern.»           Schweiz Fehler bei der Medika-
                                                                                                                                                                                                                                                           tion ihrer Patienten melden. Aus
                                                     wird oder über kleine Wunden                                                                                Hoffen auf ein Wunder                                                                     diesen Angaben haben Forscher
                                                     in den menschlichen Organismus        Gesundheit auchFranken.
                                                                                                            für die Ärmsten                                      Eine solche Zusammenarbeit ist                                                            des Instituts für Hausarztmedi-
                                                     gelangt oder irgendwie, via Tröpf-                                                                          ausschlaggebend: Die traditio-                                                            zin der Uni Zürich eine Schät-
                                                     chen beispielsweise, von Mensch       Bis ins Jahr 2030 wollen die Ver­      heiten. Sie kommt vor allem in          troffenen Kinder unter 15 Jahre        nellen Heiler sind eine wichtige          zung errechnet, wie oft und wel-
                                                     zu Mensch weitergegeben wer-          einten Nationen respektive ihre        Zentral- und Westafrika vor, sel-       sind, während in Australien            Anlaufstelle für die Menschen,            che Fehler sich ereignen. Dem-
                                                     den kann – bisher ist das Rätsel      Koordinationsbehörde WHO               tener in Australien. Im Jahr 2009       neun von zehn betroffenen Per-         und dank dieser Vereinbarung              nach geschehen im Schnitt pro
                                                     nicht gelöst. «Die Vermutung, im      (Weltgesundheitsorganisation)          wurde bei rund 5000 Menschen            sonen älter sind als 15 Jahre.         kann die Krankheit in viel frühe-         Hausarzt 2 Fehler pro Jahr oder
                                                     Wasser lebende und stechende          verschiedene Ziele für eine nach-      Buruli entdeckt, 2014 meldeten             Dank dem Einsatz von Fair­          ren Stadien behandelt werden.             47 pro 100 000 Patienten. Bei
                                                     Insekten könnten die Überträger       haltige Entwicklung erreichen,         zwölf der meistbetroffenen              med (ehemals Leprahilfe Em-            Das heisst, die Auswirkungen              Kinderärzten liegt die Fehlerrate
                                                     sein, liess sich ebenfalls nicht      darunter auch Gesundheit für           afrikanischen Länder nur noch           maus) haben die Regierungen            sind weit weniger schlimm. Fair-          tiefer, bei 0,15 Fehlern pro Arzt
                                                     bestätigen», sagt Alphonse Um         alle Menschen weltweit und             2400 neue Fälle. Die Zahl der           Zentralafrikas das Problem             med-Chef René Stäheli hofft,              und Jahr oder knapp 3 pro
                                                     Boock. «So sind etwa Fischer          ausgeglichenere Wohlstands-            Neuerkrankungen scheint laut            wahrgenommen. In Kamerun               dass Buruli mit vereinten Kräften         100 000 Patienten. Die meisten
                                                     kaum betroffen, dafür Frauen und      unterschiede. Das Motto lautet         WHO vor allem in Zentral- und           wurden die Spitäler für die Be-        besiegt werden kann. «Falls es            Fälle hingen mit einer falschen
                                                     Kinder umso mehr.»                    «Leave no one behind» (Nie-            Westafrika abzunehmen, wäh-             handlung von Buruli ausge-             uns gelingt, Buruli auszurotten,          Dosierung zusammen. Auf Platz
                                                                                           manden zurücklassen), also auch        rend sie in Australien seit 2010        rüstet und das Personal ent-           hätten wir eine Krankheit zu Gra-         zwei folgte die Wahl des falschen
                                                     Noch keine Impfung
                                                     Eine Impfung gibt es bisher auch
                                                                                           jene nicht, die an unbehandelten
                                                                                           Armenkrankheiten leiden.
                                                                                                                                  eher zunimmt. Warum das so ist,
                                                                                                                                  ist eines der Rätsel rund um Bu-
                                                                                                                                                                          sprechend geschult. Sensibi-
                                                                                                                                                                          lisierungskampagnen haben
                                                                                                                                                                                                                 be getragen, ohne ihren Ursprung
                                                                                                                                                                                                                 zu kennen.» Vielleicht gelingt
                                                                                                                                                                                                                                                                               13
                                                                                                                                                                                                                                                           Medikaments. Im Vergleich zu
                                                                                                                                                                                                                                                           Spitälern stünden die Hausärzte
                                                     nicht, gegen einen derart ge-           Buruli ist nebst Lepra oder          ruli. Ebenso die Frage, warum           geholfen, das Tabu um die              dieses Wunder – bei einer so ge-          mit dieser Fehlerrate aber gut da,
                                                     heimnisvollen Erreger lässt sich      Tuberkulose eine dieser Krank-         in Afrika fast die Hälfte der Be-       Krankheit zu lockern. clw              heimnisvollen Krankheit scheint           sagte Studienautor und Hausarzt
                                                     kein Stoff entwickeln. Als wäre                                                                                                                             alles möglich.     Claudia Weiss          Markus Gnädinger.              sda
«Mein Vater brachte
                                             die Welt nach Bern»
                                             Die ersten Jahre der «Aussätzigenhilfe Emmaus Schweiz» waren eine Zeit
                                             des Aufbruchs. Miterlebt haben diese Periode sowohl der Berner Schrift-
                                             steller Pierre Farine als auch unser ehemaliger Stiftungsrat Richard Hehl.
                                             Der eine als Kind eines engagierten, berühmten Vaters und der andere in
                                             Operationssälen in Indien und der Türkei. Zwei Zeitzeugen erzählen.

                                             «Ich habe im Herbst 1963 mit mei-         wohnte Herausforderungen gege-
                                             ner Frau und zwei kleinen Söhnen in       ben, mit denen er und seine Familie
                                             Venedig ein Schiff bestiegen und eine     zurechtkommen mussten. «Die drü-
                                             Reise ins Ungewisse angetreten»,          ckende Hitze in einem Haus ohne
     Pierre Farine ist seit 2006             beginnt Richard Hehl seine Erzählun-      Fensterscheiben war schon belas-
     Geschäftsführer der Kinderhilfe         gen. Der pensionierte Facharzt für        tend, zudem war auch die Sprach-
     Emmaus in Bern. Unter dem Pseu-         Orthopädische Chirurgie und Hand-         barriere schwierig. Und meine erste
     donym Peter Fahr veröffentlicht
                                             chirurgie operierte jahrelang von Lepra   Begegnung mit indischem Curry hat
     er Gedichte, Essays, Erzählungen
     und Kinderbilderbücher.                 betroffene Menschen an damals noch        mir echt die Sprache verschlagen»,
                                             exotischen Orten. «Nach zwölf Tagen       erinnert er sich.
     Der pensionierte Facharzt für
                                             sind wir in Bombay angekommen, von
     Orthopädische Chirurgie und
     Handchirurgie Richard Hehl
                                             wo die Reise nach Südindien in eine       Ungebetene Gäste
     praktizierte lange in Bern und          komplett andere Welt weiterging.» Er      Auch war die Arbeit nicht mit den
     war bis Herbst 2018 Mitglied            habe sich auf dieses Unternehmen          Bedingungen in der Schweiz zu verglei-
     des FAIRMED Stiftungsrates.             gefreut, es habe aber auch viele unge-    chen. «Die Einheit für Leprachirurgie,

                             1960                                                      1959
                               Die Aussätzigenhilfe kann unter ihrem                    Mitglieder der «Freunde Emmaus Bern»
                               Präsidenten Marcel Farine bereits erste                  beschliessen, etwas gegen Lepra und
                               Projekte in Kamerun, Tanganjika und                      für die Betroffenen zu unternehmen. Im
                               Indien unterstützen. Dies deshalb, weil                  Sinne der Devise «Hilf zuerst den Ärms-
                               zahlreiche Bernerinnen und Berner einem                  ten» gründen sie das Nationale Komitee
                               Spendenaufruf folgen.                                    für die Aussätzigen, aus dem kurze Zeit
                                                                                        später die «Aussätzigenhilfe Emmaus
                                                                                        Schweiz» entsteht.
14
wo die Patienten ambulant vor- und         in Bern alle Konkurrenten im Quartier        mir, dass er ein Lepradorf in Kamerun
nachbehandelt wurden, war in einem         terrorisierte», lacht er.                    besuchte, in dem viele der Bewoh-
kleinen Nebengebäude des grossen                                                        ner von einer weit fortgeschrittenen
Missionsspitals untergebracht, in          «Brachte die Welt in mein Kinder-            Erkrankung gezeichnet waren. Trotz-
dem wir die Wiederherstellungsope-         zimmer»                                      dem hat er viel Zeit mit den Betrof-
rationen ausführten. Und manchmal          Ebenfalls viele Geschichten aus der          fenen verbracht und das Risiko einer
operierte ich auch in einer winzigen       Anfangszeit der «Aussätzigenhilfe            Ansteckung in Kauf genommen.»
Aussenstation mit primitivstem Ope-        Emmaus Schweiz» hat Pierre Farine
rationsraum, dessen vergitterte Fens-      zu erzählen. Sein Vater Marcel grün-      Ein Risiko, auf das er hingegen gerne
ter zwar die Krähen fernhielten, nicht     dete Ende der 50er Jahre die Organisa-    verzichtet hätte, sei sein Vater aber
aber die zahlreichen Küchenschaben»,       tion, aus der später FAIRMED wurde        in einer der einfachen Dorfhütten ein-
erzählt er mit einem Schmunzeln.           und war jahrzehntelang ihr erster Prä-    gegangen, so Pierre Farine weiter.
                                           sident. Später präsidierte er sowohl      «Da er auf dem kalten Boden näch-
Ärzte mieden Patienten                     die Schweizerische Emmaus-Vereini-        tigen musste, lag er die halbe Nacht
Operiert wurde neben den Vor- und          gung als auch Emmaus International.       wach. Morgens sah er im Halbdunkel
Nachbehandlungen an drei Tagen pro                                                   an der Wand über seinem Lager die
Woche und zwar möglichst zügig, da         «Seine Tätigkeit führte meinen Vater Umrisse einer kunstvoll gestalteten
viele Patienten mit gelähmten Händen       überall hin auf der Welt – er traf sogar Handwerksarbeit, eine Spinne mit lan-
und Füssen darauf warteten dranzu-         Papst Johannes Paul                                          gen Bastbeinen dar-
kommen. Dadurch habe er sich eine          II », berichtet Pierre                                       stellend. Als er das
grosse Routine erwerben können, so         Farine, «mit seinen       «Vergittertes Fenster Kunstwerk herun-
Hehl. Insgesamt blieb die kleine Fami-     Souvenirs brachte er hielt Krähen, nicht aber ternehmen wollte,
lie ein Jahr in Indien, bevor man mit      die Welt in mein klei-                                       um es genauer zu
Sack und Pack für drei Jahre in die Tür-   nes Kinderzimmer
                                                                    Küchenschaben           fern.»      betrachten, nahm
kei überschiffte. Dort baute er am Uni-    nach Bern». Manch-                                           es krabbelnd Reiss-
versitätsspital von Ankara eine Opera-     mal habe der Vater auch internationale aus. Da wurde ihm bewusst, dass
tions- und Rehabilitationsabteilung für    Gäste ins Elternhaus eingeladen. «In er die Nacht unter einer behaarten,
von Lepra betroffene Menschen auf,         den 60er Jahren dunkelhäutige Afrika- afrikanischen Riesenspinne verbracht
die damals noch zahlreich waren, aber      ner und Afrikanerinnen zu Besuch zu hatte. An Schlafen war jetzt natürlich
von den einheimischen Ärzten ängst-        haben, war aussergewöhnlich», sagt nicht mehr zu denken», lacht Farine.
lich gemieden wurden.                      er mit einem Schmunzeln. «In einer
                                           Zeit der kollektiven Kleinkariertheit war
Ende 1967 endete auch dieser sehr          es sehr speziell, einen so weltoffenen
befriedigende Einsatz und die Fami-        Vater zu haben.»
lie, durch eine Tochter vergrössert,
zog zurück nach Bern, wo Hehl eine         Risiko einer Ansteckung in Kauf
Stelle am Inselspital antrat. «Mitge-      genommen
bracht habe ich wichtige Erfahrungen       Speziell sei es auch gewesen, Ge-
zur Entwicklungsarbeit, spezialisierte     ­schichten von damals fremden Orten
operative Fertigkeiten, ein reiches         zu hören, die einem der Vater nicht
Mass an schönen Erinnerungen und            aus Büchern, sondern aus der eige-
einen Angora-Kater aus Ankara, der          nen Erinnerung vortrug. «Er erzählte

                                           1956
                                            Marcel Farine trifft Abbé Pierre. In diesem kalten
                                            Winter von Temperaturen von bis zu minus 20 Grad
                                            beginnt sich Farine mit anderen Freiwilligen für die
                                            Armen in der Stadt Bern zu engagieren.

                                             Abbé Pierre
                                                                                                                                15
r en E  in s at z  f ür die
Sie machen unse                 e r s t  m ög li c h!
    s un dheit der Ä r ms t e n
G e

                                                Mit Ihrer Spende

  Mit einer Gönnerschaft
  mit einem Jahresbeitrag ab 75 Franken

Jeder Beitrag, unabhängig von seiner
Höhe, hilft mit, vernachlässigte Tro­pen-
krankheiten zu bekämpfen und die
Gesundheitsbedingungen benach­teiligter
Menschen zu verbessern.

Herzlichen Dank für Ihre Unterstützung!
                                            Mit einer Erbschaft

Aarbergergasse 29
Postfach
CH-3001 Bern
Telefon +41 (0)31 311 77 97
info@fairmed.ch
www.fairmed.ch
Sie können auch lesen