Entgeltfortzahlung, Mutterschutz und Ausgleichskasse - Innungskrankenkasse Brandenburg und Berlin

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Entgeltfortzahlung, Mutterschutz und Ausgleichskasse - Innungskrankenkasse Brandenburg und Berlin
Arbeitgeberservice             Sozialversicherung

Entgeltfortzahlung, Mutterschutz
und Ausgleichskasse
Gültig ab 1. Januar 2014

                   Innungskrankenkasse
                   Brandenburg und Berlin
2                                                                                                                EINLEITUNG

Vorwort
Der arbeitsrechtliche Anspruch auf Entgeltfort­zahlung bei
Arbeitsunfähigkeit hat in den Lohnbüros zu jeder Zeit Hoch-
konjunktur. Denn es sind allzu oft nicht die Standardfälle,
sondern die eher problematischen, welche Ihnen Ihr ganzes
Wissen abfordern. Und damit nicht genug, denn daneben
geht es auch um die Arbeitnehmerin­nen, denen wegen
Schwanger- und Mutterschaft das ausfallende Einkommen
zu ersetzen ist.

Darüber hinaus besteht das Umlageverfahren nach dem
Aufwendungsausgleichs­gesetz, mit dem die Arbeitgeberauf-
wendungen in den genannten Fällen ausgeglichen werden.
Und natürlich gibt es auch hier den einen oder anderen Fall-
strick, welchen es zu beachten gilt.

Für uns in jedem Fall Grund genug, zu diesem komplexen
Thema eine Fach­broschüre anzubieten. Hier erfahren Sie alles
Wissenswerte fachlich umfassend, verständlich aufbereitet
und mit Praxisbeispielen veranschaulicht.

Wenn dennoch im Zusammenhang mit der Entgeltfortzah-
lung oder dem Umlage­verfahren Fragen auftauchen, und die-
se selbst unter Zuhilfenahme der folgenden Seiten nicht be-
antwortet werden können, wissen Sie: Ob auf telefonischem,
schriftlichem oder persönlichem Wege – eine(r) unserer
Mitarbeiter­innen und Mitarbeiter wird sich Ihres Problems
annehmen.

Ihre IKK Brandenburg und Berlin

                                                                Impressum
                                                                                            Innungskrankenkasse
                                                                                            Brandenburg und Berlin
                                                                Herausgeber:
                                                                               23. Auflage • Gültig ab 1. Januar 2014 • GK100204

                                                                               © PRESTO Gesundheits-Kommunikation GmbH
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Inhalt
A.      Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
I.      Berechtigte Personenkreise..............................................................................................................................................................................Seite                   4
II.     Anspruchsvoraussetzungen..............................................................................................................................................................................Seite                     4
III.    Dauer der Entgelt­fortzahlung..........................................................................................................................................................................Seite                    8
IV.     Höhe der Entgelt­fortzahlung............................................................................................................................................................................Seite                   9
V.      Anzeige- und Nachweis­pflichten des Arbeitnehmers.............................................................................................................................Seite                                            12
VI.     Ersatzansprüche des Arbeit­gebers.................................................................................................................................................................Seite                        13
VII.    Beendigung des Arbeits­verhältnisses...........................................................................................................................................................Seite                           14
VIII.   Maßnahmen der Vorsorge und Rehabilitation..........................................................................................................................................Seite                                       14
IX.     Organspender........................................................................................................................................................................................................Seite      15
X.      Heimarbeiter...........................................................................................................................................................................................................Seite   15
XI.     Abweichungen von den gesetzlichen Bestimmungen...........................................................................................................................Seite                                                 15
XII.    Steuer- und Beitrags­pflicht ...............................................................................................................................................................................Seite              15

B.      Mutterschutz
I.      Allgemeines............................................................................................................................................................................................................Seite   16
II.     Frauen im Arbeitsverhältnis..............................................................................................................................................................................Seite                 16
III.    Kündigungsschutz................................................................................................................................................................................................Seite          16
IV.     Gestaltung des Arbeits­platzes..........................................................................................................................................................................Seite                  17
V.      Beschäftigungsverbote.......................................................................................................................................................................................Seite              17
VI.     Die Schutzfristen...................................................................................................................................................................................................Seite      18
VII.    Stillende Mütter ....................................................................................................................................................................................................Seite     18
VIII.   Zuschuss zum Mutterschaftsgeld .................................................................................................................................................................Seite                          18

C.      Ausgleichskasse
I.      Allgemeines............................................................................................................................................................................................................Seite   19
II.     Beteiligte Arbeitgeber.........................................................................................................................................................................................Seite           19
III.    Umfang der Erstattung.......................................................................................................................................................................................Seite              22
IV.     Das Erstattungsverfahren...................................................................................................................................................................................Seite               24
V.      Berechnung und Zahlung der Umlage.........................................................................................................................................................Seite                                25

D.      Fristenkalender...................................................................................................................................................................................................Seite 27
4                                                                      ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL

A. Entgeltfortzahlung                                             II. Anspruchsvoraussetzungen
   im Krankheitsfall
                                                                  1. Allgemeines
                                                                  Gesetzlichen Anspruch auf Entgeltfortzahlung haben Arbeit-
                                                                  nehmer nur, wenn
I. Berechtigte Personenkreise
                                                                  n	eine  Krankheit Arbeitsunfähigkeit auslöst,
1. Gleiche Rechtsgrundlage für Arbeiter, Angestellte              n	außer  Arbeitsunfähigkeit keine weiteren Ursachen zur
   und Auszubildende                                                  Arbeitsverhinderung führen,
Muss ein Arbeitnehmer wegen Krankheit von seiner Beschäfti-       n der Arbeitnehmer die Arbeitsunfähigkeit nicht selbst

gung fernbleiben, ist der Arbeitgeber verpflichtet, ihm für die       verschuldet hat
Dauer von bis zu sechs Wochen das bisherige Arbeitsentgelt            und
weiterzuzahlen. Dieser Grundsatz sowie die damit verbun-          n	das Arbeitsverhältnis bereits mindestens vier Wochen

denen Regelungen ergeben sich aus dem Entgeltfortzah-                 ohne Unterbrechung bestanden hat.
lungsgesetz (EFZG) und gelten für Arbeiter, Angestellte und
Auszubildende gleichermaßen.                                      2. Begriff der Arbeitsunfähigkeit
                                                                  Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer durch
Auch der Umfang einer Beschäftigung entscheidet nicht             seine Krankheit nicht in der Lage ist, die vertraglich verein‑
darüber, ob ein Entgeltfortzahlungsanspruch besteht: Der          barten Tätigkeiten zu verrichten oder er bei Fortführung der
gesetzliche Anspruch gilt analog für kurzfristig Beschäftigte     Arbeit seinen Gesundheitszustand noch weiter beeinträchti-
und Arbeitnehmer, die eine geringfügig entlohnte Beschäf­         gen würde. Im Hinblick auf die Ursachen der Krankheit wer-
tigung ausüben.                                                   den keine Unterschiede gemacht.

2. Sonderregelungen                                               Inwieweit der Arbeitnehmer seine Arbeit nicht verrichten
a) Organspende                                                    kann, ist nach der zuletzt ausgeübten Beschäftigung zu
Arbeitnehmer, die durch Arbeitsunfähigkeit infolge der Spen-      be­urteilen. Zu beachten sind jedoch die Regelungen bei
de von Organen oder Geweben an ihrer Arbeits­leistung ver-        Maßnahmen der Vorsorge und Rehabilitation (vgl. A. VIII).
hindert sind, haben ebenfalls Anspruch auf Entgeltfortzahlung
durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis     Arbeitsunfähigkeit kann auch vorliegen, solange die Arbeits-
zur Dauer von sechs Wochen (vgl. A. IX).                          leistung aufgrund des Defekts eines technischen Hilfsmittels
                                                                  nicht erbracht werden kann, auf das der Arbeitnehmer ange-
b) Heimarbeit                                                     wiesen ist (z. B. Beinprothese).
Von der Entgeltfortzahlung wegen Krankheit ausgenommen
sind in Heimarbeit Beschäftigte. Sie erhalten im Fall der Ar-     3. Arbeitsunfähigkeit als Ursache der Arbeitsver­hinderung
beitsunfähigkeit Krankengeld von ihrer Krankenkasse. Als          a) Allgemeines
Ausgleich dafür ist der Arbeitgeber verpflichtet, über das        Nur wenn Arbeitsunfähigkeit als alleinige Ursache den Arbeit-
Arbeitsentgelt hinaus einen Zuschlag zu zahlen (vgl. A. X).       nehmer an der Verrichtung seiner Arbeit hindert, besteht An-
                                                                  spruch auf Entgeltfortzahlung. Treten jedoch Tatbestände ein,
c) Altersteilzeit                                                 die es rechtfertigen, dass der Arbeitgeber grundsätzlich (also
Sofern die Arbeitszeit reduziert und daher das Entgelt            auch bei Arbeitsfähigkeit) kein Arbeitsentgelt zahlt, entfällt
abgesenkt wird, haben arbeitsunfähige Arbeitnehmer An-            der Anspruch auf Entgeltfortzahlung ebenfalls.
spruch auf das der ausfallenden Teilzeit entsprechende
Entgelt.                                                          b) Streik und Aussperrung
                                                                  Ein Arbeitgeber kann nicht ohne weiteres davon ausgehen,
Im Blockmodell hat der Arbeitnehmer in der Arbeitsphase bei       dass alle bei Streikbeginn arbeitsunfähigen Arbeitnehmer
Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf das abgesenkte Entgelt ent-       Streikteilnehmer sind. Der Entgeltfortzahlungsanspruch
sprechend der Altersteilzeitvereinbarung. Während der Frei-       bleibt somit bestehen, wenn sich der arbeitsunfähig erkrankte
stellungsphase kann in Ermangelung der Arbeitspflicht in­         Arbeitnehmer nicht am Streik beteiligt.
folge Krankheit keine Arbeit ausfallen, insofern richtet sich
die Entgeltzahlung nicht nach dem EFZG, sondern nach der          Führt der Streik hingegen zur vollständigen Stilllegung des
Altersteilzeitvereinbarung.                                       Betriebes und kann der Arbeitnehmer – selbst ohne eigene
ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL                                                                                                 5

Streikbeteiligung – nicht beschäftigt werden, so entfällt der        Wird der Arbeitnehmer in der Zeit des gesetzlichen Urlaubs
Entgeltfortzahlungsanspruch.                                         krank, besteht die Möglichkeit, einen im Anschluss vorgese-
                                                                     henen unbezahlten Urlaub nicht anzutreten. Die Bedingungen
Auch arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer können rechts-            dafür sind jedoch, dass mit dem Arbeitgeber zuvor keine an-
wirksam ausgesperrt werden. Der Entgeltfortzahlungsan-               ders lautende Vereinbarung getroffen wurde und der unbe-
spruch entfällt, wenn der Arbeitgeber eine Abwehraussper-            zahlte Urlaub wiederum Erholungszwecken dienen sollte. So
rung vorgenommen hat. Dies gilt unabhängig davon, ob die             kann der Arbeitnehmer auch für die Zeit Entgeltfortzahlung
Arbeitsunfähigkeit vor oder nach Beginn der Arbeitskampf-            beanspruchen, in der er seinen unbezahlten Urlaub wegen
maßnahme eingetreten ist.                                            Krankheit nicht antreten kann.

Die Anspruchsdauer verlängert sich nicht um Zeiträume, in            d) Gesetzliche Feiertage
denen der Arbeitnehmer in Folge Streik oder Aussperrung              Fällt die Arbeitsunfähigkeit auf einen gesetzlichen Feiertag,
keine Entgeltfortzahlung erhalten hat.                               für den der Arbeitnehmer grundsätzlich Arbeitsentgelt (sog.
                                                                     Feiertagslohn) beanspruchen kann, besteht Anspruch auf
Bei einem Arbeitskampf, der lediglich zur teilweisen Still­          Entgeltfortzahlung (sog. Krankenlohn).
legung des Betriebes führt, gilt: Der Arbeitnehmer verliert
den Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht, wenn                       WICHTIG:    Der Anspruch auf den Krankenlohn entfällt
                                                                      jedoch, wenn der Arbeitnehmer am letzten Arbeitstag
n	entweder  die Arbeitsunfähigkeit bereits vor Streikbeginn          vor dem Feiertag und/oder am ersten Arbeitstag danach
   eingetreten ist                                                    unentschuldigt gefehlt hat.
   oder
n	nach Streikbeginn der arbeitsunfähig gewordene Arbeit-            e) Arbeitsfreie Tage
   nehmer sich bis dahin nicht am Streik beteiligt hat.              Für Tage, an denen im Betrieb nicht gearbeitet wird (z. B.
                                                                     wegen Kurzarbeit oder betrieblicher Arbeitszeitverlagerung)
c) Unbezahlter Urlaub                                                und die dem Arbeitnehmer selbst bei Arbeitsfähigkeit nicht
Wurden zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer unbezahlte              bezahlt worden wären, entfällt der Anspruch auf Entgeltfort-
Urlaubstage vereinbart, besteht bei eintretender Krankheit für       zahlung (vgl. A. IV. 4 und A. IV. 5).
diese Zeit grundsätzlich kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung,
es sei denn, der Arbeitnehmer wurde zu Erholungszwecken              f) Strafvollzug
freigestellt. Voraussetzung dafür ist, dass ein berechtigtes         Auch für die Zeit, in der ein Arbeitnehmer eine Freiheitsstrafe
Erholungsbedürfnis vorliegt. Dies bedeutet im Allgemeinen:           verbüßen muss, besteht bei Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich
Nur wenn der einheitliche Gesamturlaub nicht die für ver-            kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, da der Inhaftierte kei-
gleichbare Arbeitnehmer als ausreichend angesehene                   nen Entgeltanspruch hat. Dabei ist unerheblich, ob es sich um
Urlaubszeit überschreitet, bleibt der Anspruch auf Entgelt­          eine Jugendstrafe, um Dauerarrest oder Untersuchungshaft
fortzahlung während eines unbezahlten Urlaubs erhalten.              handelt.
(Beispiel 1)
                                                                     Anders verhält es sich bei sog. Freigängern, die einer Arbeit
 Beispiel 1:                                                         außerhalb der Haftanstalt nachgehen; für sie gelten die all­
 Bezahlter Urlaub ab                                       10. 3.    gemeinen Grundsätze zur Entgeltfort­zahlung.
 Unbezahlter Urlaub (Eigenheimbau) vom           1. 4. bis 11. 4.
 Arbeitsunfähigkeit vom                         27. 3. bis 16. 5.    g) Unentschuldigtes Fernbleiben
                                                                     Wie eingangs bereits erwähnt, besteht der Entgeltfortzah-
 n   Entgeltfortzahlung vom                      27. 3. bis 31. 3.
                                                                     lungsanspruch nur dann, wenn die krankheitsbedingte
		   und vom                                     12. 4. bis 16. 5.
                                                                     Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall
                                                                     der Arbeitsleistung und damit für den Verlust des Entgelt­
Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht auch während             anspruchs bildet. Hat der Arbeitnehmer längere Zeit „ge­
allgemeiner Betriebsferien für noch nicht urlaubsberechtigte,        bummelt” und ist er dann arbeitsunfähig krank geworden,
aber arbeitsbereite Beschäftigte. Wurden für die Zeit der Be-        muss er, wenn der Arbeitgeber entsprechende Zweifel dar-
triebsferien unbezahlte Urlaubstage zu Erholungszwecken              legt, vortragen und erforderlichenfalls beweisen, dass er
vereinbart und erkrankt der Arbeitnehmer währenddessen,              während der Zeit der krankheitsbedingten Arbeitsunfähig-
ist das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen.                               keit arbeitswillig war.
6                                                                       ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL

h) Freiwilliger Wehrdienst                                        n   eine Sportart ausgeübt hat, welche die eigene Leistungs­
Wird freiwilliger Wehrdienst abgeleistet, sind für diesen             fähigkeit überschritten hat,
Zeitraum Rechte und Pflichten aus einem dadurch unter­            n   sich schuldhaft an einer Schlägerei beteiligt hat,
brochenen Arbeitsverhältnis vorübergehend außer Kraft             n   nach einer Entziehungskur durch erneuten Alkoholgenuss
gesetzt – somit auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung.             arbeitsunfähig geworden ist
Das Gleiche gilt für den Fall einer Wehrübung.                        oder
                                                                  n   durch Nichtbefolgen der ärztlichen Anordnung die Wie-
Sollte der Arbeitnehmer jedoch während der Dienstzeit er-             derherstellung der Gesundheit verhindert, verzögert
kranken und deshalb das Arbeitsverhältnis nicht pünktlich             bzw. eine erneute Arbeitsun­fähigkeit verursacht hat.
wieder antreten können, hat der Arbeitgeber für die Zeit nach
dem Dienstende Entgeltfortzahlung zu leisten. Die Tage der        Geht der Arbeitnehmer einer Nebenbeschäftigung nach, kann
Arbeitsunfähigkeit während der Dienstzeit sind dabei nicht        ihm die Entgeltfortzahlung aus der Hauptbeschäftigung
anzurechnen. Im Übrigen besteht für den Arbeitgeber die           grundsätzlich nicht verweigert werden. Es sei denn, die Neben-
Möglichkeit, sich die entstandenen Aufwendungen vom               beschäftigung besteht in einer besonders gefährlichen oder
Versorgungsamt erstatten zu lassen (vgl. A. VI. 2).               die eigenen Kräfte übersteigenden Tätigkeit. So kann der An-
                                                                  spruch auf Entgeltfortzahlung abgelehnt werden, wenn der
i) Elternzeit                                                     Arbeitnehmer durch einen Unfall bei einer besonders gefähr-
Während der Elternzeit ruhen die bei­derseitigen Pflichten        denden Tätigkeit im eigenen Landwirtschaftsbetrieb arbeits-
aus dem Arbeits­verhältnis. Da kein Entgelt gezahlt wird, kann    unfähig wurde oder durch Haupt- und Nebenbeschäftigung
auch bei Arbeitsunfähigkeit kein Entgeltausfall eintreten.        eine übermäßig belastende Gesamtarbeitszeit (mehr als
Entgelt­fortzahlung ist somit durch den Ar­beitgeber nicht        48 Stunden in der Woche) erreicht wird.
zu leisten. Ausnahmen gelten nur dort, wo Arbeitnehmer
zulässige Teilzeitbeschäftigungen ausüben; in diesen Fällen       Ist per Vertrag die Ausübung einer Nebenbeschäftigung aus-
besteht Anspruch auf Entgeltfort­zahlung.                         geschlossen, kann im Fall eines Unfalls dennoch Entgeltfort-
                                                                  zahlung aus der Hauptbeschäftigung beansprucht werden,
Nach dem Ende der Elternzeit gilt: Wurde während der Eltern-      selbst wenn der Tarifvertrag anders lautende Vereinbarungen
zeit keiner Teilzeitbeschäftigung nachgegangen, entsteht ein      beinhaltet. Nur wenn der Arbeitnehmer durch eigenes Ver-
Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Anschluss an die Eltern-       schulden oder besonders gefährdendes Verhalten den Unfall
zeit, und zwar unabhängig vom Beginn der Krankheit in der         bei Ausübung der Nebenbeschäftigung verursacht hat, be-
Elternzeit. Wurde während der Elternzeit Teilzeit gearbeitet      steht in der Regel kein Anspruch. Entgeltfortzahlung muss
und dauert die Krankheit über das Ende der Elternzeit an, so      hingegen geleistet werden, wenn der Arbeitnehmer durch
beginnt kein neuer Anspruchszeitraum. Vielmehr setzt sich         einen Unfall während einer nachbarschaftlichen Hilfeleistung
der Anspruch aus der Teilzeit heraus fort; die Teilzeit- und      arbeitsunfähig geworden ist.
die Hauptarbeit werden als Einheit angesehen.
                                                                  Sollte Uneinigkeit über den Rechts­anspruch bestehen, muss
4. Unverschuldete Arbeitsunfähigkeit                              der Arbeitgeber beweisen, dass die Arbeitsunfähigkeit durch
Wie bereits erwähnt, setzt der Anspruch auf Entgeltfortzah-       eigenes Verschulden des Arbeitnehmers herbeigeführt wurde.
lung voraus, dass beim Arbeitnehmer Arbeitsunfähigkeit auf-       Ist jedoch nach den allgemeinen Lebenserfahrungen bereits
grund einer nicht selbst verschuldeten Krankheit vorliegt.        aus den Umständen zu ersehen (Beweis des ersten Anscheins),
                                                                  dass ein Verschulden des Arbeitnehmers vorliegt, trägt dieser
Von eigenem Verschulden kann ausgegangen werden, sofern           die Darlegungs- und Beweislast.
die Arbeitsunfähigkeit besonders leichtfertig, grob fahrlässig
oder vorsätzlich herbeigeführt wurde. Dies ist der Fall, wenn     Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit gilt auch eine Arbeits-
der Arbeitnehmer beispielsweise                                   verhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterili­
                                                                  sation oder eines nicht rechtswidrigen Schwangerschafts­­ab­
n   durch einen grob fahrlässigen Verstoß gegen die Straßen-      bruchs eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwan­-
    verkehrsregeln Unfallverletzungen davonträgt (z. B. durch     gerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf
    Trunkenheit, überhöhte Geschwindigkeit oder Verstoß           Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen
    gegen die Anschnallpflicht),                                  wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem
n   vorsätzlich, grob fahrlässig oder unverantwortlich leicht-    Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, dass sie
    fertig einen Arbeitsunfall verursacht hat (z. B. durch Ver-   sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer aner-
    stoß gegen die Unfallverhütungsvorschriften),                 kannten Beratungsstelle hat beraten lassen.
ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL                                                                                                        7

5. Beginn des Anspruchs                                               Nach der Rechtsprechung können allerdings zwei mit ge­
a) Wartezeit                                                          ringem zeitlichen Abstand aufeinander folgende, rechtlich
Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht bei neu begründe-             selbstständige Arbeitsverhältnisse bei demselben Arbeit­geber
ten Arbeitsverhältnissen regelmäßig erst nach Ablauf der              hinsichtlich des Entgeltfortzahlungsanspruchs ausnahms­
sog. Wartezeit von vier Wochen, die das Arbeits­verhältnis            weise wie ein einheitliches Arbeitsverhältnis betrachtet
ununterbrochen bestanden haben muss.                                  werden.

Vor Ablauf dieser Frist wird Entgelt selbst bei einem Arbeits-        Das gilt nach einer Bewertung aller Umstände des Einzelfalls
unfall nicht fortgezahlt, wobei in solchen Fällen die gesetz-         nur dann, wenn zwischen den Arbeitsverhältnissen ein enger
liche Unfall­versicherung mit Verletztengeld eintritt.                sachlicher Zusammenhang besteht; Hinweise dafür können
                                                                      sein:
Nach Ablauf der Frist beginnt der Anspruch auf die sechswö-
chige Fortzahlung des Arbeitsentgelts, da eine Anrechnung             n    der Anlass (wie z. B. saisonaler, vorübergehender Arbeits-
der Wartezeit nicht vorgesehen ist.                                        mangel) und die Dauer der Unterbrechung,
                                                                      n    das Versprechen auf eine baldige Wiedereinstellung,
Bei einer Arbeitsunfähigkeit während der Wartezeit ist der Ar-        n    die Tatsache, dass nur betriebliche Gründe für die Unter-
beitnehmer in der Regel dennoch finanziell abgesichert. Ab                 brechung maßgebend sind und der Arbeitnehmer gerade
Beginn eines Krankenhausaufenthaltes oder von dem Tag an,                  mit Rücksicht auf seine frühere Tätigkeit wieder eingestellt
der auf die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt,           wird.
erhält er Krankengeld von der Krankenkasse. Selbstverständ-
lich gilt dies nur, sofern der Arbeitnehmer mit Anspruch auf          Im Allgemeinen ist bei einem Zeitraum von mehr als drei
Krankengeld versichert ist, was auf geringfügig entlohnt              Wochen zwischen den Arbeitsverhältnissen von einer ins
Beschäftigte regelmäßig nicht zutrifft. (Beispiele 2 und 3)           Gewicht fallenden Unterbrechung auszugehen.

 Beispiel 2:                                                           WICHTIG:    Wechselt ein Arbeitnehmer bei demselben
 Arbeitsverhältnis aufgenommen am                             1. 5.    Arbeitgeber lediglich den Status (z. B. vom Auszubilden-
 (mit Krankengeldanspruch)                                             den zum Gesellen), so besteht grundsätzlich ein enger
 Arbeitsunfähigkeit (Krankenhaus) vom            12. 5. bis 18. 5.     sachlicher Zusammenhang, es kommt folglich zu keiner
                                                                       neuen Wartezeit.
 n   Wartezeit (28 Tage) vom                       1. 5. bis 28. 5.
     Keine Entgeltfortzahlung
		   Krankengeld vom                              12. 5. bis 18. 5.   c) Erkrankung vor der vereinbarten Arbeitsaufnahme
                                                                      Für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung ist es nicht erforder-
                                                                      lich, dass der Arbeitnehmer die Arbeit bereits aufgenommen
 Beispiel 3:                                                          hat. Arbeitern, Angestellten oder Auszubil­denden, die zwi-
 Arbeitsverhältnis aufgenommen am                             1. 6.   schen Abschluss des Arbeitsvertrages und der vereinbar­ten
 (mit Krankengeldanspruch)                                            Arbeitsaufnahme erkranken und deshalb ihre Beschäftigung
 Arbeitsunfähigkeit (Krankenhaus) vom            21. 6. bis 31. 8.    nicht zum vorgesehenen Zeitpunkt aufnehmen können, muss
                                                                      Entgelt ebenfalls für eine Frist von sechs Wochen „fortge­zahlt“
 n   Wartezeit (28 Tage) vom                       1. 6. bis 28. 6.
		   Krankengeld vom                              21. 6. bis 28. 6.   werden. Der Anspruch beginnt jedoch auch hier erst nach
     Entgeltfortzahlung (42 Tage) vom              29. 6. bis 9. 8.   Ablauf der Wartezeit von vier Wochen. (Beispiel 4)
		   Danach wieder Krankengeld vom                10. 8. bis 31. 8.
                                                                       Beispiel 4:
Sollte wegen geltender Tarifvertragsregelung das EFZG keine            Arbeitsvertrag geschlossen am                                8. 9.
Anwendung finden, beginnt der Anspruch auf Entgeltfortzah-             Arbeitsaufnahme vereinbart für den                         1. 10.
lung ungeachtet der gesetzlichen Wartezeit am ersten Tag des           Arbeitsunfähigkeit vom                         22. 9. bis 16. 11.
Beschäftigungsverhältnisses.
                                                                       n   Wartezeit (28 Tage) vom                     1. 10. bis 28. 10.
                                                                           Entgeltfortzahlung vom                     29. 10. bis 16. 11.
b) Aufeinander folgende Arbeitsverhältnisse
Ein neues Arbeitsverhältnis – mit vierwöchiger Wartezeit –
liegt grundsätzlich auch dann vor, wenn es mit demselben
Arbeitgeber eingegangen wird.
8                                                                           ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL

III. Dauer der Entgelt­fortzahlung                                     Beispiel 2:
                                                                       a) Arbeiter mit Entgelt nach Arbeitstagen
1. Allgemeines                                                         Arbeitsunfähigkeit ab                        14. 6. (Samstag)
Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht für längstens sechs
                                                                       n   Entgeltfortzahlung vom                     15. 6. bis 26. 7.
Wochen bzw. 42 Kalendertage vom Beginn der Arbeitsun‑
fähigkeit an. Diese Frist gilt auch dann, wenn die Entgeltfort-
                                                                       b) Angestellter mit festem Monats­entgelt
zahlung zwischenzeitlich unterbrochen wird. Maßgebend
                                                                       Arbeitsunfähigkeit ab                        14. 6. (Samstag)
sind allein die Kalendertage, an denen der Beschäftigte
arbeitsunfähig ist, nicht die Arbeits- oder Werktage.                  n   Entgeltfortzahlung vom                     14. 6. bis 25. 7.

Sollte im Laufe der Anspruchsfrist eine zweite Krankheit hinzu-
kommen, die ebenfalls für sich gesehen Arbeitsunfähigkeit             3. Wiederholte Arbeitsunfähigkeit
auslöst, ist Entgeltfortzahlung insgesamt längstens für sechs         a) Verschiedene Krankheiten
Wochen zu leisten. War eine Krankheit bereits früher der              Wenn Arbeitnehmer hintereinander aufgrund verschiedener
Grund für Arbeitsunfähigkeit, sind die entsprechenden                 Ursachen erkranken, gilt die Sechs-Wochen-Frist für jeden
Ausfalltage bei wiederholter Erkrankung auf die Gesamt­               Krankheitsfall neu. Dies gilt selbst dann, wenn bereits am Tag
anspruchsdauer anzurechnen. (Beispiel 1)                              der vorgesehenen Wiederaufnahme der Arbeit eine andere
                                                                      Krankheit zu erneuter Arbeitsunfähigkeit führt. Trifft dieser
    Beispiel 1:                                                       Fall zu, ist auf der ärztlichen Bescheinigung das Feld „Erst­
    Krankheit A vom                     10. 3. bis 14. 3. (5 Tage)    bescheinigung“ angekreuzt.
    Krankheit B vom                    10. 4. bis 15. 5. (36 Tage)
    Krankheit A vom                    12. 5. bis 27. 5. (16 Tage)    b) Dieselbe Krankheit
                                                                      Führt innerhalb von zwölf Monaten dieselbe Krankheit zur
    n   Entgeltfortzahlung vom           10. 3. bis 14. 3. (5 Tage)
                                                                      wiederholten Arbeitsunfähigkeit, sind für die Berechnung der
		      und vom                         10. 4. bis 21. 5. (42 Tage)
                                                                      Anspruchsfrist alle diesbezüglichen Ausfallzeiten zusammen-
                                                                      zurechnen, sofern der zeitliche Abstand zwischen den Phasen
Eine Abweichung von der Sechs-Wochen-Frist ist zugelassen,            der Arbeitsunfähigkeit sechs Monate nicht überschreitet. Bei
sofern innerbetrieblich oder tarifvertraglich andere Verein­          wiederholter Arbeitsunfähigkeit aufgrund derselben Krankheit
barungen zugunsten des Arbeitnehmers getroffen wurden.                ist das Arbeitsentgelt also nur insgesamt für sechs Wochen
                                                                      innerhalb eines Zeitjahres weiterzuzahlen.
2. Berechnung der Sechs-Wochen-Frist
Grundsätzlich ist der Beginn der Sechs-Wochen-Frist mit dem           Dieselbe Krankheit liegt vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf
Tag nach Eintritt der Arbeitsunfähigkeit anzusetzen. Sollte           denselben Krankheitsursachen beruht oder zumindest ein
nach den Entgeltfortzahlungsvorschriften jedoch schon am              innerer Zusammenhang erkennbar ist. Ein gesonderter Nach-
ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit Anspruch bestehen, ist              weis über die fortlaufende Behandlung durch den Arzt ist
dieser Tag maßgebend für die Berechnung der Frist.                    nicht erforderlich. Der innere Zusammenhang kann schon
                                                                      dadurch begründet sein, dass die jeweiligen Zeiten der Ar-
    WICHTIG:      Wird ein Arbeitnehmer an einem Arbeitstag           beitsunfähigkeit auf dieselbe Ursache zurückzuführen sind.
    vor Beginn der Arbeitsschicht arbeitsunfähig, so ist der
    erste Tag in die Sechs-Wochen-Frist einzubeziehen.                aa) Wechsel des Arbeits­verhältnisses
    Erkrankt ein Arbeitnehmer mit Monatslohn an einem                 Wird der Arbeitnehmer nach einem Wechsel des Arbeitsver-
    arbeitsfreien Tag, läuft die Anspruchsdauer gleichfalls ab        hältnisses aufgrund derselben Krankheit arbeitsunfähig, be-
    diesem Tag. Wird das Arbeitsentgelt jedoch nach Arbeits-          ginnt die Anspruchsfrist von sechs Wochen grundsätzlich neu.
    tagen berechnet, ist der erste Tag der Arbeitsunfähigkeit         Wechselt jedoch allein der Betriebsinhaber, ohne dass sich
    nicht in die Sechs-Wochen-Frist einzubeziehen, wenn dies          dadurch für den Arbeitnehmer die Rechte und Pflichten aus
    ein arbeitsfreier Tag ist. (Beispiel 2)                           dem bisherigen Arbeitsverhältnis ändern, sind die Zeiten der
                                                                      wiederholten Arbeitsunfähigkeit auf die Dauer des Entgelt-
Dauert die Arbeitsunfähigkeit länger als drei Tage, ist dem           fortzahlungsanspruchs anzurechnen. Dies gilt ebenso, wenn
Arbeitgeber spätestens am vierten Tag eine ärztliche Beschei-         der Betrieb den Arbeitnehmer aus finanziellen Gründen
nigung über die Arbeitsunfähigkeit vorzulegen. Sollte sie län-        vorübergehend entlässt und laut Absprache später wieder
ger als bescheinigt andauern, ist wiederum spätestens am              einstellt. Auch dann ist nicht von einem Wechsel des Arbeits-
vierten Tag eine Bescheinigung vorzulegen. (vgl. auch A. V)           verhältnisses auszugehen.
ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL                                                                                                  9

Übt ein Arbeitnehmer mehrere Beschäftigungen aus, besteht              schlüsselter Datenübertragung aus systemgeprüften Entgelt­
aus jedem Beschäftigungsverhältnis Anspruch für maximal                abrechnungsprogrammen oder maschinellen Ausfüllhilfen,
sechs Wochen.                                                          wie zum Beispiel sv.net (www.svnet.info), an die zuständige
                                                                       Krankenkasse. Im Gegenzug wird der Datenbaustein Vorer-
bb) Fristenberechnung                                                  krankungszeiten (DBVO) zur Verfügung gestellt. Daraus ergibt
Im Fall der wiederholten Arbeitsunfähigkeit richtet sich die           sich, ob und wenn ja welche Arbeitsunfähigkeitszeiten an­
Fristenberechnung danach, ob innerhalb der letzten sechs               rechenbar sind.
Monate schon einmal Entgeltfortzahlung aufgrund derselben
Krankheit geleistet wurde. Sollte im Sechs-Monats-Zeitraum             Erholungszeiten im Anschluss an eine Maßnahme der medi­
kein Anspruch oder lediglich ein Anspruch aufgrund einer               zinischen Vorsorge oder Rehabilitation sind – im Gegensatz zu
anderen als der aktuellen Erkrankung bestanden haben, be-              den Maßnahmen selbst – nicht in die Berechnung von Zeiten
steht für die aktuelle Arbeitsunfähigkeit Anspruch auf sechs           der Arbeitsunfähigkeit einzubeziehen.
Wochen Entgeltfortzahlung.

Hat innerhalb von sechs Monaten dieselbe Krankheit zu                  IV. Höhe der Entgelt­fortzahlung
Arbeitsunfähigkeit geführt, ist die Zwölf-Monats-Frist zu
prüfen. Diese beginnt mit dem erstmaligen Auftreten von                1. Einhundert Prozent für alle
Arbeitsunfähigkeit wegen der zu beurteilenden Krankheit.               Arbeitsunfähig erkrankte Arbeitnehmer erhalten einhundert
                                                                       Prozent ihres regelmäßigen Entgelts fort­gezahlt, wenn sie
Liegen zwischen dem ersten Auftreten und der zu beurteilen-            infolge eines Arbeitsunfalls oder einer sonstigen Erkrankung
den Arbeitsunfähigkeit mehr als zwölf Monate, so setzt ein             an der Arbeitsleistung gehindert sind.
neuer Anspruch ein. Dies gilt selbst dann, wenn zwischen den
einzelnen Wiederholungserkrankungen nie mehr als sechs                 In welcher Höhe der Betrieb Entgeltfortzahlung zu leisten hat,
Monate lagen. (Beispiel 3)                                             ist grundsätzlich abhängig von dem Bruttobetrag, der bei Ar-
                                                                       beitsfähigkeit zu zahlen wäre. Da nach dem Ausfallprinzip je-
 Beispiel 3:                                                           weils die aktuellen Gegebenheiten maßgebend sind, müssen
 Arbeitsunfähigkeit (Krankheit A) vom 13. 1. bis 14. 2. (33 Tage)      Veränderungen, die Einfluss auf Arbeitszeit oder Entgelthöhe
 Arbeitsunfähigkeit (Krankheit A) vom     14. 7. bis 21. 7. (8 Tage)   haben, berücksichtigt werden. Zu diesen Änderungen gehört
 Arbeitsunfähigkeit (Krankheit A) ab             14. 1. (Folgejahr)    zum Beispiel der Wechsel von der Ausbildung in ein Arbeits-
                                                                       verhältnis mit höheren Bezügen. Die neuen Gegebenheiten
 n   Für die aktuelle Arbeitsunfähigkeit ab 14. 1. besteht ein
                                                                       sind selbst dann zu berück­sichtigen, wenn sie erst während
     Anspruch auf Entgeltfortzahlung für volle sechs Wochen.
                                                                       der Arbeits­unfähigkeit eingetreten sind (z. B. rückwirkende
                                                                       Entgelter­höhung durch Tarifvertrag).
Liegt bei Beginn einer neuen Jahresfrist Arbeitsunfähigkeit
vor, ergibt sich kein neuer Entgeltfortzahlungsanspruch für            Übernimmt der Arbeitgeber bis zum Eintritt der Arbeitsun­
die Zeit nach Ablauf des Zwölf-Monats-Zeitraums.                       fähigkeit die Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung
                                                                       sowie die Lohnsteuer, hat er diese auch während der Arbeits-
 PRAXIS-TIPP:     Da in der ärztlichen Bescheinigung die Art           unfähigkeit zu tragen.
 der Erkrankung nicht angegeben wird, kann der Arbeitge-
 ber nicht beurteilen, ob eine wiederholte Arbeitsunfähig-             2. Berechnung der Entgeltfort­zahlung
 keit aufgrund derselben Krankheit vorliegt. Zwar ist es den           a) Zeitlöhne
 Krankenkassen aus Datenschutzgründen nicht gestattet,                 aa) Allgemeines
 über die Art der Krankheit Auskünfte zu erteilen, doch                Ausgangsbasis für die Entgeltfortzahlung ist stets die regelmä-
 kann auf Anfrage eine Mitteilung erfolgen, ob die ärztlich            ßige Arbeitszeit, die aufgrund einer Krankheit nicht geleistet
 bescheinigte Diagnose auf dieselbe Krankheit als Ursache              werden kann. Wird die Arbeitsleistung nach Stunden bezahlt,
 für die Arbeitsunfähigkeit schließen lässt.                           ist die Entgeltfortzahlung also aus den durch die Arbeitsunfä-
                                                                       higkeit ausgefallenen Stunden und dem jeweiligen Stunden-
Anfragen über anrechenbare Vorerkrankungszeiten können                 lohn zu berechnen.
auch auf elektronischem Wege gestellt werden. Die Arbeit­
geber übermitteln dazu im Rahmen des Datenaustausches                  Bei Arbeitnehmern, deren Bezüge monatlich abgerechnet
Entgeltersatzleistun­gen den Datenbaustein Anforderung                 werden, kann der Arbeitgeber unterschiedliche Berechnungs-
Vorerkrankungsmitteilung (DBAV) per gesicherter und ver-               möglichkeiten anwenden. Erfolgt die Berechnung nach Ar-
10                                                                                 ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL

beitstagen, so ist auf der Grundlage des Entgeltausfallprinzips              Anspruch auf Fortzahlung ihres Entgelts. Die Berechnung
das monatliche Bruttogehalt durch die tatsächlich anfallenden                kann ebenfalls vergangenheitsbezogen erfolgen, wenn die
Arbeitstage des Monats – ggf. einschließlich gesetzlicher Fei-               Höhe des Arbeitsentgelts für die Gegenwart nicht genau zu
ertage – zu teilen und der sich danach ergebende Betrag mit                  ermitteln ist, weil beispielsweise eine Gegenüberstellung mit
der Anzahl der krankheitsbedingt ausgefallenen Arbeitstage                   vergleichbaren Beschäftigten nicht infrage kommt oder sich
– ggf. einschließlich gesetzlicher Feiertage – zu multiplizieren             aus anderen Gründen kein vertretbares Ergebnis ergibt.
(Beispiel 1).
                                                                             In diesem Fall ist im Allgemeinen vom letzten Abrechnungs-
 Beispiel 1:                                                                 monat bzw. von den letzten ­abgerechneten vier oder fünf
 Monatsgehalt, brutto                                         1.725 EUR      Wochen vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit auszugehen. Bei
 Arbeitsunfähigkeit vom                    1. 7. bis 4. 7. (4 Arbeitstage)   einem nicht vertretbaren Ergebnis kann der Zeitraum auf die
                                                                             letzten drei abgerechneten Monate oder die letzten zwölf
 n   Entgeltfortzahlung
                                                                             bzw. 13 Wochen ausgedehnt ­werden.
		   1.725 EUR : 23 Arbeitstage (Juli) =               75 EUR (täglich)
		   75 EUR x 4 Arbeitstage =                      300 EUR (insgesamt)
                                                                             Dabei empfiehlt es sich, die Berechnung nach Arbeitstagen
                                                                             vorzunehmen. Hierzu wird das im jeweiligen Zeitraum erzielte
Erfolgt die Berechnung nach durchschnittlichen Kalender­                     Entgelt durch die Anzahl der entsprechenden Arbeitstage
tagen (30 Tage), so ist der auf den Kalendertag ent­fallende                 geteilt und als Tagessatz für die Zeit der Entgeltfortzahlung
Teil des Arbeitsentgeltes (1/30 des Monatsbetrages) mit der                  zugrunde gelegt. (Beispiel 2)
Anzahl der krankheitsbedingt ausgefallenen Kalendertage
zu multiplizieren.                                                            Beispiel 2:
                                                                              Akkordlohn (5-Tage-Woche), monatliche Entgeltabrechnung
bb) Überstunden                                                               Arbeitsunfähigkeit                                vom 18. 7. bis 2. 8.
Überstunden sind nicht bei der B­ erechnung der Entgeltfort-                  Verdienst nach persönlicher Arbeitsleistung (kein Gruppen­
zahlung zu berücksichtigen. Ausnahmen gelten nur dort, wo                     akkord), kein vergleichbarer Beschäftigter
Arbeitnehmer und Arbeitgeber entweder durch Tarif- oder                       Das Bruttoentgelt betrug im Juni                        1.937,00 EUR
Einzelvertrag eine über die gesetzliche Regelung hinaus­                      im Mai                                                  1.800,00 EUR
gehende Verein­barung getroffen haben. Wann regelmäßige                       im April                                                1.710,00 EUR
Mehrarbeit vorliegt, ist dann häufig in den Verträgen definiert.              in den letzten 3 Monaten insgesamt                      5.447,00 EUR
                                                                              Die Entgeltdifferenz im Monat Juni gegenüber den Vormona-
cc) Sonderfälle                                                               ten ist zum Teil auf eine Entgelterhöhung um 4 % ab 1. 6. zu-
Schwanken die Arbeitszeiten, ohne dass dabei eine bestimmte                   rückzuführen. Die Schwankungen sind dennoch so erheblich,
Mindeststundenzahl vorausgesetzt wird, gilt als Berechnungs-                  dass zur Erreichung eines vertretbaren Durchschnittsergeb-
grundlage für die Entgeltfortzahlung das in der Vergangen-                    nisses auf die letzten 3 Monate zurückgegriffen werden muss.
heit erzielte Entgelt. Maßgebend sind hierbei der letzte Ab-                  Die Entgelterhöhung per 1. 6. ist zu berücksichtigen.
rechnungsmonat bzw. die letzten abgerechneten vier oder                       n   Demnach ergibt sich folgender arbeitstäglicher Durchschnitts-
fünf Wochen vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit.                                  verdienst:
                                                                             		   im Juni                                            1.937,00 EUR
Das in diesem Zeitraum erzielte Entgelt ist durch die Anzahl                 		   im Mai (104 % von 1.800,00 EUR)                    1.872,00 EUR
der entsprechenden Arbeitstage zu teilen und der sich daraus                 		   im April (104 % von 1.710,00 EUR)                  1.778,40 EUR
ergebende Betrag ist als Tagessatz für die Zeit der Entgeltfort-             		   Gesamtsumme                                        5.587,40 EUR
                                                                             		   5.587,40 EUR : 60 Arbeitstage =                       93,12 EUR
zahlung zugrunde zu legen.
                                                                             		   Entgeltfortzahlung ist zu leisten für die Zeit vom 18. 7. bis 2. 8.
                                                                                  11 Arbeitstage x 93,12 EUR =                       1.024,32 EUR
Spiegelt das Ergebnis nicht die tatsächlichen Verhältnisse
wider, kann der Zeitraum auf die letzten drei abgerechne-                     Anmerkung: Angenommen, das Entgelt wäre in den letzten
ten Monate oder – bei wöchentlicher Abrechnung – auf die                      3 Monaten annähernd gleich hoch bzw. die Differenzen wären
                                                                              ausschließlich auf eine unterschiedliche Zahl von Arbeitstagen
letzten zwölf bzw. 13 Wochen ausgedehnt werden.
                                                                              in den einzelnen Kalendermonaten zurückzuführen gewesen,
                                                                              dann hätte es ausgereicht, der Berechnung des arbeitstäglichen
b) Leistungslöhne                                                             Durchschnittsverdienstes allein das Entgelt des letzten Monats
Auch Arbeitnehmer, die Leistungslöhne erhalten (Akkord-,                      zugrunde zu legen.
Stücklohn etc.), haben für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit
ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL                                                                                               11

3. Fortzuzahlendes Entgelt                                        werden kann, dass der erkrankte Arbeitnehmer (bei Arbeits­
Für die Berechnung der Entgeltfortzahlung ist das Brutto­         fähigkeit) betroffen wäre. Dabei ist ohne Bedeutung, welche
arbeitsentgelt im Sinne des Arbeitsrechts maßgebend, also         Ursache (z. B. Kurz­arbeit, schlechte Witterung) zu der aus­ge­­‑
nicht der Entgeltbegriff im Lohnsteuer- bzw. Sozialversiche-      fal­lenen Arbeit geführt hat.
rungsrecht; so zählen zum Bruttoarbeitsentgelt:
                                                                  Auch wenn nicht der Gesamtbetrieb, sondern nur der Teil des
n   der gesamte Barlohn im arbeitsrechtlichen Sinne (Stun-        Betriebes verkürzt arbeitet, in dem der kranke Arbeitnehmer
    den-, Wochen-, Monats-, Akkord- und Schichtlohn usw.),        bei Arbeitsfähigkeit beschäftigt wäre, sind diese veränderten
n   laufend gewährte Sachleistungen (z. B. Kost oder Woh-         Umstände für die Entgeltfortzahlung maßgebend.
    nung) und Deputate; kann freie Station in natura nicht
    gewährt werden (weil sich z. B. der arbeitsunfähige Arbeit-   Lag Arbeitsunfähigkeit bereits vor Be­­ginn der verkürzten
    nehmer nicht beim Arbeitgeber aufhält), gilt für die Be-      Arbeitszeit vor und wäre bei Arbeitsfähigkeit (Saison-)Kurz­ar­
    rechnung der Lohnsteuer und der Sozialversicherungs­          beitergeld zu zahlen, erhält der Arbeitnehmer – außer seinem
    beiträge der amtliche Sachbezugswert,                         (verminderten) Arbeitsentgelt – Krankengeld zu Lasten seiner
n   Sonntags-, Feiertags- und Nacht­arbeits­­zuschläge,           Krankenkasse. Tritt die Arbeits­unfähigkeit jedoch erst wäh-
n   Erschwernis- und Gefahrenzuschläge,                           rend des Bezugs von (Saison-)Kurzarbeitergeld ein, gewährt
n   Schmutzzulagen, soweit diese dem Arbeitnehmer nicht           die Arbeits­agentur die Leistung solange weiter, wie dem
    zusätzliche Kosten zum Beispiel für Reinigungsmittel          Arbeitnehmer die betriebliche Entgeltfortzahlung im Krank-
    er­setzen sollen,                                             heitsfall zusteht; die Auszahlung erfolgt durch den Arbeit­
n   soziale Zulagen (Familien- und Kinderzuschläge, Woh-          geber im Auftrag der Arbeits­agentur.
    nungsgeld und Orts­zulagen),
n   Trinkgelder, soweit darauf ein rechtmäßiger Anspruch be-      5. Entgeltfortzahlung bei Arbeitszeitverlagerung
    steht (z. B. Bedienungsgelder im Hotel- und Gaststätten­      Wird die Arbeitszeit im Betrieb verlagert, sodass arbeitsfreie
    gewerbe),                                                     Zeiten entstehen, ist für die Tage, an denen arbeitsfähige
n   vermögenswirksame Leistungen, die der Arbeitgeber             Beschäftigte kein Arbeitsentgelt erhalten, auch keine ­Ent-
    laufend gewährt,                                              geltfortzahlung an arbeitsunfähige M ­ itarbeiter zu zahlen.
n   Inkassoprämien.                                               Im Gegensatz dazu ist Entgeltfortzahlung zu gewähren,
                                                                  wenn Entgeltzahlungen an gesunde Mitarbeiter erfolgen,
Bei der Berechnung der Entgeltfortzahlung unberücksichtigt        zum Beispiel als von der Arbeitszeit unabhängiges Monats­
bleiben Auslösungen und ähnliche Leistungen, für die der          entgelt.
Arbeitnehmer entsprechende Nachweise über die entstande-
nen Kosten erbringen muss. Dazu gehören beispielsweise die        Der Anspruch auf Entgeltfortzahlung geht für den arbeitsun­
Erstattung von Fahrgeld, ­Reisekosten, Spesen ebenso wie          fähigen Beschäftigten jedoch nicht weiter, als er bei Arbeits­
Trennungs­entschä­digungen, Werkzeuggeld und der Ersatz für       fähigkeit bestanden hätte. Dies gilt selbst dann, wenn im Vor-
Arbeits­kleidung. Erhält der Arbeitnehmer Funktions­zu­lagen,     feld der Arbeitszeitverlagerung zusätzliche Arbeit g­ e­leistet
Wegezeitvergütungen oder andere L­ eistungen, die pauschal        wurde, an der sich der – später erkrankte – Arbeitnehmer noch
vergütet werden, sind diese dagegen bei der Entgeltfortzah-       beteiligt hat, ohne dass dafür eine besondere Vergütung ge-
lung einzubeziehen.                                               zahlt wurde. Konnte der Arbeitnehmer wegen Krankheit an
                                                                  solchen Vorarbeiten nicht teilnehmen und wurde während-
Einmalige Leistungen, wie zum Beispiel Gewinnbeteiligungen,       dessen an gesunde Mitarbeiter eine Zusatzvergütung gezahlt,
Abschluss­gratifikationen, Weihnachtszuwendungen, ­Beihilfen      erhöht sich auch die Entgeltfortzahlung um diesen Betrag.
und Unterstützungen, Prämien für Verbesserungsvorschläge          Das Gleichstellungs­prinzip trifft entsprechend zu, wenn das
und Anwesenheits­prämien, bleiben unberücksichtigt.               übliche Monatsentgelt auch für die arbeitsfreie Zeit weiter­
                                                                  gezahlt wird.
Nachzahlungen, wie zum Beispiel rückwirkende Entgelterhö-
hungen, die der Arbeitnehmer in einer Summe erhält, fließen       6. Abweichung durch Tarifvertrag
dagegen in die Berechnung der Entgeltfortzahlung ein.             Vom EFZG abweichende Regelungen hinsichtlich der Berech-
                                                                  nung des fortzuzahlenden Arbeitsentgelts können durch Tarif-
4. Entgeltfortzahlung bei verkürzter Arbeitszeit                  vertrag bestimmt werden. Nicht tarifgebundene Arbeitgeber
Fällt die Arbeitsunfähigkeit eines Beschäftigten in einen Zeit-   und Arbeitnehmer im Geltungsbereich eines solchen Tarifver-
raum, währenddessen im Betrieb verkürzt gearbeitet wird, hat      trages haben die Möglichkeit, sich auf die Anwendung der
dies Einfluss auf die Entgeltfortzahlung, wenn vorausgesetzt      tarifvertraglichen Bestimmungen zu verständigen.
12                                                                     ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL

V. Anzeige- und Nachweis­pflichten des Arbeitnehmers              3. Pflichtverletzungen
                                                                  Erfüllt der Arbeitnehmer seine Nachweispflicht nicht, kann
1. Arbeitsunfähigkeit anzeigen                                    der Arbeitgeber die Entgeltfortzahlung aussetzen, bis die
Wird ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank, hat er dies un-       Bescheinigung des Arztes vorliegt. Legt der Arbeitnehmer die
verzüglich – das heißt ohne schuldhafte Verzögerung – dem         Bescheinigung nachträglich vor, muss die Entgeltfortzahlung
Arbeitgeber zu melden. Anzugeben ist dabei auch die vor­          allerdings für die gesamte Dauer der Arbeitsunfähigkeit nach-
aussicht­liche Dauer seines Fernbleibens von der Arbeit.          geholt werden.

2. Arbeitsunfähigkeit nachweisen                                  4. Arbeitsunfähigkeit im Ausland
Ist der Arbeitnehmer länger als drei Kalendertage arbeitsun­      Auch wenn der Arbeitnehmer im Ausland arbeitsunfähig
fähig, muss er seinem Arbeitgeber s­ pätestens am vierten Tag     erkrankt, unterliegt er den gesetzlichen Anzeige- und Nach-
(nächstfolgender Arbeitstag) eine ärztliche Bescheinigung         weispflichten. Er muss die Arbeitsunfähigkeit, deren voraus-
vorlegen. Auf Verlangen des Arbeitgebers ist diese bereits        sichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort (inkl. Tele-
früher einzureichen. Andererseits kann der Arbeitgeber ganz       fonnummer) dem Arbeitgeber unverzüglich melden, und zwar
auf die Bescheinigung verzichten, wenn die Krankheit voraus-      auf die schnellstmögliche Art der Übermittlung (z. B. Telefon,
sichtlich nur von kurzer Dauer sein wird.                         Telefax, wenn möglich E-Mail).
(Beispiele 1 und 2)
                                                                  Durch die Mitteilung entstehende Kosten hat der Arbeitgeber
 Beispiel 1:                                                      zu tragen. Dies gilt auch, wenn die Arbeitsunfähigkeit länger
 Arbeitsunfähigkeit ab                                Montag      dauert als zunächst angegeben. Zwar ist im EFZG bei Fortdau-
                                                                  er der Arbeitsunfähigkeit im Ausland eine Mitteilung an den
 n   Vorlage der Bescheinigung bis                 Donnerstag
                                                                  Arbeitgeber nicht ausdrücklich vorgesehen, jedoch sind die
                                                                  im Inland geltenden Grundsätze entsprechend anzuwenden.
 Beispiel 2:                                                      Der Arbeitnehmer hat dem Arbeitgeber darüber hinaus auf
 Arbeitsunfähigkeit ab                               Mittwoch     eigene Kosten seine Rückkehr ins Inland unverzüglich anzu-
 n Vorlage der Bescheinigung bis
                                                                  zeigen.
                                                        Samstag
			                                  (wenn arbeitsfrei: Montag)
                                                                  Entgegen dem gewohnten Verfahren bei Arbeitsunfähigkeit
                                                                  im Inland gelten die o. g. Mitteilungspflichten der Arbeitneh-
Aus der Bescheinigung des Arztes muss hervorgehen, dass           mer auch gegenüber ihrer gesetzlichen Krankenkasse. Die
die Krankenkasse gleichzeitig über den Befund und die vor­        vom Arzt im Ausland ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbeschei-
aussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit informiert wird.       nigung ist ebenfalls direkt der Krankenkasse in Deutschland
Angaben über die Diagnose sind gegenüber dem Arbeitgeber          zuzusenden. Stellt der ausländische Arzt nach den dortigen
nicht zu machen. Ebenso wenig hat dieser Anspruch auf Aus-        Rechtsvorschriften keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
künfte, um welche Art der Erkrankung es sich handelt.             aus, hat sich der Arbeitnehmer an den Träger des Aufenthalts-
                                                                  ortes zu wenden (z. B. in den Niederlanden). Dieser veranlasst
Dauert die Krankheit länger als angegeben, ist dem Arbeit­        sofort die ärztliche Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und
geber erneut eine ärztliche Bescheinigung über die Verlänge-      übermittelt die Bescheinigung unverzüglich der deutschen
rung vorzulegen (Folgebescheinigung).                             Krankenkasse.

Die Kosten für die ärztliche(n) Bescheinigung(en) übernimmt       Auch aus einem im Ausland ausgestellten ärztlichen Attest
die Krankenkasse. Ist der Arbeitnehmer nicht gesetzlich kran-     muss ersichtlich sein, dass nicht nur eine Erkrankung, sondern
kenversichert, muss er die Kosten allein tragen.                  tatsächlich Arbeitsunfähigkeit vorliegt. Ist dies nicht eindeutig
                                                                  zu entnehmen, kann der Arbeitgeber Zweifel an der Arbeits-
Sollten begründete Zweifel an der bescheinigten Arbeitsun­        unfähigkeit geltend machen. Der Träger des Aufenthaltsortes
fähigkeit bestehen, ist dies der zuständigen Krankenkasse zur     lässt auf Veranlassung der deutschen Krankenkasse eine kon-
Überprüfung mitzuteilen, um eventuellem Missbrauch bei der        trollärztliche Untersuchung durchführen und übermittelt ihr
Entgeltfortzahlung entgegenzuwirken.                              unverzüglich den ärztlichen Bericht.
ENTGELTFORTZAHLUNG IM KRANKHEITSFALL                                                                                               13

VI. Ersatzansprüche des Arbeit­gebers                              2. Ersatzanspruch bei Dienst­verletzungen
                                                                   Privaten Arbeitgebern werden nach dem Bundesversorgungs-
1. Schadenersatz durch Dritte                                      gesetz Aufwendungen für die Fortzahlung des Arbeitsentgelts
a) Übergang von Ersatzansprüchen auf den Arbeitgeber               an arbeitsunfähig aus dem Dienst entlassene Soldaten (frei­
Kann ein arbeitsunfähiger Arbeitnehmer gegenüber Dritten           williger Wehrdienst) – einschließlich der darauf entfallenden
Anspruch auf Schadenersatz aufgrund eines Verdienstausfalls        vom Arbeitgeber getragenen und abgeführten Sozialversiche-
geltend machen (z. B. nach einem unverschuldeten Verkehrs­         rungsbeiträge sowie Beiträge zu Einrichtungen der zusätz-
unfall), geht dieser insoweit auf den Arbeitgeber über, wie        lichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung – erstattet,
der Arbeitgeber aus demselben Zusammenhang Entgeltfort-            wenn eine Gesundheits­schädigung im Sinne des Soldaten­
zahlung geleistet hat. Der Ersatzanspruch gilt nicht nur für das   versorgungsgesetzes vorliegt.
weiter­gezahlte Arbeitsentgelt, sondern schließt die darauf
entfallenden Arbeitgeberbeitragsanteile zur Sozialversiche-        Die Arbeitsunfähigkeit muss ferner nicht nur auf den freiwilli-
rung ein. Auch Beiträge zu Einrichtungen der Alters- und           gen Wehrdienst zurück­zuführen sein, sondern auch bereits am
Hinterbliebenenversorgung sind zu erstatten, nicht jedoch          Tag nach Beendigung des Dienstverhältnisses und damit in
Um­lagen zur Unfallversicherung sowie zu den Ausgleichs­           unmittelbarem Anschluss bestanden haben. Außerdem muss
kassen.                                                            das Arbeitsver­hältnis, aufgrund dessen der Arbeitgeber das
                                                                   Arbeitsentgelt fortzuzahlen hat, schon vor Beginn des Dienst-
Seinen Anspruch kann der Arbeitgeber selbst verfolgen oder         verhältnisses begründet worden sein, nach den Vorschriften
– bei Teilnahme am Ausgleichsverfahren U1 – wiederum an            des Arbeitsplatzschutzgeset­zes während des Dienstes geruht
die zuständige Ausgleichskasse abtreten. (vgl. C. IV. 5b)          haben und nach Beendigung des Dienstverhältnisses fort­
                                                                   gesetzt werden. Die Er­stat­tung der Auf­wen­dungen ist bei
b) Mitverschulden des Arbeit­nehmers                               der zuständigen Verwaltungs­behörde (Versorgungsamt) zu
Ist die Arbeitsunfähigkeit durch ein Mitverschulden des Ar-        beantragen. (Beispiel)
beitnehmers entstanden und fallen deshalb die Forderungen
gegenüber Dritten geringer aus, vermindert sich der über­           Beispiel:
gegangene Ersatz­anspruch entsprechend.                             Arbeitsverhältnis                                   seit Jahren
                                                                    Freiwilliger Wehrdienst                                bis 30. 9.
c) Dritthaftung ohne Forderungs­übergang                            Arbeitsunfähigkeit vom                         20. 9. bis 17. 10.
Wenn laut Vereinbarung zwischen Schädiger und geschädig­            (Wehrdienstbeschädigung)
tem Arbeitnehmer Ersatz­ansprüche nicht oder nur teilweise
                                                                    n   Erstattungsanspruch des Arbeitgebers vom   1. 10. bis 17. 10.
an den Arbeitgeber übergehen, kann dieser die Entgeltfort-
zahlung in demselben Umfang kürzen bzw. streichen. Wird
dem Arbeitgeber die Verein­barung erst zu einem späteren           Nach den jeweiligen Katastrophenschutzgesetzen der Bun-
Zeitpunkt bekannt, kann er zu viel gezahltes Arbeits­entgelt       desländer bzw. dem Gesetz über die Erweiterung des Katas-
zurückfordern.                                                     trophenschutzes dürfen Personen aus ihrer Dienstpflicht im
                                                                   Katastrophenschutz keine Nachteile, auch nicht in ihrem Be-
d) Mitteilungspflicht                                              schäftigungsverhältnis, erwachsen. Im Einzelfall ist daher auch
Um den Schadenersatzanspruch ab­wickeln zu können, hat der         den Arbeitgebern dieser Personen das fortgezahlte Arbeits-
Arbeitnehmer unverzüglich die erforderlichen Angaben mit-          entgelt einschließlich der Beiträge zur Sozialversicherung zu
zuteilen. Dazu gehören im Wesentlichen: Name und Adresse           erstatten, das sie Arbeitnehmern aufgrund der gesetzlichen
des Schädigers sowie Ursache und Hergang des Ereignisses.          Vorschriften während einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krank-
Kommt der Arbeitnehmer dieser Verpflichtung nicht nach,            heit fortzahlen, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf den Dienst
braucht der Arbeitgeber so lange keine Entgeltfortzahlung          im Katastrophenschutz zurückzuführen ist.
zu leisten, bis die Angaben vorliegen. Werden diese nach­
träglich gemacht, muss die Entgeltfortzahlung nachgeholt           3. Beschäftigungs­verbot nach dem IfSG
werden.                                                            Darf ein kranker – aber arbeitsfähiger – Arbeitnehmer seine
                                                                   berufliche Tätigkeit laut Infektionsschutzgesetz (IfSG) wegen
e) Ausschluss von Nachteilen für den Arbeitnehmer                  Ansteckungsgefahr nicht ausüben, besteht Anspruch auf
Durch den Übergang der Schaden­ersatzforderungen dürfen            ­Entgeltfortzahlung. Der Arbeitgeber kann sich jedoch seine
dem Geschädigten keine Nachteile entstehen. Dies ist zum            Aufwendungen erstatten lassen. Nähere Auskünfte erteilen
Beispiel zu berücksichtigen, wenn der Ersatzanspruch durch          die zuständigen Behörden (z. B. Gesundheitsämter).
den Schädiger nicht in vollem Umfang erfüllt wird.
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