Epidemiologisches Bulletin

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Epidemiologisches Bulletin
1. August 2011 / Nr. 30               aktuelle daten und informationen zu infektionskrankheiten und public health

Mitteilung der Ständigen Impfkommission am Robert Koch-Institut
Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) am                                                   Diese Woche               30/2011
Robert Koch-Institut / Stand: Juli 2011
Nach der Neukonstituierung der STIKO in der 69. Sitzung wurden in der 70. Sitzung redaktionelle
Veränderungen im Text der „Empfehlungen“ und in den Tabellen 1 und 2 verabschiedet. Die folgenden      Empfehlungen der
Ausführungen ersetzen die im Epidemiologischen Bulletin des RKI (Epid. Bull.) 30/2010 veröffentlich-   Ständigen Impfkommission
ten Impfempfehlungen der STIKO/Stand: Juli 2010. Da keine inhaltlichen Änderungen der Impfemp-
fehlungen beschlossen wurden, entfallen in den folgenden Ausgaben 31/2011 und 32/2011 Begründun-
                                                                                                       (STIKO) am RKI
gen bzw. Neuerungen.
                                                                                                       Stand: Juli 2011
Vorbemerkungen
Impfungen gehören zu den wirksamsten und wichtigsten präventiven medizi-
nischen Maßnahmen. Moderne Impfstoffe sind gut verträglich; bleibende uner-
                                                                                                       Das Wichtigste in Kürze
wünschte gravierende Arzneimittelwirkungen (UAW) werden nur in sehr selte-
nen Fällen beobachtet. Unmittelbares Ziel einer Impfung ist es, den Geimpften
                                                                                                       ▶ Der Impfkalender für die
vor einer bestimmten Krankheit zu schützen. Bei einer bevölkerungsweit hohen
Akzeptanz und einer konsequenten, von allen Akteuren getragenen Impfpoli-                                Standardimpfungen (Tabelle 1)
tik können hohe Impfquoten erreicht werden. Dadurch ist es möglich, einzelne                             wurde neu gestaltet.
Krankheitserreger regional zu eliminieren und schließlich weltweit auszurot-
ten. Die Eliminierung der Masern, der Röteln und der Poliomyelitis ist erklärtes                       ▶ Standardimpfungen, die in
und erreichbares Ziel nationaler und internationaler Gesundheitspolitik.                                 der Tabelle 1 enthalten sind,
     In der Bundesrepublik Deutschland besteht keine Impfpflicht. Impfungen                              werden jetzt in der Tabelle 2
und andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe werden von den obersten                                 nicht mehr zusätzlich
Gesundheitsbehörden der Länder auf der Grundlage der STIKO-Empfehlungen                                  aufgeführt.
entsprechend § 20 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) „öffentlich emp-
fohlen“. Die Versorgung bei Impfschäden durch „öffentlich empfohlene“ Imp-                             ▶ Der gesamte Text wurde
fungen wird durch die Bundesländer sichergestellt.                                                       redaktionell überarbeitet.
     Für einen ausreichenden Impfschutz bei den von ihm betreuten Personen
zu sorgen, ist eine wichtige Aufgabe des Arztes. Dies bedeutet, die Grundimmu-                         ▶ Inhaltlich wurden die Impf-
nisierung bei Säuglingen und Kleinkindern frühzeitig zu beginnen, ohne Ver-                              empfehlungen nicht verändert.
zögerungen durchzuführen und zeitgerecht abzuschließen. Nach der Grund-
immunisierung ist lebenslang ggf. durch regelmäßige Auffrischimpfungen                                 ▶ Die FSME-Risikogebiete
sicherzustellen, dass der notwendige Impfschutz erhalten bleibt und – wenn                               wurden um den SK Offenbach
indiziert – ein Impfschutz gegen weitere Infektionskrankheiten aufgebaut wird.                           erweitert.
Arztbesuche von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sollten dazu genutzt
werden, die Impfdokumentation zu überprüfen und im gegebenen Fall den
Impfschutz zu vervollständigen.
Die Impfleistung des Arztes umfasst neben der Impfung:
▶ Informationen über den Nutzen der Impfung und die zu verhütende Krankheit,
▶ Hinweise auf mögliche unerwünschte Arzneimittelwirkungen und Kompli-
   kationen,
▶ Erheben der Anamnese und der Impfanamnese einschließlich der Befragung
   über das Vorliegen möglicher Kontraindikationen,
▶ Feststellen der aktuellen Befindlichkeit zum Ausschluss akuter Erkrankungen,
▶ Empfehlungen über Verhaltensmaßnahmen im Anschluss an die Impfung,
▶ Aufklärung über Beginn und Dauer der Schutzwirkung,
▶ Hinweise zu Auffrischimpfungen,
▶ Dokumentation der Impfung im Impfausweis bzw. Ausstellen einer Impf-
   bescheinigung.
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      Impfkalender

      Die Impfkalender für Säuglinge und Kleinkinder (Tab. 1.1)             verwendet werden. Die Überprüfung und gegebenenfalls
      und für Kinder, Jugendliche und Erwachsene (Tab. 1.2) um-             Vervollständigung des Impfstatus ist in jedem Lebensal-
      fassen Impfungen zum Schutz vor Tetanus (T), Diphthe-                 ter sinnvoll. Fehlende Impfungen sollten sofort, entspre-
      rie (D/d), Pertussis (aP/ap), Haemophilus influenzae Typ b            chend den Empfehlungen für das jeweilige Lebensalter,
      (Hib), Poliomyelitis (IPV), Hepatitis B (HB), Pneumokok-              nachgeholt werden. Zu den zeitlichen Mindestabständen
      ken, Meningokokken, Masern, Mumps, Röteln (MMR),                      zwischen zwei Impfungen sowie zur Möglichkeit der Ko-
      Varizellen sowie gegen humane Papillomviren (HPV) und                 administration von Impfstoffen sind die Fachinformatio-
      Influenza. Der Zeitpunkt der empfohlenen Impfung wird                 nen des jeweiligen Impfstoffes zu beachten. Für einen lang
      in Monaten (Tab. 1.1) und in Jahren (Tab. 1.2) angegeben.             dauernden Impfschutz ist es von besonderer Bedeutung,
      Die Impfungen sollten zum frühestmöglichen Zeitpunkt                  dass bei der Grundimmunisierung der empfohlene Min-
      erfolgen. Um die Zahl der Injektionen möglichst gering                destabstand zwischen vorletzter und letzter Impfung (in
      zu halten, sollten vorzugsweise Kombinationsimpfstoffe                der Regel 6 Monate) nicht unterschritten wird.

       Erläuterungen

          G         Grundimmunisierung (in bis zu 4 Teilimpfungen G1 – G4)

          A         Auffrischimpfung

          S         Standardimpfung

         N          Nachholimpfung (Grundimmunisierung aller noch nicht Geimpften bzw. Komplettierung einer unvollständigen Impfserie)

      Tabelle 1.1: Impfkalender (Standardimpfungen) für Säuglinge und Kleinkinder bis 2 Jahre

       Impfung                                                                    Alter in Monaten

                                                  2                  3                   4              11 – 14           15 – 23

       Tetanus                                   G1                 G2                  G3                G4

       Diphtherie                                G1                 G2                  G3                G4

       Pertussis                                 G1                 G2                  G3                G4

       Haemophilus influenzae Typ b              G1                 G2 a)               G3                G4

       Poliomyelitis                             G1                 G2 a)               G3                G4

       Hepatitis B                               G1                 G2 a)               G3                G4

       Pneumokokken                              G1                 G2                  G3                G4

       Meningokokken                                                                                       G1 (ab 12 Monaten)

       Masern, Mumps, Röteln                                                                              G1                G2

       Varizellen                                                                                         G1                G2

      a) Bei Anwendung eines monovalenten Impfstoffes kann diese Dosis entfallen.
1. August 2011                                                           Epidemiologisches Bulletin Nr. 30        Robert Koch-Institut   277

Tabelle 1.2: Impfkalender (Standardimpfungen) für Kinder ab 5 Jahren, Jugendliche und Erwachsene

 Impfung                                                             Alter in Jahren

                            5–6            9 – 11              12 – 17                       ab 18                     ab 60

                                                                                                        A (ggf. N)
 Tetanus                     A1                          A2
                                                                                        Auffrischimpfung jeweils 10 Jahre nach der
                                                                                       letzten vorangegangenen Dosis. Die nächste
 Diphtherie                  A1                          A2                              fällige Td-Impfung einmalig als Tdap- bzw.
                                                                                               bei entsprechender Indikation als
 Pertussis                   A1                          A2                                    Tdap-IPV-Kombinationsimpfung.

 Poliomyelitis                                           A1                                              ggf. N

 Hepatitis B                                        N

 Pneumokokken                                                                                                            S b)

 Meningokokken                                      N

 Masern                                             N                                         S c)

 Mumps, Röteln                                      N

 Varizellen                                               N

                                                                                                                           S
 Influenza
                                                                                                                  Jährliche Impfung
 Humanes                                                      G1 – G3
 Papillomvirus                                          Standardimpfung für
 (HPV)                                                  Mädchen und junge
                                                              Frauen

b) Einmalige Impfung mit Polysaccharid-Impfstoff, Auffrischimpfung nur für bestimmte Indikationen empfohlen, vgl. Tabelle 2
c) Einmalige Impfung für alle nach 1970 geborenen Personen ≥ 18 Jahre mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung oder mit nur einer
   Impfung in der Kindheit, vorzugsweise mit einem MMR-Impfstoff

Die angegebenen Impftermine berücksichtigen die für den           ge möglichst frühzeitig durchzuführen und spätestens bis
Aufbau eines Impfschutzes notwendigen Mindestabstände             zum Alter von 14 bzw. 23 Monaten die Grundimmunisie-
zwischen den Impfungen. Die Früherkennungsuntersu-                rungen zu vollenden. Die Erfahrung zeigt, dass Impfungen,
chungen für Säuglinge und Kinder, die Schuleingangs-              die später als empfohlen begonnen wurden, häufig nicht
untersuchung, Schuluntersuchungen, die Jugendgesund-              zeitgerecht fortgesetzt werden. Bis zur Feststellung und
heitsuntersuchungen sowie die Untersuchungen nach                 Schließung von Impflücken, z. B. bei der Schuleingangs-
dem Jugendarbeitsschutzgesetz sollen für die Impfprophy-          untersuchung, verfügen unzureichend geimpfte Kinder
laxe genutzt werden. Die im Impfkalender empfohlenen              nur über einen mangelhaften Impfschutz. Noch vor dem
Standardimpfungen sollten auch alle Personen mit chro-            Eintritt in eine Gemeinschaftseinrichtung, spätestens aber
nischen Krankheiten erhalten, sofern keine spezifischen           vor dem Schuleintritt, ist für einen altersentsprechenden
Kontraindikationen vorliegen.                                     vollständigen Impfschutz Sorge zu tragen. Spätestens bis
                                                                  zum vollendeten 18. Lebensjahr (d. h. bis zum Tag vor dem
Wegen der besonderen Gefährdung in der frühen Kindheit            18. Geburtstag) sind bei Jugendlichen versäumte Impfun-
muss es das Ziel sein, empfohlene Impfungen für Säuglin-          gen nachzuholen.
278    Robert Koch-Institut   Epidemiologisches Bulletin Nr. 30                                                      1. August 2011

      Anmerkungen zu den im Impfkalender aufgeführten Standardimpfungen

      Diphtherie: Ab einem Alter von 5 bzw. 6 Jahren (je nach          Humane Papillomviren (HPV): Die STIKO empfiehlt zur
      Angaben des Herstellers) wird bei Auffrischimpfungen und         Reduktion der Krankheitslast durch den Gebärmutterhals-
      zur Grundimmunisierung ein Impfstoff mit reduziertem             krebs eine generelle Impfung gegen humane Papillom-
      Diphtherietoxoid-Gehalt (d) verwendet, in der Regel kombi-       viren (Typen HPV 16, 18) für alle Mädchen im Alter von
      niert mit Tetanustoxoid und Pertussis-Antigen oder weite-        12 bis 17 Jahren. Die Impfung mit 3 Dosen sollte vor dem
      ren indizierten Antigenen.                                       ersten Geschlechtsverkehr abgeschlossen sein. Die genaue
                                                                       Dauer der Immunität nach Verabreichung aller Impfstoff-
      Haemophilus influenzae Typ b (Hib): Ab einem Alter von           dosen ist derzeit noch nicht bekannt. Die Frage der Not-
      5 Jahren ist eine Hib-Impfung nur in Ausnahmefällen indi-        wendigkeit einer Wiederimpfung kann deshalb noch nicht
      ziert (s. Tab. 2, S. 282, z. B. funktionelle oder anatomische    beantwortet werden. Über die epidemiologische Wirksam-
      Asplenie). Für die einzelnen Impfungen der Grundimmu-            keit der Immunisierung von Jungen und Männern zur Ver-
      nisierung sollte – wenn möglich – ein Impfstoff mit glei-        hinderung der Infektion bei Frauen liegen keine ausrei-
      chem Trägerprotein verwendet werden. Wenn jedoch nicht           chenden Daten vor. Die Impfung gegen HPV sollte auch
      bekannt ist, mit welchem Impfstoff zuvor geimpft worden          als Gelegenheit genutzt werden, andere für Jugendliche
      ist, weil der Handelsname nicht – wie erforderlich – doku-       von der STIKO empfohlene Impfungen zu vervollständi-
      mentiert wurde, dann muss die Grundimmunisierung                 gen. Zur gleichzeitigen Gabe mit anderen Impfstoffen ver-
      nicht erneut begonnen werden, sondern kann mit jedem             weist die STIKO auf die jeweiligen Fachinformationen.
      Hib-Impfstoff fortgesetzt werden.
                                                                       Geimpfte Personen sind darauf hinzuweisen, dass die
      Hepatitis B (HB): Serologische Vor- bzw. Nachtestungen           Impfung mit einem der aktuell verfügbaren Impfstoffe
      zur Kontrolle des Impferfolgs sind bei der Grundimmuni-          gegen humane Papillomviren nicht gegen alle potenziell
      sierung im Kindes- und Jugendalter nicht erforderlich. Eine      onkogenen HPV-Typen schützt und dass deshalb die Früh-
      Wiederimpfung 10 Jahre nach Impfung im Säuglings- und            erkennungsmaßnahmen zum Gebärmutterhalskrebs un-
      Kleinkindalter ist derzeit für Kinder und Jugendliche nicht      verändert in Anspruch genommen werden müssen. Eine
      generell empfohlen. Kinder und Jugendliche, die einer Ri-        wissenschaftliche Bewertung der HPV-Impfung wurde
      sikogruppe angehören, erhalten eine Wiederimpfung ent-           – ergänzend zur wissenschaftlichen Begründung, die im
      sprechend Tabelle 2 (s. S. 282 u. 283) der STIKO-Empfeh-         Epidemiologischen Bulletin 12/2007 publiziert worden ist –
      lungen (s. a. Epid. Bull. 31/2007).                              im Epidemiologischen Bulletin 32/2009 veröffentlicht.

      Postexpositionelle Hepatitis-B-Prophylaxe bei Neugebore-         Influenza: Die STIKO empfiehlt die jährliche Impfung im
      nen von HBsAg-positiven Müttern bzw. von Müttern mit             Herbst mit einem Impfstoff mit aktueller von der WHO
      unbekanntem HBsAg-Status: Entsprechend den Mutter-               empfohlener Antigenkombination als Standardimpfung al-
      schafts-Richtlinien ist bei allen Schwangeren nach der           ler Personen ab 60 Jahre sowie als Indikationsimpfung bei
      32. Schwangerschaftswoche, möglichst nahe am Geburts-            bestimmten Personengruppen (s. Tabelle 2, S. 283). Die
      termin, das Serum auf HBsAg zu untersuchen. Ist das Er-          jährliche Impfung wird auch dann empfohlen, wenn die
      gebnis positiv, dann ist bei dem Neugeborenen unmittel-          Antigenzusammensetzung des Impfstoffs gegenüber der
      bar post partum, d. h. innerhalb von 12 Stunden, mit der         vorhergehenden Saison unverändert ist.
      Immunisierung gegen Hepatitis B zu beginnen. Dabei
      werden simultan die erste Dosis HB-Impfstoff und HB-             Masern, Mumps, Röteln (MMR): Die Impfung gegen Ma-
      Immunglobulin verabreicht. Die begonnene HB-Grund-               sern, Mumps und Röteln sollte mit einem Kombinations-
      immunisierung wird einen Monat nach der 1. Impfung               impfstoff (MMR-Impfstoff) durchgeführt werden, in der
      durch eine 2. Impfung und frühestens 5 Monate nach der           Regel im Alter von 11 bis 14 Monaten. Bis zum Ende des
      2. Impfung durch eine 3. Impfung vervollständigt.                2. Lebensjahres soll auch die 2. MMR-Impfung erfolgt
           Bei Neugeborenen inklusive Frühgeborenen von Müt-           sein, um den frühestmöglichen Impfschutz zu erreichen.
      tern, deren HBsAg-Status nicht bekannt ist und bei denen
      noch vor bzw. sofort nach der Geburt die serologische Kon-       In folgenden Situationen kann die erste MMR-Impfung
      trolle nicht möglich ist, wird unabhängig vom Geburtsge-         unter Berücksichtigung der gegebenen epidemiologischen
      wicht ebenfalls unmittelbar post partum die Grundimmu-           Situation bereits ab einem Alter von 9 Monaten erfolgen:
      nisierung mit HB-Impfstoff begonnen. Bei nachträglicher          ▶ bevorstehende Aufnahme in eine Gemeinschaftsein-
      Feststellung einer HBsAg-Positivität der Mutter kann beim           richtung
      Neugeborenen innerhalb von 7 Tagen postnatal die passive         ▶ nach möglichem Kontakt zu Masernkranken
      Immunisierung nachgeholt werden.
                                                                       Sofern die Erstimpfung vor dem Alter von 11 Monaten erfolg-
      Nach Abschluss der Grundimmunisierung des Neugebore-             te, muss die 2. MMR-Impfung bereits zu Beginn des 2. Le-
      nen einer HBsAg-positiven Mutter ist eine serologische           bensjahres erfolgen, da persistierende mütterliche Antikör-
      Kontrolle erforderlich (s. a. Epid. Bull. 10/2000 und 8/2001).   per im 1. Lebensjahr die Impfviren neutralisieren können.
1. August 2011                                                     Epidemiologisches Bulletin Nr. 30   Robert Koch-Institut   279

Für eine MMR-Impfung von Säuglingen unter 9 Monaten          und sie zeitgerecht fortzuführen. Auffrischimpfungen sind
fehlen umfassende Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit,      mit 5 – 6 Jahren (s. a. Epid. Bull. 3/2006) und 9 – 17 Jahren
sodass solche Säuglinge in einem Ausbruchsgeschehen in       (s. a. Epid. Bull. 17/2000) empfohlen. Ab dem Alter von
erster Linie durch Impfungen der Kontaktpersonen in der      5 – 6 Jahren werden sowohl zur Auffrischimpfung als auch
Umgebung zu schützen sind. Individuelle Risiko-Nutzen-       zu einer ggf. nachzuholenden Grundimmunisierung Impf-
Abwägungen können eine Impfung mit 6 bis 8 Monaten           stoffe mit reduziertem Pertussis-Antigengehalt (Tdap oder
ausnahmsweise begründen. Vor dem Alter von 9 Monaten         Tdap-IPV) verwendet.
geimpfte Säuglinge sollen zum Aufbau einer langfristigen
Immunität 2 weitere Dosen MMR-Impfstoff im 2. Lebens-        Für alle Erwachsenen empfiehlt die STIKO, die nächste fäl-
jahr erhalten. Nach Kontakt zu Masernkranken können un-      lige Td-Impfung einmalig als Tdap-Kombinationsimpfung
ter 9 Monate alte Säuglinge nach individueller Risiko-Nut-   zu verabreichen (bei entsprechender Indikation als Tdap-
zen-Abwägung alternativ Immunglobuline zum Schutz vor        IPV-Kombinationsimpfung). Da ein monovalenter Pertussis-
einer Erkrankung erhalten. Nach einer Immunglobulin-         Impfstoff nicht mehr zur Verfügung steht, wird die Gabe
gabe ist die MMR-Impfung für 5 bis 6 Monate nicht sicher     von Kombinationsimpfstoffen zu den jeweiligen Impfter-
wirksam. Dies sollte bei der Indikation zur Immunglobu-      minen empfohlen. Bei bestehender Indikation zur Pertussis-
lingabe berücksichtigt werden.                               Impfung kann ein Tdap-Kombinationsimpfstoff verwendet
                                                             werden, auch wenn in einem Zeitraum von weniger als
Empfohlen wird die MMR-Impfung auch für alle nach 1970       5 Jahren zuvor ein Td-haltiger Impfstoff verimpft worden ist
geborenen Erwachsenen mit unklarem Impfstatus, ohne          (siehe dazu Epid. Bull. 33/2009).
Impfung oder mit nur einer Impfung in der Kindheit, insbe-
sondere wenn sie im Gesundheitsdienst, in der Betreuung      Im Zusammenhang mit erkannten Pertussis-Häufungen
von Immundefizienten oder in Gemeinschaftseinrichtungen      kann auch bei vollständig geimpften Kindern und Jugendli-
arbeiten (einmalige Impfung, vorzugsweise mit einem MMR-     chen mit engem Kontakt zu Erkrankten im Haushalt oder in
Impfstoff). Eine ausführliche Begründung dieser Empfeh-      Gemeinschaftseinrichtungen eine Impfung erwogen wer-
lung findet sich im Epidemiologischen Bulletin 32/2010.      den, wenn die letzte Impfung länger als 5 Jahre zurückliegt.
                                                             Speziell vor Geburt eines Kindes bzw. für Frauen im gebär-
Meningokokken: Die STIKO empfiehlt die Impfung gegen         fähigen Alter sollte überprüft werden, ob ein adäquater Im-
Meningokokken der Serogruppe C mit einem konjugierten        munschutz (Impfung innerhalb der vergangenen 10 Jahre)
Meningokokken-C-Impfstoff für alle Kinder im 2. Lebens-      gegen Pertussis für enge Haushaltskontaktpersonen und
jahr zum frühestmöglichen Zeitpunkt. Primäres Impfziel       Betreuer des Neugeborenen (s. Tabelle 2, S. 285 u. 286) be-
ist es, die Morbidität invasiver Meningokokken-Erkrankun-    steht. Dieser sollte ggf. mit einem Kombinationsimpfstoff
gen der Serogruppe C und die resultierenden Folgen wie       (Tdap) unter Berücksichtigung der Indikation der anderen
Hospitalisierung, schwere Komplikationen, Behinderung        im Impfstoff enthaltenen Antigene aktualisiert werden.
und Tod zu reduzieren. Von der Impfung aller Kinder im
2. Lebensjahr ist entsprechend den bestehenden Erfahrun-     Jede Auffrischimpfung mit Td (auch im Verletzungsfall)
gen aus anderen Ländern (u. a. Großbritannien, den Nieder-   sollte Anlass sein, eine mögliche Indikation einer Pertussis-
landen, Spanien, Belgien) auch eine Wirkung auf die Häu-     Impfung zu überprüfen und gegebenenfalls einen Kombi-
figkeit der Erkrankung in anderen Altersgruppen zu erwar-    nationsimpfstoff (Tdap) einzusetzen.
ten. Ein zweiter niedrigerer Inzidenzgipfel der Erkrankung
besteht in Deutschland für Jugendliche. Eine ausführliche    Pneumokokken: Primäres Impfziel einer generellen Imp-
Begründung der Impfempfehlung findet sich im Epidemio-       fung gegen Pneumokokken für alle Kinder bis 24 Monate
logischen Bulletin 31/2006 und unter www.rki.de > Infek-     ist es, die Morbidität invasiver Pneumokokken-Infektionen
tionsschutz > Impfen.                                        (IPD) und die daraus entstehenden Folgen wie Hospitali-
     Die Grundimmunisierung von Kindern im 2. Lebens-        sierung, Behinderung und Tod zu reduzieren. Eine aus-
jahr gegen Meningokokken erfolgt mit einer Impfstoff-        führliche Begründung der Impfempfehlung findet sich im
Dosis. Zur gleichzeitigen Gabe mit anderen Impfstoffen       Epidemiologischen Bulletin 32/2006 und unter www.rki.de/
verweist die STIKO auf die jeweiligen Fachinformationen.     impfen. Zur gleichzeitigen Gabe mit anderen Impfstoffen
                                                             verweist die STIKO auf die jeweiligen Fachinformationen.
Zusätzlich zu diesen Hinweisen sind die Empfehlungen
zur Impfung von Risikopersonen (s. Tabelle 2, S. 284 und     Für Personen ≥ 60 Jahre wird als Standardimpfung die ein-
285) zu beachten.                                            malige Impfung gegen Pneumokokken mit einem Pneumo-
                                                             kokken-Polysaccharidimpfstoff empfohlen. Wiederholungs-
Pertussis: In Anbetracht der epidemiologischen Pertussis-    impfungen im Abstand von 5 Jahren sollten nur bei be-
Situation in Deutschland und der Schwere des klinischen      stimmten Indikationen erfolgen (vgl. Tabelle 2, S. 286).
Verlaufs einer Pertussis im Säuglingsalter ist es dringend
geboten, mit der Grundimmunisierung der Säuglinge und        Zusätzlich zu diesen Hinweisen sind die Empfehlungen
Kleinkinder zum frühestmöglichen Zeitpunkt, d. h. unmit-     zur Impfung von Risikopersonen (s. Tabelle 2, S. 286) zu
telbar nach Vollendung des 2. Lebensmonats, zu beginnen      beachten.
280    Robert Koch-Institut   Epidemiologisches Bulletin Nr. 30                                                    1. August 2011

      Poliomyelitis: Der Polio-Lebendimpfstoff, die orale Polio-     hestens 4 Wochen nach dieser. Es kann auch ein MMR-
      Vakzine (OPV), wird wegen des – wenn auch sehr geringen        Varizellen-Kombinationsimpfstoff (MMRV-Kombinations-
      – Risikos einer Vakzine-assoziierten paralytischen Polio-      impfstoff ) angewendet werden. Die 2. Dosis Varizellen-
      myelitis (VAPP) nicht mehr empfohlen. Zum Schutz vor           Impfstoff sollte im Alter von 15 bis 23 Monaten verabreicht
      der Poliomyelitis wird ein zu injizierender Impfstoff, inak-   werden.
      tivierte Polio-Vakzine (IPV), empfohlen. Im Alter von 9 bis         Bei allen ungeimpften 9- bis 17-jährigen Jugendlichen
      17 Jahren wird für Jugendliche eine Auffrischimpfung mit       ohne Varizellen-Anamnese sollte eine Nachholimpfung
      einem Impfstoff, der IPV enthält, empfohlen. Eine mit OPV      ebenfalls mit zwei Dosen nach Angaben des Herstellers er-
      begonnene Grundimmunisierung wird mit IPV komplet-             folgen. Der Mindestabstand zwischen zwei Dosen Varizel-
      tiert. Zusätzliche Hinweise zur Impfung gegen Poliomye-        len- bzw. MMRV-Impfstoff beträgt 4 bis 6 Wochen (je nach
      litis sind in Tabelle 2 (s. S. 286) wiedergegeben.             Hersteller – Fachinformation beachten).

      Varizellen: Die 1. Dosis der Impfung gegen Varizellen wird     Die ausführliche wissenschaftliche Begründung zur
      in der Regel im Alter von 11 bis 14 Monaten verabreicht, und   Varizellen-Impfempfehlung wurde im Epidemiologischen
      zwar entweder simultan mit der 1. MMR-Impfung oder frü-        Bulletin 32/2009 veröffentlicht.

      Indikations- und Auffrischimpfungen

      Zur Erfüllung des Impfplanes für Säuglinge, Kinder, Ju-        tion. Das hat im Schadensfall Folgen für Haftung und Ent-
      gendliche und Erwachsene (s. Tabellen 1.1 und 1.2, S. 276      schädigung und bedingt besondere Dokumentations- und
      und 277) sollte der Impfstatus regelmäßig überprüft und        Aufklärungspflichten des impfenden Arztes. Versorgungs-
      ggf. ergänzt werden; jede Arztkonsultation sollte dafür ge-    ansprüche wegen eines Impfschadens gemäß § 60 IfSG
      nutzt werden.                                                  werden nur bei den von den Landesgesundheitsbehörden
                                                                     öffentlich empfohlenen Impfungen gewährt.
      Andere Impfungen können bei besonderer epidemiologi-
      scher Situation oder Gefährdung für Kinder, Jugendliche        Die in Tabelle 2 genannten Impfungen unterscheiden sich
      und Erwachsene indiziert sein (Indikationsimpfungen). Zu       sowohl hinsichtlich ihrer epidemiologischen Bedeutung als
      den Indikationsimpfungen gehören auch Reiseimpfungen.          auch hinsichtlich ihrer Kostenübernahme (siehe Hinweise
      Sie können aufgrund der internationalen Gesundheitsvor-        zur Kostenübernahme von Schutzimpfungen, S. 290 und
      schriften (Gelbfieber-Impfung) erforderlich sein oder sie      291); sie werden in folgende Kategorien eingeteilt:
      werden zum individuellen Schutz empfohlen.
                                                                     S   Standardimpfungen mit allgemeiner Anwendung (s. a.
      Die Empfehlung über Art und zeitliche Reihenfolge der              Tabelle 1.1 und 1.2, S. 276 und 277, Impfkalender)
      Impfungen obliegt dem Arzt in jedem Einzelfall unter Ab-
      wägung der Indikation und gegebenenfalls bestehender           A   Auffrischimpfungen
      Kontraindikationen.
                                                                     I   Indikationsimpfungen für Risikogruppen bei indivi-
        Neben den von der STIKO empfohlenen Impfungen                    duell (nicht beruflich) erhöhtem Expositions-, Erkran-
        sind auf der Basis der existierenden Impfstoff-Zulas-            kungs- oder Komplikationsrisiko sowie auch zum
        sungen weitere „Impfindikationen“ möglich, auf die               Schutz Dritter
        nachfolgend nicht weiter eingegangen wird, die aber
        für den Einzelnen seiner individuellen (gesundheitli-        B   Impfungen auf Grund eines erhöhten beruflichen
        chen) Situation entsprechend sinnvoll sein können. Es            Risikos, z. B. nach Gefährdungsbeurteilung gemäß
        liegt in der Verantwortung des Arztes, seine Patienten           Arbeitsschutzgesetz/Biostoffverordnung/Verordnung
        auf diese weiteren Schutzmöglichkeiten hinzuweisen.              zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) und
        Insofern hindert auch eine fehlende STIKO-Empfeh-                dem G 42 und aus hygienischer Indikation
        lung den Arzt nicht an einer begründeten Impfung.
                                                                     R   Impfungen auf Grund von Reisen

      Wenn die individuell gestellte Impfindikation jedoch nicht     P   Postexpositionelle Prophylaxe/Riegelungsimpfungen
      Bestandteil einer für Deutschland gültigen Zulassung und           bzw. andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe
      der Fachinformation des entsprechenden Impfstoffes ist,            (Immunglobulingabe oder Chemoprophylaxe) bei
      erfolgt die Anwendung außerhalb der zugelassenen Indika-           Kontaktpersonen in Familie und Gemeinschaft
1. August 2011                                                                      Epidemiologisches Bulletin Nr. 30        Robert Koch-Institut      281

Tabelle 2: Indikations- und Auffrischimpfungen sowie andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe

 Impfung gegen   Kate-   Indikation bzw. Reiseziel                                           Anwendungshinweise
                 gorie                                                                       (Packungsbeilage/Fachinformationen beachten)

 Cholera          R      Aufenthalte in Infektionsgebieten, speziell unter mangelhaften      Nach Angaben des Herstellers
                         Hygienebedingungen bei aktuellen Ausbrüchen, z. B. in Flücht-
                         lingslagern oder bei Naturkatastrophen

 Diphtherie      S/A     Alle Personen bei fehlender oder unvollständiger Grundimmuni-       Erwachsene sollen die nächste fällige Diphtherie-Imp-
                         sierung oder wenn die letzte Impfung der Grundimmunisierung         fung einmalig als Tdap-Kombinationsimpfung erhalten,
                         oder die letzte Auffrischimpfung länger als 10 Jahre zurückliegt    bei entsprechender Indikation als Tdap-IPV-Kombina-
                                                                                             tionsimpfung.

                                                                                             Bei bestehender Diphtherie-Impfindikation und ausrei-
                                                                                             chendem Tetanus- und Pertussis-Impfschutz sollte mo-
                                                                                             novalent gegen Diphtherie geimpft werden.

                                                                                             Ungeimpfte oder Personen mit fehlendem Impfnach-
                                                                                             weis sollten 2 Impfungen im Abstand von 4 – 8 Wochen
                                                                                             und eine 3. Impfung 6 – 12 Monate nach der 2. Impfung
                                                                                             erhalten.

                                                                                             Eine Reise in ein Infektionsgebiet sollte frühestens
                                                                                             nach der 2. Impfung angetreten werden.

                   P     Bei Epidemien oder regional erhöhter Morbidität                     Entsprechend den Empfehlungen der Gesundheitsbe-
                                                                                             hörden

                   P     Für Personen mit engem (face to face) Kontakt zu Erkrankten,        Chemoprophylaxe
                         Auffrischimpfung 5 Jahre nach der letzten Impfung                   Unabhängig vom Impfstatus präventive antibiotische
                                                                                             Therapie, z. B. mit Erythromycin (s. „Ratgeber Diphthe-
                                                                                             rie“, www.rki.de > Infektionskrankheiten A – Z > Diph-
                                                                                             therie)

 FSME              I     Personen, die in FSME-Risikogebieten Zecken exponiert sind          Grundimmunisierung und Auffrischimpfungen mit ei-
 (Frühsommer-            oder                                                                nem für Erwachsene bzw. Kinder zugelassenen Impf-
 meningo-                                                                                    stoff nach Angaben des Herstellers
 enzephalitis)    B      Personen, die durch FSME beruflich gefährdet sind (exponiertes
                         Laborpersonal sowie in Risikogebieten z. B. Forstarbeiter und Ex-   Entsprechend den Empfehlungen der Gesundheitsbe-
                         ponierte in der Landwirtschaft)                                     hörden; Hinweise zu FSME-Risikogebieten – veröffent-
                                                                                             licht im Epidemiologischen Bulletin des RKI, Ausgabe
                         Saisonalität beachten: April – November                             17/2011 – sind zu beachten.

                         Risikogebiete in Deutschland sind zur Zeit insbesondere:
                         ▶ Baden-Württemberg
                         ▶ Bayern (außer dem größten Teil Schwabens und dem west-
                           lichen Teil Oberbayerns)
                         ▶ Hessen (Landkreis (LK) Odenwald, LK Bergstraße, LK Darm-
                           stadt-Dieburg, Stadtkreis (SK) Darmstadt, LK Groß-Gerau,
                           LK Offenbach, SK Offenbach, LK Main-Kinzig-Kreis, LK Mar-
                           burg-Biedenkopf)
                         ▶ Rheinland-Pfalz (LK Birkenfeld)
                         ▶ Thüringen (SK Jena, SK Gera, LK Saale-Holzland-Kreis, LK Saa-
                           le-Orla-Kreis, LK Saalfeld-Rudolstadt, LK Hildburghausen,
                           LK Sonneberg)

                  R      Zeckenexposition in FSME-Risikogebieten außerhalb Deutsch-
                         lands

                   P                                                                         Siehe Epidemiologisches Bulletin 15/2007, S. 136

 Gelbfieber      R/B     Entsprechend den Impfanforderungen der Ziel- oder Transit-          Einmalige Impfung in den von den Gesundheitsbehör-
                         länder sowie vor Aufenthalt in bekannten Endemiegebieten im         den zugelassenen Gelbfieber-Impfstellen; Auffrisch-
                         tropischen Afrika und in Südamerika; die Hinweise der WHO zu        impfungen in 10-jährigen Intervallen
                         Gelbfieber-Infektionsgebieten sind zu beachten.
282   Robert Koch-Institut       Epidemiologisches Bulletin Nr. 30                                                                              1. August 2011

      Impfung gegen      Kate-   Indikation bzw. Reiseziel                                          Anwendungshinweise
                         gorie                                                                      (Packungsbeilage/Fachinformationen beachten)

      Haemophilus          I     Personen mit anatomischer oder funktioneller Asplenie
      influenzae Typ b
      (Hib)                P     Nach engem Kontakt zu einem Patienten mit invasiver Haemo-         Dosierung Rifampicin:
                                 philus-influenzae-Typ-b-Infektion wird eine Rifampicin-Prophyla-   ab 1 Monat: 20 mg/kg/Tag (maximal 600 mg)
                                 xe empfohlen:                                                                    in 1 ED für 4 Tage
                                                                                                    Erwachsene: 600 mg p. o. in 1 ED für 4 Tage
                                 ▶ für alle Haushaltsmitglieder (außer für Schwangere) ab einem
                                   Alter von 1 Monat, wenn sich dort ein ungeimpftes oder un-       Da bei Schwangeren die Gabe von Rifampicin und
                                   zureichend geimpftes Kind im Alter bis zu 4 Jahren oder aber     Gyrasehemmern kontraindiziert ist, kommt bei ihnen
                                   eine Person mit einem relevanten Immundefekt befindet,           zur Prophylaxe ggf. Ceftriaxon in Frage.
                                 ▶ für ungeimpfte exponierte Kinder bis 4 Jahre in Gemein-
                                   schaftseinrichtungen.
                                 Falls eine Prophylaxe indiziert ist, sollte sie zum frühestmög-
                                 lichen Zeitpunkt, spätestens 7 Tage nach Beginn der Erkrankung
                                 des Indexfalls, begonnen werden.

      Hepatitis A          I     1. Personen mit einem Sexualverhalten mit hoher Infektions-        Grundimmunisierung und Auffrischimpfung nach An-
      (HA)                          gefährdung                                                      gaben des Herstellers
                                 2. Personen mit häufiger Übertragung von Blutbestandteilen,        Die serologische Vortestung auf Anti-HAV ist nur bei
                                    z. B. Hämophile, oder mit Krankheiten der Leber/mit Leber-      den Personen erforderlich, die länger in Endemiegebie-
                                    beteiligung                                                     ten gelebt haben oder in Familien aus Endemiegebieten
                                 3. Bewohner von psychiatrischen Einrichtungen oder vergleich-      aufgewachsen sind oder vor 1950 geboren wurden.
                                    baren Fürsorgeeinrichtungen für Menschen mit Verhaltens-
                                    störung oder Zerebralschädigung
                          B      4. Gesundheitsdienst (inkl. Küche, Labor, technischer und Rei-
                                    nigungs- bzw. Rettungsdienst, psychiatrische und Fürsorge-
                                    einrichtungen, Behindertenwerkstätten, Asylbewerberheime)
                                   Durch Kontakt mit möglicherweise infektiösem Stuhl Gefähr-
                                   dete inkl. Auszubildende und Studenten
                                 5. Kanalisations- und Klärwerksarbeiter mit Abwasserkontakt
                                 6. Tätigkeit (inkl. Küche und Reinigung) in Kindertagesstätten,
                                    Kinderheimen u. ä.

                           P     Kontakt zu Hepatitis-A-Kranken (Riegelungsimpfung vor allem        Nach einer Exposition von Personen, für die eine He-
                                 in Gemeinschaftseinrichtungen; s. a. „Ratgeber Hepatitis A“,       patitis A eine besonders große Gefahr darstellt (z. B.
                                 www.rki.de > Infektionskrankheiten A – Z > Hepatitis A)            chronisch HBV- oder HCV-Infizierte), sollte simultan
                                                                                                    mit der ersten Impfung ein Immunglobulin-Präparat
                                                                                                    gegeben werden.
                          R      Reisende in Regionen mit hoher Hepatitis-A-Prävalenz

      Hepatitis B          I     1. Patienten mit chronischer Nieren-(Dialyse)/Leberkrankheit/      Hepatitis-B-Impfung nach serologischer Vortestung
      (HB)                          Krankheit mit Leberbeteiligung/häufiger Übertragung von         (Indikationen 1 – 4, 6, 7, Anti-HBc-Test negativ);
                                    Blut(bestandteilen, z. B. Hämophile), vor ausgedehntem chi-     Impferfolgskontrolle erforderlich (Indikationen 1, 2, 7, 8:
                                    rurgischem Eingriff (z. B. unter Verwendung der Herz-Lungen-    Anti-HBs-Test 4 – 8 Wochen nach 3. Dosis) bzw. sinn-
                                    Maschine), HIV-Positive                                         voll bei über 40-Jährigen/anderen Personen mit mögli-
                                                                                                    cher schlechter Ansprechrate (z. B. Immundefizienz)
                                 2. Kontakt mit HBsAg-Träger in Familie/Wohngemeinschaft
                                 3. Sexualkontakt zu HBsAg-Trägern bzw. Sexualverhalten mit ho-     Bei Anti-HBs-Werten < 100 IE/l sofort Wiederimpfung
                                    her Infektionsgefährdung                                        mit erneuter Kontrolle; bei erneutem Nichtansprechen
                                                                                                    Wiederimpfungen mit i. d. R. max. 3 Dosen wiederholen
                                 4. Drogenabhängigkeit, längerer Gefängnisaufenthalt
                                 5. Durch Kontakt mit HBsAg-Trägern in einer Gemeinschaft           Bei erfolgreicher Impfung (Anti HBs ≥ 100 IE/l) Auffrisch-
                                    (Kindergärten, Kinderheime, Pflegestätten, Schulklassen,        impfung nach 10 Jahren (1 Dosis)
                                    Spielgemeinschaften) gefährdete Personen
                                                                                                    Bei in der Kindheit Geimpften mit neu aufgetretenem
                                 6. Patienten in psychiatrischen Einrichtungen oder Bewohner
                                                                                                    HB-Risiko (z. B. Indikationen 1 – 8) eine Dosis HB-Impf-
                                    vergleichbarer Fürsorgeeinrichtungen für Menschen mit Ver-
                                                                                                    stoff mit anschließender serologischer Kontrolle (Anti-
                                    haltensstörung oder Zerebralschädigung sowie Personen in
                                                                                                    HBs- und Anti-HBc-Bestimmung) 4 – 8 Wochen nach
                                    Behindertenwerkstätten
                                                                                                    Wiederimpfung für die Indikationen 1, 2, 7, 8
                          B      7. Gesundheitsdienst (inkl. Labor, technischer Reinigungs-/Ret-
                                    tungsdienst) sowie Personal psychiatrischer/Fürsorgeeinrich-
                                    tungen/Behindertenwerkstätten, Asylbewerberheime
                                   Durch Kontakt mit infiziertem Blut oder infizierten Körper-
                                   flüssigkeiten Gefährdete, Auszubildende und Studenten

      (Fortsetzung
      S. 283)
1. August 2011                                                                       Epidemiologisches Bulletin Nr. 30         Robert Koch-Institut      283

 Impfung gegen   Kate-   Indikation bzw. Reiseziel                                             Anwendungshinweise
                 gorie                                                                         (Packungsbeilage/Fachinformationen beachten)

 Hepatitis B      B      8. Möglicher Kontakt mit infiziertem Blut oder infizierten Kör-
 (HB)                       perflüssigkeiten (Gefährdungsbeurteilung durchführen), z. B.
 (Fortsetzung               Müllentsorger, industrieller Umgang mit Blut(produkten), eh-
 von S. 282)                renamtliche Ersthelfer, Polizisten, Sozialarbeiter, (Gefängnis-)
                            Personal mit Kontakt zu Drogenabhängigen

                 R/B     Reisende in Regionen mit hoher Hepatitis-B-Prävalenz bei Lang-
                         zeitaufenthalt mit engem Kontakt zu Einheimischen

                   P     Verletzungen mit möglicherweise HBV-haltigen Gegenständen,            Siehe Immunprophylaxe bei Exposition – S. 292
                         z. B. Nadelstich

                         Neugeborene HBsAg-positiver Mütter oder von Müttern mit               Siehe Anmerkungen zum Impfkalender – S. 278
                         unbekanntem HBsAg-Status (unabhängig vom Geburtsgewicht)

 Humane                                                                                        Frauen, die zum von der STIKO empfohlenen Zeitpunkt
 Papillom-                                                                                     (12 – 17 Jahre) keine Impfung gegen HPV erhalten ha-
 viren                                                                                         ben, können ebenfalls von einer Impfung gegen HPV
 (HPV)                                                                                         profitieren. Es liegt in der Verantwortung des Arztes,
                                                                                               nach individueller Prüfung von Nutzen und Risiko der
                                                                                               Impfung seine Patientinnen auf der Basis der Impfstoff-
                                                                                               zulassung darauf hinzuweisen.

 Influenza         I     Alle Schwangeren ab 2. Trimenon, bei erhöhter gesundheitlicher        Impfung mit einem Impfstoff mit aktueller von der
                         Gefährdung infolge eines Grundleidens ab 1. Trimenon                  WHO empfohlener Antigenkombination

                         Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit erhöhter gesundheit-           Jährliche Impfung im Herbst mit einem Impfstoff mit
                         licher Gefährdung infolge eines Grundleidens, wie z. B.:              aktueller von der WHO empfohlener Antigenkombina-
                         ▶ chronische Krankheiten der Atmungsorgane (inklusive Asth-           tion
                           ma und COPD)
                         ▶ chronische Herz-Kreislauf-, Leber- und Nierenkrankheiten
                         ▶ Diabetes und andere Stoffwechselkrankheiten
                         ▶ chronische neurologische Krankheiten, z. B. Multiple Sklerose
                           mit durch Infektionen getriggerten Schüben
                         ▶ Personen mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten
                           mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion
                         ▶ HIV-Infektion

                         Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen

                  B/I    Personen mit erhöhter Gefährdung, z. B. medizinisches Personal,
                         Personen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr
                         sowie Personen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen
                         betreute ungeimpfte Risikopersonen fungieren können

                         Personen mit erhöhter Gefährdung durch direkten Kontakt zu            Eine Impfung mit dem aktuellen saisonalen humanen
                         Geflügel und Wildvögeln                                               Influenza-Impfstoff bietet keinen direkten Schutz vor
                                                                                               Infektionen durch den Erreger der aviären Influenza,
                                                                                               sie kann jedoch Doppelinfektionen mit den aktuell zir-
                                                                                               kulierenden Influenzaviren verhindern (s. a: TRBA 608
                                                                                               des ABAS unter www.baua.de > Themen von A – Z >
                                                                                               Biologische Arbeitsstoffe > Technische Regeln für Bio-
                                                                                               logische Arbeitsstoffe).

                  R/I    Für Reisende ab 60 Jahren und die unter I (Indikationsimpfung)
                         genannten Personengruppen, die nicht über einen aktuellen
                         Impfschutz verfügen, ist die Impfung generell empfehlenswert,
                         für andere Reisende ist eine Influenza-Impfung nach Risikoab-
                         wägung entsprechend Exposition und Impfstoffverfügbarkeit
                         sinnvoll.

                   I     Wenn eine intensive Epidemie aufgrund von Erfahrungen in              Entsprechend den Empfehlungen der Gesundheitsbe-
                         anderen Ländern droht oder nach deutlicher Antigendrift bzw.          hörden
                         einer Antigenshift zu erwarten ist und der Impfstoff die neue Va-
                         riante enthält
284   Robert Koch-Institut     Epidemiologisches Bulletin Nr. 30                                                                           1. August 2011

      Impfung gegen    Kate-   Indikation bzw. Reiseziel                                         Anwendungshinweise
                       gorie                                                                     (Packungsbeilage/Fachinformationen beachten)

      Masern            B      Nach 1970 Geborene mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung          Einmalige Impfung, vorzugsweise mit einem MMR-
                               oder mit nur einer Impfung in der Kindheit, die im Gesundheits-   Impfstoff
                               dienst und bei der Betreuung von Immundefizienten sowie in
                               Gemeinschaftseinrichtungen tätig sind

                         P     Postexpositionsprophylaxe                                         Einmalige Impfung, vorzugsweise mit einem MMR-
                               Ungeimpfte ab dem Alter von 9 Monaten bzw. in der Kindheit        Impfstoff
                               nur einmal geimpfte Personen oder Personen mit unklarem
                               Impfstatus mit Kontakt zu Masernkranken; möglichst innerhalb      Die Immunglobulingabe ist zu erwägen für gefährde-
                               von 3 Tagen nach Exposition                                       te Personen mit hohem Komplikationsrisiko und für
                                                                                                 Schwangere (s. a. Epid. Bull. 29/2001, S. 223).
                         I     Im Rahmen eines Ausbruchs
                               Nach 1970 Geborene mit unklarem Impfstatus, ohne Impfung          Einmalige Impfung, vorzugsweise mit einem MMR-
                               oder mit nur einer Impfung in der Kindheit                        Impfstoff

      Meningokokken-     I     Gesundheitlich Gefährdete: Personen mit angeborenen oder          ▶ Kinder im Alter von 2 bis 23 Monaten: Impfung mit
      Infektionen              erworbenen Immundefekten mit T- und/oder B-zellulärer Rest-         konjugiertem Meningokokken-C-(MenC-)Impfstoff;
      (Gruppen A, C,           funktion, insbesondere Komplement-/Properdindefekte, Hypo-          nach Vollendung des 2. Lebensjahres durch 4-valen-
      W135, Y)                 gammaglobulinämie; Asplenie                                         ten Polysaccharid-Impfstoff (PS-Impfstoff) ergän-
                                                                                                   zen. Mindestabstand von 2 Monaten beachten.
                                                                                                 ▶ Kinder im Alter von 2 bis 10 Jahren: ggf. fehlende
                                                                                                   Impfung mit konjugiertem MenC-Impfstoff nachho-
                                                                                                   len, gefolgt von einer Impfung mit 4-valentem PS-
                                                                                                   Impfstoff. Mindestabstand von 2 Monaten beachten.
                                                                                                 ▶ Ab einem Alter von 11 Jahren Impfung mit 4-valen-
                                                                                                   tem Konjugatimpfstoff.

                        B      Gefährdetes Laborpersonal (bei Arbeiten mit dem Risiko eines      Impfung mit 4-valentem Konjugatimpfstoff. Bei bereits
                               N.-meningitidis-Aerosols!)                                        mit einem PS-Impfstoff geimpften Personen sollte bei
                                                                                                 der nächsten fälligen Auffrischung mit 4-valentem Kon-
                                                                                                 jugatimpfstoff geimpft werden. Ist bereits eine Impfung
                                                                                                 mit konjugiertem MenC-Impfstoff erfolgt, ist eine weitere
                                                                                                 Impfung mit 4-valentem Konjugatimpfstoff empfohlen.

                        R      Reisende in Länder mit epidemischem/hyperendemischem              Ab einem Alter von 11 Jahren Impfung mit einem
                               Vorkommen, besonders bei engem Kontakt zur einheimischen          4-valenten Konjugatimpfstoff. Bis zum Alter von 10 Jah-
                               Bevölkerung; Entwicklungshelfer; dies gilt auch für Aufenthalte   ren eine Impfung mit epidemiologisch indiziertem AC-
                               in Regionen mit Krankheitsausbrüchen und Impfempfehlung           oder A,C,W135,Y-Polysaccharid-Impfstoff (für den afrika-
                               für die einheimische Bevölkerung (WHO- und Länderhinweise         nischen Meningitis-Gürtel wird wegen der Zirkulation
                               beachten)                                                         der Serogruppe W135 in einigen Ländern derzeit der
                                                                                                 A,C,W135,Y-Impfstoff bevorzugt). Der Impferfolg ist bei
                                                                                                 Kindern unter 2 Jahren vor allem für die Serogruppen C,
                                                                                                 W135 und Y deutlich schlechter als bei Erwachsenen; es
                                                                                                 kann für diese Altersgruppe jedoch zumindest ein kurz-
                                                                                                 fristiger Schutz gegen die Serogruppe A erreicht wer-
                                                                                                 den. Bei Kindern von 1 bis 10 Jahren sollte die Standard-
                                                                                                 impfung mit MenC-Konjugatimpfstoff möglichst vor ei-
                                                                                                 ner PS-Impfung durchgeführt werden. Wenn vor einer
                                                                                                 Krankheit durch die Serogruppe C geschützt werden
                                                                                                 soll, steht für Personen ab 2 Monaten eine Impfprophy-
                                                                                                 laxe mit konjugiertem Impfstoff zur Verfügung.

                        R      Vor Pilgerreise (Hadj)                                            Bis zum Alter von 10 Jahren Impfung mit 4-valentem
                                                                                                 PS-Impfstoff. Ab dem Alter von 11 Jahren Impfung mit
                                                                                                 4-valentem Konjugatimpfstoff (Einreisebestimmungen
                                                                                                 beachten).

                        R      Schüler/Studenten vor Langzeitaufenthalten in Ländern mit         Entsprechend den Empfehlungen der Zielländer
                               empfohlener allgemeiner Impfung für Jugendliche oder selekti-
                               ver Impfung für Schüler/Studenten
                                                                                                 Bei fortbestehendem Infektionsrisiko Wiederimpfung
                                                                                                 für alle oben angegebenen Indikationen nach Angaben
                                                                                                 des Herstellers, für PS-Impfstoff im Allgemeinen nach
                                                                                                 3 Jahren. Die Wiederimpfung erfolgt bei Personen ab
                                                                                                 11 Jahren mit dem 4-valenten Konjugatimpfstoff.

      (Fortsetzung
      S. 285)
1. August 2011                                                                      Epidemiologisches Bulletin Nr. 30            Robert Koch-Institut   285

 Impfung gegen    Kate-   Indikation bzw. Reiseziel                                           Anwendungshinweise
                  gorie                                                                       (Packungsbeilage/Fachinformationen beachten)

 Meningokokken-    I/P    Bei Ausbrüchen oder regionalen Häufungen auf Empfehlung
 Infektionen              der Gesundheitsbehörde (s. Abschnitt „Spezielle Hinweise zur
 (Gruppen A, C,           Durchführung von Schutzimpfungen“, S. 291)
 W135, Y)
 (Fortsetzung       P     Für Personen mit engem Kontakt zu einem Erkrankten mit              Dosierung:
 von S. 284)              einer invasiven Meningokokken-Infektion (alle Serogruppen)          Rifampicin:
                          wird eine Rifampicin-Prophylaxe empfohlen (außer für Schwan-        Neugeborene: 10 mg/kg/Tag in 2 ED p. o. für 2 Tage
                          gere; s. dort)                                                      Säuglinge, Kinder und Jugendliche bis 60 kg:
                                                                                              20 mg/kg/Tag in 2 ED p. o. für 2 Tage
                          Hierzu zählen:                                                      (maximale ED 600 mg)
                          ▶ alle Haushaltskontaktmitglieder                                   Jugendliche und Erwachsene ab 60 kg:
                          ▶ Personen mit Kontakt zu oropharyngealen Sekreten eines Pa-        2 x 600 mg/Tag für 2 Tage
                            tienten                                                           Eradikationsrate: 72 – 90 %
                          ▶ Kontaktpersonen in Kindereinrichtungen mit Kindern unter
                            6 Jahren (bei guter Gruppentrennung nur die betroffene            ggf. Ceftriaxon:
                            Gruppe)                                                           bis 12 Jahre: 125 mg i. m.
                          ▶ Personen mit engen Kontakten in Gemeinschaftseinrichtun-          ab 12 Jahre: 250 mg i. m. in einer ED
                            gen mit haushaltsähnlichem Charakter (Internate, Wohnhei-         Eradikationsrate: 97 %
                            me sowie Kasernen)
                                                                                              ggf. Ciprofloxacin:
                                                                                              ab 18 Jahre: einmal 500 mg p. o.
                                                                                              Eradikationsrate: 90 – 95 %

                          Die Chemoprophylaxe ist indiziert, falls enge Kontakte mit dem      Da bei Schwangeren die Gabe von Rifampicin und Gy-
                          Indexpatienten in den letzten 7 Tagen vor dessen Erkrankungs-       rasehemmern kontraindiziert ist, kommt bei ihnen zur
                          beginn stattgefunden haben. Sie sollte möglichst bald nach der      Prophylaxe ggf. Ceftriaxon in Frage.
                          Diagnosestellung beim Indexpatienten erfolgen, ist aber bis zu
                          10 Tage nach letzter Exposition sinnvoll.                           Der Indexpatient mit einer invasiven Meningokokken-
                                                                                              Infektion sollte nach Abschluss der Therapie ebenfalls
                                                                                              Rifampicin erhalten, sofern er nicht intravenös mit ei-
                                                                                              nem Cephalosporin der 3. Generation behandelt wurde.

                          Zusätzlich zur Chemoprophylaxe wird für bisher ungeimpfte           ▶ Bei Serogruppe C: Impfung mit einem Konjugatimpf-
                          enge Kontaktpersonen (Haushaltskontakte oder enge Kontakte            stoff ab dem Alter von 2 Monaten, nach Empfehlun-
                          mit haushaltsähnlichem Charakter) eines Erkrankten mit einer          gen des Herstellers
                          impfpräventablen invasiven Meningokokken-Infektion so bald          ▶ Bei Serogruppe W135 oder Y: Ab dem Alter von
                          wie möglich nach dem Kontakt die Meningokokken-Impfung                24 Monaten bis zum Alter von 10 Jahren Impfung
                          empfohlen.                                                            mit einem 4-valenten PS-Impfstoff. Ab dem Alter von
                                                                                                11 Jahren: Impfung mit 4-valentem Konjugatimpf-
                                                                                                stoff
                                                                                              ▶ Bei Serogruppe A: Ab dem Alter von 3 Monaten bis
                                                                                                zum Alter von 10 Jahren Impfung mit einem biva-
                                                                                                lenten (A,C) oder ab dem Alter von 6 Monaten bis
                                                                                                zum Alter von 10 Jahren mit einem 4-valenten PS-
                                                                                                Impfstoff. Ab dem Alter von 11 Jahren: Impfung mit
                                                                                                einem 4-valenten Konjugatimpfstoff
                                                                                              (siehe auch Neuerungen Epid. Bull. 33/2010)
 Mumps             B      Ungeimpfte bzw. empfängliche Personen in Einrichtungen der          Einmalige Impfung, vorzugsweise mit MMR-Impfstoff
                          Pädiatrie, in Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter
                          und in Kinderheimen

                    P     Ungeimpfte oder einmal geimpfte Personen und Personen mit           Vorzugsweise mit MMR-Impfstoff
                          unklarem Immunstatus mit Kontakt zu Mumpskranken; mög-
                          lichst innerhalb von 3 Tagen nach Exposition

 Pertussis        S/A     Erwachsene sollen die nächste fällige Td-Impfung einmalig           Tdap-Kombinationsimpfstoff, bei entsprechender Indi-
                          als Tdap-Kombinationsimpfung erhalten.                              kation als Tdap-IPV-Kombinationsimpfung

                    I     Sofern in den letzten 10 Jahren keine Pertussis-Impfung statt-
                          gefunden hat, sollen
                          ▶ Frauen im gebärfähigen Alter,
                          ▶ enge Haushaltskontaktpersonen (Eltern, Geschwister) und
                             Betreuer (z. B. Tagesmütter, Babysitter, ggf. Großeltern) mög-
                             lichst 4 Wochen vor Geburt des Kindes 1 Dosis Pertussis-
                             Impfstoff erhalten.

                          Erfolgte die Impfung nicht vor der Konzeption, sollte die Mutter
 (Fortsetzung             bevorzugt in den ersten Tagen nach der Geburt des Kindes ge-
 S. 286)                  impft werden.
286   Robert Koch-Institut    Epidemiologisches Bulletin Nr. 30                                                                            1. August 2011

      Impfung gegen   Kate-   Indikation bzw. Reiseziel                                           Anwendungshinweise
                      gorie                                                                       (Packungsbeilage/Fachinformationen beachten)

      Pertussis         B     Sofern in den letzten 10 Jahren keine Pertussis-Impfung statt-
      (Fortsetzung            gefunden hat, sollte Personal im Gesundheitsdienst sowie in
      von S. 285)             Gemeinschaftseinrichtungen eine Dosis Pertussis-Impfstoff er-
                              halten.

                        P     In einer Familie bzw. Wohngemeinschaft oder einer Gemein-
                              schaftseinrichtung ist für Personen mit engen Kontakten ohne
                              Impfschutz eine Chemoprophylaxe mit einem Makrolid emp-
                              fehlenswert (s. a. „Ratgeber Pertussis“ unter www.rki.de > Infek-
                              tionskrankheiten A – Z > Pertussis).

      Pneumokokken-     I     Kinder (ab vollendetem 2. Lebensjahr), Jugendliche und Erwach-      Gefährdete Kleinkinder (vom vollendeten 2. Lebensjahr
      Krankheiten             sene mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung infolge einer         bis zum vollendeten 5. Lebensjahr) erhalten eine Imp-
                              Grundkrankheit:                                                     fung mit Pneumokokken-Konjugatimpfstoff
                              1. Angeborene oder erworbene Immundefekte mit T- und/oder
                                 B-zellulärer Restfunktion, wie z. B.:                            Personen mit fortbestehender gesundheitlicher Gefähr-
                                 ▶ Hypogammaglobulinämie, Komplement- und Properdin-              dung können ab vollendetem 2. Lebensjahr Polysaccha-
                                    defekte                                                       rid-Impfstoff erhalten. Bei den – wie empfohlen – zuvor
                                 ▶ bei funktioneller oder anatomischer Asplenie                   mit Konjugatimpfstoff geimpften Kindern (s. o.) beträgt
                                 ▶ bei Sichelzellenanämie                                         der Mindestabstand zur nachfolgenden Impfung mit
                                 ▶ bei Krankheiten der blutbildenden Organe                       Polysaccharid-Impfstoff 2 Monate
                                 ▶ bei neoplastischen Krankheiten
                                                                                                  Bei folgenden Indikationen sind eine, ggf. auch meh-
                                 ▶ bei HIV-Infektion
                                                                                                  rere Wiederholungsimpfungen mit Polysaccharid-Impf-
                                 ▶ nach Knochenmarktransplantation
                                                                                                  stoff im Abstand von 5 (Erwachsene) bzw. mindestens
                                 ▶ vor Organtransplantation und vor Beginn einer immun-
                                                                                                  3 Jahren (Kinder unter 10 Jahren) in Erwägung zu zie-
                                    suppressiven Therapie
                                                                                                  hen (Risiko-Nutzen-Abwägung beachten):
                              2. Chronische Krankheiten, wie z. B.:
                                                                                                  1. angeborene oder erworbene Immundefekte mit
                                 ▶ Herz-Kreislauf-Krankheiten
                                                                                                     T- und/oder B-zellulärer Restfunktion
                                 ▶ Krankheiten der Atmungsorgane (inkl. Asthma und COPD)
                                                                                                  2. chronische Nierenkrankheiten/nephrotisches
                                 ▶ Diabetes mellitus oder andere Stoffwechselkrankheiten
                                                                                                     Syndrom
                                 ▶ chronische Nierenkrankheiten/nephrotisches Syndrom
                                 ▶ neurologische Krankheiten, z. B. Zerebralparesen oder An-
                                   fallsleiden
                                 ▶ Liquorfistel

      Poliomyelitis    S/A    Alle Personen bei fehlender oder unvollständiger Grundimmu-         Erwachsene, die im Säuglings- und Kleinkindalter eine
                              nisierung                                                           vollständige Grundimmunisierung und im Jugendalter
                                                                                                  oder später mindestens eine Auffrischimpfung erhalten
                              Alle Personen ohne einmalige Auffrischimpfung                       haben oder die als Erwachsene nach Angaben des Her-
                                                                                                  stellers grundimmunisiert wurden und eine Auffrisch-
                                                                                                  impfung erhalten haben, gelten als vollständig immu-
                                                                                                  nisiert.
                                                                                                  Darüber hinaus wird eine routinemäßige Auffrischimp-
                                                                                                  fung nach dem vollendeten 18. Lebensjahr nicht emp-
                                                                                                  fohlen.
                                                                                                  Ungeimpfte Personen erhalten IPV entsprechend den
                                                                                                  Angaben des Herstellers. Ausstehende Impfungen der
                                                                                                  Grundimmunisierung werden mit IPV nachgeholt.

                        I     Für folgende Personengruppen ist eine Auffrischimpfung indi-        Impfung mit IPV, wenn die Impfungen der Grundimmu-
                              ziert:                                                              nisierung nicht vollständig dokumentiert sind oder die
                              ▶ Reisende in Regionen mit Infektionsrisiko (die aktuelle epide-    letzte Impfung der Grundimmunisierung bzw. die letz-
                                 mische Situation ist zu beachten, insbesondere die Meldun-       te Auffrischimpfung länger als 10 Jahre zurückliegen.
                                 gen der WHO)
                              ▶ Aussiedler, Flüchtlinge und Asylbewerber, die in Gemein-          Personen ohne Nachweis einer Grundimmunisierung
                                 schaftsunterkünften leben, bei der Einreise aus Gebieten mit     sollten vor Reisebeginn wenigstens 2 Dosen IPV erhal-
                                 Polio-Risiko, s. S. 291                                          ten.

                        B     ▶ Personal der oben genannten Einrichtungen
                              ▶ Medizinisches Personal, das engen Kontakt zu Erkrankten ha-
                                ben kann
                              ▶ Personal in Laboren mit Poliomyelitis-Risiko

                        P     Bei einer Poliomyelitis-Erkrankung sollten alle Kontaktpersonen     Sofortige umfassende Ermittlung und Festlegung von
                              unabhängig vom Impfstatus ohne Zeitverzug eine Impfung mit          Maßnahmen durch die Gesundheitsbehörde
                              IPV erhalten.

                              Ein Sekundärfall ist Anlass für Riegelungsimpfungen.                Riegelungsimpfung mit IPV und Festlegung weiterer
                                                                                                  Maßnahmen durch Anordnung der Gesundheitsbehör-
                                                                                                  den
1. August 2011                                                                    Epidemiologisches Bulletin Nr. 30         Robert Koch-Institut       287

 Impfung gegen   Kate-   Indikation bzw. Reiseziel                                          Anwendungshinweise
                 gorie                                                                      (Packungsbeilage/Fachinformationen beachten)

 Röteln            I     Ungeimpfte Frauen oder Frauen mit unklarem Impfstatus im ge-       Zweimalige Impfung – bei entsprechender Indikation
                         bärfähigen Alter                                                   mit einem MMR-Impfstoff

                         Einmal geimpfte Frauen im gebärfähigen Alter                       Einmalige Impfung – bei entsprechender Indikation mit
                                                                                            einem MMR-Impfstoff

                  B      Ungeimpfte Personen oder Personen mit unklarem Impfstatus          Einmalige Impfung – bei entsprechender Indikation mit
                         in Einrichtungen der Pädiatrie, der Geburtshilfe und der Schwan-   einem MMR-Impfstoff
                         gerenbetreuung sowie in Gemeinschaftseinrichtungen

 Tetanus         S/A     Alle Personen bei fehlender oder unvollständiger Grundimmuni-      Erwachsene sollen die nächste fällige Tetanus-Impfung
                         sierung, wenn die letzte Impfung der Grundimmunisierung oder       einmalig als Tdap-Kombinationsimpfung erhalten, bei
                         die letzte Auffrischimpfung länger als 10 Jahre zurückliegt        entsprechender Indikation als Tdap-IPV-Kombinations-
                                                                                            impfung.
                         Eine begonnene Grundimmunisierung wird vervollständigt, Auf-
                         frischimpfung in 10-jährigem Intervall.

                   P     Siehe Tabelle 4, S. 292

 Tollwut          B      1. Tierärzte, Jäger, Forstpersonal u. a. Personen mit Umgang mit   Dosierungsschema nach Angaben des Herstellers
                            Tieren in Gebieten mit neu aufgetretener Wildtiertollwut
                                                                                            Personen mit weiter bestehendem Expositionsrisiko
                         2. Personen mit beruflichem oder sonstigem engen Kontakt zu        sollten regelmäßig eine Auffrischimpfung entspre-
                            Fledermäusen                                                    chend den Angaben des Herstellers erhalten.

                         3. Laborpersonal mit Expositionsrisiko gegenüber Tollwutviren      Mit Tollwutvirus arbeitendes Laborpersonal sollte halb-
                                                                                            jährlich auf neutralisierende Antikörper untersucht wer-
                  R      Reisende in Regionen mit hoher Tollwutgefährdung (z. B. durch      den. Eine Auffrischimpfung ist bei < 0,5 IE/ml Serum
                         streunende Hunde)                                                  indiziert.

                   P     Siehe Tabelle 5, S. 293

 Tuberkulose             Die Impfung mit dem derzeit verfügbaren BCG-Impfstoff wird
                         nicht empfohlen.

 Typhus           R      Bei Reisen in Endemiegebiete                                       Nach Angaben des Herstellers

 Varizellen        I     1. Seronegative Frauen mit Kinderwunsch                            Nach Angaben des Herstellers
                         2. Seronegative Patienten vor geplanter immunsuppressiver
                                                                                            Die Hinweise zur Impfung seronegativer Patienten un-
                            Therapie oder Organtransplantation
                                                                                            ter immunsuppressiver Therapie sind dem Epidemiolo-
                         3. Empfängliche Patienten mit schwerer Neurodermitis               gischen Bulletin, Sonderdruck November 2005, zu ent-
                         4. Empfängliche Personen mit engem Kontakt zu den unter            nehmen.
                            Punkt 2. und 3. Genannten
                                                                                            „Empfängliche Personen“ bedeutet: keine Impfung und
                  B      Seronegatives Personal im Gesundheitsdienst, insbesondere in       anamnestisch keine Varizellen oder bei serologischer
                         den Bereichen Pädiatrie, Onkologie, Gynäkologie/Geburtshilfe,      Testung kein Nachweis spezifischer Antikörper
                         Intensivmedizin und im Bereich der Betreuung von Immun-
                         defizienten sowie bei Neueinstellungen in Gemeinschaftsein-
                         richtungen für das Vorschulalter

                   P     Empfehlungen zur postexpositionellen Varizellen-Prophylaxe:        Durch passive Immunisierung mit Varizella-Zoster-Im-
                         Durch Inkubationsimpfung:                                          munglobulin (VZIG): Die postexpositionelle Gabe von
                         Bei ungeimpften Personen mit negativer Varizellen-Anamnese         VZIG wird empfohlen innerhalb von 96 Stunden nach
                         und Kontakt zu Risikopersonen ist eine postexpositionelle Imp-     Exposition *, sie kann den Ausbruch einer Erkrankung
                         fung innerhalb von 5 Tagen nach Exposition * oder innerhalb von    verhindern oder deutlich abschwächen.
                         3 Tagen nach Beginn des Exanthems beim Indexfall zu erwägen.
                                                                                            Sie wird empfohlen für Personen mit erhöhtem Risiko
                         Dies ist jedoch keine ausreichende Begründung für den Verzicht
                                                                                            für Varizellen-Komplikationen, dazu zählen:
                         auf die Absonderung gegenüber Risikopersonen.
                                                                                            ▶ ungeimpfte Schwangere ohne Varizellen-Anamnese
                         * Exposition heißt:                                                ▶ immundefiziente Patienten mit unbekannter oder
                                                                                              fehlender Varizellen-Immunität
                         ▶ 1 Stunde oder länger mit infektiöser Person in einem Raum
                                                                                            ▶ Neugeborene, deren Mutter 5 Tage vor bis 2 Tage
                         ▶ face-to-face-Kontakt
                                                                                              nach der Entbindung an Varizellen erkrankte
                         ▶ Haushaltskontakt
                                                                                            Für Applikation und Dosierung von VZIG sind die Her-
                                                                                            stellerangaben zu beachten!
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