GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG

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GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG
1 | 2020

GERONTOLOGIE CH
PRAXIS + FORSCHUNG

 Aschenputtel
 aus dem Osten
 In der Schweiz betreuen über 10 000 osteuropäische
 Care-Migrantinnen alte Menschen. Seite 6

Wenn das Geld nicht                 Neue Rentner, neue Wohnbedürfnisse?
ausreicht – Altersarmut in der      Wie stellen sich ältere Menschen ihre
Schweiz. Seite 12                   zukünftige Wohnung vor? Seite 20
GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG
INHALT                                                                                                                                                                                           EDITORIAL

                                                                                IMPRESSUM
                                                                                Herausgeberin
                                                                                GERONTOLOGIE CH
                                                                                Kirchstrasse 24
                                                                                3097 Liebefeld
                                                                                info@gerontologie.ch
                                              EIN TAG IM LEBEN...               www.gerontologie.ch
                                          4 Veronika R., betreuende
                                            Angehörige, erzählt aus
                                                                                Redaktionsleitung
                                                                                Regula Portillo,          Bleiben Sie                       Liebe Mitglieder
                                                                                                                                            Liebe Leserinnen und Leser

                                                                                                          auf dem
                                                                                Patrick Probst,
                                            ihrem Alltag                        komform GmbH
                                                                                Redaktionskontakt:                                          GERONTOLOGIE CH, die vormalige Ge-
                                              SCHWERPUNKT
                                          6 Liebevolle Care-Migrantin
                                                                                mail@komform.ch
                                                                                031 971 28 69
                                                                                                          Laufenden!                        sellschaft für Gerontologie (SGG), blickt
                                                                                                                                            auf produktive Zeiten zurück. Wir haben
                                                                                Redaktion                                                   das strategische Profil geschärft, den
                                            gesucht! Pflegerinnen aus            Valérie Hugentobler,      GERONTOLOGIE CH
                                            Osteuropa arbeiten oft unter        Haute école de travail                                      Namen und unser Erscheinungsbild
                                                                                social et de la santé
                                                                                                          berichtet über das                geändert. Das Bundesamt für Sozial-
                                            widrigen Bedingungen
                                                                                Lausanne; Hildegard       Relevante in der                  versicherungen (BSV) hat diese An-
                                                                                Hungerbühler, Red
                                              STANDPUNKT                        Cross; Christoph Hürny,
                                                                                                          Gerontologie.                     strengungen honoriert und den in Frage
                                                                                                                                            gestellten Subventionsvertrag um vier
                                          9 Und im Herkunftsland?               Arzt; Barbara Masotti,
                                                                                Scuola universitaria                                        Jahre verlängert.
                                            Das schweizerische Rote Kreuz
                                                                                professionale del-                                             Teil der Neuerungen ist auch, dass
                                            sieht die Care-Migration kritisch   la Svizzera italiana;                                       das bisherige Magazin Angewandte
                                                                                Miriam Moser, Pro
                                    6                                           Senectute; Delphine
                                                                                                                                            GERONTOLOGIE Appliquée (AGA) näher
                                         11   NOTIZEN
                                                                                                                                            an die Praxis heranrückt, neu komplett
                                                                                Roulet Schwab, Institut
                                                                                et Haute Ecole de la                                        zweisprachig ist und gleich heisst wie
                                              POLITIK                           Santé La Source;                                            unsere Gesellschaft: GERONTOLOGIE
                                         12 Wenn das Geld nicht ausreicht       Alexander Seifert,
                                                                                                                                            CH, mit dem Untertitel Praxis und For-
                                            Altersarmut in der Schweiz          Zentrum für Geronto-
                                                                                logie; Andreas Sidler,                                      schung. Unverändert bleibt der qualita-
                                                                                Age-Stiftung; Dieter                                        tive Anspruch: Wir wollen unsere Lese-
                                              VOLKSINITIATIVE                   Sulzer, Pro Senectute.                                      rinnen und Leser über die wichtigsten
                                         14 Für mehr Lebensqualität             Anzeigen, Konzept
                                                                                                                                            Entwicklungen in der Gerontologie auf
                                                                                und Gestaltung
                                            im Alter                                                                                        dem Laufenden halten. Und zwar in den
                                                                                komform GmbH,
                                                                                Liebefeld                                                   unterschiedlichsten Gebieten.
                                              INTERVIEW                         Foto Cover                                                     Stefanie Becker, die bisherige Chef-
                                         16 «Altersarmut ist real»              David Zehnder                                               redaktorin, hat ihr Amt auf Ende 2019
                                   12       Surprise-Stadführer Markus          Übersetzungen
                                                                                Sylvain Bauhofer (F),                                       abgetreten. Wir bedanken uns bei allen
                                            Christen erzählt                    Aida Comic (D)                                              Redaktionsmitgliedern für die bisher
                                                                                GERONTOLOGIE CH                                             geleistete Arbeit. Mit Ausnahme der
                                              PROJEKT                           Das Magazin für die                                         Chefredaktion bleibt die Redaktion üb-
                                                                                Vereinsmitglieder
                                         15 Wohnen in der Demenz-WG             erscheint dreimal pro
                                                                                                                                            rigens fast unverändert (siehe S. 2).
                                            Zwei Pilotprojekte in der           Jahr in einer Auflage                                           Neu zeichnet komform für die leser-
                                            Westschweiz                         von 1600 Exemplaren.                                        freundliche Gestaltung und Konzeption       Delphine
                                                                                Der Verkaufspreis ist     Möchten Sie Mitglied                                                          Roulet Schwab
                                                                                                                                            des Magazins sowie die Redaktionslei-
                                              STUDIE
                                                                                im Mitgliederbeitrag      von GERONTOLOGIE CH               tung verantwortlich, eine Agentur, die      Prof. Dr. Ordentliche
                                                                                enthalten. Jahresabon-                                                                                  Fachhochschul-Pro-
                                   20    20 Neue Rentner, neue                  nemente und Einzel-       werden oder dieses                sich auf die gerontologische Kommuni-
                                                                                                                                                                                        fessorin in Lausanne,
                                            Wohnbedürfnisse. Wie wollen         ausgaben können bei       Magazin abonnieren?               kation spezialisiert hat. Wir hoffen sehr,   Präsidentin GERONTO-
                                                                                der Herausgeberin                                           dass der vielfältige Themenmix gefällt.     LOGIE CH
Coverfoto:
                                            ältere Menschen wohnen?             bestellt werden.
War 20 Jahre lang als Care-Migrantin                                                                      Kontaktieren Sie uns bitte über
tätig, sieben davon in in der Schweiz:   23   NOTIZEN                           1. März 2020                                                Ich wünsche allen eine interessante         d.rouletschwab@
                                                                                                          info@gerontologie.ch                                                          ecolelasource.ch
Die Slowakin Olga Veiglová.                                                     © 2020 komform                                              Lektüre!

                                                                                                                                                                                    GERONTOLOGIE CH 1/2020   3
GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG
EIN TAG IM LEBEN

                                                                                                                        sie. Veronika ist in ihre Aufgabe      ein Arzt- oder Kinobesuch muss        besser, wenn sie möglichst ausge-
                                                                                                                        hineingewachsen: «Zu viel auf          Veronika Stunden vorher mit den       ruht ist.
                                                                                                                        einmal wollen bringt nichts.»          Vorbereitungen beginnen. Zeit-
                                                                                                                                                               druck vertragen ihre Eltern nicht.
                                                                                                                              12 Uhr: Das Zeitfenster          Dass mit hochbetagten Eltern

«Genug Zeit einplanen –                                                                                                        um Mittag herum, wenn
                                                                                                                        ihre Mutter in der Stube oder
                                                                                                                                                               alles sehr lange dauert, daran hat
                                                                                                                                                               sie sich inzwischen gewöhnt. Sie                     Veronika weiss,
                                                                                                                                                                                                                    dass ihr Beispiel

auch fürs Frühstück»
                                                                                                                        im Sommer auf dem Balkon mit           nimmt es mit Gelassenheit.                           nicht für alle gilt:
                                                                                                                        Zeitunglesen beschäftigt ist, nutzt                                                         Ich bin in der kom-
                                                                                                                        Veronika für den Einkauf. Manch-             18.30 Uhr: Es ist Zeit, das             fortablen Situation, dass
                                                                                                                        mal begleitet ihr Vater sie dabei.            Abendessen vorzubereiten.              ich sonst nicht mehr viele
                                                                                                                                                                                                             Verpflichtungen habe, und
Veronika R., betreuen-                                                                                                  Danach erledigt sie administrative     Häufig lädt Veronika zum Znacht               dass meine Eltern über eine
                                                                                                                        Arbeiten, spielt eine Runde Soli-      auch noch Gäste ein. Sie will ihre            gute Rente verfügen. So ist
de Angehörige, erzählt                                                                                                  taire oder ruht sich selber etwas      Eltern so weit als möglich in ihren           es möglich, regelmässig zwei
aus ihrem Alltag.                                                                                                       aus. Es ist wichtig, dass sie ihre     früheren Alltag mit Freunden und              Frauen aus dem Bekann-
                                                                                                                                                                                                             tenkreis für die Betreuung
                                                                                                                        eigenen Batterien auch zwischen-       Bekannten integrieren – auch,
Aufgezeichnet von:                                                                                                                                                                                           zu engagieren. Besonders
Hildegard Hungerbühler                                                                                                  durch immer wieder neu aufladen        um sich selber nicht zu isolieren.            nach kurzen Nächten kann
                                                                                                                        kann.                                  Alle, die vorher Teil ihres Lebens            das eine grosse Hilfe sein.
                                                                                                                            Einmal pro Jahr braucht Vero-      waren, sollen auch jetzt dabei sein           Manchmal übernehmen auch
                                                                                                                                                                                                             meine beiden erwachsenen
                                                                                                                        nika eine längere Auszeit. Dann        dürfen. Nach dem Essen wählt
                                                                                                                                                                                                             Kinder die Betreuung ihrer
                                                                                                                        meldet sie die Eltern im Alters-       sie für den Abend einen Film aus,             Grosseltern. Dass meine
                                                                                                                        und Pflegeheim in deren Heimat-        meistens einen Krimi, die ihre                Tochter im gleichen Haus
      6.30 Uhr: Veronika steht auf,                                                                                     ort an. Kaum sind die Eltern weg,      Mutter so gerne schaut.                       wohnt, ist ebenfalls eine Er-
       begleitet ihre Mutter zur To-                                                                                    vermisst sie sie zunächst und              Veronika ist zufrieden mit der            leichterung.»

ilette und wieder zurück ins Bett.                                                                                      benötigt etwas Anlaufzeit, um in       Situation. «Ich weiss nicht, was
Meistens schläft die Mutter noch-                                                                                       einen eigenen Tagesrhythmus zu         ich Sinnvolleres machen könnte»,
mals ein und Veronika hat Zeit,                                                                                         finden, der nicht von den Bedürf-      sagt sie. Doch nicht alle haben
die Spuren von Vaters nächtlichen                                                                                       nissen ihrer Eltern vorgegeben         Verständnis für ihren Entscheid.
Aktivitäten zu beseitigen. Wäh-                                                                                         wird.                                  «Manche sind der Meinung, ich
rend ihre Eltern noch schlafen,                                                                                                                                opfere mein Leben. Oft bekom-
absolviert sie ihr halbstündiges                                                                                               15 Uhr: Veronika bereitet das   me ich das Gefühl vermittelt, mit             Veronikas drei
Turnprogramm, macht sich frisch                                                                                                Zvieri vor. Währenddessen       mir sei etwas nicht in Ordnung.               wichtigste Tipps:
und lernt für ihren Russisch-                                                                                           bewegt sich ihr Vater selbständig.     Ich will mich nicht rechtfertigen             1 Hilfe annehmen, falls mög-
                                                                                                   Foto: Shutterstock
Sprachkurs.                                                                                                             Veronika reagiert nur bei unge-        müssen, für mich stimmt es so.»                 lich auch von Freunden oder
         Seit drei Jahren wohnen       Wohnung und dem Wohnort der          Duschen und Anziehen etwas                  wohnten Geräuschen. Sie bemüht                                                         Angehörigen
                                                                                                                                                                                                             2 Eine Betreuungsblase ver-
die Eltern bei Veronika. Fast zeit-    Eltern beschloss Veronika, ihre      Anleitung. Nach einem ausgie-               sich, den Fokus im Alltag nicht              21.50 Uhr: Die Sendung                    hindern: den Fokus im Alltag
gleich mit Veronikas Pensionie-        Eltern zu sich zu nehmen. Seither    bigen Brunch mit Zeitunglesen               explizit auf die Betreuung zu legen           «10vor10» gibt den Start-                nicht allein auf die Betreu-
rung wurde ihr Vater dement und        hat die Gebrechlichkeit der Eltern   kümmert sie sich um den Haus-               und ihren Vater möglichst machen       schuss für die Vorbereitungen zur               ung legen
ihre Mutter brach sich bei Stürzen     kontinuierlich zugenommen, die       halt. Die Betten frisch beziehen            zu lassen. Zwischenfälle gehören       Nachtruhe. Verläuft alles plan-               3 Die Betreuung in den Alltag
                                                                                                                                                                                                               integrieren:
Handgelenk und Oberschenkel.           Mutter hatte einen Hirnschlag, die   und Wäsche waschen gehört zum               zur Tagesroutine dazu: Ein Sturz,      mässig, liegen ihre Eltern gegen                • Nicht zu einer fixen Zeit
Bis dahin hatten ihre Eltern den       rechte Hand ist gelähmt.             Tagesprogramm. «Es ist wieder               ein Schwächeanfall, plötzlicher        Mitternacht im Bett. Anders als                    frühstücken
Haushalt gemeinsam erledigt, un-                                            wie mit kleinen Kindern. Man                Durchfall, oder die Suche nach         früher, als Veronika bis spät ge-               • Keinen starren Vorgaben
terstützt durch Mahlzeitendienst            8.30 Uhr: Die Eltern wachen     muss die eigenen Bedürfnisse mit            dem Vater, der in einem unbe-          lesen hat, schläft sie heute meis-                 folgen, den eigenen, sinn-
                                                                                                                                                                                                                  vollen Rhythmus finden
und Spitex-Einsätze. Doch das               auf. Veronika hilft ihrer       der Aufgabe in Einklang bringen             wachten Augenblick die Wohnung         tens gleich ein. Schliesslich weiss
                                                                                                                                                                                                               • Sich aufeinander einlassen
reichte nicht mehr. Nach einiger       Mutter bei der Morgentoilette,       und akzeptieren, dass daneben               verlässt – auch schon ohne Kleider.    sie nie, was sie in der Nacht und               • Sich emotional umeinan-
Zeit des Pendelns zwischen ihrer       auch der Vater braucht beim          nicht viel anderes Platz hat», sagt         Für eine hausexterne Aktivität wie     am nächsten Tag erwartet. Umso                     der kümmern

4 GERONTOLOGIE CH 1/2020                                                                                                                                                                                        GERONTOLOGIE CH 1/2020     5
GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG
SCHWERPUNKT

                                                                                                                        die Spitex für die Dienstleistung      keiten möglicher Mitarbeiterinnen
                                                                                                                        der Hauswirtschaft meist Tessine-      festgehalten sind. Bei Anfragen
                                                                                                                        rinnen einstellt, die es nach Jahren   für Betreuungseinsätze führt der           50%
                                                                                                                        der Familienarbeit schwer haben,       Verein die wichtige Abstimmungs-    Im Tessin werden 50%

Liebevolle Care-
                                                                                                                        in den Arbeitsmarkt zurückzufin-       arbeit zwischen Pflegenden und         der von der Spitex
                                                                                                                        den.                                   Patientinnen und Patienten durch,   erbrachten Haushalts-
                                                                                                                            Jedes Jahr beschäftigt Opera       wobei grundlegende Aspekte wie
                                                                                                                                                                                                       hilfeleistungen
Migrantin gesucht!                                                                                                      Prima etwa 150 «Badanti». Die
                                                                                                                        Organisation verfügt über eine
                                                                                                                        eigene Datenbank, in der persön-
                                                                                                                                                               persönliche Interessen und kultu-
                                                                                                                                                               relle Gepflogenheiten berücksich-
                                                                                                                                                               tigt werden. Eine möglichst gute
                                                                                                                                                                                                    inzwischen unter der
                                                                                                                                                                                                   Schirmherrschaft von
                                                                                                                        liche Qualitäten und Verfügbar-        Übereinstimmung zu erreichen,       Opera prima erbracht.
Niedriglöhne, lange Arbeitstage und ein Schlafplatz
auf dem Sofa: Pflegerinnen aus Osteuropa arbeiten                                                 Rund um die Uhr
oft unter widrigen Bedingungen. Die Organisation                                                 verfügbar, zum
                                                                                                 Monatslohn von
Opera Prima versucht im Tessin akzeptable Arbeits-                                               2800 Franken plus
bedingungen zu schaffen für Care-Migrantinnen.                                                    Kost und Logis:
                                                                                                 Care-Migrantin
Text: Barbara Masotti und Gabriele Balestra                                                      Olga Veiglová aus
                                                                                                 der Slowakei hat
                                                                                                 zuletzt eine pflege-
                                                                                                 bedürftige Frau in
                                                                                                 Basel betreut.

                     J
                             e nach Region werden sie      Kontrolle der Arbeitsverhältnisse
                             als Familienarbeiterinnen,    zu gewährleisten.
                             Care-Migrantinnen oder            Opera Prima ist ein gemein-
                     «Badanti» bezeichnet. Oft sind es     nütziger Verein, der sich im Tessin
                     Migrantinnen aus Osteuropa, die       seit über 20 Jahren im Bereich der
                     tagsüber oder sogar nachts Hilfe      häuslichen Pflege für die beruf-
                     und grundversorgende Pflege für       liche Integration von Frauen
                     hilfsbedürftige Menschen in deren     einsetzt, die von Ausgrenzung
                     Zuhause leisten. Eine Art der         bedroht sind. Der Verein entstand
                     privaten Dienstleistung, die im       im Kontext des Balkankrieges
                     öffentlichen Netz der häuslichen      im Anschluss an ein Projekt zur
                     Pflegehilfe kein entsprechendes       Integration von Asylsuchenden
                     Pendant hat.                          des Schweizerischen Arbeiter-
                         Die Arbeit dieser Pflegemi-       hilfswerks Tessin. Ausgehend von
                     grantinnen ist durch komplexe         Sprachkursen, wurde beschlossen,
                     Rahmenbedingungen gekenn-             das Beschäftigungspotenzial der
                     zeichnet, es ist ein weitgehend       Migrantinnen für die Spitex aus-
                  Bildlegende
                     unkontrollierter Markt. Im Tessin     zuloten. Nach einer sorgfältigen
                  Lorem ipsum
                     hatsitdie
                  dolor        Care-Arbeit ganz beson-
                            amet                           Evaluation begann die Spitex, den
                     dereipsum
                  Lorem     Merkmale, da der öffentli-     Migrantinnen von Opera Prima
                     chesitSektor
                  dolor     amet zunehmend mit dem         einfache Pflegesituationen anzu-
                  Bildlegende
                     privaten Personal interagiert,        vertrauen. Seit zehn Jahren arbei-
                  Lorem ipsum
                     was es ermöglicht, ein gewisses
                  dolor sit amet
                                                           ten diese nun als sogenannte «Ba-
                     Qualitätsniveau
                  Lorem  ipsum          und eine gewisse   danti» (dt. Pflegende), während
                                                                                                                        Foto: David Zehnder
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6 GERONTOLOGIE CH 1/2020                                                                                                                                                                                 GERONTOLOGIE CH 1/2020   7
GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG
ist nicht einfach, aber umso wich-
tiger, da Pflegende und Patientin-
                                       rinnen besser zu schützen und
                                       zu betreuen und gleichzeitig die
                                                                                 30 000
                                                                                                        Plattform für
nen und Patienten notwendiger-         Qualität und Effizienz der häus-
                                                                                                        Care-Arbeit

                                                                                                                                                                                    «
weise eng zusammenleben.               lichen Pflege zu verbessern.          Ungefähr so viele
    Während ein Arbeitsvertrag                                              Care-Migrantinnen
besteht, bietet Opera Prima in         Das Porträt einer Care-Migrantin                                 Ein europäisches Pilotprojekt unterstützt mit
                                                                          betreuen in der Schweiz
Zusammenarbeit mit der Spitex
                                       aus dem Tessin folgt in der
                                                                             alte Menschen im
                                                                                                        Bildungsmodulen die Care-Arbeiterinnen.
                                       nächsten Nummer.
einen kostenlosen Dienst an, um                                              eigenen Daheim.            Text: Filippo Bignami
bei Konflikten zu vermitteln. Es
handelt sich um eine externe An-
                                                                              7000 CHF
                                                                                                        D
laufstelle, die der Care-Migrantin,                                                                             ie Abteilung für Betriebs-    gesellschaftlicher Teilhabe, indem    Wie tausende Frauen
Familie oder auch den Angestell-                                                                                wirtschaft, Gesundheits-      es von der Marginalisierung be-       aus Osteuropa habe ich
ten von Opera Prima in schwie-                                            So viel kostet ein Platz in           und Sozialwesen der           drohte Menschen befähigt, eine        erlebt, was es heisst,
rigen Situationen unterstützend                                            einem Schweizer Pflege-      Fachhochschule der italienischen      soziale, berufliche und sogar (im
                                                                                                                                                                                    24 Stunden am Tag
zur Seite steht, und, falls nötig,                                        heim ungefähr pro Monat.      Schweiz (SUPSI) koordinierte ein      weitesten Sinne des Wortes) politi-
auch regelmässige Hausbesuche                                                                           europäisches Leonardo-Da-Vinci-       sche Rolle zu spielen.
                                                                                                                                                                                    alte Leute zu betreuen.
                                                                             Der Staat übernimmt                                                                                    Es ist nicht die Arbeit
durchführt. Solch schwierige Situ-                                                                      Projekt zum Innovationstransfer.         Das Projekt mitsamt seiner
                                                                              nur einen Bruchteil                                                                                   an sich, die schlimm
ationen können das Burnout einer                                                                        Das Projekt – 2015 abgeschlossen      Lernplattform der Informations-
Mitarbeiterin sein, die sich in sich                                            dieser Kosten.          – trug den Titel «ICT: Innovative     und Kommunikationstechnik des         ist, sondern dass die
selbst zurückzieht, oder der Neid                                                                       Caregivers Training» und testete      Bundes ist ein positives Beispiel     Frauen isoliert sind in
des Sohnes eines älteren Patien-
ten, der seine Pflegerin so sehr                                              1500 Euro                 ein speziell für weibliche Fami-
                                                                                                        lienarbeiterinnen entwickeltes
                                                                                                                                              für eine länderübergreifende
                                                                                                                                              Initiative mit einer unmittelbaren
                                                                                                                                                                                    einem Privathaushalt,
                                                                                                                                                                                    ohne soziale Kontakte,
liebt, dass er ihr das Erbe hinter-                                       Durchschnittslohn einer       Ausbildungsmodul. Die in der          lokalen Wirkung. Basierend auf
lassen will.                                                                                            Schweiz, in Italien und Polen         der Methode und den Inhalten des
                                                                                                                                                                                    ohne Privatleben, Tag
                                                                            Care-Migrantin in der                                                                                   und Nacht verantwort-
    Heute ist die «Badante» zu                                                                          durchgeführte Initiative hatte eine   Projekts, konnte ein kantonales
                                                                           Schweiz, die über eine                                                                                   lich für einen kranken
einer wichtigen Akteurin in der                                                                         vertiefte Auseinandersetzung mit      Diplom für Familienarbeiterin-
Tessiner Langzeitpflege gewor-
                                                                            europäische Agentur         dem Berufsbild zum Ziel, um die       nen geschaffen werden, welches        Menschen, ein Leben im
                                       Barbara Masotti
den. In den letzten Jahren haben                                          vermittelt wird. Falls die    Familienarbeiterinnen zu för-         einzigartig ist in der Schweiz. Bis   Rhythmus von anderen,
                                       Doktorin der Sozioökonomie,
Tessiner Spitex-Organisationen         Forscherin am Centro compe-         Vermittlung über eine        dern und somit ihre Integration       heute wurden drei Lehrgänge           vom Essen über das
weitere Pilotprojekte gestartet,       tenze anziani der SUPSI.           schweizerische Agentur        in einen sozialen und beruflichen     abgeschlossen, der vierte ist in
                                                                                                                                                                                    Fernsehprogramm bis
um eine noch stärkere Integration                                           erfolgt, liegt der Min-     Kontext zu stärken.                   Vorbereitung. Insgesamt rund 100
                                                                                                                                                                                    hin zu den Nächten
der «Badanti» in das öffentliche       barbara.masotti@supsi.ch.           destlohn bei CHF 18.90           Das Ausbildungsmodul be-          Familienarbeiterinnen haben bis-
System der Haushaltshilfe zu er-                                                                        handelt Aspekte wie Problem-          her ihren Abschluss gemacht.          ohne Schlaf.»
                                                                             für Ungelernte oder
reichen. Einen wichtigen Beitrag                                                                        lösung, soziale Aktivierung und
dafür könnten flexible und für
                                                                           CHF 22.75 für Gelernte       soziale Teilnahme, damit sich                                                     Bozena Domanska ist ge-
                                                                                 pro Stunde.                                                                                              bürtige Polin. Über Deutsch-
alle zugängliche Beschäftigungs-                                                                        Familienarbeiterinnen innerhalb                                                   land ist sie in die Schweiz
modelle leisten: beispielsweise                                                                         des institutionellen Bezugsnetzes                                                 gekommen, wo sie viele
Stundenverträge, die Vermittlung                                                                        zurechtfinden und lernen, wie sie                                                 Jahre als 24-Stunden-Be-
von Care-Migrantinnen an meh-
                                       Gabriele Balestra
                                                                            24 Stunden                  die relevanten Informationen ef-                                                  treuerin gearbeitet hat.
                                                                                                                                                                                          Heute engagiert sie sich mit
rere Patientinnen und Patienten                                              So lange muss eine         fektiv nutzen können. Ausserdem                                                   dem Netzwerk Respekt da-
gleichzeitig oder auch «Gebäu-         Direktor der Associazione                                        bietet das Modul den Familien-
                                                                           Care-Migrantin pro Tag                                                     Filippo Bignami                     für, dass Care-Migrantinnen
                                       Locarnese e Valmaggese di
de-Badanti», die innerhalb eines       Assistenza e cura a Domicilio
                                                                                                        arbeiterinnen eine Lernplattform,             Filippo Bignami ist Doktor
                                                                                                                                                                                          unter fairen Arbeitsbedin-
bestimmten Mehrfamilienhauses
                                                                            theoretisch verfügbar       über die sie sich vernetzen und ihr                                               gungen angestellt werden.
                                       (ALVAD) und Präsident der                                                                                      der Politikwissenschaft und
in mehreren Haushalten tätig           Vereinigung Opera Prima.             sein, wobei die Richt­      Wissen austauschen können.                    Forscher am SUPSI.
                                                                                                                                                                                          www.respekt-vpod.ch

sind. Solche Lösungen würden                                              linien von einer 44-Stun-     Das Projekt sieht sich in der Tra-
es ermöglichen, die Mitarbeite-        gabriele.balestra@alvad.ch           den-Woche ausgehen.         dition der Stärkung von konkreter             filippo.bignami@supsi.ch

8 GERONTOLOGIE CH 1/2020                                                                                                                                                                  GERONTOLOGIE CH 1/2020    9
GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG
STANDPUNKT                                                                                                                                                                                 NOTIZEN

                             Und im                                                                Möchten Sie ein Inserat oder
                                                                                                                                                Gefangen im Betreuungssetting
                                                                                                                                                ZHAW-Studie zeigt:
                         Herkunftsland?                                                            eine Publireportage im Magazin
                                                                                                   GERONTOLOGIE CH publizieren?
                                                                                                                                                Betreuende
                                                                                                   Kontaktieren Sie uns bitte über              Angehörige brauchen
                Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK)                                                                                             mehr Entlastung
                  sieht die Care-Migration kritisch.                                               mail@komform.ch
                                                                                                                                                In der häuslichen Langzeitversor-
                                                                                                                                                gung in der Schweiz bilden An-
                                                                                                                                                gehörige die wichtigste Stütze. Die
Von Christa Hanetseder
                                                                                                                                                Betreuung und Pflege ihnen naheste-
                                                                                                                                                hender Menschen fordert sie jedoch
Viele Menschen werden heute          Privathaushalt erbrachten Leis-                                                                            oft bis an ihre Grenzen und darüber
                                                                                                          Care-Migration gesetzlich regeln
80 Jahre und älter. In den letzten   tungen unterstehen nicht dem                                                                               hinaus. Auch, weil bei der externen
Lebensjahren brauchen sie oft        Schweizer Arbeitsgesetz. Da die                                      Immer mehr Kantone                    Unterstützung Lücken bestehen.
Unterstützung, Betreuung, Pflege      Krankenkassen Betreuung nicht                                        leisten dem Aufruf                    So gab ein Viertel der Befragten an,
– aktuell häufig durch Care-Mi-       finanzieren, trägt die Kosten die                                     des Bundes Folge                      täglich mehr als 15 Stunden für die
grantinnen geleistet. Sie arbeiten   Familie.                                                             Sämtliche Kantone waren vom           Versorgung ihnen nahestehender
                                                                                                          Bund aufgefordert, die Arbeits-       Personen aufzuwenden. Viele fühlen
hier zeitlich begrenzt und kehren       Dies alles kann zu prekären An-
                                                                                                          bedingungen von Care-Migran-          sich in ihrem Betreuungssetting ge-
wieder zurück (Pendelmigration).     stellungsverhältnissen mit dem                                       tinnen, die bis zu 24 Stunden am      fangen. Die Forschenden empfehlen
   Aus der individuellen Perspek-    Potenzial für Ausbeutung und                                         Tag betagte Menschen                  eine frühzeitige Sensibilisierung
tive der Care-Migrantin kann es      Übergriffe führen. Das SRK meint                                      bei ihnen zu Hause be-                und eine vermehrte Einbindung von
nötig sein, im Ausland zu arbeiten   deshalb, dass Care-Migration                                         treuen, zu regeln und                 Vertrauenspersonen. Organisatio-
(Existenzsicherung, Ausbildung       kein effektives Modell ist.                                           zu verbessern. Der                    nen und Gemeinden sollten mehr
                                                                                                          Bund hat dazu einen
der Kinder). Ältere Menschen            Die Entwicklungspolitik muss                                                                            Beratungs- und Betreuungsangebote
                                                                                                          Mustervertrag mit
wählen diese Betreuungsform,         die Existenzsicherung im Her-                                                                              bereitstellen, um die betreuenden
                                                                                                          Minimalanforderungen
weil sie zu Hause leben wollen.      kunftsland stärken, indem Be-                                                                              Angehörigen zu unterstützen.
                                                                                                          ausgearbeitet, an dem sich die
   Aus einer gesellschaftspoli-      schäftigung und Ausbildungen                                         Kantone bei der Umsetzung orien-
tischen Perspektive ist dieses       vor Ort unterstützt werden (vgl.                                     tieren können. Darin wird unter
Modell aber problematisch. Im        Lehrgang Pflegehelfer/-in SRK).                                       anderem geregelt, wie viel Freizeit
Herkunftsland der Care-Migrantin        Die Rechte der Care-Migrantin-                                    Care-Migrantinnen zugute ha-
                                                                          Christa Hanetseder              ben, wie viele Pausen, oder dass
verstärkt es die Abwanderung         nen müssen durch das Arbeits-
                                                                          Psychologin, Dr.                Arbeitgeber wie Arbeitnehmerin-
und verschärft den Mangel im         gesetz und klare Bestimmungen        phil. mit einem CAS             nen verpflichtet sind, die genauen
Betreuungssystem. Das persön-        geregelt sein. Die betreute Per-     Gerontologie Univer-            Arbeitszeiten festzuhalten. Vier
liche Leben der Care-Migrantin       son und die Care-Migrantin sind      sität Zürich, arbeitet          Kantone haben bereits Regelun-
                                                                          als Fachexpertin beim
ist von Abwesenheit und Isolation    besser geschützt, wenn eine          Schweizerischen Roten
                                                                                                          gen erlassen, in zwölf weiteren        Gerontologisch relevante
geprägt. Ist sie für die Aufgaben    nicht primär profitorientierte                                        Kantonen sollen die Verträge 2020
nicht ausreichend ausgebildet,       Organisation die Dienstleistung
                                                                          Kreuz. Arbeitsschwer-
                                                                          punkte sind Alter und           in Kraft treten.                       Themen gesucht!
                                                                          Migration, Demenz,
gefährdet dies das Wohl der be-      vermittelt – wie beispielsweise      Care-Migration, Caring                                                 Haben Sie ein Thema, welches wir im
treuten Person.                      Caritas Care oder Opera prima.       Communities sowie
                                                                          die Folgen von Trau-                                                   Magazin GERONTOLOGIE CH aufgreifen
   Die ältere Person oder die        Ist eine umfassende Betreuung
                                                                          matisierungen.                                                         könnten? Dann senden Sie bitte eine
Angehörigen sind Arbeitgeber,        und Pflege nötig, empfiehlt das
                                                                                                                                                 E-Mail an die Redaktion:
verfügen meist aber nicht über       SRK die Unterbringung in einer       Christa.hanetseder@                                                    mail@komform.ch
das nötige Wissen. Die in einem      stationären Institution.             redcross.ch

10 GERONTOLOGIE CH 1/2020                                                                                                                                                   GERONTOLOGIE CH 1/2020   11
GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG
POLITIK

                            Wenn das Geld                                            A
                                                                                              rmut im Alter kann zwei Gründe                Bei den                        entspricht 12,5 % der älteren Bevölke-
                                                                                              haben. Der erste Grund findet                                                rung in der Schweiz. Nicht alle, die tiefe
                                                                                                                                         einkommens-
                                                                                              sich im biografischen Verlauf bis                                            Renten beziehen, beantragen auch EL.

                            nicht ausreicht
                                                                                                                                            ärmsten
                                                                                     zur Pensionierung. Wer schon während                                                  Darum sind die Zahl und der Anteil aller
                                                                                     dem Erwerbsleben knapp durch musste,                Rentnerpaar-                      armutsbetroffenen Alten höher, nämlich
                                                                                     gehört auch im Alter zu jenen, die von Ar-           haushalten                       rund 291 000 oder 15 %. Schliesslich kann
                            Altersarmut in der Schweiz. Die Politik                  mut bedroht sind. Der zweite Grund zeigt              macht die                       man den Blick auf das Ausmass der Ar-
                              ist gefordert, damit alleMenschen in                   sich im Alterungsprozess selber. Je älter           AHV mehr als                      mutsgefährdung im Alter ausweiten. Wer
                                                                                     man wird, desto stärker macht sich der              80%, bei den                      weniger als 60 % des mittleren Renten-
                                        Würde alt werden können.                     Fragilisierungsprozess bemerkbar. Die                                                 einkommens erzielt, gehört dann in diese
                                                                                                                                         einkommens-
                                                  Text: Prof. Dr. Carlo Knöpfel      wachsenden Ausgaben für die Betreuung                                                 Gruppe. Deren Zahl beläuft sich auf rund
                                                                                                                                           reichsten
                                                                                     und Pflege können zu neuen Quellen der                                                330 000 Personen und macht einen Anteil
                                                                                     Verarmung werden.                                    weniger als                      von fast 23 % aus.
                                                                                                                                            20% aus.                           Doch diese Angaben bilden nicht die
                                                                                     Mindestens ein Zehntel der                                                            ganze Realität der schweizerischen Al-
                                                                                     Pensionierten ist arm                                                                 tersarmut ab. So berücksichtigen sie nur
                                                                                     Armut im Alter heisst zuerst, ein Renten-                                             zum Teil die Vermögenssituation der ein-
                                                                                     einkommen zu erzielen, das zur sozialen                                               kommensarmen älteren Menschen. Eine
                                                                                     Existenzsicherung nicht ausreicht. 10%                                                Studie für das Jahr 2007 zeigt, dass drei
                                                                                     der Neurentnerinnen und Neurentner                                                    Viertel aller einkommensarmen Seniorin-
                                                                                     beziehen Ergänzungsleistungen. Später                                                 nen und Senioren über liquide Mittel von
                                                                                     steigt der Anteil, weil die Kosten von                                                mehr als 10 000 Franken, und ein Drittel
                                                                                     Heimaufenthalten in vielen Fällen die                                                 sogar über mehr als 100 000 Franken ver-
                                                                                     Renten übersteigen. Insgesamt sind rund                                               fügten. Allerdings ist dabei auch an den
                                                                                     205 000 (Zahlen für 2017) Rentnerinnen                                                Kapitalbezug aus der 2. Säule zu denken.
                                                                                     und Rentner auf EL angewiesen. Dies                                                   Dieser kommt gerade bei Pensionierten
                                                                                                                                                                           mit tiefen Renteneinkommen häufig vor
                                                                                      Haushaltseinkommen von Paarhaushalten                                                und verzerrt damit das Bild.
                                                                                      ab 65 nach Einkommensklassen                                                             Die Einkommensverteilung ist unter
                                                                                      In Franken pro Monat (Stichprobe 2012–2014)                                          den Rentnerinnen und Rentnern grösser
                                                                                                                                                                           als in der Gesamtbevölkerung. Das Ein-
                                                                                      16 000
                                                                                                                                                                           kommensverhältnis zwischen den ärms-
                                                                                      14 000
                                                                                                                                                                           ten und den reichsten 20 % der Rentner-
                                                                                      12 000                                                                               haushalte beträgt 1:4. Die ärmsten 20 %
                                                                                      10 000                                                                               Rentnerpaarhaushalte (1. Quintil) müssen
                                                                                      8 000                                                                                im Mittel mit knapp 4000 Franken im
                                                                                      6 000                                                                                Monat auskommen, während den obers-
                                                                                      4 000                                                                                ten 20 % (5. Quintil) im Schnitt rund
                                                                                                                                                                           16 000 Franken zur Verfügung stehen
                                                                                      2 000
                                                                                                                                                                           (Infografik). Diese Ungleichheit spiegelt
                                                                                          0
                                                                                               1. Quintil   2. Quintil   3. Quintil   4. Quintil      5. Quintil           sich auch in der Zusammensetzung der
                                                                                                                                                                           Renteneinkommen wieder. Bei den ein-
                                                                                               Erwerbseinkommen
                                                                                               Einkommen aus Vermögen und Vermietung                                       kommensärmsten Rentnerpaarhaushal-
                                                                                               Weitere Sozialleistungen                                                    ten macht die AHV mehr als 80 %, bei den
                                                                                               BV                                                                          einkommensreichsten weniger als 20 %
                                                                                               AHV                                                                         aus.
                                                                Foto: Shutterstock                                                       Quelle: Bundesamt für Statistik

12 GERONTOLOGIE CH 1/2020                                                                                                                                                                    GERONTOLOGIE CH 1/2020   13
GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG
VOLKSINITIATIVE

Dies ist von grosser alterspoliti-
scher Bedeutung. Wer erwartet,
                                                                Auch in der
                                                           reichen Schweiz                                                                                 Für mehr
                                                                                                                                                           Lebensqualität
                                                            weit verbreitet:
dass seine Rente tief sein wird,
                                                           die Altersarmut.
sieht einen Ausbau der AHV
anders, als jener, der mit einem
hohen Renteneinkommen rech-
                                                                                                                                                           im Alter
nen kann. Dieser Aspekt hat
auch eine geschlechtsspezifische                                                                                                                           Lancierung einer eidgenössischen
Bedeutung. Der jährliche Unter-                                                                                                                            Volksinitiative für ein gutes Alter für alle.
schied zwischen den Rentenan-                                                                                                                              Bund und Kantone sollen verstärkt
sprüchen der Frauen und Männer
beträgt rund 20 000 Franken. Die
                                                                                                                                                           in die Pflicht genommen werden.
grösste Differenz findet sich dabei
bei der beruflichen Vorsorge. Dies
hat viel mit den unterschiedli-
chen Erwerbsbiografien der heute                                                                                                                           Ausgangslage                          • eine angemessene Betreuung
alten Frauen und Männern zu                                                                                                                                Die Pflege, Betreuung und All-          der Betroffenen zu sichern und
tun. Während viele Männer ohne                                                                                                                             tagsunterstützung von Menschen        • eine Ausbildungsoffensive zu
grosse Unterbrüche ihr Leben                                                                                                           Foto: Adobe Stock   im Alter gelangen in der Schweiz        finanzieren und dem Fachkräfte-
lang erwerbstätig waren, hatten       eine tiefe Bildungsstufe erreichte       Teilhabe im Quartier sind wichtig                                           zunehmend in Schieflage. Gleich-        mangel entgegenzuwirken.
Frauen ganz andere Verläufe. Ihre     und mit wenig Geld durchs Leben          für die Lebensqualität im Alter. In                                         zeitig nimmt die Zahl der Hochbe-
Erwerbstätigkeit wurde durch die      kommen musste, hat im Vergleich          keiner Phase verbringt man mehr                                             tagten rasch zu. Die betreuenden      Komitee
Familienphasen unterbrochen,          zu jenen mit einer guten Ausbil-         Zeit zu Hause als im Alter. Wer                                             Angehörigen stehen oft unter          Hinter dem Netzwerk «Gutes
war von Teilzeitarbeit, tiefen        dung und höheren Lohneinkom-             gebrechlich wird, braucht dann                                              grossem Druck und die öffent-         Alter» stehen zahlreiche Fach-
Lohneinkommen und hoher unbe-         men eine um vier bis fünf Jahre          Unterstützung, um den Alltag                                                lichen Angebotsstrukturen sind        leute aus dem Alters- und Pflege-
zahlter Care-Arbeit geprägt. Von      tiefere Lebenserwartung.                 sinnvoll zu bewältigen. Oft sind es                                         nicht flexibel genug. Zudem zeich-    bereich sowie aktive und ehema-
Armut im Alter sind also vor allem        Auch dieser Sachverhalt ist          Angehörige, welche diese Betreu-                                            net sich ein gravierender Fach-       lige Politiker. Das Initiativprojekt
Frauen betroffen.                     von grosser alterspolitischer Be-        ung übernehmen. Wo sie fehlen,                                              kräftemangel ab. Nur wer über         wurde einer breiten Vernehmlas-
                                      deutung. So stellt sich die Frage,       bietet die Seniorenwirtschaft Hilfe                                         viel Geld verfügt, kann sich privat   sung unterzogen, welche aktuell
Arme sterben früher                   ob es unter diesen Umständen             an. Doch diese kostet. Anders als                                           Leistungen einkaufen. Ein Gross-      ausgewertet wird. Der Verein will
Armut im Alter ist aber mehr, als     fair ist, wenn für alle das gleiche      die Pflege muss ein grosser Teil                                            teil der Bevölkerung muss im Alter    seine Initiative im Frühling 2020
nur zu wenig Geld zu haben. Ar-       Rentenalter festgelegt wird. Wäre        der Betreuung im Alter selber be-                                           jedoch mit Fehl- und Unterversor-     lancieren. Es gilt: Alle Personen
mut im Alter ist eine prekäre Le-     es nicht besser, wenn die Zahl der       zahlt werden. Wer sich das nicht                                            gung rechnen.                         in der Schweiz sollen bis ans
benslage, die sich in vielen weite-   Erwerbsjahre zur Festlegung der          leisten kann, dem droht Vereinsa-                                                                                 Lebensende in einer ihrer indivi-
ren Facetten zeigt, so zum Beispiel   Pensionierung herangezogen wür-          mung, Langeweile und das Gefühl                                             Forderung                             duellen Situation angemessenen
                                                                                                                     Carlo Knöpfel
in den Dimensionen Gesundheit         de? Dabei wären dann natürlich           der Nutzlosigkeit. Diese Proble-                                            Ein gutes Leben im Alter steht        Weise betreut, gepflegt und in der
und Wohnen. Die Lebenserwar-          auch die Jahre der unbezahlten           matik wird sich in den kommen-        Wirtschaftswissenschafter,            allen Menschen zu – unabhängig        Alltagsbewältigung unterstützt
                                                                                                                     Prof. Dr. Nach langjähriger
tung der älteren Menschen ist in      Care-Arbeit zu berücksichtigen.          den Jahren weiter akzentuieren,       Tätigkeit bei der Caritas heute
                                                                                                                                                           von den Ressourcen, über die sie      werden.
den letzten hundert Jahren deut-                                               weil die Familien kleiner werden,     Professor für Sozialpolitik und       verfügen. Die erforderliche All-
lich angestiegen. Heute können        Arme leben oft einsam                    nicht mehr am gleichen Ort leben      Soziale Arbeit an der FHNW.           tagsunterstützung muss für alle
Neurentnerinnen mit zusätzlichen      Wer ältere Menschen fragt, wie           und die Erwerbsarbeit für Frauen      Arbeits- und Forschungsschwer-        erreichbar sein. Dafür braucht es
                                                                                                                     punkte: Der gesellschaftliche
23 und Neurentner mit weiteren        sie ihren Lebensabend verbringen         an Bedeutung gewinnt. Alters-                                               auf Verfassungsebene klare Ziele,
                                                                                                                     Wandel und die soziale Sicher-
20 Jahren rechnen. Aber nicht nur     wollen, hört von den allermeisten,       politisch betrachtet, heisst das:     heit, Fragen zu Armut, Arbeits-       deren Umsetzung mit Mindest-
das Geschlecht beeinflusst die        dass sie möglichst lange zu Hause        es braucht ein Anrecht auf gute       losigkeit und Alter.                  vorgaben gesichert werden muss.
Lebenserwartung, sondern auch         bleiben möchten. Die Vertrautheit        Betreuung im Alter.                                                         Finanzmittel müssen verfügbar                  Mehr wissen:
die soziale Ungleichheit. Wer nur     mit der Umgebung und die soziale                                               carlo.knoepfel@fhnw.ch                gemacht werden, um:                            www.gutes-alter.org

14 GERONTOLOGIE CH 1/2020                                                                                                                                                                                   GERONTOLOGIE CH 1/2020   15
GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG
INTERVIEW

«Altersarmut ist real»                                                                                                                                                                               Welches Entwicklungspotenzial
                                                                                                                                                                                                     sehen Sie in den Surprise-Stadt-
                                                                                                                                                                                                     führungen?
                                                                                                                                                                                                     MC: Es bestehen bereits einige
Markus Christen, 65, ist Surprise-Stadtführer                                                                                                                                                        Folgeangebote, so der Strassen-
in Basel und weiss, was es bedeutet, aus                                                                                                                                                             chor, der gerade die Wiederauf-
dem sozialen Netz zu fallen. Ein Gespräch.                                                                                                                                                           nahme seiner Konzertreihe prüft.
                                                                                                                                                                                                     Ein weiteres Highlight ist der
Aufgezeichnet von: Miriam Moser                                                                                                                                                                      Strassenfussball, aktuell bestehen
                                                                                                                                                                                                     bei uns 14 Liga-Teams. Mit einer
                                                                                                                                                                                                     Nationalmannschaft an einem

N
         achdem Markus Christen         Sie sind einer der drei Pioniere der   öffentlichen Raum zu schützen,      bei Surprise haben meine Lebens-            Existenzminimum für die Partei        Homeless World Cup im Ausland
         seine Arbeit verlor und in     Sozialen Stadtrundgänge von Sur-       wenn wir unsere Lebenserfahrung     situation stabilisiert. Ich habe so-        ein Problem darstellt. «Im Gegen-     teilzunehmen ist ein bleibendes
         seinem erlernten Beruf als     prise, die 2013 gegründet wurden.      mit fremden Menschen teilen,        gar meine politische Arbeit wieder          teil, genau diese Stimmen brau-       Erlebnis für alle Teilnehmenden.
Typograf keine Stelle fand, wurde       Dabei erzählen armutsbetroffene        sondern trug auch dazu bei, uns     aufgenommen.                                chen wir auch», hiess es. Deshalb     Die Medienpräsenz, die diese
er Chauffeur. Während einer Fahrt       und obdachlose Menschen aus            einen ehrlichen, ungeschönten                                                   werde ich wieder antreten.            Angebote auslösen, hilft uns,
erlitt er einen Sekundenschlaf und      ihrem Alltag und zeigen Orte, an       Blick auf die eigene Situation zu   2016 haben Sie die Wahl in den                                                    gegen gesellschaftliche Vorurteile
verursachte einen Unfall. Obwohl        denen man sonst achtlos vorüber-       erarbeiten. Danach konnte ich       Basler Grossen Rat knapp verpasst.          Welche politischen Veränderungen      anzukämpfen und soziale Verän-
dabei niemand verletzt wurde,           geht. Die Mission gegen aussen         frei und ohne Scham über meine      Planen Sie für 2020 einen neuen             möchten Sie anstossen?                derungen in Gang zu setzen. Denn
entschied Christen, die Stelle zu       ist, Vorurteile abzubauen. Doch        Lebensumstände berichten. Zu        Anlauf?                                     MC: Neben der Förderung des           es ist einfach so: Armut ist real
kündigen. Er wollte nicht verant-       worin sehen Sie Ihren persönlichen     erleben, wie meine Biografie die    MC: Ja, ich möchte es gerne noch            sozialen Wohnungsbaus ist ein         und letztendlich kann sie jede und
worten, dass bei einem zweiten          Nutzen?                                Zuhörenden erreichte, liess mei-    einmal versuchen. Um negative               wichtiges Ziel die Anpassung der      jeden treffen.
Mal Schlimmeres passieren wür-          MC: Die Biografiearbeit, die wir im    nen Selbstwert wieder gesunden      Überraschungen zu vermeiden,                Sozialversicherungsleistungen.
de. Doch die erneute Stellensuche       Rahmen von Surprise machten,           und ich begann Freude an meiner     habe ich im Voraus geklärt, ob              Menschen, die im Verlauf ihres
erwies sich für den damals 55-Jäh-      diente nicht bloss dazu, uns im        Arbeit zu bekommen. Die Jahre       mein Rucksack als Mensch am                 Lebens nur wenig in die 1. und 2.
rigen als hoffnungslos.                                                                                                                                        Säule einzahlen konnten, haben
                                                                                                                                                               im dritten Lebensabschnitt keine
Herr Christen, was hat es mit Ihnen                                                                                                                            Möglichkeit mehr, ihre finanzielle
gemacht, den Gang durch Ämter                                                                                                                                  Situation zu verbessern. Obwohl
und Bürokratie bis zur Aussteue-                                                                                                                               sich im Kanton Basel-Stadt in den
rung durchlaufen zu müssen?                                                                                                                                    vergangenen Jahren einiges be-
Markus Christen: Die Jahre der Versu-                                                                                                                          wegt hat, scheint es mir wichtig,             Mehr wissen:
che, mit einer Stelle wieder im Le-                                                                                                                            die Lebenssituation der sogenannt             Seit 1998 unterstützt Sur-
ben Fuss zu fassen, haben Spuren                                                                                                                               Armutserfahrenen auch auf politi-             prise sozial benachteiligte
hinterlassen. Damals galt mein                                                                                                                                 scher Ebene verstärkt ins Blickfeld           Menschen in der Schweiz.
                                                                                                                                                                                                             Mit Erwerbsmöglichkeiten,
Alter als schwierig, heute weiss                                                                                                                               zu rücken.                                    Angeboten zur Teilhabe am
man, dass Stellensuchende bereits                                                                                                                                                                            gesellschaftlichen Leben und
ab 45 grössere Schwierigkeiten                                                                                                                                 Sehen Sie einen Zusammenhang                  niederschwelliger Beglei-
haben als jüngere Personen. Die                                                                                                                                zwischen Armut und Alter?                     tung eröffnet Surprise ihnen
                                                                                                                                                                                                             Perspektiven und konkrete
vielen Absagen nagen am Selbst-                                                                                                                                MC: Ja, selbstverständlich. Wie ich
                                                                                                                                                                                                             Handlungsfelder. Darüber
vertrauen, und hätte mir jemand                                                                                                                                bereits erwähnt habe, reichen die             hinaus sensibilisiert Surprise
prophezeit, dass ich irgendwann              Markus Christen,                                                                                                  Ergänzungsleistungen für Per-                 die Öffentlichkeit für soziale
den Mut aufbringen würde, vor             der Armut und Aus-                                                                                                   sonen, die über keine oder keine              Gerechtigkeit, wirbt für ge-
                                        grenzung aus eigener                                                                                                                                                 sellschaftliche Vielfältigkeit
Gruppen oder Schulklassen zu                 Erfahrung kennt,
                                                                                                                                                               nennenswerte 2. oder 3. Säule ver-
                                                                                                                                                                                                             und stellt fachliche Expertise
sprechen, wie ich das heute tue,           erzählt aus seinem                                                                                                  fügen, oft schlicht nicht aus. Dann           zur Verfügung.
hätte ich ihm nicht geglaubt.                           Leben.                                                                                                 ist die Armut nah.                            www.surprise.ch
                                                                                                                                             Fotos: Surprise

16 GERONTOLOGIE CH 1/2020                                                                                                                                                                                      GERONTOLOGIE CH 1/2020    17
GERONTOLOGIE CH PRAXIS + FORSCHUNG
PROJEKT

Wohnen in der                                                                                                         «Colocations» – Gemeinschafts-
                                                                                                                      wohnungen für Personen mit
                                                                                                                      Alzheimer: Prinzipien und
                                                                                                                                                          mus und das Teilen mit anderen
                                                                                                                                                          Mitbewohnenden und Gefährten
                                                                                                                                                          stark reduziert.

Demenz-WG
                                                                                                                                                                                                         Mehr wissen:
                                                                                                                      Betriebsorganisation
                                                                                                                                                                                                         Avramito, M., Hugentobler, V.
                                                                                                                                                          Angehörige: Die Integration von
                                                                                                                                                                                                         (2019). Les colocations:
                                                                                                                                                          Angehörigen und Familien in die                un modèle alternatif de
Zwei Pilotprojekte in der Westschweiz.                                                                                                                    Wohngemeinschaft ist weniger                   logements pour les person-
                                                                                                                                                          einfach als angenommen. Obwohl                 nes atteintes de la maladie
Text: Valérie Hugentobler                                                                                                                                                                                d’Alzheimer, in: Höpflinger,
                                                                                                                                                          eine Demenz-WG sozialverträg-
                                                                                                                                                                                                         F., Hugentobler, V., Spini, D.
                                                                                                                                                          licher ist als eine institutionelle            (dir.). Habitat et vieillissement.
                                                                                                                                                          Unterbringung, zeigten die Ange-               Réalités et enjeux de la diver-
Projekt: In der Westschweiz wur-      Vermeidung eines kollektiven            ten, die das Zusammenleben von                                              hörigen im Pilotprojekt nur wenig              sité. Age Report IV. Éditions
den in den Jahren 2014 und 2016       Rhythmus, der als ungeeignet für        älteren, dementen Menschen mit                                              Präsenz und Engagement. Ihre                   Seismo.
zwei Wohngemeinschaftsprojekte        Menschen mit Alzheimer-Krank-           anderen Bewohnenden geriat-                                                 Besuche und Interventionen in                  Hugentobler, V., Brzak, N.,
für Alzheimerkranke gestartet.        heit gilt – und andererseits soll der   rischer Einrichtungen mit sich                                              der Wohngemeinschaft erfolgen                  (2018), Colocation Alzheimer:
                                                                                                                                                                                                         évaluation de deux modèles
Initiiert von der Schweizerischen     zentrale Platz der Angehörigen in       bringt. Seither sind verschiedene                                           in der Regel auf Ad-hoc-Basis, und
                                                                                                                                                                                                         (Topaze et Rubis), Lausanne,
Alzheimer-Vereinigung und um-         der Betreuung erhalten bleiben,         Projekte entstanden, die sich                                               ihre Beteiligung an der Gestaltung             EESP.
gesetzt von der Stiftung Saphir mit   den andere Wohneinrichtungen            gegenseitig beeinflussen: Cantou             Individuelle Privatzimmer      des täglichen Lebens sowie ihre
                                                                                                                                                                                                         Leenhardt, H., (2010), La vie en
Unterstützung des Departements        nur in begrenztem Umfang zu-            in Frankreich, Demenz-Wohn-                                                 Mitwirkung an Entscheidungsfin-                appartement communautaire
                                                                                                                           Zentraler Wohnbereich –
für Gesundheit und Soziales des       lassen.                                 gemeinschaften in Deutschland,                                              dungen scheint begrenzt zu sein.               (group living) pour les per-
                                                                                                                           Ort der Gemeinschaft
Kantons Waadt, soll dieses alter-                                             Group-Living in Schweden, Mai-                                                                                             sonnes âgées qui ont besoin
native Wohnmodell den Betrof-         Trend: Während dieses Konzept           son Carpe Diem in Kanada, etc.                                              Fazit: Trotz dieser Einschränkun-              d’aide et de soin: Document
                                                                                                                           Offene gemeinschaftliche
                                                                                                                                                                                                         de travail pour la préparation
fenen ermöglichen, weiterhin in       einer Demenz-WG in der Schweiz          (Leenhardt, 2010).                           Grossküche                     gen sind Wohngemeinschaften                    d’un cahier des charges, Asso-
einem gewöhnlichen, nicht-medi-       neu ist, basiert es auf europäi-                                                                                    ein innovatives Betreuungsmodell               ciation Monsieur Vincent.
                                                                                                                           Interaktion mit dem äusseren
zinischen Umfeld zu leben.            schen Modellen des Zusammen-            Einfallsreichtum: In diesem Mo-              Wohnumfeld: Zugänge der Be-    und eröffnen unbestreitbar inte-
                                      wohnens älterer Menschen mit            dell des Kleingruppenlebens mit              wohnenden zur Nachbarschaft    ressante Perspektiven angesichts
Wohnungen: Die Wohngemein-            kognitiver Beeinträchtigung. Die        24/7-Betreuung werden die Mit-                                              der wachsenden Zahl von Men-
schaften bestehen aus zwei Woh-       ersten Modelle dieser Wohnform          bewohnenden ermutigt, ihre Fä-               Alltagsbegleiterin             schen mit kognitiven Störungen
nungen mit jeweils 6 Mietern, die     entstanden Ende der 1970er-Jahre        higkeiten und Ressourcen so lange            Besuche, Partizipation von
                                                                                                                                                          in der Schweiz. Sie schaffen eine
jeweils ein von den Mietern ein-      als Antwort auf die Schwierigkei-       wie möglich zu nutzen. Einige von            Angehörigen                    Zufriedenheit im Zusammenleben
gerichtetes Einzelzimmer sowie                                                                                                                            und ermöglichen es, den Eintritt
Gemeinschaftsräume haben: Bad,                                                                                                                            in eine medizinisch-soziale Ein-
Küche, grosses Wohnzimmer, Bal-                                                                                                                           richtung zu vermeiden oder zu
kon oder Garten. Das Konzept soll                                                                                                                         verzögern. Die beiden Evaluatio-
eine soziale Unterstützung im All-                                                                                    ihnen gewinnen sogar eine Un-       nen, die mit den Mitbewohnenden
tag bieten, um ein Lebensumfeld                                                                                       abhängigkeit zurück, die ihnen zu   des Kantons Waadt durchgeführt
wie zu Hause zu fördern, jedoch                                                                                       Hause fehlte (z. B. selbständiges   wurden, ergaben eine relativ lange
sicher und betreut von Lebens-                                                                                        Waschen). Da sie in der Nähe ih-    Aufenthaltsdauer (mehrere Jahre)
gefährten. Die Betreuung erfolgt                                                                                      res früheren Wohnortes wohnen,      für Personen, die sonst in eine
durch eine ausserhalb der Wohn-                                                                                       können sie ihre Beziehungen und     Langzeiteinrichtung hätten ein-       Valérie Hugentobler
gemeinschaft angesiedelte Haus-                                                                                       Aktivitäten (Teilnahme an einem     treten müssen (Hugentobler und        Soziologin, assoziierte
hilfe- und Pflegeorganisation.                                                                                        Chor, wöchentliche Ausflüge mit     Brzak, 2018).                         Professorin Hochschule für
                                                                                                 Unternehmungs-       Freunden usw.) aufrechterhal-                                             Soziale Arbeit und Gesundheit
                                                                                                 lustig: Bewohnende                                                                             Lausanne (HES-SO), mitver-
Ziel: Einerseits soll weiterhin                                                                                       ten. Das Risiko der sozialen und
                                                                                                 und Betreuende der                                                                             antwortlich für das Netzwerk
in einer Gemeinschaft und wie                                                                    Demenz-WG auf        relationalen Isolation wird durch                                         Alter, Altern und Lebensende
zu Hause gelebt werden – unter                                                                   einem Stadtbummel.   einen kollektiven Lebensrhyth-                                            (AVIF)
                                                                                     Foto: zvg

18 GERONTOLOGIE CH 1/2020                                                                                                                                                                                  GERONTOLOGIE CH 1/2020       19
STUDIE

Einschätzung                                                                                                                                                        sein soll». Dagegen ist vielen eine ruhige
zukünftiger
privater Wohn-
                                                                                                                                                                    Wohnung ein Anliegen, das sich mit dem
möglichkeiten                                                                                                                                                       Älterwerden noch verstärkt. Das Bedürf-
durch Personen                                                                                                                                                      nis nach Ruhe in den privaten Räumen
im Alter 65+,                                                                                                                                                       bedeutet jedoch nicht, dass sich die äl-
2018
                                                                                                                                                                    teren Menschen gesellschaftlich zurück-
                                                                                                                                                                    ziehen möchten. Die meisten – und zwar
                                                                                                                                                                                                                        28 %
                                                                                                                              25 %                                  relativ unabhängig von Alter, Geschlecht     der Befragten
                                                                                                                         In einer kleineren                         oder sozioökonomischer Lage – wünschen        geben an, in
                                                                                                                             Wohnung                                sich eine Wohnlage mit guter Nachbar-         ihrer Umge-
                                                                54 %                                                                                 6%             schaft. Doch wie soll diese Nachbarschaft    bung fehle es
                                                            In einem Haus                        31 %                                          Als Untermieter/in   aussehen? Die Befragten geben einem
                                                          mit verschiedenen                 In einer Wohnung,                                 bei jemandem in der
                                                                                                                                                                                                                 an Ärzten und
                                                            Generationen
                                                                                                                                                                    generationengemischten Wohnumfeld im
                                                                                        in der man eine Ansprech-                                   Wohnung         Vergleich zu einer generationengetrenn-       Apotheken.
                                                                                             person hat, wenn
                                                                                            man Hilfe braucht                                                       ten Wohnsituation klar den Vorzug; eine
                                                                                                                                                                    Präferenz, die besonders im Tessin aus-

                                                                                                                      D
                                                                                             (Alterswohnung)

                             67 %
                                                                                                                             ie Wohnmöglichkeiten fürs Alter        geprägt ist. Das Wohnhaus, wo nur ältere            18 %
                                                                                                                             sind in den letzten Jahren facetten-   Menschen wohnen, wird am häufigsten
                        In einem Haus, in                                                                                                                                                                        der Befragten
                        dem die Nachbarn
                                                                                                                             reicher geworden und neue Wohn-        von Befragten mit funktionalen Ein-
                                                                                                                      formen sind entstanden. Mit dem Eintritt      schränkungen bevorzugt. Entsprechend            geben an,
                         eine gute Nach-                                10 %
                        barschaft pflegen                           In einer grösseren
                                                                        Wohnung
                                                                                                  WG                  der Babyboomer in die nachberufliche          führen funktionale Einschränkungen           ihre Wohnum-
                                                                                                                                                                                                                 gebung werde
                                                                                                                      Phase wurde und wird zunehmendes In-          auch zu einem stark erhöhten Interesse
                                                 12 %                                                                 teresse an gemeinschaftlichem Wohnen          an Alterswohnungen mit einer Ansprech-         durch Lärm
                                            In einem Haus, in                                      10 %               erwartet, da diese Generation mit solchen     person für Hilfeleistungen.                   beeinträch-
                                             dem nur ältere                                In einer Wohnung, in der   Wohnformen vertrauter ist als ältere Jahr-
                                            Menschen leben                                 noch andere Leute leben                                                                                                    tigt.
         19 %                                                                                                         gänge. Tatsächlich ist die Akzeptanz in       Gemütlich und zentral gelegen
   In einer ruhigeren                                                                        (Wohngemeinschaft)
                                                                                                                      der jüngeren Rentnergeneration grösser,       Neben einer ruhigen Lage gibt es noch
        Wohnung
                                                                                                                      dennoch kann sich nur eine klare Minder-
                                                                                                                      heit unter den 65-jährigen und älteren
                                                                                                                                                                    weitere Merkmale, die sich ältere Men-
                                                                                                                                                                    schen für ihre Privatwohnung wün-                     5%
                                                                                                                      Personen vorstellen, in einer Hausge-         schen. Das wichtigste davon ist ein stark    der Befragten

Neue Rentner,
                                                                                                                      meinschaft (selbstverwaltetes Wohnen,         emotionaler bzw. subjektiver Wert: Die       geben an, es
                                                                                                                      aber mit je eigenen privaten Wohnberei-       Wohnung muss gemütlich sein. Zudem
                                                                                                                                                                                                                  gebe oft Är-
                                                                                                                      chen) oder sogar in einer (Alters-)Wohn-      wird auch eine zentrale Lage und die
                                                                                                                                                                                                                 ger mit ande-
neue Wohnbedürfnisse?                                                                                                 gemeinschaft zu wohnen. Das zeigt die
                                                                                                                      Befragung von über 2500 Personen aus
                                                                                                                      dieser Altersgruppe, die im Rahmen des
                                                                                                                                                                    Nähe zu Einkaufsmöglichkeiten oft als
                                                                                                                                                                    sehr wichtig eingestuft, auch wenn diese
                                                                                                                                                                    Merkmale nicht immer Priorität genies-
                                                                                                                                                                                                                  ren Hausbe-
                                                                                                                                                                                                                 wohnern und
                                                                                                                      Age Reports IV durchgeführt und durch         sen. Dass Frauen nahegelegene Einkaufs-        Nachbarn.
Wie wollen ältere Menschen wohnen? Wie stellen                                                                        den renommierten Gerontologen Fran-           möglichkeiten höher gewichten würden
sie sich ihre zukünftige Wohnung und Wohnumge-                                                                        çois Höpflinger ausgewertet wurde.            als Männer, bestätigt sich nur (noch) im     Quelle: «Age Report IV» (2019),
                                                                                                                                                                                                                 S. 85. Daten aus dem Jahr 2018.
bung vor? Und unterscheiden sich die Wohnwünsche                                                                                                                    Tessin. Dass die Wohnung günstig ist,
                                                                                                                      Privat, aber nicht isoliert                   spielt für Personen, die wenig formale
älterer und jüngerer Generationen im Rentenalter?
                                                                                                                      Das eigene Daheim ist ein Ort des Rück-       Bildung genossen haben oder die sich in
Aufschluss geben die Ergebnisse der ersten                                                                            zugs, und nur wenige ältere Menschen          einer schwierigen finanziellen Lage befin-
gesamtschweizerischen Age-Wohnerhebung.                                                                               hegen den Wunsch, «zusammen mit               den, eine entscheidende Rolle. Bei diesen
                                                                                                                      anderen Menschen zu wohnen» oder              Personen gewinnt auch Nähe zu Angehö-
Text: Andreas Sidler                                                                                                  dass «um die Wohnung herum etwas los          rigen an Relevanz.

20 GERONTOLOGIE CH 1/2020                                                                                                                                                                                   GERONTOLOGIE CH 1/2020           21
NOTIZEN

                                                Alterswohnungen als zukünftige Wohnmöglichkeit: Akzeptanz                                                                                              Schlagfertige Reaktion
                                                bei Personen im Alter 65+ nach funktionaler Gesundheit, 2018
                                                                                                                                                                                                       oder Dialogverweigerung?
                                                    Ohne gesundheitlich                                                                                                                                Mit dem Totschlagargument
                                                                             26%
                                                               bedingte                                                                                                                               «OK Boomer» werden stereo-
                                                       Einschränkungen
                                                                                                                                                                                                   type Ansichten der Babyboomer-
Wohnungsgrösse und Hindernisfreiheit                Bei leichten gesund-
                                                                                                                                                                                               Generation zurückgewiesen und
                                                      heitlich bedingten
                                                                               37%
Der Wohnflächenverbrauch im Alter ist
in der Schweiz hoch und er steigt mit
                                                        Einschränkungen                                                                                                                        belächelt. Die Millennials setzen
dem Alter. Das ist aber nur bedingt auf           Bei ziemlich schweren                                                                                                                        sich damit gegen häufige pauscha-
ein ausgeprägtes Platzbedürfnis zurück-                                      42%
                                                            bis schweren                                                                                                                       lisierende und abwertende Kritik
zuführen. Obwohl rund ein Viertel der                   Einschränkungen
Befragten eine geräumige Wohnung mit
                                                                                                                                                  Buchtipp                                     an jüngeren Generationen zur Wehr
                                                                               CH-D                    CH-F                    CH-I
Platz für Gäste wichtig finden, ist dieses                                                                                                        Gute Betreuung im Alter                      und signalisieren klar, dass jedes
Kriterium nur für wenige entscheidend.                                                                                                            Die Betreuung und Pflege im Alter ist        weitere Wort zum Thema eins zu
                                                Wohn- und Hausgemeinschaften als zukünftige
Es tritt vor allem bei Mieterinnen und                                                                                                            neben der Finanzierung der Altersvor-
Mietern gegenüber anderen Merkmalen
                                                Wohnmöglichkeit: Akzeptanz bei Personen im Alter
                                                                                                                                                  sorge das zentrale Thema der Alterspo-
                                                                                                                                                                                               viel wäre. «OK Boomer» wurde 2019
                                                65+ nach Altersgruppe, 2018                                                                                                                    zu einem der drei Deutschschweizer
klar in den Hintergrund. Häufiger als eine                                                                                                        litik in der Schweiz. Das Buch diskutiert
Vergrösserung wird eine Verkleinerung                                                                                                             die rechtliche Ebene der Betreuung und       Wörter des Jahres gewählt.
                                                    Wohngemeinschaft
der Wohnung in Betracht gezogen. Von               Eine Wohnung, in der    13%                           7%                   8%                  Pflege, die bis anhin weder gesetzlich
den Befragten, die ihre Wohnung als zu          noch andere Leute leben                                                                           geregelt noch inhaltlich definiert ist.
gross einstufen (19 %), ist es jedoch nur                                                                                                         In der Praxis fehlen dementsprechend

                                                                                                                                                                                                          n!
                                                    Hausgemeinschaft
knapp die Hälfte, die sich vorstellen kann,                                                                                                       sozialrechtliche Regulierungen, die

                                                                                                                                                                                                         de
                                                   Ein Haus, in dem die
in eine kleinere Wohnung umzuziehen.                                         28%                          19%                  16%                Sicherung von Qualitätsstandards, der
                                                 Bewohner für das Haus

                                                                                                                                                                                                      el
Eine zu grosse Wohnung wird meist erst                                                                                                            arbeitsrechtliche Schutz des Betreu-

                                                                                                                                                                                                     m
                                                    verantwortlich sind

                                                                                                                                                                                                    an
dann negativ bewertet, wenn funktionale                                    65–74 Jahre                     75–84                85+               ungspersonals und die Integration der
Einschränkungen auftreten. Auch die                                                                                                               Betreuung in das System der sozialen

                                                                                                                                                                                                 t
                                                                                                                                                                                                tz
                                                                               Quelle: «Age Report IV» (2019), S. 131. Daten aus dem Jahr 2018.
Frage, ob eine Wohnung rollstuhlgängig                                                                                                            Sicherheit. Im Hinblick auf diese Um-

                                                                                                                                                                                               Je
ist oder nicht, scheint erst zu diesem Zeit-                                                                                                      stände und den gesellschaftlichen Wan-
punkt relevant zu werden.                                                                                                                         del wird aufgezeigt, dass das Thema der
                                                                                                                                                  Betreuung verstärkt in den Mittelpunkt
Fazit                                                                                                                                             der alterspolitischen Debatten rücken         2. Nationale Fachtagung GERONTOLOGIE CH
Die Befragungsdaten zeugen von mehr-
heitlich traditionellen Wohnwünschen
                                                                                                                                                  muss.
                                                                                                                                                                                                Autonomie
der älteren Menschen in der Schweiz.
Daran hat der Eintritt der Babyboomer in
                                               Andreas Sidler
                                               Politikwissenschafter, Leiter
                                                                                                                                                                       Carlo Knöpfel /
                                                                                                                                                                       Riccardo Pardini /       dank Innovation!?
die nachberufliche Phase wenig geändert:
                                               Bereich Forschung & Wissens-
                                               vermittlung der Age-Stiftung
                                                                                                                                                                       Claudia Heinzmann
                                                                                                                                                                       (2018): Gute Be-
                                                                                                                                                                                                Best Practice-Modelle
Eine private Wohnung sollte gemütlich          und Projektverantwortlicher                                                                                             treuung im Alter in
                                                                                                                                                                       der Schweiz. Eine
                                                                                                                                                                                                im Dienste der Senioren
sein und in einem ruhigen Wohnumfeld           für den «Age Report IV», der
                                                                                                                                                                       Bestandsaufnahme.        Donnerstag, 10. September 2020
liegen, das gut an Dienstleistungen und        durch die Age-Stiftung und
                                               die Fondation Leenaards her-                                                                                            Seismoverlag, Zürich.    Universität Freiburg, Pérolles
Infrastruktur angebunden ist und wo gute
                                               ausgegeben wird.
nachbarschaftliche Beziehungen gepflegt
                                               Auf www.age-report.ch kön-                                                                                                                       Anmelden unter
werden können. Je nach sozioökonomi-
                                               nen Sie den «Age Report IV»
scher Lage und Familienorientierung ge-                                                                                                                                                         info@gerontologie.ch
                                               und zusätzliche Materialien
winnen Wohnungskosten an Bedeutung.            und Grafiken dazu beziehen.

22 GERONTOLOGIE CH 1/2020                                                                                                                                                                                              GERONTOLOGIE CH 1/2020   23
RUBRIK

                             Welche Werte in welchem Alter wichtig sind
                            Valeurs jugées importantes selon la classe d’âge

24 GERONTOLOGIE CH 1/2020
                                                                                   Die Erhebung aua dem aktuellen Age Report        Une enquête du dernier Age Report le montre:
                                                                                   zeigt: Vergnügen («Fun/Spass») und Spannung      le plaisir («divertissement/ amusement») et
                                                                                   («Abenteuer/aufregendes Leben») sind Werte,      l’excitation («aventure/vie palpitante») attirent
                                                                                   die primär von den Jungen vertreten werden,      surtout les jeunes, même si les jeunes retraités
                                                                                   wobei das Vergnügen bei jungen Rentnerinnen      redeviennent hédonistes. A contrario, plus les
                                                                                   und Rentnern nochmals an Bedeutung gewinnt.      années passent et plus on devient sensible aux
                                                                                   Traditionelle Werthaltungen, wie Sitten befol-   valeurs traditionnelles, comme le respect des
                                                                                   gen oder Regeln einhalten, finden bei älteren     coutumes et la discipline sociale. Quant à la
           Anteile nach Altergruppen, 2016                                         Befragten mehr Beachtung. Auch im höheren        créativité, elle reste importante jusqu’à un âge
           Parts selon le groupe d’âge, 2016                                       Lebensalter bleibt die Kreativität wichtig.      avancé.

                75 +
                                59%                   30%                33%                   6%                    68%                     64%                      40%

                65 – 74         67%                   46%                42%                  11%                    64%                     55%                      32%

                55 – 64         67%                   48%                36%                  17%                    69%                     50%                      30%

                45–54           71%                   43%                35%                  15%                    66%                     54%                      29%

                35 – 44         71%                   50%                39%                   20%                   60%                     44%                      32%

                25 – 34         67%                   52%                52%                  38%                    54%                     44%                      27%

                15 – 24
                                63%                   58%                69%                  47%                    58%                     32%                      23%

                  Alter       Kreativität         Abwechslung          Vergnügen            Spannung            Bescheidenheit         Tradition/Sitten         Regeln befolgen
                  Âgé         Créativité       Expériences nouvelles     Plaisir            Excitation            Discrétion        Traditions/us, coutumes     Discipline sociale

                                                  Postmoderne Werthaltung                                                   Traditionelle Werthaltung
                                                    Valeurs postmodernes                                                      Valeurs traditionnelles
GERONTOLOGIE CH 1/2020

                                                                                                                                                         Autres enquêtes actuelles
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                                                                                                                                                                                        RUBRIK

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