Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK

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Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
Ereignismanagement für
      ­Straßentunnel
      Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste

                      Praxis im
                 Bevölkerungsschutz

                      Band 9

BBK. Gemeinsam handeln. Sicher leben.
Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
Praxis im
Bevölkerungsschutz

     Band 9

          Bildnachweis
          Titelseite © ssguy/Shutterstock
Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
Ereignismanagement für
­Straßentunnel
Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste

Band 9 · Praxis im Bevölkerungsschutz

               Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
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Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
Einblicke in die Umsetzung der KRITIS-Strategie • INHALT• 5

Inhalt

1.   Einleitung                                                                                               14

2.   Allgemeines                                                                                              16
     2.1 Beteiligte und Zuständigkeiten                                                                       17
     2.2 Phasen des Ereignismanagements                                                                       20

3.   Vorbereitende Maßnahmen                                                                                  22
     3.1 Alarm- und Gefahrenabwehrplanung                                                                     23
          3.1.1	Aufbau der Alarm- und Gefahren­abwehrpläne (AGAP)                                            23
          3.1.2	Vorbereitung auf Großschadensereignisse                                                      26
          3.1.3	Erarbeitung von Tunnelbelüftungs­konzepten bei Freisetzung von giftigen Gasen                28
          3.1.4	Massenanfall von Verletzten oder ­Erkrankten (MANV)                                          29
     3.2	Berücksichtigung ausgewählter ­Szenarien                                                            30
          3.2.1 Ausfall der Stromversorgung                                                                   30
          3.2.2	Ausfall der Informations- und ­Kommunikationstechnik                                         31
          3.2.3 Influenza-Pandemie                                                                            32
     3.3 Übungen                                                                                              34
     3.4	Schulung und Training der ­Operatoren                                                               39
     3.5	Aus- und Fortbildung der Feuer­wehren für Einsätze in Tunneln                                       44
     3.6	Sicherheitseinrichtungen für den Verkehr im Tunnel                                                  49
     3.7	Verhaltensanweisungen für ­Tunnelnutzer                                                             56

4.   Ereignisbewältigung                                                                                      62
     4.1 Ereigniserkennung und -meldung                                                                       63
          4.1.1 Ereignisdetektion                                                                             63
          4.1.2 Ereignismeldung durch Verkehrsteilnehmer                                                      64
     4.2	Unterstützungsmöglichkeiten für Operatoren                                                          66
     4.3 Hilfsfristen                                                                                         68
     4.4	Empfehlungen zur ­Einsatzoptimierung                                                                68
     4.5	Kommunikation zwischen den ­Einsatzdiensten im Ereignisfall                                         70
     4.6 Krisenkommunikation                                                                                  72
     4.7	Soziale Medien in der ­Krisen­kommunikation und ­Katastrophenhilfe                                  74
          4.7.1	Warum sollten die Behörden und ­Organisationen mit
                  Sicherheitsaufgaben die sozialen Medien nutzen? – Vorteile und Chancen                      75
          4.7.2	Nachteile und Herausforderungen der sozialen Medien                                          76
          4.7.3 Allgemeine Empfehlungen                                                                       77
Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
5.   Ereignisnachbereitung                                               80
     5.1 Einsatzauswertung                                               81
     5.2 Austausch von Einsatzerfahrungen                                82
     5.3 Psychosoziale Notfallversorgung                                 83
          5.3.1	Begrifflichkeiten und Qualitätsmerkmale psychosozialer
                 Notfallversorgung – Der Konsensus-Prozess               83
          5.3.2 Aktuelle Situation und Empfehlungen                      84

6.   Literaturverzeichnis                                                86

7.   Abkürzungsverzeichnis                                               92
Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
Ereignismanagement für Straßentunnel • Vorwort • 7

Zur überarbeiteten Auflage
Die vorliegende Publikation wurde erstmalig im        eignisbewältigung von Bedeutung sind. In dieser
April 2013 veröffentlicht und dokumentierte die       inhaltlich erweiterten Fassung der Broschüre wer-
Ergebnisse des BBK im Projekt SKRIBT „Schutz          den die Themen der Kommunikation zwischen
kritischer Brücken und Tunnel im Zuge von Stra-       den Einsatzdiensten im Ereignisfall sowie die
ßen“, das im Rahmen des Programms der Bundes-         Krisenkommunikation aufgegriffen. Ein besonde-
regierung „Forschung für die zivile Sicherheit“       res Augenmerk gilt dabei den sozialen Medien, die
von 2009 – 2012 durchgeführt wurde. Ziel war          heutzutage eine nicht zu unterschätzende Rolle
es, bewährte Praktiken im Kontext eines umfas-        in der Krisenkommunikation und der Katastro-
senden Ereignismanagements für Straßentunnel          phenhilfe einnehmen. Ein weiteres Thema sind
aufzuzeigen und Empfehlungen für organisato-          Gefahrgutszenarien, für die es – werden giftige
rische sowie betriebliche Maßnahmen für die im        Gase freigesetzt – entsprechende Vorbereitungen
Ereignisfall involvierten Institutionen und Ein-      hinsichtlich der Lüftungssteuerung und Vorkeh-
satzdienste zu geben.                                 rungen der Evakuierung zu treffen sind. Inhalt-
                                                      lich überarbeitet und ergänzt wurden die Kapitel
Seit der Veröffentlichung der Broschüre im April      zur Aus- und Fortbildung der Feuerwehren, den
2013 wurden 2.000 Exemplare verteilt. Die Bro-        Verhaltensanweisungen für Tunnelnutzer und der
schüre steht auch digital auf der Internetseite des   Psychosozialen Notfallversorgung.
BBK zur Verfügung..
                                                      An dieser Stelle danken wir den Experten für ihr
Im Zuge der Weiterbearbeitung dieser Thematik         großes Engagement und ihre wertvolle Unter-
mit dem Fokus auf Großschadensereignisse in           stützung bei der Ausarbeitung der Empfehlungen
Straßentunneln im Nachfolgeprojekt SKRIBTPlus,        sowie unseren Projektpartnern für die inhaltli-
wurden im Rahmen eines szenarienbezogenen             chen Beiträge zu dieser Publikation.
Expertenworkshops weitere Aspekte heraus-
gearbeitet, welche im Zusammenhang mit der            Bonn, im Mai 2015
Vorbereitung auf Schadensereignisse und die Er-
Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
8 • Vorwort • Ereignismanagement für Straßentunnel

Vorwort
von Christoph Unger,
Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

Liebe Leserinnen und Leser,

Leistungsfähige und sichere Verkehrsinfra-           von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) als
strukturen sind ein Garant für die Mobilität und     Konsortialführer geleitete Projekt „Schutz kriti-
die Versorgung der Bevölkerung. Wesentlicher         scher Brücken und Tunnel im Zuge von Straßen
Bestandteil der Straßeninfrastruktur sind Tunnel-    (SKRIBT)“ hat erstmals in Deutschland Brücken
bauwerke, die neuralgische Punkte im Straßen-        und Tunnel aus der aktuellen Perspektive der zivi-
netz darstellen.                                     len Sicherheitsforschung untersucht.

Der Ausfall nur eines Bauwerks infolge eines         An dieser Stelle danken wir dem Bundesministe-
Großunfalls, eines Naturereignisses oder eines ge-   rium für Bildung und Forschung für die Förde-
zielten Anschlags kann bereits zu gravierenden Be-   rung des Projekts.
einträchtigungen der Netzkapazität führen. Lange
Ausfallzeiten und hohe Wiederherstellungskosten      Als einer von zehn Partnern im Projekt SKRIBT
ziehen einen erheblichen volkswirtschaftlichen       hat sich das Bundesamt für Bevölkerungsschutz
Schaden nach sich. Zudem sind die Personen, die      und Katastrophenhilfe (BBK) mit organisatori-
während eines solchen Ereignisses das Bauwerk        schen Aspekten zur Bewältigung von Schadens-
passieren, großer Gefahr ausgesetzt. Doch auch       ereignissen in Straßentunneln befasst. Ziel war
indirekt betroffen sind die Nutzer und die Bevöl-    es, bestehende Strukturen der Gefahrenabwehr
kerung entlang der Ausweichstrecken durch die        darzustellen und insbesondere weiteren Hand-
nach Ereigniseintritt erforderlichen Verkehrsum-     lungsbedarf angesichts neuer Bedrohungslagen
leitungen während der Instandsetzungsarbeiten        im Ablauf des Ereignismanagements abzuleiten.
an den Bauwerken. Dem nachhaltigen Schutz
solcher kritischen Infrastrukturbauwerke kommt       Obwohl das Sicherheistsniveau in Straßentunneln
daher eine erhebliche Bedeutung zu.                  ganz wesentlich durch immer komplexere tech-
                                                     nische Systeme bestimmt wird, bleibt der Mensch
Das im Rahmen des Programms „Forschung für die       der wesentliche Faktor, der im Ereignisfall die
zivile Sicherheit“ durch das Bundesministerium       Lage bewerten und die richtigen Entscheidungen
für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte und      treffen muss. Die gezielte Vorbereitung auf mög-
Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
Ereignismanagement für Straßentunnel • Vorwort • 9

liche Ereignisse, etwa im Rahmen der Aus- und          Wenn die hier zusammengestellten Ergebnisse
Fortbildung oder durch Trainingseinheiten der          aus SKRIBT den im Ereignisfall beteiligten Ak-
im Ereignisfall involvierten Einsatzdienste, ist ein   teuren Anregungen für die tägliche Arbeit vor Ort
wesentlicher Erfolgsfaktor für die Bewältigung         und darüber hinaus Anstöße für den Umgang mit
auch komplexer Schadenslagen.                          neuen Bedrohungslagen sowie Extremereignissen
                                                       geben könnten, wäre ein Ziel der Publikation er-
Die Ergebnisse dieses Teilprojektes sowie weitere      reicht.
für die Bewältigung von Ereignissen einschlägige
Erkenntnisse aus dem Projekt wurden in der vor-        Bonn, im April 2013
liegenden Publikation aufbereitet und um Bei-
träge von Partnern des Projektes SKRIBT ergänzt,
für die wir uns bei den Projektpartnern herzlich
bedanken.

In zahlreichen Interviews und Diskussionen mit
Experten aus den Bereichen Feuerwehr/Rettungs-         Christoph Unger
dienst und Tunnelleitzentralen sowie mit Sicher-
heitsbeauftragten konnten die theoretischen            Präsident
Erkenntnisse vorgestellt und aus Sicht der Praxis
vertieft werden. Für diese wertvolle Unterstüt-         Bundesamt für Bevölkerungsschutz und
zung gilt den Interviewpartnern unser besonderer       ­Katastrophenhilfe
Dank.

Ebenfalls bedanken möchten wir uns für zahl-
reiche Kommentare und Hinweise, die die Länder
aus Sicht des Bevölkerungsschutzes beigesteuert
haben und die in die Publikation eingeflossen sind.
Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
10 • Vorwort • Ereignismanagement für Straßentunnel

Vorwort
von Direktor und Professor Dr.-Ing. Jürgen Krieger,
Bundesanstalt für Straßenwesen SKRIBT Verbundkoordinator

Liebe Leserinnen und Leser,

Bahnhöfe, Flughäfen, U-Bahnen und Straßen             Zudem werden während eines Ereignisses die
werden täglich von Millionen von Menschen             Bauwerksnutzer einer großen Gefahr ausgesetzt.
genutzt. Die dichten, hoch vernetzten Verkehrs-       So ist der nachhaltige Schutz von Infrastruktur-
systeme sind Lebensadern unserer Gesellschaft,        bauwerken und ihren Nutzern eine Kernauf-
können aber durch Unfälle, Anschläge oder Na-         gabe der Sicherheitsvorsorge im Hinblick auf
turkatastrophen empfindlich gestört werden. Um        die Sicherheit der Bürger, die Effizienz unserer
unsere Infrastruktur optimal zu schützen, hat das     Infrastruktur und damit den Wohlstand unserer
Bundesministerium für Bildung und Forschung           Gesellschaft.
im Rahmen des Programms „Forschung für die
zivile Sicherheit“ den Bereich „Schutz von Ver-       Vor diesem Hintergrund haben sich im Projekt
kehrsinfrastrukturen“ zum Schwerpunkt erklärt.        SKRIBT „Schutz kritischer Brücken und Tunnel
                                                      im Zuge von Straßen“ Experten aus Wissenschaft,
Im Straßenverkehr sind es Brücken und Tunnel,         Wirtschaft und Verwaltung unter Konsortialfüh-
die durch ihre elementare Verbindungsfunktion         rung der Bundesanstalt für Straßenwesen zusam-
die Voraussetzung für individuelle Mobilität          mengefunden, um sich dem Schutz von Nutzern,
sowie die Versorgung von Privathaushalten und         Bauwerk und Mobilität in besonderer Weise zu
Wirtschaft schaffen. Gleichzeitig sind sie aber       widmen. Von ihnen wurde ein ganzheitliches
auch besonders störanfällig und — im Falle eines      Verfahren erarbeitet, das es erstmals ermöglicht,
Ereignisses — potenziell mit erheblichem Rück-        Bauwerke hinsichtlich ihrer Gefährdung in bau-
kopplungspotential in das Verkehrsnetz verbun-        technischer, nutzerspezifischer und verkehrstech-
den. Die Beschädigung oder gar der Verlust eines      nischer Hinsicht strukturiert zu untersuchen und
Bauwerks können daher einen beträchtlichen            ihre Kritikalität zu bestimmen. Um die Verwund-
volkswirtschaftlichen Schaden nach sich ziehen.       barkeit kritischer Bauwerke zu verringern und die
Ereignismanagement für Straßentunnel • Vorwort • 11

Nutzersicherheit zu erhöhen, wurden zahlreiche       Abschließend möchten wir dem VDI als Projekt-
bautechnische, betriebstechnische und organisa-      träger für die angenehme und sehr fruchtbare
torische Schutzmaßnahmen sowie eine Methodik         Zusammenarbeit sowie dem Bundesministerium
zur Überprüfung ihrer Kostenwirksamkeit ent-         für Bildung und Forschung für die Förderung des
wickelt. Der Vielfältigkeit dieser Herausforderung   Projekts herzlich danken.
trägt die interdisziplinäre Zusammensetzung des
Konsortiums Rechnung.                                Bonn, im April 2013

Die vorliegenden „Empfehlungen zum Ereignis-
management für Straßentunnel“ sind Teil des
Projekts und richten sich an die Betriebs- und       Direktor und Professor Dr.-Ing. Jürgen Krieger
Einsatzdienste. Sie umfassen betriebstechnische      Bundesanstalt für Straßenwesen
sowie organisatorische Maßnahmen, die durch          SKRIBT Verbundkoordinator
Optimierung der Vorbereitung, der Bewältigung
und der Nachbereitung von Ereignissen einer
Verbesserung der Selbst- und Fremdrettungsmög-
lichkeiten und somit dem Nutzerschutz dienen.
Wir hoffen, dass die vorliegenden Erkenntnisse
die Betriebs- und Einsatzdienste bei der Be-
wältigung ihrer verantwortungsvollen Arbeit
unterstützen und zur Erhöhung der Sicherheit in
Tunneln beitragen.
12 • Projektvorstellung • Ereignismanagement für Straßentunnel

Verbundprojekte SKRIBT
und SKRIBTPlus

Schutz kritischer Brücken und Tunnel

https://www.sifo.de/sifo/de/projekte/schutz-kritischer-infrastrukturen/
schutz-von-verkehrsinfrastrukturen/skribt/
skribt-schutz-kritischer-bruec-nd-tunnel-im-zuge-von-strassen.html

Um die zivile Sicherheit von Verkehrsteilnehmern          öffentlichen Forschungseinrichtungen sowie der
auf Brücken und in Tunneln zu erhöhen, startete           Privatwirtschaft. Das Projekt SKRIBT wurde nach
das Bundesministerium für Bildung und For-                dreieinhalb Jahren Laufzeit im Juli 2011 abge-
schung (BMBF) im Programm „Forschung für die              schlossen.
zivile Sicherheit“ für den Themenschwerpunkt
„Schutz von Verkehrsinfrastrukturen“ im März              Im Nachfolgeprojekt SKRIBTPlus, das im Dezem-
2008 das Projekt „Schutz kritischer Brücken und           ber 2014 abgeschlossen wurde, wurden, aufbau-
Tunnel im Zuge von Straßen (SKRIBT)“.                     end auf den Erkenntnissen und Innovationen aus
                                                          SKRIBT, neue bauliche, betriebliche sowie orga-
Ausgehend von einer umfassenden Bedrohungs-               nisatorische Maßnahmen entwickelt und bereits
analyse wurden im Projekt relevante Szenarien             betrachtete Maßnahmen im Hinblick auf ihre
wie Brand, Explosion, Kontamination, Überflu-             Schutzwirkung optimiert. Darüber hinaus wurden
tung sowie Sturm hinsichtlich ihrer Wirkungen             Verfahren zur Identifizierung kritischer Bauwerke
auf Bauwerke und Nutzer berechnet. Untersucht             und zur Bewertung der Maßnahmenwirksam-
wurde auch der Faktor Mensch und sein Verhal-             keiten weiterentwickelt sowie praxisfreundliche
ten in Gefahrensituationen sowie das Vorgehen             Anwendungshilfen für Bauwerkseigentümer,
der Betriebs- und Einsatzdienste bei Schadens-            -betrei­ber, Nutzer sowie die Betriebs- und Ein-
ereignissen. Auf dieser Basis wurden Schutzmaß-           satzdienste erarbeitet. Die vorliegenden Emp-
nahmen und Sicherheitslösungen entwickelt,                fehlungen für die Betriebs- und Einsatzdienste
die vom Bauwerksschutz, neuen Detektions-                 wurden auf der Grundlage der neuen Erkenntnis-
technologien bis hin zu speziellen Schulungen             se aktualisiert und um die Aspekte der Kommuni-
der Verkehrsteilnehmer und Empfehlungen zur               kation, insbesondere der Krisenkommunikation,
Optimierung der Notfallkonzepte reichen. Die              der psychosozialen Notfallversorgung sowie der
entwickelten Maßnahmen sind das Ergebnis einer            Vorbereitung auf Gefahrgutszenarien im Zu-
engen Zusammenarbeit von zehn interdiszipli-              sammenhang mit Freisetzung von giftigen Gasen
nären Partnern, bestehend aus Bundesbehörden,             ergänzt.
Ereignismanagement für Straßentunnel • Projektvorstellung • 13

An der Erstellung der vorliegenden Broschüre         • PTV Planung Transport Verkehr AG
haben mitgewirkt:
                                                     • Siemens AG
• Bundesamt für Bevölkerungsschutz und
  ­Katastrophenhilfe (BBK)                           • Julius-Maximilians-Universität Würzburg,
                                                       Lehrstuhl für Psychologie I
• Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt)

• Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für
  ­Tunnelbau, Leitungsbau und Baubetrieb (TLB)

Partner in Verbundprojekten SKRIBT und SKRIBTPlus

                                                              Julius-Maximilians-Universität
                                                                           Würzburg

            Universität Stuttgart                                           Siemens

                                                                      Bundesanstalt für
               Fraunhofer EMI
                                                                        Strassenwesen

         Ruhr-Universität Bochum                                   Hochtief Solutions AG

               Schüssler-Plan                                             PTV Group
14 • Einleitung • Ereignismanagement für Straßentunnel

                                            1
                                          Kapitel

© Pradeep Thomas Thundiyil/Shutterstock          © ANGHI/Shutterstock   © dotshock/Shutterstock

           Einleitung
Ereignismanagement für Straßentunnel • Einleitung • 15

Bisher hat es hierzulande in Straßentunneln keine                           Die vorliegende Broschüre zum Ereignismanage-
gravierenden Ereignisse, also Brandkatastrophen                             ment will die in den RABT vorgesehenen Maß-
wie im Montblanc-Tunnel und Tauern-Tunnel im                                nahmen unterstützen und Empfehlungen für die
Jahr 1999 gegeben. Vor dem Hintergrund dieser                               verschiedenen Phasen des Risiko- und Krisen-
Ereignisse in Alpentunneln wurden mit dem Er-                               managements geben. Hierfür wurden Ergebnis-
lass der „Richtlinie 2004/54/EG des Europäischen                            se aus dem Projekt „Schutz kritischer Brücken
Parlaments und des Rates vom 29. April 2004                                 und Tunnel im Zuge von Straßen“ (SKRIBT) und
über Mindestanforderungen an die Sicherheit                                 dem Nachfolgeprojekt SKRIBTPlus aufbereitet,
von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz“                               die vom Bundesministerium für Bildung und
[32] (im Folgenden EG-Tunnelrichtlinie genannt)                             Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms
Sicherheitsstandards für Tunnel definiert. Mit den                          „Forschung für die zivile Sicherheit“ von 2008 bis
„Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb                            2011 bzw. von 2012 bis 2014 gefördert wurden.
von Straßentunneln“ (RABT, Ausgabe 2006) [33]                               Die Broschüre befasst sich mit organisatorischen
wurde diese Richtlinie in nationales Recht um-                              und betrieblichen Maßnahmen, die der Vorbe-
gesetzt.                                                                    reitung auf Schadensereignisse sowie der Unter-
                                                                            stützung der Selbst- und Fremdrettung dienen.
Die inzwischen in vielen Tunneln realisierte um-                            Im Rahmen der Projekte wurden Interviews mit
fangreiche sicherheitstechnische Ausstattung bzw.                           Vertretern der Feuerwehren/Rettungsdienste, der
die Branddetektionssysteme sowie die Tunnel-                                Tunnelleitzentralen, den Sicherheitsbeauftragten
überwachung tragen ganz wesentlich dazu bei,                                für Tunnel sowie zwei Workshops durchgeführt
dass (Fahrzeug-) Brände, die zwar selten sind, aber                         und konkreter Handlungsbedarf aus der Sicht der
dennoch vorkommen können, rechtzeitig regis-                                Praxis identifiziert. Die Broschüre enthält:
triert und umgehend die notwendigen Brandbe-
kämpfungsmaßnahmen eingeleitet werden.                                      • Empfehlungen

Schadensereignisse in Straßentunneln stellen eine                           • Informationen über Stand der Technik und
besondere Herausforderung für die Rettungs-                                   auch technische Neuentwicklungen im
kräfte sowie an das Tunnelbetriebspersonal dar.                               ­Bereich der Sicherheitstechnik
Die RABT beinhalten Vorgaben, welche vorberei-
tenden Maßnahmen für die Organisation eines                                 • Beispiele aus der Praxis sowie
Notfalls zu treffen sind. So sind die Tunnelbetrei-
ber verpflichtet, Alarm- und Gefahrenabwehr-                                • Hinweise auf weitere Informationsquellen
pläne aufzustellen und Notfallübungen zu den in
Alarm- und Gefahrenabwehrplänen festgelegten                                Die Empfehlungen richten sich an die im Ereig-
Handlungsabläufen für die unterschiedlichen                                 nisfall zuständigen Institutionen und Einsatz-
Notfälle durchzuführen. Ebenso muss sicher-                                 dienste, insbesondere an die Tunnelbetreiber, das
gestellt sein, dass das Tunnelbetriebspersonal                              Tunnelbetriebspersonal sowie die Einsatzkräfte
und die beteiligten Einsatzdienste1 entsprechend                            der Feuerwehr, der Polizei und der Rettungsdiens-
geschult sind.                                                              te. Ziel ist es, den beteiligten Akteuren — auch auf
                                                                            Basis bewährter Beispiele — in erster Linie Anre-
Ein wichtiger Aspekt der Regelungen in den RABT                             gungen für die Praxis zu bieten.
ist die Verbesserung der Möglichkeiten zur Selbst-
rettung der Nutzer im Ereignisfall durch mög-
lichst einheitliche Ausführung und Gestaltung der
Sicherheitseinrichtungen (Fluchtwege, Notaus-
gänge etc.).

1
    Gemäß der Definition der RABT 2006 sind Einsatzdienste „…alle örtlichen – öffentlichen wie privaten – Dienste oder Tunnelbedienstete, die bei
    einem Ereignis Hilfe leisten, einschließlich Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste.“
16 • Allgemeines • Ereignismanagement für Straßentunnel

                   2
              Kapitel

                                                                                   © asharkyu/Shutterstock

Allgemeines
Einleitend in das Thema werden an dieser Stelle die im Ereignisfall Beteiligten und deren Rollen
­beschrieben sowie der Aufbau der vorliegenden Broschüre entsprechend den Phasen des Ereignis­
 managements dargelegt.
Ereignismanagement für Straßentunnel • Allgemeines • 17

2.1             Beteiligte und Zuständigkeiten                   Sicherheitsanforderungen nicht erfüllt sind, den
                                                                 Tunnelbetrieb wieder aussetzen oder einschrän-
Im Vorfeld und auch dann, wenn es in einem Tun-                  ken. Sie ist für die Feststellung der Betriebssicher-
nel zum Ereignisfall kommt, wirken verschiedene                  heit nach einem größeren Ereignis, das u. U. zur
Institutionen und Einsatzdienste zusammen, de-                   Beeinträchtigung der Bauwerkssicherheit führt,
ren Aufgaben und Zuständigkeiten im Folgenden                    zuständig und verantwortet in Abstimmung mit
aufgeführt sind.                                                 der Polizei/Feuerwehr somit u. a. die Freigabe des
                                                                 Tunnels für den Verkehr nach einer notfallbe-
Verwaltungsbehörde                                               dingten Sperrung.

Zuständige Verwaltungsbehörden für Straßen-                      Die Verwaltungsbehörde bestimmt einen Tunnel-
tunnel an Bundesfernstraßen sind in der Regel die                manager, der u. a. für die Dokumentation von Stö-
Straßenbauverwaltungen der Länder, z. B. Lan-                    rungen und Unfällen mit erheblichem Ausmaß
desbetrieb Straßenbau in Nordrhein-Westfalen,                    zuständig ist (→ Abbildung 1). Der Sicherheits-
Autobahndirektionen in Bayern, Landesbehörde                     beauftragte wird vom Tunnelmanager ernannt.
für Straßenbau und Verkehr in Niedersachsen, Re-                 Er koordiniert u. a. sämtliche Präventiv- und
gierungspräsidien in Baden-Württemberg.                          Sicherungsmaßnahmen, so z. B. auch die Planung,
                                                                 Durchführung und Bewertung von Einsätzen im
Die für den Tunnelbetrieb zuständige Verwal-                     Ereignisfall. Des Weiteren stellt die Verwaltungs-
tungsbehörde ist dafür verantwortlich, dass die                  behörde sicher, dass Inspektionen, Bewertungen
Sicherheitsanforderungen an den Tunnelbetrieb                    und Prüfungen von Untersuchungsstellen durch-
eingehalten werden. Sie genehmigt die Inbe-                      geführt werden. Diese sind vom Tunnelmanager
triebnahme eines Tunnels und kann, wenn die                      funktional unabhängig.

                                                        Verwaltungsbehörde

                           bestimmt                                             beauftragt
   erkennt an

                              Tunnelmanager                                     Untersuchungsstelle

                             ernennt                    funktional unabhängig

                        Sicherheitsbeauftragter

Abbildung 1: Organisationsstruktur des Tunnelbetriebs
18 • Allgemeines • Ereignismanagement für Straßentunnel

Polizei                                                   Entsprechend diesen Vorgaben und je nach Be-
                                                          triebskonzept der TLZ nimmt das Tunnelüberwa-
Zu den Aufgaben der Polizei zählen die Absiche-           chungspersonal u. a. folgende Aufgaben wahr:
rung von Unfall- bzw. Gefahrenstellen, die Ab-
leitung des Verkehrs sowie die Freihaltung der            • Beobachtung der Verkehrssituation
Rettungswege und des Einsatzraumes für die
Rettungskräfte. Darüber hinaus ist die Polizei zu-        • Überwachung und Steuerung der betriebs-
ständig für die Verkehrsunfallaufnahme und die              und sicherheitstechnischen Einrichtungen im
Information des Verkehrswarndienstes.                       Normal- und Ereignisfall

Im Ereignisfall wirkt die Polizei in der Einsatz-         • Entgegennahme von Notrufen
leitung mit, bei polizeispezifischen Lagen über-
nimmt sie die Einsatzleitung.                             • Behebung von technischen Störungen

Feuerwehr und Rettungsdienst                              • Koordination und Betreuung der Wartungs-
                                                            und Instandsetzungsarbeiten
Feuerwehr
                                                          • Information und Warnung der Tunnelnutzer
Aufgabe der Feuerwehr ist die Rettung von Per-              über die Lautsprecheranlage und über Ver-
sonen bei Unfällen und Bränden, die Brandbe-                kehrsfunk (Einsprechen in die Radiosender)
kämpfung sowie die technische Hilfeleistung, wie
z. B. die Eindämmung von auslaufendem Öl oder             • Alarmierung der Feuerwehr, der Polizei, des
­Chemikalien. Bei Ereignissen der nicht polizei­            Rettungsdienstes und weiterer Beteiligter
 lichen Gefahrenabwehr übernimmt die Feuer-                 (z. B. Verkehrsleitzentrale) im Ereignisfall
 wehr die Einsatzleitung.
                                                          Im Ereignisfall ist die TLZ bis zum Eintreffen der
Rettungsdienst                                            Einsatzkräfte für die Erstmaßnahmen im Tunnel
                                                          zuständig. Unmittelbar nach der Alarm- bzw.
Zu den Aufgaben des Rettungsdienstes gehören              Notrufauslösung ist es ihre Aufgabe, die Selbstret-
die medizinische Erstversorgung von Verletzten            tungsphase zu unterstützen und Aktionen ein-
am Notfall-/Unfallort und der Abtransport der             zuleiten (sofern diese nicht bereits automatisch
Verletzten in ein für die weitere Versorgung ge-          ausgelöst werden), wie z. B. den Tunnel zu sperren,
eignetes Krankenhaus.                                     die Brandbeleuchtung einzuschalten, die Belüf-
                                                          tung zu steuern und die Nutzer durch Lautspre-
Tunnelleitzentralen (TLZ)                                 cherdurchsagen zu informieren.

Gemäß den Vorgaben der Richtlinien für die                Eine wesentliche Aufgabe der TLZ besteht auch
Ausstattung und den Betrieb für Straßentunnel             darin, den Einsatzkräften während der Anfahrt
(RABT, Abschnitt 1.2.1 Tunnelüberwachung) sind            die notwendigen Lageinformationen, beispiels-
die Überwachung von Tunneln, die Steuerung                weise über den betroffenen (Brand-) Abschnitt,
der Betriebstechnik, die Störungsbeseitigung und          die Art und das Ausmaß des Brandes, die Richtung
die Instandhaltung sowie die Information und              der Rauchausbreitung im Brandfall, die Richtung
Warnung der Tunnelnutzer an eine Betriebszen-             der flüchtenden Personenströme, die Verkehrs-
trale zu übertragen. Diese kann organisatorisch           situation vor Ort sowie über Sondersituationen
bei einer Tunnelwarte, einer Verkehrsleitzentra-          vor Ort (z. B. Baustelle oder nicht vorhandene
le oder einer Autobahn- bzw. Straßenmeisterei             Möglichkeit, die Fahrbahnseite zu wechseln), zu
angesiedelt sein. Bei Tunneln über 400 m Länge            übermitteln.
muss sichergestellt sein, dass die Notrufe und die
Videoüberwachung an eine ständig besetzte Stelle
(24/7) übertragen werden.
Ereignismanagement für Straßentunnel • Allgemeines • 19

In der zweiten Phase, nach dem Eintreffen der      Weitere Beteiligte
Einsätzkräfte, wirkt die TLZ unterstützend und
beratend. Sie hat eine Mitwirkungspflicht, han-    Je nach Schadenslage werden im Ereignisfall
delt aber auf Anweisung der Feuerwehr oder der     weitere Fachdienste und Fachbehörden hinzuge-
Polizei.                                           zogen, z. B.:

Verkehrsleitzentralen                              • Abschleppunternehmen

Verkehrsleitzentralen übernehmen den opera-        • Entsorgungsfachfirmen
tiven Betrieb der Verkehrsbeeinflussungsmaß-
nahmen und sind somit zuständig für verkehrs­      • Techniker des Tunnelbetreibers (interne
regelnde und –lenkende Maßnahmen zur                 ­Mitarbeiter oder externe Firmen)
Information und Warnung der Verkehrsteilneh-
mer und zur Sicherung eines flüssigen Verkehrs-    • Energieversorgungsunternehmen (Strom/Gas)
ablaufs.
                                                   • Wasser- und Abwasserversorgungsunternehmen
Autobahnmeistereien
                                                   • Umweltschutzbehörde, sofern die Gefahr
Auf Anforderung der Polizei führen die Auto-         einer Kontamination des Grundwassers durch
bahnmeistereien Absperrmaßnahmen nach län-           Gefahr­stoffe besteht
derspezifischen polizeilichen Regelungen zur Si-
cherung der Unfallstellen durch. Darüber hinaus
sind sie u. a. für die Instandhaltungsmaßnahmen
am Straßenkörper und an der Straßenausstattung
nach einem Schadensereignis zuständig.

Gemeinde / Kreis / kreisfreie Stadt

Die Gemeinden sind Aufgabenträger für den
Brandschutz und die Allgemeine Hilfe im eigenen
Wirkungskreis auf ihrem Gemeindeterritorium.
Die Landkreise sind Aufgabenträger für den
überörtlichen Brandschutz und die überörtliche
Allgemeine Hilfe im eigenen Wirkungskreis.

Je nach Ländergesetzgebung sind die Landkreise,
die kreisfreien Städte und/oder das Land Aufga-
benträger für den Katastrophenschutz.

Bei Großschadensereignissen/Katastrophen ob-
liegt es je nach Ländergesetzgebung den Kata­
stro­phen­schutz­behörden, den Katastrophenfall
festzustellen. Die Verantwortlichkeiten zur
Krisenbewältigung werden im Katastrophenfall
auf die Katastrophenschutzbehörden übertragen
(Krisenstab der Verwaltung als die administra-
tiv-organisatorische Komponente, Einsatzleitung
als die operativtaktische Komponente unter der
Führung des politisch Gesamtverantwortlichen).
20 • Allgemeines • Ereignismanagement für Straßentunnel

2.2        Phasen des Ereignismanagements                                Prävention (vor dem Ereignis)

In der vorliegenden Broschüre werden Maßnah-                             Sie umfasst alle Maßnahmen, die im Vorfeld eines
men beschrieben, die entsprechend der Entfal-                            Ereignisses ergriffen werden, um den Eintritt ei-
tung ihrer Wirksamkeit, also vor, während oder                           nes Schadensereignisses zu verhindern oder des-
nach dem Ereignis, den folgenden Phasen des                              sen Eintrittswahrscheinlichkeit zu minimieren.2
Ereignismanagements zugeordnet werden:                                   Hierzu können planerische, bauliche, betriebliche
                                                                         und organisatorische Schutzvorkehrungen gehö-
• Vorbereitung                                                           ren. Dies können beispielsweise Beschilderungen
                                                                         sein, die gemäß ADR3 den Transport bestimmter
• Ereignisbewältigung                                                    Gefahrgüter durch einen Tunnel einschränken
                                                                         bzw. gänzlich verbieten.
• Ereignisnachbereitung
                                                                         Auch Detektionstechnologien, die die Identifika-
Der inhaltliche Aufbau der Broschüre folgt dieser                        tion heißgelaufener Fahrzeugteile ermöglichen
Einteilung, wobei die meisten Maßnahmen und                              und dabei helfen, deren Einfahren in den Tunnel
Empfehlungen der Phase der Vorbereitung zu-                              zu verhindern, zählen zu den Präventionsmaß-
zuordnen sind. Die Gliederung orientiert sich am                         nahmen.
Regelkreislauf des Risiko- und Krisenmanage-
ments (→ Abbildung 2) mit den vier Phasen Prä-                           Maßnahmen der Prävention werden hier nicht
vention, Vorbereitung, Bewältigung und Nach-                             weiter betrachtet.
bereitung.

                                                                               Prä
                                                            ng                    ven
                                                        eitu                         tio
                                                       r
                                                  be

                                                                                        n
                                                ch
                                              Na

                                                                                               ung
                                                                                            re i t
                                             Bew

                                                                                           be
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                                                                                        Vo

                                                    un
                                                  ig

                                                         g
                                                                 Ereignis

Abbildung 2: Regelkreislauf Risiko- und Krisenmanagement; Quelle: BBK

2
    In den RABT 2006 wird der Begriff „Präventivmaßnahmen“ nur einmal im Zusammenhang mit den Aufgaben des Sicherheitsbeauftragten im
    Abschnitt 1.1.3 erwähnt. Diese Maßnahmen beinhalten u. a. Schulungen der Einsatzdienste und des Betriebspersonals, die Organisation von
    Übungen, die Planung von Einsätzen, also Maßnahmen, die gemäß der in diese Veröffentlichung vorgenommenen Definition den vorbereitenden
    Maßnahmen zuzuordnen sind.
3
    Abkürzung für Accord européen relatif au transport international des marchandises Dangereuses par Route (Europäisches Übereinkommen über
    die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße)
Ereignismanagement für Straßentunnel • Allgemeines • 21

   Begriffsdefinitionen Risiko- und Krisenmanagement

   Risikomanagement

   Kontinuierlich ablaufendes, systematisches Verfahren zum zielgerichteten Umgang mit Risiken,
   das die Analyse und Bewertung von Risiken sowie die Planung und Umsetzung insbesondere zur
   Risikovermeidung/- minimierung und –akzeptanz beinhaltet.

   Krisenmanagement

   Alle Maßnahmen zur Vermeidung von, Vorbereitung auf, Erkennung und Bewältigung sowie
   Nachbereitung von Krisen. [...] Krisenmanagement beinhaltet die Schaffung von konzeptionellen,
   organisatorischen und verfahrensmäßigen Voraussetzungen, die eine schnellstmögliche Zurück-
   führung der eingetretenen außergewöhnlichen Situation in den Normalzustand unterstützen
   durch staatliche und nichtstaatliche Akteure. Operatives und kommunikatives Krisenmanage-
   ment umfassen alle Maßnahmen zur Vermeidung, Erkennung, Bewältigung und Nachbereitung
   von Krisenfällen.

Quelle: BBK-Glossar [4]

Vorbereitung (vor dem Ereignis)                        Wiederherstellung/Nachbereitung
                                                       (nach dem Ereignis)
Hierunter versteht man alle vorbereitenden Maß-
nahmen, um die Auswirkungen beim Eintritt              Dies bezieht alle Maßnahmen mit ein, die nach
eines Schadensereignisses so gering wie mög-           einem Ereignis ergriffen werden, um soweit und
lich zu halten. Dies beinhaltet z. B. die Aufstel-     so schnell wie möglich den ursprünglichen Zu-
lung, Ausbildung, Training und Vorhaltung von          stand wieder herzustellen. Darunter fallen z. B.
Strukturen des Notfall- und Rettungswesens, die        die Wiederherstellung von Infrastrukturanlagen
Information und Aufklärung der Nutzer, die Auf-        und – einrichtungen, Strukturverbesserungen,
stellung von Notfallplänen, die Bereithaltung von      psychosoziale Nachsorge von Betroffenen und
Ausrüstungsgegenständen sowie von Warn- und            Einsatzkräften, individuelle Rehabilitation sowie
Meldesystemen.                                         die Entwicklung von Konzepten, die zukünftig
                                                       eine effektivere Ereignisbewältigung ermöglichen
Vorbereitende Maßnahmen → Kapitel 3                    sollen („Lehren ziehen aus dem Ereignis“).

Bewältigung (während des Ereignisses)                  Ereignisnachbereitung → Kapitel 5

Diese Phase bezeichnet, beginnend mit der Er-
eigniserkennung bzw. –meldung, die unmittelbar
bei bzw. nach Eintritt eines Ereignisses zu er-
greifenden Gefahrenabwehrmaßnahmen. Hierzu
gehören u. a. die Rettung von Personen aus dem
unmittelbaren Gefahrenbereich, die Notfallver-
sorgung von Verletzten und Betroffenen, das
Absperren des Gefahrenbereichs sowie die Auf-
rechterhaltung von Infrastrukturfunktionen ein-
schließlich Verkehrsumleitung.

Ereignisbewältigung → Kapitel 4
22 • ����������������������� • Ereignismanagement für Straßentunnel

                   3
              Kapitel
                                                                         © Vladimir Panchenko/Shutterstock

Vorbereitende Maßnahmen
In den folgenden Kapiteln wird auf organisatorische Maßnahmen eingegangen, die der Vorbereitung
auf ein Ereignis und somit der Reduzierung des Schadensausmaßes im Ereignisfall dienen.
Ereignismanagement für Straßentunnel • ����������������������� • 23

3.1        Alarm- und Gefahrenabwehrplanung                              • Ereignistabellen mit Zuordnung der zu
                                                                           ­alarmierenden Einsatzdienste
3.1.1	Aufbau der Alarm- und Gefahren­
       abwehrpläne (AGAP)                                                • Kommunikationsmöglichkeiten im Tunnel
                                                                           (Funk, Radio, Mobiltelefon)
In den Alarm- und Gefahrenabwehrplänen, die
von den Tunnelbetreibern gemäß den RABT auf-                             • Maßnahmen der TLZ bei Betriebsstörungen
gestellt werden müssen, sind alle wesentlichen                             und im Ereignisfall
Informationen und Handlungsanweisungen
für verschiedene Notfälle bzw. Störfallszenarien                         • Anfahrtswege und Aufstellflächen für die
sowie Informationen zum Bauwerk und den                                    ­Einsatzkräfte
betriebs- und sicherheitstechnischen Einrich-
tungen zusammengeführt. In den RABT gibt es                              • Übersicht der Bereitstellungsräume,
keine Vorgaben bzw. Muster für die inhaltliche                             ­Notzufahrten und Rettungszufahrten
Ausgestaltung der Alarm- und Gefahrenabwehr-
pläne. Dort heißt es lediglich, dass im Rahmen der                       • Umleitungspläne bei Tunnelsperrung
Alarm- und Gefahrenabwehrplanung die Belange
behinderter Personen zu berücksichtigen und die                          • Entwässerung des Tunnels
Meldewege mit Polizei, Feuerwehr und Rettungs-
diensten abzustimmen sind. Die wesentlichen                              • Lüftungsprinzip, Vorgaben zur Steuerung der
Inhalte der Alarm- und Gefahrenabwehrpläne                                 Lüftung im Brandfall
werden in dem von der Bundesanstalt für Stra-
ßenwesen herausgegebenen Leitfaden zur Er-                               • Energieversorgung
stellung einer Sicherheitsdokumentation gemäß
RABT 2006 (Abschnitt 1.1.5) benannt [9].                                 • Löschwasserversorgung

Die Struktur und die inhaltlichen Darstellungen                          • Übersicht Betriebsgebäude
der Alarm- und Gefahrenabwehrpläne sind je
nach Bundesland unterschiedlich. Bei zentraler                           Erläuterungen
Überwachung mehrerer Tunnel unterliegen sie
in der Regel landeseinheitlichen Standards. Im                           • Gefahrenpotenzial im Tunnel
Einzelnen werden in den Alarm- und Gefahren-
abwehrplänen folgende Inhalte dargestell4:                               • Beschreibung des Objekts, der baulichen Anla-
                                                                           gen und der sicherheitstechnischen Ausstattung
Alarm- und Einsatzdokumente
                                                                         • Maßnahmen der Gefahrenabwehr bei
• Im Ereignisfall Beteiligte mit ihren jeweiligen                          ­definierten Ereignissen
  Aufgaben und Zuständigkeiten
                                                                         • Leistungsfähigkeit der Einsatzdienste
• Alarmierungs- bzw. Meldewege für definierte
  Ereignisse                                                             • Inhalte der Einweisung und Schulung der im
                                                                           Ereignisfall beteiligten Institutionen und der
• Erreichbarkeiten/Telefonlisten der involvier-                            Einsatzdienste
  ten Institutionen und der Einsatzdienste
                                                                         • Hinweise für das richtige Verhalten der
• Alarm- bzw. Einsatzstufen                                                ­Tunnelnutzer im Ereignisfall

4
    Die Auflistung ist eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte aus verschiedenen exemplarisch ausgewählten Alarm- und Gefahrenabwehr-
    plänen. Dies bedeutet, dass nicht alle der hier genannten Aspekte in jedem individuellen AGAP enthalten sind.
24 • ����������������������� • Ereignismanagement für Straßentunnel

Externe Dokumente
                                                           Situation
• Feuerwehrplan nach DIN 14095
                                                           • Aufstellung AGAP gemäß den RABT
• Alarm- und Ausrückeordnung der Feuerwehr                   Pflicht des Tunnelbetreibers

• Alarmplan Massenanfall von Verletzten und                • Struktur und Inhalt der AGAP je nach
  Erkrankten (MANV)                                          Bundesland unterschiedlich

Sonstiges                                                  • AGAP z. T. zu umfangreich für die
                                                             ­unmittelbare Verwendung im Einsatz
• Anweisungen für Presse- und Öffentlichkeits-
  arbeit bei größeren Ereignissen
                                                        Das Gesamtdokument soll den ­Einsatzdiensten
                                                        eine Übersicht über die Örtlichkeit und die
Empfehlung                                              Funktionsweise der Betriebs- und Sicherheits-
                                                        technik bieten und das Objekt, die baulichen und
Aufbau AGAP                                             technischen Einrichtungen im Detail sowie die
                                                        Infrastruktur im Umfeld des Bauwerks dokumen-
Der Aufbau des AGAP sollte einem modularen              tieren. Mit diesem Dokument erhalten die Ein-
Aufbau, gegliedert in Gesamtdokument und Ein-           satzdienste die Möglichkeit, sich mit dem Objekt
satzunterlagen folgen:                                  und den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu ma-
                                                        chen. Sinnvoll ist es, die Inhalte mit Fotos, Plänen,
• das Gesamtdokument als „Nachschlagewerk“              Skizzen etc. grafisch aufzubereiten, um dem Leser
  enthält alle relevanten Informationen zum             auf einen Blick die wichtigsten Informationen zu
  Objekt, zum Betrieb und zu Maßnahmen im               vermitteln.
  Ereignisfall
                                                        Oberste Priorität im Ereignisfall ist, dass die Ein-
• die Einsatzunterlagen enthalten in                    satzdienste schnell auf die einsatzrelevanten In-
  ­komprimierter Form nur für den Einsatz               formationen zugreifen können. Dazu gehören u. a.:
   ­relevante Informationen
                                                        • Handlungsanweisungen für das jeweilige
• Vorlage für Ereignisprotokoll bzw.                      ­Ereignis (Checklisten)
  ­Ereignismeldebogen
                                                        • Kommunikationsmöglichkeiten
Die in den AGAP betrachteten Ereignisse umfas-            (­Telefonnummern/BOS-Funkfrequenzen)
sen Störungen der Betriebstechnik, Gefahrenstel-
len und Pannen, Unfallszenarien mit und ohne            • Anfahrtswege/Zugangswege/Notzufahrten/
Beteiligung von Gefahrgut, Brandszenarien oder            Bereitstellungsräume
auch Naturgefahren, wie z. B. Überflutung.
                                                        • Weitere Zusatzinformationen, z. B. Steuerung
Diese Auflistung macht deutlich, dass der AGAP            der Brandfall-Lüftung
ein umfangreiches Dokument ist, das in dieser
ausführlichen Form für den Einsatz wenig geeig-         Diese Einsatzunterlagen als Bestandteil des AGAP
net ist. Zudem enthalten die AGAP vielfach aus-         sollten nicht nur ereignisbezogen, sondern auch
führliche Beschreibungen, was die Handhabung            adressatenbezogen aufgebaut sein, d. h. für die
dieses Dokuments für den Anwender erschwert.            jeweilige Zielgruppe – Operatoren, Feuerwehr,
                                                        Polizei – nur die Informationen beinhalten, die
                                                        für das eigene Handeln im Ereignisfall von Be-
                                                        deutung sind.
Ereignismanagement für Straßentunnel • ����������������������� • 25

Konsequent umgesetzt wurde dieses Prinzip eines       Inzwischen liegen viele Erfahrungen mit der Erstel-
AGAP in Luxemburg. Auf der Grundlage von Ein-         lung und Anwendung von Alarm- und Gefahrenab-
satzplanungen für verschiedene Ereignisse wur-        wehrplänen bei den Tunnelbetreibern vor. Im Sinne
den die relevanten Handlungs- bzw. Einsatzinfor-      von Good Practices wäre es hilfreich, eine Mustervor-
mationen zielgruppenspezifisch aufbereitet.           lage für einen AGAP zu erstellen, die den Betreibern
                                                      als Leitfaden bei der Erstellung und Fortschreibung
Ein weiteres Beispiel, wie Einsatzinformationen       von AGAP dienen könnte. Diese Mustervorlage
aufbereitet werden können, ist die sogenannte         könnte beispielsweise im Rahmen bestehender Län-
„Sonnenblende“, die in Thüringen eingesetzt wird.     der- bzw. Bund-Länder-Gremien erarbeitet werden.

  Beispiel: Alarm- und Gefahrenabwehrplan für Straßentunnel in Luxemburg

  Aufbau des Alarm- und Gefahrenabwehrplans:          • Schematische Darstellung des betroffenen
                                                        Tunnelabschnittes mit Zu- und Abfahrten
  • Gesamtdokument als „Nachschlagwerk“ und
    Einsatzunterlagen für Operatoren, Feuerwehr,      • Allgemeine Einsatzanweisungen
    Polizei, Leitzentralen der Polizei und der
    Rettungsdienste                                   • Telefonnummern/Funkfrequenzen

  Aufbau der Einsatzunterlagen:                       Je nach Zielgruppe sind folgende Darstellungen
                                                      und Bedienungshinweise enthalten:
  • Für jeden Tunnelabschnitt und Ereignistyp
    existiert ein Datenblatt mit Identifizierungs-    • Zugang zum Ereignisort in Abhängigkeit von
    nummer                                              der Fahrtrichtung

  • Eine tabellarische Übersicht der Datenblätter     • Zugang zum Ereignisort in Abhängigkeit von
    auf dem Deckblatt erleichtert das Auffinden         der Verkehrssituation
    des betreffenden Datenblattes
                                                      • Sammelpunkte für Rettungsfahrzeuge
  • Alle wesentlichen Einsatzinformationen              (­Ersteinsatzkräfte sowie die nachrückenden
    für das Ereignis sind auf der Vorder- und           Einsatzkräfte)
    ­Rückseite des Datenblattes zusammengefasst
                                                      • Angriffsweg für die Feuerwehr (Ersteinsatz-
  • Datenblätter für bestimmte Ereignisse sind an       kräfte und nachrückende Einsatzkräfte)
    den Tunnelportalen hinterlegt
                                                      • Betriebsarten der Belüftung
  Inhalt des Datenblattes:
                                                      • Bedienungshinweise Belüftungssteuerung,
  • Ereignistyp mit Zuordnung zum                       Lautsprecheranlage, Schrankenanlage
    ­Tunnel­abschnitt
                                                      Die grafische Gestaltung der Unterlagen folgt
  • Zuständige Einsatzdienste                         einem Farbkonzept, das dem Anwender das
                                                      „­Filtern“ der Informationen erleichtern soll.
  • Beschreibung der durchzführenden
    ­Arbeitsschritte                                  Die Einsatzunterlagen dienen gleichermaßen der
                                                      Schulung und Ausbildung der Einsatzdienste
26 • ����������������������� • Ereignismanagement für Straßentunnel

  Beispiel: Hilfsmittel „Sonnenblende“ für die Einsatzdienste

  Als effizientes Hilfsmittel im Einsatz wurde in       hinterlegt werden kann, sind auf der Vorder-
  Thüringen für den Ersteinsatz die sogenannte          und Rückseite die wichtigsten Informationen
  „Sonnenblende“ zur ständigen Mitführung               aufgeführt: Übersichtsdarstellung der Tunnel-
  in den Einsatzfahrzeugen der Einsatzdienste           kette mit Not- und Rettungszufahrten, Telefon-
  eingeführt. Auf dieser kleinformatigen Ein-           nummern, BOS-Funkkanäle sowie eine Check-
  satzunterlage, die, wie der Name deutlich             liste „Was ist zu tun“ für das ersteintreffende
  macht, im Fahrzeug hinter der Sonnenblende            Rettungsmittel.

Datenschutz                                             Entsprechend einer Risikobewertung der möglichen
                                                        Szenarien sollte im AGAP ein Konzept für einen
Der Alarm- und Gefahrenabwehrplan enthält alle          denkbaren Großschadensfall integriert sein. Folgen-
wesentlichen Informationen zum Bauwerk und              de Module könnte dieses Konzept beinhalten:
Abläufen der Gefahrenabwehr, die – wenn sie
beispielsweise im Internet veröffentlicht werden –      • Szenariobezogenes Alarmierungs- und Melde-
missbräuchlich genutzt werden könnten. Es sollte          schema sowie Benachrichtigungslisten der
sichergestellt werden, dass derartige Informatio-         Fachbehörden und der Fachdienste
nen datenschutzrechtlichen Regelungen unter-
liegen und nur den beteiligten Einsatzdiensten          • Szenariobezogene Einsatzunterlagen
zugänglich sind und vertraulich behandelt wer-
den. Darüber hinaus ist zu empfehlen, sensible In-      • (Checklisten)
formationen, wie z. B. über die Energieversorgung
des Bauwerks, nur der autorisierten Führungsebe-        • Festlegungen für die technische Ausrüstung
ne zugänglich zu machen.
                                                        • Ablaufplan zur Räumung des Tunnels
3.1.2	Vorbereitung auf Großschadensereignisse
                                                        • Konzept für die Evakuierung ­bebauter
Die in dem AGAP getroffenen Maßnahmen sind                ­Tunnel­decken und Absperrung von
darauf ausgelegt, durch unverzügliches Eingrei-            ­öffentlichen ­Verkehrswegen über der
fen der Gefahrenabwehrkräfte im Ereignisfall ein            ­Tunneldecke sowie im Portalbereich
größeres Schadensausmaß zu verhindern.
                                                        • Ausweisung alternativer (auch ­großräumiger)
In die Alarm- und Gefahrenabwehrplanung                   Fahrrouten bei kurz- und langfristiger
sollten auch Großschadensszenarien einbezogen             ­Sperrung des Tunnels
werden, zu deren Bewältigung es besonderer
Vorbereitungen bedarf. Es sind Schadensereig-           Nachrichtlich wäre auch ein Verweis auf die
nisse, die sowohl durch menschliches Versagen           ­ortsbezogenen Planungen aufzunehmen, z. B.:
(Unfälle) als auch durch kriminelle oder terroristi-
sche Handlungen oder Naturereignisse ausgelöst          • Ablaufplan zur Bildung eines Krisenstabs
werden können. Die möglichen Folgen können
Großbrände, Großexplosionen im Tunnel sowie             • Information und Warnung der Bevölkerung
die Kontamination oder die Überflutung eines
Tunnels sein mit erheblichen Auswirkungen auf           • Umgang mit Opfern, Benachrichtigung von
die Nutzer und das Bauwerk, bis hin zu dessen             Familienangehörigen
vollständiger Zerstörung.
                                                        • Einsatzkonzept für einen Massenanfall von
                                                          Verletzten und Erkrankten (MANV)
Ereignismanagement für Straßentunnel • ����������������������� • 27

Das Szenario eines terroristischen Anschlags        definiert. Die bei terroristischen Anschlagssze-
sollte in der Alarm- und Gefahrenabwehrplanung      narien zu ergreifenden Maßnahmen sind in den
besondere Beachtung finden, weil ein solches        entsprechenden Handlungsanweisungen oder
Szenario durch die Gefahrenabwehr schwer be-        Richtlinien für die Gefahrenabwehrkräfte fest-
herrscht werden kann. Zum einen besteht immer       gelegt. In Thüringen wurde diese Thematik im
die Gefahr von Folgeanschlägen (Zweitanschlag)      Rahmen einer separaten Konzeption der Polizei
in räumlicher Nähe, um die Gefahrenabwehr zu        zum Erkennen und Bewältigen von Handlungen,
schwächen. Zum anderen könnten die Einsatz-         die gegen Objekte und Anlagen, Einrichtungen
kräfte auch gezielt angegriffen werden.             und Personen gerichtet sind, in einem Einsatzbe-
                                                    fehl der Polizei für die BAB A71/73 geregelt
Vor dem Hintergrund der Anschläge auf die
U-Bahnen in Madrid im Jahr 2004 sowie in            Der Alarm- und Gefahrenabwehrplan sollte
­London im Jahr 2005 wurden auch in Deutsch-        ­enthalten:
land in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder
Köln Konzepte bzw. Vorgehensweisen für terroris-    • Handlungs- und Einsatzanweisungen zum
tische Anschlagsszenarien erarbeitet. Dabei han-      Umgang mit explosiven Stoffen und auffälli-
delt es sich um generelle Handlungsanweisungen        gen bzw. nicht identifizierbaren Objekten
für die Gefahrenabwehrkräfte, die jedoch keinen
Bezug zu einem bestimmten Objekt haben. Es ist      • Verhaltens-/Handlungsanweisungen für die
eine ereignisbezogene Einsatzplanung, die die         Gefahrenabwehrkräfte im Fall eines Anschlags
taktischen Vorgehensweisen für die Gefahrenab-        auf ein oder gleichzeitig mehrere Tunnel­
wehrkräfte im Fall von terroristischen Anschlägen     objekte

  Handlungshilfen bei einem terroristischen Anschlag

  Eine Handlungshilfe für Einsatzkräfte nach ei-
  nem Anschlagsereignis (HEIKAT) bietet die von
  den im Katastrophenschutz tätigen Organisati-
  onen unter der Federführung vom Bundesamt                HEIKAT
  für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe             Handlungsempfehlung zur Eigensicherung für
                                                           Einsatzkräfte der Katastrophenschutz- und
  (BBK) herausgegebene HEIKAT-Veröffentli-                 Hilfsorganisationen bei einem Einsatz nach einem Anschlag

  chung. Ziel dieser Handlungshilfe ist es, die
  Einsatzkräfte für die Gefahr eines terroristi-
  schen Anschlags zu sensibilisieren, Wege der
  Gefahrenerkennung aufzuzeigen sowie mögli-
  che Handlungs- und Denkabläufe anzuregen.

  https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/­
  Downloads/DE/Mediathek/Publikationen/
  KRITIS/heikat-handlungsempfehlungen.pdf?
  __blob=publicationFile&v=10
                                                           BBK. Gemeinsam handeln. Sicher leben.
  Das Fachreferat „Sprengstoff- und Brand-
  delikte“ des Bundeskriminalamtes (BKA) hat
  Hinweise zu Erstmaßnahmen bei Bomben-             erarbeitet. Die Veröffentlichungen können bei
  drohungen bzw. zum Verhalten beim Verdacht        den zuständigen Landeskriminalämtern an-
  einer sprengstoffverdächtigen Postsendung         gefordert werden.
28 • ����������������������� • Ereignismanagement für Straßentunnel

3.1.3	Erarbeitung von Tunnelbelüftungs­                Stufe eine Sofortinformation, z. B. über Gefahren-
       konzepten bei Freisetzung von giftigen           zettel, beinhaltet, im Weiteren detaillierte Infor-
       Gasen                                            mation über Datenbanken oder Nachschlage-
                                                        werke und bei unklaren Lagen Expertenmeinung
Unfälle mit Beteiligung von Gefahrgut zählen            herangezogen werden. Bei chemischen Lagen sind
zu den Gefahrenlagen, für die im Rahmen der             es beispielsweise die Analytische Task-Force (ATF)
Alarm- und Gefahrenabwehrplanung für Tunnel             mit ihren sieben Standorten in Deutschland oder
entsprechende Vorbereitungen zu treffen sind.           das Transport-Unfall-Informations- und Hilfe-
                                                        leistungssystem (TUIS) der Chemischen Industrie.
Allerdings sind nicht alle Tunnel für Gefahrgut-        Beide Institutionen bieten Unterstützung von der
transporte freigegeben. In der Fassung des ADR          telefonischen Beratung bis zur Verfügungsstel-
von 2007 wurden neue Bestimmungen für Ge-               lung von Fachpersonal und Material vor Ort.
fahrguttransporte in Straßentunneln eingeführt
Diese Bestimmungen sehen eine Tunnelkatego­             Da Brände und Explosionen als Folge von Gefahr-
risierung vor, die den Transport bestimmter             gutunfällen in Tunneln eine besondere Gefah-
Gefahrgüter durch den Tunnel einschränken               renlage darstellen, wurden im Projekt SKRIBT
oder gänzlich verbieten. Bei der Zuordnung eines        Technologien zur Gefahrguterkennung mittels
Tunnels zu einer bestimmten Tunnelkategorie             Video sowie RFID-Technik entwickelt, die die in
(Kategorie A „keine Durchfahrtsbeschränkungen“          den Tunnel einfahrenden Gefahrguttransporter
bis Kategorie E „Beschränkungen für alle gefährli-      registrieren und das entsprechende Gefahren-
chen Güter“) wird von drei Hauptgefahren ausge-         potenzial darstellen können [25]. Im Ereignisfall
gangen, die zu erheblichen Personenschäden bzw.         können somit den Einsatzkräften bereits bei der
Schäden am Bauwerk führen können:                       Alarmierung die notwendigen Informationen
                                                        über die transportierten Gefahrstoffe zur Verfü-
• Explosionen                                           gung gestellt werden.

• Freiwerden giftiger Gase oder flüchtiger              Es gehört zum Standard der sicherheitstechni-
  ­giftiger flüssiger Stoffe                            schen Ausstattung im Tunnel, dass ein Brand im
                                                        Tunnel automatisch detektiert wird. Gasdetek-
• Brände                                                tionsanlagen hingegen, die beispielsweise bei
                                                        chemischen Anlagen standardmäßig eingesetzt
Die gefährlichen Güter sind nach ihrer Wirkung          werden, sind in Straßentunneln unüblich und
in den ADR spezifiziert. Die Zuweisung zu einer         werden auch in den RABT nicht gefordert. Im
Tunnelkategorie, die sich auf risikoanalytische         Rahmen des Projekts SKRIBT wurde empfohlen
Verfahren stützt [10], erfolgt durch die zuständige     [25], solche Anlagen, deren Investitionssowie
Behörde. Dabei kann derselbe Tunnel z. B. in Ab-        die laufenden Unterhalts- und Wartungskosten
hängigkeit von der Tageszeit oder dem Wochentag         gering sind, je nach Risikobewertung des Tunnels
auch verschiedenen Tunnelkategorien zugeordnet          und abgestimmt auf das für den Tunnel zugelas-
werden.                                                 sene Gefahrgut einzusetzen. Bei einer schnellen
                                                        Detektion kann ggf. verhindert werden, dass die
Kommt es zu einem Unfall und Austritt von Ge-           ausgetretenen Gase sich entzünden oder explo-
fahrstoffen, so ist es entscheidend, Art und die        dieren. Eine solche Anlage bietet auch die Mög-
Eigenschaften des Stoffes möglichst schnell zu          lichkeit, Lüftungsszenarien bei Gasaustritt speziell
identifizieren und geeignete Maßnahmen einzu-           für die jeweilige Situation zu regeln.
leiten. Die Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 „Ein-
heiten im ABC-Einsatz“ [18] regelt die taktischen       Für den Brandfall in einem Tunnel sind spezielle
Vorgehensweisen im Umgang mit Gefahren durch            Lüftungsprogramme vorgesehen, die entweder
radioaktive, biologische und chemische Stoffe.          automatisch durch die Brandmeldeeinrichtung
Zur Ermittlung des betreffenden Stoffes bzw. der        oder durch das Tunnelüberwachungspersonal
Stoffeigenschaften soll danach ein vierstufiges         ausgelöst werden. Entsprechende standardisierte
Verfahren angewendet werden, das in der ersten          Konzepte bzw. Programme zur Steuerung der
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