Ereignismanagement für Straßentunnel - Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste - BBK
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Ereignismanagement für Straßentunnel Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste Praxis im Bevölkerungsschutz Band 9 BBK. Gemeinsam handeln. Sicher leben.
Ereignismanagement für Straßentunnel Empfehlungen für Betriebs- und Einsatzdienste Band 9 · Praxis im Bevölkerungsschutz Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
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Einblicke in die Umsetzung der KRITIS-Strategie • INHALT• 5 Inhalt 1. Einleitung 14 2. Allgemeines 16 2.1 Beteiligte und Zuständigkeiten 17 2.2 Phasen des Ereignismanagements 20 3. Vorbereitende Maßnahmen 22 3.1 Alarm- und Gefahrenabwehrplanung 23 3.1.1 Aufbau der Alarm- und Gefahrenabwehrpläne (AGAP) 23 3.1.2 Vorbereitung auf Großschadensereignisse 26 3.1.3 Erarbeitung von Tunnelbelüftungskonzepten bei Freisetzung von giftigen Gasen 28 3.1.4 Massenanfall von Verletzten oder Erkrankten (MANV) 29 3.2 Berücksichtigung ausgewählter Szenarien 30 3.2.1 Ausfall der Stromversorgung 30 3.2.2 Ausfall der Informations- und Kommunikationstechnik 31 3.2.3 Influenza-Pandemie 32 3.3 Übungen 34 3.4 Schulung und Training der Operatoren 39 3.5 Aus- und Fortbildung der Feuerwehren für Einsätze in Tunneln 44 3.6 Sicherheitseinrichtungen für den Verkehr im Tunnel 49 3.7 Verhaltensanweisungen für Tunnelnutzer 56 4. Ereignisbewältigung 62 4.1 Ereigniserkennung und -meldung 63 4.1.1 Ereignisdetektion 63 4.1.2 Ereignismeldung durch Verkehrsteilnehmer 64 4.2 Unterstützungsmöglichkeiten für Operatoren 66 4.3 Hilfsfristen 68 4.4 Empfehlungen zur Einsatzoptimierung 68 4.5 Kommunikation zwischen den Einsatzdiensten im Ereignisfall 70 4.6 Krisenkommunikation 72 4.7 Soziale Medien in der Krisenkommunikation und Katastrophenhilfe 74 4.7.1 Warum sollten die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben die sozialen Medien nutzen? – Vorteile und Chancen 75 4.7.2 Nachteile und Herausforderungen der sozialen Medien 76 4.7.3 Allgemeine Empfehlungen 77
5. Ereignisnachbereitung 80 5.1 Einsatzauswertung 81 5.2 Austausch von Einsatzerfahrungen 82 5.3 Psychosoziale Notfallversorgung 83 5.3.1 Begrifflichkeiten und Qualitätsmerkmale psychosozialer Notfallversorgung – Der Konsensus-Prozess 83 5.3.2 Aktuelle Situation und Empfehlungen 84 6. Literaturverzeichnis 86 7. Abkürzungsverzeichnis 92
Ereignismanagement für Straßentunnel • Vorwort • 7 Zur überarbeiteten Auflage Die vorliegende Publikation wurde erstmalig im eignisbewältigung von Bedeutung sind. In dieser April 2013 veröffentlicht und dokumentierte die inhaltlich erweiterten Fassung der Broschüre wer- Ergebnisse des BBK im Projekt SKRIBT „Schutz den die Themen der Kommunikation zwischen kritischer Brücken und Tunnel im Zuge von Stra- den Einsatzdiensten im Ereignisfall sowie die ßen“, das im Rahmen des Programms der Bundes- Krisenkommunikation aufgegriffen. Ein besonde- regierung „Forschung für die zivile Sicherheit“ res Augenmerk gilt dabei den sozialen Medien, die von 2009 – 2012 durchgeführt wurde. Ziel war heutzutage eine nicht zu unterschätzende Rolle es, bewährte Praktiken im Kontext eines umfas- in der Krisenkommunikation und der Katastro- senden Ereignismanagements für Straßentunnel phenhilfe einnehmen. Ein weiteres Thema sind aufzuzeigen und Empfehlungen für organisato- Gefahrgutszenarien, für die es – werden giftige rische sowie betriebliche Maßnahmen für die im Gase freigesetzt – entsprechende Vorbereitungen Ereignisfall involvierten Institutionen und Ein- hinsichtlich der Lüftungssteuerung und Vorkeh- satzdienste zu geben. rungen der Evakuierung zu treffen sind. Inhalt- lich überarbeitet und ergänzt wurden die Kapitel Seit der Veröffentlichung der Broschüre im April zur Aus- und Fortbildung der Feuerwehren, den 2013 wurden 2.000 Exemplare verteilt. Die Bro- Verhaltensanweisungen für Tunnelnutzer und der schüre steht auch digital auf der Internetseite des Psychosozialen Notfallversorgung. BBK zur Verfügung.. An dieser Stelle danken wir den Experten für ihr Im Zuge der Weiterbearbeitung dieser Thematik großes Engagement und ihre wertvolle Unter- mit dem Fokus auf Großschadensereignisse in stützung bei der Ausarbeitung der Empfehlungen Straßentunneln im Nachfolgeprojekt SKRIBTPlus, sowie unseren Projektpartnern für die inhaltli- wurden im Rahmen eines szenarienbezogenen chen Beiträge zu dieser Publikation. Expertenworkshops weitere Aspekte heraus- gearbeitet, welche im Zusammenhang mit der Bonn, im Mai 2015 Vorbereitung auf Schadensereignisse und die Er-
8 • Vorwort • Ereignismanagement für Straßentunnel Vorwort von Christoph Unger, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Liebe Leserinnen und Leser, Leistungsfähige und sichere Verkehrsinfra- von der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) als strukturen sind ein Garant für die Mobilität und Konsortialführer geleitete Projekt „Schutz kriti- die Versorgung der Bevölkerung. Wesentlicher scher Brücken und Tunnel im Zuge von Straßen Bestandteil der Straßeninfrastruktur sind Tunnel- (SKRIBT)“ hat erstmals in Deutschland Brücken bauwerke, die neuralgische Punkte im Straßen- und Tunnel aus der aktuellen Perspektive der zivi- netz darstellen. len Sicherheitsforschung untersucht. Der Ausfall nur eines Bauwerks infolge eines An dieser Stelle danken wir dem Bundesministe- Großunfalls, eines Naturereignisses oder eines ge- rium für Bildung und Forschung für die Förde- zielten Anschlags kann bereits zu gravierenden Be- rung des Projekts. einträchtigungen der Netzkapazität führen. Lange Ausfallzeiten und hohe Wiederherstellungskosten Als einer von zehn Partnern im Projekt SKRIBT ziehen einen erheblichen volkswirtschaftlichen hat sich das Bundesamt für Bevölkerungsschutz Schaden nach sich. Zudem sind die Personen, die und Katastrophenhilfe (BBK) mit organisatori- während eines solchen Ereignisses das Bauwerk schen Aspekten zur Bewältigung von Schadens- passieren, großer Gefahr ausgesetzt. Doch auch ereignissen in Straßentunneln befasst. Ziel war indirekt betroffen sind die Nutzer und die Bevöl- es, bestehende Strukturen der Gefahrenabwehr kerung entlang der Ausweichstrecken durch die darzustellen und insbesondere weiteren Hand- nach Ereigniseintritt erforderlichen Verkehrsum- lungsbedarf angesichts neuer Bedrohungslagen leitungen während der Instandsetzungsarbeiten im Ablauf des Ereignismanagements abzuleiten. an den Bauwerken. Dem nachhaltigen Schutz solcher kritischen Infrastrukturbauwerke kommt Obwohl das Sicherheistsniveau in Straßentunneln daher eine erhebliche Bedeutung zu. ganz wesentlich durch immer komplexere tech- nische Systeme bestimmt wird, bleibt der Mensch Das im Rahmen des Programms „Forschung für die der wesentliche Faktor, der im Ereignisfall die zivile Sicherheit“ durch das Bundesministerium Lage bewerten und die richtigen Entscheidungen für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte und treffen muss. Die gezielte Vorbereitung auf mög-
Ereignismanagement für Straßentunnel • Vorwort • 9 liche Ereignisse, etwa im Rahmen der Aus- und Wenn die hier zusammengestellten Ergebnisse Fortbildung oder durch Trainingseinheiten der aus SKRIBT den im Ereignisfall beteiligten Ak- im Ereignisfall involvierten Einsatzdienste, ist ein teuren Anregungen für die tägliche Arbeit vor Ort wesentlicher Erfolgsfaktor für die Bewältigung und darüber hinaus Anstöße für den Umgang mit auch komplexer Schadenslagen. neuen Bedrohungslagen sowie Extremereignissen geben könnten, wäre ein Ziel der Publikation er- Die Ergebnisse dieses Teilprojektes sowie weitere reicht. für die Bewältigung von Ereignissen einschlägige Erkenntnisse aus dem Projekt wurden in der vor- Bonn, im April 2013 liegenden Publikation aufbereitet und um Bei- träge von Partnern des Projektes SKRIBT ergänzt, für die wir uns bei den Projektpartnern herzlich bedanken. In zahlreichen Interviews und Diskussionen mit Experten aus den Bereichen Feuerwehr/Rettungs- Christoph Unger dienst und Tunnelleitzentralen sowie mit Sicher- heitsbeauftragten konnten die theoretischen Präsident Erkenntnisse vorgestellt und aus Sicht der Praxis vertieft werden. Für diese wertvolle Unterstüt- Bundesamt für Bevölkerungsschutz und zung gilt den Interviewpartnern unser besonderer Katastrophenhilfe Dank. Ebenfalls bedanken möchten wir uns für zahl- reiche Kommentare und Hinweise, die die Länder aus Sicht des Bevölkerungsschutzes beigesteuert haben und die in die Publikation eingeflossen sind.
10 • Vorwort • Ereignismanagement für Straßentunnel Vorwort von Direktor und Professor Dr.-Ing. Jürgen Krieger, Bundesanstalt für Straßenwesen SKRIBT Verbundkoordinator Liebe Leserinnen und Leser, Bahnhöfe, Flughäfen, U-Bahnen und Straßen Zudem werden während eines Ereignisses die werden täglich von Millionen von Menschen Bauwerksnutzer einer großen Gefahr ausgesetzt. genutzt. Die dichten, hoch vernetzten Verkehrs- So ist der nachhaltige Schutz von Infrastruktur- systeme sind Lebensadern unserer Gesellschaft, bauwerken und ihren Nutzern eine Kernauf- können aber durch Unfälle, Anschläge oder Na- gabe der Sicherheitsvorsorge im Hinblick auf turkatastrophen empfindlich gestört werden. Um die Sicherheit der Bürger, die Effizienz unserer unsere Infrastruktur optimal zu schützen, hat das Infrastruktur und damit den Wohlstand unserer Bundesministerium für Bildung und Forschung Gesellschaft. im Rahmen des Programms „Forschung für die zivile Sicherheit“ den Bereich „Schutz von Ver- Vor diesem Hintergrund haben sich im Projekt kehrsinfrastrukturen“ zum Schwerpunkt erklärt. SKRIBT „Schutz kritischer Brücken und Tunnel im Zuge von Straßen“ Experten aus Wissenschaft, Im Straßenverkehr sind es Brücken und Tunnel, Wirtschaft und Verwaltung unter Konsortialfüh- die durch ihre elementare Verbindungsfunktion rung der Bundesanstalt für Straßenwesen zusam- die Voraussetzung für individuelle Mobilität mengefunden, um sich dem Schutz von Nutzern, sowie die Versorgung von Privathaushalten und Bauwerk und Mobilität in besonderer Weise zu Wirtschaft schaffen. Gleichzeitig sind sie aber widmen. Von ihnen wurde ein ganzheitliches auch besonders störanfällig und — im Falle eines Verfahren erarbeitet, das es erstmals ermöglicht, Ereignisses — potenziell mit erheblichem Rück- Bauwerke hinsichtlich ihrer Gefährdung in bau- kopplungspotential in das Verkehrsnetz verbun- technischer, nutzerspezifischer und verkehrstech- den. Die Beschädigung oder gar der Verlust eines nischer Hinsicht strukturiert zu untersuchen und Bauwerks können daher einen beträchtlichen ihre Kritikalität zu bestimmen. Um die Verwund- volkswirtschaftlichen Schaden nach sich ziehen. barkeit kritischer Bauwerke zu verringern und die
Ereignismanagement für Straßentunnel • Vorwort • 11 Nutzersicherheit zu erhöhen, wurden zahlreiche Abschließend möchten wir dem VDI als Projekt- bautechnische, betriebstechnische und organisa- träger für die angenehme und sehr fruchtbare torische Schutzmaßnahmen sowie eine Methodik Zusammenarbeit sowie dem Bundesministerium zur Überprüfung ihrer Kostenwirksamkeit ent- für Bildung und Forschung für die Förderung des wickelt. Der Vielfältigkeit dieser Herausforderung Projekts herzlich danken. trägt die interdisziplinäre Zusammensetzung des Konsortiums Rechnung. Bonn, im April 2013 Die vorliegenden „Empfehlungen zum Ereignis- management für Straßentunnel“ sind Teil des Projekts und richten sich an die Betriebs- und Direktor und Professor Dr.-Ing. Jürgen Krieger Einsatzdienste. Sie umfassen betriebstechnische Bundesanstalt für Straßenwesen sowie organisatorische Maßnahmen, die durch SKRIBT Verbundkoordinator Optimierung der Vorbereitung, der Bewältigung und der Nachbereitung von Ereignissen einer Verbesserung der Selbst- und Fremdrettungsmög- lichkeiten und somit dem Nutzerschutz dienen. Wir hoffen, dass die vorliegenden Erkenntnisse die Betriebs- und Einsatzdienste bei der Be- wältigung ihrer verantwortungsvollen Arbeit unterstützen und zur Erhöhung der Sicherheit in Tunneln beitragen.
12 • Projektvorstellung • Ereignismanagement für Straßentunnel Verbundprojekte SKRIBT und SKRIBTPlus Schutz kritischer Brücken und Tunnel https://www.sifo.de/sifo/de/projekte/schutz-kritischer-infrastrukturen/ schutz-von-verkehrsinfrastrukturen/skribt/ skribt-schutz-kritischer-bruec-nd-tunnel-im-zuge-von-strassen.html Um die zivile Sicherheit von Verkehrsteilnehmern öffentlichen Forschungseinrichtungen sowie der auf Brücken und in Tunneln zu erhöhen, startete Privatwirtschaft. Das Projekt SKRIBT wurde nach das Bundesministerium für Bildung und For- dreieinhalb Jahren Laufzeit im Juli 2011 abge- schung (BMBF) im Programm „Forschung für die schlossen. zivile Sicherheit“ für den Themenschwerpunkt „Schutz von Verkehrsinfrastrukturen“ im März Im Nachfolgeprojekt SKRIBTPlus, das im Dezem- 2008 das Projekt „Schutz kritischer Brücken und ber 2014 abgeschlossen wurde, wurden, aufbau- Tunnel im Zuge von Straßen (SKRIBT)“. end auf den Erkenntnissen und Innovationen aus SKRIBT, neue bauliche, betriebliche sowie orga- Ausgehend von einer umfassenden Bedrohungs- nisatorische Maßnahmen entwickelt und bereits analyse wurden im Projekt relevante Szenarien betrachtete Maßnahmen im Hinblick auf ihre wie Brand, Explosion, Kontamination, Überflu- Schutzwirkung optimiert. Darüber hinaus wurden tung sowie Sturm hinsichtlich ihrer Wirkungen Verfahren zur Identifizierung kritischer Bauwerke auf Bauwerke und Nutzer berechnet. Untersucht und zur Bewertung der Maßnahmenwirksam- wurde auch der Faktor Mensch und sein Verhal- keiten weiterentwickelt sowie praxisfreundliche ten in Gefahrensituationen sowie das Vorgehen Anwendungshilfen für Bauwerkseigentümer, der Betriebs- und Einsatzdienste bei Schadens- -betreiber, Nutzer sowie die Betriebs- und Ein- ereignissen. Auf dieser Basis wurden Schutzmaß- satzdienste erarbeitet. Die vorliegenden Emp- nahmen und Sicherheitslösungen entwickelt, fehlungen für die Betriebs- und Einsatzdienste die vom Bauwerksschutz, neuen Detektions- wurden auf der Grundlage der neuen Erkenntnis- technologien bis hin zu speziellen Schulungen se aktualisiert und um die Aspekte der Kommuni- der Verkehrsteilnehmer und Empfehlungen zur kation, insbesondere der Krisenkommunikation, Optimierung der Notfallkonzepte reichen. Die der psychosozialen Notfallversorgung sowie der entwickelten Maßnahmen sind das Ergebnis einer Vorbereitung auf Gefahrgutszenarien im Zu- engen Zusammenarbeit von zehn interdiszipli- sammenhang mit Freisetzung von giftigen Gasen nären Partnern, bestehend aus Bundesbehörden, ergänzt.
Ereignismanagement für Straßentunnel • Projektvorstellung • 13 An der Erstellung der vorliegenden Broschüre • PTV Planung Transport Verkehr AG haben mitgewirkt: • Siemens AG • Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) • Julius-Maximilians-Universität Würzburg, Lehrstuhl für Psychologie I • Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) • Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Tunnelbau, Leitungsbau und Baubetrieb (TLB) Partner in Verbundprojekten SKRIBT und SKRIBTPlus Julius-Maximilians-Universität Würzburg Universität Stuttgart Siemens Bundesanstalt für Fraunhofer EMI Strassenwesen Ruhr-Universität Bochum Hochtief Solutions AG Schüssler-Plan PTV Group
14 • Einleitung • Ereignismanagement für Straßentunnel 1 Kapitel © Pradeep Thomas Thundiyil/Shutterstock © ANGHI/Shutterstock © dotshock/Shutterstock Einleitung
Ereignismanagement für Straßentunnel • Einleitung • 15 Bisher hat es hierzulande in Straßentunneln keine Die vorliegende Broschüre zum Ereignismanage- gravierenden Ereignisse, also Brandkatastrophen ment will die in den RABT vorgesehenen Maß- wie im Montblanc-Tunnel und Tauern-Tunnel im nahmen unterstützen und Empfehlungen für die Jahr 1999 gegeben. Vor dem Hintergrund dieser verschiedenen Phasen des Risiko- und Krisen- Ereignisse in Alpentunneln wurden mit dem Er- managements geben. Hierfür wurden Ergebnis- lass der „Richtlinie 2004/54/EG des Europäischen se aus dem Projekt „Schutz kritischer Brücken Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 und Tunnel im Zuge von Straßen“ (SKRIBT) und über Mindestanforderungen an die Sicherheit dem Nachfolgeprojekt SKRIBTPlus aufbereitet, von Tunneln im transeuropäischen Straßennetz“ die vom Bundesministerium für Bildung und [32] (im Folgenden EG-Tunnelrichtlinie genannt) Forschung (BMBF) im Rahmen des Programms Sicherheitsstandards für Tunnel definiert. Mit den „Forschung für die zivile Sicherheit“ von 2008 bis „Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb 2011 bzw. von 2012 bis 2014 gefördert wurden. von Straßentunneln“ (RABT, Ausgabe 2006) [33] Die Broschüre befasst sich mit organisatorischen wurde diese Richtlinie in nationales Recht um- und betrieblichen Maßnahmen, die der Vorbe- gesetzt. reitung auf Schadensereignisse sowie der Unter- stützung der Selbst- und Fremdrettung dienen. Die inzwischen in vielen Tunneln realisierte um- Im Rahmen der Projekte wurden Interviews mit fangreiche sicherheitstechnische Ausstattung bzw. Vertretern der Feuerwehren/Rettungsdienste, der die Branddetektionssysteme sowie die Tunnel- Tunnelleitzentralen, den Sicherheitsbeauftragten überwachung tragen ganz wesentlich dazu bei, für Tunnel sowie zwei Workshops durchgeführt dass (Fahrzeug-) Brände, die zwar selten sind, aber und konkreter Handlungsbedarf aus der Sicht der dennoch vorkommen können, rechtzeitig regis- Praxis identifiziert. Die Broschüre enthält: triert und umgehend die notwendigen Brandbe- kämpfungsmaßnahmen eingeleitet werden. • Empfehlungen Schadensereignisse in Straßentunneln stellen eine • Informationen über Stand der Technik und besondere Herausforderung für die Rettungs- auch technische Neuentwicklungen im kräfte sowie an das Tunnelbetriebspersonal dar. Bereich der Sicherheitstechnik Die RABT beinhalten Vorgaben, welche vorberei- tenden Maßnahmen für die Organisation eines • Beispiele aus der Praxis sowie Notfalls zu treffen sind. So sind die Tunnelbetrei- ber verpflichtet, Alarm- und Gefahrenabwehr- • Hinweise auf weitere Informationsquellen pläne aufzustellen und Notfallübungen zu den in Alarm- und Gefahrenabwehrplänen festgelegten Die Empfehlungen richten sich an die im Ereig- Handlungsabläufen für die unterschiedlichen nisfall zuständigen Institutionen und Einsatz- Notfälle durchzuführen. Ebenso muss sicher- dienste, insbesondere an die Tunnelbetreiber, das gestellt sein, dass das Tunnelbetriebspersonal Tunnelbetriebspersonal sowie die Einsatzkräfte und die beteiligten Einsatzdienste1 entsprechend der Feuerwehr, der Polizei und der Rettungsdiens- geschult sind. te. Ziel ist es, den beteiligten Akteuren — auch auf Basis bewährter Beispiele — in erster Linie Anre- Ein wichtiger Aspekt der Regelungen in den RABT gungen für die Praxis zu bieten. ist die Verbesserung der Möglichkeiten zur Selbst- rettung der Nutzer im Ereignisfall durch mög- lichst einheitliche Ausführung und Gestaltung der Sicherheitseinrichtungen (Fluchtwege, Notaus- gänge etc.). 1 Gemäß der Definition der RABT 2006 sind Einsatzdienste „…alle örtlichen – öffentlichen wie privaten – Dienste oder Tunnelbedienstete, die bei einem Ereignis Hilfe leisten, einschließlich Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste.“
16 • Allgemeines • Ereignismanagement für Straßentunnel 2 Kapitel © asharkyu/Shutterstock Allgemeines Einleitend in das Thema werden an dieser Stelle die im Ereignisfall Beteiligten und deren Rollen beschrieben sowie der Aufbau der vorliegenden Broschüre entsprechend den Phasen des Ereignis managements dargelegt.
Ereignismanagement für Straßentunnel • Allgemeines • 17 2.1 Beteiligte und Zuständigkeiten Sicherheitsanforderungen nicht erfüllt sind, den Tunnelbetrieb wieder aussetzen oder einschrän- Im Vorfeld und auch dann, wenn es in einem Tun- ken. Sie ist für die Feststellung der Betriebssicher- nel zum Ereignisfall kommt, wirken verschiedene heit nach einem größeren Ereignis, das u. U. zur Institutionen und Einsatzdienste zusammen, de- Beeinträchtigung der Bauwerkssicherheit führt, ren Aufgaben und Zuständigkeiten im Folgenden zuständig und verantwortet in Abstimmung mit aufgeführt sind. der Polizei/Feuerwehr somit u. a. die Freigabe des Tunnels für den Verkehr nach einer notfallbe- Verwaltungsbehörde dingten Sperrung. Zuständige Verwaltungsbehörden für Straßen- Die Verwaltungsbehörde bestimmt einen Tunnel- tunnel an Bundesfernstraßen sind in der Regel die manager, der u. a. für die Dokumentation von Stö- Straßenbauverwaltungen der Länder, z. B. Lan- rungen und Unfällen mit erheblichem Ausmaß desbetrieb Straßenbau in Nordrhein-Westfalen, zuständig ist (→ Abbildung 1). Der Sicherheits- Autobahndirektionen in Bayern, Landesbehörde beauftragte wird vom Tunnelmanager ernannt. für Straßenbau und Verkehr in Niedersachsen, Re- Er koordiniert u. a. sämtliche Präventiv- und gierungspräsidien in Baden-Württemberg. Sicherungsmaßnahmen, so z. B. auch die Planung, Durchführung und Bewertung von Einsätzen im Die für den Tunnelbetrieb zuständige Verwal- Ereignisfall. Des Weiteren stellt die Verwaltungs- tungsbehörde ist dafür verantwortlich, dass die behörde sicher, dass Inspektionen, Bewertungen Sicherheitsanforderungen an den Tunnelbetrieb und Prüfungen von Untersuchungsstellen durch- eingehalten werden. Sie genehmigt die Inbe- geführt werden. Diese sind vom Tunnelmanager triebnahme eines Tunnels und kann, wenn die funktional unabhängig. Verwaltungsbehörde bestimmt beauftragt erkennt an Tunnelmanager Untersuchungsstelle ernennt funktional unabhängig Sicherheitsbeauftragter Abbildung 1: Organisationsstruktur des Tunnelbetriebs
18 • Allgemeines • Ereignismanagement für Straßentunnel Polizei Entsprechend diesen Vorgaben und je nach Be- triebskonzept der TLZ nimmt das Tunnelüberwa- Zu den Aufgaben der Polizei zählen die Absiche- chungspersonal u. a. folgende Aufgaben wahr: rung von Unfall- bzw. Gefahrenstellen, die Ab- leitung des Verkehrs sowie die Freihaltung der • Beobachtung der Verkehrssituation Rettungswege und des Einsatzraumes für die Rettungskräfte. Darüber hinaus ist die Polizei zu- • Überwachung und Steuerung der betriebs- ständig für die Verkehrsunfallaufnahme und die und sicherheitstechnischen Einrichtungen im Information des Verkehrswarndienstes. Normal- und Ereignisfall Im Ereignisfall wirkt die Polizei in der Einsatz- • Entgegennahme von Notrufen leitung mit, bei polizeispezifischen Lagen über- nimmt sie die Einsatzleitung. • Behebung von technischen Störungen Feuerwehr und Rettungsdienst • Koordination und Betreuung der Wartungs- und Instandsetzungsarbeiten Feuerwehr • Information und Warnung der Tunnelnutzer Aufgabe der Feuerwehr ist die Rettung von Per- über die Lautsprecheranlage und über Ver- sonen bei Unfällen und Bränden, die Brandbe- kehrsfunk (Einsprechen in die Radiosender) kämpfung sowie die technische Hilfeleistung, wie z. B. die Eindämmung von auslaufendem Öl oder • Alarmierung der Feuerwehr, der Polizei, des Chemikalien. Bei Ereignissen der nicht polizei Rettungsdienstes und weiterer Beteiligter lichen Gefahrenabwehr übernimmt die Feuer- (z. B. Verkehrsleitzentrale) im Ereignisfall wehr die Einsatzleitung. Im Ereignisfall ist die TLZ bis zum Eintreffen der Rettungsdienst Einsatzkräfte für die Erstmaßnahmen im Tunnel zuständig. Unmittelbar nach der Alarm- bzw. Zu den Aufgaben des Rettungsdienstes gehören Notrufauslösung ist es ihre Aufgabe, die Selbstret- die medizinische Erstversorgung von Verletzten tungsphase zu unterstützen und Aktionen ein- am Notfall-/Unfallort und der Abtransport der zuleiten (sofern diese nicht bereits automatisch Verletzten in ein für die weitere Versorgung ge- ausgelöst werden), wie z. B. den Tunnel zu sperren, eignetes Krankenhaus. die Brandbeleuchtung einzuschalten, die Belüf- tung zu steuern und die Nutzer durch Lautspre- Tunnelleitzentralen (TLZ) cherdurchsagen zu informieren. Gemäß den Vorgaben der Richtlinien für die Eine wesentliche Aufgabe der TLZ besteht auch Ausstattung und den Betrieb für Straßentunnel darin, den Einsatzkräften während der Anfahrt (RABT, Abschnitt 1.2.1 Tunnelüberwachung) sind die notwendigen Lageinformationen, beispiels- die Überwachung von Tunneln, die Steuerung weise über den betroffenen (Brand-) Abschnitt, der Betriebstechnik, die Störungsbeseitigung und die Art und das Ausmaß des Brandes, die Richtung die Instandhaltung sowie die Information und der Rauchausbreitung im Brandfall, die Richtung Warnung der Tunnelnutzer an eine Betriebszen- der flüchtenden Personenströme, die Verkehrs- trale zu übertragen. Diese kann organisatorisch situation vor Ort sowie über Sondersituationen bei einer Tunnelwarte, einer Verkehrsleitzentra- vor Ort (z. B. Baustelle oder nicht vorhandene le oder einer Autobahn- bzw. Straßenmeisterei Möglichkeit, die Fahrbahnseite zu wechseln), zu angesiedelt sein. Bei Tunneln über 400 m Länge übermitteln. muss sichergestellt sein, dass die Notrufe und die Videoüberwachung an eine ständig besetzte Stelle (24/7) übertragen werden.
Ereignismanagement für Straßentunnel • Allgemeines • 19 In der zweiten Phase, nach dem Eintreffen der Weitere Beteiligte Einsätzkräfte, wirkt die TLZ unterstützend und beratend. Sie hat eine Mitwirkungspflicht, han- Je nach Schadenslage werden im Ereignisfall delt aber auf Anweisung der Feuerwehr oder der weitere Fachdienste und Fachbehörden hinzuge- Polizei. zogen, z. B.: Verkehrsleitzentralen • Abschleppunternehmen Verkehrsleitzentralen übernehmen den opera- • Entsorgungsfachfirmen tiven Betrieb der Verkehrsbeeinflussungsmaß- nahmen und sind somit zuständig für verkehrs • Techniker des Tunnelbetreibers (interne regelnde und –lenkende Maßnahmen zur Mitarbeiter oder externe Firmen) Information und Warnung der Verkehrsteilneh- mer und zur Sicherung eines flüssigen Verkehrs- • Energieversorgungsunternehmen (Strom/Gas) ablaufs. • Wasser- und Abwasserversorgungsunternehmen Autobahnmeistereien • Umweltschutzbehörde, sofern die Gefahr Auf Anforderung der Polizei führen die Auto- einer Kontamination des Grundwassers durch bahnmeistereien Absperrmaßnahmen nach län- Gefahrstoffe besteht derspezifischen polizeilichen Regelungen zur Si- cherung der Unfallstellen durch. Darüber hinaus sind sie u. a. für die Instandhaltungsmaßnahmen am Straßenkörper und an der Straßenausstattung nach einem Schadensereignis zuständig. Gemeinde / Kreis / kreisfreie Stadt Die Gemeinden sind Aufgabenträger für den Brandschutz und die Allgemeine Hilfe im eigenen Wirkungskreis auf ihrem Gemeindeterritorium. Die Landkreise sind Aufgabenträger für den überörtlichen Brandschutz und die überörtliche Allgemeine Hilfe im eigenen Wirkungskreis. Je nach Ländergesetzgebung sind die Landkreise, die kreisfreien Städte und/oder das Land Aufga- benträger für den Katastrophenschutz. Bei Großschadensereignissen/Katastrophen ob- liegt es je nach Ländergesetzgebung den Kata strophenschutzbehörden, den Katastrophenfall festzustellen. Die Verantwortlichkeiten zur Krisenbewältigung werden im Katastrophenfall auf die Katastrophenschutzbehörden übertragen (Krisenstab der Verwaltung als die administra- tiv-organisatorische Komponente, Einsatzleitung als die operativtaktische Komponente unter der Führung des politisch Gesamtverantwortlichen).
20 • Allgemeines • Ereignismanagement für Straßentunnel 2.2 Phasen des Ereignismanagements Prävention (vor dem Ereignis) In der vorliegenden Broschüre werden Maßnah- Sie umfasst alle Maßnahmen, die im Vorfeld eines men beschrieben, die entsprechend der Entfal- Ereignisses ergriffen werden, um den Eintritt ei- tung ihrer Wirksamkeit, also vor, während oder nes Schadensereignisses zu verhindern oder des- nach dem Ereignis, den folgenden Phasen des sen Eintrittswahrscheinlichkeit zu minimieren.2 Ereignismanagements zugeordnet werden: Hierzu können planerische, bauliche, betriebliche und organisatorische Schutzvorkehrungen gehö- • Vorbereitung ren. Dies können beispielsweise Beschilderungen sein, die gemäß ADR3 den Transport bestimmter • Ereignisbewältigung Gefahrgüter durch einen Tunnel einschränken bzw. gänzlich verbieten. • Ereignisnachbereitung Auch Detektionstechnologien, die die Identifika- Der inhaltliche Aufbau der Broschüre folgt dieser tion heißgelaufener Fahrzeugteile ermöglichen Einteilung, wobei die meisten Maßnahmen und und dabei helfen, deren Einfahren in den Tunnel Empfehlungen der Phase der Vorbereitung zu- zu verhindern, zählen zu den Präventionsmaß- zuordnen sind. Die Gliederung orientiert sich am nahmen. Regelkreislauf des Risiko- und Krisenmanage- ments (→ Abbildung 2) mit den vier Phasen Prä- Maßnahmen der Prävention werden hier nicht vention, Vorbereitung, Bewältigung und Nach- weiter betrachtet. bereitung. Prä ng ven eitu tio r be n ch Na ung re i t Bew be ält r Vo un ig g Ereignis Abbildung 2: Regelkreislauf Risiko- und Krisenmanagement; Quelle: BBK 2 In den RABT 2006 wird der Begriff „Präventivmaßnahmen“ nur einmal im Zusammenhang mit den Aufgaben des Sicherheitsbeauftragten im Abschnitt 1.1.3 erwähnt. Diese Maßnahmen beinhalten u. a. Schulungen der Einsatzdienste und des Betriebspersonals, die Organisation von Übungen, die Planung von Einsätzen, also Maßnahmen, die gemäß der in diese Veröffentlichung vorgenommenen Definition den vorbereitenden Maßnahmen zuzuordnen sind. 3 Abkürzung für Accord européen relatif au transport international des marchandises Dangereuses par Route (Europäisches Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße)
Ereignismanagement für Straßentunnel • Allgemeines • 21 Begriffsdefinitionen Risiko- und Krisenmanagement Risikomanagement Kontinuierlich ablaufendes, systematisches Verfahren zum zielgerichteten Umgang mit Risiken, das die Analyse und Bewertung von Risiken sowie die Planung und Umsetzung insbesondere zur Risikovermeidung/- minimierung und –akzeptanz beinhaltet. Krisenmanagement Alle Maßnahmen zur Vermeidung von, Vorbereitung auf, Erkennung und Bewältigung sowie Nachbereitung von Krisen. [...] Krisenmanagement beinhaltet die Schaffung von konzeptionellen, organisatorischen und verfahrensmäßigen Voraussetzungen, die eine schnellstmögliche Zurück- führung der eingetretenen außergewöhnlichen Situation in den Normalzustand unterstützen durch staatliche und nichtstaatliche Akteure. Operatives und kommunikatives Krisenmanage- ment umfassen alle Maßnahmen zur Vermeidung, Erkennung, Bewältigung und Nachbereitung von Krisenfällen. Quelle: BBK-Glossar [4] Vorbereitung (vor dem Ereignis) Wiederherstellung/Nachbereitung (nach dem Ereignis) Hierunter versteht man alle vorbereitenden Maß- nahmen, um die Auswirkungen beim Eintritt Dies bezieht alle Maßnahmen mit ein, die nach eines Schadensereignisses so gering wie mög- einem Ereignis ergriffen werden, um soweit und lich zu halten. Dies beinhaltet z. B. die Aufstel- so schnell wie möglich den ursprünglichen Zu- lung, Ausbildung, Training und Vorhaltung von stand wieder herzustellen. Darunter fallen z. B. Strukturen des Notfall- und Rettungswesens, die die Wiederherstellung von Infrastrukturanlagen Information und Aufklärung der Nutzer, die Auf- und – einrichtungen, Strukturverbesserungen, stellung von Notfallplänen, die Bereithaltung von psychosoziale Nachsorge von Betroffenen und Ausrüstungsgegenständen sowie von Warn- und Einsatzkräften, individuelle Rehabilitation sowie Meldesystemen. die Entwicklung von Konzepten, die zukünftig eine effektivere Ereignisbewältigung ermöglichen Vorbereitende Maßnahmen → Kapitel 3 sollen („Lehren ziehen aus dem Ereignis“). Bewältigung (während des Ereignisses) Ereignisnachbereitung → Kapitel 5 Diese Phase bezeichnet, beginnend mit der Er- eigniserkennung bzw. –meldung, die unmittelbar bei bzw. nach Eintritt eines Ereignisses zu er- greifenden Gefahrenabwehrmaßnahmen. Hierzu gehören u. a. die Rettung von Personen aus dem unmittelbaren Gefahrenbereich, die Notfallver- sorgung von Verletzten und Betroffenen, das Absperren des Gefahrenbereichs sowie die Auf- rechterhaltung von Infrastrukturfunktionen ein- schließlich Verkehrsumleitung. Ereignisbewältigung → Kapitel 4
22 • ����������������������� • Ereignismanagement für Straßentunnel 3 Kapitel © Vladimir Panchenko/Shutterstock Vorbereitende Maßnahmen In den folgenden Kapiteln wird auf organisatorische Maßnahmen eingegangen, die der Vorbereitung auf ein Ereignis und somit der Reduzierung des Schadensausmaßes im Ereignisfall dienen.
Ereignismanagement für Straßentunnel • ����������������������� • 23 3.1 Alarm- und Gefahrenabwehrplanung • Ereignistabellen mit Zuordnung der zu alarmierenden Einsatzdienste 3.1.1 Aufbau der Alarm- und Gefahren abwehrpläne (AGAP) • Kommunikationsmöglichkeiten im Tunnel (Funk, Radio, Mobiltelefon) In den Alarm- und Gefahrenabwehrplänen, die von den Tunnelbetreibern gemäß den RABT auf- • Maßnahmen der TLZ bei Betriebsstörungen gestellt werden müssen, sind alle wesentlichen und im Ereignisfall Informationen und Handlungsanweisungen für verschiedene Notfälle bzw. Störfallszenarien • Anfahrtswege und Aufstellflächen für die sowie Informationen zum Bauwerk und den Einsatzkräfte betriebs- und sicherheitstechnischen Einrich- tungen zusammengeführt. In den RABT gibt es • Übersicht der Bereitstellungsräume, keine Vorgaben bzw. Muster für die inhaltliche Notzufahrten und Rettungszufahrten Ausgestaltung der Alarm- und Gefahrenabwehr- pläne. Dort heißt es lediglich, dass im Rahmen der • Umleitungspläne bei Tunnelsperrung Alarm- und Gefahrenabwehrplanung die Belange behinderter Personen zu berücksichtigen und die • Entwässerung des Tunnels Meldewege mit Polizei, Feuerwehr und Rettungs- diensten abzustimmen sind. Die wesentlichen • Lüftungsprinzip, Vorgaben zur Steuerung der Inhalte der Alarm- und Gefahrenabwehrpläne Lüftung im Brandfall werden in dem von der Bundesanstalt für Stra- ßenwesen herausgegebenen Leitfaden zur Er- • Energieversorgung stellung einer Sicherheitsdokumentation gemäß RABT 2006 (Abschnitt 1.1.5) benannt [9]. • Löschwasserversorgung Die Struktur und die inhaltlichen Darstellungen • Übersicht Betriebsgebäude der Alarm- und Gefahrenabwehrpläne sind je nach Bundesland unterschiedlich. Bei zentraler Erläuterungen Überwachung mehrerer Tunnel unterliegen sie in der Regel landeseinheitlichen Standards. Im • Gefahrenpotenzial im Tunnel Einzelnen werden in den Alarm- und Gefahren- abwehrplänen folgende Inhalte dargestell4: • Beschreibung des Objekts, der baulichen Anla- gen und der sicherheitstechnischen Ausstattung Alarm- und Einsatzdokumente • Maßnahmen der Gefahrenabwehr bei • Im Ereignisfall Beteiligte mit ihren jeweiligen definierten Ereignissen Aufgaben und Zuständigkeiten • Leistungsfähigkeit der Einsatzdienste • Alarmierungs- bzw. Meldewege für definierte Ereignisse • Inhalte der Einweisung und Schulung der im Ereignisfall beteiligten Institutionen und der • Erreichbarkeiten/Telefonlisten der involvier- Einsatzdienste ten Institutionen und der Einsatzdienste • Hinweise für das richtige Verhalten der • Alarm- bzw. Einsatzstufen Tunnelnutzer im Ereignisfall 4 Die Auflistung ist eine Zusammenfassung der wesentlichen Inhalte aus verschiedenen exemplarisch ausgewählten Alarm- und Gefahrenabwehr- plänen. Dies bedeutet, dass nicht alle der hier genannten Aspekte in jedem individuellen AGAP enthalten sind.
24 • ����������������������� • Ereignismanagement für Straßentunnel Externe Dokumente Situation • Feuerwehrplan nach DIN 14095 • Aufstellung AGAP gemäß den RABT • Alarm- und Ausrückeordnung der Feuerwehr Pflicht des Tunnelbetreibers • Alarmplan Massenanfall von Verletzten und • Struktur und Inhalt der AGAP je nach Erkrankten (MANV) Bundesland unterschiedlich Sonstiges • AGAP z. T. zu umfangreich für die unmittelbare Verwendung im Einsatz • Anweisungen für Presse- und Öffentlichkeits- arbeit bei größeren Ereignissen Das Gesamtdokument soll den Einsatzdiensten eine Übersicht über die Örtlichkeit und die Empfehlung Funktionsweise der Betriebs- und Sicherheits- technik bieten und das Objekt, die baulichen und Aufbau AGAP technischen Einrichtungen im Detail sowie die Infrastruktur im Umfeld des Bauwerks dokumen- Der Aufbau des AGAP sollte einem modularen tieren. Mit diesem Dokument erhalten die Ein- Aufbau, gegliedert in Gesamtdokument und Ein- satzdienste die Möglichkeit, sich mit dem Objekt satzunterlagen folgen: und den Gegebenheiten vor Ort vertraut zu ma- chen. Sinnvoll ist es, die Inhalte mit Fotos, Plänen, • das Gesamtdokument als „Nachschlagewerk“ Skizzen etc. grafisch aufzubereiten, um dem Leser enthält alle relevanten Informationen zum auf einen Blick die wichtigsten Informationen zu Objekt, zum Betrieb und zu Maßnahmen im vermitteln. Ereignisfall Oberste Priorität im Ereignisfall ist, dass die Ein- • die Einsatzunterlagen enthalten in satzdienste schnell auf die einsatzrelevanten In- komprimierter Form nur für den Einsatz formationen zugreifen können. Dazu gehören u. a.: relevante Informationen • Handlungsanweisungen für das jeweilige • Vorlage für Ereignisprotokoll bzw. Ereignis (Checklisten) Ereignismeldebogen • Kommunikationsmöglichkeiten Die in den AGAP betrachteten Ereignisse umfas- (Telefonnummern/BOS-Funkfrequenzen) sen Störungen der Betriebstechnik, Gefahrenstel- len und Pannen, Unfallszenarien mit und ohne • Anfahrtswege/Zugangswege/Notzufahrten/ Beteiligung von Gefahrgut, Brandszenarien oder Bereitstellungsräume auch Naturgefahren, wie z. B. Überflutung. • Weitere Zusatzinformationen, z. B. Steuerung Diese Auflistung macht deutlich, dass der AGAP der Brandfall-Lüftung ein umfangreiches Dokument ist, das in dieser ausführlichen Form für den Einsatz wenig geeig- Diese Einsatzunterlagen als Bestandteil des AGAP net ist. Zudem enthalten die AGAP vielfach aus- sollten nicht nur ereignisbezogen, sondern auch führliche Beschreibungen, was die Handhabung adressatenbezogen aufgebaut sein, d. h. für die dieses Dokuments für den Anwender erschwert. jeweilige Zielgruppe – Operatoren, Feuerwehr, Polizei – nur die Informationen beinhalten, die für das eigene Handeln im Ereignisfall von Be- deutung sind.
Ereignismanagement für Straßentunnel • ����������������������� • 25 Konsequent umgesetzt wurde dieses Prinzip eines Inzwischen liegen viele Erfahrungen mit der Erstel- AGAP in Luxemburg. Auf der Grundlage von Ein- lung und Anwendung von Alarm- und Gefahrenab- satzplanungen für verschiedene Ereignisse wur- wehrplänen bei den Tunnelbetreibern vor. Im Sinne den die relevanten Handlungs- bzw. Einsatzinfor- von Good Practices wäre es hilfreich, eine Mustervor- mationen zielgruppenspezifisch aufbereitet. lage für einen AGAP zu erstellen, die den Betreibern als Leitfaden bei der Erstellung und Fortschreibung Ein weiteres Beispiel, wie Einsatzinformationen von AGAP dienen könnte. Diese Mustervorlage aufbereitet werden können, ist die sogenannte könnte beispielsweise im Rahmen bestehender Län- „Sonnenblende“, die in Thüringen eingesetzt wird. der- bzw. Bund-Länder-Gremien erarbeitet werden. Beispiel: Alarm- und Gefahrenabwehrplan für Straßentunnel in Luxemburg Aufbau des Alarm- und Gefahrenabwehrplans: • Schematische Darstellung des betroffenen Tunnelabschnittes mit Zu- und Abfahrten • Gesamtdokument als „Nachschlagwerk“ und Einsatzunterlagen für Operatoren, Feuerwehr, • Allgemeine Einsatzanweisungen Polizei, Leitzentralen der Polizei und der Rettungsdienste • Telefonnummern/Funkfrequenzen Aufbau der Einsatzunterlagen: Je nach Zielgruppe sind folgende Darstellungen und Bedienungshinweise enthalten: • Für jeden Tunnelabschnitt und Ereignistyp existiert ein Datenblatt mit Identifizierungs- • Zugang zum Ereignisort in Abhängigkeit von nummer der Fahrtrichtung • Eine tabellarische Übersicht der Datenblätter • Zugang zum Ereignisort in Abhängigkeit von auf dem Deckblatt erleichtert das Auffinden der Verkehrssituation des betreffenden Datenblattes • Sammelpunkte für Rettungsfahrzeuge • Alle wesentlichen Einsatzinformationen (Ersteinsatzkräfte sowie die nachrückenden für das Ereignis sind auf der Vorder- und Einsatzkräfte) Rückseite des Datenblattes zusammengefasst • Angriffsweg für die Feuerwehr (Ersteinsatz- • Datenblätter für bestimmte Ereignisse sind an kräfte und nachrückende Einsatzkräfte) den Tunnelportalen hinterlegt • Betriebsarten der Belüftung Inhalt des Datenblattes: • Bedienungshinweise Belüftungssteuerung, • Ereignistyp mit Zuordnung zum Lautsprecheranlage, Schrankenanlage Tunnelabschnitt Die grafische Gestaltung der Unterlagen folgt • Zuständige Einsatzdienste einem Farbkonzept, das dem Anwender das „Filtern“ der Informationen erleichtern soll. • Beschreibung der durchzführenden Arbeitsschritte Die Einsatzunterlagen dienen gleichermaßen der Schulung und Ausbildung der Einsatzdienste
26 • ����������������������� • Ereignismanagement für Straßentunnel Beispiel: Hilfsmittel „Sonnenblende“ für die Einsatzdienste Als effizientes Hilfsmittel im Einsatz wurde in hinterlegt werden kann, sind auf der Vorder- Thüringen für den Ersteinsatz die sogenannte und Rückseite die wichtigsten Informationen „Sonnenblende“ zur ständigen Mitführung aufgeführt: Übersichtsdarstellung der Tunnel- in den Einsatzfahrzeugen der Einsatzdienste kette mit Not- und Rettungszufahrten, Telefon- eingeführt. Auf dieser kleinformatigen Ein- nummern, BOS-Funkkanäle sowie eine Check- satzunterlage, die, wie der Name deutlich liste „Was ist zu tun“ für das ersteintreffende macht, im Fahrzeug hinter der Sonnenblende Rettungsmittel. Datenschutz Entsprechend einer Risikobewertung der möglichen Szenarien sollte im AGAP ein Konzept für einen Der Alarm- und Gefahrenabwehrplan enthält alle denkbaren Großschadensfall integriert sein. Folgen- wesentlichen Informationen zum Bauwerk und de Module könnte dieses Konzept beinhalten: Abläufen der Gefahrenabwehr, die – wenn sie beispielsweise im Internet veröffentlicht werden – • Szenariobezogenes Alarmierungs- und Melde- missbräuchlich genutzt werden könnten. Es sollte schema sowie Benachrichtigungslisten der sichergestellt werden, dass derartige Informatio- Fachbehörden und der Fachdienste nen datenschutzrechtlichen Regelungen unter- liegen und nur den beteiligten Einsatzdiensten • Szenariobezogene Einsatzunterlagen zugänglich sind und vertraulich behandelt wer- den. Darüber hinaus ist zu empfehlen, sensible In- • (Checklisten) formationen, wie z. B. über die Energieversorgung des Bauwerks, nur der autorisierten Führungsebe- • Festlegungen für die technische Ausrüstung ne zugänglich zu machen. • Ablaufplan zur Räumung des Tunnels 3.1.2 Vorbereitung auf Großschadensereignisse • Konzept für die Evakuierung bebauter Die in dem AGAP getroffenen Maßnahmen sind Tunneldecken und Absperrung von darauf ausgelegt, durch unverzügliches Eingrei- öffentlichen Verkehrswegen über der fen der Gefahrenabwehrkräfte im Ereignisfall ein Tunneldecke sowie im Portalbereich größeres Schadensausmaß zu verhindern. • Ausweisung alternativer (auch großräumiger) In die Alarm- und Gefahrenabwehrplanung Fahrrouten bei kurz- und langfristiger sollten auch Großschadensszenarien einbezogen Sperrung des Tunnels werden, zu deren Bewältigung es besonderer Vorbereitungen bedarf. Es sind Schadensereig- Nachrichtlich wäre auch ein Verweis auf die nisse, die sowohl durch menschliches Versagen ortsbezogenen Planungen aufzunehmen, z. B.: (Unfälle) als auch durch kriminelle oder terroristi- sche Handlungen oder Naturereignisse ausgelöst • Ablaufplan zur Bildung eines Krisenstabs werden können. Die möglichen Folgen können Großbrände, Großexplosionen im Tunnel sowie • Information und Warnung der Bevölkerung die Kontamination oder die Überflutung eines Tunnels sein mit erheblichen Auswirkungen auf • Umgang mit Opfern, Benachrichtigung von die Nutzer und das Bauwerk, bis hin zu dessen Familienangehörigen vollständiger Zerstörung. • Einsatzkonzept für einen Massenanfall von Verletzten und Erkrankten (MANV)
Ereignismanagement für Straßentunnel • ����������������������� • 27 Das Szenario eines terroristischen Anschlags definiert. Die bei terroristischen Anschlagssze- sollte in der Alarm- und Gefahrenabwehrplanung narien zu ergreifenden Maßnahmen sind in den besondere Beachtung finden, weil ein solches entsprechenden Handlungsanweisungen oder Szenario durch die Gefahrenabwehr schwer be- Richtlinien für die Gefahrenabwehrkräfte fest- herrscht werden kann. Zum einen besteht immer gelegt. In Thüringen wurde diese Thematik im die Gefahr von Folgeanschlägen (Zweitanschlag) Rahmen einer separaten Konzeption der Polizei in räumlicher Nähe, um die Gefahrenabwehr zu zum Erkennen und Bewältigen von Handlungen, schwächen. Zum anderen könnten die Einsatz- die gegen Objekte und Anlagen, Einrichtungen kräfte auch gezielt angegriffen werden. und Personen gerichtet sind, in einem Einsatzbe- fehl der Polizei für die BAB A71/73 geregelt Vor dem Hintergrund der Anschläge auf die U-Bahnen in Madrid im Jahr 2004 sowie in Der Alarm- und Gefahrenabwehrplan sollte London im Jahr 2005 wurden auch in Deutsch- enthalten: land in Großstädten wie Berlin, Hamburg oder Köln Konzepte bzw. Vorgehensweisen für terroris- • Handlungs- und Einsatzanweisungen zum tische Anschlagsszenarien erarbeitet. Dabei han- Umgang mit explosiven Stoffen und auffälli- delt es sich um generelle Handlungsanweisungen gen bzw. nicht identifizierbaren Objekten für die Gefahrenabwehrkräfte, die jedoch keinen Bezug zu einem bestimmten Objekt haben. Es ist • Verhaltens-/Handlungsanweisungen für die eine ereignisbezogene Einsatzplanung, die die Gefahrenabwehrkräfte im Fall eines Anschlags taktischen Vorgehensweisen für die Gefahrenab- auf ein oder gleichzeitig mehrere Tunnel wehrkräfte im Fall von terroristischen Anschlägen objekte Handlungshilfen bei einem terroristischen Anschlag Eine Handlungshilfe für Einsatzkräfte nach ei- nem Anschlagsereignis (HEIKAT) bietet die von den im Katastrophenschutz tätigen Organisati- onen unter der Federführung vom Bundesamt HEIKAT für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe Handlungsempfehlung zur Eigensicherung für Einsatzkräfte der Katastrophenschutz- und (BBK) herausgegebene HEIKAT-Veröffentli- Hilfsorganisationen bei einem Einsatz nach einem Anschlag chung. Ziel dieser Handlungshilfe ist es, die Einsatzkräfte für die Gefahr eines terroristi- schen Anschlags zu sensibilisieren, Wege der Gefahrenerkennung aufzuzeigen sowie mögli- che Handlungs- und Denkabläufe anzuregen. https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/ Downloads/DE/Mediathek/Publikationen/ KRITIS/heikat-handlungsempfehlungen.pdf? __blob=publicationFile&v=10 BBK. Gemeinsam handeln. Sicher leben. Das Fachreferat „Sprengstoff- und Brand- delikte“ des Bundeskriminalamtes (BKA) hat Hinweise zu Erstmaßnahmen bei Bomben- erarbeitet. Die Veröffentlichungen können bei drohungen bzw. zum Verhalten beim Verdacht den zuständigen Landeskriminalämtern an- einer sprengstoffverdächtigen Postsendung gefordert werden.
28 • ����������������������� • Ereignismanagement für Straßentunnel 3.1.3 Erarbeitung von Tunnelbelüftungs Stufe eine Sofortinformation, z. B. über Gefahren- konzepten bei Freisetzung von giftigen zettel, beinhaltet, im Weiteren detaillierte Infor- Gasen mation über Datenbanken oder Nachschlage- werke und bei unklaren Lagen Expertenmeinung Unfälle mit Beteiligung von Gefahrgut zählen herangezogen werden. Bei chemischen Lagen sind zu den Gefahrenlagen, für die im Rahmen der es beispielsweise die Analytische Task-Force (ATF) Alarm- und Gefahrenabwehrplanung für Tunnel mit ihren sieben Standorten in Deutschland oder entsprechende Vorbereitungen zu treffen sind. das Transport-Unfall-Informations- und Hilfe- leistungssystem (TUIS) der Chemischen Industrie. Allerdings sind nicht alle Tunnel für Gefahrgut- Beide Institutionen bieten Unterstützung von der transporte freigegeben. In der Fassung des ADR telefonischen Beratung bis zur Verfügungsstel- von 2007 wurden neue Bestimmungen für Ge- lung von Fachpersonal und Material vor Ort. fahrguttransporte in Straßentunneln eingeführt Diese Bestimmungen sehen eine Tunnelkatego Da Brände und Explosionen als Folge von Gefahr- risierung vor, die den Transport bestimmter gutunfällen in Tunneln eine besondere Gefah- Gefahrgüter durch den Tunnel einschränken renlage darstellen, wurden im Projekt SKRIBT oder gänzlich verbieten. Bei der Zuordnung eines Technologien zur Gefahrguterkennung mittels Tunnels zu einer bestimmten Tunnelkategorie Video sowie RFID-Technik entwickelt, die die in (Kategorie A „keine Durchfahrtsbeschränkungen“ den Tunnel einfahrenden Gefahrguttransporter bis Kategorie E „Beschränkungen für alle gefährli- registrieren und das entsprechende Gefahren- chen Güter“) wird von drei Hauptgefahren ausge- potenzial darstellen können [25]. Im Ereignisfall gangen, die zu erheblichen Personenschäden bzw. können somit den Einsatzkräften bereits bei der Schäden am Bauwerk führen können: Alarmierung die notwendigen Informationen über die transportierten Gefahrstoffe zur Verfü- • Explosionen gung gestellt werden. • Freiwerden giftiger Gase oder flüchtiger Es gehört zum Standard der sicherheitstechni- giftiger flüssiger Stoffe schen Ausstattung im Tunnel, dass ein Brand im Tunnel automatisch detektiert wird. Gasdetek- • Brände tionsanlagen hingegen, die beispielsweise bei chemischen Anlagen standardmäßig eingesetzt Die gefährlichen Güter sind nach ihrer Wirkung werden, sind in Straßentunneln unüblich und in den ADR spezifiziert. Die Zuweisung zu einer werden auch in den RABT nicht gefordert. Im Tunnelkategorie, die sich auf risikoanalytische Rahmen des Projekts SKRIBT wurde empfohlen Verfahren stützt [10], erfolgt durch die zuständige [25], solche Anlagen, deren Investitionssowie Behörde. Dabei kann derselbe Tunnel z. B. in Ab- die laufenden Unterhalts- und Wartungskosten hängigkeit von der Tageszeit oder dem Wochentag gering sind, je nach Risikobewertung des Tunnels auch verschiedenen Tunnelkategorien zugeordnet und abgestimmt auf das für den Tunnel zugelas- werden. sene Gefahrgut einzusetzen. Bei einer schnellen Detektion kann ggf. verhindert werden, dass die Kommt es zu einem Unfall und Austritt von Ge- ausgetretenen Gase sich entzünden oder explo- fahrstoffen, so ist es entscheidend, Art und die dieren. Eine solche Anlage bietet auch die Mög- Eigenschaften des Stoffes möglichst schnell zu lichkeit, Lüftungsszenarien bei Gasaustritt speziell identifizieren und geeignete Maßnahmen einzu- für die jeweilige Situation zu regeln. leiten. Die Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 „Ein- heiten im ABC-Einsatz“ [18] regelt die taktischen Für den Brandfall in einem Tunnel sind spezielle Vorgehensweisen im Umgang mit Gefahren durch Lüftungsprogramme vorgesehen, die entweder radioaktive, biologische und chemische Stoffe. automatisch durch die Brandmeldeeinrichtung Zur Ermittlung des betreffenden Stoffes bzw. der oder durch das Tunnelüberwachungspersonal Stoffeigenschaften soll danach ein vierstufiges ausgelöst werden. Entsprechende standardisierte Verfahren angewendet werden, das in der ersten Konzepte bzw. Programme zur Steuerung der
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