ERGEBNISSE AUS DEM BFN-PROJEKT "ÖKOLOGISCHE VIELFALT IN OBSTANLAGEN" ZU PRODUKTIONSINTEGRIERTEN MAßNAHMEN ZUR ÖKOLOGISCHEN AUFWERTUNG VON ...
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Ergebnisse aus dem BfN-Projekt "Ökologische Vielfalt in Obstanlagen" zu produktionsintegrierten Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung von Bio-Apfelanlagen Jutta Kienzle, Alfons Krismann, Gulmira Esenova, Heinrich Maisel, Falk Eisenreich, Martina Zimmer, Tim Boenigk, Anna-Lena Rau, Frank Schurr, C.P.W. Zebitz, Universität Hohenheim Bastian Benduhn, Christina Adolphi, ÖON e.V. Forschungstage Klosterneuburg 20.01.2022 Bernd Walther, erminea GmbH Martina Zimmer, Universität Hohenheim Projekt im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt. Gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. BfN Fz. 3514685A27
Projektziel und Vorgehensweise Standardset von Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung Naturschutzfachliche und obstbaufachliche Evaluierung auf 16 Pilotbetrieben (21 Anlagenvergleiche) in fünf Obstbauregionen + Erfahrungen sammeln auf Ringbetrieben: extensive Beobachtung einzelner Maßnahmen, Risikoabschätzung. 118 Bioobstbaubetriebe mit einer Gesamtbetriebsfläche von 2830 ha . Evaluierter Maßnahmenkatalog und eine erste Praxiseinführung
Vorgehensweise Standardset von Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung Mehrjähriger Blühstreifen „Ankerpflanzen“ aus heimischen Wildkräutern Wildsträucher am (gebietsheimisches Saatgut) Drahtanker in der Fahrgassenmitte Mehrjähriger Nisthilfen für Hochstaudensaum aus Wildbienen und heimischen Wildkräutern Vögel (gebietsheimisches Saatgut)
Blühphänologie in den aufgewerteten und Kontroll-Anlagen, alle Regionen 2018 - 2020 Insgesamt pro Jahr registrierte Anzahl blühender Blühstreifen in der Fahrgasse im Jahresverlauf Kräuterarten (4 Durchgänge / Jahr) Mai Juni Juli August • In den Blühstreifen-Fahrgassen blühen ca. 3x so viele Kräuterarten wie in den Kontrollen. • Da einige Arten erst im zweiten Jahr keimten, finden sich die meisten Arten im dritten Jahr. • Grundsätzlich erfassen die vier Begehungen nicht die gesamte Anzahl blühender Arten, da einige spät blühende Arten oder früh blühende Ruderalarten bei den vier Begehungen von Mai bis August nicht alle erfasst werden können. Insgesamt kann mit ca. 30 blühenden Kräuterarten gerechnet werden.
Validierung der Maßnahmen auf den Pilotbetrieben: Methoden Nord Aufgewertete Fläche: (2-3 mal jährlich alternierend gemulcht, Testmischung mit 27 Arten) Ost West Neckar Kernbetriebe Ringbetriebe Bodensee Vergleichsflächen jeweils mind. ca. 1 ha groß Kontrolle: 4-6 mal jährlich gemulcht
Erfassungen auf den Pilotbetrieben Naturschutzfachliche Bonituren Vegetation: • Auflaufbonitur im 1. Jahr • mind. 4 x jährliche Blühbonitur Fauna: • 4 x jährlich Keschern • 2 x jährlich Malaise-Fallen (nur 1 Betrieb pro Region) • Transektbegehung für Heuschrecken, Tagfalter und Wildbienen • Vogelnistkastenbelegung • Belegung Wildbienen-Nisthilfen • Barber-Fallen Laufkäfer, 1 Region, 1 Jahr Obstbaufachliche Bonituren: • 4 x jährlich Klopfproben (jeweils 3 x 33 Ast) Folie • 3 x jährlich Triebbonituren (Blattläuse und Nützlinge) mäusestreifen • Fruchtbonituren vor Ausdünnung und vor Ernte • 3 x jährlich Erfassung von Befallsspuren von Feld- und Schermäusen
Obstbaufachliche Bonituren 2021: Sommerbonituren Blattläuse und Nützlinge auf 500 Trieben alle Regionen Region West wenig Läuse in 2021
Effekt von Blühstreifen auf die Blattlausfeinde und die Grüne Apfellaus im Frühsommer 2017 -2019 Der Befall wird früher reduziert die Nützlinge treten früher auf das Räuber/Beute Verhältnis ist höher Ecofruit-Folie blattläuse Daten von 2017 bis 2019, pro Jahr 16 Vergleiche Kontrollparzelle zu aufgewerteter Parzelle (Jutta Kienzle)
Schäden an den Früchten – 2017 bis 2020 alle Regionen Frühsommer Vorernte Keine relevanten Fruchtschäden
Nagermanagement: Herausforderung Feldmaus, Beispiel Region Süd In Fahrgassen mit Blühstreifen weniger Baumschäden 450 50 400 45 Baumausfälle durch Mäuse Gesamtfläche Anzahl gefangener Tiere Gesamtfläche 350 40 Mittelstreifen Feldmaus 35 Prozentsatz Fläche mit Befallsspuren Rest Fahrgasse 300 Baumstreifen 30 250 Schermaus 25 200 20 In Fahrgassen mit 150 15 100 10 50 5 0 0 B K B K Herbst 2019 Herbst 2020 Herbst 2020 Befallsspuren Feldmaus Fallenfänge Sichtbare Baumschäden Boniturreihen Gesamtfläche Gesamtfläche Daten von 2019 bis 2020 (Jutta Kienzle)
Mäuse in Fahrgassen mit/ohne Blühstreifen, Beispiel Region West 2019-2020, ein Betrieb, im Herbst Schlagfallen gestellt Feldmausfänge/ha 250 194 200 165 Anzahl Mäuse 150 90,5 71 93 100 0 56 51 50 90,5 72 2 38 17 21 31 0 13 Biodiv 2019 Kontrolle 2019 Biodiv 2020 Kontrolle 2020 Baumstreifen Mitte/Blühstreifen Fahrspur In Fahrgassen mit Blühstreifen weniger Mäuse im Baumstreifen
Feldarten Individuen- und Artenzahl 2017-2020 alle Regionen Baumkrone Krautschicht Klopfproben Kescherproben
Feldarten Individuen- und Artenzahl 2017-2020 ohne Wanzen, Spinnen und Zikaden 2017 - 2020 Klopf- und Kescherproben Individuenzahl Feldarten 2017-2020 90000 80000 70000 60000 50000 40000 30000 20000 10000 0 2017 2018 2019 2020 B K *2020 – hier sind keine Klopfproben 2020 berücksichtigt, die Bestimmung läuft
Auftreten und Abundanz von Baumwanzen in der Fahrgassenvegetation und in der Baumkrone 2018 -2019 Anzahl Individuen Anzahl Arten Baumkrone Krautschicht Baumkrone Krautschicht In den aufgewerteten Anlagen treten auch Baum- wanzenarten auf, die nur auf krautigen Pflanzen leben und die Artenvielfalt in der Fahrgassenvegetation ist höher. Was heißt das für die natürlichen Gegenspieler?
Auftreten und Abundanz von Blumenwanzen in der Fahrgassenvegetation und in der Baumkrone 2018 -2019 Baumkrone (Klopfprobe) Krautschicht (Kescherprobe) Blumenwanzen wurden sowohl in der Fahrgassen- vegetation als auch in der Baumkrone gefunden. Bei den Orius-Arten sind alle Arten außer O. niger sowohl in der Fahrgasse als auch in der Baumkrone vertreten, was auf einen intensiven Austausch schließen lässt, der in der aufgewerteten Variante weitaus intensiver scheint. Das Potenzial der Blühstreifen für ein intelligentes Nützlingsmanagement muss intensiver untersucht werden! Datengrundlage Region Süd , Ost und West Jahre 2018-2019, Region West 2019 nur 3 Betriebe
Auftreten und Abundanz von Larvenstadien von Wanzenarten mit Habitat Krautschicht: Kescherfänge 2017 – 2019 Aus Wikipedia Commons Foto Alfred Die Anzahl Arten und Individuen von Larven von Wanzenarten, die an krautigen Pflanzen leben, ist in den aufgewerteten Anlagen deutlich erhöht. Wanzenarten mit Habitat „artenreiche Wiese“ finden durch die Aufwertungen Bedingungen vor, die eine Reproduktion ermöglichen. Der Anteil räuberisch lebender Weichwanzen und Blindwanzen ist in den Blühstreifen höher Datengrundlage Regionen Süd und Ost 2017-2019, 2017 nur wenige Proben, Region West 2018 und 2019 (2019 nur 3 Betriebe)
Obstbaufachlich relevante Zikaden: Orientzikade Orientus ishidae 2017 - 2019
Obstbaufachlich relevante Zikaden: Büffelzirpe Stictocephalus bisonia 2018-2019 Ost: 3 von 4 Betrieben (BOM teilweise Baumstreifen nicht immer regelmäßig bearbeitet) Süd: 2 von 4 Betrieben/5 Anlagen West: 1 Betrieb Nord: Nirgends Nur in der Biodiv-Parzelle Ob Zunahme oder nicht, kann erst diskutiert werden wenn alle Jahre ausgewertet sind.
A-L.Rau Spinnenbestimmung 2017-2020, alle Regionen Artenzahl von Spinnen in Kescherproben Individuenzahl von Spinnen in Kescherproben 2017-2020 2017-2020 4500 50 47 4000 45 3500 40 3000 35 32 2500 30 2000 25 18 1500 20 1000 15 500 10 0 5 B K 0 B+K B K B K
Spinnenbestimmung 2017-2020, alle Regionen Es wurde eine wesentlich höhere Anzahl an Jungspinnen in den aufgewerteten Anlagen beobachtet.
Jungspinnenverteilung in Klopf- und Kescherpoben 2017-2020 Kescher Klopf Die Verteilung der Jungspinnen in den Baumkronen wies nur geringe Unterschiede auf. Es wurde eine wesentlich höhere Anzahl an Individuen in den Kescherfängen der aufgewerteten Anlagen beobachtet.
Apoidea – Sichtbeobachtungen im Blühstreifen in der Fahrgasse in der Region Süd 2018 und 2019 Anzahl beobachteter Individuen Anzahl festgestellter Gattungen* 250 10 9 Apis 8 Biodiv 7 6 Kontrolle Osmia 5 9 200 4 8 7 3 6 6 5 2 4 Eucera 1 3 0 Beobachtete Individuen 2018 2019 2018 2019 150 Hylaeus Bodensee Neckar * ohne Honigbienen (Apis mellifera) Halictus Colletes Vorherrschend besuchte Blüten 100 250 Knautia arvensis Anzahl registrierter Blütenbesuche Bombus 200 Daucus carota Geranium pyrenaicum 50 Chelostoma 150 Taraxacum officinale Malva sylvestris 100 Sphecodes Crepis biennis 50 Achillea millefolium 0 Lasioglossum Trifolium pratense B K B K B K B K 0 Trifolium repens B K B K 2018 2019 2018 2019 Andrena Bodensee Neckar Bodensee Neckar
Wildbienen: Belegung der Nistkästen (2019), Region West, ein Standort [ C ] Die Bestimmung der Wildbienen bis zur Art erfolgte im Rahmen der Bachelorarbeit von Ellen Kraut, Biogeowissenschaften, Universität Koblenz Landau PW-Pollensammelnde Wildbienen • Biodiv-Anlage W-Wildbienen und Grabwespe • Kontroll-Anlage Abb. 16: Belegung der Nistkästen Biodiv. W= Wildbienen und Grabwespe, PW= Pollensammelnde Abb. 17: Belegung der Nistkästen Kontrolle. W= Wildbienen und Grabwespe, PW= Pollensammelnde Wildbienen. Quelle Bild: Google Maps 2021. Wildbienen. Quelle Bild: Google Maps 2021.
Ergebnisse der Malaisefallen Malaisefalle: Standdauer 3 Tage Momentaufnahme
Schwebfliegen – Ergebnisse der Malaisefallen Regionen Ost, Bodensee, Neckar und Nord im Jahr 2018 Individuenzahl und Arten Anzahl Arten 25 B K 20 15 23 10 21 20 16 12 11 5 10 9 0 Ost Neckar Bodensee Nord Es wurde eine wesentlich höhere Anzahl an Individuen und Arten in den aufgewerteten Anlagen beobachtet. Die Bestimmung der Schwebfliegen bis zur Art erfolgte im Rahmen der Bachelorarbeit von Nico Grosser
Schwebfliegenbestimmung in Malaisefallen 2017-2020 Keine Probenahm e
Schwebfliegenbestimmung in Malaisefallen 2017-2020 Mittlere Artenzahl von Schwebfliegen 2018-2020 25 21 20 20 17 16 15,5 15 15 1313,5 12 12 12 12 10,5 11 10 9,5 10 9 7,5 5 0 Sachsen Neckar Bodensee Sachsen Neckar Bodensee Sachsen Neckar Bodensee 2018 2019 2020 B K Es wurde eine Keine wesentlich höhere Probenahm e Anzahl an Individuen und Arten in den aufgewerteten Anlagen beobachtet.
Tagfalter Transekte Jahre 2018 bis 2020, alle Regionen • In den Parzellen mit Blühstreifen wurden 2,5 x so viele Tagfalter wie in der Kontrolle erfasst. • 2020 war ein generell unterdurchschnittliches Falterjahr. • Tagfalter sind wohl vor allem Nahrungsgäste (?) Vergleich aufgewertete Fläche und Kontrolle alle Regionen: Tagfalterindividuen (N=19/21 von 21) Mittelwert +/- 1SE: Biodiv 7,0 +/-3,1 ; Kontrolle: 0,7 +/-0,5 / M-W-U-Test p
Ergebnisse: Tagfalterfänge 2018 bis 2020 In den Parzellen mit Blühstreifen wurden 2,5 x so viele Tagfalter wie in der Kontrolle erfasst. Mittlere Anzahl von Tagfaltern/Betrieb 2018-2020 14 Individuen / Kleiner Feuerfalter – Region West 12 (Lycaena phlaeas) Transekt 10 Kontrolle Anzahl Tagfalter 8 6,2 6 4 2,5 2 0
Region West 2021, Belegung Vogelkästen Vogelnistkastenbelegung 2021 (%) 90,0 80,0 76,7 73,3 70,0 65,2 59,7 60,0 57,3 57,1 55,0 54,5 52,5 50,0 40,0 33,3 30,0 20,0 10,0 0,0 Gesamt A B C D BioDiv Kontrolle
Ergebnisse: Heuschreckenfänge 2019 bis 2021 alle Regionen In den Parzellen mit Blühstreifen wurden gut doppelt so viele Heuschrecken wie in der Kontrolle erfasst. 100 Biodiv Anzahl Heuschrecken 80 Kontrolle Kleiner Feuerfalter – Region West (Lycaena phlaeas) 60 40 21,8 20 10,5 0 Betrieb
Ergebnisse: Heuschreckenfänge 2017 bis 2021 Heuschrecken wandern erst über die Jahre in die aufgewerteten Anlagen ein. 3 Jahre 5 Jahre Heuschreckenindividuen pro Fang (2019- Heuschreckenindividuen pro Fang (2017- 2021): N=18 (Alle Regionen) 2021): N=4 (Bodensee) 30 15 25 20 10 15 10 5 5 0 Kontrolle Kontrolle Kontrolle Biodiv Biodiv Biodiv 0 Kontrolle Kontrolle Kontrolle Kontrolle Kontrolle Biodiv Biodiv Biodiv Biodiv Biodiv 2019 2019 2020 2020 2021 2021 2017 2017 2018 2018 2019 2019 2020 2020 2021 2021
Fazit • Erste Auswertungen zeigen eine deutliche Förderung verschiedener Aspekte der biologischen Vielfalt durch die validierten produktionsintegrierten Maßnahmen. • Auf dieser Basis wurden/werden konkrete Empfehlungen erarbeitet: • Einsaatmischungen für Blühstreifen in der Fahrgasse und einen Hochstaudensaum am Rand https://biodivobst.uni-hohenheim.de/download.html • Leitartenbasierter Maßnahmenkatalog (über 40 Einzelmaßnahmen, noch in Arbeit). …. und die Maßnahmen in die breite Praxis eingeführt • Derzeit machen 118 Öko-Obstbaubetriebe mit, es kommen immer noch mehr dazu. • Zuarbeit zu den Bioland-Richtlinien Biodiversitätsförderung. • Beim Monitoring im naturschutzfachlichen Teil hat sich gezeigt, dass eine artspezifische Auswertung und mehrmalige Erfassungen im Jahresverlauf essentiell sind, um den Erfolg einer Aufwertung noch besser beurteilen zu können. • Die Auswertungen im obstbaufachlichen Teil zeigen, dass das Habitatmanagement in der Obstanlage noch ein riesiges Potential für die Förderung von Nützlingen (Erhalt und Aufbau der Population) bietet.
Projekt "Potenziale und Praxisprogramm zur Erhöhung der ökologischen Vielfalt in Erwerbsobstanlagen und Streuobstwiesen“ Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit, • an alle Betriebsleiter, die auf eigenes Risiko in diesem Projekt mitarbeiten, ihre Ideen, Erfahrungen und ihre Arbeit einbringen. • an das BMU/BfN für die Chance, mit diesem Projekt die Maßnahmen zur Biodiversitätsförderung ernsthaft zu validieren und zu optimieren. • an die Bundesländer Baden Württemberg, Niedersachsen, Hamburg, Rheinland Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Sachsen für die Beteiligung an der Förderung des Projektes. Projekt im Rahmen des Bundesprogramms Biologische Vielfalt. Gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit. BfN Fz. 3514685A27
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