Erinnerungsorte der Christlichen Demokratie in Deutschland - Michael Borchard/Judith Michel (Hg.)
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Erinnerungsorte der Christlichen Demokratie in Deutschland Michael Borchard/Judith Michel (Hg.) www.kas.de
1. Soest, Hotel Overweg 8. Luxemburg, Rathaus 16. Burgscheidungen, 1 Kiel Verabschiedung des Soester Tagung der Nouvelles Equipes Schloss Burgscheidungen Schleswig-Holstein Programms als Grundlage für die Internationales unter erstmaliger Zentrale Schulungsstätte 2 Rostock Gründung der Zentrumspartei am deutscher Beteiligung vom der CDU der DDR 3 Lübeck 28.10.1870 30.01. bis 01.02.1948 17. Bonn, Konrad-Adenauer-Haus 22 Schwerin 2. Essen, Saalbau 9. Düsseldorf, Ständehaus Einweihung der neuen CDU-Bundes 4 Hamburg Stettin Mecklenburg-Vorpommern Aufruf Adam Stegerwalds Verabschiedung der Düsseldorfer geschäftsstelle am 27.01.1973 zur Gründung einer überkonfes Leitsätze als Plädoyer für die Soziale 5 18. Kreuth, Wildbad Kreuth Oldenburg Bremen sionellen christlichen Volkspartei Marktwirtschaft am 15.07.1949 Od er Beschluss der CSU-Landesgruppe 6 Brandenburg auf dem 10. Kongress der Christ Polen 10. Bad Honnef-Rhöndorf, zur Beendigung der Fraktionsgemein Niedersachsen lichen Gewerkschaften vom 20. bis 4/5 Adenauerhaus schaft mit der CDU im Deutschen 7 Deutschland 23.11.1920 Konrad Adenauers Wohnhaus Bundestag vom 19.11.1976 Ems Berlin Amsterdam Hannover Potsdam 3. München, Königsplatz 8 Osnabrück We 11. Goslar, Odeon-Theater 19. Ludwigshafen, ser Konrad Adenauers Aufruf zur Niederlande Magdeburg Der erste Bundesparteitag Friedrich-Ebert-Halle 9 Nordrhein-Westfalen 11 Demokratie und zu interkonfessio Goslar der CDU vom 20. bis 22.10.1950 Verabschiedung des ersten Grund neller Zusammenarbeit auf dem El 7 be Ahlen satzprogramms der CDU auf dem 10 1 Sachsen-Anhalt 62. Deutschen Katholikentag vom 12. Siegen, Apollo-Theater 2/ Dortmund Soest 26. Bundesparteitag vom 23. bis 20 Essen Göttingen 27. bis 30.08.1922 Gründung des Evangelischen 11 25.10.1978 9 Kassel 16 Leipzig Arbeitskreises der CDU vom Düsseldorf Thüringen Burgscheidungen 4. Berlin, Zellengefängnis 14. bis 16.03.1952 20. Essen, Grugahalle 12 13 21 Dresden Lehrter Straße 15 12 Erfurt Weimar Verabschiedung der Leitsätze für Wesseling 17 Hessen Inhaftierung von im Widerstand 13. Erfurt, Landgericht 13 Brüssel 10 Siegen eine neue Partnerschaft zwischen Bonn Rhöndorf Sachsen tätigen späteren CDU-Gründern Erster Erfurter Schauprozess Belgien Mann und Frau auf dem 33. Bundes nach dem 20.07.1944 gegen mehrere CDU-Mitglieder 14 parteitag vom 20. bis 22.03.1985 6 am 19./20.12.1952 Coburg 5. Berlin, Theater am Königstein 21. Weimar, Redaktion 15 Frankfurt am Main Tschechische Schiffbauerdamm 14. Paris, Quai d’Orsay sel Wiesbaden Prag von Glaube und Heimat Mo Luxemburg Mainz Ma in Republik Gründungsversammlung der Unterzeichnung der Pariser Ver 16 Rheinland-Pfalz Würzburg Der Brief aus Weimar von vier 8 CDU in Berlin am 22.07.1945 träge durch die USA, das Vereinigte Luxemburg 19 CDU-Mitgliedern an die Parteileitung Ludwigshafen Mannheim Königreich, Frankreich und die 17 Nürnberg 6. Königstein im Taunus, Kurhaus in Ost-Berlin am 10.09.1989 Saarland Bundesrepublik Deutschland am Saarbrücken Treffen von Vertretern der Jungen 18 23.10.1954 22. Hamburg, Union aus allen vier Besatzungs 14 Congress Centrum Hamburg zonen vom 17. bis 21.01.1947 15. Wesseling, Schloss Eichholz 19 in Paris Vereinigungsparteitag der CDU Rhe Stuttgart Eröffnung von Schloss Eichholz als Donau 7. Ahlen, Kloster St. Michael am 01./02.10.1990 Straßburg Bildungsstätte der Gesellschaft für 20 Frankreich Verabschiedung des Ahlener Pro Bayern christlich-demokratische Bildungs Baden-Württemberg 3 gramms als Kompromiss zwischen 21 München Inn arbeit e. V. am 12.04.1957 Kapitalismus und Sozialismus Freiburg im Breisgau Österreich am 03.02.1947 22 Salzburg 18 Wildbad Kreuth Schweiz Zürich
Erinnerungsorte der Christlichen Demokratie in Deutschland Michael Borchard/Judith Michel (Hg.) unter Mitarbeit von Marie-Lisa Noltenius
Inhaltsverzeichnis Vorwort 4 Einleitung 6 Soest, Hotel Overweg Ahlen, Kloster St. Michael Erfurt, Landgericht Ludwigshafen, Friedrich-Ebert-Halle Christopher Beckmann Markus Lingen Oliver Salten Kathrin Zehender Vom politischen Katholizismus zur Auf der Suche nach einem Weg Verfolgung und Inhaftierung von Freiheit – Solidarität – Gerechtigkeit: überkonfessionellen christlichen Volkspartei 10 zwischen Kapitalismus und Sozialismus 60 Christlichen Demokraten in der SBZ/DDR 102 Die Verabschiedung des ersten Grundsatzprogramms 144 Essen, Saalbau Luxemburg, Rathaus Paris, Quai d’Orsay Essen, Grugahalle Egbert Biermann Kordula Kühlem Judith Michel Denise Lindsay Adam Stegerwald und die Idee einer Aufbruch nach Europa der Westbindung als Grundsatz Die Frauenpolitik der CDU 152 überkonfessionellen christlichen Volkspartei 18 deutschen Christlichen Demokraten 66 christlich-demokratischer Außenpolitik 108 2 Weimar, Redaktion von Glaube und Heimat 3 München, Königsplatz Düsseldorf, Ständehaus Wesseling, Schloss Eichholz Manfred Agethen Rita Anna Tüpper Wolfgang Tischner Angela Keller-Kühne Der Brief aus Weimar und der Brief aus Neuenhagen – Der junge Konrad Adenauer rebelliert für Plädoyer für die Soziale Marktwirtschaft – Die Konrad-Adenauer-Stiftung zum demokratischen Erneuerungsprozess in der CDU die Demokratie und gegen die Geistlichkeit 26 Die wirtschaftspolitischen Leitsätze der als CDU-nahe politische Stiftung 116 der DDR 1988/89 160 Arbeitsgemeinschaft der CDU 74 Berlin, Zellengefängnis Lehrter Straße Burgscheidungen, Schloss Burgscheidungen Hamburg, Congress Centrum Hamburg Judith Michel Bad Honnef-Rhöndorf, Adenauerhaus Oliver Salten David Maaß Widerstand gegen den Nationalsozialismus Melanie Eckert Die Gleichschaltung der CDU in der SBZ/DDR 124 Die Wiedervereinigung der CDU 168 als Wurzel der Christlich Demokratischen Union 36 Von der privaten Zuflucht zum christdemokratischen und bundespolitischen Erinnerungsort 82 Bonn, Konrad-Adenauer-Haus Abkürzungsverzeichnis176 Berlin, Theater am Schiffbauerdamm Konrad Kühne Ralf Thomas Baus Goslar, Odeon-Theater Die CDU-Bundesgeschäftsstelle und Personenverzeichnis178 „Trümmerhaufen sittlicher und materieller Werte“ – Andreas Grau die Modernisierung der Parteiorganisation 130 Die Gründungsversammlung der CDU in Berlin 44 Der erste Bundesparteitag der CDU 90 Kreuth, Wildbad Kreuth Königstein im Taunus, Kurhaus Siegen, Apollo-Theater Martin Falbisoner Christopher Beckmann Jan Philipp Wölbern Die Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU Von der jungen Partei zur „Partei der Jugend“ 52 Die Gründung des Evangelischen im Deutschen Bundestag und der Trennungsbeschluss Arbeitskreises (EAK) der CDU 96 vom November 1976 138
Dieses Buch stellt Erinnerungsorte der Christlichen In diesem Jahr wird die CDU 75 Jahre alt. Alle Erinne Demokratie vor. Es sind Orte, die uns Christdemokra rungsorte der Christlichen Demokratie gleichen Weg ten etwas bedeuten; zugleich sind es Orte, denen wir marken: Sie zeigen uns, woher wir als Union k ommen Vorwort selbst Bedeutung verliehen haben. Wer die Texte liest, begibt sich auf eine Reise, auch eine durch die Zeit, und betritt ein Hotel oder einen Platz, alte Schlösser, und wie wir dorthin gelangt sind, wo wir heute ste hen. Und sie sind auch deutsche Wegmarken. Denn die Geschichte der CDU ist eng verbunden mit der kleine Häuser und große Hallen. Und er begegnet Geschichte unseres Lands. Unser Anspruch als CDU des Generalsekretärs der CDU Deutschlands, dort immer wieder Christdemokraten. darf es jedoch nicht allein sein, historische Orte zu bewahren, die uns etwas bedeuten, und die Erinne Paul Ziemiak MdB Für mich persönlich ist auch das Bonner Haus der rung an sie zu pflegen. Wir müssen stets danach stre Geschichte ein solcher Ort. Wir verdanken dieses groß ben, neue Orte der Erinnerung zu erschaffen. Nach artige Museum Helmut Kohl. Bereits in seiner ersten unserem Selbstverständnis sind wir die politische Regierungserklärung als Bundeskanzler am 13. Okto Gestaltungskraft Deutschlands. Unser Handeln ist nie ber 1982 wirbt er für „eine Sammlung zur deutschen Selbstzweck. Vielmehr nehmen wir Veränderungen Geschichte seit 1945“. Der Historiker denkt dabei vor wahr und Herausforderungen an. Das bedeutet: Wir allem an die junge Generation. „Wir mussten unsere sind programmatisch auf der Höhe der Zeit und ent Kinder und Enkel mit den Wurzeln der Bundesrepublik werfen eine Perspektive für unser Land. Dies war und und mit ihrer Entwicklung vertraut machen“, notiert er das ist unser Erfolgsrezept. Gerade jetzt am Anfang rückblickend in seinen Memoiren. eines neuen Jahrzehnts richten wir als Volkspartei 5 unseren Blick in die Zukunft, auf Deutschland 2030. Doch der Weg dorthin ist ein weiter, ein langer. Der Wir wollen, dass Deutschland auch am Ende dieses Spatenstich für das Haus der Geschichte erfolgt erst Jahrzehnts ein starkes und lebenswertes Land ist: 51 Tage vor dem Fall der Berliner Mauer. Als schließ innovativ und digital, wirtschaftsstark und klima lich am 17. Oktober 1989 der Grundstein gelegt wird, freundlich, sicher und sozial. Wenn uns dies gelingt, geschieht in Ost-Berlin eine Weltsensation: Staatschef werden auch neue christlich-demokratische Erinne Erich Honecker wird gestürzt. Bald darauf ist auch rungsorte entstehen. die zweite deutsche Diktatur Geschichte und reif fürs Museum. Nur das Museum, in das sie einziehen wird, Ich bin der Konrad-Adenauer-Stiftung dankbar für die steht da noch nicht. Erst 1994 wird das Haus der sen lesenswerten Sammelband. Denn er trägt dazu bei, Geschichte eröffnet. dass wir uns unserer Geschichte vergewissern und aus dem Erreichten zu neuen Zielen aufbrechen können. Die feierliche Ansprache hält der Mann, der diese Idee gegen manche Bedenken unermüdlich verfolgt hat: Helmut Kohl. Heute ist das Haus der Geschichte eines der meistbesuchten Museen im Land; ein gesamtdeutscher Ort, der lebendig Geschichte ver mittelt und damit schafft, was sich der große Christ demokrat Helmut Kohl vorgestellt hat. Paul Ziemiak MdB
„Man muß das Gestern kennen, man muß auch an Noras Konzept wurde vielfach adaptiert. Es wurden das Gestern denken, wenn man das Morgen wirk- lokale, regionale, binationale, transnationale und lich gut und dauerhaft gestalten will.“ Mit diesen ideengeschichtliche Erinnerungsorte untersucht, wie Einleitung Worten wies Bundeskanzler Konrad Adenauer bei einer Feierstunde in der Frankfurter Universität am 30. Juni 1952 nicht nur auf die Bedeutung histo beispielsweise europäische, koloniale und ökolo gische Erinnerungsorte, Erinnerungsorte der Antike, der extremen Rechten, der DDR oder der deutschen rischen Wissens für die Gestaltung der Zukunft Sozialdemokratie. Das Konzept wurde dabei stetig Michael Borchard/Judith Michel hin – er maß auch der Erinnerung an historische weiterentwickelt bzw. verändert. Ereignisse eine wichtige Rolle bei. Der vorliegende Band soll für die Christliche Demokratie beides Bedeutsam sind unter anderem die von Etienne Fran leisten: Ausgehend von der Darstellung zentraler çois und Hagen Schulze herausgegebenen deutschen historischer Orte und Ereignisse der Christlichen Erinnerungsorte. Anders als die französischen „lieux Demokratie in Deutschland wird deren Rolle im de mémoire“ umfassen diese auch problematische kollektiven Gedächtnis der Partei untersucht. Orte wie Auschwitz oder die Berliner Mauer, sodass bei den deutschen Erinnerungsorten weniger die nationale Selbstvergewisserung an erster Stelle steht. Nach François und Schulze sind Erinnerungsorte lang Das Konzept der Erinnerungsorte in lebige Kristallisationspunkte kollektiver Erinnerung der Geschichts- und Kulturwissenschaft und Identität, die in gesellschaftliche, kulturelle und 7 politische Beziehungsgefüge eingebettet sind. Erinne Die Beschäftigung mit der historischen Erinnerung hat rungsorte sind zudem über die Zeit wandelbar: So sind in den letzten Jahrzehnten einen Boom erfahren. Aus die Vergangenheitsbilder das Ergebnis langwieriger druck dieses Booms und zugleich maßgeblicher Kata gesellschaftlicher bzw. gruppenspezifischer Aushand lysator war in den 1980er Jahren die Forschung des lungsprozesse und enthalten stets gegenwartsbezo französischen Historikers Pierre Nora, der mit seinem gene Analysen der Vergangenheit. Erinnerungsorte Konzept der „lieux de mémoire“ (Erinnerungsorte) können je nach zeitlicher und gruppenspezifischer die „Geschichte zweiten Grads“ in den Blick nimmt. Perspektive lebendig oder verschüttet, erwartet oder Als Erinnerungsort versteht Nora dabei symbolische unerwartet sein. Diese Mischung macht das Konzept Repräsentationen, die tatsächliche Orte, aber auch so wertvoll für die Geschichtswissenschaften. Personen, Institutionen, Ideen und Texte umfassen können und für kollektive Gedächtnis- und Identitäts In ihren Erinnerungsorten stellen Nora, François und diskurse bestimmter Gruppen bedeutsam sind. In Schulze mit der Geschichtsschreibung zweiten Grads sieben umfangreichen Bänden versucht Nora so, die nicht mehr die Ereignisse selbst, sondern die Erinne Erinnerung Frankreichs zu inventarisieren und gleich rungskonstruktion in der Zeit in den Mittelpunkt der zeitig zu konservieren. Sein Projekt verfolgt damit eine Untersuchung. Die Herausgeber der deutsch-polni für Frankreich sinnstiftende Wirkung, unternimmt schen Erinnerungsorte Hans Henning Hahn, Robert aber zugleich eine kritisch-reflexive Historisierung Traba und Peter Oliver Loew heben hingegen hervor, nationaler Traditionen. die Geschichte zweiten Grads müsse auch immer
an die Geschichte ersten Grads zurückgebunden Der tatsächliche Ort wird daher in der Regel in die Düsseldorf, nicht aber das ähnlich wichtige Köln oder „Erinnerungslandschaft“ zur CDU in der DDR und zur werden. Ohne Erschließung des realhistorischen sem Band nur kurz dargestellt. Breiteren Raum Neheim-Hüsten berücksichtigt – die allerdings in den deutschen Teilung bzw. Einheit. Anhand der program Kontexts könne es keine erinnerungspolitische nimmt dann die Nachzeichnung des mit diesem Ort Beiträgen zu Ahlen und Düsseldorf mitbehandelt wer matischen Orte Theater am Schiffbauerdamm, Ahlen, Interpretation geben. verbundenen historischen Ereignisses ein. Die Kennt den. Mit Königstein und Siegen wurden Erinnerungs Düsseldorf, Ludwigshafen und Essen (1985) lassen sich nis dieser Geschichte ersten Grads ist Voraussetzung, orte aufgenommen, die lediglich Junger Union und die Konstanten und Weiterentwicklungen in der CDU- Stefan Berger und Joana Seiffert kritisieren in ihren um dann abschließend die Geschichte zweiten Grads – Evangelischem Arbeitskreis eigen sind. Vereinigungen Programmatik und deren Bedeutungen im kollektiven theoretischen Reflexionen über Noras Konzept, dass die Rolle des Ereignisses im kollektiven Gedächtnis der wie die Frauen-Union oder die Christlich-Demokra Gedächtnis nachvollziehen. Wie alle Orte letztlich im dieses die Erinnerungsorte weitgehend unverbunden Partei – darzulegen. Bilder zu den tatsächlichen Orten, tische Arbeitnehmerschaft werden jedoch über andere wörtlichen geografischen Sinne eine Landschaft bilden, nebeneinanderstehen lässt. Sie plädieren hingegen für aber auch von historischen Darstellungen der Ereig Orte wie Essen abgedeckt, wo sowohl der „Frauen zeigt die Karte auf der rechten Umschlagklappe. die Idee der Erinnerungsräume, indem Erinnerungs nisse und der damit verbundenen Personen runden parteitag“ 1985 als auch der Kongress der Christlichen orte in Beziehung zueinander gesetzt werden. Um der die Beiträge ab, wobei es besonders die älteren Erin Gewerkschaften 1920 stattgefunden hat. So ist diese Wir danken allen, die ihren Beitrag zum Zustande sich im zeitlichen Verlauf ständig ändernden Erinne nerungsorte betreffend mitunter schwierig war, pas Publikation auch nicht als vollständiger, unveränder kommen dieses Buchs geleistet haben. Bei der „Reise“ rung Rechnung zu tragen, schlagen sie gar vor, statt sendes Bildmaterial zu finden. licher Kanon christlich-demokratischer Erinnerung durch die Orte der Christlichen Demokratie wünschen von Erinnerungsorten von „Zeit-Räumen“ zu sprechen. zu verstehen. Dies wäre schon allein vor dem Hinter wir interessante Einblicke und manch neue Erkenntnis. Bei der Auswahl wurde versucht, Orte mit einer grund irreführend, dass Erinnerung über die Zeit und starken symbolischen Bedeutung für die Geschichte je nach Gruppenkonstellation wandelbar ist. und das kollektive Gedächtnis der Partei zu identifizie Literatur Die Konzeption dieses Bandes ren. Neben bis heute bekannten Orten wie Wildbad Die Beiträge sind chronologisch im Hinblick auf die 8 Kreuth als Symbol für die mitunter spannungsgeladene Anfänge des beschriebenen Ereignisses angeordnet Berger, Stefan/Joana Seiffert (Hg.): Erinnerungsorte: Chancen, 9 Die Erinnerungsorte der Christlichen Demokratie in Fraktionsgemeinschaft von CDU und CSU im Deut und reichen zurück bis in die Zeit vor den ersten regio Grenzen und Perspektiven eines Erfolgskonzepts in den Kultur Deutschland sollen einerseits der wissenschaftlichen schen Bundestag und für den Trennungsbeschluss nalen Gründungen der Partei. Der Band ist jedoch kein wissenschaften. Essen 2014. Reflexion dienen, bieten der CDU aber anlässlich ihres vom November 1976 werden auch bereits in Verges Geschichtsbuch, das chronologisch nahtlos die CDU- 75. Jubiläums auch historische Orientierungspunkte. senheit geratene oder weitgehend unbekannte Orte Geschichte nacherzählen möchte. Es soll vielmehr mög François, Étienne/Hagen Schulze (Hg.): Deutsche Erinnerungsorte, Anders als in Noras Konzept gehen die Beiträge wie Siegen als Ort der Gründung des EAK in den Blick lich sein, jeden Erinnerungsort für sich selbst zu lesen. Gesamtausgabe, 3 Bde. München 2008. zunächst vom topografischen Ort aus, der jedoch genommen, die für Wegmarken und Wendepunkte immer – ganz im Sinne Noras – auch mit symbolischen in der Geschichte der CDU stehen. Manche Orte wie Darüber hinaus stehen viele der Orte in Beziehung Hahn, Hans Henning (Bde. 1–4), Robert Traba (Bde. 1–5), Bedeutungen verknüpft ist. Hierbei stellte sich her Goslar als Gründungsort der Bundespartei spielen nur zueinander und lassen sich zu „Erinnerungsland Peter Oliver Loew (Bd. 5) (Hg.): Deutsch-Polnische Erinnerungsorte, aus, dass manche Orte schlicht aus zufälligen oder in der Erinnerung der Partei eine Rolle. Andere Orte schaften“ verbinden: So können die Erinnerungsorte 5 Bde. Paderborn 2012–2015. pragmatischen Gründen zum Erinnerungsort für die wie Rhöndorf als Wohnort des ersten Bundeskanzlers Soest (Gründung der Zentrumspartei), Essen (1920), Partei geworden waren, beispielsweise Königstein als Konrad Adenauer sind längst zum nationalen Erinne München (Katholikentag), das Zellengefängnis Lehr Nora, Pierre (Hg.): Les lieux de émoire, 7 Bde. Paris 1984–1992. Gründungsort der Jungen Union. Andere Orte hatten rungsort avanciert. Auch problematische Erinnerungs ter Straße in Berlin-Moabit (christlich-demokratische hingegen bereits vor dem Ereignis eine symbolische orte wie Burgscheidungen, der für die Gleichschaltung Widerstandskämpfer in Gestapo-Haft), das Theater am Siebeck, Cornelia: Erinnerungsorte, Lieux de Mémoire, Version: 1.0, in: Bedeutung: So war der Gründungsort des Evangeli der CDU der DDR steht, finden Berücksichtigung. Schiffbauerdamm und andere zu einer „Erinnerungs Docupedia-Zeitgeschichte, 2. März 2017 (https://dx.doi.org/10.14765/ schen Arbeitskreises (EAK) Siegen bekannt als Ort des landschaft“ zur Idee der Gründung einer überkonfes zzf.dok.2.784.v1 (Abruf: 29.01.2020)). politischen Protestantismus. Mit Ludwigshafen und Wie in allen Publikationen zu Erinnerungsorten sind sionellen Volkspartei verknüpft werden. Die Orte Land Essen wählte man hingegen bewusst Arbeiterhoch auch in diesem Band Auslassungen unvermeidlich. Bei gericht Erfurt (Verfolgung von CDU-Mitgliedern in der Woyke, Meik: „Erinnerungsorte der deutschen Sozialdemokratie“. burgen, um mit der dort 1978 bzw. 1985 diskutier der Auswahl von Erinnerungsorten der Programmge DDR), Burgscheidungen (Schulungsort der Blockpartei Konzeption und didaktisches Profil einer Internetpräsentation für die ten christlich-demokratischen Programmatik einen schichte in der unmittelbaren Nachkriegszeit wurden CDU), Weimar (Briefe von Weimar und Neuenhagen) historisch-politische Bildung, in: Jahrbuch für Politik und Geschichte 3 Kontrapunkt zu setzen. das Theater am Schiffbauerdamm in Berlin, Ahlen und und Hamburg (Einigungsparteitag der CDU) bilden eine (2012), S. 149–169.
Es ist sicher eines der bekanntesten unter den die 954 nach Soest gelangten Gebeine des Hl. Patro frühen Wahlplakaten der CDU, eingesetzt im nord- klus’ zu beherbergen. Geweiht wurde die Stiftskirche, rhein-westfälischen Kommunalwahlkampf 1946: die als Inbegriff der Romanik in Westfalen gilt, ver die Darstellung zweier dicht nebeneinander stehen- mutlich im Jahr 1118. der mächtiger Kirchtürme, die als Teil einer katho- lischen respektive einer evangelischen Kirche zu Soest, die „Ehrenreiche“, war im Mittelalter eine der identifizieren sind. Darunter findet sich der Schrift- bedeutendsten Hansestädte Europas, gelegen am zug „Die UNION – Die Sammlung aller Christen Westfälischen Hellweg, der alten, von Duisburg aus auf der politischen Ebene“. In der Tat stellten die nach Osten führenden Handelsstraße, die in den 1870 Unionsparteien unter anderem dadurch, dass sie Jakobsweg mündete und damit auch Teil einer der nach dem Zweiten Weltkrieg erstmals in der deut- bedeutendsten europäischen Pilgerstraßen war. Dass schen Parteiengeschichte bewusste Christen beider das Bild der beiden größten und bedeutendsten Soes Soest Konfessionen politisch zu vereinigen vermochten, ter Kirchen gewählt wurde, um die künftige politische ein Novum und einen gewaltigen „Modernisierungs- Zusammenarbeit der Konfessionen zu symbolisieren, schritt“ (Heinrich Oberreuter) im deutschen Partei- passt durchaus zur Stadtgeschichte, die stark von ensystem dar. Die Idee existierte schon lange, ihre den Wirren der Reformations- und Gegenreforma Verwirklichung war allerdings bis 1933 über Ansätze tionszeit geprägt ist. 1531 hielt in Soest, das sich in Hotel Overweg nicht hinausgekommen. We ser Em s Vom politischen Steinerne Symbole konfessioneller Spaltung Nordrhein-Westfalen Katholizismus zur Ahlen Dortmund 1 Inwieweit es in Nordrhein-Westfalen bekannt war, sei dahingestellt; außerhalb des jungen Lands dürfte überkonfessionellen Soest kaum jemand gewusst haben, dass es sich bei dem Essen Bild nicht um eine künstlerische Komposition han christlichen Volkspartei delte, sondern dass die abgebildeten Kirchen tat Düsseldorf sächlich in unmittelbarer Nachbarschaft zueinander stehen, nämlich im westfälischen Soest. Es handelt sich einmal um die seit der Reformation evangelische Christopher Beckmann Wesseling Siegen St.-Petri-Kirche, gegründet im Zuge der Sachsenmis Bonn sion Karls des Großen und damit eine der ältesten Rhöndorf Kirchengründungen Westfalens; der heutige Bau Plakat zur wurde im Jahr 1150 geweiht. Der zweite Turm gehört Kommunalwahl zum katholischen St.-Patroklus-Dom, dessen Bau als in Nordrhein- Stiftung des Kölner Erzbischofs begonnen wurde, um Westfalen 1946. sel Mo
Die erste Soester katholische Honoratioren über die „Behandlung der Kurz darauf, am 13. Dezember 1870, trafen sich die Konferenz fand im politischen und sozialen Tagesfragen auf positiv christ katholischen Mitglieder des Preußischen Abgeord Hotel Overweg statt. licher Grundlage“ (Karl Bachem). Den entscheidenden netenhauses. Man beschloss, eine neue Partei mit Anstoß erhielten die Bestrebungen zur Schaffung Namen „Zentrum“ zu gründen und für die bevor einer parlamentarischen Vertretung des katholischen stehende erste Reichstagswahl Kandidaten auf der Volksteils durch den Ausgang des preußisch-öster Grundlage der in Soest beschlossenen Grundsätze reichischen Kriegs von 1866, der die Katholiken zu auszuwählen. Einer dieser Grundsätze, der etwa einer unterprivilegierten konfessionellen Minderheit von Ludwig Windthorst, der überragenden Figur der im künftigen preußisch dominierten Deutschen Reich neuen Partei, immer wieder vertreten wurde, war machte und eine regelrechte „Weltuntergangsstim die Ablehnung einer „Staatsomnipotenz“: Der Staat mung“ auslöste (Margaret L. Anderson). besitze keine Allzuständigkeit und müsse sich auf die ihm zukommenden Aufgaben beschränken. Nach Wichtigstes Zeugnis der damit einhergehenden inten dem Zweiten Weltkrieg nannte Konrad Adenauer siven Programmdiskussionen war das am 28. Oktober die sich steigernde Tendenz zur „Staatsvergottung“, 1870 unter der Devise „Für Wahrheit, Recht und Frei wie sie sich seit der Reichseinigung 1870/71 in ganz heit“ beschlossene „Soester Programm“: Es enthielt in Deutschland verbreitet hätte, und das damit verbun knapper Form zentrale Elemente und Forderungen, dene „Absinken in der Bewertung der Einzelperson“ die anschließend charakteristisch für die Arbeit des einen entscheidenden Faktor für den Weg in die 12 der „Soester Fehde“ (1444–1449) bereits erfolgreich die katholische Kirche mit der Säkularisierung und Zentrums waren und zum Teil auch in die spätere Katastrophe des Nationalsozialismus. 13 gegen den weltlichen Machtanspruch des Kölner Erz der Herausbildung der Vormachtstellung des pro Programmatik der CDU/CSU eingingen. Neben der bischofs durchgesetzt hatte, die Reformation Einzug. testantischen Preußens in Deutschland geraten war. damals aktuellen Verteidigung der Rechte der Kir Trotz Rekatholisierungsbestrebungen wurden in der Sowohl in der Paulskirchenversammlung 1848/49 che und der Forderung nach Gleichberechtigung der Folge die meisten Kirchen protestantisch, dominierte als auch im Preußischen Abgeordnetenhaus schlos Katholiken waren dies die Betonung des Föderalismus Katholische Honoratiorenpartei fortan im gesellschaftlichen, geistigen und religiösen sen sich Mitte des 19. Jahrhunderts die katholischen und die Ablehnung einer zu starken staatlichen Zent sowie im politischen Leben der Stadt die evangelisch- Abgeordneten zusammen. Ein parteipolitisches ralisierung, Ausgleich der wirtschaftlichen und sozia Obwohl Programm und Selbstverständnis der neuen lutherische Konfession. Programm wurde indes (noch) nicht entwickelt, die len Interessen, Fürsorge für die rapide wachsende Partei theoretisch ein Zusammengehen mit evange Zusammenschlüsse waren eher lose und nicht insti Industriearbeiterschaft, auch durch eine staatliche lischen Christen nicht ausschlossen, wurde und blieb tutionalisiert. Im Vordergrund standen Forderungen Sozialpolitik und die Einführung einer Arbeiterschutz das Zentrum eine katholische „Weltanschauungs- und nach gleichen Rechten für beide großen Konfessio gesetzgebung. Man beschränkte sich auf wenige pro Gesinnungspartei“ (Rudolf Morsey). Hierzu trug ent Wiege des politischen Katholizismus nen und freier Entfaltung der katholischen Kirche in grammatische Grundsätze. „Die politische Praxis war“, scheidend der Kulturkampf bei, in dem Reichskanzler Deutschland. wie der Zentrumshistoriker Karl Bachem rückblickend Otto von Bismarck, im Bunde mit liberalen antikirch Paradoxerweise wurde Soest dennoch einer der formulierte, „in vollem Umfange freigelassen, prakti lichen Kräften, den als „reichsfeindlich“ beziehungs Kulminationspunkte der (katholischen) Konfessiona Ab Mitte der 1860er Jahre verstärkten sich gerade in sche politische Arbeit die von selbst sich ergebende weise rückwärtsgewandt betrachteten Katholizismus lisierung des deutschen Parteiwesens, indem es bei Westfalen Bestrebungen zur Schaffung einer dauer Lösung“. Dieser Ansatz setzte sich gewissermaßen in mittels zahlreicher Repressionen und Sondergesetze der Entstehung der Zentrumspartei eine bedeutende haften parlamentarischen Vertretung. Von 1864 bis der Frühgeschichte von CDU und CSU fort, als man bekämpfte. Dieser staatliche Druck schweißte die Rolle spielte. Die Bildung einer alle sozialen Schich 1866 diskutierten auf den „Soester Konferenzen“ – ebenfalls mehr auf die programmatische Kraft politi katholische Fraktion und ihre Wähler zum „Zentrums ten umfassenden katholischen Partei hatte ihren die erste fand am 10. Januar 1864 im Gasthof Over scher Entscheidungen denn auf theoretische Entwürfe turm“ zusammen und verfestigte zugleich dessen Ursprung in der existenzbedrohenden Krise, in die weg statt – Geistliche, Parlamentsabgeordnete und vertraute. konfessionellen Charakter. Das vielzitierte katholische
Milieu verstetigte sich und dessen Strukturen im Ein organisatorischer Apparat war bis zum Ende des Schul-, Vereins- und Wohlfahrtswesen blieben bis in Ersten Weltkriegs indes so gut wie nicht vorhanden. die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg wirksam. Aller Die Partei bestand aus lokalen, von Honoratioren dings bemühte sich das Zentrum sorgsam darum, den gebildeten Wahlkomitees, die nur im Vorfeld von Eindruck einer Fernsteuerung durch den Vatikan zu Wahlen Aktivitäten entfalteten. Die Organisation der vermeiden. Auch verstand man sich nicht als regie Zentrumswähler erfolgte in den katholischen Verbän rungs- oder gar reichsfeindliche Oppositionspartei. den, allen voran durch den 1890 gegründeten Volks Nach dem Bruch Bismarcks mit den Liberalen 1878 verein für das katholische Deutschland. Die eigentliche wuchs das Zentrum auf Reichsebene in eine parlamen Leitung der Partei lag bei den Fraktionsführungen im tarische Schlüsselposition hinein und gewann nach Reichstag und den anderen Parlamenten. Das Fehlen dem Ende des Kulturkampfs zunehmend an Einfluss. autonomer Parteistrukturen verhinderte nach dem Abflauen der konfessionellen Spannungen eine Ver breiterung der Basis über den katholischen Bevölke rungsteil hinaus. 14 15 Führende Mitglieder der Zentrumspartei. Obwohl innerhalb der Partei überzeugte Republikaner Demokratie durchaus auch als Last empfunden wurde, wie Konrad Adenauer einem nationalen Flügel gegen betrachtete man die Übernahme politischer Verant überstanden, der der Monarchie nachtrauerte, ent wortung als staatsbürgerliche Pflicht und widerstand wickelt sich das Zentrum zur staatstragenden Kraft der der Versuchung, sich angesichts der schwierigen Weimarer Republik, gehörte zwischen 1919 und 1930 Verhältnisse in die Opposition zurückzuziehen. Auch allen Koalitionsregierungen an und stellte achtmal wurden zu dieser Zeit – unter Berufung auf den Grün den Reichskanzler. Damit einher ging eine allmähliche dervater Ludwig Windthorst – Überlegungen ange Ludwig Windthorst, Professionalisierung der Parteiarbeit durch Ausbau stellt, die Partei über das katholische Milieu hinaus herausragender Repräsentant der Organisation. Wenngleich das Regieren angesichts zu öffnen, die indes an inner- wie außerparteilichen der Zentrumspartei. der krisenhaften Entwicklungen der ersten deutschen Widerständen scheiterten.
Überkonfessionelle Volkspartei oder Zentrum hingegen könne, wie der damalige nordrhein- ren aus den Erfahrungen der NS-Zeit. Die politische Wiedergründung des Zentrums? westfälische Ministerpräsident Rudolf Amelunxen im Spaltung der Konfessionen wurde als eine Ursache für März 1947 erklärte, als „starker Mittelblock“ fungieren den Aufstieg des Nationalsozialismus und die Schwä Unmittelbar nach Kriegsende kam es bekanntlich zu und „die Schwankungen des Staatsschiffs ausgleichen“. che der Weimarer Republik betrachtet; zudem hatten zahlreichen dezentralen und in der Regel unkoordi während des „Dritten Reichs“ vielfach Protestanten nierten Gründungen christlich-demokratischer Grup Auch für die Befürworter des Unionsgedankens und Katholiken in oppositionellen Zirkeln zusammen pierungen. Der Name Christlich Demokratische Union spielten wahlstrategische Überlegungen eine wichtige gearbeitet. Eine Rolle spielte ferner die Erwartung, setzte sich um die Jahreswende 1945/46 allgemein Rolle. Man war der Überzeugung, dass ein wiederge durch eine parteipolitische Zusammenfassung der durch und sollte auch semantisch einen Neuansatz gründetes Zentrum ein zu geringes Wählerpotenzial Konfessionen das Wählerpotenzial der zerfallenen markieren. Initiatoren waren oftmals Funktionäre und haben würde. Demgegenüber würde sich durch eine und diskreditierten Parteien des Konservatismus und Mitglieder der 1933 aufgelösten christlichen Parteien parteipolitische Zusammenfassung der Konfessionen des Liberalismus an sich ziehen, damit mehrheitsfähig beziehungsweise christlich orientierte Vertreter kon die Chance ergeben, das Wählerpotenzial der zerfal werden und die Interessen des christlichen Bevölke servativer und liberaler Kräfte des Weimarer Parteien lenen Parteien des Konservatismus und Liberalismus rungsteils wirksam vertreten zu können. Hinzu kamen spektrums. Den zahlenmäßig größten Anteil stellten an sich zu ziehen und gegenüber den Linksparteien die Parteinahme des überwiegenden Teils des katholi ehemalige Zentrumsanhänger. mehrheitsfähig zu werden. Betont wurde, dass eine schen Klerus für die CDU/CSU und das Votum wichti überkonfessionelle Partei die Tradition des Zentrums ger Persönlichkeiten, darunter ehemalige Führungs Angesichts der erfolgreichen Entwicklung der CDU/CSU nicht verleugnen, sondern im Gegenteil vollenden figuren des Zentrums, für den neuen Weg. Angesichts wird häufig übersehen, dass die Schaffung einer inter würde. Der erste Vorsitzende der CDU Westfalen- des eskalierenden Kalten Kriegs gewann außerdem 16 konfessionellen christlichen Volkspartei keineswegs Lippe Lambert Lensing erklärte: „Wir bringen mit die Idee einer gemeinsamen christlichen Front gegen Literatur 17 von Anfang an unumstritten war. Tatsächlich gab es uns die gute und ehrwürdige Tradition der Väter und den atheistischen Kommunismus an Plausibilität. Die gerade in überwiegend katholischen Gebieten inten lassen hinter uns alle trennenden Gedanken und Gründung der CDU/CSU ist daher treffend als Ergebnis Anderson, Margaret L.: Windthorst. Zentrumspolitiker und Gegen sive und erfolgreiche Bestrebungen zur Wiedergrün Überlieferungen aus der Geschichte der Gegensätz des Zusammenwirkens der „Kontinuität christlicher spieler Bismarcks (Forschungen und Quellen zur Zeitgeschichte 14). dung der Zentrumspartei. Sie erfolgte am 14. Okto lichkeit der Konfessionen.“ Dennoch war auch bei den Politik und der besonderen Bedingungslage Nach Düsseldorf 1988. ber 1945 – wiederum in Soest. Der Ort war bewusst Unions-Befürwortern die emotionale Bindung an das kriegsdeutschlands“ bezeichnet worden (Hans-Otto gewählt: Man wollte gleichzeitig mit der Wiedergrün alte Zentrum – inklusive des Namens – ausgeprägt, fiel Kleinmann). Die Union erreichte, was dem Zentrum Hehl, Ulrich von: Die Zentrumspartei – Ihr Weg vom „Reichsfeind“ zur dung an den 75. Jahrestag des Soester Programms von der Abschied manchen schwer. Der Herforder Ober nicht gelungen war: die Verbindung konfessioneller parlamentarischen Schlüsselstellung in Kaiserreich und Republik. In: 1870 erinnern und so Kontinuität demonstrieren. Das bürgermeister Friedrich Holzapfel, der als prominente Interessen mit sozialen, liberalen und konservativen Hermann W. von der Dunk/Horst Lademacher (Hg.): Auf dem Weg zum Neue Zentrum stellte in den frühen Nachkriegsjahren evangelische Persönlichkeit zur Mitarbeit in der neuen Anliegen. Trotz der schmerzhaften Auseinanderset modernen Parteienstaat. Zur Entstehung, Organisation und Struktur in Teilen Nordrhein-Westfalens und Niedersachsens Partei bereit war, formulierte indes – stellvertretend zungen mit dem „Neuen Zentrum“: Die Geschichte politischer Parteien in Deutschland und den Niederlanden. Melsungen eine ernst zu nehmende Konkurrentin der Union dar. für viele Protestanten – die Bedingung, „dass die zu der auf Grundlage des am 28. Oktober 1870 in Soest 1986, S. 97–120. Im Landkreis Soest etwa erzielte das Zentrum bei den gründende Partei nicht mehr den Namen Zentrum beschlossenen Programms entstandenen Zentrums Kommunalwahlen 1948 26,8 Prozent. Neben alter erhalten dürfe, da eine solche traditionell belastete partei war, ist und bleibt einer der wichtigsten Konti Linsenmann, Andreas/Markus Raasch (Hg.): Die Zentrumspartei Anhänglichkeit spielten wahltaktische und systemtheo Bezeichnung den Einbruch in die evangelischen Bevöl nuitäts- und Traditionsstränge der Christlich Demokra im Kaiserreich. Bilanz und Perspektiven. Münster 2015. retische Überlegungen eine Rolle. Man glaubte, eine kerungsschichten verhindern würde“. tischen Union. Damit ist auch Soest als Gründungsort überkonfessionelle Partei würde chancenlos bleiben, des Zentrums einer der wichtigsten Bezugsorte der Schmidt, Ute: Zentrum oder CDU. Politischer Katholizismus zwischen da die Katholiken dem Zentrum die Treue halten und Dass sich der Gedanke einer interkonfessionellen deutschen Christlichen Demokratie. Tradition und Anpassung (Schriften des Zentralinstituts für sozial zudem durch die protestantisch-konservativen Kräfte „Union“ schließlich durchsetzte, lag neben den verän wissenschaftliche Forschung der Freien Universität Berlin Bd. 51). auf einen reaktionären Kurs gedrängt würden. Das derten sozialstrukturellen Bedingungen auch an Leh Opladen 1987.
Vom 20. bis 23. November 1920 fand der 10. Kon- der Monarchie –, ging es erst einmal darum, eine neue gress der Christlichen Gewerkschaften Deutschlands Ordnung zu etablieren und die Folgen des Kriegs zu in Essen statt. Adam Stegerwald, Vorsitzender des mildern. Hierzu gehörte auch, dass die Gewerkschaf Deutschen Gewerkschaftsbunds und der Christli- ten sich zuerst um die dringendsten sozialen Themen chen Gewerkschaften, skizzierte dort die Idee einer der Arbeitswelt kümmerten, bevor sie sich mit ihren überkonfessionellen christlichen Volkspartei. Er ist inneren Angelegenheiten befassen konnten. Doch in damit ein wichtiger Vordenker der Christlich Demo- den zwei Jahren von 1918 bis 1920 ereignete sich so kratischen Union, die erst 25 Jahre später gegründet viel, dass ein Kongress immer dringlicher wurde. So werden konnte. hatte sich zum Beispiel 1919 der christlich-nationale 1920 Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) neu aufgestellt. Seine drei Pfeiler bildeten der Gesamtverband der Christlichen Gewerkschaften, der Gesamtverband Essen Der Anlass deutscher Angestelltengewerkschaften (Gedag) und der Gesamtverband deutscher Beamten-Gewerkschaf Als der 10. Kongress der Christlichen Gewerkschaften ten. Hier galt es, die Zusammenarbeit zu stärken, vor Deutschlands im November 1920 in Essen stattfand, allem weil sich Abgeordnete dieses gewerkschaftlichen lag der letzte ordentliche Kongress bereits acht Jahre Zusammenschlusses über mehrere Reichstagsfrak Saalbau zurück. Der Erste Weltkrieg hatte den Rhythmus außer tionen verteilten, was für die Zusammenarbeit eher Kraft gesetzt. Da das Ende des Kriegs aber auch die anstrengend als fruchtbringend war. 19 Staatsform veränderte – die Republik trat an die Stelle We ser Em s Adam Stegerwald Nordrhein-Westfalen und die Idee einer Ahlen Dortmund überkonfessionellen Soest 2 Essen christlichen Volkspartei Düsseldorf Egbert Biermann Wesseling Siegen Bonn Rhöndorf Im Saalbau der Stadt Essen fand der 10. Kongress der Christlichen Gewerkschaften Deutschlands statt. sel Mo
Der wichtigere, eher informelle Hintergrund war aber Brust mit vielen Kollegen 1894 den „Gewerkverein Jahr 2004 wiedereröffneten, neu gebauten Philhar Der Politiker wohl die Debatte in der Zentrumspartei um deren christlicher Bergleute für den Oberbergamtsbezirk monie betrachtet werden. Am gleichen Ort steht nun Ausrichtung. Manchem konservativen Protagonisten Dortmund“ gegründet. Da die Bergmänner gut organi das vierte Gebäude. Als eine der Musik zugewandte Adam Stegerwald zählt zu den bedeutendsten Persön war sie zu weit nach links gerückt. Diese Konservati siert waren, spielte die Bergarbeitergewerkschaft eine Einrichtung blieb die Zwecksetzung des Saalbaus lichkeiten der Christlichen Gewerkschaften. Er wurde ven trauerten der Monarchie nach und nahmen eine bedeutende Rolle im Konzert der verschiedenen Orga über die mehr als 150 Jahre immer die gleiche: Im am 14. Dezember 1874 in Greußenheim bei Würzburg distanzierte Haltung zur Republik ein. Es ging deshalb nisationen. Innerhalb des Christlichen Gewerkschafts Zentrum stand die Darbietung von Musik. Dass dort geboren und starb am 3. Dezember 1945 in Würzburg. darum, einen Kurs der Mitte abzustecken, mit dem bunds waren die Bergleute die größte Gruppe. eine solche langfristig politische Wirkung entfaltende Angehörige der beiden christlichen Konfessionen Veranstaltung wie der 10. Kongress der Christlichen Geprägt von seiner Herkunft aus einfachen Verhält und aller Stände angesprochen werden konnten. Vor Essen war mehrmals Schauplatz von Kongressen Gewerkschaften Deutschlands stattgefunden hat, nissen, seiner Verwurzelung in der katholischen Kirche diesem Hintergrund fand der 10. Kongress der Christ Christlicher Gewerkschaften. Am gleichen Ort ging wird hingegen nicht berichtet. sowie seiner Ausbildung zum Schreiner führten ihn lichen Gewerkschaften Deutschlands vom 20. bis zum es um existenzielle Fragen der zweitgrößten gewerk seine Wanderjahre zur christlichen Gewerkschafts 23. November 1920 in Essen statt. schaftlichen Bewegung der Arbeitnehmerinnen und bewegung. Aufgrund seines Einsatzes für die Bewe Arbeitnehmer im damaligen Deutschland. Und häufig gung wurde er 1899 zum Vorsitzenden des Christ ging es um eine Zusammenarbeit abhängig Beschäf lichen Holzarbeiterverbands gewählt. Im Jahr 1903 tigter der beiden Konfessionen, sei es die gemeinsame wurde er Generalsekretär des Gesamtverbands der Stadt und Tagungsort Gewerkschaftsbewegung, sei es die Schaffung einer Christlichen Gewerkschaften Deutschlands. Mit seiner gemeinsamen Partei. Immerhin hatten die Christli Arbeit ebnete er den Weg für den schon erwähnten Essen wurde erst in der Weimarer Zeit zu der Groß chen Gewerkschaften lange auf die Entscheidung des Deutschen Gewerkschaftsbund von 1919, der 1933 20 stadt im Revier. Vor allem durch Eingemeindungen Papsts warten müssen, ob sich katholische Arbeit mit dem Austritt des Deutschnationalen Handlungsge 21 nahm die Einwohnerzahl kräftig zu. Kohle und Stahl nehmerinnen und Arbeitnehmer zusammen mit hilfen-Verbands (DHV) organisatorisch zerbrach, was sorgten für den nötigen wirtschaftlichen Aufschwung. abhängig Beschäftigten evangelischen Glaubens in die Christlichen Gewerkschaften aber nach eigenem unabhängigen Gewerkschaften organisieren durften. Bekunden nicht beeinträchtigte. Diese wurden trotz Die Menschen im Revier lebten für die Industrie, Die „Berliner Fraktion“ in der deutschen Bischofskon aller Loyalitätsbezeugungen gegenüber dem neuen sie lebten von der Industrie und sie lebten mit der ferenz hatte dies lange abgelehnt und so die Arbeit Staat später dennoch gleichgeschaltet. Industrie. Viele von ihnen waren Zugereiste. Der Wirt behindert. schaftsboom im Kaiserreich hatte sie ins Ruhrgebiet Adam Stegerwald war ab 1920 gleichzeitig Vorsitzen geführt. Nun galt es, auch in schwieriger Zeit nicht zu Der Kongress des Jahrs 1920 fand im Saalbau der der des DGB sowie der Christlichen Gewerkschaften. verzagen, sondern die Wirtschaft wieder in Gang zu Stadt Essen statt. Dieses Gebäude war von 1901 bis Er wirkte bei vielen Weichenstellungen im Kaiserreich, bringen. Denn nur mit dieser Haltung war es möglich, 1904 gebaut worden, von 1864 bis 1901 hatte an im Ersten Weltkrieg und in der Weimarer Republik das soziale Elend zu überwinden, in das vor allem der gleicher Stelle ein Holzbau gestanden. Der Neubau sowie – nach der Befreiung durch die Alliierten – beim Krieg, aber auch die Friedensbedingungen die Bevöl wurde durch die Architekten Skjøld Neckelmann aus politischen Wiederaufbau in Westdeutschland mit. kerung gestürzt hatten. Stuttgart und Carl Nordmann aus Essen gestaltet. Genutzt wurde der Saalbau für Konzerte, Kongresse Essen war ein Zentrum der Christlichen Gewerkschafts und Konferenzen. Er gehörte der Stadt Essen und war bewegung. Für die Christlichen Gewerkschaften war ein kulturelles Zentrum der damaligen Zeit. Im Zwei diese Region von großer Bedeutung. Als Geburtsort ten Weltkrieg wurde der Saalbau zerstört und in den Adam des Gewerkvereins der Christlichen Bergarbeiter hatte 1950er Jahren wieder aufgebaut. Heute können Teile Stegerwald die Stadt eine bedeutende Rolle. Hier hatte August des alten Gebäudes als integrale Bestandteile der im 1919.
Die Rede Spiritus Rector der Idee einer überkonfessionellen Kongress, kommentierte aber nur den Vortrag von Seite. Dem Ansturm des Nationalsozialismus hatten christlichen Volkspartei. An der Konzeption und For Theodor Brauer über „Christentum und Sozialismus“ weder die liberalen Parteien noch das Zentrum, das Am zweiten Kongresstag, dem 21. November 1920, mulierung der Rede wirkten aber wohl auch der Sozial- und ließ Stegerwald unerwähnt. doch eigentlich Schlimmeres hatte verhindern wollen, ging Adam Stegerwald ans Rednerpult. Seine Rede und Wirtschaftswissenschaftler Theodor Brauer und nichts entgegenzusetzen. war lang: Im Protokoll füllt sie rund 52 Seiten. In der der Zentrumspolitiker und Gewerkschafter Heinrich Es stellte sich im Verlauf der Zeit aber auch heraus, Erinnerung blieb die Skizze einer neuen Partei. Bis Brüning mit. dass die Beharrungskräfte im Zentrum stark waren. Adam Stegerwald zu dem Punkt kam, der seine Rede Ihr Credo wandelte sich von der Ablehnung über die historisch bedeutsam machte, streifte er die wichtigen Es gab eine Sehnsucht nach Erneuerung. Aber auch Vertagung in die Verschiebung in kleine Zirkel bis hin Die Erinnerung Themen der Zeit, was sich auch im Titel der Rede aus Befürchtungen spielten eine wichtige Rolle, weshalb zu der Feststellung, was Adam Stegerwald beschrieben drückte: Die christlich-nationale Arbeiterschaft und die das Konzept einer neuen Parteikonstellation entwickelt habe, sei das Zentrum an sich. Es sei bereits die von Für das, was nach dem Zweiten Weltkrieg geschah, Lebensfragen des deutschen Volkes. wurde. Deutlich wird dies am folgenden Zitat aus der ihm geforderte Volkspartei. war die Rede von Stegerwald vom November 1920 Rede: „Die deutsche Politik muß sich im nächsten Jahr von großer Bedeutung. Die Erfahrungen mit dem Es ging in seiner Rede um Selbstvergewisserung. Wo zehnt unter allen Umständen von Extremen freihalten. Jedoch war auch Adam Stegerwald selbst zu zurück Nationalsozialismus ließen an vielen Orten des befrei steht die Christliche Gewerkschaftsbewegung, wo die Würden die Extreme von rechts die Herrschaft an sich haltend, um seine Idee zu verwirklichen. Zudem ten Deutschlands Menschen zusammenkommen, um Deutsche Zentrumspartei? Die Revolution von 1918 reißen, so würden wir wahrscheinlich mit dem schärfs schmälerte seine politische Tätigkeit als preußischer im Geiste Adam Stegerwalds eine neue Partei aus der lag noch nicht lange zurück. Die Republik war erste ten Gegensatz der demokratisch orientierten Länder Ministerpräsident seine Möglichkeiten und seine Kraft, Taufe zu heben. Deshalb ging es in den ersten Jahren Schritte gegangen. Einige Monate vor der Rede war der Welt zu rechnen haben. Siegten die Extremen von auf die Gründung einer neuen Partei der Mitte hinzu um praktisches Handeln und weniger um die Erinne der Kapp-Putsch abgewehrt worden. Im Zentrum gab links, so würden uns die unentbehrlichsten Hilfsmittel wirken. Aber auch die anderen Parteien hatten keine rung an diese herausragende Rede. 22 es eine intensive Debatte um die Ausrichtung: „Repu für unsere Wirtschaft und Ernährung aus den übersee Neigung, in einer neuen Partei aufzugehen. Vielmehr 23 blik oder Monarchie?“, lautete eine der aufgeworfenen ischen Ländern, vor allem aus den Vereinigten Staaten waren die Fliehkräfte stärker als die Anziehungskräfte. Zum 30. Jahrestag von Stegerwalds Rede gab es Fragen. Der linke und rechte Flügel kämpften um den für lange Zeit entzogen bleiben. Haben wir eine starke So entwickelten sich die Parteien der Mitte immer wei einen großen Kongress der Christlich-Demokratischen Einfluss auf die Gesamtpartei. Vertreterinnen und Ver Volkspartei mit dem beschriebenen Gedankeninhalt, ter auseinander, als sich aufeinander zuzubewegen. Arbeitnehmerschaft (CDA). Stegerwald hatte am Ende treter der im DGB zusammengeschlossenen Gewerk so steht in sicherer Aussicht, daß sich uns auch Ver seiner Rede das Parteikonzept in vier Worten zusam schaften gehörten mehreren Fraktionen des Reichs bindungen und Beziehungen sowie politische Unter Auf dem 11. Kongress der Christlichen Gewerkschaften mengefasst: deutsch, christlich, demokratisch, sozial. tags an. Sie verteilten sich im Wesentlichen auf die stützungen wertvollster Art aus den Ländern bieten Deutschlands vom 17. bis 20. April 1926 in Dortmund Seine Nachfolger knüpften an diese Charakterisierung nationalliberale Deutsche Volkspartei (DVP), die Deut werden.“ führte Adam Stegerwald vor allem äußere Umstände 1950 an, drehten die ersten beiden Worte jedoch um sche Zentrumspartei, die Bayerische Volkspartei (BVP) für das Scheitern seines Projekts an, so etwa die wach und fügten ein fünftes hinten an: christlich, deutsch, sowie die Deutschnationale Volkspartei (DNVP). Somit Die Rede wurde an vielen Stellen beklatscht und das sende Polarisierung der verschiedenen Parteien, die demokratisch, sozial, europäisch. Mit diesen wenigen war die Darstellung des Konzepts auf einem Gewerk Auditorium scheute auch vor „Bravo“-Rufen nicht Vertiefung konfessioneller Gegensätze oder Ereignisse Worten wurde verdeutlicht, was nach Meinung der schaftskongress einleuchtend, denn ein Zusammen zurück, wie das Protokoll verzeichnet. Aber diskussi wie die Ruhrbesetzung und die Abtrennung Oberschle CDA die Volkspartei CDU ausmacht, woher sie kommt, schluss bzw. eine Einigung auf eine gemeinsame Partei onsfreudig waren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer siens. Doch auch bei ihm selbst trat das Interesse an was sie will und wohin sie strebt. Vor dem Hintergrund hätte die Position des DGB gegenüber dem vor allem nach der Rede nicht. Einstimmig wurde ein Geschäfts dem Vorhaben immer mehr in den Hintergrund. der heutigen Debatten fällt auf, dass zwei Begriffe der Sozialdemokratie nahestehenden Allgemeinen ordnungsantrag angenommen, keine Debatte zu der fehlen: weder konservativ noch liberal gehörte zum Deutschen Gewerkschaftsbund (ADGB) gestärkt. Rede zu führen. Dafür wurde der Beitrag – wie Rudolf Die politische Mitte blieb somit so zersplittert, wie sie Wortschatz, mit dem Stegerwald und seine Erben in Morsey beschreibt – in der Öffentlichkeit und in den es seit der Reichsgründung immer gewesen war, vor der CDA ihre Idee einer Volkspartei beschrieben. Aber Adam Stegerwald war nicht allein. Der langjährige Gremien des Zentrums umso intensiver diskutiert. allem gespalten in verschiedene protestantisch oder mehrfach betonten sie, in einer neuen Partei die Mitte Reichsarbeitsminister Heinrich Brauns vom Zentrum Außerhalb dieser Bezugsräume wurde die Rede ver bürgerlich geprägte Parteien auf der einen und das der Gesellschaft zusammenführen zu wollen. Die Ver stand an seiner Seite. Vielleicht war Brauns sogar der schwiegen. So berichtete der ADGB zwar über den breitgefächerte katholische Zentrum auf der anderen treter der CDA nahmen also nicht die Ränder rechts
und links der Mitte in den Blick. Vielmehr nahmen sie Erinnerungskultur innerhalb der CDU sein. Auch der Was noch zu sagen bleibt in Kauf, dass es diese Ränder gab. Doch nicht die Rän dreißig Jahre nach der Rede abgehaltene Erinnerungs der sollen die bestimmenden Faktoren sein, an denen kongress 1950 wurde nicht von der CDU, sondern von Geschichte wiederholt sich nicht. Doch vergleicht sich die Politik ausrichtet. Gleichzeitig skizzierte der der CDA verantwortet. man Debatten der 1920er Jahre um die Ausrichtung Kongress, wohin die christlich-demokratischen Arbeit des Zentrums mit aktuellen Diskussionen um die Aus nehmerinnen und Arbeitnehmer politisch strebten: richtung der CDU, kann man zumindest Ähnlichkeiten zur Einheit Deutschlands in einem vereinten Europa feststellen. Anscheinend hallen in heutigen Debatten mit einer mitbestimmten Wirtschaft und ausreichen um die Ausrichtung der CDU die damaligen Diskussio der sozialer Sicherheit. nen nach. Obwohl das Zentrum keine Volkspartei im heutigen Sinne war, so ging es einigen wenigen auch Die wissenschaftliche Aufbereitung der Ereignisse vor damals schon um die Frage, wie konservativ die Partei und nach Stegerwalds Rede hat in den 1960er Jahren sein müsse. Rudolf Morsey begonnen. Seiner umfassenden Arbeit folgten Aufsätze verschiedener Autoren, die das Ereig Bis 1933 gelang es nicht, eine große überkonfessio nis, seine Hintergründe und Ergebnisse thematisierten. nelle und alle Bevölkerungsgruppen ansprechende Volkspartei zu bilden, die der heutigen CDU ent Doch würde heute noch jemand Adam Stegerwald sprochen hätte. Deutschland musste erst die men oder Heinrich Brauns oder Theodor Brauer oder schenverachtende Politik des Nationalsozialismus 24 Heinrich Brüning mit dem Konzept der Volkspar erleben, bevor weitsichtige Frauen und Männer die 25 tei verbinden? Beginnt für viele nicht erst mit der Ansätze der 1920er Jahre zum Erfolg führten. Mittler Befreiung durch die Alliierten die Parteigeschichte weile kann die CDU auf eine siebzig Jahre währende der CDU? In der Erinnerungskultur der CDU ver Geschichte zurückblicken. Stegerwalds Vermächtnis blasste die Erinnerung an Essen und die Wurzeln der hat sich erfüllt. Literatur Volkspartei gerieten immer mehr in Vergessenheit. Die Geschichte der inhaltlichen Entwicklung und Forster, Bernhard: Ein christlich-nationaler Politiker zwischen Auseinandersetzungen wurde auf Dokumente und Sammlung und Abgrenzung: Adam Stegerwald und die große Koalition Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg fokussiert. in den Anfangsjahren der Weimarer Republik, in: Historisch-Politische Mitteilungen 10 (2003), S. 43–73 (https://www.kas.de/c/document_lib Die aus den Schwesterparteien CDU und CSU rary/get_file?uuid=91f5667e-f43e-e80e-d80d-79359dd6de83&grou bestehende Union hat keine bruchlose Geschichte. pId=252038 (Abruf: 29.01.2020)). Anders als die Sozialdemokratie geht die CDU auf verschiedene Parteien zurück, die mal miteinander Jones, Larry Eugene: Adam Stegerwald und die Krise des deutschen und mal gegeneinander um politische Mehrheiten im Parteiensystems. Ein Beitrag zur Deutung des „Essener Programms“ Kaiserreich und in der Weimarer Republik kämpften. vom November 1920, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 27/1 Diese Parteien – die DVP, DDP, DNVP, BVP und das Adam Stegerwald veröffentlichte (1979), S. 1–29. Zentrum – sind Vorläufer der heutigen Union. Auch das Essener Programm unter dem dies dürfte eine Ursache für die gering ausgeprägte Titel „Deutsche Lebensfragen“. Morsey, Rudolf: Die Deutsche Zentrumspartei 1917–1923. Düsseldorf 1966.
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