ERLEBNISBAD 2030 ANALYSE DER ENTWICKLUNGEN UND TRENDS DER FREIZEIT- UND ERLEBNISBÄDER - MEDIA SUUB BREMEN

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Renate Freericks, Dieter Brinkmann, Heike Theile

Erlebnisbad 2030
Analyse der Entwicklungen und Trends
der Freizeit- und Erlebnisbäder
ERLEBNISBAD 2030 ANALYSE DER ENTWICKLUNGEN UND TRENDS DER FREIZEIT- UND ERLEBNISBÄDER - MEDIA SUUB BREMEN
ERLEBNISBAD 2030 ANALYSE DER ENTWICKLUNGEN UND TRENDS DER FREIZEIT- UND ERLEBNISBÄDER - MEDIA SUUB BREMEN
Erlebnisbad 2030

    Analyse der Entwicklungen und Trends der Freizeit- und Erlebnisbäder

           Ein Projekt im Cluster Lebensqualität der Hochschule Bremen

                                         Renate Freericks
                                         Dieter Brinkmann
                                           Heike Theile

             Bearbeitung und ©: Institut für Freizeitwissenschaft und Kulturarbeit e.V.

                       Institut für Freizeitwissenschaft und Kulturarbeit e.V.
                                     an der Hochschule Bremen
                                           Neustadtswall 30
                                            28199 Bremen
                                             www.ifka.de

                   Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
          detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

                                     ISBN 978-3-926499-65-3

     Forschungscluster Lebensqualität

                                           Bremen 2016

                                                                                                  3
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„Man stelle sich die Zukunft
vor: Es gäbe massenhaft
Bäder, doch keiner ginge
mehr hin…“

(Horst W. Opaschowski 1983)
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Inhalt

1 Einleitung                                                           6

2 Zielsetzung und Aufgabenstellung                                     7

3 Vorgehensweise und Untersuchungsmethodik                             8

4 Stand der Freizeitforschung zur Bäderentwicklung                     10

5 Ergebnisse der explorativen Bäderuntersuchung                        14
  5.1 Hypothese 1: Strukturwandel der Bäderlandschaft                  14
  5.2 Hypothese 2: emotionale Thematisierung                           16
  5.3 Hypothese 3: Informelle Gesundheitsförderung                     18
  5.4 Hypothese 4: Innovative Grenzüberschreitungen als Ausdruck der
        Erlebnisorientierung                                           20
  5.5 Hypothese 5: Entwicklung vom „Stunden-Bad“ zum „Bade-Resort“     21
  5.6 Hypothese 6: Transkulturelle Badekonzepte                        23
  5.7 Hypothese 7: Bildungsraum Erlebnisbad                            24

6 Verwertung der Ergebnisse                                            26

7 Zusammenfassung und Fazit der Studie                                 27

8 Literatur und Quellen                                                29

9 Anhang                                                               31
  9.1 Bädersteckbriefe, besuchte Bäder                                 31
  9.2 Leitfaden für die Expertengespräche                              53
  9.3 Verzeichnis der Abbildungen                                      54

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1 Einleitung

Anfang der 1980er Jahre führte das BAT-Freizeit-    Die zentrale Frage ist, wie sich 35 Jahre nach der
forschungsinstitut in Hamburg eine erste Studie     ersten Trendwende in der deutschen Bäderland-
zur Entwicklung der Bäderlandschaft in Deutsch-     schaft die weitere Entwicklung darstellt. Stehen
land durch. Exemplarisch wurde in dem Projekt       wir vor einer zweiten Trendwende, nämlich vom
„Freizeit in öffentlichen Schwimmbädern“ die         „Freizeitbad“ zum themen- und eventorientier-
Hamburger Bädersituation in den Blick genom-        ten „Erlebnisbad“? Wie stehen heute Badkon-
men. Die Lage erschien katastrophal: stark rück-    zepte und sich wandelnde Nutzerbedürfnisse
läufige Besucherzahlen, geringe Attraktivität        zueinander. Und welche Dimensionen einer Dif-
der Standardbäder, keine Freizeitprogramme          ferenzierung und (Re-)Attraktivierung des Ba-
und eine bürokratische Anmutung mit Verord-         dens zeichnen sich ab?
nungen und Kontrolle. Die Bäderplanung hinkte
den sich entwickelnden und ausdifferenzieren-        Das Projekt „Erlebnisbad 2030“ sollte hierfür
den Freizeitbedürfnissen großer Bevölkerungs-       erste Antworten geben und im Rahmen einer
gruppen hinterher, so die sozialwissenschaftlich    explorativen qualitativen Studie Trends und
geschulte Beobachtung. Das zweckorientierte         Entwicklungen herausarbeiten. Grundlage hier-
Bad war kein Freizeitort und weder auf die Be-      für waren Beobachtungen und Experteninter-
dürfnisse von Familien noch auf die Spaß- und       views in ausgewählten Einrichtungen und daran
Erholungsinteressen anderer Zielgruppen aus-        anschließende Analysen unter Freizeitgesichts-
gerichtet. Angeregt und experimentell erprobt       punkten.
wurde unter der Leitung von Horst Opaschow-
ski eine Umorientierung öffentlicher Bäder, die      Den beteiligten Bädern und den Gesprächspart-
heute noch anhält. Bäder sollten etwas mit der      nerInnen vor Ort danken wir ganz herzlich für
persönlichen Lebensqualität der Bürger zu tun       die Kooperation und die engagierte Unterstüt-
haben und die vielfältigen Freizeitinteressen der   zung des Projekts.
Nutzer aufgreifen. Ein Wandel von der „Badean-
stalt“ zum „Freizeitbad“ zeichnete sich ab. Viel-   (Forschungsteam Erlebnisbad 2030)
fältiger, freundlicher und erlebnisreicher war
die Perspektive (vgl. Opaschowski 1983).

An diese Tradition einer zukunftsorientierten
und sozialwissenschaftlich gestützten Moderni-
sierung der Freizeitinfrastruktur knüpft das Pro-
jekt „Erlebnisbad 2030“ an. Es wurde ermöglicht
durch den Fonds für Forschung und Entwicklung
der Hochschule Bremen und ist zu Recht dem
„Cluster Lebensqualität“ angegliedert. Die Um-
setzung des Vorhabens von Mai 2015 bis Febru-
ar 2016 erfolgte mit Unterstützung des Instituts
für Freizeitwissenschaft und Kulturarbeit an der
Hochschule Bremen.

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2 Zielsetzung und Aufgabenstellung

Die Studie „Erlebnisbad 2030“ soll exemplarisch    Ziel ist es, vor diesem Hintergrund neue freizeit-
zeigen, wie sich die Bäderlandschaft in Deutsch-   wissenschaftliche Erkenntnisse zu gewinnen, die
land im letzten Jahrzehnt entwickelt hat und       sowohl anregend für die Bäderpraxis sind als
welche Trends sich für die Zukunft abzeichnen.     auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung
Grundlegend ist ein explorativer Ansatz. Da-       mit der Freizeit-Erlebnisgesellschaft und ihren
bei steht neben einer empirischen Fundierung       Institutionen vorantreiben.
einzelner Vorannahmen die offene Hypothe-
sengewinnung bezogen auf eine zukunftsfähi-
ge Entwicklung der Freizeitbäder im Fokus der
Analyse.

Zu den Vorannahmen gehören folgende Überle-
gungen zur Entwicklung des Freizeitsektors:
∠ Wie in anderen Freizeitfeldern (Freizeitparks,
   Museen) könnte eine Thematisierung und
   Emotionalisierung des Arrangements eine
   größere Rolle spielen.
∠ Eine wachsende Gesundheitsorientierung im
   Kontext einer entwickelten Erlebnisgesell-
   schaft könnte zu spezifischen Ausprägungen
   und Nutzungsmustern im Bäderbereich füh-
   ren.
∠ Zielgruppen und Erwartungen der Nutzer
   könnten sich im Zusammenhang mit gesell-
   schaftlichen Trends (Migration, demographi-
   scher Wandel, Entgrenzung von Lernprozes-
   sen) erheblich verändern.
∠ Eine weitergehende Verschmelzung von lo-
   kalen Freizeitstrukturen und touristischen
   Angeboten und Aktivitäten könnte sich auch
   auf den Bädersektor ausdehnen und damit
   Bäder zu Kurzurlaubsdestinationen mit spe-
   zifischen Möglichkeiten machen.
∠ Die Ansprüche an die funktionale, ästheti-
   sche und programmorientierte Ausstattung
   von Bädern unterliegen einem Wertewandel
   der vermutlich neue „Bademoden“ und „Ba-
   demuster“ hervorbringt.

                                                                                                   7
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3 Vorgehensweise und
  Untersuchungsmethodik
Die Untersuchung der Projektfragestellung er-     modularem Aufbau (Mixed-use-Center), inte-
folgte durch eine kombinierte qualitative Me-     griertes Konzept mit einer Verschränkung un-
thodik mit folgenden Elementen:                   terschiedlicher Funktionen (thematisiertes Ba-
                                                  de-Resort).
∠ Recherche nach aktueller Literatur zur Bä-
  derentwicklung und Sichtung verfügbarer         Insgesamt wurden 12 Bäder in die Studie einbe-
  Quellen                                         zogen:
∠ Internetrecherche zu innovativen Bäderkon-
  zepten und verschiedenen Bädertypen             1. Tropical Islands Krausnick (Brandenburg)
∠ Vor-Ort-Analysen zu ausgewählten Erlebnis-      2. Spreewelten Lübbenau (Brandenburg)
  bädern (Begehung, Nutzung, Kontakt zur Ge-      3. Turm ErlebnisCity Oranienburg (Branden-
  schäftsleitung und zum Marketing)                   burg)
∠ Qualitative Experteninterviews mit Badbe-       4. AquaMagis Plettenberg (Nordrhein-
  treibern (Geschäftsleitung, Marketing, Ab-          Westfalen)
  teilungsleitung).                               5. monte mare Rheinbach (Nordrhein-
                                                      Westfalen)
Die Stichprobe der besuchten Bäder konzent-       6. Mediterana Bergisch Gladbach (Nord-
rierte sich aus pragmatischen Gründen, um die         rhein-Westfalen)
Fahrtkosten überschaubar zu halten, auf zwei      7. VitaSol Bad Salzuflen (Nordrhein-
Regionen in den Bundesländern Brandenburg             Westfalen)
und Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus wur-      8. Naturbad Zeven (Niedersachsen)
den weitere Bäder aus Niedersachsen, Bayern       9. Südsee-Camp Wietzendorf (Niedersachsen)
und Mecklenburg-Vorpommern einbezogen,            10. Königliche Kristall-Saunatherme Seelze
um das vermutete Spektrum der Bäderkonzep-            (Niedersachsen)
te abzudecken. Die Auswahl der Einrichtungen      11. Wonnemar Wismar (Mecklenburg-
erfolgte bewusst auf der Grundlage der über           Vorpommern)
die Internetseiten erschließbaren Basisinforma-   12. Therme Erding (Bayern)
tionen und einiger persönlicher Empfehlungen
(Kontakt u.a. zur Zeitschrift EuroAmusement       Die Bäder in der Stadt Bremen bzw. der nähe-
Professional). Die Grundidee für das Sampling     ren Region dienten als Referenzeinrichtungen.
war eine erste Annahme über sieben vorhande-      Sie wurden nicht explizit untersucht. Gleichwohl
ne Bädertypen:                                    werden sie in der Studie bisweilen mit ihren ak-
                                                  tuellen Möglichkeiten aufgeführt. Hierzu gehö-
1.   Thematisiertes Bad                           ren:
2.   Ferienpark mit Freizeitbad
3.   Klassisches Thermalbad (Kurort)              1.   Südbad (Bremen)
4.   Freizeitbad plus                             2.   Oase (Bremen)
5.   Wasserpark                                   3.   Schlossparkbad (Bremen)
6.   Naturbad                                     4.   Grafttherme Delmenhorst (Niedersachsen)
7.   Wellnessbad
                                                  Die qualitativen Experteninterviews wurden im
Außerdem bildeten Überlegungen zum funkti-        Zeitraum von Anfang September bis Mitte Okto-
onalen Aufbau komplexer Bädereinrichtungen        ber 2015 auf der Basis eines Leitfadens geführt
einen ersten Startpunkt: additives Konzept mit    (s. Anhang) und digital aufgezeichnet. Sechs zen-

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trale Themen der Studie wurden in den Gesprä-      Die Datenerhebung wurde von beteiligten Bä-
chen mit 40 bis 90 Minuten Dauer behandelt:        dern engagiert unterstützt. Über das Interview
                                                   hinaus wurden zum Teil weitere Materialen
1.   Grunddaten zum Bad und zum Betrieb            (Fotos, Pressetexte) zur Verfügung gestellt und
2.   Veränderung in den letzten fünf Jahren        Kontakte vermittelt.
3.   Schwerpunkte der Ausrichtung
4.   Veränderung der Publikumsnachfrage
5.   Zukünftige Entwicklung des Bades
6.   Ausblick auf Grundtypen und Trends in der
     Bäderlandschaft

Die meisten Interviews konnten vor Ort im Zu-
sammenhang mit einer Begehung und teilneh-
menden Beobachtung durchgeführt werden.
Zwei Interviews konnten aus terminlichen Grün-
den nur telefonisch im Anschluss an den Besuch
realisiert werden. In einem Bad ergab sich im
Rahmen der Begehung die Gelegenheit, ein in-
formelles Gespräch mit der Geschäftsführung
und der Marketingleitung zu führen.

Die Auswertung der Interviews erfolgte geleitet
durch die explorative, hypothesengenerierende
Fragestellung der Studie. Als Grundlage dafür
wurden strukturierte Protokolle zu jedem Inter-
view erstellt. In einem zusammenfassenden in-
haltsanalytischen Verfahren wurden hierfür die
wesentlichen Fakten zur jeweiligen Einrichtung,
Einschätzungen zu Entwicklungen und Trend-
aussagen aus den Interviews dokumentiert.
Erkennbar ist, dass die Gesprächspartner dabei
sowohl auf explizites Wissen (Fakten, eigene
Planungen) als auch auf implizites Wissen (Ein-
schätzungen zu Nutzerveränderungen, Wün-
schen und Erwartungen) zurückgreifen.

Die eigenen Beobachtungen vor Ort und die Ein-
drücke aus den Gesprächen wurden zu sieben
Einzelthesen zur Entwicklung der Freizeitbäder-
landschaft verdichtet. Diese werden im Verlauf
des Berichts vorgestellt und mit Bezug zu tref-
fenden Fallbeispielen und Indikatoren erläutert.
Dabei wird auch auf das mögliche Spektrum un-
terschiedlicher Ausprägungen eingegangen.

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4 Stand der Freizeitforschung zur
  Bäderentwicklung
Im Jahr 2015 feierte die „European Waterpark        sche Lebens-Rettungs-Gesellschaft erwartet
Association“ (EWA), ein Verband der großen eu-      in ihrer Zukunftsprognose, dass weitere 670
ropäischen Freizeitbäder, ihr 25jähriges Beste-     Einrichtungen, insbesondere Hallenbäder, in
hen. Der Verband selbst ist Ausdruck der Trend-     den nächsten Jahren vor der Schließung stehen
wende in der Bäderlandschaft seit Anfang der        (Nordwestzeitung online 2015). Diese aktuel-
1990 Jahre und der immer stärkeren Verbrei-         le Bäderkrise ist durch die Freizeitwissenschaft
tung von Freizeit- und Erlebnisbädern. Thema-       bisher kaum aufgegriffen worden. Den sich be-
tisiert wurde im Jahr 2015 in Jubiläumsbeiträ-      schleunigenden Strukturwandel und die Folgen
gen und Interviews die anhaltende Entwicklung       für die Freizeitkultur zu beschreiben, erscheint
klassischer Schwimmbäder mit ursprünglichem         als eine wichtige Aufgabe der freizeitbezogenen
Sportstättencharakter zu komplexen Freizeitre-      Sozialforschung.
sorts mit touristischen Angeboten. Eine perfek-
te Thematisierung erscheint nicht mehr nur für      Die Tagungsdokumentation „Baden gehen“,
Freizeitparks mit einer Entwicklungsperspektive     herausgegeben von Fromme und Nahrstedt,
Kurzurlaubsdestination, sondern auch für Frei-      umreißt den Stand der Freizeitbäderforschung
zeitbäder wichtig. Emotionen und Wohlfühlat-        Ende der 1980er Jahre. Thematisiert wurden auf
mosphäre sind bedeutsam für eine Steigerung         der 6. Bielefelder Winterakademie Badgestal-
der Attraktivität und der Reichweite (vgl. Probst   tung und Badbelebung im Kontext sich ausdif-
2015). Thematisierung, Emotionalisierung und        ferenzierender „Lebens-, Reise- und Bäderstile“.
eine zunehmende „Touristifizierung“ von Bä-          Eingefordert wurde eine stärkere Orientierung
dern werden aktuell in branchennahen Veran-         an den Wünschen und Erwartungen der (poten-
staltungen (wie z.B. dem EWA-Kongress) disku-       ziellen) Nutzer. Ausgegangen wurde von einer
tiert. Eine freizeitwissenschaftliche Analyse von   „Woge des Erfolgs“ für „moderne Spaß- und
neuen trendorientierten Konzepten in diesem         Freizeitbäder“ seit den 1970er Jahren, die mit
Sinne erscheint jedoch angemessen, um tiefer-       ihren ökonomischen und konzeptionellen An-
liegende Entwicklungen und Zusammenhänge            sätzen kommunalen Bädern den Rang ablaufen
aufzuzeigen.                                        (vgl. Fromme/Nahrstedt 1989). Als erklärende
                                                    Phänomene werden zum einen die veränderten
Zugleich ist eine anhaltende bzw. sich verschär-    Reisegewohnheiten und die damit verbundenen
fende Krise der kommunalen Bäderlandschaft          Erfahrungen mit Muße und Wärme an Mittel-
zu erkennen. Der klassische Bädertyp mit einer      meerstränden für breite Bevölkerungsgruppen
Grundversorgung für die Bewohner im Stadtteil       gesehen. Zum anderen kommen der Werte-
bzw. in der Region erscheint überholt. Veralte-     wandel und die damit einhergehende Entwick-
te technische Standards und damit verbunden         lung von freizeitorientierten und eher hedonis-
ein Renovierungsstau sowie ein Nachfragerück-       tischen Lebensstilen ins Spiel. Dies zeigen die
gang machen die Lage vieler kleinerer Bäder         dokumentierten Vorträge und Diskussionen der
nicht einfacher. Verschärfend hinzu kommt die       Bielefelder Winterakademie. „Spaßbaden ist
Krise kommunaler Haushalte, deren Finanz-           eine Grundlage postmoderner Lebensqualität“
ausstattung durch viele weitere Aufgaben und        (ebd., S. 337), so die Diagnose, und zum ersten
Strukturprobleme belastet ist. Dies führt in der    Mal kann der neue Bädertyp „Freizeitbad“ in
Verlängerung der Tendenzen aus den 1980er           seinen Grundelementen genauer beschrieben
Jahren zu beschleunigten Krisenszenarien. Bun-      werden:
desweit sind in den letzten acht Jahren pro Jahr
46 Bäder geschlossen worden, und die Deut-

10
„Drei Merkmale sind charakteristisch: Variati-             schiedliche Zielgruppen, Ansprüche und Le-
onsreiche Gestaltung des Wasserbereichs (Ba-               bensstile entwickeln sich Outdoor-Wasserparks,
delandschaft), ergänzende Freizeitangebote                 Indoor-Spaßbäder, Tropenbäder, Thermal-/
(z.B. Restaurant, Saunalandschaft, Fitnessraum,            Thermen-Erlebnisbäder und Wellnessbäder.
Solarien), postmodernes Ambiente (Architek-                Auf der Basis einer Online-Betreiberbefragung
tur, Dachkonstruktion, große Fenster, Kommu-               (2006) mit einer Stichprobe von 97 Einrichtungen
nikations- und Liegeecken, exotische Pflanzen,              werden mit diesem Kategorienraster Schwer-
zurückhaltendes, freundliches Bäderpersonal,               punkte der Bäderentwicklung, der Ausstattung
Badeanimation, kulturelle Angebote wie Mo-                 und der Programmgestaltung ermittelt. Erkenn-
denschau, Beachparty, Kino, Gesprächskreise                bar ist wie in anderen marktorientierten Freizei-
im und am Wasser)“ (ebd., S. 336).                         teinrichtungen ein „Innovationsdruck“, und das
                                                           gerade noch neue Thermenkonzept kann schon
Die kommunalen Bäderkonzepte geraten in den                morgen kaum noch das Publikum überraschen.
1990er Jahren noch stärker unter Handlungs-                Touristische Entwicklungskonzepte von Regio-
druck. Eine tragfähige Entwicklung, auch unter             nen auf der Basis einer Thermenlandschaft kön-
dem Gesichtspunkt einer umfassenden Daseins-               nen auch zu Enttäuschung und Krisen führen, so
vorsorge mit sozialen und gesundheitspoliti-               die Beobachtung in Österreich (ebd., S. 29).
schen Implikationen, erforderte schon damals
eine bauliche und konzeptionelle Modernisie-               Allgemeine gesellschaftliche Trends, wie eine
rung der öffentlichen Bäder. Eine Aufgabe, die              zunehmende Gesundheits- und Wellnessorien-
bisher noch unzureichend gelöst erscheint, wie             tierung, werden von den sich weiter modernisie-
die aktuelle Bäderkrise in Bremen und die dro-             renden Freizeitbädern aufgegriffen. Allerdings
hende Schließung einzelner Anlagen (Uni-Bad)               bleibt die Entwicklung pluralistisch. Erfolg ver-
vor Augen führt.1                                          sprechend erscheinen sowohl große, multiopti-
                                                           onale Bäderkonzepte als auch Spezialisierungen
Die Krise der kommunalen Bäderkonzepte und                 und eine konsequente Thematisierung von An-
die Analyse von Erfolgsfaktoren für alternative            lagen. Angesichts divergierender Zielgruppen
freizeitorientierte Ansätze sind daher nicht neu.          zeichnet sich eine gelungene Segmentierung,
Denkbar ist heute jedoch, dass auch bestimmte              beispielsweise eine Trennung von Spaß- und
Formen von Spaß- und Freizeitbädern in einen               Ruhebereichen, als wichtiger Qualitätsfaktor
Modernisierungsstau geraten sind. Um Bäder                 für ein vielgestaltiges Erlebnisbad ab. Die Ver-
zukunftsfähig zu machen, reicht eine einfache              bindung von Unterhaltungs- und Gesundheit-
Gegenüberstellung nicht mehr aus, sondern                  saspekten erscheint dabei in einer entwickelten
erfordert eine differenzierte, aktualisierte und            Erlebnisgesellschaft keineswegs ungewöhnlich.
tiefergehende Betrachtung.                                 Unter Einbezug weiterer Recherchen und ex-
                                                           plorativer Interviews mit Badbetreibern in Bay-
Eine erste Typenbildung angesichts der Differen-            ern werden in der „Spaßbad-Thermenstudie“
zierung und Pluralisierung von Bäderkonzepten              abschließend „Zukunftsperspektiven von Er-
unternehmen die Autoren der „Spaßbad-Ther-                 lebnisbädern“ diskutiert und wichtige Themen
menstudie“ (vgl. Hanselmann u.a. 2009, zuerst              herausgearbeitet, die Herausforderungen für
2007). Nach ihrer Einschätzung entwickelt sich             Betreiber mit sich bringen (ebd., S. 86 f.). Hierzu
zwischen den Polen Spaßbad und Therme ein                  gehören:
Spektrum an Mischformen und multioptiona-
len Freizeitbädern. Mit Ausrichtung auf unter-

1 Das im Auftrag des Bremer Senats erstellte „Bäder-
konzept 2014“ dokumentiert den hohen Sanierungsbe-
darf in den Bremer Bädern und diskutiert, angesichts der
angespannten Haushaltslage des Landes, alternative Lö-
sungen zu einem Weiterbetrieb aller bestehenden Anla-
gen (vgl. Senator für Inneres und Sport 2014).

                                                                                                           11
∠    Wellness, Gesundheit, Medical Wellness         die Beliebtheit von Bädern, da wasserunabhän-
     und Körper                                     gige Flächen (Gastro, Fitness, Sauna, Wellness)
∠    Erlebnis-, Spiel- und Unterhaltungsbedürf-     immer wichtiger werden. Die Formel ‚Größere
     nisse                                          Wasserfläche = höhere Attraktivität‘ ist heutzu-
∠    Theming, Storytelling, Atmosphäre und          tage nicht mehr gültig“ (Kock 2007, S. 91 f.).
     Architektur
∠    Short breaks in Resorts, Luxus und ‚Premi-     Zu erkennen ist, dass alte Planungskonzepte (Er-
     um‘                                            folgsformeln) nicht mehr greifen und sich eine
∠    Andere ‚Zielgruppen‘, soziodemographi-         Grenzüberschreitung im Badbereich abzeich-
     sche Entwicklungen                             net. Bäder-Shops entstehen und neue rentierli-
∠    Neue Märkte, Qualität und Besucherfor-         che Angebote auch mit Partnern zu entwickeln
     schung.                                        und zu bewerben, wird zu einer möglichen Per-
                                                    spektive. Das Bad wird stärker noch als bisher
Erkennbar werden an der „Spaßbad-Thermen-           vielfältiger Konsumort und Marketingträger.
studie“ die Dynamik des Freizeitsektors „Er-        Zugleich zeichnet sich eine weitere Differenzie-
lebnisbäder“ und die zunehmende „Zukunfts-          rung bezogen auf die Kategorien „Zielpublikum,
orientierung“. Nicht nur die kommunalen             Leistung und Service“ ab. Eine stärkere Profi-
Bäderkonzepte sind im Umbruch, auch für den         lierung und Eventisierung von Bäderkonzepten
Markt der Spaß- und Wohlfühlangebote können         zeichnete sich im ersten Jahrzehnt nach 2000
weitere Innovationen, Trends und Strukturver-       schon ab, ebenso eine spaßorientierte Entwick-
änderungen erwartet werden. Sie vorausschau-        lung von Gesundheitsthemen und –angeboten.
end zu beschreiben, ist eine zentrale Aufgabe       Im Kontext dieses beschleunigten Wandels von
der freizeitbezogenen Marktforschung. Für eine      kommerziellen und kommunalen Bäderkonzep-
sozialwissenschaftlich ausgerichtete Freizeitfor-   ten scheint eine zukunftsorientierte Freizeitfor-
schung wird die Analyse der Bäderlandschaft im      schung gefordert, die mittel- und langfristige
Kontext längerfristiger gesellschaftlicher Ver-     Veränderungen beschreiben kann und Anre-
änderungen, die hier ihren Widerhall finden,         gungen für die individuelle Badentwicklung be-
spannend. In diesem Sinne lohnt auch ein Moni-      reithält.
toring, und Erlebnisbäder sind als „Wetterstati-
onen“ des voranschreitenden gesellschaftlichen      Szenarien für zukünftige Erlebnisbadkonzep-
Wandels zu verstehen.                               te mit sinnlicher, kommunikativer und medial
                                                    angereicherter Themenarchitektur entfaltete
„Die Zukunft der Freizeitbäder“ wird aktuell        bereits vor mehr als 15 Jahren die verdienstvol-
auch anhand einzelner Fallstudien diskutiert        le Studie von Joachim Behrendt zum „Freizeit-
(Kock 2007). Wie der Titel der Magisterarbeit       spaß-Bad“. Lange bevor die ersten innovativen
über das Wonnemar in Wismar andeutet, liegt         Erlebnisbäder gebaut wurden, lassen sich hier
sie eher in Extremen („Wilde Action & sanfte        Ideen für grenzüberschreitende Unterhaltungs-
Wellness“) als in einheitlichen Modernisierungs-    konzepte und vielfältige Ansätze für publikums-
konzepten. Erkennbar sind auch weitere Her-         orientierte Wasserwelten finden (Actionpools,
ausforderungen für Badbetreiber, die mit dem        Tauchbecken, thematisierte Erlebnissaunen
Begriff „Nachhaltigkeit bei Bau und Nutzung“         oder Tierbegegnungen).
umrissen werden können. Kommunale Bäder
erscheinen insgesamt reformierbar, allerdings       „Das Sportschwimmbad wird von Vereinen oder
zeigen sich auch spezifische Probleme bei dem        Verbänden betreut und geführt werden. Dane-
Versuch, marktfähige Konzepte zu realisieren,       ben wird es historische Bäder der verschiede-
und Wasser ist nur noch ein Element in einem        nen Stilepochen geben, in denen auch in der
attraktiven Erlebnisbad.                            jeweiligen zeitgeschichtlichen Form kommuni-
                                                    ziert und konsumiert wird. In den Zentren von
„Die Größe der Wasserflächen hat heute je-           Städten werden wieder die Flussbäder der Jahr-
doch nur noch nebengeordneten Einfluss auf           hundertwende auferstehen, nur, dass in einem

12
abgetrennten Becken in aufbereitetem Wasser          einem neuen Diskussionsstrang der Bädermo-
gebadet wird. Es werden programmgestaltete           dernisierung verbunden. Davon ausgehend ist
Bäder entstehen, in denen die Besucher eine          zu erkunden, wie sich Bäderkonzepte unter dem
vorgegebene Zeit und nach einem vorgegebe-           Vorzeichen einer voranschreitenden Erlebnisin-
nen Programm verweilen. Auf den Flüssen wer-         szenierung und Ästhetisierung entwickeln und
den Badeschiffe die Städte anfahren, dort über        differenzieren. Der Internationalisierung von
Wochen ankern und es wird Badekreuzfahrten           Bäderkonzepten und einer Entwicklung neuer
geben. Aquarien sind mit Bädern verflochten.          transkultureller Badekulturen gilt dabei sicher
Menschen schwimmen scheinbar zwischen exo-           eine besondere Aufmerksamkeit. Die Diskus-
tischen Fischen und Korallenriffen. Es entsteht       sion über das Bad der Zukunft hat gerade erst
das Adventure-Bad, mit technischen Raffines-           begonnen, so scheint es.
sen, wie sie bisher nur in den Universal-Studios
in Hollywood existieren. Saunaanlagen werden         Das Clusterprojekt „Erlebnisbad 2030“ greift
thematisiert und sprechen spezielle Besucher-        auf die bestehenden Erkenntnisse der bran-
gruppen an. Die römischen Thermen in ihrer           chennahen und der sozialwissenschaftlichen
Urform erleben eine Renaissance“ (Behrendt           Bäderforschung zurück, berücksichtigt die sich
2007, zuerst 1999, S. 135 f.).                       beschleunigende Bäderkrise in den Kommunen
                                                     und zeichnet exemplarisch allgemeine Trends
Hinzu kommen ausgedehnte und ebenfalls the-          und individuelle Entwicklungen nach.
matisierte Gastronomiebereiche, Serviceange-
bote und Events, wie der Entwurf von Behrendt
für ein historisch thematisiertes „Wasser-
schloss“ (Watercastle) mit allen denkbaren Er-
lebnis- und Konsummöglichkeiten zeigt (ebd.,
S. 137 ff.). Prognostiziert wird eine „perfekte In-
szenierung“ des Elements Wasser in einer durch
marktförmige Angebote dominierten und aus-
differenzierten Bäderlandschaft.

Aus internationaler Sicht wird das „Baden in Er-
lebniswelten“ zu einer global bedeutsamen und
multikulturellen Einflüssen unterliegenden Frei-
zeitaktivität. Zugleich wird ein Bogen geschla-
gen von den antiken römischen Thermen bis zu
postmodernen Baderesorts mit Ausrichtung auf
den internationalen Wellnesstourismus. „Bade-
kulturen“, die elementare Bedürfnisse wie den
Wunsch nach körperlicher und geistiger Reini-
gung oder sportlicher und gesundheitsförderli-
cher Aktivität zum Ausdruck bringen, erscheinen
als eine wesentliche Grundlage für einen „dyna-
mischen Bäder- und Freizeitmarkt“ der Zukunft
(vgl. European Waterpark Association 2010). In
der Dokumentation zweier internationaler Bä-
derkongresse des Verbandes (2007 und 2008)
wird die sich abzeichnende transkulturelle Per-
spektive und eine Verschmelzung unterschied-
licher lokaler Badekulturen zu neuen faszinie-
renden Konzepten erkennbar. Bäder-Ästhetik,
Medien- und Materialeinsatz werden dabei zu

                                                                                                 13
5 Ergebnisse der explorativen
  Bäderuntersuchung
Im folgenden Kapitel werden die Ergebnisse               Beispiele für profilierte Einzelanlagen
der teilnehmenden Beobachtung und der Ex-                AquaMagis Plettenberg: Rutschenareal, Hüt-
perteninterviews ausführlich dargestellt. Die            ten-Ressort
Erkenntnisse der explorativen Studie sind dabei          Mediterana Bergisch Gladbach: historisierende
in sieben Hypothesen zur Entwicklung von Frei-           und transkulturelle Thematisierung
zeit- und Erlebnisbädern zusammengefasst.                Beispiele für Bäderketten
                                                         Wonnemar, Wismar u.a.
                                                         monte mare, Rheinbach u.a.
5.1 Hypothese 1: Strukturwandel                          Kristallbäder, Seelze u.a.
der Bäderlandschaft                                      Therme Erding und weitere Anlagen der Gruppe

Erkennbar ist ein fortschreitender Strukturwan-          Spektrum an Bädertypen
del in der Bäderlandschaft. Viele kommunale              Erkennbar ist ein modernisiertes Spektrum an
Bäder sind in einer finanziellen und konzeptio-           Bädertypen
nellen Krise und stehen vor der Schließung.1             A) Naturbad
                                                         B) Familienorientiertes Spaßbad
Auch klassische Thermen und Saunaanlagen                 C) Multifunktionale Erlebnistherme
befinden sich in einem Umstrukturierungs- und             D) Thematisierte Bade- und Saunalandschaft
Modernisierungsprozess. Teilweise besteht                E) Resort mit Freizeitbad
durch Parallelentwicklungen auch ein Überan-             F) Gesundheits-Therme
gebot in bestimmten Regionen, das nicht der              G) Freizeit-Wasserpark
Nachfrage entspricht.                                    H) Freizeitsport-Center

Tendenziell entwickeln sich mittelgroße Bäder-           Folgen für die Entwicklung von Bäderkonzepten
ketten mit bis zu 10 Anlagen. Hierbei sind Bäder-        Die Entwicklung von Bäderkonzepten erfordert
gruppen mit einem eher standardisierten Kon-             eine standortbezogene Potenzialanalyse und
zept für Aufbau und Betrieb der Anlagen von              multi-perspektivische Betrachtung von Zielas-
einem diversifizierten Typ zu unterscheiden, bei          pekten. Eine differenzierte regionale Bäderland-
dem Häuser mit unterschiedlichen Badekonzep-             schaft ist anzustreben, ebenso wie die Nutzung
ten und Gestaltungsansätzen unter einem Be-              privater Initiativen wie kommunaler Gestal-
treiberdach vereint sind.                                tungsmöglichkeiten. Bäder als Standardangebot
                                                         der kommunalen Daseinsvorsorge erfolgreich
Einzelanlagen haben vermutlich nur dann eine             zu betreiben, wird immer schwerer zu realisie-
Chance am Markt, wenn sie individuell profiliert          ren sein.
sind (Thematisierung, Rutschenbereich, Resort
etc.) oder kommunal stark gestützt werden.

1 In Niederachsen mussten in den letzten acht Jahren
40 Bäder schließen, weitere 104 sind offenbar von einer
Schließung bedroht (Nordwestzeitung 20.10.2015).

14
Abbildung 1: Mehrdimensionales Modell der Badentwicklung

                                              thematisiert

              fun-orientiert                                                   touristisch

      spezialisiert                                                                   multioptional

                   lokal                                                     gesundheits-
                                                                              orientiert

                                              funktionale
                                             Grundstruktur

                                               Abbildung 1: Mehrdimensionales Modell der Badentwicklung

   Beschreibung von Bädertypen entlang der                 tischer Einzugsbereich für Tagesgäste
   Grunddimensionen                                        und evtl. Übernachtungsgäste, multiopti-
                                                           onales Angebot, Fun- und Gesundheits-
   A) Naturbad: eher lokaler Einzugsbereich,               bereiche,    differenzierte   Gastronomie,
      naturnahe Gestaltung der Anlage, Natur-              überwiegende bis konsequente Themati-
      becken oder Seen ohne Chemieeinsatz,                 sierung mit kulturellen Events (Beispiel:
      Nutzung von Pflanzen-Wasserfiltern, evtl.              Therme Erding).
      naturnahe Thematisierung (Felsen, Was-            D) Thematisierte Bade- und Saunaland-
      serfall), ergänzende Serviceeinrichtun-              schaft: eher touristischer Einzugsbereich
      gen (Gastronomie, Sauna) und fun-orien-              mit Tages- und Übernachtungsgästen,
      tierte Events (Beispiel: Naturbad Zeven).            eher spezialisierte Anlage mit breitem
   B) Familienorientiertes Spaßbad: lokal bis              gesundheitsorientierten Wellness- und
      regional attraktive Anlage, starke Funori-           Saunaangebot,      Wasserfläche    weniger
      entierung mit vielfältigen Spielbereichen            bedeutsam, überwiegende bis konse-
      und Rutschen, multioptional mit weiteren             quente Thematisierung (Beispiel: Medi-
      Wellness-, Sport- und Fitnessangeboten,              terana, Bergisch Gladbach).
      angepasste      Gastronomie,      funktionale     E) Resort mit Freizeitbad: touristische An-
      Grundstruktur mit teilweiser Thematisie-             lage mit hohem Anteil an Übernachtungs-
      rung (Beispiele: AquaMagis Plettenberg,              gästen, offen für Tagesgäste, eher mul-
      Wonnemar Wismar).                                    tioptional mit Spielbereichen, Rutschen,
   C) Multifunktionale Erlebnistherme: touris-             Wellness- und Fitnessangeboten, fun-

                                                                                                      15
orientiert und teilweise bis stark themati-    5.2 Hypothese 2: emotionale
   siert (Beispiele: Südsee-Camp Wietzen-
                                                  Thematisierung
   dorf, Tropical Islands).
F) Gesundheits-Therme: eher lokaler bis re-       Eine emotionale Thematisierung spielt eine
   gionaler     Einzugsbereich    (Tagestouris-   wichtige Rolle für zukünftige Bäderkonzepte. Sie
   mus), eher spezialisiert mit Einbindung in     trägt ganz wesentlich zur Differenzierung und
   Kurkonzepte, ausdifferenzierte Gesund-          Profilierung von Freizeit- und Erlebnisbädern
   heitsangebote, angepasste Gastronomie,         bei.
   funktionale Grundstruktur mit Ästhetisie-
   rungstendenz (Beispiele: VitaSol Bad Sal-      Alternativ zu einer starken emotionalen Thema-
   zuflen, Königliche Kristall-Saunatherme         tisierung ist eine „Atmosphäre-Gestaltung“ un-
   Seelze).                                       ter Einsatz eines abgestimmten Licht-, Farb- und
G) Freizeit-Wasserpark: touristische Anlage       Materialdesigns als Trend anzunehmen.
   mit Tages- und evtl. Übernachtungstouris-
   mus, überwiegend Außenbereiche, mul-           Eine Konzentration auf eine funktionale Grund-
   tioptional mit Rutschen, Spiel- und Gast-      struktur mit minimaler Atmosphäre-Gestaltung
   ronomiebereichen, starke Funorientie-          und fehlender Thematisierung wird für Bäder-
   rung und wassernahe Thematisierung             konzepte der Zukunft nur wenig Bedeutung ha-
   (kein Projektbeispiel vorhanden).              ben.
H) Freizeitsport-Center: lokaler bis regiona-
   ler Einzugsbereich, multioptionale An-         Beispiele für unterschiedliche Thematisie-
   gebote, auch in Kombination mit einem          rungsansätze
   familienorientierten Spaßbad, ausdiffe-         Funktionale Grundstruktur: Bremer Bäder, z.B.
   renzierter Sport- und Fitnessbereich,          Südbad, Schlossparkbad; AquaMagis Pletten-
   ergänzende Gastronomie, eher funkti-           berg
   onale Gestaltung mit Ästhetisierungsten-       Atmosphäre-Gestaltung: Grafttherme Delmen-
   denz und Sportevents (Beispiel: Turmer-        horst, VitaSol Bad Salzuflen
   lebnisCity Oranienburg).                       Thematisierung einzelner Badbereiche: Turm-Er-
                                                  lebniscity Oranienburg, Spreewelten Lübbenau
Insbesondere bei vielgestaltigen, komplexen       Divergierende Thematisierung: Therme Erding,
Anlagen sind Mischtypen denkbar, und einzelne     monte mare Rheinbach
Anlagenteile folgen dann verschiedenen Grund-     Konsistente Thematisierung aller Bereiche: Me-
modellen.                                         diterana Bergisch Gladbach, Tropical Islands
                                                  Brandenburg
Stärker divergierende Zielgruppen bedingen
außerdem eine Ausdifferenzierung von Bäder-        Mögliche Sparten einer Thematisierung
anlagen. Perspektiven in zwei Richtungen er-      ∠ Historisierende Thematisierung: Antike
scheinen dabei denkbar: sowohl die Entwick-         Bäderkultur, alte maurische oder indische
lung einer begrenzten Anzahl multioptionaler        Elemente
Thermenkomplexe als auch die Schaffung spe-        ∠ Exotische Thematisierung: tropisches Ur-
zialisierter Anlagen mit hoher Qualität für be-     laubsparadies, asiatische, karibische Natur-
stimmte Nutzersegmente.                             und Kulturelemente
                                                  ∠ Künstlerisch-kreative Thematisierung:
                                                    Elemente der Volkskultur, Sagen, Mythen,
                                                    aktuelle Kunst
                                                  ∠ Naturnahe Thematisierung: Pflanzen, Tiere,
                                                    komplexere Lebensräume, Landschaften
                                                  ∠ Technische Thematisierung: U-Boot, Schiff,
                                                    Tauchstation, Wasser-Installation.

16
Folgen für die Entwicklung von Bäderkonzepten
  Wichtiger wird die Entwicklung einer wasser-
  und badebezogenen Szenografie: Geschichten
  erzählen, Besucher eintauchen lassen, Erinne-
  rungen stimulieren usw.

Abbildung 1: Spektrum der Thematisierung

     Funktionale              Thematisierung                      Konsistente Thematisierung
     Grundstruktur            einzelner Badbereiche               aller Badbereiche

        Atmosphäre-Gestaltung:                    Divergierende, aber
        Licht, Farben, Materialien                überwiegende Thematisierung

                                                             Abbildung 2: Spektrum der Thematisierung

                                     Abbildung 3: Emotionale Thematisierung, Tropical Islands, Krausnick

                                                                                                     17
5.3 Hypothese 3: Informelle                            Beispiele für verschiedene Ansätze einer infor-
Gesundheitsförderung                                   mellen Gesundheitsförderung
                                                       Kalt- und Warmwasseranwendungen mit spie-
Freizeit- und Erlebnisbäder haben eine wichti-         lerischen Elementen (Sprudler, Duschen, Lich-
ge Funktion als Einrichtungen einer informellen        tinszenierung): Wonnemar Wismar
Gesundheitsförderung.                                  Solewasser als Erlebniselement zum Ausprobie-
                                                       ren: VitaSol Bad Salzuflen, Kristall-Saunatherme
Hierbei werden gesundheitsförderliche Aktivi-          Seelze
täten mit weiteren Aspekten der Freizeit (Unter-       Gastronomie im Kontext einer Wassererlebnis-
haltung, Geselligkeit) zu integrierten Komplexen       welt: Therme Erding
verbunden. Die gesundheitsförderlichen Akti-           Auflösung strenger Sauna-Rituale durch die Ein-
vitäten wie Kneippanwendungen, Saunieren,              beziehung von Volkskultur und Kunst: Spreewel-
Baden in Solewasser, gesünderes Essen werden           ten Lübbenau
ihrer strengen moralischen Anmutung entklei-           Verbindung von gesundheitsförderlicher Aktivi-
det und neu in unterhaltsamen und geselligen           tät mit Wohlfühlaspekten: Mediterana, monte
Kontexten angeboten.                                   mare,
                                                       Bewegungsangebote mit Musik und Tanz- und
Eine starke Verbindung von Gesundheitsthe-             Showelementen: Therme Erding
men mit Unterhaltungselementen könnte als
Abbildung 4: Spektrum der
Gesundheitstainment       informellen Gesundheitsförderung
                       (Healthtainment)  be-
zeichnet werden.

     Klassische Gesundheits-      Entertainment als                  Starke Verbindung mit
     anwendungen                  Erweiterung einzelner              Unterhaltungselementen
     z.B. Solebäder, Massagen,    Badelemente                        in komplexen Szenarien
     Kneippbäder, Diäten          z.B. Bewegungs-Animation           z.B. Außenpool mit Bar
                                  Aqua-Kurs mit Musik, Lesung        umfassende Musik- und
                                  in der Sauna Videoprojektion,      Lichtinszenierungen
     Freizeitsport
                                  Wasserspiele, neue Kalt- und
     z.B. Sportbecken, Kurse,
                                  Warmwasseranwendungen
     Fitnesscenter

                                           Abbildung 4: Spektrum der informellen Gesundheitsförderung

Auch für die Verbindung einzelner Elemente mit         Folgen für die Entwicklung von Bäderkonzepten
Unterhaltungsaspekten, z.B. Sauna + Unterhal-          Freierer Umgang mit gesundheitsbezogenen
tung (Szenografie, Geschichten, Zeremonien,             Verhaltensempfehlungen und Angeboten.
Gastronomie), wären neue Begriffsbildungen              Grenzüberschreitungen zum Freizeitkomplex
denkbar: Saunatainment, Erlebnissauna, Erleb-          Unterhaltung und Entwicklung neuer hybrider
nisduschen u.a.                                        erlebnisorientierter Gesundheitskulturen, so-
                                                       wie Einrichtung von Beratungsstellen in den An-
Im Kontext der informellen Gesundheitsförde-           lagen.
rung wird aufgrund der Vielfalt an Anwendungs-
möglichkeiten und der transkulturellen Gestal-
tung eine Beratung der Nutzer wichtiger und
wird in großen Anlagen mit eigenen Positionen
(Rollen) realisiert (Wellness-Concierge im Medi-
terana).

18
Abbildung 5: Informelle Gesundheitsförderung, Therme Erding

                                                        19
5.4 Hypothese 4: Innovative                            Weiterempfehlung und zu höheren Wiederho-
Grenzüberschreitungen als Ausdruck                     lungsraten beitragen.
der Erlebnisorientierung                               Beispiele für Innovative Konzepte
Durch innovative Grenzüberschreitungen ge-             Zoo und Bad: Pinguin-Anlage im Spreewel-
winnen Erlebnisbäder neue und auch überregi-           ten-Bad in Lübbenau
onale Attraktivität.                                   Bad und Tauchstation: Tauchbecken im monte
                                                       mare Rheinbach
Hierbei werden Grenzen zwischen verschiede-            Bad und Museum: Inszenierung von Themen-
nen Bereichen von Sport, Freizeit und Kultur           räumen mit authentischen Objekten aus Indien
und Gesundheitsanwendungen in einem posi-              und arabischen Kulturkreisen im Mediterana
tiven Sinne durchlässiger, und es gibt überra-         Bergisch Gladbach
schende, anregende Erlebnisse an ungewöhnli-           Sauna und volkskundliches Museum: Inszenie-
chen Orten.                                            rung von Spreewaldkultur, teilweise mit Origi-
                                                       nalobjekten und Gebäuden in den Spreewelten
Im Sinne einer umfassenden Erlebnisorientie-           Lübbenau
rung werden durch die Grenzüberschreitun-
gen neue, stimulierende Erfahrungen möglich.           Folgen für die Entwicklung von Bäderkonzepten
Sie können eine unterschiedliche Tiefe haben           Neue Bäderkonzepte entstehen in Grenzberei-
(historisch, existenziell, selbstreflexiv). Sie be-     chen und erfordern entsprechende Kompeten-
gründen, betriebswirtschaftlich gesehen, im            zen außerhalb des Gesundheitssektors (Gar-
günstigsten Fall ein „Alleinstellungsmerkmal“          tengestaltung, Tierhaltung, Kulturwissenschaft,
der Anlage, können aber auch die Grundlage für         Technik). Sie spielen mit der Emotionalität der
die Inszenierung einer Reihe von Freizeitbädern        Thematisierung und befördern die Entwicklung
gleichen Typs sein.                                    einer innovativen Bäder-Szenografie.

Stimuliert werden durch eine innovative Gren-
züberschreitung positive Emotionen, die eine
Erinnerung an den Besuch fördern, zu einer

Abbildung 6: Freizeitbereiche und Grenzüberschreitungen

                                              Badekultur

                                             historisches,
                   Gartenanlage                                        Tierpark
                                            volkskundliches
                                               Museum

        Ambiente                                                                   Emotionalität

                                                 Abbildung 6: Freizeitbereiche und Grenzüberschreitungen

20
Abbildung 7: Innovative Grenzüberschreitungen, Spreewelten Lübbenau

5.5 Hypothese 5: Entwicklung vom                     Hierbei ist ein Spektrum von eher klassischen
                                                     Anlagen (Feriencamp, Hüttendorf) bis zu thema-
„Stunden-Bad“ zum „Bade-Resort“
                                                     tisierten Hotelkomplexen zu erkennen.
Große, komplexe Erlebnisbäder entwickeln sich
zunehmend zu Bade-Resorts mit integrierten
und teilweise thematisierten Übernachtungs-
möglichkeiten.

Auch für mittelgroße Bäder bietet sich die Ko-
operation mit nahegelegenen oder eigenen
Hotelbetrieben als eine Option der Entwicklung
und Differenzierung des Angebots an.

Freizeit- und Erlebnisbäder werden damit zu
einem wichtigen Faktor der touristischen Ent-
wicklung einer Region und stellen wichtige Leis-
tungsträger für einen Kurzzeittourismus dar. In
diesem Kontext präsentieren sie sich selbst als
Destinationen für einen Kurzurlaub mit langer
Aufenthaltsdauer in der Anlage. Die stunden-
weise Nutzung wird zu einem Randphänomen
(z.B. Frühschwimmen).

                                                                                                  21
Abbildung 8: Spektrum der bädernahen Übernachtungskonzepte

     Bad mit             Hüttendorf      Resort mit         angedockter        Themen-Hotel
     Campingplatz        am Bad          verschiedenen      Hotelkomplex       in der Anlage
                                         Optionen           am Bad

                                         Wohnmobil
                                         Ferienhäuser       Hotel-
                                                            kooperation
                                         Thematisierte      am Ort
                                         Unterkünfte

                                         Abbildung 8: Spektrum der bädernahen Übernachtungskonzepte

Folgen für die Entwicklung von Bäderkonzepten
Tourismus und Freizeit verschmelzen im Bereich
der Bäderentwicklung zu integrierten Konzep-
ten. Dies hat Folgen für die angestrebten Ziel-
gruppen und die bedürfnisgerechte Gestaltung
von Anlagen. Zunächst nur lokale Freizeitange-
bote werden wichtiger für eine touristische Ent-
wicklung von Orten und Regionen. Einrichtun-
gen profilieren sich als touristische Zentren mit
entsprechenden Einzugsbereichen. Nutzungs-
und Zielkonflikte bei der Badentwicklung sind
dabei nicht ausgeschlossen.

                                         Abbildung 9: Vom Stundenbad zum Bade-Resort, Therme Erding

22
5.6 Hypothese 6: Transkulturelle                       Im Sinne eines transkulturellen Konzepts ist an-
 Badekonzepte                                           zunehmen, dass verschiedene Elemente des Ba-
                                                        dens (Wärme, Wasser, körperliche Bewegung)
 Die Integration von lokalen Traditionen und di-        aus ihren Ursprungskulturen herausgelöst und
 versen Badekulturen der Welt zu integrierten           zu neuen „transkulturellen Erlebnisformen“
 Konzepten wird zu einem wesentlichen Faktor            verbunden werden. Dies ist in Ansätzen bei der
 für die Attraktivität von Erlebnisbädern.              Entwicklung innovativer Bade- bzw. Saunaanla-
                                                        gen erkennbar. Es zeichnet sich ein neuer „spie-
 Zugleich ist eine Veränderung lokaler Badekultu-       lerischer Umgang“ mit den Elementen Feuer,
 ren und Badekonzepte durch eine zunehmende             Wasser, Erde ab.
 Diversität der Nutzer anzunehmen. Menschen
 mit Migrationshintergrund bringen unterschied-         Beispiele für transkulturelle Badekonzepte
 liche, in der Heimatkultur verwurzelte Badekon-        aus den Erlebnisbädern
 zepte mit in den neuen Alltag (beispielsweise          Feuer-Wasser-Tempel im Mediterana Bergisch
 genderspezifische Beschränkungen, genereller            Gladbach
 Umgang mit Nacktheit und spezifische Anwen-             Sauna-Anlage Stonehenge in der Therme Erding
 dungen z.B. aus dem türkischen Kulturkreis).           Gurkensauna in den Spreewelten Lübbenau

 Als ein dritter Faktor ist die Ausbreitung global      Folgen für die Entwicklung von Bäderkonzepten
 akzeptierter Badekonzepte zu vermuten. Mög-            Ein Austausch über verschiedene Badekultu-
 licherweise ist ein Indiz hierfür auch die Nach-       ren wird wichtiger. Zugleich werden lokale Be-
 frage nach einer Ausweitung des Textilwell-            sonderheiten wieder entdeckt und erhalten im
 ness- und Textilsaunaangebots. Hier greifen ein        Kontext globalisierter Badekulturen eine neue
 Wertewandel unter jüngeren Besuchern und               Wertigkeit. Die Entwicklung „kulturtoleranter“
 der Wandel von Badekonzepten möglicherwei-             Badekonzepte stellt eine besondere Herausfor-
 se ineinander.                                         derung für das Management des Badealltags
                                                        (Konflikte) und die Besucherbetreuung dar. In
 In Zukunft wird daher mehr Toleranz gegenüber          der Entwicklung transkultureller Badekonzepte
 verschiedenen Badekulturen gefragt sein (z.B.          liegt ein bisher noch wenig entdecktes Innova-
 bei streng muslimischen Traditionen), und es           tionspotenzial.
 wird je nach Zielgruppe zu unterschiedlichen
 Ansprüchen an die Badentwicklung kommen.

Abbildung 10: Spektrum der transkulturellen Entwicklung

     Festhalten an             Tolerantes Bad,          Multikulturelle          Verschmelzung
     traditionellen            offen für andere         Integration von          von Elementen
     Badformen                 Badekulturen             Badetraditionen          zu neuen
                                                                                 Badekonzepten

                                                  Abbildung 10: Spektrum der transkulturellen Entwicklung

                                                                                                      23
Abbildung 11: Transkulturelle Badekonzepte, Mediterana, Bergisch Gladbach

5.7 Hypothese 7: Bildungsraum                        Funktionale Freizeitbildung: Schwimmkurs,
Erlebnisbad                                          Tauchkurs, Saunakurs
                                                     Gesundheitsbildung: Aquajogging, Kalt- und
Im Kontext des Lebenslangen Lernens ist das          Warmwasseranwendungen, Ernährung
Erlebnisbad auch als Bildungshaus mit spezifi-        Ästhetisch-kulturelle Bildung: Führung zu den
schen Möglichkeiten, Angebotsstrukturen und          kunsthistorischen und volkskundlichen Hinter-
Lernformen zu interpretieren.                        gründen der Szenografie, Erklärungen zu inter-
                                                     nationalen Badekulturen und zur Badegeschich-
Der Bildungsraum Erlebnisbad ist gekennzeich-        te
net durch ein überwiegend selbstgesteuertes          Seelisch-spirituelle Bildung: Angebote zur Ent-
und informelles Lernen der Nutzer. Gleichwohl        spannung, Lebensbalance und ganzheitlichen
ist das Bad ein Möglichkeitsraum mit eigenen         Persönlichkeitsstärkung
Anregungen und einer freizeitkulturellen Ani-
mation von Seiten der Betreiber.                     Beispiel für das gesamte Spektrum: Tauchkurse
                                                     im monte mare Rheinbach: Zuschauen, Schnup-
Im Kontakt mit Schulen und anderen formellen         perangebote, Kurse, Sicherheitstrainings
Einrichtungen ist die Funktion als „außerschuli-     Profi-Kurs: Sicherheitstraining für Flugbeglei-
scher Lernort“ hervorzuheben. Diese unterliegt       ter in der Turm-ErlebnisCity, Oranienburg; An-
angesichts der wachsenden Komplexität aber           ti-Stressangebote für die Polizei im VitaSol Bad
auch einem Wandel und beschränkt sich nicht          Salzuflen.
mehr nur auf den klassischen Schwimmkurs.

24
Abbildung 12: Bildungsraum Erlebnisbad

 Bädertypen und
                                                                                         Art und Level der
 Kontext
                                                                                         Angebote
 Historisierende                                 Bildungsraum
                                                  Erlebnisbad                            Profi-Trainer mit
 Therme
                                                                                         Lizenz formal
                         Funktionale Freizeitbildung    Gesundheitsbildung
 Gesundheitsorien
 tiertes                                                                                 Vertiefung und
                         Schwimmen, Tauchen             Aquafitness
                                                                                         Einübung
 Funktionsbad
                                                                                         nonformal
 Innovatives
                                                                                         Einstieg und
 Spaßbad
                         Ästhetisch-kulturelle          Seelisch-spirituelle Bildung     Interesse
 Komplexes Bade-         Bildung                                                         informell
                                                        Meditation, Zeremonien
 Resort
                         Architektur, Symbole,                                           Erlebnisorientiert
                         Geschichte

        Lehr- und Lernformen: Selbsterfahrung, Beratung, Animation, Übung, Instruktion, Führung

                                                                      Abbildung 12: Bildungsraum Erlebnisbad
Abbildung 13: Spektrum der Angebote nach Bildungslevel und Art der Lernformen

   Interesse wecken                    Vertiefung des Lernens             Systematischer
                                                                          Kompetenzerwerb
   Erlebnisorientierte                 Kursangebot, Beratung
   Angebote                                                               Profi-Kurs mit Zertifikat
                                       Non-formales Lernen
   Informelles Lernen                                                     Formales Lernen

                          Abbildung 13: Spektrum der Angebote nach Bildungslevel und Art der Lernformen

Folgen für die Entwicklung von Bäderkonzepten
Für die Entwicklung komplexer Bäderkonzepte
wird die Einbeziehung einer pädagogischen Pla-
nung wichtiger. Beim erfolgreichen Betrieb er-
scheint eine zielgruppenbezogene Entwicklung
und Umsetzung von Programmen gefordert.
Hinzu kommt eine lernziel- und sachbezogene
Entwicklung von didaktischen Modellen und die
Orientierung an anerkannten Standards bei for-
malen Bildungsangeboten (Tauchschein usw.).

                                                                                                             25
6 Verwertung der Ergebnisse

Ziel ist es, die Ergebnisse des Clusterprojekts auf
dem nächsten Bremer Freizeitkongress mit dem
Themenschwerpunkt „Gesundheit in der entwi-
ckelten Erlebnisgesellschaft“ im November 2016
zu präsentieren. Alle Tagungsbeiträge werden
wiederum in einer Publikation veröffentlicht
(2017) und zugänglich gemacht.

Darüber hinaus ist ein Zeitschriftenbeitrag zur
Trendentwicklung im Bereich Erlebnisbäder in
Planung. Angestrebt wird die Publikation in der
Verbandszeitschrift der European Waterpark
Association. Eine Publikation im Vorfeld des
vierten Bremer Freizeitkongresses wäre wün-
schenswert.

In Kooperation mit einschlägigen Verbänden
(Deutsche Gesellschaft für das Badewesen e.V.,
European Waterpark Association, Deutscher
Sauna-Bund, Deutscher Heilbäderverband e.V.
u.a.) wäre eine größer angelegte repräsentative
Studie zu Entwicklungsperspektiven und Inno-
vationen in der Bäderlandschaft denkbar. Ent-
sprechende Kontakte sollen mit Bezug auf die
aktuelle Studie aufgenommen bzw. erneuert
werden.

Die Erkenntnisse zur Entwicklung der deutschen
Bäderlandschaft sind außerdem ein guter Aus-
gangspunkt für die weiterführende Analyse eu-
ropäischer Bädertrends. Die Realisierungschan-
cen eines EU-Projekts zusammen mit weiteren
Partnern sollen im Jahr 2016 geprüft werden.

26
7 Zusammenfassung und Fazit der Studie

Die Studie „Erlebnisbad 2030“ bestätigt Tenden-    Auf der Grundlage von 12 explorativen, quali-
zen, die sich bereits vor zehn Jahren abzeichne-   tativen Interviews konnten im Rahmen dieser
ten, die jedoch aktuell eine ganz neue Breiten-    Studie „Erlebnisbad 2030“ wichtige Trends der
wirkung entfalten. Hierzu zählen beispielsweise:   Freizeit- und Erlebnisbäder identifiziert und in
                                                   Hypothesen beschrieben werden. Sieben Ent-
∠   die Entwicklung von Erlebnisbad-Resorts        wicklungen mit Folgen für die Planung von Bä-
    mit einer konsequenten Thematisierung          derkonzepten sind hier zusammenfassend her-
∠   die Aufnahme von Unterhaltungsbedürfnis-       vorzuheben:
    sen der Besucher durch innovative Grenz-
    überschreitungen in einer bisher nicht ge-     1. der Strukturwandel der Bäderlandschaft
    kannten Weise                                     mit einer begrenzten Anzahl von Grundty-
∠   die Ausdifferenzierung einer breiten Pro-          pen und Entwicklungsdimensionen
    duktpalette von servicebasierten Gesund-       2. eine voranschreitende emotionale Themati-
    heits- und Wohlfühlangeboten                      sierung der Bäderlandschaft mit hoher Ge-
∠   eine an die Grenzen stoßende Steigerungs-         staltungsqualität und Atmosphäre
    logik des „Spaßfaktors“ Erlebnisbad im Kon-    3. eine informelle Gesundheitsförderung auf
    text einer Mediatisierung und Technisierung       der Basis hybrider Konzepte aus Unterhal-
    von Badeerlebnissen.                              tung und Gesundheitsanwendungen
                                                   4. innovative Grenzüberschreitungen als Aus-
Zugleich zeichnen sich neue Entwicklungen für         druck der Erlebnisorientierung mit neuen
das Erlebnisbad der Zukunft ab, die heute teil-       Brücken zu Kultur, Kunst und Natur
weise noch unzureichend verstanden werden.         5. die Entwicklung vom „Stunden-Bad“ zum
Hier sind zu nennen:                                  „Bade-Resort“ mit Auswirkungen auf Kurz-
                                                      reisen und Nutzungsmuster verschiedener
∠   eine transkulturelle Erneuerung von Bäder-        Zielgruppen
    konzepten und damit die Verschmelzung          6. die Herausbildung transkultureller und in-
    von Badekulturen der Welt vor dem Hinter-         klusionsorientierter Badekonzepte in einer
    grund von Migration und touristischer Mo-         weiter zusammenrückenden und stärker
    bilität                                           konfliktbeladenen Welt
∠   die Entwicklung von eher standardisierten      7. die Ausdifferenzierung des Bildungsraums
    Erlebnisbadkonzepten und einem (auch              Erlebnisbad mit informellen, nonformalen
    krisenbedingten) Strukturwandel hin zu Bä-        und formalisierten Lernmöglichkeiten für
    dergruppen oder Bäderketten                       ein breites Publikum.
∠   die Revitalisierung oder Schaffung von groß-
    flächigen Außenbereichen unter dem Vor-         Die weitere Entwicklung von Freizeit- und Er-
    zeichen einer naturnahen Entwicklung von       lebnisbädern zu beobachten ist ein spannen-
    Bäderkonzepten und der sich abzeichnen-        des und lohnendes Projekt. Es ist ein Sektor
    den Klimaveränderungen                         der privaten und öffentlichen Freizeitwirtschaft
∠   die Entwicklung eines entschleunigten          mit hoher Dynamik und einem entsprechenden
    Rückzugsraums Erlebnisbad mit escapisti-       Beratungsbedarf. Zugleich wäre eine vom All-
    schen und inspirierenden Momenten an-          tagsgeschäft etwas losgelöste Theoriebildung
    gesichts der Verschärfung globaler Gefähr-     zum Baden als Freizeitaktivität und der Heraus-
    dungslagen und der realen Einschränkung        bildung neuer Muster des erlebnisorientierten
    von Reisemöglichkeiten.                        Umgangs mit den Elementen zu verfolgen. Und

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