Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit

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Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Die Wertschöpfungskette Tourismus

Analyse und Anwendungsansätze
für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Nachhaltiger und verantwortungsvoller Tourismus kann
durch die Entwicklungszusammenarbeit als Instrument
für eine nachhaltige Entwicklung vielfältig eingesetzt
werden. Ein zentraler Ansatz, der in diesem Handbuch
vorgestellt wurde, ist die aktive Gestaltung von
Wertschöpfungsketten in Partnerdestinationen.

Je mehr Geld Touristen ausgeben, und je mehr davon
der Region bleibt, desto größer ist die regionale
Wertschöpfung. Aus dieser einfachen Formel ergeben
sich zwei grundsätzliche Strategien zur Förderung
der regionalen Wertschöpfung durch Tourismus:
die Steigerung touristischer Umsätze oder die
Erhöhung des Anteils der regionalen Wertschöpfung
an der Gesamtwertschöpfung. Beide Strategien
eröffnen ein breites Spektrum an Möglichkeiten für
EZ-Interventionen.

Die Wertschöpfungskette Tourismus

Analyse und Anwendungsansätze
für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Herausgeber:
Deutsche Gesellschaft für
Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Sitz der Gesellschaft
Bonn und Eschborn

Friedrich-Ebert-Allee 32 + 36
53113 Bonn, Deutschland
T +49 228 44 60-0
F +49 228 44 60-1766

E tourismus@giz.de
I www.giz.de

Verantwortlich:
Sektorvorhaben „Zusammenarbeit mit der Wirtschaft“

Autorin und Autor:
Kai Partale (Benchmark Services)

Layout:
kippconcept, Bonn

Fotonachweise:
Awake Travel (S. 77); Green Star Hotel (S. 37);
GIZ/Fotopool (S. 9, 10, 23, 25, 27, 31, 50, 51, 61, 63, 65, 78);
GIZ/Laos (S. 5, 17, 21, 33, 41, 69); GIZ/Kirgisische Republik (S. 29, 73);
GIZ/Lab of tomorrow; Istanbul Tourist Pass (S. 38);
GIZ/Laos, Peter Livermore (Titel); Knärzje GmbH (S. 36);
Mekong Moments (S. 39); Mosaic Centre (S. 75);
Swiss Contact (S. 67); Tourism Advisory Board (S. 34); TUI Care (S. 35)

URL-Verweise:
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Bonn 2020
Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Inhaltsverzeichnis

Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  5

Grundlagen: Wertschöpfungskette & Tourismus  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  9
     Teil 1: Regionale Wertschöpfung als Zielgröße .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 10
     Teil 2: Wertschöpfungskette: Was man wissen muss .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 13
     Teil 3: Tourismus: Was man wissen muss .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 17
     Teil 4: Wertschöpfungssystem Tourismus  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 22
     Teil 5: Wertschöpfungsstrategien im Tourismus  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 33

Leitfaden: Wertschöpfungskette im Tourismus anwenden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
     Schritt 1: Wertschöpfungskette definieren  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 44
     Schritt 2: Wertschöpfungsnetzwerke initiieren  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 47
     Schritt 3: Wertschöpfungskette analysieren  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 49
     Schritt 4: Ziele definieren .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 53
     Schritt 5: Lösungen entwickeln  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 56

Handlungsansatz: Lieferketten entwickeln  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  59

Impulse: Ausgewählte Anknüpfungspunkte für die EZ  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  65
     Impuls 1: DMO-Entwicklung .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 67
     Impuls 2: Integration von KMU in das touristische Wertschöpfungssystem .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 68
     Impuls 3: Kreislaufwirtschaft und Entrepreneurship .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 70
     Impuls 4: Entwicklung der Wertschöpfungskette
     nach ökologischen und soziokulturellen Kriterien  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 72
     Impuls 5: Förderung von Qualitätsinfrastruktur, Produktqualität und Innovation .  .  .  .  .  .  .  .  . 74
     Impuls 6: Förderung der Digitalisierung  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  .  . 76
Nachwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .  78

                                                                                                                                                                                           // 3
Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
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Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Einleitung

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Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Organisationen der internationalen Entwicklungs-     Wo aber liegen Ansatzpunkte für Interventionen
       zusammenarbeit (EZ) engagieren sich weltweit         der EZ – mit ihren unterschiedlichen Projektkon-
       und auf vielfältige Weise für eine nachhaltige       texten – um die regionale Wertschöpfung durch
       Entwicklung und lebenswerte Zukunft in Ent-          den Tourismus zu fördern?
       wicklungs- und Schwellenländern (ESL).
                                                            Je mehr Geld Touristen ausgeben, und je mehr davon
       Eine zentrale Zielgröße ihrer Arbeit in den Ziel-    der Region bleibt, desto größer ist die regionale Wert-
       gebieten der EZ ist die Steigerung der regionalen    schöpfung. Aus dieser einfachen Formel ergeben
       Wertschöpfung.                                       sich zwei grundsätzliche Strategien zur Förderung
                                                            der regionalen Wertschöpfung durch Tourismus:
       Das ist die Menge an Geld, die über Gewinne,         die Steigerung touristischer Umsätze oder die
       Löhne, Gehälter und Steuern regionaler Unterneh-     Erhöhung des Anteils der regionalen Wertschöp-
       men in der Region bleibt und dort einen Beitrag      fung an der Gesamtwertschöpfung. Beide Strate-
       für Wohlstand und Lebensqualität leistet. In einem   gien eröffnen ein breites Spektrum an Möglichkei-
       erweiterten Sinn bedeutet Wertschöpfung aber         ten für EZ-Interventionen. Die richtigen Hebel zu
       auch, ökologische und soziokulturelle Werte zu       finden, die zur Erreichung individueller Projekt-
       schaffen, z.B. durch den Schutz von Ressourcen       ziele beitragen, ist dennoch nicht leicht. Hierzu
       oder die Integration benachteiligter Menschen in     trägt auch die Tatsache bei, dass die Tourismus-
       den Arbeitsmarkt.                                    branche aufgrund ihrer kleinteiligen Angebots-
                                                            struktur und den Verflechtungen zu benachbarten
       Der Tourismus ist eine Branche mit besonderem        Wirtschaftszweigen besonders komplex ist.
       Potenzial, regionale Wertschöpfung zu generieren
       und dadurch einen Beitrag zu einer nachhaltigen      Ein wertvolles Hilfsmittel, um die vielschichtigen
       Entwicklung in ESL zu leisten.                       Strukturen und Prozesse der touristischen Leis-
                                                            tungserstellung zu verstehen und um geeignete
       Denn: der Tourismus gehört nicht nur zu den          Ansatzpunkte für konkrete Interventionen zu fin-
       größten Wirtschafts- und Wachstumsbranchen           den, bietet das Konzept der Wertschöpfungskette.
       weltweit. Er ist zudem besonders beschäftigungs-
       intensiv und bietet Menschen unterschiedlicher       Was bedeutet „Wertschöpfungskette“ in diesem
       Qualifikationsstufen eine Lebensgrundlage. Durch     Zusammenhang konkret? Und wie unterstützt sie
       die intensive Verzahnung mit Nachbarbranchen,        auf dem Weg zu mehr regionaler Wertschöpfung?
       wie zum Beispiel der Landwirtschaft oder dem
       Handwerk, können außerdem Multiplikatoreffekte       Wertschöpfung ist nicht nur eine Zielgröße
       entstehen, die die lokale Wirtschaft ankurbeln.      wirtschaftlicher Aktivitäten, sondern kann auch
       Auch hieraus ergeben sich tourismusinduzierte        als Prozess verstanden werden, der sich entlang der
       Beschäftigungs- und Einkommenseffekte.               gesamten Leistungserstellung eines Produktes oder
                                                            einer Dienstleistung vollzieht. Die Wertschöp-
       Die skizzierten Potenziale verdeutlichen die Rele-   fungskette beschreibt diesen Prozess, in dem jede
       vanz des Tourismus als entwicklungspolitisches       Tätigkeit Werte schafft, Ressourcen verbraucht
       Instrument für eine nachhaltige Entwicklung.         und mit anderen Tätigkeiten verbunden ist. Die
                                                            Wertschöpfungskette anzuwenden, bedeutet aller-
       Nahezu unabhängig davon, in welchem Hand-            dings mehr als eine Beschreibung wertschöpfender
       lungsfeld eine EZ-Intervention verortet ist, und
       welche Partner involviert sind, kann eine gezielte
       Förderung der touristischen Entwicklung oder
       die Verzahnung von benachbarten Branchen mit
       dem Tourismus eine erhebliche Wirkung für die
       Zielregion entfalten. Die Förderung der regiona-
       len Wertschöpfung durch den Tourismus kann
       insofern eine sinnvolle Strategie im Rahmen der
       Entwicklungszusammenarbeit sein.

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Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Tätigkeiten. Vielmehr geht es um eine systematische    Ziele des Handbuchs
Strukturierung des Wertschöpfungsprozesses, dessen     Ein wichtiges Anliegen dieses Handbuchs ist es,
Analyse und Bewertung unter bestimmten Gesichts-       den Leser*innen einen Überblick über das touris-
punkten sowie die Ableitung von Projekten und          tische Wertschöpfungssystem sowie Einblicke in
Maßnahmen, die auf definierte Ziele einzahlen.         die Strukturen, Prozesse und Funktionsweise der
So verstanden ist die Wertschöpfungskette ein          Branche zu verschaffen. Gerade branchenfremden
Managementinstrument, das dabei unterstützt,           Verantwortlichen von EZ-Projekten soll hierdurch
komplexe Prozesse und Strukturen zu verstehen          der Einstieg in die Thematik erleichtert sowie eine
und gezielt zu gestalten. Die Erhöhung der regio-      Grundlage zur Identifizierung und Planung individu-
nalen Wertschöpfung fungiert im vorliegenden Fall      ell passender Interventionen mit Tourismusbezug
als Zielgröße, die es durch Strategien, Projekte und   geboten werden. Zusätzlich versetzt das Hand-
Maßnahmen zu erreichen gilt, um damit überge-          buch die genannten Zielgruppen in die Lage, das
ordnete entwicklungspolitische Ziele zu erreichen.     Konzept der Wertschöpfungskette anzuwenden,
                                                       um den touristischen Wertschöpfungsprozess bzw.
                                                       verbundene Wertschöpfungsprozesse (Lieferketten)
                                                       im Sinne einer nachhaltigen entwicklungspoliti-
Wertschöpfungskette in der EZ                          schen Intervention zu gestalten.

Gerade in der EZ hat sich die Wertschöpfungs-
kette zu einem wichtigen Konzept entwickelt, um
wirtschaftliche Tätigkeiten und globale Wirt-          Das Handbuch bietet
schaftsbeziehungen zu analysieren und im Sinne
einer gerechten und nachhaltigen Entwicklung           •   eine kompakte Einführung in das Konzept der
zu gestalten. Einen grundlegenden methodischen             Wertschöpfungskette und dessen Übertragung
Rahmen zur Anwendung der Wertschöpfungskette               auf den Tourismus als entwicklungspolitisches
bietet das Handbuch Value Links (vgl. GIZ 2018).           Instrument,
Die Grundgedanken und Eckpunkte von Value              •   einen Überblick über das touristische Wert-
Links sind auch in diesem Handbuch leitend und             schöpfungssystem sowie Einblicke in die
werden in den folgenden Kapiteln auf den Touris-           Strukturen, Prozesse und Funktionsweise der
mus angewendet – aber auch vor dem Hintergrund             Branche,
der spezifischen Rahmenbedingungen der Branche         •   einen praxisorientierten Leitfaden zur Anwen-
weitergedacht.                                             dung der Wertschöpfungskette als Manage-
                                                           mentinstrument im Kontext Entwicklungs-
                                                           zusammenarbeit mit zahlreichen Tipps und
                                                           Checklisten,
Zielgruppen des Handbuchs                              •   eine Vorstellung von Strategien zur Steigerung
                                                           der regionalen Wertschöpfung durch Touris-
Das Handbuch richtet sich in erster Linie an               mus sowie
Mitarbeiter*innen der internationalen Entwick-         •   eine Ableitung möglicher Interventionsan-
lungszusammenarbeit, die im Rahmen von                     sätze für relevante Problemstellungen in der
Auslandsvorhaben Interventionen mit touristi-              Entwicklungszusammenarbeit.
schem Bezug planen und umsetzen. Aber auch die
Verantwortlichen vor Ort erhalten eine praxisorien-
tierte Hilfestellung zur Förderung der regionalen
Wertschöpfung durch Tourismus.

                                                                                                             // 7
Die Wertschöpfungskette Tourismus - Analyse und Anwendungsansätze für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit
Aufbau des Handbuchs

        Wertschöpfungskette verstehen   Grundlagen - Im ersten Kapitel wird zunächst regionale Wertschöp-
                                        fung als zentrale Zielgröße einer nachhaltigen Tourismusentwicklung
                                        und wichtiges Anliegen der EZ erläutert. Hierauf aufbauend werden
                                        die wichtigsten Informationen zum Konzept der Wertschöpfungskette
                                        und dessen Übertragung auf die spezifische Situation im Touris-
                                        mus zusammengefasst. Ein grundlegendes Modell des touristischen
                                        Wertschöpfungssystems wird vorgestellt und dessen Funktionsweise
                                        erläutert. Hieraus ergeben sich konkrete Strategien zur Steigerung
                                        der Wertschöpfung und Ansatzunkte für EZ-Interventionen.

        Wertschöpfungskette anwenden    Leitfaden – Im zweiten Kapitel bietet das Handbuch eine praxiso-
                                        rientierte Anleitung zur Anwendung der Wertschöpfungskette als
                                        Managementinstrument im Tourismus. Das betrachtete Objekt ist das
                                        touristische Produkt, also die Reise in ein bestimmtes Zielgebiet mit
                                        all ihren Leistungsbausteinen vom Buchungssystem über den Trans-
                                        port bis zur Unterkunft, der Verpflegung und den Freizeitaktivitäten.
                                        Es geht also um eine systematische Analyse, Planung und Gestal-
                                        tung der touristischen Wertschöpfungskette. Der Leitfaden führt die
                                        Nutzer*innen in fünf Schritten durch einen Prozess, der darauf abzielt,
                                        die regionale Wertschöpfung zu erhöhen. Er unterstützt alle, die den
                                        Tourismus in ESL gezielt gestalten möchten. Akteure der Entwick-
                                        lungszusammenarbeit können den gesamten Prozess unterstützen
                                        oder punktuell Impulse setzen.

        Lieferketten entwickeln         Handlungsansatz – Im dritten Kapitel geht es um die Verzahnung
                                        touristischer Leistungen und Anbieter mit Nachbarbranchen sowie
                                        die gezielte Entwicklung von Lieferketten. Ziel ist es, möglichst viele
                                        Leistungen, die zur Erstellung des touristischen Produktes benötigt
                                        werden, von regionalen und entwicklungspolitisch relevanten Produ-
                                        zenten zu beziehen. Die Herausforderung für Projekte der EZ besteht
                                        hier vor allem darin, unausgeschöpfte Potenziale für Geschäftsbezie-
                                        hungen zwischen Tourismusanbietern und Unternehmen von Nachbar-
                                        branchen zu identifizieren und zu erschließen.

        Wertschöpfung gezielt fördern   Impulse – Im vierten Kapitel werden Vorschläge zur Gestaltung
                                        von Interventionen vorgestellt, die besondere Wirkungspotenziale
                                        versprechen. Sie setzen an den in Kapitel 1 vorgestellten Wertschöp-
                                        fungsstrategien an und berücksichtigen in ihrer Ausgestaltung die
                                        spezifischen Kompetenzen der EZ.

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Grundlagen:
Wertschöpfungskette & Tourismus

                                  1
GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

Teil 1: Regionale Wertschöpfung als Zielgröße
               Regionale Wertschöpfung ist eine zentrale Ziel-
               größe für eine nachhaltige Regionalentwicklung.      Hinweis: Im Tourismus bilden Destinati-
               Tourismus bietet für entsprechende Projekte der      onen den idealen Bezugsraum. Dies sind
               EZ viele sinnvolle Möglichkeiten und Ansatz-         räumliche Einheiten, die aufgrund ihrer
               punkte. Regionale Wertschöpfung beschreibt           Größe und Struktur das Potenzial haben,
               die Wertschöpfung, die in einem bestimmten           im internationalen Wettbewerb wahrge-
               geografischen Gebiet generiert wird. Die Grenzen     nommen zu werden und leistungsfähige
               dieses Gebiets sind individuell je nach Auftrag im   Wirtschaftskreisläufe aufzubauen.
               Rahmen der EZ zu definieren. Sie können ein gan-
               zes Land umfassen, ein Teilgebiet oder auch einen
               grenzüberschreitenden Raum.

               Dimensionen nachhaltiger Wertschöpfung

               Unter Wertschöpfung wird üblicherweise eine
               ökonomische Zielgröße verstanden. Wirtschaftli-      Hinweis: Dieses Verständnis korrespon-
               che Aktivitäten können aber auch ökologische und     diert mit der Agenda 2030 für nachhaltige
               soziokulturelle Werte schaffen, wenn die wirt-       Entwicklung der Vereinten Nationen aus
               schaftlichen Aktivitäten in die richtigen Bahnen     dem Jahr 2015. Mit ihren 17 nach­
               gelenkt werden. Regionale Wertschöpfung hat          haltige Entwicklungszielen (Sustainable
               somit auch eine ökologische und eine soziokultu-     Development Goals) ist die Agenda 2030
               relle Dimension.                                     das erste internationale Abkommen,
                                                                    in dem das Prinzip der Nachhaltigkeit
               In diesem Handbuch ist ein erweitertes Verständnis   mit der Armutsbekämpfung sowie der
               von Wertschöpfung als ökonomische, ökologische       ökonomischen, ökologischen und sozialen
               und soziale Wertschöpfung leitend.                   Entwicklung verknüpft wird. Sie bildet
                                                                    einen wichtigen Handlungsrahmen für
                                                                    Aktivitäten der internationalen Entwick-
                                                                    lungszusammenarbeit.

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GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

1. Ökonomische Dimension                              3. Soziokulturelle Dimension
Regionale Wertschöpfung im engen Sinne                Wertschöpfung kann auch bedeuten, Werte für
beschreibt wie oben benannt die Menge an Geld,        die Gesellschaft zu generieren. Im Kontext einer
die über Gewinne, Löhne, Gehälter und Steuern         nachhaltigen Entwicklung in ESL bedeutet dies
regionaler Unternehmen in der Region bleibt und       vor allem, Verbesserungen im sozialen System zu
dort einen Beitrag für Wohlstand und zur Redu-        erreichen und die Lebensqualität der Menschen zu
zierung von Armut leistet. Berechnet wird sie als     verbessern, z.B. durch die wirtschaftliche Integra-
Summe der Leistungen einer Region abzüglich der       tion von armen und benachteiligten Menschen in
Vorleistungen von außen. Dabei sind Unterneh-         den Wertschöpfungsprozess. Der Tourismus bietet
men aller Wertschöpfungsstufen zu berücksich-         hier vielfältige Potenziale, z.B. weil er Menschen
tigen. Im Tourismus sind dies nicht nur Touris-       mit unterschiedlichsten Qualifizierungsniveaus
musunternehmen im engen Sinne, wie vor allem          Perspektiven bietet oder weil die Markteintrittsbar-
Unterkunfts- und Verpflegungsbetriebe, sondern        rieren für Gründer*innen eher niedrig sind.
auch deren Lieferanten, wie z.B. Kapitalgeber, das
Baugewerbe oder landwirtschaftliche Betriebe.

2. Ökologische Dimension                                  Wichtig: Wertschöpfung leistet dann
In einem erweiterten Sinn kann der Begriff Wert-          einen Beitrag zur nachhaltigen Entwick-
schöpfung auch für die Generierung positiver öko-         lung in ESL, wenn ihre ökonomische, öko-
logischer Wirkungen stehen. So kann und sollte            logische und soziokulturelle Dimensionen
der Tourismus auch zum Schutz der Biodiversität           im Einklang miteinander betrachtet und
beitragen. Denn die natürlichen Ressourcen einer          gefördert werden. Im Wesentlichen sind
Region – Landschaft, Vegetation, Artenvielfalt –          die wertschöpfenden Tätigkeiten hierfür
sind wichtige und damit schützenswerte Grundla-           so zu gestalten, dass möglichst viele und
gen des Tourismus.                                        gerade benachteiligte Menschen an der
                                                          generierten Wertschöpfung partizipieren
Gleichzeitig geht es im Tourismus aber auch               und gleichzeitig ökologische Belastun-
darum, die mit der Reisetätigkeit verbundenen             gen, die durch Wertschöpfungsprozesse
ökologischen Belastungen zu minimieren. Zu                entstehen, minimiert werden.
diesen Belastungen zählen insbesondere

D die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes
    sowie Eingriffe in (empfindliche) Ökosysteme
    und Flächenzerschneidung sowie Flächenver-
    siegelung durch Infrastrukturmaßnahmen,

D die Zerstörung von Landschaft, Ressourcen-
    verbrauch und Emissionen durch Aktivitäten
    vor Ort (z.B. Müllproduktion, Zerstörung von
    Korallenriffen durch Taucher oder Verdrängen
    von Wildtieren aus ihrem Revier) sowie

D der Energieverbrauch und Emissionen durch
    den Transport vor Ort, vor allem aber durch die
    An- und Abreise.

                                                                                                                // 11
GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

               Übergeordnete Ziele einer nachhaltigen, wertschöpfenden Tourismusentwicklung

               Aus dem beschriebenen ganzheitlichen Verständnis von regionaler Wertschöpfung lassen sich drei kon-
               krete Ziele ableiten. Sie bilden einen grundsätzlichen Rahmen einer nachhaltigen, wertschöpfenden Tou-
               rismusentwicklung und sollten bei jeder EZ-Intervention leitend sein. Konkret benötigt werden sie, um
               einzelne wertschöpfende Tätigkeiten oder ganze Prozesse zielgerichtet zu gestalten (vgl. hierzu Leitfaden,
               Schritt 4: Ziele definieren).

                 Ziel 1: Steigerung                   Die Förderung der regionalen Wertschöpfung im ökonomischen Sinne
                 der ökonomischen Wertschöpfung       stellt ein zentrales Ziel von EZ-Interventionen in der Wertschöpfungs-
                 durch den Tourismus                  kette dar. Denn hieraus resultieren vielfältige positive Effekte für
                                                      den Standort, wie vor allem Einkommenseffekte und Impulse für die
                                                      Infrastrukturentwicklung.

                 Ziel 2: Optimierung
                                                      Die natürlichen Grundlagen des Tourismus, wie Landschaft,
                 der ökologischen Effekte
                                                      Vegetation und Artenvielfalt sind zu fördern und zu schützen.
                 des Tourismus
                                                      Die mit der Reisetätigkeit verbundenen Belastungen müssen gleich-
                                                      zeitig minimiert werden.

                 Ziel 3: Verbesserung
                                                      Es gilt, die Potenziale zur Verbesserung der Lebensqualität möglichst
                 soziokultureller Effekte
                                                      vieler Menschen zu erschließen sowie mit dem Tourismus verbundene
                 des Tourismus
                                                      Risiken für das soziale System, wie z.B. Überfremdung oder Aus-
                                                      beutung auf dem touristischen Arbeitsmarkt, zu minimieren.

                   Hinweis: Die drei Ziele sind eng miteinander verzahnt und verstärken sich gegenseitig. Wird
                   ökonomische Wertschöpfung durch die Integration regionaler Unternehmen in den Wert-
                   schöpfungsprozess erreicht, werden z.B. gleichzeitig die Emissionen gemindert, die durch den
                   Transport der Leistungen entstehen. Kommt die ökonomische Wertschöpfung über Löhne und
                   Gehälter breiten Bevölkerungsschichten zugute, entsteht soziokulturelle Wertschöpfung. Umge-
                   kehrt können Investitionen in ökologische Standards im Tourismus die Nachfrage nach einem
                   Produkt erhöhen und die ökonomische Wertschöpfung steigern.

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GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

Teil 2: Wertschöpfungskette: Was man wissen muss
Mit dem Begriff „Wertschöpfungskette“ werden unterschiedliche Inhalte verbunden. So beschreibt
„Wertschöpfungskette“ einerseits den Wertschöpfungsprozess von Produkten oder auch Dienstleistungen
und andererseits einen Managementansatz, der hilft, strategische Ziele systematisch zu erreichen. Diese
strategischen Ziele können entsprechend der Ansätze der jeweiligen EZ-Projekte definiert werden. Das
folgende Kapitel dient daher vor allem der Klärung und Abgrenzung des Begriffs.

Wertschöpfungskette als Prozess

Wertschöpfung ist ein Prozess, der sich entlang              Wertschöpfungsprozesse sind meist komplex und
der gesamten Leistungserstellung eines Produktes             werden geprägt durch eine Vielfalt an Prozessen,
vollzieht: von der Rohstoffgewinnung bis zum                 Akteuren und Interessen. Zu den Akteuren können
Konsum durch die Endkunden und – idealerweise                neben Unternehmen auch öffentliche oder zivil-
– darüber hinaus bis zum Recyclen, Aufwerten                 gesellschaftliche Organisationen gehören, denen
oder Wiederverwerten eines Produktes (vgl. Box               im System wichtige Funktionen zukommen. So
„Wertschöpfungskette und Kreislaufwirtschaft“,               könnte bei dem dargestellten Beispiel eine Touris-
S. 14). Die Wertschöpfungskette beschreibt diesen            musorganisation den Bedarf an Möblierung vieler
Prozess, in dem jede Tätigkeit Werte schafft,                Unterkünfte bündeln, um eine regionale Produk-
Ressourcen verbraucht und wiederum mit anderen               tion wirtschaftlich tragfähig zu machen.
Tätigkeiten verbunden ist. Das betrachtete Objekt
einer Wertschöpfungskette ist immer ein Produkt
oder eine Dienstleistung. Abb. 1 zeigt diesen
Prozess am Beispiel Möbelproduktion für die
Hotellerie.

Abb. 1: Wertschöpfungskette am Beispiel Möbelproduktion für die Hotellerie

        Wertschöpfungsprozess allgemein

        Vorleistungen          Primärproduktion        Verarbeitung             Handel                 Konsum

        Wertschöpfungsprozess Möbelproduktion – Aktivitäten

      Boden
     Setzlinge
                   ›      Bewirtschaftung,
                           Holzproduktion
                                             ›       Produktion
                                                     von Möbeln
                                                                      ›         Verkauf
                                                                                              ›        Möblierung
                                                                                                        Hotelerie

        Wertschöpfungsprozess Möbelproduktion – Akteure

   Landbesitzer,          Forstwirtschaft             Sägewerk,                Groß- und
                                                                                                         Hotels
    Baumschule                                        Schreiner               Einzelhandel

  Unterstützende Institutionen, Ministerien, Behörden, Wirtschaftsverbände, Destination Managment Organisation

                                                                                                                          // 13
GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

                  Box: Wertschöpfungskette und Kreislaufwirtschaft

                  Kreislaufwirtschaft beschreibt ein regenerati-        von Ressourcen, zu den Grenzen der Belastbarkeit
                  ves System, in dem der Einsatz von Ressourcen         des Ökosystems und zum Gedanken der Nachhal-
                  sowie die Produktion von Abfall und Emissionen        tigkeit.
                  im Rahmen von Energie- und Materialkreisläufen
                  minimiert werden.                                     Verbindung von Kreislaufwirtschaft und
                                                                        Wertschöpfungskette
                  Wichtige Ansatzpunkte einer Kreislaufwirtschaft       Das Konzept der regionalen Wertschöpfung weist
                  sind:                                                 große Schnittmengen mit dem der Kreislaufwirt-
                  D der Einsatz nachwachsender Rohstoffe und            schaft auf. Dies gilt vor allem, wenn unter Wert-
                      regenerativer Energien,                           schöpfung neben dem ökonomischen Beitrag eines
                  D eine langlebige Konstruktion von materiellen        Wertschöpfungsprozesses auch seine ökologischen
                      Gütern,                                           Wirkungen betrachtet werden. Abb. 2 zeigt eine
                  D die Instandhaltung und Reparatur dieser             Übertragung der Prinzipien der Kreislaufwirtschaft
                      Güter,                                            auf die Wertschöpfungskette.
                  D deren Wiederverwendung sowie
                  D das Recycling von Produkten.
                                                                            Hinweis: Tourismus als entwicklungspo-
                  Kreislaufwirtschaft ist der Gegenentwurf zur Line-        litisches Instrument bietet erhebliche
                  arwirtschaft, in der der Großteil der eingesetzten        Potenziale zur Förderung von Kreislauf-
                  Rohstoffe verarbeitet, verkauft, genutzt und dann         wirtschaft (vgl. hierzu Impuls 3: Kreislauf-
                  weggeworfen und nicht wiederverwertet wird. Dies          wirtschaft und Entrepreneurship, S. 70)
                  steht offenkundig im Widerspruch zur Endlichkeit

Abb. 2: Kreislaufwirtschaft in der Wertschöpfungskette

               › Erhöhung der Langlebigkeit                               Veränderung von
               › Basis für Wiederverwertung schaffen                    Nutzungsmustern und
               › Abfall und Emissionen verhindern                        Geschäftsmodellen

             Vorleistungen          Primärproduktion     Verarbeitung      Handel                  Konsum

                                                                                                   Reparieren
                              Ressourceneinsatz
                                 reduzieren                                                   Wiederverwenden
                                   Ersetzen                                                         Aufwerten

                                                                                                     Recyclen

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GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

Wertschöpfungskette versus Wertschöpfungssystem

Die Akteure der Wertschöpfungskette sind mit den
Wertschöpfungsketten von Lieferanten verbunden,                   Hinweis: Während der Begriff „Wert-
die durch unterschiedliche Produkte und Dienst-                   schöpfungskette“ den linearen Prozess
leistungen den Wertschöpfungsprozess unterstüt-                   der Produktion eines Produktes oder
zen. Im Tourismus beschreiben „Lieferketten“ den                  einer Dienstleistung beschreibt, charak-
Wertschöpfungsprozess derjenigen Produkte und                     terisiert der Begriff Wertschöpfungssys-
Dienstleistungen, die eingekauft werden müssen,                   tem ein komplexes System mit Verbin-
um die Reise zu „produzieren“. Ansatzpunkte zur                   dungen zwischen Akteuren verschiedener
Förderung der regionalen Wertschöpfung im Rah-                    Wertschöpfungsstufen.
men von EZ-Projekten lassen sich sowohl in der
Wertschöpfungskette finden als auch in den Liefer-
ketten. Gemeinsam bilden sie ein Wertschöpfungs-
system. Im Falle der Möbelproduktion benötigt
der forstwirtschaftliche Betrieb zum Beispiel
Kapital von einem Kreditinstitut, um Kettensägen
von einem Maschinenbauunternehmen zu kaufen
und wird eine Versicherung abschließen, die ihn
bei Unfällen absichert. Diese direkten Lieferanten
der Wertschöpfungskette bilden die sogenannte
zweite Wertschöpfungsstufe.

Abb. 3: Wertschöpfungssystem am Beispiel Möbelproduktion für die Hotellerie

        Wertschöpfungsprozess allgemein

        Vorleistungen           Primärproduktion      Verarbeitung            Handel                  Konsum

        Wertschöpfungsprozess Möbelproduktion – Aktivitäten

      Boden
     Setzlinge
                      ›    Bewirtschaftung,
                            Holzproduktion
                                                ›    Produktion
                                                     von Möbeln
                                                                       ›      Verkauf
                                                                                              ›       Möblierung
                                                                                                       Hotelerie

        Wertschöpfungsprozess Möbelproduktion – Akteure

                                                                                                                               }
        Unterstützende Institutionen, Ministerien, Behörden, Wirtschaftsverbände, DMO
                                                                                                                                    Wertschöpfungssystem

   Landbesitzer,           Forstwirtschaft           Sägewerk,               Groß- und                  Hotels
    Baumschule                                       Schreiner              Einzelhandel

        Lieferanten               Lieferanten            Lieferanten            Lieferanten               Lieferanten
           Lieferanten               Lieferanten            Lieferanten            Lieferanten               Lieferanten
             Lieferanten               Lieferanten            Lieferanten               Lieferanten              Lieferanten

                                                                                                                                   // 15
GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

                     Wertschöpfungskette als Managementinstrument

                     Die Tätigkeiten innerhalb der Wertschöpfungs-
                     kette und ihre Verknüpfungen untereinander                             Hinweis: Dem zielgerichteten Management
                     lassen sich vor dem Hintergrund von Zielen und                         der Schnittstellen und der Beziehun-
                     Strategien analysieren, bewerten und gestalten.                        gen innerhalb der Wertschöpfungskette
                     So ist beispielsweise ein schonender Umgang mit                        kommt eine große Bedeutung zu. Denn
                     Ressourcen ein wichtiges Ziel einer nachhaltigen                       erst im Zusammenspiel vieler verschie-
                     Tourismusentwicklung. Mithilfe der Wertschöp-                          dener Handlungen entstehen effiziente
                     fungskette lassen sich die Tätigkeiten innerhalb                       Prozesse, die auf definierte Ziele, wie die
                     des Wertschöpfungsprozesses unter dem Gesichts-                        Reduzierung des Ressourcenverbrauchs,
                     punkt des Ressourcenverbrauchs analysieren, um                         einzahlen. Eine gezielte Gestaltung von
                     Ansatzpunkte zur Reduzierung des Verbrauchs zu                         Wertschöpfungsketten trägt dazu bei,
                     identifizieren und entsprechende Maßnahmen zu                          dass nicht nur einzelne Akteure, sondern
                     ergreifen. So verstanden, ist die Wertschöpfungs-                      das System als Ganzes profitiert und
                     kette weit mehr als ein Modell zur Strukturierung                      übergeordnete Ziele - insbesondere auch
                     und Beschreibung von Prozessen. Sie ist ein Inst-                      entwicklungspolitisch relevante Ziele -
                     rument, das Managementprozesse bzw. strategisch                        erreicht werden.
                     geplante EZ-Projekte in allen Phasen unterstützt
                     (vgl. Abb. 4).

Abb. 4: So unterstützt die Wertschöpfungskette den Managementprozess

                                                                         Planungsphase

        Die Wertschöpfungskette unterstützt         Durch die Bewertung der Ist-Situation              Die erzielte Wirkung kann jederzeit
        dabei, die zentralen wertschöpfenden        vor dem Hintergrund von Zielen und                 auf Grundlage aktueller Daten zum
        Prozesse zu strukturieren, die relevanten   Stragegien können die richtigen                    Wertschöpfungsprozess (z.B. durch
        Akteure zu identifizieren und die           Handlungsschwerpunkte (z.B. Tätig-                 ein regelmäßiges Monitoring des
        Leistungen im Prozess zielgerichtet         keiten mit Potenzial zur Minderung                 Ressourceneinsatz) kontrolliert
        zu analysieren (z.B. Erfassung des          von Ressourcenverbrauch) abgeleitet                werden. Bei Bedarf lassen sich
        Ressourcenverbrauchs).                      und Maßnahmen geplant werden.                      Maßnahmen zur Korrektur und
                                                                                                       Steuerung der Entwicklung ableiten.

                             Analysephase                                                                                  Kontrollphase

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Teil 3: Tourismus: Was man wissen muss
Tourismus ist ein Wertschöpfungssystem mit spezi-
fischen Merkmalen und Rahmenbedingungen.              Hinweis: Das touristische Produkt ist die
Ein wesentlicher Baustein dieses Systems ist das      Reise in ein bestimmtes Zielgebiet. Je
touristische Produkt, das verkauft werden soll, um    nach Reisemotiv, Reiseaktivitäten oder
Wertschöpfung zu erzielen.                            auch Reiseziel lassen sich verschiedene
Wer das touristische Wertschöpfungssystem gestal-     Arten von Tourismusprodukten unter-
ten, fördern und für eine nachhaltige Entwicklung     scheiden, wie z.B. die Geschäfts- oder
nutzen möchte, muss die verschiedenen Merkmale        Erholungsreise, der Wander- Bade- oder
des touristischen Produkts berücksichtigen, die       Kultururlaub oder der Städte-, Land-
im folgenden Kapitel vorgestellt werden. Eine         oder Küstenurlaub.
besondere Eigenschaft des Tourismus ist zudem
seine besondere Eignung, regionale Wertschöpfung
zu generieren. Die zentralen Faktoren, die hierzu
beitragen, sind am Ende dieses Kapitels in der Box:
Tourismus als Treiber der regionalen Wertschöp-
fung zusammengefasst.

                                                                                                           // 17
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                            1. Das touristische Produkt ist ein Leistungsbündel

                            Das touristische Produkt setzt sich aus zahlrei-
                            chen Bausteinen und Teilleistungen zusammen,              Was heißt das für die touristische
                            die von vielen verschiedenen Akteuren erbracht            Wertschöpfung?
                            bzw. gestaltet werden. Die wichtigste Grund-              Die touristische Wertschöpfung wird –
                            lage der touristischen Leistungserstellung – und          direkt oder indirekt - durch zahlreiche
                            damit wichtig für die Wertschöpfung – bildet das          und sehr verschiedene Akteure generiert.
                            ursprüngliche Angebot einer Destination. Dazu             Die Interessen dieser Akteure können
                            gehören die natürlichen und soziokulturellen Res-         sehr unterschiedlich sein. Während
                            sourcen sowie die grundlegende Infrastruktur, wie         Unternehmen Gewinne erzielen möch-
                            z.B. die Energieversorgung. Auf ihnen basiert das         ten, geht es öffentlichen Institutionen
                            speziell für den Tourismus entwickelte abgeleitete        um die Interessen der Bürger*innen und
                            Angebot, z.B. das Gastgewerbe, die Gästeinforma-          Naturschutzverbänden um den Schutz der
                            tion, das touristische Transportwesen, Wanderwege         natürlichen Ressourcen. Auch EZ-Pro-
                            oder Events.                                              jekte mit touristischem Bezug werden
                                                                                      immer mit einer ausgeprägten Inter-
                                                                                      essenvielfalt konfrontiert sein. Damit
                                                                                      die touristischen Akteure langfristig
                                                                                      wertschöpfend und zielgerichtet zusam-
                                                                                      menwirken können, ist es wichtig, die
                                                                                      verschiedenen Interessen zu berücksich-
                                                                                      tigen und in Einklang zu bringen.

Abb. 5: Dimensionen des touristischen Angebotes einer Destination

                                                              Touristisches Angebot

                        Ursprüngliches Angebot                                                  Abgeleitetes Angebot

                       Natürliche Ressourcen                                                Touristische Grundausstattung
                       • Landschaft                                                         • Touristische Erschließung
                       • Klima, Wetter                                                      • Touristische Wegenetze
                       • Flora, Fauna                                                       • Besucherzentrum, Gästeinformation

                       Soziokulturelle Ressourcen                                           Touristische Dienstleistung
                       • Baukulturelles Erbe                                                • Beherbergung, Verpflegung
                       • Brauchtum, Tradition                                               • Reiseberatung, -organisation
                       • Sprache, Mentalität                                                • Touristisches Transportwesen

                       Allgemeine Infrastruktur                                             Freizeitangebote
                       •   Politik, Soziales, Bildung                                       •   Sportangebot
                       •   Ver- und Entsorgung                                              •   Kultur-, Bildungsangebote
                       •   Verkehrswesen                                                    •   Gesundheits-, Wellnessangebote
                       •   Kommunikation                                                    •   Events

Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Freyer, W., 2015

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2. Das touristische Produkt ist eine Dienstleistung

Beim größten Teil der touristischen Leistungs-
erstellung handelt es sich um Dienstleistungen.       Was heißt das für die touristische
Dazu gehören zum Beispiel der Transport, die          Wertschöpfung?
Unterbringung oder die Erholungsmöglichkeiten.
Dienstleistungen haben bestimmte Eigenschaften,       >U
                                                        no-actu-Prinzip: Der Wertschöp-
die bei der Betrachtung von Wertschöpfungs-            fungsprozess einer Dienstleistung
prozessen eine Rolle spielen. Zum Beispiel fällt       unterscheidet sich deutlich von dem
bei einer Dienstleistung die Produktion zeitlich       Prozess, den materielle Güter durchlau-
mit ihrem Konsum zusammen. Durch dieses so             fen. Insbesondere liegen touristisches
genannte Uno-actu-Prinzip wird die Kundschaft          Marketing und Vertrieb zeitlich vor der
als „externer Faktor“ Teil der Leistungserstellung.    Produktion.
Von Bedeutung ist auch die Tatsache, dass Dienst-
leistungen nicht gelagert werden können.              > Integration des externen Faktors: Der
                                                         Wertschöpfungsprozess ist nicht
                                                         vollkommen planbar, da die Gäste an
                                                         diesem mitwirken. Gäste können dabei
                                                         tolerant und höflich sein oder auch
                                                         fordernd und kritisch. Touristische
                                                         Dienstleistungen sind deshalb immer
                                                         individuelle Interaktionen. Hinzu kommt,
                                                         dass die Gäste die Leistung subjektiv
                                                         erleben. So ist ein Konzert, das man
                                                         mit Kopfschmerzen erlebt, vermutlich
                                                         weniger attraktiv.

                                                      >N
                                                        icht-Lagerfähigkeit: Wird eine Leistung
                                                       nicht abgerufen, z.B. eine Übernachtung
                                                       im Hotel, entsteht keine Wertschöpfung.
                                                       Sowohl die touristische Leistungs-
                                                       erstellung als auch das Marketing
                                                       müssen deshalb auf eine optimale
                                                       Auslastung vorhandener Kapazitäten
                                                       hinwirken, z.B. indem besondere Ange-
                                                       bote für die Nebensaison geschaffen
                                                       werden.

                                                                                                            // 19
GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

                            3. Das touristische Produkt ist ein Leistungsprozess

                            Aus Gästesicht lässt sich das touristische Leistungs-
                            bündel als Prozess beschreiben, den Gäste auf ihrer                                                                               Was heißt das für die touristische Wert-
                            Reise durchlaufen. Dieser Prozess wird als „Custo-                                                                                schöpfung?
                            mer Journey“ bezeichnet. Sie lässt sich in Phasen
                            und Teilschritte gliedern, in denen Gäste mit                                                                                     > T ouristische Wertschöpfung entsteht
                            Leistungen der Destination in Kontakt kommen.                                                                                        durch die Vernetzung zahlreicher
                            Diese Kontaktpunkte nennt man „Touchpoints“.                                                                                         Akteure und deren Leistungen. Damit
                            Abb. 6 zeigt beispielhaft die Customer Journey                                                                                       ein bedürfnisgerechtes Gesamtangebot
                            eines Wanderurlaubs.                                                                                                                 entsteht, müssen die Teilleistungen
                                                                                                                                                                 aufeinander abgestimmt werden und die
                                                                                                                                                                 Schnittstellen so gestaltet sein, dass
                                                                                                                                                                 Gäste sie – im Idealfall – gar nicht
                                                                                                                                                                 wahrnehmen. Der Koordination der Leis-
                                                                                                                                                                 tungsträger sowie dem Management
                                                                                                                                                                 der Schnittstellen kommt im Tourismus
                                                                                                                                                                 daher eine enorme Bedeutung zu – eine
                                                                                                                                                                 Aufgabe, die idealerweise leistungsfä-
                                                                                                                                                                 hige Tourismusorganisationen überneh-
                                                                                                                                                                 men. Die EZ kann jedoch unterstützen
                                                                                                                                                                 und Impulse setzen (vgl. hierzu Kap. 2).

Abb. 6: Die Customer Journey - Beispiel Wanderurlaub

Customer
Journey            planen, buchen                      an-/abreisen                           übernachten                   verpflegen                           versorgen                            mobil sein                        aktiv sein
Phasen
                            suchen, planen

                                                       Details planen

                                                                                                                                                                                                                                                zur Unterkunft
                                                                                                                                          Wanderstöcke
                            Informationen

                                                                                                                                                         Wanderführer

                                                                                                                                                                                       weg gelangen
                                                                                                                                                                                       zum Wander-
                                                                                                                            Wanderkarte

                                                                                                                                                                                                       Route finden
                                                                                                                                                                        organisieren
               aufmerksam

                                                                                                 übernachten

                                                                                                                                                                                                                      Landschaft
                                                                                                               Restaurant
                                                                                   ankommen

                                                                                                                                           ausleichen

                                                                                                                                                                                                                                   verpflegen

Customer
                                                                                                                                                                                                                                   unterwegs
                                                                                                                besuchen

                                                                                                                                                                                                                                                   gelangen
                                                                        anreisen

                                                                                                                                                                                                                       erleben
                 werden

                                                                                                                                                                          Gepäck
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                                                                                                                              kaufen

Journey
Teilschritte
                                                                                                 fte
                                                                                              ün

                                                                                             ze
                                                                                           rk
                                                                f e e r a n ite

                                                                                           n

                                                                                          et
                                                                                           r

                                                                           rte ure
                                                                                        te
                                                                                       lte

                                                                                      en
                                                                                        s
                                                                                     eb

                                                                                    Un

                                                                      r v iten
                                                                                    ta

                                                                                     o

                                                                                   eg
                                                      ge chil ür T
                                                                   eis s-W

                                                                                  s

                                                                                 of

                                                                                  e

                                                                                W
                                                                     int t
                                                                             ich

                                                                                e
                                                                or h n h
                                                                               n

                                                                               n

                                                               e r chk
                                                                              f
                                                            oo rifte

                                                            ice pme
                         l M ng

                                                                           ng

                                                             h p r en
                                                                             l

                                                             ck ice

                                                                         ice
                                                                            e

                                                                          te

                                                                          dl

                                                                           e
                                                                           e
                                                            sit e s s

                                                                       Ba
                                                                          r
                      cia rbu

                                                                         v

                                                                        kt
                                                                       hu

                                                                      vic

                                                                      de

                                                                         i
                      lin ogs

                                                         a n mit

                                                         a n e un
                                                         a n hre
                                ia

                                                            eh e
                                                                        v
                                                                       e
                                                         ge App

                                                         a n ögl
                                                                       u
                                                                       p

                                                                       i
                                                                      h

                                                      Au pun

                                                                      t
                                                      Ge r s e r
                                                      Se Equ

                                                      Lu e To
                                                      Ve sho
                                                      W B uc
                             ed

                                                      Ou t s c

                                                      E i ake
                                                      W r -M

                                                                   se
                                                                   n,
                              e

                                                      E i s er
                                                                 po
                                                                r fü

                                                                   t
                             l

                                                                rm
                            W

                                                                r fr
                           rb

                                                                r-

                                                                rr

Customer
                                                                g
                                                                e
                                                                i

                                                                r
                         e-

                                                               e

                                                               t
                                                             es
                                                             ze

                                                             ih

                                                            tie
                                                            ha
                                                            de
                        de

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                                                            de

                                                            de

                                                            de
                                                            sp
                                                            ne

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                                                            sf

                                                            sf
                                                         rle

                                                          sg
                                                          pä
                                                         ch

                                                         nc
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                                                         an

                                                         fü
                                                         an
                                                         eb

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                                                         nk
                                                         ns
                   PR
                        On

                   So

                                                      Fa

Journey
                                                      Fl
               W

                                                      W

                                                      W

                                                      W

                                                      W
                                                      Ei

                                                      Tr

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Touchpoints

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GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

Box: Tourismus als Treiber regionaler Wertschöpfung

Tourismus kann aus verschiedenen Gründen einen entscheidenden Beitrag zur regionalen
Wertschöpfung und Entwicklung in ESL leisten – und ist deshalb ein wirkungsvolles Instrument
für die EZ, um übergeordnete entwicklungspolitische Ziele zu erreichen.

D Auch wenn die Reise vor allem im Zielge-           D Tourismus schafft ortsgebundene Arbeits-
    biet stattfindet: Tourismus ist ein Exportgut,       plätze, die nicht ins Ausland verlagert werden
    denn er bringt ausländische Währung ins              können, und bietet Menschen unterschied-
    Inland. Für einen großen Teil aller Entwick-         licher Qualifikationen sowie gerade auch
    lungsländer ist Tourismus der bedeutendste           benachteiligten Bevölkerungsgruppen (z.B.
    Devisenbringer und damit ein essenzieller            Frauen) Beschäftigung.
    volkswirtschaftlicher Pfeiler, der auch und
    gerade kleinen und mittleren Unternehmen         D Tourismus bietet geringe Eintrittsbarrieren für
    Absatzchancen bietet.                                neue Anbieter und damit eine gute Ausgangs-
                                                         position für die Gründung von touristischen
D Aufgrund ihres Charakters als Querschnitts-            Unternehmen, wie z.B. Restaurants und Cafés,
    branche profitieren nicht nur Unternehmen            Führungen und Exkursionen oder die Veran-
    aus dem Gastgewerbe von touristischen                staltung von Events.
    Umsätzen, sondern auch angrenzende
    Wirtschaftsbereiche wie der Einzelhandel,        D Über Steuereinnahmen leistet der Tourismus
    Freizeitanbieter, Landwirtschafts- oder              einen Beitrag zur Finanzierung öffentlicher
    Handwerksbetriebe. Hier liegt zugleich ein           Haushalte und stimuliert Investitionen in die
    großes Potenzial zur Steigerung der regionalen       örtliche Infrastruktur. Dies steigert nicht nur
    Wertschöpfung, indem regionale Unterneh-             die touristische Angebotsqualität, sondern
    men in das touristische Wertschöpfungssystem         auch die Lebensqualität der Bevölkerung.
    integriert werden.

D Die Tourismusbranche ist geprägt durch eine
    große Anzahl klein- und mittelständischer
    Betriebe. Das bedeutet, dass zahlreiche Unter-
    nehmen von touristischen Umsätzen profi-
    tieren und eine große Breitenwirkung erzielt
    werden kann.

                                                                                                               // 21
GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

                                          Teil 4: Wertschöpfungssystem Tourismus
                                                                           Der Tourismus ist ein besonders komplexes Wertschöpfungssystem. Es umfasst viele Prozesse zur Erstel-
                                                                           lung von Leistungen, die direkt oder indirekt Wertschöpfung generieren und durch zahlreiche Anbieter
                                                                           der Tourismusbranche sowie angrenzender Wirtschaftsbereiche in mehreren Wertschöpfungsstufen
                                                                           erbracht werden. Abb. 7 bietet einen Gesamtüberblick über die zentralen Elemente des Wertschöpfungs-
                                                                           systems Tourismus. Dieser soll Verantwortlichen von EZ-Projekten helfen, die Strukturen, Schnittstellen
                                                                           und Prozesse im touristischen Wertschöpfungssystem zu verstehen, um auf dieser Basis EZ-relevante
                                                                           Interventionen zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen.

                                                                           Überblick: Zentrale Elemente des touristischen Wertschöpfungssystems

                                                                           Customer Journey als Grundstruktur                                 telpunkt der Betrachtungen zu rücken. Aus diesem
                                                                                                                                              Grund orientiert sich das vorliegende Modell an
                                                                           Im Idealfall sind die Tätigkeiten und Prozesse im                  den zentralen Phasen der Customer Journey (vgl.
                                                                           touristischen Wertschöpfungssystem eng mitein-                     Kap. 1, Teil 3). Hinter jeder Phase stehen Leistun-
                                                                           ander verzahnt und schaffen im Ergebnis bedürf-                    gen, die Gäste auf ihrer Reise in Anspruch nehmen
                                                                           nisgerechte Reiseerlebnisse. Damit das in einer                    und Anbieter, die diese Leistungen erbringen. Jede
                                                                           wettbewerbsintensiven Branche wie dem Touris-                      Phase, jede Leistung, jeder Akteur kann im jeweili-
                                                                           mus gelingt, ist es sinnvoll, die Gäste in den Mit-                gen EZ-Projektkontext relevant sein.

                                          Abb. 7: Überblick über das Wertschöpfungssystem Tourismus

                                                           Quellgebiet ›‹ Zielgebiet                                                            Zielgebiet

                                                             planen, buchen        an-/abreisen       übernachten         verpflegen           mobil sein          versorgen            erholen, aktiv sein
Touristisches Wertschöpfungssystem
                                     Touristische
                                      Lieferkette

                                                             Lieferanten        Lieferanten       Lieferanten        Lieferanten         Lieferanten          Lieferanten       Lieferanten        Lieferanten
                                                                                                                                                                                                  ›
                                                           ›
                                                                               ›
                                                                                               ›
                                                                                                                    ›

                                                                                                                                                            ›
                                                                                                                                                                               ›
                                                                                                                                       ›
                                     Wertschöpfungskette

                                                           Reisveranstalter,     Transport-       Unterkunfts-                           Transport-           Handel und          Freizeit-             Spezielle
                                                                                                                     Gastronomie
                                                              Reisebüros        unternehmen         betriebe                            unternehmen          Dienstleister        anbieter              Anbieter
                                        Touristische

                                                                                                                        Tourismusorganisation, DMO

                                                                                                                    Lokale, regionale Gebietskörperschaften, Kulturinstitutionen, Naturschutzverbände

                                                                   Customer             Akteure MIKROEBENE             Akteure MESOEBENE               Akteure MAKROEBENE
                                                                    Journey             Direkte Wertschöpfung             Unterstützung                     Grundlagen

                                          // 22
GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

Touristische Wertschöpfungskette                    Touristische Lieferketten
Die touristische Wertschöpfungskette beschreibt     Damit die touristischen Anbieter ihre Leistungen
den Prozess der wertschöpfenden Tätigkeiten bei     erstellen können, müssen sie viele verschiedene
der Erstellung des touristischen Produkts, also     Leistungen einkaufen, wie z.B. Wanderausrüs-
z.B. einer Wanderreise. Gemeinsam bilden diese      tung zum Verkauf im Einzelhandel. Auch diese
Leistungen die erste Wertschöpfungsstufe.           Produkte und Dienstleistungen durchlaufen
                                                    Wertschöpfungsprozesse. Aus der Perspektive
Funktionsebenen                                     des Tourismus betrachtet sind dies Lieferketten.
Innerhalb der touristischen Wertschöpfungskette     Gemeinsam bilden sie weitere Wertschöpfungs-
ist zwischen verschiedenen Funktionsebenen zu       stufen, auf denen touristisch bedingte Umsätze
unterscheiden:                                      generiert werden.
D Akteure der Mikroebene erzeugen durch ihre
     Leistungen unmittelbar Wertschöpfung, wie
     z.B. der Taxifahrer, der Gäste vom Hotel zum       Hinweis: Auch Lieferketten beschreiben
     Startpunkt ihrer Wanderung bringt und hier-        einen Prozess der Leistungserstellung
     durch Umsatz generiert.                            von der Rohstoffgewinnung bis zum
D Akteure der Mesoebene unterstützen die                Konsum des Produktes. Die Bezeich-
     Akteure der Mikroebene dabei, Wertschöp-           nung „Lieferkette“ bringt die Perspektive
     fung zu generieren, z.B. durch übergreifende       zum Ausdruck, aus der dieser Prozess
     Marketingaktivitäten.                              betrachtet wird - in unserem Fall näm-
D Akteure der Makroebene stellen bestimmte              lich die Perspektive der touristischen
     Grundfunktionen sicher, z.B. durch die             Wertschöpfungskette im Kontext der EZ.
     Instandhaltung des Wanderwegenetzes.

                                                    Die verschiedenen Elemente des touristischen
                                                    Wertschöpfungssystems werden im Folgenden
                                                    näher erläutert.

                                                                                                             // 23
GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

                        Funktionsebenen im touristischen Wertschöpfungsprozess
                        Das touristische Produkt besteht aus verschiede-
                        nen Arten von Leistungen und dahinterstehenden
                        Akteuren. Im Hinblick auf ihre Funktionen im
                        Rahmen des Wertschöpfungsprozesses können die
                        Mikroebene, die Mesoebene und die Makroebene
                        unterschieden werden.

Abb. 8: Funktionsebenen im touristischen Wertschöpfungsprozess

                            Mikroebene: Funktionen, die unmittelbar zur touristischen Wertschöpfung beitragen

                        ›                   ›                  ›                         ›                    ›                   ›
        Information,
                                                    Unter-                                        Lokaler                                Aktivitäts-
         Bündelung,          Transport                                   Verpflegung                                 Versorgung
                                                   bringung                                      Tansport                                 angebote
        Buchbarkeit

                                         Mesoebene: Unterstützende Funkionen, von denen alle profitieren

         Strategische           Stakeholder             Bereitstellung           Professionalisierung       Produktentwicklung        Kommunikation
           Planung              Management              von Angeboten                & Qualitäts-               & Marken-               & Vertrieb
                                                                                    management                  erlebnisse

                              Makroebene: Grundlegende Angebotselemente und Funktionen für den Tourismus

         Natürliche            Soziokulturelle            Allgemeine                   Touristische           Grundlegende          Rechtliche und
         Ressourcen             Ressourcen               Infrastruktur                 Erschließung            touristische           politische
                                                                                                             Infrastrukturen      Rahmenbedingungen

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GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

Makroebene: die Grundlagen des Tourismus

Die Makroebene umfasst grundlegende Angebotselemente und Funktionen als Voraussetzung,
damit sich der Tourismus in der Region entwickeln kann.

Zu den Funktionen der Makroebene und zu den           Aufgabenträger auf der Makroebene sind häu-
wichtigsten touristischen Angebotsbausteinen          fig öffentliche Institutionen, die entsprechende
überhaupt gehören die natürlichen und soziokultu-     Aufgaben im Rahmen der Standort- bzw. Wirt-
rellen Ressourcen einer Region: ihre Landschaft,      schaftsförderung erfüllen, aber auch Vereine und
das Klima, die Vegetation, das baukulturelle Erbe,    Verbände, die sich für den Schutz und die Förde-
Brauchtum und vieles mehr. Ihnen kommt im             rung grundlegender Ressourcen einsetzen (z.B.
Rahmen der Reiseentscheidung eine große Bedeu-        Wirtschafts-, Naturschutz- oder Kulturverbände).
tung zu.                                              Die Aufgabe der EZ liegt hier insbesondere darin,
                                                      die handelnden Akteure zu beraten und zu befähi-
Wichtig ist zudem, dass die politischen und recht-    gen, die richtigen Entscheidungen zu treffen. Dies
lichen Rahmenbedingungen existieren, um den Tou-      erfolgt idealerweise auf der Grundlage von Daten
rismus zu entwickeln. So wird ein Mindestmaß an       und Fakten, die im Rahmen von Studien und
Stabilität und Sicherheit benötigt, funktionsfähige   Untersuchungen ermittelt werden.
staatliche Instanzen sowie grundlegende Versor-
gungsstrukturen (z.B. Elektrizität und Wasser).
                                                          Wichtig: Alle genannten Angebote und
Hierauf aufbauend bedarf es touristischer Basis-          Funktionen sind notwendige Vorausset-
infrastruktur, um Wertschöpfung zu generieren.            zungen für den Tourismus und wirken
Dazu gehören z.B. die Erschließung von Attrak-            somit indirekt auf die Wertschöpfung einer
tionspunkten, Wegenetze oder ein Besucherzent-            Tourismusregion. Sie müssen bereitge-
rum.                                                      halten, entwickelt und geschützt werden,
                                                          damit sich wertschöpfende touristische
                                                          Geschäftsmodelle in der Region entwi-
                                                          ckeln können.

                                                                                                               // 25
GRUNDLAGE: WERTSCHÖPFUNGSKETTE & TOURISMUS

               Mesoebene: die gezielte Unterstützung des Tourismus

               Die Mesoebene umfasst übergreifende Unterstützungsfunktionen, die für alle Tourismusunternehmen
               wichtig sind, und die die vielfältigen Aktivitäten so steuern, dass sie einen Beitrag zur Erreichung der
               gesetzten Ziele leisten.

               Die Tourismusregion als Konglomerat zahlreicher        Stakeholder-Management: Angesichts der Akteurs-
               Angebote und Akteure braucht Koordination              und Interessenvielfalt im Tourismus kommt dem
               sowie verschiedene übergreifende Funktionen,           Management der unterschiedlichen Stakeholder
               damit aus dem Nebeneinander von Angebotsbau-           eine besondere Bedeutung zu. Hier geht es u.a.
               steinen kundenorientierte Gesamtprodukte entste-       um deren Sensibilisierung und Mobilisierung für
               hen. Außerdem kann der Tourismus – mit seinen          gemeinsame Ziele sowie den Austausch und Dialog
               vielfältigen Wirkungen – nur einen sinnvollen          untereinander. Übergeordnet steht das Ziel, die
               Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung leisten,     Kräfte der vielfältigen Akteure der Region (touris-
               wenn er gezielt gesteuert wird.                        tische Unternehmen, Fachkräfte, Bewohner*innen,
                                                                      Verbände, öffentliche Institutionen etc.) in eine
               Für die Umsetzung der hierfür benötigten Unter-        gemeinsame Richtung zu bündeln. Unter dem
               stützungsfunktionen existieren in der Praxis ver-      Gesichtspunkt, demokratische Prozesse zu stärken,
               schiedene Modelle und Lösungen. Häufig sind die        ist die Einbeziehung der relevanten Akteure ein
               Aufgaben bei Behörden angesiedelt. Marketing­          wichtiger Anspruch an Projekte der EZ und damit
               aktivitäten werden oft von privatwirtschaftlichen      ein sinnvoller Anknüpfungspunkt für zu planende
               Vereinen (z.B. Hotelverbänden) übernommen.             Interventionen.
               Vieles spricht dafür, die Funktionen der Meso-
               ebene bei einer schlagkräftigen Tourismusorganisa-     Bereitstellung von Angeboten: Zum touristischen
               tion bzw. Destination Management Organisation          Angebotsbündel gehören auch Leistungen, die die
               (DMO) zu bündeln. Projekte der EZ können die           Gäste sich wünschen oder sogar verlangen, die den
               Funktionen der Mesoebene punktuell bei einzel-         Anbietern jedoch keine Geschäftsgrundlage bieten,
               nen Aufgaben bzw. Prozessen unterstützen oder          weil die Kund*innen nicht bereit sind, einen dem
               den Aufbau nachhaltiger touristischer Organisati-      Aufwand angemessenen Preis zu bezahlen. Dazu
               onsstrukturen begleiten. Detaillierte und praxis-      gehört z.B. die Gästeinformation. Diese erzeugt
               orientierte Informationen hierzu finden sich im        für Gäste zwar einen unmittelbaren Wert, sie trägt
               Handbuch „Destinationsmanagement in Schwellen-         jedoch nur indirekt zur Wertschöpfung bei, weil
               und Entwicklungsländern“ (GIZ 2019).                   den Kosten ihrer Erstellung keine Erlösfunktion
                                                                      gegenübersteht. Die dauerhafte Bereitstellung
               Die Mesoebene umfasst folgende Funktionen:             entsprechender Angebote ist die Aufgabe lokaler
                                                                      Organisationen. Die EZ kann hier jedoch bei der
               Strategische Planung: Jede Tourismusregion             Planung und initialen Umsetzung unterstützen.
               benötigt Ziele, Leitlinien und Strategien als
               Orientierung für die Akteure und als Rahmen der        Professionalisierung und Qualitätsmanagement:
               touristischen Entwicklung. Idealerweise erfolgt die    Wenn der Tourismus eine hohe Wertschöpfung
               strategische Planung datenbasiert und partizipativ,    generieren soll, müssen Unternehmen aus der
               damit die Ergebnisse von allen getragen werden.        Region in die Lage versetzt werden, sich über die
               Die Zielerreichung muss regelmäßig evaluiert und       Angebotsqualität auf dem Markt zu positionieren
               die Strategie weiterentwickelt werden. Die EZ          und kundenorientierte Angebote zu erstellen.
               kann den strategischen Planungsprozess sowohl          Sonst laufen Anbieter schnell Gefahr, in einen
               bei der Schaffung von Datengrundlagen durch            intensiven Preiswettbewerb zu geraten. Hier gilt es,
               Recherchen und eigene Untersuchungen unterstüt-        durch Qualifizierungsangebote sowie eine systema-
               zen als auch bei der Durchführung von partizipati-     tische Entwicklung und Sicherung von Qualität
               ven Prozessen sowie bei der Entwicklung effektiver     die richtigen Impulse zu setzen. Aufgrund des
               Controllinginstrumente.                                Bildungsauftrags der EZ liegt gerade im Bereich
                                                                      Qualifizierung touristischer Fachkräfte ein wesent-
                                                                      licher Ansatzpunktpunkt für Interventionen.

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