Chancenreicher und nachhaltiger Qualitätstourismus 2030 - Vorarlberger Orte und Räume für das gute Leben
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Chancenreicher und nachhaltiger Qualitätstourismus 2030 Vorarlberger Orte und Räume für das gute Leben Tourismusstrategie Vorarlberg 2030
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Impressum Herausgeber, Medieninhaber und Hersteller: Amt der Vorarlberger Landesregierung Abteilung Allgemeine Wirtschaftsangelegenheiten Landhaus, Römerstraße 15, 6901 Bregenz Wirtschaftskammer Vorarlberg Sparte Tourismus & Freizeitwirtschaft Wichnergasse 9, 6800 Feldkirch Verlags- und Herstellungsort: 6900 Bregenz Druck: Amt der Vorarlberger Landesregierung Abteilung Vermögensverwaltung, Hausdruckerei, Bregenz 2
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Vorwort Vorarlberg ist ein Tourismusland. Das in der bisherigen Strategie definierte Wertefundament der Der Tourismus in Vorarlberg entwickelt sich auch in herausfor- „Gastfreundschaft“, „Regionalität“, „Nachhaltigkeit“ und „Ver- dernden Zeiten auf der Basis starker und gesunder Wurzeln wei- netzung“ hat angesichts aktueller globaler Herausforderungen an ter. Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die Werte der Kraft gewonnen und ist bedeutender denn je. Es bildet daher auch Tourismusstrategie 2020 in Richtung Regionalität, Gastfreund- in der Tourismusstrategie 2030 die Basis für Werthaltungen, aller- schaft, Nachhaltigkeit und Vernetzung die Richtigen waren. Diese dings in leicht erweiterter Form. So wird mit dem Zusatz „authen- zentralen Säulen werden auch weiterhin das Wertefundamt der tisch“ beispielsweise die große Stärke der Vorarlberger Gastfreund- Tourismusstrategie 2030 darstellen. schaft betont. Gemeinsam mit allen Akteuren der Vorarlberger Tourismusfamilie In Vorarlberg hat sich das touristische Angebot nie zu einer Pa- möchten wir mit der neuen Tourismusstrategie den roten Faden für rallel- und Zauberwelt entwickelt, sondern ist aus den Regionen „Gastgeben auf Vorarlberger Art“ vorgeben. In- und ausländische mit den dort lebenden Menschen entstanden. Wesentliches Poten- Gäste schätzen vor allem die Vielfalt des Natur- und Kulturraums zial für die weitere Tourismuszukunft sehen wir daher im konse- zwischen Bodensee und Arlberg, die unternehmerischen Spitzen- quenten Verfolgen des Regionalität-Gedankens, für uns einer der leistungen sowie die besondere Vorarlberger Gastgeber:innen- größten Stellhebel für eine nachhaltige Wertschöpfung in vielen Kultur. Diese Stärken eines nachhaltigen Qualitätstourismus noch Bereichen. mehr auszuweiten und die sich daraus ergebenden Potenziale best- möglich auszuschöpfen und zu fördern, ist daher Ziel und Inhalt Der Tourismus in Vorarlberg soll Energiequelle für ehrliche Koope- des vorliegenden Konzepts. Dessen Entwicklung hat somit zu einer rationen und nachhaltige Zusammenarbeit sein. Dann kann der Schärfung und Vertiefung der Inhalte der bisherigen Tourismus- Tourismus seine volle Kraft ausspielen. Diese Ausrichtung fördert strategie 2020 geführt. den Erhalt der erfolgreichen DNA des Vorarlberger Tourismus mit großteils familiär geführten und eher kleinstrukturierten Qualitäts- Dabei werden der Tourismus und seine strategische Ausrichtung betrieben. Verwurzelt und eingebunden in die Regionen, fungieren 2030 mit den acht Kernzielen einen wesentlichen Beitrag zu einem diese als zuverlässige Abnehmer:innen regionaler Produkte und guten Leben in Vorarlberg leisten. In unserem gemeinsamen Zu- Dienstleistungen und damit als faire Kooperationspartner, unter kunftsbild dient der Tourismus keinem Selbstzweck. Tourismus in anderem für die Kultur, das Handwerk und die Landwirtschaft. Vorarlberg ist Geburtshelfer und Energiequelle für eine erfolgrei- che und nachhaltige Regionalentwicklung sowie verantwortungs- Dadurch wird eine echte und spürbare Regionalität in den Ur- volle Lebensraumgestaltung. Der Tourismus schafft im ländlichen laubsregionen und ein gutes Leben im Lebens- und Erlebnisraum Raum attraktive Arbeits- und Lebensperspektiven für künftige Ge- Vorarlberg geschaffen. Davon profitiert die gesamte Bevölkerung nerationen. Das bringt Wertschöpfung und Wohlstand für alle Re- – denn auch Gäste sind Mitbewohner:innen auf Zeit. gionen, was der Lebensqualität der gesamten Bevölkerung zugu- tekommt. Gleichzeitig eröffnen sich vielfältige Möglichkeiten für All das zu erhalten und zu fördern, erfordert angepasste Rahmen- gute Geschäftsideen, interessante Berufswege und aussichtsreiche bedingungen und Strukturen, gut ausgebildete und motivierte Karrieren. Das wiederum entspricht der Positionierung des Landes Mitarbeitende sowie innovatives Unternehmertum. Zur Identifi- als „chancenreich“. kation der dafür erforderlichen 16 Aktionsfelder und 96 Umset- zungsschritte haben sich mehr als 200 Vertreter:innen zu ihrem 4
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Zukunftsbild und damit verbundenen Maßnahmen für einen nach- nen nachvollziehbar gemacht. Entstanden ist somit eine Landkar- haltigen Tourismus eingebracht. Diese kooperative Erarbeitung te, welche allen Akteuren den Weg zu einem chancenreichen und bringt Orientierung und schafft Vertrauen, dass die gemeinsam nachhaltigen Qualitätstourismus in Vorarlberg bis 2030 beschreibt. ausgearbeiteten Maßnahmen im Interesse der gesamten Branche Jetzt kommt es auf die effektive und effiziente Umsetzung dieses und der jeweiligen Unternehmen sind. Während eine Landesstra- Fahrplans an. tegie Entwicklungswege für das Tourismussystem aufzeigt, kommt es bei der Umsetzung weiterhin auf die Individualität und Innova- Insofern ist allen zu danken, die sich in dem rund eineinhalb Jahre tionskraft der Betriebe an. Insofern ist die Tourismusstrategie auch dauernden Prozess zur Entwicklung der Tourismusstrategie kon- eine Einladung zur Mitarbeit an alle Akteure. struktiv und engagiert eingebracht haben. Denn eines ist klar: Nur gemeinsam können wir die anstehenden und künftigen Herausfor- Zur Kontrolle des Umsetzungsgrades und Möglichkeit der agilen derungen bewältigen. Schließlich stehen wir in einem intensiven Nachjustierung wurden erstmals konkrete Leitprojekte, realisti- internationalen und nationalen Wettbewerb. Dem zu begegnen, sche Zielvorgaben sowie Mess-Indikatoren formuliert. Der Beitrag erfordert auch weiterhin die engagierte Beteiligung aller touristi- des Tourismus zur nachhaltigen Entwicklung des Landes wurde schen Akteure oder Kooperationspartner sowie der gesamten Vor- durch die Verknüpfung mit Dimensionen der Nachhaltigkeit sowie arlberger Bevölkerung. Dazu laden wir alle herzlich ein. den Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Natio- Mag. Markus Wallner Christian Gantner Mag. Marco Tittler Landeshauptmann Tourismuslandesrat Wirtschaftslandesrat Markus Kegele KommR Wilfried Hopfner Obmann Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft Präsident Wirtschaftskammer 5
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Einleitung Der Tourismus hat in Vorarlberg eine lange Tradition und übt Die Tourismusstrategie 2030 versteht sich als Landkarte für ei- neben einer ökonomischen auch eine wichtige soziale Funktion nen Weg hin zu einem chancenreichen und nachhaltigen Touris- aus. Die Tourismuswirtschaft schafft Entwicklungs- und Beschäf- mus. Sie ist damit in Übereinstimmung mit den Kernwerten des tigungsperspektiven für städtische und ländliche Regionen sowie Arbeitsprogramms 2019 – 2024 der Vorarlberger Landesregie- die dort lebende Bevölkerung. Sie trägt seit Jahren maßgeblich zur rung sowie der Ausrichtung der Standortmarke Vorarlberg, die hohen Lebensqualität und zum Wohlstand des gesamten Landes den „chancenreichen Lebensraum“ betont. Insofern stellt sie einen bei. Leitfaden für alle Akteure dar, um Vorarlberg als Tourismusstand- Die hohe Bedeutung des Tourismus für Wirtschaft und Gesellschaft ort noch attraktiver, zukunftsfähiger, ertragreicher und resilienter wurde durch den Ausbruch der Corona-Pandemie mit einem Total- zu machen. ausfall der Wintersaison 2020/21 noch stärker ins Bewusstsein ge- Die Erarbeitung der in diesem Papier zusammen gefassten strate- rückt. Grenzschließungen und Reiseeinschränkungen bestätigten gischen Eckpunkte erfolgte in einem breit angelegten Prozess und beispielsweise die erhöhte regionalwirtschaftliche Abhängigkeit damit unter Beteiligung aller relevanten Stakeholder- und Interes- von nationalen und globalen Ereignissen und verstärkten somit sengruppen. Als Rahmenvorgabe dienten jeweils relevante Daten den schon zuvor spürbar gewordenen Wandel der Wirtschaft hin aus der Marktforschung inklusive einer Online-Umfrage zur Tou- zu mehr Flexibilität. rismusgesinnung sowie der Plan T der österreichischen Bundesre- Als eine Folge haben sich auch die Veränderungen im Tourismus gierung, in welchem Vorarlberg als eines von neun Bundesländern beschleunigt, indem Gäste noch kurzfristiger, regionaler und be- eingebettet ist. wusster buchen. Aus dieser Entwicklung ergeben sich wesentliche Eine mit dem Land Vorarlberg, der Wirtschaftskammer sowie den Potenziale, wobei Vorarlberg bereits seit dem Jahr 2012 auf „Gast- Tourismusorganisationen gemeinsam erarbeitete Umsetzungs- freundschaft“, „Regionalität“, „Nachhaltigkeit“ und „Vernetzung“ struktur soll gewährleisten, dass neben stabilen Leitwerten und setzt. Das Potenzial dieser Leitwerte noch stärker auszuschöpfen, institutionellen Verankerungen verschiedener Themen auch agile bildet die Basis dieser Tourismusstrategie. Prozesse und damit laufende strategische Anpassungen integrier- Vor diesem Hintergrund haben die Vorarlberger Landesregierung und aktivierbar sind. und die Sparte Tourismus und Freizeitwirtschaft der Wirtschafts- kammer Vorarlberg einen Prozess zur Entwicklung der „Touris- musstrategie 2030“ initiiert, geplant und durchgeführt. Das vorlie- gende Papier baut dabei auf dem „Tourismusleitbild 2010+“ auf. Es ergänzt dessen Grundlagen sowie weitere strategische Dokumen- te des Landes wie etwa das Raumbild, das Mobilitätskonzept, die Energieautonomie+ sowie die Wirtschafts- und Landwirtschafts- strategie. 7
TOURISMUS 2030 Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Wir wollen Vorarlberger Orte und Räume für das gute Leben schaffen und gestalten 8 9
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Inhalt Vorwort 4 Einleitung 7 5. Die acht Kernziele 2030 ............................................................................................................................................ 30 Big Picture „Tourismus Vorarlberg 2030“ 8 5.1. Kernziel 1: Wettbewerbsorientierte Weiterentwicklung des Tourismusstandorts Vorarlberg 31 5.2. Kernziel 2: Fokussierung des Marketingsystems im Sinne eines Resonanz-Tourismus 34 1. Tourismus in Vorarlberg ............................................................................................................................................ 12 5.3. Kernziel 3: Bedarfsorientierter Ausbau der touristischen Bildungsangebote sowie 1.1. Wirtschaftsfaktor Tourismus 12 Attraktivierung touristischer Berufe und Karrieren 37 1.2. Status Quo: Stärken, Potenziale und kritische Erfolgsfaktoren 13 5.4. Kernziel 4: Verstärkte Nutzung der Regionalität mittels einer Vorarlberger Marke für alpine Kulinarik 39 1.2.1. Stärken des Tourismus in Vorarlberg 13 5.5. Kernziel 5: Intensivierung der klimafreundlichen und nachhaltigen Entwicklung auf allen Ebenen des Tourismus 41 1.2.2. Potenziale des Vorarlberger Tourismus 14 5.6. Kernziel 6: Stärkung der sanften Mobilität zur An- und Abreise sowie vor Ort 43 1.2.3. Kritische Erfolgsfaktoren auf einen Blick 16 5.7. Kernziel 7: Ausschöpfung digitaler und innovativer Potenziale zur Steigerung der Wertschöpfung 46 1.3. Tourismusstrategie 2030 – Weiterentwicklung eines Erfolgsweges 17 5.8. Kernziel 8: Bündelung vorhandener Ressourcen zur Schaffung von Synergien und System-Zusatznutzen 48 1.3.1. Das Prozess-Design 17 1.3.2. Die kontinuierliche Umsetzung bis 2030 19 6. Leitprojekte ................................................................................................................................................................ 50 6.1. Leitprojekt 1: Entwicklung einer Modellregion „Tourismus.Work.Vorarlberg“ zum touristischen 2. Unser Selbstverständnis ............................................................................................................................................. 20 Arbeitsplatz der Zukunft 50 2.1. Beitrag des Tourismus zu Chancenreichtum und nachhaltiger Prosperität 20 6.2. Leitprojekt 2: Aufbau eines integrativen Bildungssystems für einen chancenreichen Tourismus 50 2.2. Tourismus als Gestalter von vielfältigen Freizeit- und Erlebnisräumen 21 6.3. Leitprojekt 3: Etablierung einer innovativen Kulinarik-Marke als Trägerthema für Regionalität 51 2.3. Manufakturen für das gute Leben 21 6.4. Leitprojekt 4: Ausrollung des Pilotprojekts „Mobilität für alle Gäste“ zur Forcierung der landesweiten sanften Gästemobilität 51 3. Unsere Werthaltungen ............................................................................................................................................... 23 6.5. Leitprojekt 5: Koordinierter und fokussierter Ausbau des Tourismusdatenmanagements 52 3.1. Authentische Gastfreundschaft 23 6.6. Leitprojekt 6: Installierung von (temporären) Innovationszellen „Tourismus 2030“ 53 3.2. Weltoffene Regionalität 23 3.3. Nachhaltige Entwicklung 23 7. Überblick Kernziele - Aktionsfelder - Nachhaltige Entwicklung (inkl. SDG) ....................................................... 54 3.4. Faire Kooperation 23 Beteiligung 60 4. Die strategischen Grundlagen ................................................................................................................................... 24 Quellenverzeichnis 61 4.1. Die Kernmärkte 24 Fotonachweis 63 4.2. Das Verbundmarkensystem 24 4.3. Unser Leistungsversprechen 24 4.3.1. Reiche Vielfalt an Natur- und Landschaft („Gegebenheiten vor Ort“) 24 4.3.2. Exzellente Könnerschaft und kreative Gestaltungskraft („Kernleistungen“) 25 4.3.3. Besondere Erlebnisse auf Vorarlberger Art („Lebenskultur, Identität“) 25 4.4. Vision – Mission – Positionierung 26 4.4.1. Vision 2030 26 1 4.4.2. Mission 27 4.4.3. Positionierung 27 96 Überblick TOURISMUSSTRATEGIE 2030 28 8 VISION | MISSION | POSITIONIERUNG 16 10 1Strategie 8 Kernziele 16 Aktionsfelder 96 Umsetzungsschritte 11
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 1. Tourismus in Vorarlberg 1.1. Wirtschaftsfaktor Tourismus1 statistische Aufarbeitung der Corona-Pandemie dessen Bedeutung für die Gesamtwirtschaft unterstreicht. So haben die pandemiebe- Mit 3,792 Mrd. Euro Bruttoregionalprodukt im Vor-Corona-Tou- dingten Ausfälle in der Sommersaison 2020 sowie der Wintersaison rismusjahr 2018/19 hat die gesamte Vorarlberger Tourismuswirt- 2020/21 zu einem Entgang des Regionalproduktes von 2,127 Mrd. schaft – bis zum Einbruch aufgrund der Corona-Pandemie im Jahr Euro in Vorarlberg geführt. Das Aufkommen an Steuern und Abga- 2 2020 – zu fast 20 % zur Wertschöpfung des Landes beigetragen. ben ging im selben Zeitraum um 850 Mio. Euro zurück. Mit diesem Gesamteffekt sind im selben Zeitraum 31.000 Arbeits- plätze im Sinne von Vollzeitäquivalenten verbunden gewesen. Insbesondere die urbanen Bereiche profitieren überproportional Immerhin 85 % dieser Bruttoregionalwertschöpfung werden im von der in sämtlichen Regionen und Talschaften durch den Näch- Bundesland Vorarlberg wirksam, 15 % generieren Effekte in Rest- tigungstourismus ausgelösten Wertschöpfung. Die indirekte und österreich. Damit fließt jeder von der Öffentlichen Hand in die induzierte Wertschöpfung – aufgrund von Umsätzen anderer Bran- Förderung von Betrieben, Destinationen, Vorarlberg Tourismus chen - ist demnach in der Destination Bodensee Vorarlberg viermal und die Tourismusentwicklung in den Gemeinden investierte Euro und in der Alpenregion Bludenz zweimal höher als die in diesen nahezu 90-fach als Regionalwertschöpfung in die Volkswirtschaft Destinationen jeweils direkt erzielte Wertschöpfung aus Hotelle- 3 zurück. rie und Gastronomie. Dementsprechend verhältnismäßig gerin- ger sind diese indirekten und induzierten Wertschöpfungseffekte Der Tourismus war in den Jahren vor Corona von Wachstum ge- in den ländlicheren Destinationen. Insgesamt jedoch verdreifacht prägt, was unter anderem zu Investitionen der Vorarlberger Be- sich jeder im ganzen Land für Beherbergung und Gastronomie herbergungs- und Gastronomiebetriebe (im Durchschnitt der Jahre umgesetzte Euro nahezu, wobei zwei dieser drei erwirtschafteten 2014 bis 2018) von jährlich 123 Mio. Euro führte. Das löste z. B. Euros anderen Branchen in Vorarlberg zufließen. im Tourismusjahr 2018/19 regionalwirtschaftliche Effekte von 166 Mio. Euro in Vorarlberg und Restösterreich aus. Positiv wirkt der In dem Zusammenhang sind die Schlüsselfaktoren, auch zum wirt- Tourismus auf alle Wirtschaftssektoren sowie sämtliche Regionen schaftlichen Erfolg, eine intakte Natur- und Kulturlandschaft, eine des Landes. So werden die größten Effekte aufgrund der Regio- nachhaltige Regionalentwicklung sowie die gelebte und authenti- nalwertschöpfung des Tourismus in folgenden Sektoren generiert: sche Gastfreundschaft der einzelnen Leistungsträger im Tourismus Im Sektor Beherbergung und Gastronomie mit 1,056 Mrd. Euro, und der Freizeitwirtschaft, aber auch der gesamten Bevölkerung. 4 im Sektor Verkehr und IT mit 340 Mio. Euro , im Bereich Grund- Letztere ist sich der oben dargelegten großen wirtschaftlichen Be- stücks- und Wohnungswesen sowie freiberufliche Tätigkeiten mit deutung des Tourismus bewusst. In einer Online-Umfrage sehen 5 329 Mio. Euro , im Handel mit 254 Mio. Euro, im Sektor Sachgü- 91.3 % der Befragten den Tourismus als wichtigen Arbeitgeber, zu 6 terzeugung mit 191 Mio. Euro sowie in der Bauwirtschaft inklusi- 89 % als wichtigen Wirtschaftszweig und zu fast 80 % als wesent- ve Baunebengewerbe mit 167 Mio. Euro. lichen Beitragenden zum Wohlstand im Land. Diese Umfragewerte entsprechen in weiten Teilen den Ergebnissen der Wertschöpfungs- Der Nächtigungstourismus alleine trägt mit 2,950 Mrd. Euro den studie, wonach 26.543 Vollzeitstellen in Vorarlberg und 4.373 in Löwenanteil zum touristischen Bruttoregionalprodukt bei, wobei die Rest-Österreich mit dem Vorarlberger Tourismus verbunden sind. 1 Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf drei Studien der GAW – Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung KG zur „regionalwirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus“ für Vorarlberg, 2020/21, sowie eine Online-Umfrage zur „Tourismusgesinnung in Vorarlberg“, die von iPART, dem Institut für Partizipation und Analyse, im Frühjahr 2021 durchgeführt wurde. 2 Der Gesamteffekt setzt sich aus direkten (Nachfrage nach Endgütern), indirekten (Nachfrage nach Vorleistungsgütern) als auch induzierten Effekten (zusätzlicher Konsum und zusätzliche Investitionen aus den gestiegenen Einkommen der Anbieter von End- und Vorleistungsgütern) zusammen. 3 Berechnungsgrundlage für diesen Faktor sind die den Vorarlberger Gemeinden zur Verfügung stehenden Einnahmen durch Ortstaxe und Tourismusbeiträge in der Höhe von circa. 32 Mio. Euro zuzüglich der im Jahresabschluss des Landes Vorarlberg ausgewiesenen touristischen Förderbeiträge von etwa 10 Mio. Euro im Untersuchungszeitraum. 4 Gemäß NACE-Klassifikation umfasst der Sektor „Verkehr“ insbesondere den Landverkehr inklusive Seilbahnen, aber auch die Schifffahrt sowie Post und Kurierdienste, der Sektor „IT“ Verlagswe- sen, Rundfunk, Telekommunikation und IT-Dienstleistungen. 5 Gemäß NACE-Klassifikation umfasst dieser Sektor vor allem den Kauf und den Verkauf, die Verpachtung, die Vermittlung sowie die Verwaltung von Grundstücken, Gebäuden und Wohnungen, aber auch freiberufliche Tätigkeiten wie Rechts- und Unternehmensberatung, Architektur- und Ingenieurbüros, Forschung und Entwicklung sowie sonstige freiberufliche Dienstleistungen. 6 Gemäß NACE-Klassifikation umfasst dieser Sektor das produzierende Gewerbe. 12
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Bild: Steffen Berschin Riezlern, Kleinwalsertal 1.2. Status Quo: Stärken, Potenziale >> Stabile Nachfrage durch großen Anteil an Stammgästen und kritische Erfolgsfaktoren Die Anzahl der Stammgäste ist nach wie vor sehr hoch. Das zeigt sich unter anderem in der Attraktivität des Landes für In diesem Abschnitt werden relevante Fakten zu vorhandenen deutsche Gäste, deren Anteil im Tourismusjahr 2018/19 58 % Stärken und Entwicklungspotenzialen des Vorarlberger Tourismus betragen hat (+ 8 % seit 2011/12). Relativ zugenommen hat angeführt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass teilweise auf Daten zudem die Bedeutung internationaler Gäste: Schweiz = 11 % aus den Tourismusjahren bis 2018/19 – also den Jahren vor Aus- (+ 11 %); Niederlande = 8 % (+ 10 %) und Sonstige = 12 % bruch der Corona-Pandemie – zurückgegriffen werden muss sowie (+ 31 %). zudem erste Trendaussagen für eine Zeit nach Bewältigung der ökonomischen Krise zu berücksichtigen sind. >> Ganzjahrestourismus führt zu höherer Auslastung Im Sommer 2019 konnten mit einem Anteil von 51 % knapp mehr Ankünfte von Gästen als im darauffolgenden Winter 1.2.1. Stärken des Tourismus in Vorarlberg 2018/19 (49 %) registriert werden. Demgegenüber war der Anteil an Nächtigungen im Winter mit 55 % gegenüber Um den Status Quo des Vorarlberger Tourismus zu erfassen, wur- 45 % im Sommer weiterhin höher. Der Trend zeigt jedoch den einerseits Daten aus der touristischen Marktforschung und eindeutig in Richtung Ganzjahrestourismus, was in der Folge andererseits Ergebnisse aus Einzelgesprächen, Workshops und Fo- zu einer höheren und gleichmäßigeren Auslastung in den kusgruppen mit Entscheidungsträger:innen, Expert:innen und Sta- Tourismusregionen führt. keholdern verarbeitet. Wesentliche Erkenntnisse aus dieser Evalu- ierungsphase zu Beginn der Strategiearbeit werden im Folgenden >> Spitzenwert bei Vollbelegstagen im Winter 7 kurz zusammengefasst: Mit einer durchschnittlichen Bettenauslastung im Winter von 47,4 % und 86 Vollbelegstagen, berechnet auf den Zeitraum >> Mehr Qualitätstourismus bringt mehr Wertschöpfung 2011/12 bis 2018/19, erzielte Vorarlberg im Österreich- und Die Zahl der Nächtigungen ist im Beobachtungszeitraum relevanten Benchmark-Vergleich einen Spitzenwert. Ganz 2011/12 bis 2018/19 um 10 % auf 9,2 Mio. Nächtigungen Österreich lag im Durchschnitt bei 41,3 % und 75 Vollbe- gestiegen, jene der Ankünfte um 16 % auf 2,5 Mio. Der legstagen (VBT). Vergleichsregionen wie Südtirol erreichten qualitative Nächtigungstourismus bildet das Rückgrat für 35 % und 63 VBT, Graubünden 43,5 % und 79 VBT und die gesamtwirtschaftliche Effekte des Tourismus in Vorarlberg. Ostschweiz 29,7 % bzw. 54 VBT. 7 Die folgenden Ausführungen fassen die umfangreiche Evaluierung und Situationsanalyse der Dr. Vogler Consulting GmbH & Co. KG zusammen, welche Daten der Statistik Austria, des Statistik- Tools „Webmark Destinationen“ und von T-Mona der Firma Manova sowie der Online-Umfrage zur „Tourismusgesinnung Vorarlberg“ durch iPART – Institut für Partizipation und Analyse vor allem im Hinblick auf die Identifikation von Stärken und Potenzialen untersucht hat. 13
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 >> Vielfalt und landschaftliche Erlebnisqualität Bild: Sepp Mallaun Gäste aller sechs Destinationen entscheiden sich mehrheitlich aufgrund der Natur/Landschaft/Berge, der Wintersport- und Wandermöglichkeiten sowie der regionalen Einzigartigkeit und besonderen Atmosphäre für einen Urlaub in Vorarlberg. Insofern stellen diese natürlichen Voraussetzungen eine wesentliche Stärke des Tourismus dar. >> Attraktive Bewegungs- und Genussräume Analog dazu liegen die bevorzugten Urlaubsarten und Ak- tivitäten der Gäste im Bereich des Wanderns, des Berg- und Wintersports, des Erholungs- und Natururlaubs sowie in der Kulinarik. Ähnliche Stärken, vor allem im Bereich des Winterurlaubs, werden dem Vorarlberger Tourismus auch von Seiten der Vorarlberger Bevölkerung mit 94,3 % zuge- schrieben. >> Qualitätsausbau im Leistungsangebot Die Entwicklung der Bettenkapazitäten hat zu einer leichten Verschiebung in Richtung mehr Qualität bei der gewerblichen Beherbergung geführt. So hat sich die Anzahl an 5-/4s-/4- Stern-Hotels innerhalb von zehn Jahren bis 2019/20 um 13 % erhöht. Demgegenüber um 10 % leicht abgenommen hat im Vergleichszeitraum die Anzahl an 3-/2-/1-Stern-Hotels. >> Gastfreundschaft als Basiswert Eine eindeutige Stärke des Tourismus ist die „Gastfreundlich- keit“. So erreicht Vorarlberg im Vergleich mit anderen Bun- desländern hierbei die höchsten Werte. So wird Vorarlberg von fast 66 % der Gäste als „(gast-)freundlich“ wahrgenom- men. Die Vorarlberger:innen selbst schätzen sich zu 87 % als „gute Gastgeber:innen“ ein. Gemäß der Evaluierung von Stakeholdern in den Regionen wird dieser Leitwert bereits zu Skigebiet Gargellen 77 % erfüllt. >> Differenzierbares Image-Profil Als weitere Stärken können die von Gästen zugeschriebenen Erkenntnisse in Bezug auf die Potenziale des Vorarlberger Tou- Imagewerte „erholsam“, „naturnahe/ursprünglich“, „ge- rismus werden im Folgenden kurz angeführt. Sie bilden eine der mütlich“, „sportlich-aktiv“ und „familienfreundlich“ gelten. Grundlagen für die acht Kernziele der Tourismusstrategie 2030: Die Bevölkerung verbindet mit dem Gastgeber:innen-Land Vorarlberg ebenso „familienfreundlich“, darüber hinaus vor >> Anpassung Standort- und Tourismus-politischer allem „körig“, „genussvoll“ und „verantwortungsbewusst“. Rahmenbedingungen Der Tourismus ist zur Gänze Standort-abhängig. Betriebe können ihre Dienstleistung weder komplett noch teilweise 1.2.2. Potenziale des verlagern. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Vorarlberger Tourismus Akteure im Tourismussystem hängt daher in Zukunft immer stärker von den Tourismus-politischen Rahmenbedingungen ab. Deren laufende Anpassung an ein sich stetig änderndes Die Entwicklungspotenziale für den Vorarlberger Tourismus erge- Umfeld eröffnet Potenziale, welche ein nachhaltiges und ben sich einerseits aus den Daten der umfassenden Evaluierung damit auch ertragreiches Wirtschaften ermöglichen und zum Status Quo, wobei sie unter anderem mittels mehrerer Work- befördern. Ein wesentliches Potenzial wird von Stakeholdern shoprunden in Vorarlberger Tourismusregionen unter Beteiligung zudem in der Weiterentwicklung der Rahmenbedingungen aller relevanten Stakeholder identifiziert wurden. Andererseits flie- zur Attraktivierung touristischer Berufe, unter anderem ßen dabei heute bereits absehbare Trends im Tourismus im Allge- durch bedürfnisorientierte Arbeits- und Freizeitregelungen, meinen sowie nach Covid im Besonderen mit ein. Die wesentlichen gesehen. 14
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 >> Fokus auf erlebnisorientierte und geht. In dem Zusammenhang wird insbesondere eine nachhaltige Angebotsgestaltung bedarfsorientierte Weiterentwicklung der Aus- und Weiterbil- Zukunfts- und Trendforscher:innen empfehlen, künftig noch dung angeregt. So steigen laut Trendforschung beispielsweise stärker auf einen „Resonanz-Tourismus“ mit einer erlebnis- die Anforderungen junger Menschen an Ausbildungssysteme orientierten und authentischen Angebotsgestaltung für einen im Hinblick auf Freiräume, Anerkennung und Sicherheit. ganzjährigen Tourismus zu fokussieren. Darüber hinaus Dies gilt es verstärkt zu berücksichtigen. Großes Potenzial verstärkt sich der Trend hin zu „Nachhaltigkeit“ und „Regio- wird zudem im Bereich der Weiterbildung, unter anderem nalität“. Daraus ergeben sich nicht nur innovative Potenziale für Führungskräfte sowie Quer- und Wiedereinsteiger:innen, für neue Geschäftsmodelle, sondern es wird das für die gesehen. befragten Stakeholder sehr relevante Ziel gestärkt, wonach zusätzlich zur hochwertigen Infrastruktur die hohe Lebens- >> Ausbau der digitalen und innovativen und Umweltqualität sowie eine umweltschonende Nutzung Prozesse und Infrastrukturen der Natur- und Kulturlandschaft zu berücksichtigen sind. Der Erfolg im Tourismus wird überdurchschnittlich stark von digitalen Technologien und marktbeherrschenden Konzernen >> Bedarfsorientierte Weiterentwicklung wie meist global agierenden Buchungsplattformen beein- der Aus- und Weiterbildung flusst. Potenzial steckt in der smarten Nutzung von Metho- Die befragten Stakeholder sehen nach wie vor Entwick- den, Prozessen und Technologien, um die Innovationskraft lungspotenziale, wenn es um die Innovationskultur, die im eigenen Wirkungsbereich zu stärken. Dabei sind einerseits Qualitätsausrichtung und die vorbildliche Gastfreundschaft Trends wie jene rund um Microtargeting, Customer Journeys, 15
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 1.2.3. Kritische Erfolgsfaktoren Bild: Katrin Preuss auf einen Blick Nachfolgend werden die sich aus der Situationsanalyse ergeben- den wesentlichen kritischen Erfolgsfaktoren plakativ dargestellt. Sie bilden die strategische Grundlage für die Zielebenen und die in der Folge detailliert aufgeführten Umsetzungsschritte: >> POSITIONIERUNG des Tourismus in Vorarlberg als wesent- licher MITGESTALTER des Lebensraumes, was Chancen im Sinne von Erlebnis-, Freizeit- und Wertschöpfungsmöglich- keiten für Einheimische und Gäste sichert und erhöht >> NUTZUNG der Chancen aufgrund der HETEROGENITÄT auf überschaubarem Raum (6 Destinationen, 4 Länder) für die Kreation und Ermöglichung einer reichen Vielfalt an hochattraktiven & individualisierbaren Natur-, Kultur- und Genusserlebnissen >> SICHERSTELLUNG einer gesunden BALANCE zwischen einem hochwertigen und vielseitigen touristischen Angebot und einer hohen Verantwortung für den Erhalt der Umwelt- und Landschaftsqualität, mit dem Ziel, das touristische Angebot im Sinne eines nachhaltigen Qualitätstourismus weiterzuentwickeln und die touristische Wettbewerbsfähig- keit langfristig zu stärken >> NUTZBARMACHUNG von SYNERGIEN auf Systemebene Alpe Niedere im Bregenzerwald durch eine einheitliche Ausrichtung an gemeinsamen Wert- haltungen wie der nachhaltigen Entwicklung, der weltoffe- Staycation, Workation und Hybrid-Events sowie rund um nen Regionalität, der authentischen Gastfreundschaft sowie Themen wie „Nachhaltigkeit“, „Gesundheit“ sowie „Hygiene der fairen Kooperation 8 und Sicherheit“ zu berücksichtigen. Andererseits geht es um die strukturierte Erfassung von Daten und deren gezielte >> FOKUSSIERUNG auf die INNOVATIVE Gestaltung von Nutzung, um Potenziale in der Marktbearbeitung sowie für analogen & digitalen Erlebnisräumen entlang strategischer Prozessoptimierungen auszuschöpfen. Besucher:innen-Ströme (Verbindungslinien und Hotspots) im Sinne eines Lifestyle-orientierten Resonanz-Tourismus >> Zukunftsausrichtung der Strukturen & Stärkung von Kooperationen >> QUALITÄTSSICHERUNG der Angebote und Dienstleistungen Das Tourismussystem mit allen seinen Akteuren übernimmt auf betrieblicher Ebene, indem ein Narrativ wie „Manufaktu- immer mehr und gleichzeitig vielfältige Aufgaben zugunsten ren für das gute Leben“ zum Orientierungs-Leitstern für die des Erlebnis- und Freizeitraums Vorarlberg. Strukturen und Branche samt Leistungspartner:innen wird Finanzierungsgrundlagen des Tourismus auf System-, Desti- nations- und Betriebsebene sind zu überprüfen und gegebe- >> WEITERENTWICKLUNG der Finanzierungs-, Organisa- nenfalls zukunftsorientiert anzupassen. Darüber hinaus ist es tions- und Kooperations-STRUKTUREN gemäß inhaltlicher wichtig, die Zusammenarbeit im touristischen Netzwerk und Ausrichtung der Tourismusstrategie sowie im Hinblick auf mit Partnern aus anderen Branchen weiter zu stärken. größtmögliche Effektivität, Effizienz und Nachhaltigkeit 8 Vgl. dazu: Zukunftsinstitut, Megatrend-Map. 16
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 1.3. Tourismusstrategie 2030 – Die Tourismusstrategie 2030 ist eine Verbundstrategie und inte- Weiterentwicklung eines Erfolgsweges griert bestehende oder in Ausarbeitung befindliche Landessstra- tegien und -konzepte (u. a. Tourismusleitbild 2010+, Tourismus- marke Vorarlberg, Standortmarke Vorarlberg, Energieautonomie+, Der Prozess zur Weiterentwicklung der Tourismusstrategie hat Wirtschafts- und Landwirtschaftsstrategie, Kulturraum 2025+, 2019 mit ersten Überlegungen begonnen. Der beratende Ausschuss Raumbild 2030, Mobilitätskonzept 2019). Darüber hinaus wurden von Vorarlberg Tourismus definierte zunächst neun Handlungsfel- jeweils regional vorhandene Konzepte und Strategien der Destina- der, welche im Rahmen der Strategiearbeit zu berücksichtigen sind: tionen sowie anderer mit dem Tourismus verbundener Organisati- Tourismuspolitik & Interessenvertretung, Marke & Vermarktung, onen berücksichtigt. Eine weitere Grundlage für die Strategiearbeit Geschäftsmodelle & Wettbewerbsfähigkeit, Bildung & Bindung, bildete außerdem ein fachlich begleiteter Partizipationsprozess mit Fachkräfte & Arbeitsmarkt, Regionalität & Kulinarik, Ökologie & wesentlichen Stakeholdern bzw. Beteiligten am Tourismussystem Mobilität, Digitalisierung & Daten, Struktur & Kooperationen. Auf Vorarlberg (siehe Abbildung 1). dieser Basis und auf der Grundlage der Leitwerte der Tourismus- strategie 2020 – Gastfreundschaft, Regionalität, Nachhaltigkeit und Vernetzung – wurde ein Prozess-Design mit folgenden allge- 1.3.1. Das Prozess-Design meinen Zielsetzungen ausgearbeitet: Im Zuge der Evaluierung in der ersten Phase des Prozesses fan- >> Ziel 1: Positionierung schärfen: Auf Qualität fokussieren, den elf Fach-Workshops in allen sechs Destinationen des Lan- Marktpotenziale ausschöpfen, Image des Tourismus steigern des mit unterschiedlichen regionalen Stakeholdern, sechs Fo- kusgruppen mit Interessenvertreter:innen und Expert:innen >> Ziel 2: Strukturen weiterentwickeln: Tourismussystem opti- auf Landesebene sowie 27 Einzelgespräche mit Entscheidungs- mieren, Kooperationen ausbauen, Effizienzen erhöhen und Verantwortungsträger:innen, also mit insgesamt 263 >> Ziel 3: Ressourcen sichern: Beste Köpfe fördern, Tourismus Teilnehmer:innen (147 davon männlich und 116 weiblich), statt. BETEILIGTE AM SYSTEM TOURISMUS IN VORARLBERG neu denken, Resilienz herstellen Die Ergebnisse flossen gemeinsam mit Marktforschungsdaten und Erhebungen zur Tourismusgesinnung und zur Wertschöpfung des Vorarlberger Tourismus im Sinne einer Erhebung der Ausgangsla- ge in die Strategiearbeit mit ein. erwaltung (Landesregie u nd V run k liti g, Lan Po de ft • Gesu sv scha n irt d er he ivw its wa at wi ltu re ng itere Dienstleis rts K We , Re nd ch ter -u aft gion dien • GAST RIE RO tungen (z. B. WKV) en, Stä • LE ations-, Me • • EL NO • HOT MIE • dte und Gemei sationen GAST Verkehr, Einzelh Inform SON ER ani TI ÄG and GE TR S Legende Mob ertre g LEIST U N G S r el so nden u i v l rism i n t • ät Tou sse ) • Direkter und indirekter Kontakt zum Gast un ere d t Lo Int af gis Unterstützungssysteme tsch tik r ewi Rahmenbedingungen und Umfeld Energi • T o u ri stisc h e N e tz w erk e Abbildung 1: Beteiligte am Tourismussystem Vorarlberg 17
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Die zweite Phase des Strategieprozesses diente der Erarbeitung von Zielsetzungen und Strategien sowie von konkreten Um- setzungsschritten. Den Auftakt bildete ein fachlich begleiteter Visionstag, an welchem unter Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie rund 70 Vertreter:innen aller Regionen und wesentliche Stakeholder auf Landesebene teilnahmen. In weiterer Folge erarbeiteten rund 80 Interessenvertreter:innen, Expert:innen und Unternehmer:innen in mehreren Workshops strategische Grundlagen und konkrete Umsetzungsschritte pro definiertem Handlungsfeld. Aus Gründen der Vereinfachung und besseren Nachvollziehbarkeit wurden die ursprünglichen neun Handlungs- felder acht Kernzielen zugeordnet, welche die folgende Kapitel- struktur dieses Berichts vorgeben. In der dritten Phase des Strategieprozesses wurde die Umsetzungs- struktur in mehreren Abstimmungsrunden mit den Auftraggebern Land und Wirtschaftskammer Vorarlberg sowie relevanten Umset- zungspartnern diskutiert und festgelegt. (siehe Abbildung 3). ROADMAP zur Tourismusstrategie 2030 huss g s ausscteam gie- ssch üsse u n Lenk ie-Kern trate m u ng S nkungsau m u ng im Strateg ung chüsse im e im & imm Abst eam & L Abst aggeber Abst ngsauss t r u Kern Auft Lenk Beschlussfassung im Vorarlberger Landtag Workshops Informationsveranstaltung Analyse Ausgangssituation Destinationen Finales Strategiepapier Vision und Zielfindung 1. Strategie-Entwurf 2. Strategie-Entwurf Start Evaluierung Fokusgruppen Landesthemen Arbeitssitzungen zu Online-Umfrage Handlungsfeldern Tourismusgesinnung Strategie- Workshops Wertschöpfungsstudie Formulierung Non- Analyse Marktdaten, Paper & Abstimmung Konsultation Auftrag- Konsultation Benchmarks Stakeholder geber, Fachebene Stakeholder 1. Q 21 2. Q 21 Juli 21 Juli August September Oktober November Dezember 1. Q 22 2. Q 22 Evaluierung Erarbeitung Definition Inhalte inklusive Erstellung und Abstimmung Finalisierung und (= IST) normativer Kernziele und strategische des Strategiepapiers Beschlussfassung Grundlagen Aktionsfelder des Strategiepapiers (=SOLL) Externe Evaluierung Externe Begleitung -> Fachlich-kreativ und prozessual-kommunikativ Abbildung 2: Roadmap zur Tourismusstrategie 2030 18
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 1.3.2. Die kontinuierliche Um das Erreichen der Zielsetzungen und die kontinuierliche Umsetzung Umsetzung bis 2030 der Tourismusstrategie 2030 abzusichern, wurde eine Institutionen- übergreifende Entscheidungs-, Koordinations- und Umsetzungsstruktur definiert (siehe Abbildung 3). STEUERUNGSGRUPPE Entscheidungen LENKUNGSAUSSCHUSS Budgetverantwortung Vorarlberger WKV und WKV-Sparte Entscheidungen, Landesregierung Landesregierung Tourismus & Freizeitwirtschaft Tourismus ErweiterterLenkungsausschuss Erweiterter Lenkungsausschuss + Tourismussprecher:innen des + Tourismussprecher:innen des Vorarlberger VorarlbergerLandtags Landtags Operative Gesamtverantwortung, LEITUNGSTEAM Koordination LEITUNGSTEAM Budgetvoranschlag Land Vorarlberg Vorarlberg WKV-Sparte WKV-Sparte Land Tourismus && Freizeitwirtschaft Tourismus Freizeitwirtschaft Mehrjahresplan, Monitoring Mehrjahresplan, Monitoring Qualitätssicherung Qualitätssicherung &&Schnittstellenmanagement Schnittstellenmanagement &&Produktentwicklung Produktentwicklung Denkfabrik Innovationszellen Vorarlberg Alpenregion Bodensee Bregenzerwald Kleinwalsertal Lech Zürs Montafon Umsetzung bzw. „Kümmerer"-Funktion Tourismus Bludenz Vorarlberg T. Tourismus Tourismus Tourismus Tourismus Prozessmanagement en vor O - utze li- ssch ative ise & ür An bünd n eren UMSETZUNGS-RESSOURCEN ssier uf n eln ivier rgien nste rt en u ng in iche attra uen öpfe n twic dort 88Kernziele a rstär ittels K Kernziele eln nanz stem v ktivi tens Abre bilität f zugu usba inno icklu undl n k kt n weit smussta foku Reso etingsy nari alität m & Be ung a Entw mafre le au und von ourcen UMSETZUNGRESSOURCEN er en Prozessmanagement o te M rufe Syne tale nzia Bild i k ve i k Tour K l Mar on Ress Digi Sanf und Pote Regi VT / VT / Sparte Desti- Sparte Sparte Land Land Desti- Land nationen nationen Leistungspartner 16 Aktionsfelder & 96 Umsetzungsschritte Tourismusbetriebe Freizeiteinrichtungen & (Hotellerie, Gastronomie) sonstige Leistungserbringer Kulturbetriebe und Landwirtschaftliche -einrichtungen Betriebe Abbildung 3: Umsetzungsstruktur Tourismusstrategie 2030 19
Bild: Alex Kaiser Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 2. Unser Selbstverständnis Der Tourismus wird in Vorarlberg als komplexes soziales und ökonomisches System verschiedenster Akteure mit formellen und informellen Kommunikations- und Entscheidungsmechanismen sowie -strukturen verstanden. Eine strategische Grundausrichtung kann daher weder zentral noch hierarchisch vorgegeben, sondern nur unter Beteiligung aller wesentlichen Stakeholder erarbeitet und vor allem in Umsetzung gebracht werden. Die Funktion dieses Strategiepapiers ist es daher, zunächst einen angesichts verschie- denster Ansprüche integrativ ausgearbeiteten Entwicklungspfad aufzuzeigen. Darauf aufbauend erfolgt dann eine detaillierte Weg- beschreibung mit der Auflistung wesentlicher Umsetzungsschritte, welche das Erreichen von acht Kernzielen ermöglichen. Die an die Standortmarke angepasste Tourismusmarke Vorarlberg definiert ihren Leitwert als „Creative Spirit of Life!“ durch „hu- morvolle Gelassenheit, Gestaltungslust, originäre Kreativität und Seewaldsee im Großen Walsertal 9 innovationsorientierte Zukunftsverantwortung“. Ein gemeinsamer Spirit kann nach Gerald Hüther in einer (kommunalen) Gemein- schaft bzw. auf einer Kooperationsebene vor allem dann wirksam 2.1. Beitrag des Tourismus zu werden, wenn die Leitplanken aus Sicht der Akteure verstehbar, 10 Chancenreichtum und gestaltbar und sinnhaft sind. Nachdem im touristischen System unterschiedliche Akteursebenen Wirkung entfalten, müssen derar- nachhaltiger Prosperität tige Leitwerte differenziert für drei wesentliche Verantwortungsbe- reiche verwert- und anwendbar gemacht werden: Der Tourismus trägt in vielfacher Hinsicht zum Chancen- reichtum und damit auch zur Zielsetzung der Standort- marke des Landes bei. Vor allem für Leistungsträger:innen erhöhen sich Wertschöpfungs- und für junge Menschen Bildungs-, Berufs- und Karriere-Chancen. Als Folge dar- aus wird der Tourismus zu einem sinnstiftenden Energie- zentrum für „nachhaltige Prosperität“, wie es die Vorarl- berger Tourismusmarke bereits definiert. Damit bekennt sich Vorarlberg auch in der nächsten Dekade zu einem nachhaltigen Qualitätstourismus. Das bedeutet für alle Akteure, eine Balance zwischen hoher Qualität und Vielseitigkeit beim touristischen Angebot im engagierten Wettbewerb sowie sozialer Fairness und der Verantwortung für Natur und Umwelt zu finden und auf Dauer sicherzustellen. Dieser Weg fördert langfristi- 9 Inventschmidt (2021): Tourismusmarke Vorarlberg, die genussvolle Lebenskunst. ges Denken und stärkt zudem nachhaltig den wirtschaft- Mit kreativer Leichtigkeit und anregender Lebendigkeit zu nachhaltiger Prosperität. lichen Erfolg. 10 Vgl. Gerald Hüther (2013): Kommunale Intelligenz. Potenzialentfaltung in Städten und Gemeinden. 11 Der Begriff „Manufaktur“ referenziert in diesem Kontext auf seine ursprüngliche Bedeutung einer speziellen hand-werklichen Kunstfertigkeit im Sinne einer qualitativen Ausrichtung, unter anderem in Abgrenzung zu einem industriellen Verständnis im Sinne eines Massentourismus. 20
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 2.2. Tourismus als Gestalter 2.3. Manufakturen für von vielfältigen Freizeit- das gute Leben11 und Erlebnisräumen Gäste erleben die analogen und virtuellen Räume, Infrastruktureinrichtungen und Services als wertvol- Die Destinations- und Tourismusmanagement- le, kreative und anregende Beiträge für ein gutes und Organisationen auf Regions- und Ortsebene sind sich genussvolles Leben. Die jeweiligen Leistungserbrin- ihrer Verantwortung für den Lebensraum Vorarlberg ger wie Betriebe, Gemeinden und Regionen verstehen bewusst. Sie verstehen sich als wesentliche Mitgestalter sich als Manufakturen für das gute Leben und weder von öffentlichen Freizeit- und Erlebnisräumen für als Einzelkämpfer noch als industrielle Massenanbie- Gäste. Dazu zählen Einheimische sowie in- und aus- ter. Die Gastfreundschaft in Vorarlberg zeigt sich im ländische Besucher:innen. offenen, freundlichen, selbstbewussten Umgang der Gastgeber:innen mit ihren Gästen. Jede:r spürt, dass Gäste erleben die Vorarlberger Genusskultur mit allen er:sie willkommen ist. Sinnen, wobei diese Regionalität nicht nur auf kuli- narische Köstlichkeiten beschränkt ist. In Vorarlberg Dafür bieten auch weiterhin echte Profis authen- vereinen sich Landschaft, Kultur, Tradition, Handwerk, tische Produkte und Dienstleistungen an. Eine wich- Architektur und die Qualität im Angebot zu einem in- tige Voraussetzung dafür sind engagierte, begeisterte spirierenden und anregenden Gesamterlebnis. Mitarbeiter:innen und Unternehmer:innen sowie eine positive Tourismusgesinnung und gastfreundliche Hal- tung aller Vorarlberger:innen. Dadurch sollen Gäste das Land Vorarlberg bei jedem Besuch stets neu als Maßstab für Qualität, authentische Gastfreundschaft, regionale Genusskultur und nachhaltigen Tourismus erleben. 21
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 Bild: Angela Lamprecht 22
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 3. Unsere Werthaltungen Die in der Tourismusstrategie 2020 definierte Vision des „gast- 3.3. Nachhaltige Entwicklung freundlichsten Landes der Alpen“ beziehungsweise die angestrebte Positionierung als Nummer 1 in „Gastfreundschaft“, „Regionalität“ Wie bereits oben beschrieben, bildet die nachhaltige Entwicklung und „Nachhaltigkeit“ hat vielfach Wirkung gezeigt und ist bei den weiterhin einen wesentlichen Leitwert für die touristische Weiter- touristischen Akteuren breit verankert. Die Evaluierung sowie der entwicklung. Damit dieser noch mehr Wirkung entfalten kann, ori- Benchmark-Vergleich mit anderen alpinen Destinationen haben entiert sich die Tourismusstrategie am weltweit anerkannten Ziel- Entwicklungspotenziale im Sinne einer neuen Verankerung dieser rahmen der Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Begriffe als Grundprinzipien offengelegt, was auch eine weitere Nationen. Das bedeutet demgemäß auch, „Nachhaltigkeit“ nicht Konkretisierung erforderlich macht. mehr als finale Zielsetzung, sondern als Weg zu einer „nachhalti- gen Entwicklung“ im Tourismus zu verstehen. 3.1. Authentische Gastfreundschaft 3.4. Faire Kooperation Die in der Tourismusstrategie 2020 definierte „Gastfreundschaft“ als emotionaler Orientierungsstern für Betriebe, Arbeitskräfte und Aufgrund der dezentralen und Netzwerk-artigen Struktur des Tou- die Bevölkerung wird um den Begriff „authentisch“ ergänzt. Da- rismus kann ein Wettbewerbsvorteil des Gesamtsystems nur durch mit soll im Sinne einer Differenzierung zum Wettbewerb präzisiert faire Kooperation der wichtigsten Akteure wirksam werden. Die werden, dass die Gastfreundschaft auf Vorarlberger Art idealerwei- Tourismusstrategie 2020 hat diese Werthaltung als „Vernetzung“ se weder künstlich noch aufgesetzt, sondern authentisch im Sinne verstanden. Um hier noch stärker in die Umsetzung zu kommen, des Erlebens einer wahren Könnerschaft des Gastgebens auf Vor- ist die aktive und faire Gestaltung von überbetrieblichen und De- arlberger Art wirken soll. stinations-übergreifenden Kooperationen und Kollaborationen so- wie von solchen zwischen Akteuren des Tourismus und jenen der Freizeitbranche, der Kultur und der Landwirtschaft wesentlicher 3.2. Weltoffene Regionalität Erfolgsfaktor für die Umsetzung der Strategie. In der Tourismusstrategie 2020 sollte mit „Regionalität“ vor al- lem die „individuelle Exklusivität“ eines Urlaubs in Vorarlberg unterstrichen werden. Inzwischen sind viele regionale Initiativen innerhalb und außerhalb des Landes entstanden. Aufgrund der be- sonderen geografischen Lage Vorarlbergs inmitten einer eng ver- bundenen 4-Länder-Region wird Regionalität künftig als „weltof- fen“ oder „grenzüberschreitend“ verstanden, um Eigenes kreativ mit regional authentischen bzw. nachhaltig hergestellten Produk- ten und Angeboten von außerhalb zu kombinieren. 23
Chancenreicher und nachhaltiger Tourismus 2030 4. Die strategischen Grundlagen 4.1. Die Kernmärkte 4.3. Unser Leistungsversprechen Die wichtigsten Herkunftsländer im Nächtigungstourismus sind Für die Leistungsbeschreibung des Tourismussystems Vorarlberg Deutschland (zuletzt 2018/19: 58 %), Schweiz (11 %), Österreich wurde das Zusammenwirken von drei Bereichen im Zuge der Ent- (11 %) und die Niederlande (8 %). Die restlichen 12 % verteilen wicklung der Tourismusstrategie modellhaft formuliert. Sie macht sich auf viele Länder der Welt. Sozial- und Marktforschungen den Zusatznutzen des Gesamtsystems auf Landesebene – in erster zeigen, dass sich in unserer globalisierten Welt gesellschaftliche Linie für Nächtigungs- und Tagesgäste – sichtbar. Die Basis bildet Milieus über Ländergrenzen identifizieren lassen. Es sind Gruppen dabei die Natur- und Landschaftsvielfalt des Lebensraums. Darauf Gleichgesinnter mit vergleichbaren Werthaltungen, Lebensstilen bauen die touristischen Produkte und Dienstleistungen auf. Die Art und Konsumpräferenzen. Dieser Blick auf die touristische Nach- und Weise, wie diese gestaltet werden, wird durch die Lebenskultur frage ergänzt das geografische Markt-Portfolio. Der Vorarlberger und die Identität der Gastgeber:innen geprägt. Diese drei Kom- Tourismus ist in die Marktbearbeitung der „Österreich Werbung“, ponenten wirken aufeinander und beeinflussen sich gegenseitig die sich an zukunftsorientierten, sozial gehobenen Milieus ausrich- (siehe Abbildung 4). tet, eingebunden. Diese Leitmilieus dürfen dabei nicht als Kern- Zielgruppen für das Marketing verstanden werden, sondern lösen bei anderen Milieus aus der gesellschaftlichen Mitte Entwicklungs- 4.3.1. Reiche Vielfalt an Natur, trends aus und haben für diese Vorbildwirkung, auch beim Reisen. Kultur und Landschaft („Gegebenheiten vor Ort“) 4.2. Das Verbundmarkensystem Wie bereits weiter oben beschrieben, haben die Hauptentschei- dungsgründe sowie die von Gästen zugeschriebenen Imagewerte Die Tourismusmarke Vorarlberg ist als Verbund- bzw. Familien- mit der schönen und authentischen Vorarlberger Natur und Land- 12 marke konzipiert. Das Markensystem baut auf der Bekanntheit schaft zu tun. Diese Gegebenheiten vor Ort ermöglichen eine rei- des Landes, den touristischen Erlebnisräumen und den überregio- che Vielfalt an Aktivitäten in den Bergen, Tälern und Seen, wobei nalen Produkten und Leistungen auf. Eine Tourismusmarke in die- Skifahren, Wandern und zunehmend auch das Radfahren zu den sem Verständnis umfasst „die Beziehungen und Wertewelten von Hauptaktivitäten zählen. Aus der Perspektive der Tourismusstrate- Leistungsträger:innen mit ähnlicher Grundhaltung, Destinationen gie gilt es, diese Basis so gut wie möglich in ihrer hohen Qualität sowie touristischen Produkten und Dienstleistungen. Nach innen zu erhalten, weshalb die Orientierung an einer nachhaltigen Ent- fördert ein solches Markensystem Differenzierungen in der Ange- wicklung im Tourismus künftig weiter verstärkt werden soll. botsentwicklung. Eine solche Markenarchitektur ist dann erfolg- Ziel ist ein ganzjähriger Qualitätstourismus mit einer gesunden reich und steigert die Wertschöpfung, wenn sich die im Verbund Balance zwischen einem hochwertigen Angebot und hoher Ver- zusammenwirkenden Marken gegenseitig stärken und voneinan- antwortung für Natur und Umwelt sowie Kultur und Architektur. der profitieren. Auch wenn Einzelmarken auf der Leistungsebene Die im Sommer liegenden Potenziale sollen stärker genutzt und verschieden sind, basieren sie dennoch auf denselben Werten, die das vielfältige touristische Angebot im Winter auf hohem Niveau aus der Geschichte und den Zukunftsbildern heraus identifiziert gehalten bzw. weiterentwickelt werden. Dezidiert auszuschließen 13 wurden“ . sind großräumige seilbahntechnische Erschließungen bisher un- berührter Gebiete. Dennoch muss es möglich sein, qualitätsverbes- sernde Maßnahmen in bestehenden Skigebieten zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit umzusetzen. Verbesserungen der Qualität bzw. zur Abrundung des Angebotes setzen voraus, dass diese für 12 Amt der Vorarlberger Landesregierung, Abt. VIa: Tourismusleitbild 2010+. 13 Zitiert aus dem Kleinwalsertaler Manifest, welches zwischen den sechs Destinationen und Vorarlberg Tourismus 2019 zur verstärkten Netzwerk-artigen Zusammenarbeit vereinbart wurde. 24
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