ETWAS HOFFNUNG FÜR EUROPA - BUB " FORUM BIBLIOTHEK UND ...

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ETWAS HOFFNUNG FÜR EUROPA - BUB " FORUM BIBLIOTHEK UND ...
EDITORIAL

Etwas Hoffnung für Europa
Ist das schon die Trendwende? Nach dem verheerenden Jahr 2016
mit Brexit und erstarkenden Nationalisten sieht es zumindest nach
einer Verschnaufpause für das krisengeschüttelte Europa aus: Bei
den aktuellen Parlamentswahlen in den Niederlanden blieben die
Rechtspopulisten mit ihrer Hetze gegen Flüchtlinge und ihrer Wut
auf die Europäische Union hinter den Erwartungen – oder besser
Befürchtungen – zurück. Das ist der zweite Dämpfer für die Euro-
kritiker nach der Präsidentschaftswahl in Österreich Ende vergan-
genen Jahres, bei der ebenfalls der europafeindliche Kandidat un-
terlag. Angesichts dieser Entwicklung kehrt die Hoffnung zurück,
dass die Mehrheit der Europäer weiter für ein demokratisches und
friedliches Europa mit moralischem Anspruch steht.
   Für eine Entwarnung besteht indes kein Anlass. Die eigentliche
Entscheidung über die Zukunft Europas steht noch bevor: Am 23.
April wird in Frankreich ein neuer Präsident gewählt. Die rechtsna-
tionalistische Kandidatin Marine Le Pen liegt in den Prognosen der-
zeit zwar zurück, doch so etwas kann schnell drehen, wie die Prä-
sidentenwahl in USA gezeigt hat. Sollte Le Pen tatsächlich in den
Élysée-Palast einziehen, wäre das Jahrhundertprojekt Europa mas-
siv bedroht. Zusammen mit den Nationalisten, die in zahlreichen ost-
europäischen Ländern das Sagen haben, könnte sie die EU zerstören.
   Wie lassen sich diese gefährlichen Entwicklungen in Eu-
ropa verhindern? Damit beschäftigt sich der aktuelle BuB-The-
menschwerpunkt ab Seite 162. Grundlegend sind Informationen,
Fakten und Aufklärung. Genau dazu können Bibliotheken ihren Teil
beitragen. Jan-Pieter Barbian plädiert in seinem Beitrag »Traum
oder Trauma« dafür, dass Europa für die und in den Bibliotheken
wieder ein nachhaltiges Thema werden muss. Besonders geeignet
für einen vertieften europäischen Austausch hält er die jährlichen
Bibliothekartage und den Bibliothekskongress.
   Im Schwerpunkt erklären wir darüber hinaus, wo Bibliothekare
bereits europaweit erfolgreich zusammenarbeiten, von EBLIDA
über LIBER bis zur Europeana. Die beste Möglichkeit zur Förde-
rung des Gemeinschaftsgefühls in Europa ist ohnehin der persönli-
che Kontakt zum Beispiel über Fachaustausche. Über ihre positiven
Erfahrungen berichten Teilnehmer ausführlich ab Seite 176. Der
BuB-Schwerpunkt zeigt auf, in welch vielfältiger Weise sich Biblio-
thekare für Europa einbringen können. Wichtig ist nur, sofort damit
zu beginnen, solange es die EU noch gibt – und nicht erst aufzuwa-
chen, wenn es zu spät ist, wie beim Brexit in Großbritannien.

                                    Bernd Schleh, BuB-Redakteur

BuB 69 04/2017                                                         145
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BuB
                                       Forum Bibliothek
                                       und Information

                                       04 / 2017

                                                     FOYER                                       LESESAAL

                                                          GEFÄNGNISBIBLIOTHEK                         SCHWERPUNKT:
                                                                                                      EUROPA DER BIBLIOTHEKEN
                                                     149 Beitrag zur Humanisierung des
                                                         Strafvollzugs                           162 Traum oder Trauma?
                                                         Bücherei der JVA Dortmund ist               Zur möglichen Rolle der Biblio-
                                                         »Gefangenenbücherei des Jahres              theken in der Europäischen Union
                                                         2016« (Maria Conlan)                        (Jan-Pieter Barbian)
   SCHWERPUNKT
                                                          TAGUNG                                 168 Europa im Bestand
   EUROPA DER                                        150 Besser als zu Hause
                                                                                                     Das Europäische Dokumenta-

   BIBLIOTHEKEN                                          ekz-Tagung gibt »Inspirationen« für
                                                                                                     tionszentrum – Spezialbibliothek
                                                                                                     und Informationszentrum
                                                         die Bibliothek von morgen / Reut-
                                                                                                     (Katrin Lück)
   Die Vision vom geeinten Euro-                         linger Dienstleister feiert 70-jähri-
   pa gerät ins Wanken. Der Kon-                         ges Jubiläum (Bernd Schleh)

   tinent und die Gemeinschaft                                                                   172 Dokumentationszentren stellen
   befinden sich in der Krise.                                                                       sich vor
                                                          WISSEN FRAGT ... ?
   Und die Bibliotheken? Welche
                                                     152 Existenz – Identität – Kultur
   Rolle spielen sie im gemein-                                                                  174 Kulturarbeit im Zeichen Europas
                                                         Auf einen Espresso mit dem
   schaftlichen Europa? Dieser                           Übersetzer Lutz Kliche zur                  Die Bibliothekspartnerschaft zwi-
   Frage geht der BuB-Schwer-                            »Atmosphäre von Bibliotheken«               schen der Bibliothèque nationale et
                                                         (Dirk Wissen)                               universitaire de Strasbourg und der
   punkt ab Seite 162 nach.
                                                                                                     Württembergischen Landesbiblio-
                                                                                                     thek Stuttgart (Jörg Ennen)
   Wir geben einen Überblick
   über die Europäischen Doku-
   mentationszentren (S. 168)                                                                    176 Einmal über den Tellerrand und
   und stellen die bibliothe-                                                                        zurück
                                                                                                     Mit einem BII-Stipendium in
   karischen Dienstleistungen
                                                                                                     Europa unterwegs / Fachlich und
   im Europaparlament vor (S.                                                                        persönlich dazulernen
   196). Darüber hinaus werden                                                                       (Hella Klauser)
   das europäische Gemein-
   schaftsprojekt Europeana
                                                                                                 180 Fenster nach Europa
   sowie die Verbände LIBER                          156 LESERBRIEFE                                 Einblick in das russische Biblio-
   und EBLIDA porträtiert. Und                                                                       thekssystem (Dirk Wissen)
   wir fragen ganz konkret: Was
                                                     157 NACHRICHTEN
   bringt der EU-Austausch?
   BII-Stipendiaten berichten
   dazu ab S. 176.                                   161 MARKT

   Foto: digitaldictator – robsonphoto / Fotolia

Foto Titelseite: donfiore / Fotolia
Fotos Inhaltsverzeichnis: Dirk Wissen (2),
Inka Jessen

146
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AUS DEM
                                                                                  BERUFSVERBAND
186 Grenzüberschreitende Zusam-                AUSLAND
    menarbeit am Bodensee                                                         208 Aus dem Vorstand
                                          198 Bibliotheksangebote für
    Verein »Bibliotheken der Regio
                                              Flüchtlinge in New York             209 Aus dem Vereinsausschuss
    Bodensee« zählt 38 Mitglieder aus
                                              Eindrücke und Erfahrungen vom
    4 Nationen / Gleiche Bedingungen                                              210 Aus der Geschäftsstelle
                                              USA-Aufenthalt als Librarian in
    für Nutzer in allen Einrichtungen
                                              Residence 2016 (Inka Jessen)        211 Einladung zur Mitglieder-
    (Harald Weigel)
                                                                                      versammlung 2017

                                                                                  212 Ehrenamt
189 Auf der Suche nach einer gemein-
    samen Strategie für Nordeuropa
    Eindrücke vom 13. International
    Bibliotheca Baltica Symposium
    (Ulrike Lang)

192 EBLIDA lobbies for Libraries
    25 Jahre Interessenvertretung für
    die europäischen Bibliotheken
    (Barbara Lison)                       202 Die Pop-Up-Bibliothek in der        145 EDITORIAL
                                              Kiste – Idea Boxes                  214 SUMMARY / RESUME
                                              Libraries Without Borders bringt
194 Europas kultureller Reichtum              mobile Bibliotheken in Krisen-      216 STELLENANGEBOTE /
    auf einen Klick                           gebiete (Haike Meinhardt)               KLEINANZEIGEN /
    Das Gemeinschaftsprojekt »Euro-                                                   IMPRESSUM
    peana« ist auf Interaktion angelegt

195 Die Strategie von LIBER 2018
    bis 2022
    Eine europäische Perspektive
    auf Wissenschaftliche Bibliothe-                                                        AB IN DIE APP!
    ken (Wolfram Horstmann, Birgit
    Schmidt)
                                          MAGAZIN
                                                                                  157 Richtiger Umgang mit fake news
                                               FACHLITERATUR                          Deutschsprachige Infografik der
196 Ständig in Bewegung                                                               IFLA zur aktuellen Diskussion um
                                          206 Lernräume und Lernwelten
    Bibliothek und elektronische                                                      Falschnachrichten
                                              Ein Plädoyer für innovative Lern-
    Ressourcen der Europäischen
                                              umgebungen (Petra Hauke)            184 Von Moskau nach St. Petersburg
    Kommission (Theo Duivenvoorde)
                                                                                      Eine abwechslungsreiche Biblio-
                                                                                      theksreise durch Russland in Fotos
                                          207 NEUE FACHLITERATUR
                                                                                  200 Newcomers Welcome!
                                                                                      Eine Diskussion zum Thema »Ein-
                                                                                      wanderer« im Goethe-Institut New
                                                                                      York als Video

BuB 69 04/2017                                                                                                       147
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INTERNATIONALE SCHULE BEIJING

                                 Die Internationale Schule von Beijing
                                 Eine internationale Studieneinrichtung
                                 Die Internationale Schule von Beijing (ISB) ist eine Schule von kultureller Vielfalt mit ca. 1.700
                                 Studenten aus über 50 Nationen. Die ISB war die erste internationale Schule in Beijing und ist
                                 heute als führende Lerneinrichtung anerkannt.
                                 Die Einrichtung ist mit dem Rund-Regalesystem 60/30 aus Metall, dem klassischen Metall-
                                 Regal 60/30, Präsentationssystem Labyrinth, Präsentation und Aufbewahrung, Inform Kreis-
                                 segmenttheke, Info Pod und weitere Produkte ausgestattet.

WWW.SCHULZSPEYER.DE
PART OF LAMMHULTS DESIGN GROUP

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FOYER GEFÄNGNISBIBLIOTHEK

Beitrag zur Humanisierung des Strafvollzugs

Bücherei der JVA Dortmund ist »Gefangenenbücherei des Jahres 2016«

»Lesen bildet nicht nur, Lesen ent-
führt auch in andere Welten … eine
kleine, geistige Flucht aus dem Ge-
fängnisalltag«, beschrieb die Bürger-
meisterin der Stadt Münster, Wende-
la-Beate Vilhjalmsson, die Bedeutung
der Gefängnisbibliothek. Gefeiert
wurde am 18. Februar das zehnjäh-
rige Bestehen des Fördervereins Ge-
fangenenbüchereien e.V. in Münsters
Rathausfestsaal. Gerhard Peschers,
erster Vereinsvorsitzender, blickte
zurück auf den 6. Juni 2016: Vormit-
tags verschickte er die Wettbewerbs-        Der Förderverein Gefangenenbüchereien feierte sein zehnjähriges Bestehen mit zahlreichen
ausschreibung für die beste deutsche        Festgästen. Vorne rechts ist der Vereinsvorstand zu sehen. Foto: Maria Conlan
Gefängnisbibliothek, am Nachmittag
erfuhr er von der Schließung der JVA            Prämiert wurde die Jugendarrestan-        Kooperation zwischen Stadt- und Ge-
Münster. Damit verlor die 2005 umge-        stalt Berlin-Brandenburg als Arrestan-        fängnisbüchereien. Eine bewegende
baute und zwei Jahre später als beste       tenbücherei des Jahres 2016. Gleich           Laudatio mit vielen persönlichen Kom-
deutsche Bibliothek prämierte Bü-           drei Bibliotheken teilten sich den zwei-      ponenten hielt der Kriminologe Profes-
cherei ihr Domizil. Das ist ein harter      ten Platz der Gefangenenbücherei 2016:        sor Christian Pfeiffer zum Motto »Liebe
Schlag. Doch zur Jubiläumsfeier galt        Celle, Würzburg und Hohenleuben/              statt Hiebe«. Er brachte Beispiele von
es, den Blick nach vorn zu richten.         Thüringen. Auf den ersten Platz schaffte      der positiven Wirkung des Lesens für die
                                            es die Bücherei der JVA Dortmund. Pe-         Resozialisierung Strafgefangener.
Was der Förderverein in zehn Jahren         schers wünschte sich noch stärkere                                      Maria Conlan
bewegt hat, spiegelten Grußworte, Fest-
rede und Rückblicke beim fast dreistün-
digen Festakt wider. Gäste kamen von
der Schweiz bis Berlin, von Dresden bis
zum Niederrhein. Für Herbert Schenkel-
berg vom NRW-Justizministerium tra-
                                              Engagement für Menschen
gen Bücher zur Humanisierung im Straf-
vollzug bei. Barbara Lison, Vorsitzende
                                              in Haft und Arrest
des Deutschen Bibliotheksverbandes,
beschrieb die Buchlektüre als Flucht-         Der Förderverein Gefangenenbüchereien e.V. wurde am 18. Dezember 2006 in
ort vom rauen Gefängnisalltag. Regula         der JVA Münster gegründet. Ermutigender Anlass war die gelungene Erneuerung
Venske vom PEN-Zentrum Deutschland            der Gefangenenbücherei Münster 2005 mit Unterstützung von rund 100 Spen-
betonte, dass Literatur Empathie lehre.       dern und das Anliegen, der marginalen fachlichen Unterstützung zur Entwick-
    Der Verein habe die Bibliotheksarbeit     lung von Gefangenenbüchereien in Deutschland zu begegnen. Heute gehören
im Gefängnis Schritt für Schritt aus dem      dem Verein über 120 Mitglieder an. Er tritt bundesweit für die Förderung von
Schattendasein hinausgeführt, fasste          Medienangeboten für Menschen in Haft oder Arrest ein. So hat er dazu beigetra-
Roswitha Müller-Piepenkötter, ehema-          gen, dass die Gefangenenbücherei Münster mit dem Deutschen Bibliothekspreis
lige Justizministerin und heutiges Ver-       als »Bibliothek des Jahres 2007« ausgezeichnet worden ist und deren Preisgeld-
einsmitglied, zusammen. Präsenz bei den       projekte begleitet. In Kooperation mit der muenster school of architecture ent-
Buchmessen in Frankfurt und Leipzig,          standen 2008 zahlreiche Raumentwürfe für Gefangenenbüchereien, die vielfach
bundesweite Tagungen, Lesungen mit            auch realisiert worden sind. Seit 2010 wurden auf den Buchmessen in Frankfurt
prominenten Autoren und Erweiterung           und Leipzig erstmals bundesweit Tagungen für Büchereibedienstete des Justiz-
des Angebots sowie räumliche Verbesse-        vollzugs und Jugendarrests angeboten.
rungen der Bibliotheken gehörten dazu.

BuB 69 04/2017                                                                                                                   149
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FOYER TAGUNG

Besser
      als zu Hause
ekz-Tagung gibt »Inspirationen« für die Bibliothek von morgen / Reutlinger Dienstleister feiert
70-jähriges Jubiläum

Wie sieht die Bibliothek von morgen
aus? Eine ganze Fülle neuer Ideen hat
die Fachtagung »Inspirationen« der
ekz.bibliotheksservice GmbH Mitte
Februar in Reutlingen geliefert. Der
Bibliothekarische Direktor der ekz,
Andreas Mittrowann, begrüßte mehr
als 200 Teilnehmer aus ganz unter-
schiedlichen Berufsgruppen: neben
Bibliothekaren auch Architekten, Ver-
lagsexperten, Buchhändler, Informa-
tiker und Hochschullehrer – ein Indiz
dafür, dass die großen Herausforde-
rungen der Zukunft nur branchen-
übergreifend gelöst werden können.

Wichtige Anhaltspunkte für die Biblio-
thek der Zukunft liefern die Erwartun-
gen und Wünsche der Nutzer. Eine ak-          Im Rahmen der diesjährigen »Inspirationen-Tagung« feierte die ekz auch ihr 70-jähriges
tuelle Allensbach-Umfrage im Auftrag          Jubiläum. Die begleitende Hausmesse gab einen Überblick über die Angebotspalette des
                                              Reutlinger Bibliotheksdienstleisters von neuen Möbeln über interaktive Spielsysteme bis hin
der ekz aus dem vergangenen Jahr hat
                                              zum gehosteten Bibliotheksmanagementsystem. Foto: ekz
folgende Rangliste ergeben: Mit Abstand
am wichtigsten ist den Bibliotheksbe-
suchern ein breites Medienangebot,            ist gegeben. Immer mehr Menschen                kürzester Zeit per Mausklick ins Haus kä-
mehr als drei Viertel der Befragten ga-       wollten oder könnten sich die kommer-           men, sei das Selbermachen attraktiv wie
ben dies an. Danach folgen eine ange-         ziellen Angebote im öffentlichen Raum           nie. Auch diesem Umstand müsse eine Bi-
nehme Atmosphäre und gut qualifizier-         nicht mehr leisten. Voos führte einer-          bliothek als dritter Ort Rechnung tragen.
tes Personal.                                 seits die zunehmende Zahl an Alleiner-
    Dass man mit diesen Zutaten erfolg-       ziehenden, Migranten und älteren Men-
reich Bibliotheken bauen und gestalten        schen an, die aus finanziellen Gründen          Das Design ist entscheidend
kann, demonstrierte der Niederländer          auf frei zugängliche dritte Orte ange-
Aat Voos eindrücklich in seinem viel be-      wiesen seien. Hinzu kämen Freiberufler          Für Voos ist klar: »Die Bibliothek muss
achteten Vortrag. Der Architekt ist krea-     und digitale Nomaden, die nach einem            die digitale und reale Welt zusammen-
tiver Vordenker und entwirft seit 1990        günstigen Platz zum Arbeiten suchten            führen.« Doch damit nicht genug, wei-
Bibliotheken, die vielfach ausgezeich-        oder – auch angesichts der zunehmen-            ter fordert er: »Sie muss offen sein für
net wurden. Der Kern seiner Philoso-          den Scheidungszahlen – immer mehr               neue Meinungen, Ideen, Menschen und
phie: Der öffentliche Raum wird zuse-         Singles und Einsame, die einen Treff-           Innovationen. Sie muss den Besuchern
hends zu einer exklusiven Domäne für          und Kommunikationsort ohne Konsum-              Sicherheit und ein Gefühl der Anerken-
Menschen, die (viel) Geld besitzen. Hier      zwang bevorzugten.                              nung bieten.« Außerdem soll sie fair,
sieht er eine gute Chance für Bibliothe-          »Die Menschen«, sagte Voos, »wol-           persönlich, inspirierend und »besser als
ken, sich als dritter Ort zu positionieren.   len in ihrer Freizeit nicht nur konsumie-       Starbucks« sein. Die Besucher müssten
Ein Ort, an dem Menschen sich wohlfüh-        ren, sondern etwas erleben und vor al-          sich wohlfühlen, die Möglichkeit haben
len, kommunizieren, ausruhen, unter-          lem auch selbst aktiv werden.« Dazu sei         zu bleiben, wie lange sie wollten, sie
halten, arbeiten, informieren können –        Wissensaustausch genauso notwendig              sollten dort Termine abhalten und Be-
ohne dafür Geld ausgeben zu müssen.           wie eine entsprechende technische Aus-          suche empfangen können. Die Idee von
    Die Nachfrage nach diesem dritten         stattung – als Makerspace beispielsweise.       Aat Voos: »Es soll in der Bibliothek bes-
Ort jedenfalls, so hat Voos festgestellt,     In einer Zeit, in der alle Produkte in          ser sein als zu Hause.«

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FOYER TAGUNG

          Um das in der Praxis umzusetzen,                   als idealem drittem Ort anhand ganz                    Relevanz. Prof. Manfred Pollanz, Un-
      sind laut Voos zwei Dinge unerlässlich:                unterschiedlicher Beispiele aktueller Bi-              ternehmensberater und Hochschul-
      Zum einen spielt das Design eine ganz                  bliotheksneubauten und -umbauten aus                   lehrer, beispielsweise warnte ange-
      entscheidende Rolle, nur dann könn-                    Skandinavien. Eines haben diese Pro-                   sichts der digitalen Umwälzungen
      ten Bibliotheken mit den vielen anderen                jekte gemeinsam: Der Besucherandrang                   davor, zu eng an den Medien zu blei-
      attraktiven Angeboten im öffentlichen                  dort ist enorm. Allen voran bei der neuen              ben. Pollanz sieht die künftigen Auf-
      Raum mithalten. Voos erklärte: »Für                    Jugendbibliothek »Biblo Tøyen« in Oslo.                gaben von Bibliotheken viel weiter
      das Wohlfühlen ist eine moderne, ange-                 BuB hat darüber bereits im Doppelheft                  gefasst: »Sie sind kollaborative Fo-
      nehme Atmosphäre mit gutem Design                      August/September 2016 (Seite 494)                      ren zur Lösung von Problemen.« Als
      essenziel. Daran wird leider zu oft ge-                ausführlich berichtet.                                 positives Vorbild für die Transforma-
      spart.« Außerdem dürfe man das Ganze                                                                          tion nannte er die Automobilindus-
      nicht zu perfekt planen. Voos weiß, dass                                Einen virtuellen Rundgang
                                                                                                                    trie, die es geschafft habe, nicht mehr
      genau dieser Punkt deutschen Kolle-                                     durch die spektakuläre Ju-            nur das Thema »Auto«, sondern den
      gen schwerfällt. Dennoch legte er ihnen                                 gendbibliothek »Biblo Tøyen«          viel weiter reichenden und zukunfts-
      nahe: »Der Raum muss eine gewisse Un-                                   gibt es in der BuB-App.               trächtigeren Bereich »Mobilität« zu be-
      vollkommenheit und Zwanglosigkeit                                                                             setzen. Diese Neuausrichtung müsse
      ausstrahlen. Nur dann können sich die                                                                         den Bibliotheken ebenfalls gelingen.
      Besucher richtig entspannen, ohne das                                                                             Alle Vorträge gibt es zum Nach-
      Gefühl zu haben, selbst perfekt sein zu                                                                       lesen unter www.ekz.de/semina
      müssen.«                                                   Auch die weiteren Vorträge der »In-                re-veranstaltungen/veranstaltungen/
          Interessante Gedanken – mehr                       spirationen-Tagung« befassten sich mit                 inspirationen-2017/
      nicht? Keineswegs. Aat Voos belegte                    den künftigen Aufgaben von Biblio-
      seine Vorstellungen von der Bibliothek                 theken und deren gesellschaftlicher                                                   Bernd Schleh

               DABIS_A5_quer_cl_ohne_Termin.pdf   1   15.11.2016   14:54:44
                                                                                                                                                       ANZEIGE

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Existenz – Identität – Kultur                                                           ?            en            ?
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                                                                                            ?        ?
Auf einen Espresso mit dem Übersetzer Lutz Kliche zur
»Atmosphäre von Bibliotheken«
                                                                                                ?           ? ? ...?
                                                                                       Schiller-Bibliothek in Berlin-Wedding.

Als Übersetzer aus dem Spanischen         Bibliothek beziehungsweise diese am          Was sind außer Ruhe Voraussetzun-
ist Lutz Kliche hierzulande durch Bü-     Laufen halten zu können. Und dabei           gen, für eine Bibliothek als Lernort?
cher von Gioconda Belli, Ernesto Car-     würde ich sagen, dass die Atmosphäre             Die Ruhe ist erst mal das Wichtigste
denal und Eduardo Galeano bekannt.        eine ganz grundsätzliche Frage ist. Sie      zum Lernen und man kann Bibliotheken
Er ist aber auch als Lektor sowie als     trägt zweifellos entscheidend dazu bei,      ja so einrichten, dass es Räume für diese
Verleger tätig und wurde zu einem         wie eine Bibliothek angenommen wird,         Ruhe gibt und Räume zur Kommunika-
Literaturvermittler zwischen Europa       wie sie funktioniert und wie dort gear-      tion, in der keine Ruhe herrschen muss,
und den Welten. Aufgewachsen im Os-       beitet werden kann und wie sie genutzt       denn Kommunikation ist natürlich auch
nabrücker Land lebt Kliche heute die      werden kann.                                 wichtig. Beides sollte in einer Biblio-
eine Hälfte des Jahres in der Nähe von                                                 thek möglich sein, denn Lernen bedeu-
Augsburg, wo er sich Bertolt Brecht       Ob Bibliotheken angenommen wer-              tet auch, sich austauschen zu können.
nahe fühlt, und die andere Jahres-        den, wird in der Regel an ihren Aus-         Wichtig ist für Schüler und Studenten
hälfte, wenn er nicht gerade auf Rei-     leihen und Besuchen gemessen. Gibt           außerdem, dass sie, wenn sie lernen
sen ist, in Nicaragua, wo er vor vielen   es Länder, in denen dieses »angenom-         wollen, auch das finden, was sie an Ma-
Jahren den Verlag Anamá gründete.         men werden« anderes gemessen wird?           terial brauchen. Da ist dann auch der Zu-
Ende der 1990er-/Anfang der 2000er-           Ich glaube schon, dass dies in ande-     gang zum Netz sehr wichtig für die Re-
Jahre arbeitete er im Patmos Verlag       ren Ländern eine andere Gewichtung           cherchezwecke. Auch die jungen Leute
und gab dort unter anderem den Li-        hat, da die Funktionalität von Biblio-       in Lateinamerika oder Afrika benötigen
teraturnobelpreisträger Wole Soyinka      theken schon eine ganz andere ist als        das Netz von Wikipedia bis Google.
in deutscher Sprache heraus. Er selbst    bei uns. So werden in manchen Ländern
bezeichnet sich weniger als Welten-       die Bibliotheken viel mehr als bei uns       In vielen Ländern ist gerade das »Sozi-
bummler denn als »Weltneugierigen«.       von Schulkindern genutzt, um dort ihre       ale« die Funktion, mit der eine Biblio-
                                          Hausaufgaben zu machen und nicht um          thek beschrieben wird, und weniger
                                          etwas auszuleihen. In den USA oder Ka-       der Medienbestand.
                                          nada zum Beispiel gibt es die sogenann-          Das stimmt. Gerade der soziale As-
                                          ten »Homeless People«, die in die Biblio-    pekt ist in vielen Ländern das, was Bib-
                                          theken gehen, weil sie dort einfach nur      liotheken dort ausmacht. Die Zugehörig-
                                          den Tag verbringen können. In latein-        keit zu einer ganz bestimmten Gruppe
                                          amerikanischen und auch afrikanischen        von Menschen ist für jeden sehr wichtig.
                                          Ländern wird der Lernzusammenhang            Jeder Mensch, ob jung oder alt, ist Teil
                                          zu Bibliotheken viel stärker gewertet        von vielen Gruppen, Teil der Familie, des
                                          und gewichtet als in Europa. Und in die-     Kollegenkreises und dergleichen. Man
                                          sen Ländern will gerade die junge Gene-      identifiziert sich in sozialen Rangord-
Auf einen Espresso mit Lutz Kliche.
                                          ration Anschluss finden an die internatio-   nungen und mit ganz bestimmten Grup-
                                          nale Gemeinschaft. Das passiert zunächst     pen. Da gibt es negative Identifizierun-
Dirk Wissen: Erleben Sie Unterschiede     durch das Lernen und hierzu nutzen sie       gen, wie zum Beispiel die Ghetto-Kids
bei der Nutzung von Bibliotheken in       die Bibliotheken, um sich in Ruhe zu bil-    oder irgendwelche Gangster-Rap-Grup-
Afrika, Lateinamerika und Europa?         den und damit zu qualifizieren. Zu Hause     pen. Eigentlich identifizieren sich junge
    Lutz Kliche: In Afrika oder Latein-   herrscht oft eine Situation, in der man      Menschen aber in Richtung sozialer
amerika wird zunächst einmal Wert         zehn Kinder um sich herum hat, da kann       Aufstieg. Jugendliche möchten zu Krei-
auf die Funktionalität von Bibliothe-     ein Jugendlicher nicht für seinen Schul-     sen gehören, die gebildet sind, die Zu-
ken gelegt. Man hat relativ wenig Mit-    abschluss lernen, vor allem, wenn die        kunftsperspektiven haben, und da sind
tel zur Verfügung, sodass man gerade      Wohnung nur aus zwei Zimmern besteht,        weltweit Bibliotheken Orte, die diesen
mal in das Grundsätzliche einer Biblio-   in einem wird in der Regel gekocht und       sozialen Austausch und die nötige At-
thek investieren kann. Damit meine ich    gewohnt, im anderen geschlafen. Der ru-      mosphäre hierzu bieten können. Diesen
den Bestand und das Funktionieren der     hige Ort ist dann die Bibliothek.            Aspekt sollte man nicht unterschätzen.

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ETWAS HOFFNUNG FÜR EUROPA - BUB " FORUM BIBLIOTHEK UND ...
FOYER WISSEN FRAGT ...?

                                                                                               Dokumente im Original einsehen möchte,
                                                                                               dann gehe ich in diese Bibliotheken. Und
                                                                                               in der Nationalbibliothek von Guatemala
                                                                                               habe ich gerade Nerudas »Canto General«
                                                                                               in Händen gehalten, in einer besonderen
                                                                                               Ausgabe, signiert von Neruda selbst und
                                                                                               signiert von den Illustratoren Diego Ri-
                                                                                               vera und David Siqueiros, einem berühm-
                                                                                               ten mexikanischen Muralisten – gewidmet
                                                                                               dem Präsidenten Arévalo, der die Befrei-
                                                                                               ung von der Diktatur von Ubico angeführt
                                                                                               hatte. So etwas findet man nur in einer Bi-
                                                                                               bliothek. Das ist für mich als Übersetzer
                                                                                               ein Fundus, den ich nutze. Aber ich nutze,
                                                                                               wie gesagt, natürlich auch das Internet.

                                                                                               Welche Bibliothek empfinden Sie
                                                                                               von ihrer Atmosphäre her besonders
                                                                                               beeindruckend?
                                                                                                  Das ist keine einfache Frage, da ich
Farbenprächtig: Eine Illustration von Diego Rivera in Pablo Nerudas »Canto General«.           mir die Bibliotheken erst mal ins Ge-

Ist dieser Aspekt für Bibliotheken in           Bestand, um dann durchs Qualifizie-
Deutschland genau so wichtig?                   ren die zukünftige Existenz sichern zu
    Nein, das glaube ich nicht. Ich glaube      können. Jetzt gibt es endlich Regierun-
die Bibliotheken in Deutschland sind eher       gen, die das verstanden haben und die
ein Ort für ganz unterschiedliche Tätigkei-     nicht mehr nur im Sinne ihrer eigenen
ten oder Bedürfnisbefriedigungen. Das,          Eliten denken, sondern für die Bevölke-
was man da tun kann, wie zum Beispiel           rung. Die haben verstanden, dass Bil-
in der Augsburger Stadtbibliothek, de-          dung grundlegend ist für die Entwick-
ren Nutzer ich bin, hat noch ganz andere        lung eines Landes, für ein besseres Le-        Zufällig entdeckte Kliche Pablo Nerudas Canto
Funktionen als das Soziale. Deutsche Bib-       ben. Bis vor zwanzig Jahren war es zum         General in der Nationalbibliothek von Guatemala.
liotheken sind da viel vielseitiger. Kinder     Beispiel schwierig, Leseförderungspro-
gehen etwa zum Spielen hin, Jugendli-           gramme im Denken der Regierungsins-            dächtnis rufen muss, wie ich die emp-
che leihen sich zur Unterhaltung CDs und        titutionen zu verankern, denn diese Re-        funden habe. Also das »Archivo General
DVDs aus, Ältere treffen sich dort. Also        gierungsinstitutionen waren von jeher          de Indias« hat mich schon beeindruckt,
sehr vielfältig, auch sozial, aber anders.      die Vertreter der wirtschaftlichen Elite,      weil ich dort ein so starkes, unmittelba-
Dies ist ein Ausdruck für eine Gesellschaft,    der Reichen. Im Gegenteil, über viele          res Gefühl von circa 400 Jahren Koloni-
die einen gewissen Überfluss hat, die, la-      Jahre wurde alles dafür getan, dass die        algeschichte hatte, die da im Bestand um
konisch formuliert, »First World Prob-          Leute nichts lernen, also aktiv bezie-         mich herum war. Das ist anders als eine
lems« hat. In deutschen Bibliotheken geht       hungsweise proaktiv wurde verhindert,          Bibliothek, die durch deren Nutzer und
es um soziale Kommunikation, in anderen         dass die Leute Bildung bekommen, weil          den Lesesaal geprägt wird, wie zum Bei-
Ländern um sozial Existenzielles.               so Forderungen entstehen.                      spiel meine Unibibliothek in Marburg.
                                                                                               Nein, diese Bibliothek in Sevilla hat etwas
Welche Bedeutung nehmen Bibliotheken            Wohin geht ein Übersetzer und Wel-             sehr Spezielles. Das ist ein Gefühl, das in
ein, um existenziell wirken zu können?          tenneugieriger, um sich zu bilden und          mir und um mich herum durch Doku-
    Mit existenziell meinte ich erst mal,       zu recherchieren?                              mente, Druckerzeugnisse und durch die
eine grundlegende Versorgung zu er-                 Da gehe ich – außer natürlich ins Inter-   vielen Unikate entstanden ist. Das war
wirken, und diese muss mit grundle-             net – in die Nationalbibliotheken, zum Bei-    wie »geronnene Geschichte«. Da spiegelt
genden Inhalten oder grundlegenden              spiel in San José, Guatemala-Stadt und in      sich eine Verrücktheit wider, der ganze
Dienstleistungen unterstützt werden.            die von Nicaragua. Aber auch in Spanien        Wahnsinn, der für mich auch mit der
Deshalb ist eine Bibliothek erst mal nur        gehe ich in Andalusien, in Sevilla zum         »Conquista« zu tun hat und auch heute
als Ort gefragt, an dem ich Wissen anrei-       Beispiel ins »Archivo General de Indias«       noch damit zu tun hat. Bei diesem Wahn-
chern kann und Zugang zu Bildungsin-            und in Granada, Málaga oder Cádiz in die       sinn fällt mir der Film »Fitzcarraldo« ein,
halten habe, wie zum Beispiel über den          Unibibliotheken. Wenn ich irgendwelche         der bei Manaus spielt, oder »Aguirre oder

BuB 69 04/2017                                                                                                                             153
ETWAS HOFFNUNG FÜR EUROPA - BUB " FORUM BIBLIOTHEK UND ...
ich mir oft vor Auge halte: »Nicht an das
                                                                                                  gute Alte, sondern an das schlechte Neue
                                                                                                  müssen wir anknüpfen.« Wir können nicht
                                                                                                  alles gute Alte bewahren, das wäre ein zu
                                                                                                  rührseliger Gedanke. Die Maschinenstür-
                                                                                                  mer hätten am liebsten den Fortschritt
                                                                                                  aufgehalten, indem sie die Webstühle am
                                                                                                  Anfang des 19. Jahrhunderts zerschlu-
                                                                                                  gen. Das ist ihnen aber nicht gelungen.
                                                                                                  Und so wird es uns auch nicht gelingen,
                                                                                                  ganz bestimmte Errungenschaften und
                                                                                                  Fortschritte, wie zum Beispiel Facebook,
                                                                                                  aufhalten zu können. Es hat sich immer
                                                                                                  wieder gezeigt, dass der technische Fort-
                                                                                                  schritt einfach stärker ist und dass, was
                                                                                                  technisch möglich ist, sich auch durch-
                                                                                                  setzen wird. Wir müssen alle einfach nur
                                                                                                  lernen, es sinnvoll zu nutzen und einzu-
Die Bibliothek als Makerspace, ein Konzept das die Schiller-Bibliothek im kulturell internatio-   setzen. So sage ich gerne, lass dich nicht
nalen Wedding von Berlin umsetzt.                                                                 vom Internet beherrschen, beherrsche
                                                                                                  du es wie ein Instrument. Dieser Sog be-
der Zorn Gottes«. Beides Filme von Wer-           Deutschland bzw. Europa genauso hand-           steht hier in Mittelamerika eben auch.
ner Herzog mit Klaus Kinski in den Haupt-         haben, ist die Fähigkeit, auf ganz unter-       Selbst im hintersten Dorf hat irgendje-
rollen. Oder das von mir übersetzte Buch          schiedliche Bedürfnisse der Nutzer ein-         mand ein Smartphone und das Internet
»Erinnerung an das Feuer« von Eduardo             gehen zu können. Das ist in manchen Bi-         bietet hier auch einen gewissen Segen,
Galeano, die Geschichte Lateinamerikas            bliotheken sehr angenehm, das fällt mir         weil es Zugang schafft, zum internationa-
nachempfunden auf der Grundlage von               in manchen Bibliotheken immer wie-              len Bildungskanon oder zur Teilhabe am
Quellen: alles voll von diesem Wahnsinn           der positiv auf, da scheint es so eine Art      Weltgeschehen. Ähnliches gibt es auch im
– das sind Geschichten von Verrückthei-           »User-Friendly-Konzept« zu geben, bei           Berliner tiefsten Wedding, wie die Schil-
ten, bei denen man sich fragt, wie diese          dem darüber nachgedacht wird, was der           ler-Bibliothek in der Berliner Müllerstraße
paar Mann, wie die hier rüber gezogen             Nutzer braucht. In anderen Bibliotheken         mit ihrem Angebot agiert. Man spricht
sind, mit einer Mentalität, die man als           herrscht oft so ein Schema »F«, das diese       hier von der »Cultura Universal«, von der
eine gehörige Mischung aus krimineller            durchziehen, weil die denken, dass muss         internationalen Kultur. Aber das heißt lei-
Energie, aber auch Gier, Ehrgeiz und Hy-          so sein, denn wir sind hier die Gralshüter      der auch Zugang zu den vielen Inhalten,
bris bezeichnen kann, um diesen Konti-            des Bestandes und das ist unser wichtigs-       die nun nicht gerade besonders kulturell
nent in Besitz zu nehmen, von der Süd-            tes Gut. Ich glaube, es ist für Bibliotheken    toll sind, von Britney Spears bis Paris Hil-
spitze bis an den Rio Grande. Und das ist         das Wichtigste, dass man als Nutzer das         ton – Trash halt.
alles im »Archivo General de Indias« do-          Gefühl erhält, hier geht es an erster Stelle
kumentiert und sehr präsent.                      um mich und dann erst um den Bestand.           Das ist eine Frage des Geschmacks ...
                                                  Ich glaube, das verschließt einem die Tür,      Ja, okay, aber dieser Sog ist auf jeden
Gibt es in Afrika oder Lateinamerika              wenn einem das Gefühl vermittelt wird:          Fall da.
eine Bibliothek, von der europäische              »Moment mal, Du musst dich jetzt erst
Bibliotheken etwas lernen können?                 mal würdig zeigen, dass du den Bestand          Herr Kliche, muchas gracias!
     Also da muss ich passen, mir fällt im        nutzen darfst.«
Moment kein konkreter Aspekt ein. Ich
denke vielleicht an Mexiko, an die Biblio-        Wenn es um das »Ich« und um die                                Und was sagt der Festredner des

thek von Guadalajara, deren Bibliotheks-          Würde geht, dann geht es auch um die                         Bibliothekartags 2017: Sollten Biblio-
                                                                                                               theken Zugang zu Inhalten bieten, die
leiter Fernando del Paso letztes Jahr den         eigene Identität. Bei Ethnien, deren
                                                                                                                  nicht besonders kulturell sind?
»Premio Cervantes« erhalten hat. Das              Sprachen nicht immer verschriftlicht
ist schon eine beeindruckende Biblio-             sind: Was können Bibliotheken dazu
thek. Was mir in vielen Bibliotheken po-          beitragen, dass diese unverschriftlich-
sitiv aufgefallen ist, und das wird man in        ten Sprachen nicht verloren gehen?
                                                      Ich glaube, da gibt es einen Sog und
Ihre Meinung: Sollten Bibliotheken Zugang zu      da spreche ich mit den Worten vom Meis-
Inhalten bieten, die nicht besonders kulturell    ter Brecht, dessen Maxime für mich sehr               Mehr dazu in der nächsten Folge von
sind? Schreiben Sie an: bub@bib-info.de                                                               »Wissen fragt …?«. Selfies: Dirk Wissen
                                                  wichtig ist, die mich geprägt hat und die

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Innovatives Lernort-Konzept für
Kleingruppenarbeit an der TU Berlin

Die Bibliothek der TU Berlin hat auf einer 200 m2 großen Freifläche
einen neuen Bereich konzipiert, der optimale Voraussetzungen zur
ungestörten Kleingruppenarbeit bietet. Bibliotheksdirektor Jürgen
Christof berichtet von der sogenannten UB-Lounge, die der neue
Lieblingsort der Studierenden zum konzentrierten Arbeiten auf
dem Campus ist.

Wie wird die Bibliothek von den Studierenden an der TU Berlin
genutzt?
J. Christof: Wir sind der zentrale Lern- und Arbeitsort für die Studieren-
den auf dem Campus, die dort heutzutage mehr Zeit verbringen und
adäquate Räumlichkeiten benötigen. Insbesondere, wenn die Hausarbeits-
und Prüfungszeit ansteht.

Wie sind Sie darauf gekommen spezielle, neue Kommunikations-                 für Alcove Sofas und die Workbays von unserer Projektgruppe zunächst
bereiche zu installieren?                                                    untersucht und dann ausgewählt. Ergänzend dazu sollte noch eine
J. Christof: Es gibt hier an der TU Berlin den dringenden Bedarf zusätz-     flexible räumliche Umgebung geschaffen werden mit Möbeln, die auch
liche Arbeitsflächen für Kleingruppenarbeit zu schaffen. Wir haben           herumgetragen und zusammengestellt werden können.
zwar Räume für größere Gruppen, aber wir hatten bisher wenig für
zwei bis vier Personen zu bieten. Als Universitätsbibliothek haben wir       Wie wird die neue UB-Lounge angenommen?
den Anspruch entsprechende Angebote zu unterbreiten.                         J. Christof: Am Anfang passierte morgens immer Folgendes: Wir öffnen
                                                                             um 9 Uhr und dann standen schon einige bereit und flitzten in die UB-
                                                                             Lounge, um sich die Plätze zu sichern. 5 Minuten nach Öffnung war alles
                                                                             belegt. In der Zwischenzeit können die Workbays auf unserer Website
                                                                             vorab reserviert werden. Wir brauchten auch keine Gebrauchsanwei-
                                                                             sung, die Möbel wurden aufgestellt und waren von der ersten Stunde an
                                                                             ein voller Erfolg.

                                                                             Wie werden die neuen Lernsettings genutzt?
                                                                             J. Christof: Das übliche Szenario ist, dass die Studierenden in kleinen
                                                                             Gruppen in den Möbeln sitzen und sich konzentriert Aufgaben widmen.
                                                                             Es ist eine sehr schöne, abgeschirmte Atmosphäre in den Workbays und
                                                                             den Alcove Sofas. Man kann das ganze Material, den Laptop usw. mit-
Wie sind Sie vorgegangen, um das Konzept für die neuen Arbeits-              bringen und eben auch reden, das können wir sonst in der Bibliothek
plätze zu entwickeln und umzusetzen?                                         nicht zulassen, das führt zu Lärmbelästigung. Und auch das bewegliche
J. Christof: Wir hatten eine Arbeitsgruppe (AG) gebildet, die sich mit       Mobiliar wird sehr gut angenommen. Meistens werden die Stühle ge-
dem Thema intensiv beschäftigt hat. Ein Kollege von mir machte mich          nutzt, um sich ans Fenster zu setzen und in Ruhe zu lesen.
in diesem Zusammenhang auf Vitra aufmerksam und vermittelte den
Kontakt. Unsere AG hatte dann Gelegenheit, die Vitra-Konzepte in einem       Wie hat sich die Situation zusammenfassend geändert?
Showroom und direkt in einem Büro kennenzulernen.                            J. Christof: In der Wahrnehmung der Studierenden ist die Universitäts-
                                                                             bibliothek ein noch attraktiverer Ort geworden – das ist eine sehr positive
Wie ist die weitere Zusammenarbeit mit Vitra abgelaufen?                     Entwicklung. Und wir haben vielleicht sogar neue Gruppen in die Uni-
J. Christof: Uns wurde erst einmal ein Alcove Sofa und ein Workbays          versitätsbibliothek geholt, die vorher nicht zu uns gekommen sind.
zum Testen aufgestellt. Wir haben die Studierenden um Rückmeldung
dazu gebeten. Ich glaube es gab keinen einzigen Zettel, wo jemand ge-
schrieben hat, nee das braucht es nicht. Sondern: Ja, das ist genau das,
was gefehlt hat oder bitte möglichst viele von diesen Möbeln. Unsere AG
hat dann, gemeinsam mit dem Team von Vitra, die konkrete Umsetzung
geplant. Das war ein gutes und wichtiges Zusammenspiel zwischen un-
serer AG und den erfahrenen Profis von Vitra.

Was war ausschlaggebend bei der Auswahl der Möbel und des
Farbkonzepts?
J. Christof: Wir wollten diesen gesamten Bereich ganz gezielt von der
üblichen Bibliotheksgestaltung abgrenzen. Dazu wurde das Farbangebot

                                                                                                                                v
Vitra GmbH
Charles-Eames-Straße 2, D–79576 Weil am Rhein
T +49 7621 70 20, F +49 7621 702 32 42, info@vitra.com, www.vitra.com

BuB 69 04/2017                                                                                                                                      155
FOYER LESERBRIEFE / NACHRICHTEN

Verliebt in extrovertierte                                                                    »Vielfalt ist
Menschen                                                                                      angesagt«
                                                                                                   
Ein kritischer Leserbrief zur permanenten Eventkultur in
Bibliotheken                                                                                Weiterbildungsveranstaltung
                                                                                           für Beschäftigte in Patienten-
                                                                                                    bibliotheken
Zur Rezension des Buches »Letzte Bi-         Masse möchte gesehen und gehört wer-
bliotheken« von Gerald Schleiwies im         den, sonst erleidet Mensch einen Identi-
BuB-Doppelheft Februar/März 2017             tätsverlust. Darum identifiziert sich der     Die Kooperationstagung gemein-
hat die Redaktion folgende Zuschrift         Mainstream lieber mit dem Extrover-           sam mit dem Deutschen Bibliotheks-
erreicht:                                    tierten, gern mit dem Lauten, gern mit        verband und dem Borromäusver-
                                             allem, woraus für sie das Leben schreit.      ein bietet vom 28. bis 30. Juni in der
Ich habe gerade die Rezension des Bu-        Eine Einrichtung wie die Bücherei, so wie     Evangelischen Akademie Hofgeis-
ches »Letzte Bibliotheken« im neuen          wir sie noch kennengelernt haben, darf in     mar ein breites Themenspektrum an
BuB gelesen. Das Buch selbst habe ich        dieser Zeit nicht mehr existieren, weil sie   Weiterbildung:
noch nicht gelesen, werde es aber in         dem Bild eines introvertierten Menschen,
nächster Zeit ganz sicher tun.               der abgelehnt wird, entspricht.                   • Werner Kahle aus Münster stellt die
    Es sind nicht die bevorzugt introver-        Der übrigens so sehr abgelehnt wird,      Arbeit der Westdeutschen Blindenhörbü-
tierten Menschen – » eine solche Befind-     dass er nun auch zum Sündenbock de-           cherei Münster vor.
lichkeit« – die Bücher, am besten ganze      gradiert wird, wenn es dazu kommt,                • Sigrid Audick von der Klinikbüche-
Bibliotheken vernichten möchten.             für die Auflösung der Büchereien einen        rei am Universitätsklinikum Münster be-
    »Wer nicht mit Begeisterung mit an-      Schuldigen zu finden. Dabei ist es doch       richtet über die Arbeit der Sektion 8 des
deren Menschen interagiert und man-          die unpolitische und unkritische Hal-         Deutschen Bibliotheksverbandes.
che Sachen lieber alleine macht, fällt       tung der für die moderne Form der Bü-             • Die bewährte gegenseitige Buch-
auf und das oft auch negativ. Gerade         chervernichtung und Bibliotheksauflö-         vorstellung am Abend gehört inzwischen
bei den Kindern macht man sich oft Sor-      sungen Verantwortlichen, egal ob intro-       zum Standardprogramm.
gen, wenn sie lieber mal alleine spie-       oder extrovertiert. Und deren – durch             • Kathrin Reckling-Freitag, Kultur-
len, anstatt sich mit anderen Kindern        ihre »Berauschtheit von Bildschirmar-         und Bildungsmanagerin, Büchereizent-
zu beschäftigen. Wer in der Schule ein-      beitsplätzen, Selbstverbuchungsanla-          rale Schleswig-Holstein, vertieft in Vor-
fach nur für sich arbeitet und sich ›nicht   gen, Mediensortiergeräten und elektro-        trägen und praktischen Einheiten das
einbringt‹, bekommt schlechtere Noten.       nischen Leitsystemen« – Unfähigkeit zur       Thema Lobbyarbeit.
Wer als Jugendlicher lieber zuhause          Wertschätzung von Kunst und Literatur.            Das Thema »Willkommenskultur in
bleibt, um zum Beispiel Bücher zu lesen,         Unter Bibliothekaren verbreitet sich      Bibliotheken«, Angebote für Bibliotheks-
anstatt am Wochenende in Bars rum-           eine Ablehnung des Buchs. Sie wollen          kunden mit Migrationshintergrund, wird
zuhängen, fällt ebenfalls negativ auf.«      Bibliotheken in Treffpunkte, Veranstal-       am Freitagvormittag im Mittelpunkt ste-
(Florian Freistetter)                        tungszentren und Erlebnisorte verwan-         hen. Die Veranstaltung schließt am späten
    Die westliche Gesellschaft ist ver-      deln. – Und diese Zielsetzung stammt          Freitagvormittag mit Best-Practice-Bei-
liebt in extrovertierte Menschen. Egal,      ganz sicher nicht von intro-, sondern von     spielen aus dem Alltag.
wie viel Unsinn sie produzieren. Die         extrovertierten Bibliotheksmenschen.              Die Tagung findet in der Evangeli-
                                                 Und wie schreiben Franziska Weber         schen Akademie Hofgeismar statt. An-
                                             und Michele Wegner im gleichen Heft:          meldeschluss ist der 15. Mai. Die Kosten
  Teilen Sie uns Ihre Meinung mit!           »Wir benötigen offene, kommunikati-           betragen 130 Euro im EZ, 120 Euro im
                                             onsorientierte und wandlungsbereite           DZ, zuzüglich 20 Euro Tagungsbeitrag.
  Die Fachzeitschrift BuB versteht           Kolleginnen und Kollegen.« Genau,                 Die Einladungen sowie Anmeldefor-
  sich als Forum für alle Beschäftig-        das ist es! Weg mit den Introvertierten,      mulare werden von den jeweils zuständi-
  ten in Bibliotheken und Informati-         am besten weg mit ihnen auch als Nut-         gen Fachstellen an die Bibliotheken ver-
  onseinrichtungen. Leserbriefe und          zer der Bücherei! Und durch nichts sind       schickt oder sind unter www.buecherei-
  Diskussionsbeiträge sind deshalb           sie leichter zu vertreiben als durch eine     service.de zu finden.
  gerne willkommen. Bitte senden             permanente Eventkultur in den »Büche-
  Sie Ihre Stellungnahmen direkt an          reien«, so man diese Bezeichnung über-           Gundula Wiedemann, Patientenbiblio-
  bub@bib-info.de.                           haupt noch beibehalten möchte.                         thek der Charité, dbv-Sektion 8
                                                            Rosemarie Müller, Frechen

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FOYER NACHRICHTEN

Nachrichten                                  zum Entwurf eines Gesetzes zur Anglei-
                                             chung des Urheberrechts an die aktu-
                                             ellen Erfordernisse der Wissensgesell-
                                                                                         Universitätsbibliothek Dresden. Der
                                                                                         Badge wird jährlich verliehen.

                                             schaft und zur Frage des Verleihs von
                                             E-Books durch Bibliotheken. Der dbv be-     Infografik der IFLA zu fake news
                                             grüßt darin die Einführung von separa-
Ausschreibung »Bibliothek des                ten Schrankenregelungen für Unterricht      Den Haag (Niederlande). »Postfaktisch«
Jahres«                                      und Forschung sowie für die Kernauf-        wurde zum Wort des Jahres 2016 ge-
                                             gaben von Bibliotheken, Archiven und        wählt, »fake news« zum Anglizismus
Berlin. Der Deutsche Bibliotheksver-         Museen als folgerichtig. Der dbv spricht    des Jahres 2016. Der internationale
band (dbv) wird am 24. Oktober den           sich weiterhin für eine gesetzliche Re-     Bibliotheksverband IFLA reagiert dar-
Preis »Bibliothek des Jahres« verleihen.     gelung für den Verleih von E-Books aus.     auf, dass die Diskussion um fake news
Diese Auszeichnung würdigt Bibliothe-        Nach einer Entscheidung des Europäi-        (Falschnachrichten) und postfaktische
ken aller Sparten und Größen. Sie soll       schen Gerichtshofs vom 10. November         Tatsachen die Bedeutung von Infor-
vorbildliche und innovative Bibliotheks-     2016 ist die elektronische Leihe bereits    mationskompetenz in den Fokus rückt.
arbeit insbesondere unter Nutzung von        nach geltendem EU-Recht zulässig und        Kritischer Umgang mit digitalen Infor-
digitalen Bildungsangeboten anerken-         sollte nun auch in Deutschland umge-        mationen will gelernt sein. IFLA hat
nen. Der Preis ist mit 20 000 Euro dotiert   setzt werden.                               eine Infografik »How to spot fake news«
und wird 2017 zum ersten Mal in Koope-                                                   entworfen: In acht einfachen Symbolen
ration mit der Deutschen Telekom Stif-                                                   wird auf die Thematik aufmerksam ge-
tung verliehen. Eine unabhängige Jury        TU Chemnitz erhält »Open Library            macht. Die Grafik steht jetzt auch zum
wird die Bewerbungen hinsichtlich der        Badge 2016«                                 Download in einer deutschsprachigen
Qualität und Zukunftsorientierung der                                                    Version und vielen weiteren Sprachver-
bibliothekarischen Arbeit, des kreati-       Chemnitz. Die Universitätsbibliothek        sionen zur Verfügung.
ven Einsatzes von digitalen Möglichkei-      der Technischen Universität (TU) Chem-
ten sowie des überregionalen und inter-      nitz wurde mit dem »Open Library                      Die deutschsprachige Grafik
nationalen Engagements prüfen. Noch          Badge 2016« ausgezeichnet. Wie die                    können Sie sich auch über
bis zum 30. April können sich Biblio-        Universität mitteilt, wurde damit der bi-             die BuB-App downloaden.
theken bewerben: www.bibliotheksver          bliothekarische Einsatz der UB für mehr
band.de/dbv/auszeichnungen/biblio            Offenheit in Wissenschaft und Gesell-
thek-des-jahres/ausschreibung.html           schaft gewürdigt. Beispiele hierfür seien
                                             das Publizieren in Open Access und der      Strategische Prioritäten der DNB
                                             Einsatz von Open-Source-Software etwa
Stellungnahmen zu E-Book-                    für die Universitätsbibliografie oder den   Frankfurt am Main. An die Erfahrungen
Verleih und Urheberrecht                     Online-Katalog. Vor der UB Chemnitz         mit den Strategischen Prioritäten 2013
                                             haben bisher zwei größere Bibliotheken      bis 2016 anknüpfend hat die Deutsche
Berlin. Der Deutsche Bibliotheksver-         diese Auszeichnung erhalten, die ei-        Nationalbibliothek nun die Planung der
band (dbv) hat im Rahmen der Verbän-         nem Zertifikat ähnelt: die Universitäts-    Schwerpunkte ihrer Arbeit für die nächs-
debeteiligung des Bundesjustizminis-         bibliothek der TU Berlin und die Säch-      ten vier Jahre veröffentlicht. Ausgerich-
teriums zwei Stellungnahmen verfasst:        sische Landesbibliothek – Staats- und       tet sind die Ziele für den Zeitraum 2017

                                                                                                                        ANZEIGE

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BuB 69 04/2017                                                                                                                    157
FOYER NACHRICHTEN

bis 2020 an dem im September 2016           Forschungsfotografen des 19. Jahrhun-       und Festkörperphysik. Dabei handelt
veröffentlichten Papier »Deutsche Nati-     derts. Sein fotografisches Werk ist vor     es sich vorwiegend um Konferenzbe-
onalbibliothek 2025: Strategischer Kom-     allem durch seine spektakulären Auf-        richte, die gerade in den Ingenieurwis-
pass«. Während der Kompass die Rich-        nahmen der Maya-Ruinen bekannt ge-          senschaften eine wichtige Rolle in der
tung für die nächsten zehn Jahre vor-       worden. Kein anderer Forscher hat so        Wissenschaftskommunikation spie-
gibt und damit weiter in die Zukunft        viele vorher unbekannte Maya-Ruinen         len. Die Vorgaben für eine Förderung
blickt, machen die Strategischen Priori-    entdeckt und fotografiert. Malers Foto-     durch die Deutsche Forschungsgemein-
täten 2017 bis 2020 die mittelfristigen     grafien sind noch heute wichtige Doku-      schaft sichern umfangreiche und dau-
Ziele transparent. Die Strategischen Pri-   mente für Studien zur Architektur und       erhafte Nutzungsrechte sowie eine Be-
oritäten geben einen Überblick über ge-     zu den Inschriften der Maya-Zivilisation.   rücksichtigung des Open-Access-Ge-
plante Aktivitäten, unterstützen Mitar-                                                 dankens. 2017 nehmen insgesamt elf
beiter im Arbeitsalltag dabei, die rich-                                                Konsortialpartner an der Allianz-Lizenz
tigen Akzente zu setzen und dienen als      TIB verhandelt Allianz-Lizenz               teil – sechs Hochschulen und fünf For-
Planungsgrundlage. Weitere Details un-                                                  schungseinrichtungen. Interessierte In-
ter: www.dnb.de/DE/Aktuell/Neues/           Hannover. Zum Jahresanfang startete         stitutionen können bei dem Opt-In-Mo-
publikationen.html                          die Allianz-Lizenz für die ingenieur-       dell noch für die Lizenzjahre 2018 und
                                            wissenschaftliche Volltextdatenbank         2019 einsteigen.
                                            »Scientific.Net: Materials Science and
Historische Fotografien Mexikos             Engineering« des Verlags Trans Tech Pu-
                                            blications (TTP), die die Technische In-    LBZ auf Twitter vertreten
Hamburg. Eine Ausstellung mit histo-        formationsbibliothek (TIB) verhandelt
rischen Fotografien Mexikos ist noch        hat. Die TIB ermöglicht im Rahmen die-      Koblenz. Das Landesbibliothekszent-
bis zum 23. April in der Staatsbiblio-      ser Allianz-Lizenz den Zugang zu aktu-      rum Rheinland-Pfalz ist ab sofort auch
thek zu sehen. Teobert Maler (1842-         ellen Beiträgen in den Bereichen Werk-      auf Twitter vertreten. Geplant sind
1917) gilt als einer der bedeutendsten      stoffwissenschaften, Materialforschung      Tweets zu kleinen und großen aktuellen

  Neues aus der IT-Welt für Bibliotheken
  
  Tagesseminar im Rahmen der Fachkonferenz der Bibliotheksfachstellen / 17. Mai in Rendsburg

  Die Fachkonferenz der Bibliotheks-        10 bis 16.45 Uhr in der Büchereizent-           4. NETzWorking – Grundlagen-
  fachstellen in Deutschland führt          rale Schleswig-Holstein, Wrangelstr. 1,     kurs für digitale Werkzeuge und Bib-
  jährlich ein dreitägiges EDV-Semi-        24768 Rendsburg statt – und zwar mit        liotheksarbeit im Social Web (Fach-
  nar für die Mitarbeiter/innen der         folgenden Themen:                           stelle für Öffentliche Bibliotheken
  Bibliotheksfachstellen zur Weiter-            1. Mehr Flexibilität und längere Öff-   Nordrhein-Westfalen)
  bildung und zum Erfahrungsaus-            nungszeiten für den Kunden – die »Of-           Das ausführliche Programm mit
  tausch durch. Der Termin für 2017         fene Bibliothek« in Hamburg (Carolin        Abstracts steht unter www.fachstel
  wird der 16. bis 18. Mai in Rends-        Rohrßen; Bücherhallen Hamburg, Stellv.      len.de im Internet.
  burg sein. Das Seminar wird an ei-        Bereichsleitung EDV und Organisation)           Der Teilnahmebeitrag liegt bei
  nem Tag auch für interessierte Kol-           2. Vom »Gaming-Projekt im länd-         25 Euro inklusive Tagungsgetränken.
  leginnen und Kollegen aus den Bib-        lichen Raum« zu »#GamingWahnsinn            Anmeldung bis spätestens 30. April
  liotheken geöffnet.                       – das Finale« (Diplom-Bibliothekarin        2017 an: Hessische Fachstelle für Öf-
                                            Daniela Verhoeven; Leiterin der Öffent-     fentliche Bibliotheken bei der Hoch-
  Am 17. Mai wird eine Ganztagsveran-       lichen Bücherei Geldern)                    schul- und Landesbibliothek Wiesba-
  staltung mit aktuellen Themen an-             3. Smart mobil! – Tablets, Smart-       den, Rheinstraße 55/57, 65185 Wies-
  geboten. Der Titel der Veranstaltung      phone & Apps in der Arbeit mit Kindern      baden, Fax: 0611/9495-1874, E-Mail:
  lautet »Input am Nord-Ostsee-Ka-          und Jugendlichen nutzen (Johannes           alexander.budjan@hs-rm.de (Rück-
  nal – Neues aus der IT-Welt für Bib-      Wentzel; nethex.Medienkompetenz für         fragen an: Alexander Budjan, Telefon
  liotheken«. Sie findet am 17. Mai von     die Bildungsarbeit)                         0611/9495-1870)

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FOYER NACHRICHTEN

Neuigkeiten aus dem Bibliotheksalltag,
Recherchetipps, Kurzmeldungen, Neu-
                                              Die Zukunft der E-Leihe
                                              
erscheinungen oder Veranstaltungshin-
weise. Dem Account folgen kann, wer
bei Twitter nach dem Benutzernamen            E-Medien-Konferenz für Verlage und Bibliotheken
@LBZ_RLP sucht. Der erste inhaltliche
                                              am 26. April in München
LBZ-Tweet macht auf ein neues Angebot
des LBZ aufmerksam: Für Neuankömm-
linge in Deutschland werden in der Rhei-
nischen Landesbibliothek in Koblenz           Ob neue Leih-Konditionen, das EuGH-Urteil, das Projekt DEAL oder die
zweisprachige Bibliotheksführungen            Open-Access-Debatte – auch in diesem Jahr bietet das Thema »E-Leihe« viel
angeboten.                                    Zündstoff. So stoßen Bibliotheken bei dem Versuch, ihren Nutzern eine re-
                                              präsentative Auswahl an E-Book- und E-Journals zu bieten, häufig an lizenz-
                                              rechtliche Grenzen. Und Verlage stehen vor der Aufgabe, Kooperationsmo-
Internationale Beachtung                      delle zu entwickeln, die das eigene E-Business nicht gefährden. Vor diesem
                                              Hintergrund veranstaltet die Akademie der Deutschen Medien am 26. April
Köln. In Sachen innovativer Bibliotheks-      die E-Medien-Konferenz für Verlage und Bibliotheken.
arbeit hat die Stadtbibliothek Köln im-
mer wieder die Nase vorn. Sie sorgt           Die Konferenz bietet Teilnehmern und Referenten die Möglichkeit für den un-
mit ihren Aktivitäten inzwischen nicht        mittelbaren Erfahrungsaustausch. In Strategie-Keynotes und Praxisvorträgen
nur in Deutschland für Aufmerksam-            präsentieren die Referenten Einblicke in die Bibliothek der Zukunft und Best
keit, sondern wird auch zusehends im          Practices für Kooperationsmodelle zwischen Verlagen und Bibliotheken. Zu-
Ausland wahrgenommen. Am 21. Feb-             dem bieten Roundtable-Sessions Raum für persönliche Fragestellungen und
ruar erschien in der britischen Tageszei-     Diskussionen.
tung »The Guardian« ein großer Bericht            Die Referenten sind unter anderen Ursula Feindor-Schmidt (Fachanwältin
über die Angebote für Flüchtlinge in der      für Urheber- und Medienrecht), Branka Felba (Missing Link), Michaela Hammerl
Stadtbibliothek Köln. Unter dem Titel         (Bayerische Staatsbibliothek), Dubravka Hindelang (Carl Hanser Verlag), Rudolf
»You fill this room with life« fragt der      Mumenthaler (Professor für Bibliothekswissenschaft, HTW Chur).
Autor, ob das Vereinigte Königreich von           Der reguläre Bibliotheks-Ticketpreis beträgt 390 Euro. Mitglieder des
den Aktivitäten der Bibliothek lernen         Berufsverbands Information Bibliothek (BIB) erhalten zusätzlich 15 Ra-
könne. Zu finden ist der Artikel unter:       batt (im Kommentarfeld des Online-Anmeldeformulars das Stichwort »BIB
www.theguardian.com/cities/2017/              e.V.« angeben). Weitere Informationen und Anmeldung zur Konferenz:
feb/21/cologne-library-opens-doors-           http://verlage-bibliotheken-konferenz.de
refugees-you-fill-room-with-life

Projekt »Smart Harvesting 2«                Forschungsgemeinschaft (DFG) geför-        Informationsversorgung der Wissen-
                                            dert. Die Software soll Open Source für    schaft aufgebaut werden. Dieser The-
Köln. Freier digitaler Zugang zu Fachli-    Betreiber aller Fachdisziplinen zur Ver-   menschwerpunkt ist für die bibliotheks-
teratur ist eine Voraussetzung für hoch-    fügung stehen.                             und informationswissenschaftliche
wertige Forschungsarbeit und die Ver-                                                  Lehre und Forschung sowie für die Be-
mittlung von Wissen. Doch die immer                                                    rufspraxis von besonderer Bedeutung.
größer werdende Publikationsland-           FID Buch-, Bibliotheks- und
schaft macht es für Anbieter von Lite-      Informationswissenschaften
raturdatenbanken schwierig, biblio-                                                    BSB testet semantisches
grafische Daten zu erheben, aufzube-        Leipzig. Der gemeinsame Antrag der UB      Recherche-Werkzeug
reiten und diese schnell an ihre Nutzer     Leipzig und der HAB Wolfenbüttel an
weiterzugeben. Im Forschungsprojekt         die Deutsche Forschungsgemeinschaft        München. Die Bayerische Staatsbiblio-
»Smart Harvesting 2« arbeiten Forscher      (DFG) zur Errichtung eines Fachinfor-      thek (BSB) testet den »Discovery Ser-
der TH Köln, Universität Trier und des      mationsdienstes (FID) Buch-, Biblio-       vice« von Yewno als zusätzliche the-
GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwis-     theks- und Informationswissenschaften      matische Suchmaschine für digitale
senschaften jetzt an einer softwareba-      war im zweiten Anlauf erfolgreich. Die     Volltexte. Die Software arbeitet auf
sierten Lösung zur Erfassung und Auf-       »Fachinformationsdienste für die Wis-      Basis von künstlicher Intelligenz und
bereitung bibliografischer Daten aus        senschaft« als Folgemodell der »Son-       maschinellen Lernens. Als erste euro-
dem World-Wide-Web. Das Projekt wird        dersammelgebiete« sollen als ein fle-      päische Einrichtung stellt die BSB die
mit 414 000 Euro durch die Deutsche         xibles und zukunftsfähiges System der      neue Recherchetechnologie in einer

BuB 69 04/2017                                                                                                             159
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