Europa gestalten - unsere Zukunft - GemeinsamEuropaGestalten - DIHK
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Europa gestalten – unsere Zukunft IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 GemeinsamEuropaGestalten
2 IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 Unter dem Titel „Europa gestalten – unsere Zukunft!“ stellt der DIHK die Auswertung der Ergebnisse einer Online-Umfrage vor, an der sich das unternehmerische Ehrenamt der IHK-Organisation beteiligt hat. Grundlage der Auswertung sind Antworten von bundesweit knapp 1.800 Unternehmen aus den Vollversammlungen der IHKs und den Fachausschüssen des DIHK. Diese verteilen sich auf die Wirtschaftszweige Industrie (29 Prozent), Bauwirtschaft (fünf Prozent), Handel (18 Prozent), Verkehr (sechs Prozent), Gastgewerbe (fünf Prozent), Information/Kommunikation (sechs Prozent), Finanzwirtschaft (neun Prozent) und sonstige Dienstleistungen (22 Prozent). 60 Prozent der antwortenden Unternehmen sind in der EU aktiv, 37 Prozent in Drittstaaten. In regionaler Hinsicht kommen die Antworten zu 21 Prozent aus dem Norden Deutschlands, zu 36 Prozent aus dem Westen, zu 16 Prozent aus dem Osten und zu 28 Prozent aus dem Süden. Dabei werden dem Norden die Bundesländer Bremen, Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, dem Westen die Bundesländer Hessen, Nordrhein- Westfalen, Rheinland-Pfalz und das Saarland, dem Osten die Bundesländer Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie dem Süden die Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern zugerechnet. Die Umfrage fand vom 1. bis 10. März 2019 statt. Herausgeber © Deutscher Industrie- und Handelskammertag | Berlin | Brüssel DIHK Berlin: Postanschrift: 11052 Berlin | Hausanschrift: Breite Straße 29 | Berlin-Mitte Telefon (030) 20 308-0 | Telefax (030) 20 308 1000 DIHK Brüssel: Hausanschrift: 19 A-D, Avenue des Arts | B-1000 Bruxelles Telefon ++32-2-286 1611 | Telefax ++32-2-286 1605 Internet www.dihk.de www.facebook.com/DIHKBerlin http://twitter.com/DIHK_News Redaktion Freya Lemcke Moritz Hundhausen Durchführung Sophia Krietenbrink Stand April 2019
IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 3 Die wesentlichen Ergebnisse Deutsche Unternehmen sehen einen klaren Mehrwert in der Europäischen Union (EU). Der Binnenmarkt, die gemeinsame Währung und die EU-Handelspolitik liefern konkreten Nutzen für große Mehrheiten unter den Betrieben. Diese grundsätzliche Unterstützung kommt von allen Unternehmen, unabhängig davon, ob sie in der EU oder auch außerhalb international tätig sind oder nicht. Prioritäre Aufgaben erkennen die Unter- nehmen für die Zeit nach der EU-Wahl in der Erhöhung der Krisenfestigkeit der Währungsunion. Nutzen der europäischen Integration: • Die Unternehmen in Deutschland sehen den größten Integrationserfolg der EU in der Stabilität des politischen Systems und damit in den für die Unternehmen relevanten Rahmenbedingungen. 82 Prozent der Unternehmen ordnen diesem Aspekt einen hohen Nutzen zu. Gerade in einem schwieriger werdenden außenwirtschaftlichen Umfeld bildet die EU einen wichtigen Anker für Verlässlichkeit und Planbarkeit. • Auch der Euro (Wegfall von Wechselkursrisiken: 73 Prozent) und der Binnenmarkt (Zugang zu europäischen Märkten: 69 Prozent) stehen oben auf der Liste der Integrationserfolge. Für die international agierenden Unternehmen ist zudem die gemeinsame Handelspolitik von großer Bedeutung. Mehr als zwei Drittel der Betriebe mit Geschäften in Drittstaaten ordnet diesem Punkt einen hohen Nutzen zu. • Am geringsten werden die Integrationsvorteile hinsichtlich verbesserter Finanzierungsmöglichkeiten eingestuft. Trotz der großen Veränderungsprozesse, die hier auf EU-Ebene angestoßen wurden, sieht nur rund ein Viertel der Unternehmen einen spürbaren Nutzen. Hier ist die Integrationsleistung der EU noch ausbaufähig. Prioritäten nach der EU-Wahl: • Oberstes Gebot für die EU-Politik nach der Europawahl ist die Erhöhung der Krisenfestigkeit der Währungsunion. 62 Prozent der Unternehmen sehen dies als Priorität an. Vergangene Krisen haben den Wirtschaftsraum stark erschüttert. Die bisherigen Maßnahmen sind hier noch nicht ausreichend. • Rund die Hälfte der Unternehmen wünschen sich darüber hinaus Aktivitäten, die die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft in den Blick nehmen: Die Sicherung von Fachkräften durch die Stärkung der Berufsbildung in der EU und die Schaffung von level playing fields durch z.B. starke multilaterale Handelsregeln oder die Vereinheitlichung der steuerlichen Bemessungsgrundlage. • Unter den Top 5 der Prioritäten findet sich zudem der Wunsch, die EU möge bei neuen Regulierungen die Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) verbindlich berücksichtigen. Der bisher eingeführte KMU-Test, der die KMU-Dimension bei Folgenabschätzungen für neue Gesetze abbildet, führt noch nicht zur ausreichenden Vermeidung unnötiger Bürokratie für kleinere Unternehmen. Einstellung zu wichtigen wirtschaftspolitischen Fragen: • 67 Prozent der Unternehmen sagen, „die EU ist besser als ihr Ruf“, nur knapp jedes zehnte Unternehmen ist dezidiert anderer Meinung. Das verdeutlicht, dass die Unternehmen die ökonomischen Vorteile und Erleichterungen, welche die EU generiert, allen aktuellen Widrigkeiten zum Trotz sehr zu schätzen wissen. • Die Befragung führt zahlreiche Stellschrauben vor Augen, welche Brüssel aus Unternehmenssicht dringend nachjustieren sollte. So etwa beim Thema Datenschutz: Die Hälfte der Unternehmen stellt eine uneinheitliche Umsetzung in der EU fest. 40 Prozent sehen ihre Wettbewerbsposition durch die DSGVO geschwächt. • Der Niedrigzinspolitik der EZB steht aktuell ein Großteil der Unternehmen kritisch gegenüber. Jedes zweite Unternehmen sorgt sich um die langfristigen Folgen der Niedrigzinspolitik der EZB. • Klare Prioritäten beim Brexit: Um den Binnenmarkt und die vier Grundfreiheiten der EU zu schützen, würden 85 Prozent der Unternehmen sogar Schäden im Handel mit dem Vereinigten Königreich akzeptieren.
4 IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 1. Nutzen der europäischen Integration Die Unternehmen in Deutschland sehen den höchs- EU-Förderprogramme sowie verbesserte Finanzie- ten Nutzen der europäischen Integration in der Sta- rungsmöglichkeiten wird hingegen ein deutlich bilität des politischen Systems. Gerade in einem geringerer unternehmerischer Nutzen gesehen. schwieriger werdenden außenwirtschaftlichen Insgesamt werden die Vorteile der europäischen Umfeld ist die EU ein wichtiger Anker für Verläss- Integration von den Unternehmen deutlich höher lichkeit. Auch der Euro und der Binnenmarkt stehen eingeschätzt als in der letzten Umfrage zu diesen seitens der Unternehmen ganz weit oben auf der Themenfeldern von 2006. Nach der überstandenen Liste der Integrationserfolge. Für die international Euroschuldenkrise und in einem von Verwerfungen agierenden Betriebe ist zudem die gemeinsame geprägten internationalen Umfeld treten sie heute Handelspolitik von großer Bedeutung. Mit Blick auf noch deutlicher zu Tage. Aus der europäischen Integration ziehen Unternehmen in folgenden Aspekten einen hohen Nutzen gesorgt, sondern auch für stabile wirtschafts- EU als Stabilitätsanker im schwierigen politische Rahmenbedingungen und damit mehr Umfeld Planungssicherheit für unternehmerisches Handeln. 82 Prozent der Unternehmen sehen einen sehr Unternehmenszitat: hohen oder hohen Nutzen. 2006 waren es noch 53 ˮ Europa ist mehr als nur ein einheitlicher Prozent. Der Bedeutungsgewinn erscheint Binnenmarkt. Die Idee Europa muss angesichts der Spannungen innerhalb der EU und gestärkt und kommuniziert werden!" des geplanten Austritts des Vereinigten Königreichs bemerkenswert. Augenscheinlich geht die aktuell Für die Unternehmen ist der Beitrag der EU zur Sta- global schwierige Großwetterlage auch mit einer bilität der größte Integrationserfolg. Die EU hat größeren Bedeutung des Zusammenhalts in der EU dabei nicht nur für ein friedliches Zusammenleben und des Binnenmarkts einher.
IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 5 Integrationserfolge Euro und Binnenmarkt ist der größte Handelsblock der Welt. Eine gemein- same Handelspolitik ist dank des gemeinsamen EU- Das Unternehmervotum für ein Europa des Aus- Gewichts wirksamer als nationale Alleingänge - tauschs von Waren und Dienstleistungen in einem beim Öffnen neuer Märkte genauso wie beim gemeinsamen Markt mit gemeinsamer Währung ist Schutz vor unfairen Wettbewerbspraktiken. überaus deutlich: Der Wegfall von Wechselkursrisi- Derzeit sind Handelsabkommen mit über 70 ken, der Zugang zu europäischen Märkten sowie Ländern in Kraft, weitere werden ratifiziert und mit einheitliche EU-Normen und Standards stehen bei rund 20 Ländern werden neue Abkommen den Vorteilen, die aus Unternehmenssicht die verhandelt. europäische Integration erzeugt, ziemlich weit oben. Noch deutlicher fällt das Votum bei den auslandsaktiven Unternehmen aus. Durch den Weniger Wettbewerbsverzerrungen gemeinsamen Binnenmarkt gehören Sorgen über die Entwicklung des Wechselkurses gegenüber Dem Aspekt „Weniger Wettbewerbsverzerrungen“ anderen europäischen Märkten der Vergangenheit ordnet gut die Hälfte der Unternehmen einen an. Zudem sind die Zeiten langer Schlagen an den hohen Nutzen zu. Der Wettbewerb wird im Binnen- Binnengrenzen sowie Ein- und Ausfuhrzölle markt etwa dadurch gestärkt, dass nationale innerhalb der EU lange vorbei. Einheitliche EU- Rechtsvorschriften angeglichen werden. Allerdings Normen und Standards sorgen außerdem dafür, gibt es vor allem bei der Durchsetzung des dass Produkte und Leistungen nicht aufwändig für geltenden Rechts auch noch erheblichen jedes EU-Land einzeln angepasst werden müssen Nachholbedarf. In einigen Mitgliedstaaten kommen und Unternehmen somit mit weniger Mühe und Protektionismus und Mängel beim Rechtsschutz Kosten innerhalb des Binnenmarktes aktiv werden durch nationale Gerichte hinzu. können. Fachkräfte dringend gesucht – auch im Hoher Nutzen der europäischen Ausland Integration für auslandsaktive Unternehmen im Aspekt ... Der Fachkräftemangel ist aus Sicht der deutschen Unternehmen das größte Risiko für ihre Geschäfts- 83 80 entwicklung (vgl. DIHK Konjunkturumfrage 72 Jahresbeginn 2019) – und das bereits seit mehreren 62 Jahren. Vor diesem Hintergrund gewinnt die Einstellung von Personal aus dem Ausland an Bedeutung. Fast die Hälfte der Unternehmen sieht in der europäischen Integration mit Blick auf die Fachkräftegewinnung aus anderen EU- Wegfall von Zugang zu Einheitliche Gemeinsame Mitgliedsstaaten einen hohen Nutzen. Dazu trägt Wechselkurs- europäischen EU-Normen Handelspolitik vor allem die Personenfreizügigkeit im Binnenmarkt risiken Märkten und Standards bei. Allerdings bleiben sprachliche Barrieren häufig Anteil 1+2 auf einer Skala von 1 = sehr hoch bis 5 = keinen eine Herausforderung. Hinzu kommt, dass es nur in wenigen anderen EU-Ländern dem Dualen System vergleichbar praxisnahe Systeme der beruflichen Handelspolitik: Gemeinsam globale Bildung gibt – obgleich eine Diskussion darüber Herausforderungen meistern spätestens seit dem Auftreten zum Teil extrem hoher Jugendarbeitslosigkeit gerade in süd- 57 Prozent der Unternehmen ziehen aus der europäischen Ländern bereits seit langem geführt gemeinsamen Handelspolitik einen hohen Nutzen. wurde. Bei den Unternehmen, die in Drittländern aktiv sind, liegt der Anteil sogar bei 70 Prozent. Die EU
6 IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 Förderung möglichst bürokratiearm Förderung der Wettbewerbsfähigkeit von Regionen. Allerdings nimmt nur ein geringer Teil der Unternehmenszitat: deutschen Unternehmen selbst EU-Förder- ˮ programme in Anspruch. Ein Grund ist dabei der Eine Vereinfachung der EU-Verfahren für teils enorme Verwaltungsaufwand. Gerade in den Förderanträge und Verwaltungsprozesse Bereichen Forschung und Innovation, bei der ist dringend erforderlich." Unterstützung der digitalen Transformation in Mit Blick auf Förderprogramme im Binnenmarkt ist Unternehmen und bei Neugründungen sind die die Unternehmerschaft gespalten. 38 Prozent der Programme dennoch ein wichtiges Instrument. Unternehmen bewerten den Nutzen als sehr hoch Entscheidend ist, dass die Programme praxisnah oder hoch. Demgegenüber stehen 17 Prozent, die und bürokratiearm ausgestaltet werden. Hierbei hat hieraus gar keinen Nutzen für ihr Unternehmen die EU-Kommission beispielsweise mit dem KMU- ziehen. Zwar profitieren viele Betriebe indirekt von Instrument schon erste Fortschritte gemacht, so Investitions- und Strukturfonds der EU – etwa durch dass die Beteiligungsmöglichkeiten für die Breite eine verbesserte Infrastruktur und durch die der Wirtschaft erleichtert werden. Welchen Nutzen zieht Ihr Unternehmen aus der europäischen Integration in den folgenden Aspekten? (Anteil 1+2 auf einer Skala von 1 = sehr hoch bis 5 = keinen) Fachkräftegewinnung Förderprogrammen Wechselkursrisiken PolitischeStabilität Mitgliedsstaaten aus anderen EU- Einheitliche EU- Finanzierungs- Wettbewerbs- Handelspolitik Zugang zu EU- möglichkeiten europäischen verzerrungen Gemeinsame Normen und Verbesserte Wegfall von Zugang zu Standards Märkten Wenige Alle Branchen 82 69 67 73 51 57 25 38 45 Industrie 86 84 75 85 58 69 21 31 36 Bau 76 42 63 55 48 44 33 37 65 Handel 82 66 69 77 49 52 22 22 33 Verkehr 80 78 63 79 57 65 28 46 63 Gastgewerbe 71 56 49 60 40 34 23 43 73 Information/Kommunikation 79 67 58 72 53 42 21 40 35 Finanzwirtschaft 86 45 38 61 38 34 18 30 15 Sonstige Dienstleistungen 81 62 65 65 49 52 29 48 50 Finanzplatz Europa – ausbaufähig! Ein Viertel der Unternehmen ordnet der günstigen Finanzierungsangeboten den inter- verbesserten Finanzierungssituation durch die national operierenden Mittelstand begleiten. Die europäische Integration einen hohen Nutzen zu. Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank In der Finanzwirtschaft sind es nur 18 Prozent. kaschiert aktuell allerdings, dass die europäische Die Integration der Finanzmärkte auf Integration der Finanzmärkte noch nicht weit europäischer Ebene verspricht insgesamt fortgeschritten ist und dass das Thema positive Effekte auf die Finanzierungsmöglich- Finanzierung seitens sehr vieler Unternehmen als keiten in der Wirtschaft. Von entsprechend ein drängendes Problem wahrgenommen wird. besseren Refinanzierungsmöglichkeiten könnten Zudem belastet die anhaltende Niedrigzinspolitik insbesondere die Teile der kreditgebenden die Ertragssituation der kreditgebenden Wirtschaft profitieren, die mit ihren relativ Wirtschaft, weshalb die Finanzwirtschaft den
IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 7 Aspekt „Verbesserte Finanzierungsmöglich- sichtbare Erfolge bei der Weiterentwicklung der keiten“ am aktuellen Rand recht kritisch sieht. Banken- und Kapitalmarktunion vorweisen zu Mit Blick auf die Zukunft der europäischen können. Integration der Finanzmärkte wäre es wichtig, 2. Prioritäten nach der EU-Wahl Aus Sicht der Unternehmen ist die Stärkung der europäischen Wirtschaft durch die Ausbildung Krisenfestigkeit der Währungsunion die dringlichste qualifizierter Fachkräfte ist angesichts des Aufgabe für die neue EU-Kommission und das neue Fachkräftemangels hierzulande ein prioritäres Europaparlament. Vergangene Krisen sind nach wie Anliegen. Zudem rücken die Unternehmen die vor präsent und die bisherigen Rettungs- Verantwortung der EU für klare Spielregeln für maßnahmen haben noch nicht zu den strukturellen internationalen Handel vor dem Hintergrund der Veränderungen geführt, die zur Vermeidung enormen handelspolitischen Verwerfungen ins zukünftiger Krisen notwendig sind. Auch die Blickfeld. langfristige Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Welche Prioritäten sollte sich die EU nach der Wahl für ihre Arbeit setzen? (in Prozent, Mehrfachnennung möglich) alle Branchen Branche mit höchster Einschätzung Krisenfestigkeit der Währungsunion erhöhen Finanz- 62 81 wirtschaft Fachkräftesicherung durch praxisnahe Berufsbildung in der EU unterstützen 55 82 Gastgewerbe Multilaterale Regeln für den Welthandel stärken, 54 71 Industrie gegen Protektionismus vorgehen Steuerliche Bemessungsgrundlagen vereinheitlichen 49 63 Gastgewerbe KMU-Auswirkungen bei neuen Regulierungen 46 55 Finanzwirtschaft verbindlich berücksichtigen Bei der Klima- und Umweltpolitik die 38 48 Industrie Wettbewerbsfähigkeit berücksichtigen Hürden im EU-Binnenmarkt für Warenhandel verringern 37 4 Handel 9 Hürden für grenzüberschreitende Dienstleistungen verringern 35 Verkehr Schutz und wirtschaftliche Nutzung von Daten in 30 42 Finanzwirtschaft der EU rechtssicher gestalten Krisenfestigkeit der Währungsunion werden. Dabei sind Maßnahmen zur Auflösung der engen Verflechtung von Staatsfinanzierung und Die Krisenfestigkeit der Währungsunion liegt den jeweiligen Bankenbilanzen zu ergreifen, wie z. B. die Unternehmern besonders am Herzen: 62 Prozent Entprivilegierung von Staatsanleihen bei den geben ihre Erhöhung als Priorität für die EU nach der Kapitalunterlegungsvorschriften sowie der Abbau Wahl an. Für die Finanzbranche hat die Erhöhung von Beständen an notleidenden Krediten und der der Krisenfestigkeit sogar mit 81 Prozent Vorrang. teils sehr hohen Staatsverschuldung. Diese Schritte Zur Stabilisierung der Währungsunion müssen die zur Stärkung der Währungsunion sollten mit Banken- und Kapitalmarktunion vorangetrieben konkreten Maßnahmen zur Steigerung der
8 IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 Wettbewerbsfähigkeit aller EU-Mitgliedstaaten Verbündeten voranzugehen. Andere Länder dürften einhergehen. sich dem Einsatz für ein wertebasiertes, offenes Handelssystem anschließen. Talent wanted Gut und praxisnah ausgebildete Fachkräfte sind ein Schlüsselelement für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen und der gesamten EU. Dringenden Handlungsbedarf auf europäischer Ebene hierzu sehen 55 Prozent der Unternehmen, womit dieses Thema für sie das zweitwichtigste ist. Um eine bessere Beschäftigungsfähigkeit insbesondere auch von jungen Menschen zu erreichen, sollten europaweit auf nationaler Ebene attraktive und praxisnahe duale Berufsbildungsprogramme gestärkt werden, damit diese noch stärker als valide Alternative zum Hochschulstudium angesehen werden. EU-Priorität: Fachkräftesicherung durch Mehr level playing field bei den Steuern praxisnahe Berufsbildung in der EU unterstützen in Prozent Knapp die Hälfte der Unternehmen wünscht sich einen Fokus auf der Schaffung eines level playing 82 76 fields bei der Bestimmung der steuerlichen Bemessungsgrundlage in der EU. Eine „Gemeinsame 55 konsolidierte Körperschaftsteuerbemessungs- grundlage (GKKB)“ würde zumindest im EU-internen Standortwettbewerb für mehr Transparenz sorgen. Darüber hinaus würden grenzüberschreitend tätige Unternehmen von Bürokratie entlastet und die Rechtssicherheit erhöht. Bei vollständiger Alle Branchen Gastgewerbe Umsetzung der GKKB – d.h. einschließlich der grenzüberschreitenden Verlustverrechnung – Besonders bedeutend ist das Thema für das würden etliche Missbrauchsbekämpfungsnormen Gastgewerbe und die Baubranche: Hier erachten 82 unnötig. Die Einführung von Mindeststeuersätzen bzw. 76 Prozent die Förderung von praxisnaher (bei einheitlichen Bemessungsgrundlagen) sollte Berufsbildung als Priorität, auch für die neue EU- hingegen unterbleiben, weil sie dem Kommission. Wettbewerbsgedanken widerspricht. Besonders relevant ist das Thema für das Gastgewerbe (63 Gemeinsame Herausforderung Protektionismus Prozent) und die Verkehrsbranche (57 Prozent). Beide Bereiche sehen sich im europäischen Die Unternehmen stoßen weltweit auf immer mehr Vergleich durch eine in Deutschland hohe Steuer- Handelshemmnisse. Protektionistische Wirtschafts- und Abgabenbelastung im Wettbewerb politiken und Handelskonflikte - insbesondere benachteiligt. zwischen den wirtschaftlichen Schwergewichten USA und China - werden von Unternehmen deutlich wahrgenommen. 54 Prozent der Unternehmen wünschen sich, dass die EU stärker gegen Protektio- nismus vorgeht und multilaterale Handelsregeln stärkt. Hier ist es an der EU, mit starken
IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 9 Think small first – verbindliche KMU-Tests Neue Regelungen und Auflagen im Bereich der Klima- und Umweltpolitik sollten nicht dazu führen, Unternehmenszitat: dass sich ein weiteres globales Ungleichgewicht bei ˮ den Wettbewerbsbedingungen zu Lasten Die Politik sollte wieder bessere europäischer Unternehmen ergibt. Unter den Rahmenbedingungen für die mittel- Unternehmen mit Aktivitäten in Drittstaaten ständischen Unternehmen schaffen. nehmen 42 Prozent diese Aufgabe als besonders Bürokratieabbau und nicht Aufbau!" wichtig wahr. Dahinter steht die Auffassung, dass Für fast die Hälfte aller Unternehmen hat es einen Klimaschutz eine globale Herausforderung ist – die großen Stellenwert, dass die EU Auswirkungen von auch am besten global zu bewältigen ist. Der DIHK neuen Regulierungen auf kleine und mittlere plädiert daher für einen weltweiten Emissions- Unternehmen (KMU) verbindlich berücksichtigt. handel. Im Umweltbereich sollte in Anbetracht der Dieser sogenannte KMU-Test bei Folgen- bereits vorhandenen Regelungsdichte in Europa die abschätzungen wurde 2008 durch den Small einheitliche Umsetzung bestehender Vorschriften Business Act der EU-Kommission eingeführt. Die im Vordergrund stehen. Dies gilt etwa bei der Antwort der Unternehmen legt jedoch nahe, dass Förderung einer Kreislaufwirtschaft in Europa. hier nach wie vor erheblicher Nachholbedarf bei der Umsetzung besteht. Weiterhin fehlt es bei neuen Den Binnenmarkt vollenden Vorhaben an KMU-Folgenabschätzungen. Die Probleme zeigen sich dann deutlich bei der Unternehmenszitat: ˮ Umsetzung. Beispiele für EU-Vorhaben, die zuletzt mittelständische Unternehmen besonders belastet Die bestehenden Meldepflichten für haben, sind die Allergenkennzeichnung oder die kurzzeitig entsendetes Servicepersonal Datenschutzgrundverordnung. sind in allen EU Länder unterschiedlich und extrem bürokratisch." Mehr als ein Drittel der Unternehmen sieht die weitere Abschaffung von Hürden im Binnenmarkt für Waren (37 Prozent) und Dienstleistungen (35 Prozent) als Priorität. Noch höher liegen diese Anteile bei den Unternehmen mit Aktivitäten in der EU (43 bzw. 38 Prozent). Beim Warenhandel sind zudem insbesondere Handelsunternehmen betroffen, bei Dienstleistungen vor allem die Verkehrsbranche. EU-Priorität: Hürden im EU-Binnenmarkt für Warenhandel verringern in Prozent 49 43 45 Wettbewerbsfähigkeit in den Fokus der 37 Umwelt- und Klimapolitik rücken Mehr als jedes dritte Unternehmen sieht es als dringlich an, dass bei der Gestaltung der europäischen Klima- und Umweltpolitik auch die Wettbewerbsfähigkeit Europas auf globaler Ebene berücksichtigt wird. In der Industrie hat dieser Alle Auslandsaktive Industrie Handel Aspekt sogar für fast 50 Prozent politischen Vorrang. Branchen Unternehmen
10 IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 Innergemeinschaftliche Marktzugangshürden sind Arbeitnehmerentsendung erschweren ein zeitnahes trotz des gemeinsamen Marktes nach wie vor Alltag Tätigwerden im Nachbarland. Hier muss effektiv für Unternehmen. Die Anforderungen im Hinblick entgegengewirkt werden, damit der Binnenmarkt auf Anzeige-, Melde- oder Nachweispflichten für alle Realität wird. nehmen eher zu als ab. Bürokratische Anforderungen insbesondere bei der kurzfristigen Welche Prioritäten sollte sich die EU nach der Wahl für ihre Arbeit setzen? (in Prozent, maximal fünf Antworten möglich) Dienstleistungen verringern (z.B. bei Steuerliche Bemessungsgrundlagen Schutz und wirtschaftliche Nutzung praxisnahe Berufsbildung in der EU Hürden für grenzüberschreitende Bei der Klima- und Umweltpolitik von Daten in der EU rechtssicher Währungsunionen erhöhen (z.B. Hürden im EU-Binnenmarkt für KMU-Auswirkungen bei neuen Multilaterale Regeln für den Welthandel stärken, gegen Abbau der Staatsschulden) Arbeitnehmerentsendung) Fachkräftesicherung durch Protektionismus vorgehen Regulierungen verbindlich die Wettbewerbsfähigkeit Warenhandel verringern Krisenfestigkeit der vereinheitlichen berücksichtigen berücksichtigen unterstützen gestalten Alle Branchen 54 37 55 62 35 46 30 38 49 Industrie 71 45 43 65 34 45 27 48 48 Bau 50 38 76 62 35 50 23 34 48 Handel 48 49 49 66 30 36 33 36 53 Verkehr 59 31 59 63 49 38 23 38 57 Gastgewerbe 30 26 82 46 38 31 26 34 63 Information/Kommunikation 49 40 59 56 36 52 38 24 53 Finanzwirtschaft 45 27 43 81 20 55 42 20 46 Sonstige Dienstleistungen 49 30 60 57 37 50 31 36 46 Rechtssicherheit für Datennutzung schaffen Der Schutz und die wirtschaftliche Nutzung von werden. Der hier erreichte Schutzgrad muss z.B. Daten werden für Unternehmen aller Branchen auch für den Datenverkehr mit den USA gelten. zunehmend relevant. 30 Prozent der Unternehmen Prinzipien für die Verarbeitung, Nutzung und sehen dieses Thema daher als vorrangig an; in der Archivierung von Daten müssen allgemein gültig IT-Branche mit 38 Prozent deutlich mehr, in der sein, damit Unternehmen neue, länder- Finanzbranche sogar 42 Prozent. Für alle übergreifende Lösungen für ihre Aktivitäten und Tätigkeiten innerhalb der EU sollte weitestmöglich Kunden entwickeln können. europäisches Datenschutzrecht durchgesetzt
IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 11 3. Einstellung zu wichtigen wirtschaftspolitischen Fragen „Die EU ist besser als ihr Ruf“ – dem stimmt ein Die Euroschuldenkrise, der Handelskonflikt mit den Großteil der Unternehmen in Deutschland zu. USA oder der bevorstehende Brexit: Viele politische Dieses pro-europäische Ergebnis unterstreicht aus Entwicklungen fordern die EU heraus. In zahlreichen Unternehmenssicht den wirtschaftlichen Mehrwert Mitgliedstaaten scheint die Kritik an der EU zu der EU. Den Binnenmarkt und die europäischen vier wachsen. Ein Grund: Die Verantwortung für Fehl- Grundfreiheiten beim Brexit zu schützen, halten gar entwicklungen wird oft zuerst auf europäischer 85 Prozent der Unternehmen in Deutschland für Ebene gesucht. Deutsche Unternehmen setzen vor wichtiger als die Vermeidung eines Handelsrück- der Europawahl ein deutliches Zeichen gegen gangs mit dem Vereinigten Königreich. Die Niedrig- europakritische Tendenzen. 67 Prozent der zinspolitik der EZB bewertet ein Großteil der Unternehmen finden, die EU ist “besser als ihr Ruf“. deutschen Unternehmen kritisch. Bei Themen wie Nur 9 Prozent stimmen dem nicht zu. Der erhebliche den Beschränkungen ausländischer Direktinves- Zuspruch seitens der Unternehmerschaft unter- titionen oder der Digitalisierung ist das Votum nicht streicht die ökonomische Bedeutung sowie die ganz so deutlich. Hier bestehen seitens der wirtschaftlichen Vorteile, welche die EU im globalen Unternehmen Zweifel, ob die von der EU Wettbewerb der Unternehmen bietet. Nur gemein- eingeschlagenen Wege die richtigen sind. sam als EU können Regeln weltweit mitbestimmt ˮ und Verhandlungen auf Augenhöhe geführt werden. Insgesamt wird in der öffentlichen Aus Sicht unseres Unternehmens Wahrnehmung häufig übersehen, in welchem ist die EU besser als ihr Ruf.“ Ausmaß die EU – trotz ihrer Schwächen – zu unserem Wohlstand und dem Frieden in Europa beiträgt. Der hohe Zuspruch, den die EU durch das Befragungsergebnis erfährt, sollte Rückenwind für weitere wirtschaftspolitischer Anstrengungen sein, um die Gemeinschaft für bevorstehende Heraus- forderungen zu wappnen.
12 IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 ˮ Im Binnenmarkt gibt es keine relevanten Hindernisse mehr für grenzüberschreitendes ˮ Ich sorge mich als Unternehmer um die langfristigen Folgen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank.“ Wirtschaften.“ Die Niedrigzinspolitik der Europäischen Unter den Unternehmen in Deutschland herrscht Zentralbank einschließlich der Negativzinsen auf Uneinigkeit darüber, ob der Binnenmarkt der EU Einlagen bereitet einem Großteil der deutschen bereits ausreichend verwirklicht ist. Ein Drittel der Unternehmen (57 Prozent) Sorgen. Die Zinspolitik Betriebe spürt keine relevanten Hindernisse für der EZB belastet nicht nur die Profitabilität der grenzüberschreitendes Wirtschaften mehr. 18 Kreditinstitute (90 Prozent der Finanzwirtschaft Prozent sehen hier hingegen immer noch stimmen der Aussage zu), sondern wirkt sich Schwierigkeiten. In vielen Bereichen ist der langfristig womöglich negativ auf die europäische Wirtschaftsraum noch nicht vollendet. kreditnehmende Wirtschaft aus. Die allmähliche Gerade beim „kleinen Grenzverkehr“ leiden Erosion der Erträge aufgrund der Niedrigzinspolitik zahlreiche Unternehmen unter der Bürokratie, etwa bei gleichzeitig hohen Kosten durch Digitalisierung wenn sie ihre Arbeitnehmer ins Ausland entsenden. und Finanzmarktregulierung setzen der kredit- Auch die Umsatzsteuerabrechnung ist komplex und gebenden Wirtschaft immer mehr zu. Als fehleranfällig. Ab 2021 soll dies mit einem OneStop- Konsequenz ist eine Konzentration auf wenige Shop einfacher werden. Die Anwendung der profitable Geschäftsfelder zu befürchten. Damit richtigen Steuersätze wird jedoch eine stellt sich aus Sicht der kreditnehmenden Herausforderung bleiben. Investitionen in der EU Wirtschaft zusehends die Frage, wer ihr zukünftig verlieren mancherorts durch Protektionismus an noch als Finanzierungspartner zur Seite stehen will Attraktivität. Ziel sollte sein, Beschränkungen für oder kann. den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr abzubauen und Investitionen im EU-Ausland attraktiv zu machen: Durch Abbau von Bürokratie, Online-Verfahren, bessere Informationen, eine einheitliche und konsequente Anwendung des Binnenmarktrechts sowie effektiven Rechtsschutz.
IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 13 ˮ Die DSGVO wird europaweit gleich angewendet. Unterschiede in der nationalen Umsetzung sind für ˮ Die DSGVO schwächt unsere Position gegenüber Wettbewerbern aus Ländern uns nicht spürbar.“ außerhalb der EU.“ Fast die Hälfte der deutschen Unternehmen - und 40 Prozent der Unternehmen in Deutschland sehen damit eine strukturelle Mehrheit - stößt in ihren in der DSGVO einen Wettbewerbsnachteil im grenzüberschreitenden Tätigkeiten auf Vergleich zu Konkurrenten aus Staaten außerhalb Unterschiede bei der Umsetzung der Datenschutz- der EU. 16 Prozent sehen keinen regelungen in den EU-Mitgliedstaaten. Insofern Wettbewerbsnachteil. Daher ist der Wunsch vieler erscheint die Schaffung eines einheitlichen Unternehmen verständlich, dass das hohe Datenschutzniveaus in der EU durch die Datenschutzniveau der EU auch für andere Datenschutz-Grundverordnung – bisher - nur Regionen gelten soll. Das in der DSGVO verankerte teilweise gelungen. Es ist einerseits Aufgabe der EU- Marktortprinzip soll dazu beitragen, dass Kommission, die nationalen Datenschutzgesetze in Unternehmen mit Sitz außerhalb der EU sich an die den Mitgliedstaaten auf ihre Kompatibilität mit der EU-Datenschutzregeln zumindest dann zu halten DSGVO zu überprüfen. Andererseits muss aber auch haben, wenn sie in der EU geschäftlich tätig sind. Die der Europäische Datenschutzausschuss die Aus- Idee der DSGVO, Datenschutz zu einem attraktiven legung der DSGVO stärker vereinheitlichen. Es ist Service zu gestalten, der auch von Staaten davon auszugehen, dass diese Maßnahmen mit außerhalb der EU positiv als „best practice“ fortdauernder Geltung der DSGVO greifen und die wahrgenommen wird, ist – entgegen der vorherigen Unterschiede verringern werden. Hoffnung der EU-Kommission - bisher nur teilweise aufgenommen worden (z. B. Japan). Unternehmenszitat: ˮ Die DSGVO ist ein wichtiges Gesetz. Die Umsetzung besonders in Deutschland macht den Datenschutz aber schlechter. Die Daten werden schlechter geschützt, weil die vielen Einwilligungen nicht gelesen werden, sondern in der Regel blind akzeptiert werden."
14 IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 ˮ Der Zusammenhalt der EU und damit des Binnenmarktes darf durch einen Brexit-Deal nicht ˮ Beschränkungen, Unternehmen ganz oder in Teilen an ausländische Investoren zu gefährdet werden, auch wenn der veräußern, müssen ein Handel mit dem Vereinigten Ausnahmefall bleiben.“ Königreich Schaden nimmt.“ Eine strukturelle Mehrheit (44 Prozent) der Der Zusammenhalt der EU ist für die Unternehmen deutschen Unternehmen ist der Meinung, dass in Deutschland von hoher Bedeutung. Die Beschränkungen, Unternehmen ganz oder in Teilen Wirtschaft schätzt die vier Freiheiten des EU- an ausländische Investoren zu veräußern, ein Binnenmarktes, also den freien Verkehr von Waren, Ausnahmefall bleiben sollen. 20 Prozent stimmen Dienstleistungen, Kapital und Fachkräften. Zu deren dem nicht zu. Zwar zeigt sich in dieser Einschätzung Aufrechterhaltung würden 85 Prozent der ein gewisses Maß an Unsicherheit in der Unter- Unternehmen sogar Einbußen im Handel mit dem nehmerschaft, doch überwiegt letztlich das Vereinigten Königreich in Kauf nehmen. Tatsächlich Argument der für unsere Wirtschaftsordnung so ist ein Rückgang des Handels mit Großbritannien zentralen Elemente der Kapitalverkehrsfreiheit bereits Realität. So sind die Exporte von sowie der Möglichkeit, rechtmäßig erworbenes Deutschland nach Großbritannien seit dem Brexit- Eigentum veräußern zu können. In Deutschland Referendum rückläufig. Mit einem Handelsvolumen wurden die Regelungen zur Beschränkung auslän- von 119 Milliarden Euro im Jahr 2018 ist discher Direktinvestitionen zuletzt Ende 2018 Großbritannien dabei der sechstwichtigste verschärft. Weitere Beschränkungen sind im Handelspartner Deutschlands. Für die laufenden Rahmen der nationalen Umsetzung der Anfang Brexit-Verhandlungen folgt aus der Einschätzung März 2019 verabschiedeten EU-Verordnung zur der Unternehmen, dass Brüssel die Integrität des Schaffung eines europaweiten Rahmens für EU-Binnenmarktes mit seinen vier Freiheiten und Investitionsprüfungen zu erwarten. In dem der gemeinsamen Handelspolitik beschützen muss, Verordnungstext wird ausdrücklich betont, dass als um Nachahmungseffekte anderer Mitgliedstaaten Grund für Einschränkungen ausländischer zu vermeiden. Investitionen allein die Bedrohung der nationalen Sicherheit in Frage kommt. Industriepolitische Erwägungen, die Kapitalverkehrsfreiheit einzu- schränken, wurden von politischer Seite bisher
IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 15 negiert, doch Zweifel hierüber bestehen in der Unternehmerschaft fort. ˮ Unser Unternehmen würde EU- Fördergelder gerne (noch stärker) nutzen, der hohe bürokratische ˮ Die Grenzwerte und Fristen für die Luftqualität sind aus Sicht unseres Unternehmens zu streng.“ Aufwand hält uns jedoch davon ab.“ Der bürokratische Aufwand hält 43 Prozent der Mit 42 Prozent gibt eine strukturelle Mehrheit der Unternehmen in Deutschland davon ab, EU- deutschen Unternehmen an, dass sie die Fördergelder zu nutzen. Damit Unternehmen die europäischen Luftqualitätsgrenzwerte sowie die Mittel stärker in Anspruch nehmen, wären Fristen zu deren Einhaltung aus unternehmerischer einfachere Prozesse bei der Antragstellung, dem Sicht für zu streng hält. Gerade die Sorge vor Abruf, der Verwaltung und Prüfung von EU- kostspieligen Fahrverboten für Dieselfahrzeuge Fördergeldern notwendig. Häufig ist nicht treibt Unternehmen in vielen deutschen Städten transparent, welches Förderangebot für welche um. Bereits bei einer Flexibilisierung dieser Fristen spezifische unternehmerische Fragestellung das der Luftqualitätsrichtlinie um wenige Jahre könnten Geeignetste ist. EU-Förderprogramme, die Städte diese Grenzwerte - ohne Fahrverbote - allein überschneidende Ziele und Wirkungen haben, mit Busnachrüstung, optimierter Ampelschaltung sollten deshalb auf den Prüfstand. Prioritär sollte an und verstärktem ÖPNV fast überall einhalten. Dazu einer besseren Abstimmung der Förderprogramme kommen schließlich die positiven Auswirkungen der Horizont 2020 und den EU-Strukturfonds gearbeitet "natürlichen" Fahrzeugerneuerung: In einigen werden. Zu einer deutlichen Vereinfachung für die Jahren werden fast ausschließlich Euro-6-Fahrzeuge Fördermittelnehmer würde zudem eine stärkere am Verkehr teilnehmen. Dieses Ergebnis sollte mit Harmonisierung des Beihilfenrechts mit der EU- in die kritische Diskussion um eine mögliche Regionalförderung führen. Im Bereich der Verschärfung der europäischen Luftqualitätsziele Innovations- und Forschungsförderung wurde mit eingehen. dem KMU-Instrument, das für seine verhältnismäßig unkomplizierte Antragsstellung gelobt wird, bereits eine Reduzierung des bürokratischen Aufwands erreicht.
16 IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 ˮ Die EU bietet im internationalen Vergleich gute Rahmenbedingungen für die ˮ Globale Märkte müssen auch im Wettbewerbsrecht berücksichtigt werden: Europäische Champions Digitalisierung der Wirtschaft.“ und ein funktionierender Wettbewerb in der EU schließen sich nicht aus.“ Nur 17 Prozent der deutschen Unternehmen halten die Rahmenbedingungen für die Digitalisierung der 61 Prozent der deutschen Unternehmen sprechen Wirtschaft in der EU im internationalen Vergleich sich für eine globale Betrachtungsweise der für gut. Eine strukturelle Mehrheit von 26 Prozent Marktabgrenzung im Wettbewerbsrecht aus, 30 hält sie für nicht gut. Das verdeutlicht, dass in der Prozent stehen dieser Aussage neutral gegenüber. Rechtsetzung der EU möglichst bald die Weichen für Daraus lässt sich ableiten, dass ein europäisches Digitalisierungsprozesse gestellt werden sollten - Gegengewicht zu "globalen Playern“ aus beispielsweise im Bereich Cybersicherheit, in der Drittstaaten für notwendig erachtet wird. Nutzung von Daten sowie im Urheber- und Gleichzeitig legen viele Unternehmen aber Wert auf Wettbewerbsrecht. Für eine international einen funktionierenden Wettbewerb in der EU. Die wettbewerbsfähige Wirtschaft ist es wichtig, den Globalisierung hat neue, größere, aber auch EU-Binnenmarkt zügig für das digitale Zeitalter regional differenzierte Märkte entstehen lassen. Die zukunftsfähig zu gestalten und verlässliche Konkurrenten europäischer Unternehmen werden Rahmenbedingungen für die Digitalisierung zu von staatlicher Seite unterschiedlich gefördert, was schaffen. Dies schließt auch den Ausbau von zu signifikanten Asymmetrien in der Wettbewerbssituation im globalen Markt führt. Die Glasfaser- und 5G-Infrastrukturen ein. Die bestehenden Regeln - auch im Rahmen des Vollendung des digitalen Binnenmarktes hat Wettbewerbsrechts - sollten daher auf den schließlich das Potenzial, jährlich mit 415 Mrd. Euro Prüfstand gestellt und gegebenenfalls angepasst zur Wirtschaftsleistung der EU beizutragen und werden, insbesondere in Bezug auf die hunderttausende neue Arbeitsplätze hervorzu- Marktabgrenzung. bringen. Dass knapp die Hälfte der Unternehmen der Frage der wettbewerbsfähigen digitalen Rahmenbedingungen neutral gegenübersteht, zeigt, dass die EU bisher noch kein klares Profil bei dem Thema hat.
IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 17 Fragebogen Welchen Nutzen zieht Ihr Unternehmen aus der europäischen Integration in den folgenden Aspekten? (1 = sehr hoch bis 5 = keinen; nicht relevant) • Politische Stabilität • Zugang zu europäischen Märkten • Einheitliche EU-Normen und Standards • Wegfall von Wechselkursrisiken • Weniger Wettbewerbsverzerrungen durch Angleichungen der nationalen Rechtsrahmen • Gemeinsame Handelspolitik: Marktzugang zu Drittländern und EU-Freihandelsabkommen, Zollunion • Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten • Zugang zu EU-Förderprogrammen • Fachkräftegewinnung aus anderen EU-Mitgliedstaaten Welche Prioritäten sollte sich die EU nach der Wahl für ihre Arbeit setzen? (maximal fünf Antworten möglich) • Multilaterale Regeln für den Welthandel stärken, gegen Protektionismus vorgehen • Hürden im EU-Binnenmarkt für Warenhandel verringern • Fachkräftesicherung durch praxisnahe Berufsbildung in der EU unterstützen • Krisenfestigkeit der Währungsunion erhöhen (z.B. Abbau der Staatsschulden) • Hürden für grenzüberschreitende Dienstleistungen verringern (z.B. bei Arbeitnehmerentsendung) • KMU-Auswirkungen bei neuen Regulierungen verbindlich berücksichtigen • Schutz und wirtschaftliche Nutzung von Daten in der EU rechtssicher gestalten • Bei der Klima- und Umweltpolitik die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen stärker berücksichtigen • Steuerliche Bemessungsgrundlagen vereinheitlichen • Sonstiges (Freitextfeld) Wie bewerten Sie aus Sicht Ihres Unternehmens folgende Aussagen (jeweils „stimme zu“, „neutral“, „stimme nicht zu“, „nicht bekannt“) • „Aus Sicht unseres Unternehmens ist die EU besser als ihr Ruf.“ • „Im Binnenmarkt gibt keine relevanten Hindernisse mehr für grenzüberschreitendes Wirtschaften.“ • „Die DSGVO wird europaweit gleich angewendet. Unterschiede in der nationalen Umsetzung sind für uns nicht spürbar.“ • „Die DSGVO schwächt unsere Position gegenüber Wettbewerbern aus Ländern außerhalb der EU.“ • „Der Zusammenhalt der EU und damit des Binnenmarktes darf durch einen Brexit-Deal nicht gefährdet werden, auch wenn der Handel mit dem Vereinigten Königreich Schaden nimmt.“ • „Beschränkungen, Unternehmen ganz oder in Teilen an ausländische Investoren zu veräußern, müssen ein Ausnahmefall bleiben.“ • „Unser Unternehmen würde EU-Fördergelder gerne (noch stärker) nutzen, der hohe bürokratische Aufwand hält uns jedoch davon ab.“ • „Die Grenzwerte und Fristen für die Luftqualität sind aus Sicht unseres Unternehmens zu streng.“ • „Die EU bietet im internationalen Vergleich gute Rahmenbedingungen für die Digitalisierung der Wirtschaft.“ • „Globale Märkte müssen auch im Wettbewerbsrecht berücksichtigt werden: Europäische Champions und ein funktionierender Wettbewerb in der EU schließen sich nicht aus.“ • „Ich sorge mich als Unternehmer um die langfristigen Folgen der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank.“ • Welche Aussage ist Ihnen zusätzlich besonders wichtig? (Freitextfeld)
18 IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 Statistischer Anhang Welchen Nutzen zieht Ihr Unternehmen aus der europäischen Integration in den folgenden Aspekten? (Anteil 1+2 auf einer Skala von 1 = sehr hoch bis 5 = keinen) EU-Mitgliedsstaaten Wechselkurs-risiken Politische Stabilität Fachkräftegewinn- Zugang zu Förder- ung aus anderen Einheitliche EU- Finanzierungs- Wettbewerbs- Handelspolitik möglichkeiten europäischen verzerrungen Gemeinsame programmen Normen und Verbesserte Wegfall von Zugang zu Standards Märkten Weniger Alle Branchen 82 69 67 73 51 57 25 38 45 Industrie 86 84 75 85 58 69 21 31 36 Bau 76 42 63 55 48 44 33 37 65 Handel 82 66 69 77 49 52 22 22 33 Verkehr 80 78 63 79 57 65 28 46 63 Gastgewerbe 71 56 49 60 40 34 23 43 73 Information/Kommunikation 79 67 58 72 53 42 21 40 35 Finanzwirtschaft 86 45 38 61 38 34 18 30 15 Sonstige Dienstleistungen 81 62 65 65 49 52 29 48 50 0-19 Mitarbeiter 79 61 63 66 49 51 24 42 42 20-249 Mitarbeiter 82 67 66 75 50 57 25 39 46 250-999 Mitarbeiter 85 73 68 74 53 55 20 28 40 ab 1000 Mitarbeiter 88 85 77 84 59 70 36 38 52 Ist Ihr Unternehmen international aktiv? (alle Branchen, in Prozent, Mehrfachantworten möglich) und … Welchen Nutzen zieht Ihr Unternehmen aus der europäischen Integration in den folgenden Aspekten? (Anteil 1+2 auf einer Skala von 1 = sehr hoch bis 5 = keinen) Ja, in der EU Ja, in Drittstaaten Nein Politische Stabilität 84 85 78 Zugang zu europäischen Märkten 80 84 41 Einheitliche EU-Normen und Standards 72 74 52 Wegfall von Wechselkursrisiken 83 85 56 Weniger Wettbewerbsverzerrungen 57 57 39 Gemeinsame Handelspolitik 62 70 39 Verbesserte Finanzierungsmöglichkeiten 24 24 23 Zugang zu EU-Förderprogrammen 33 29 38 Fachkräftegewinnung aus anderen EU-Mitgliedstaaten 43 40 38
IHK-Unternehmensbarometer zur Europawahl 2019 19 Welche Prioritäten sollte sich die EU nach der Wahl für ihre Arbeit setzen? (in Prozent, maximal fünf Antworten möglich) Hürden für grenzüberschreitende Bei der Klima- und Umweltpolitik Dienstleistungen verringern (z.B. Währungsunionen erhöhen (z.B. praxisnahe Berufsbildung in der Hürden im EU-Binnenmarkt für KMU-Auswirkungen bei neuen bei Arbeitnehmerentsendung) Nutzung von Daten in der EU Multilaterale Regeln für den Welthandel stärken, gegen Abbau der Staatsschulden) Fachkräftesicherung durch Protektionismus vorgehen Schutz und wirtschaftliche Regulierungen verbindlich die Wettbewerbsfähigkeit Warenhandel verringern Bemessungsgrundlagen rechtssicher gestalten Krisenfestigkeit der EU unterstützen vereinheitlichen berücksichtigen berücksichtigen Steuerliche Alle Branchen 54 37 55 62 35 46 30 38 49 Industrie 71 45 43 65 34 45 27 48 48 Bau 50 38 76 62 35 50 23 34 48 Handel 48 49 49 66 30 36 33 36 53 Verkehr 59 31 59 63 49 38 23 38 57 Gastgewerbe 30 26 82 46 38 31 26 34 63 Information/Kommunikation 49 40 59 56 36 52 38 24 53 Finanzwirtschaft 45 27 43 81 20 55 42 20 46 Sonstige Dienstleistungen 49 30 60 57 37 50 31 36 46 0-19 Mitarbeiter 43 39 56 56 32 49 33 34 53 20-249 Mitarbeiter 53 37 57 62 35 53 27 36 49 250-999 Mitarbeiter 70 32 49 72 38 40 27 48 46 ab 1000 Mitarbeiter 73 41 55 62 41 21 36 46 41 Wie bewerten Sie aus Sicht Ihres Unternehmens folgende Aussagen (Alle Branchen, Anteile in Prozent) stimme neutral stimme nicht be- zu nicht zu kannt Aus Sicht unseres Unternehmens ist die EU besser als ihr Ruf. 67 23 9 1 Im Binnenmarkt gibt keine relevanten Hindernisse mehr für 32 42 18 8 grenzüberschreitendes Wirtschaften Die DSGVO wird europaweit gleich angewendet. Unterschiede in der nationalen 6 28 49 16 Umsetzung sind für uns nicht spürbar Die DSGVO schwächt unsere Position gegenüber Wettbewerbern aus Ländern 41 30 16 14 außerhalb der EU. Der Zusammenhalt der EU und damit des Binnenmarktes darf durch einen Brexit Deal nicht gefährdet werden, auch wenn der Handel mit dem Vereinigten 85 9 4 2 Königreich Schaden nimmt. Beschränkungen, Unternehmen ganz oder in Teilen an ausländische Investoren 45 32 20 4 zu veräußern, müssen ein Ausnahmefall bleiben. Unser Unternehmen würde EU-Fördergelder gerne (noch stärker) nutzen, der 43 34 10 13 hohe bürokratische Aufwand hält uns jedoch davon ab. Die Grenzwerte und Fristen für die Luftqualität sind aus Sicht unseres 32 20 7 Unternehmens zu streng. 42 Die EU bietet im internationalen Vergleich gute Rahmenbedingungen für die 17 47 26 10 Digitalisierung der Wirtschaft. Globale Märkte müssen auch im Wettbewerbsrecht berücksichtigt werden: Europäische Champions und ein funktionierender Wettbewerb in der EU 61 30 4 6 schließen sich nicht aus. Ich sorge mich als Unternehmer um die langfristigen Folgen der Niedrigzinspolitik 57 28 13 2 der Europäischen Zentralbank.
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