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DE Europäischer Drogenbericht KERNTHEMEN 2020
Europäischer Drogenbericht KERNTHEMEN 2020
Rechtlicher Hinweis Diese Publikation ist Eigentum der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EMCDDA) und urheberrechtlich geschützt. Die EMCDDA übernimmt keine Verantwortung bzw. Haftung für die etwaigen Folgen einer Weiterverwendung der hierin enthaltenen Daten. Der Inhalt dieser Veröffentlichung gibt nicht unbedingt den offiziellen Standpunkt der Partner der EMCDDA, der EU-Mitgliedstaaten oder der Organe, Einrichtungen oder Agenturen der Europäischen Union wieder. Dieser Bericht liegt in bulgarischer, spanischer, tschechischer, dänischer, deutscher, estnischer, griechischer, englischer, französischer, kroatischer, italienischer, lettischer, litauischer, ungarischer, niederländischer, polnischer, portugiesischer, rumänischer, slowakischer, slowenischer, finnischer, schwedischer, türkischer und norwegischer Sprache vor. Alle Übersetzungen wurden vom Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union angefertigt. Luxemburg: Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2020 © Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht, 2020 Nachdruck mit Quellenangabe gestattet. Empfohlene Zitierweise: Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (2020), Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen, Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, Luxemburg. Print ISBN 978-92-9497-520-1 doi:10.2810/615338 TD-04-20-439-DE-C PDF ISBN 978-92-9497-496-9 doi:10.2810/79202 TD-04-20-439-DE-N YEARS OF MONITORING 1995–2020 Praça Europa 1, Cais do Sodré, 1249-289 Lissabon, Portugal Tel. +351 211210200 I info@emcdda.europa.eu www.emcdda.europa.eu I twitter.com/emcdda facebook.com/emcdda
Inhaltsverzeichnis 4 Einleitende Bemerkungen 5 Danksagung 6 DIE DROGENSITUATION INMITTEN DER COVID-19-PANDEMIE 8 EUROPÄISCHE DROGENSITUATION BIS ZUM JAHR 2020: DIE KERNTHEMEN 8 Große Drogenlieferungen werden immer häufiger abgefangen 10 Kokain spielt beim Drogenproblem in Europa eine zunehmende Rolle 12 Das Potenzial für einen vermehrten Heroinkonsum und die bereits bestehenden Schäden geben Grund zur Sorge 14 Es ist wichtig, die Folgen von hochpotentem Cannabis und neuen Produkten für die öffentliche Gesundheit zu verstehen 16 Die Drogenherstellung in Europa hat zugenommen und ist vielfältiger geworden 18 Die anhaltende Verfügbarkeit hochpotenter MDMA‑Produkte belegt die Notwendigkeit einer besseren Aufklärung der Konsumierenden 20 Die zunehmende Komplexität des Drogenmarktes birgt regulatorische Herausforderungen und gesundheitliche Risiken 21 Es sind neue Instrumente und innovative Strategien nötig, um die Behandlung von Hepatitis C auszuweiten 22 Drogenüberdosierungen sind zunehmend mit einer alternden Population verbunden 24 Neue psychoaktive Substanzen haben sich zu einem dauerhaften Problem entwickelt 26 Das Auftauchen neuer synthetischer Opioide demonstriert auf beunruhigende Weise die fortlaufende Anpassungsfähigkeit der Märkte 28 ANHANG Tabellen mit Länderdaten
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen Einleitende Bemerkungen Der in 24 Sprachen vorliegende Überblick über die Kernthemen des Europäischen Drogenberichts 2020 enthält eine Auswahl der wichtigsten Ergebnisse der jüngsten Analyse der EMCDDA zur Drogensituation in Europa, die anhand der politischen Bedeutung der Themen und ihres Allgemeininteresses erfolgte. Die Publikation enthält ferner eine Reihe aussagekräftiger Tabellen aus dem jährlichen Statistischen Bulletin der EMCDDA. Die vollständige Fassung des Berichts „European Drug Report 2020: Trends and Developments“ (Europäischer Drogenbericht 2020: Trends und Entwicklungen) beruht auf Daten, die der EMCDDA von den EU-Mitgliedstaaten, dem Kandidatenland Türkei sowie Norwegen im Rahmen jährlicher Berichterstattungsverfahren zur Verfügung gestellt werden. Sämtliche Gruppierungen, Aggregate und Labels spiegeln, gestützt auf die 2019 verfügbaren Daten, die Situation in Bezug auf die Zusammensetzung der Europäischen Union und der an den Berichten der EMCDDA beteiligten Länder im Jahr 2019 wider. Da die Zusammenführung der Daten einige Zeit benötigt, beziehen sich die jährlichen Datenreihen der nationalen Register häufig auf Januar bis Dezember 2018. Bei den Trendanalysen werden ausschließlich Länder berücksichtigt, die ausreichend Daten zur Verfügung gestellt haben, um Veränderungen im Bezugszeitraum zu beschreiben. Des Weiteren ist darauf hinzuweisen, dass die Beobachtung von Mustern und Trends im Hinblick auf im Verborgenen stattfindende und stigmatisierte Verhaltensweisen wie den Drogenkonsum sowohl in praktischer als auch in methodischer Hinsicht eine Herausforderung darstellt. Daher ist bei der Auslegung der Ergebnisse Vorsicht geboten, insbesondere, wenn Länder im Hinblick auf eine einzelne Messgröße miteinander verglichen werden. Detaillierte Angaben zu der verwendeten Methodik finden sich im online verfügbaren Statistical Bulletin der EMCDDA, das auch Vorbehalte und Anmerkungen zur Interpretation der Daten und zu den Beschränkungen der Analyse darlegt und Informationen zur Methodik der Erhebung und zur Interpretation der Daten sowie statistische Hinweise zur Berechnung der europäischen und anderen Durchschnittswerte enthält, bei denen gelegentlich Interpolationsverfahren angewendet werden. 4
Danksagung Die EMCDDA dankt den folgenden Institutionen und Personen für ihre Unterstützung bei der Erstellung dieses Berichts: den Leitern der nationalen Knotenpunkte des Reitox-Netzes und deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern; den Dienststellen und Sachverständigen innerhalb der einzelnen Mitgliedstaaten, die die Rohdaten für den Bericht erfasst haben; den Mitgliedern des Verwaltungsrates und des Wissenschaftlichen Beirats der EMCDDA; dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union, insbesondere seiner Horizontalen Gruppe „Drogen“, und der Europäischen Kommission; dem Europäischen Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC), der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und Europol; der Gruppe für die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Drogenmissbrauch und illegalem Drogenhandel (Pompidou-Gruppe) des Europarates, dem Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC, United Nations Office on Drugs and Crime), dem Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Europa, Interpol, der Weltzollorganisation, dem Projekt ESPAD (Europäische Schülerstudie zu Alkohol und anderen Drogen), der Sewage Analysis Core Group Europe (SCORE), dem europäischen Netzwerk für drogenbedingte Notfälle (European Drug Emergencies Network, Euro-DEN Plus), dem europäischen Netzwerk zum Sammeln gebrauchter Spritzen und zur Analyse der darin enthaltenen Rückstände (ESCAPE, European Syringe Collection and Analysis Project Enterprise) und dem transeuropäischen Drogeninformationsnetz TEDI (Trans-European Drug Information); dem Übersetzungszentrum für die Einrichtungen der Europäischen Union und dem Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union. Nationale Reitox-Knotenpunkte Reitox ist das Europäische Informationsnetz für Drogen und Drogensucht. Es besteht aus nationalen Knotenpunkten in den EU-Mitgliedstaaten, dem Kandidatenland Türkei und Norwegen sowie bei der Europäischen Kommission. Die nationalen Knotenpunkte tragen unter ihrer jeweiligen Regierung die fachliche Verantwortung für die Übermittlung drogenspezifischer Informationen an die EMCDDA. Die Kontaktinformationen der nationalen Knotenpunkte sind der Website der EMCDDA zu entnehmen. 5
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen DIE DROGENSITUATION INMITTEN DER COVID-19-PANDEMIE Die in dem Bericht dargelegte Analyse beruht auf den Die EMCDDA hat bei Ausbruch der Pandemie beschlossen, jüngsten bei Routinekontrollen erhobenen Daten. Sie ihre Interessenträger in ihrer Reaktion auf die unmittelbaren beschreibt die Drogensituation in Europa am Jahresende Herausforderungen zu unterstützen. Die Agentur hat die 2019. Seither wurden die europäischen Länder stark vom besonderen Bedürfnisse und Risiken für Ausbruch und der schnellen Verbreitung der durch das Drogenkonsumierende analysiert, um Corona-Infektionen in Coronavirus 2019 ausgelösten COVID-19-Pandemie dieser Gruppe zu verhindern. Ferner wurde überlegt, welche getroffen. Die Durchsetzung restriktiver Maßnahmen im Anpassungen die Drogendienste vornehmen könnten, um Bereich der öffentlichen Gesundheit, die nötig wurden, um die Folgen der Pandemie für ihre Klientinnen und Klienten die Übertragung des Virus zu bremsen, haben sich auf alle sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu lindern. Die Lebensbereiche ausgewirkt, unter anderem auf den EMCDDA hat die Entwicklung der Lage und die Reaktionen Drogenkonsum, die Drogenmärkte und die Umsetzung der auf die Pandemie genau verfolgt und die Rolle als Mittler für Strafverfolgungs-, Gesundheits- und Sozialmaßnahmen zur den Informationsaustausch übernommen. Mittels einer Eindämmung von Drogenmissbrauch. In ganz Europa Reihe rasch durchgeführter Studien wurde zudem über die wurden im Jahr 2020 in Friedenszeiten beispiellose Auswirkungen von COVID-19 auf den Drogenkonsum und restriktive Maßnahmen unterschiedlichen Ausmaßes verschiedene damit verbundene Probleme sowie die ergriffen, darunter die Einstellung nicht lebensnotwendigen Hilfesuche, das Serviceangebot und die Funktionsweise des Dienstleistungen, Grenzschließungen sowie die Drogenmarkts berichtet. Die Situation erfordert eine Einschränkung von Versammlungsrecht und regelmäßige Beobachtung. Unsere laufenden Tätigkeiten Bewegungsfreiheit. Diese Situation hat sich unmittelbar auf hierzu lassen sich im COVID-19-Bereich auf unserer Website viele Verhaltensweisen beim Drogenkonsum und verfolgen. Drogenangebot ausgewirkt und zu Beeinträchtigungen bei der gesundheitlichen Versorgung und den Mit Blick auf die Zukunft sind drei wichtige Fragen zu Strafverfolgungsmaßnahmen geführt. Die anschließende beantworten. Wird es eine Rückkehr zu der Situation am Lockerung bzw. Aufhebung verschiedener Maßnahmen zum Jahresende 2019 geben und, falls ja, wie schnell wird dies Schutz der öffentlichen Gesundheit hat die Bedingungen für geschehen? Werden mittel- und langfristige Auswirkungen eine allmähliche Rückkehr zur Lage vor Ausbruch der auf den Drogenkonsum und die künftig zu erwartenden COVID-19-Pandemie geschaffen. Allerdings war die Drogenprobleme bzw. auf die Art und Weise, wie die Dienste Situation zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Berichts auf diese Probleme reagieren, zu beobachten sein? weiter instabil, da die Pandemie viele zentrale Politikbereiche Außerdem müssen wir uns fragen, welche Lehren aus der beeinflusst hat, darunter auch die Drogenpolitik. COVID-19 Pandemie gezogen werden können, um unsere politischen bedroht weiterhin die Gesundheit und Sicherheit auf der Antworten in diesem Bereich im Falle künftiger Krisen ganzen Welt, was wohl auch noch eine Zeitlang so bleiben widerstandsfähiger zu machen. Die in diesem Bericht wird. Darüber hinaus ist mittel- bis langfristig mit enthaltenen Daten liefern einen wichtigen Ausgangspunkt wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen durch die für derartige Überlegungen, weshalb die EMCDDA die Pandemie zu rechnen, die weitreichende Folgen haben nachfolgend aufgeführten Themen detailliert verfolgen wird. dürften, auch im Hinblick auf die künftigen Probleme, die im Drogenbereich zu erwarten sind. 6
Die Drogensituation inmitten der COVID-19-Pandemie AUF EINEN BLICK – SCHÄTZUNGEN ZUM DROGENKONSUM IN DER EUROPÄISCHEN UNION Cannabis Kokain Erwachsene (15-64) Erwachsene (15-64) Jahresprävalenz Lebenszeitprävalenz Jahresprävalenz Lebenszeitprävalenz 25,2 Mio. 90,2 Mio. 4,3 Mio. 17,9 Mio. 7,6 % 27,2 % 1,3 % 5,4 % Junge Erwachsene (15-34) Junge Erwachsene (15-34) Jahresprävalenz Nationale Schätzungen Jahresprävalenz Nationale Schätzungen zum Konsum im letzten Jahr zum Konsum im letzten Jahr 18,0 Mio. Niedrigste 2,9 Mio. Niedrigste 3,5 % 0,2 % 15,0 % Höchste 2,4 % Höchste 21,8 % 5,3 % MDMA Amphetamine Erwachsene (15-64) Erwachsene (15-64) Jahresprävalenz Lebenszeitprävalenz Jahresprävalenz Lebenszeitprävalenz 2,7 Mio. 13,6 Mio. 2,0 Mio. 12,3 Mio. 0,8 % 4,1 % 0,6 % 3,7 % Junge Erwachsene (15-34) Junge Erwachsene (15-34) Jahresprävalenz Nationale Schätzungen Jahresprävalenz Nationale Schätzungen zum Konsum im letzten Jahr zum Konsum im letzten Jahr 2,3 Mio. Niedrigste 1,4 Mio. Niedrigste 0,2 % 0,0 % 1,9 % Höchste 1,2 % Höchste 6,9 % 3,0 % Opioide Hochrisiko-Opioid- Drogentherapienachfragen Tödliche Überdosierungen Konsumierende 1,3 Mio. Hauptdroge bei etwa 34 % aller 34 % Bei 82 % aller tödlichen 82 % Drogen Über 660 000 therapienach dosierungen 660 000 Opioidkonsumierende fragen in der wurden erhielten im Jahr 2018 eine Europäischen Opioide Substitutionstherapie Union nachgewiesen Vollständige Daten und Informationen zur Methodik sind dem online verfügbaren Statistical Bulletin zu entnehmen. 7
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen EUROPÄISCHE DROGENSITUATION BIS ZUM JAHR 2020: DIE KERNTHEMEN KERNTHEMA | Große Drogenlieferungen werden immer häufiger abgefangen Zahlreiche Indikatoren zu den am häufigsten konsumierten Substanzen deuten darauf hin, dass die Verfügbarkeit von Drogen weiter hoch ist. Neben den Entwicklungen im Bereich der Herstellung bereiten auch das verstärkte Abfangen großer Mengen von Kokain, Cannabisharz und vermehrt auch Heroin, die häufig in Containern für den kombinierten Verkehr verschifft werden, die Sorge, dass die Logistikketten, Schifffahrtswege und großen Häfen von organisierten kriminellen Gruppen infiltriert sein könnten. HAUPTERGEBNISSE DES EUROPÄISCHEN DROGENBERICHTS 2020 ▬ 2018 wurden in Europa rund 1,3 Millionen Sicherstellungen gemeldet, die am häufigsten ▬ Die in der Europäischen Union sichergestellte Menge an Kokain erreichte 2018 mit 181 Tonnen ihren ▬ ▬ Cannabisprodukte betrafen (Abbildung 1). bisherigen Rekordwert (2017 waren es 138 Tonnen). Die Menge des in der Europäischen Union 2018 2018 stieg die Menge des in der Europäischen Union sichergestellten Cannabisharzes stieg von sichergestellten Heroins auf 9,7 Tonnen, nach 468 Tonnen im Jahr 2017 auf 668 Tonnen 5,2 Tonnen im Jahr zuvor. Hauptgrund hierfür war die (Abbildung 2). In einigen Ländern, in denen Sicherstellung umfangreicher Einzelladungen im üblicherweise kleinere Mengen an Cannabiskraut Hafen von Antwerpen. In der Türkei wurden 2017 und sichergestellt werden, wurden im Jahr 2018 2018 jeweils rund 17 Tonnen Heroin sichergestellt erhebliche Zunahmen beobachtet. Ein Beispiel dafür (17,4 bzw. 17,8 Tonnen). Dies waren die höchsten ist Belgien, wo mit 17,3 Tonnen die achtzehnfache Mengen seit 10 Jahren. Menge gegenüber dem Vorjahr sichergestellt wurde. 8
Europäische Drogensituation bis zum Jahr 2020 ABBILDUNG 1 ANZAHL DER GEMELDETEN SICHERSTELLUNGEN, AUFGESCHLÜSSELT NACH DROGEN, 2018 Cannabiskraut Cannabisharz Kokain und 40 % Crack 29 % 10 % Amphetamine 6% Heroin 5% MDMA 3% Andere Substanzen Cannabis 6% pflanzen 2% ABBILDUNG 2 TRENDS BEI DEN IN DER EUROPÄISCHEN UNION SICHERGESTELLTEN MENGEN AN CANNABIS, KOKAIN UND HEROIN Tonnen Cannabisharz 1 000 500 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Tonnen Cannabiskraut 300 150 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Tonnen Kokain 200 100 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Tonnen Heroin 15 7,5 0 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 9
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen KERNTHEMA | Kokain spielt beim Drogenproblem in Europa eine zunehmende Rolle Die Sicherstellung von Kokain war zahlen- und mengenmäßig so hoch wie nie zuvor – im Jahr 2018 wurden 181 Tonnen dieser Droge sichergestellt. Große Mengen wurden vor allem in Belgien, Spanien und den Niederlanden abgefangen. Alle Indikatoren deuten darauf hin, dass Kokain auf dem europäischen Markt leicht verfügbar ist, zudem wurden in Ländern, in denen die Droge bislang eher selten war, Anzeichen einer Zunahme beobachtet. Der Konsum von Crack wurde, obwohl nach wie vor nicht sehr weit verbreitet, diesmal von einer höheren Zahl an Ländern gemeldet. Die Reinheit von Kokain hat auf Konsumentenebene seit 2009 fast jährlich zugenommen und 2018 den höchsten Wert der letzten zehn Jahre erreicht. Der hohe Reinheitsgrad der Droge deutet zusammen mit den Daten von Behandlungseinrichtungen und Notfallstationen sowie der Zahl der drogenbedingten Todesfälle darauf hin, dass Kokain nunmehr eine größere Rolle beim Drogenproblem in Europa spielt. Der Markt für Kokain erscheint zudem als wichtige Triebkraft für Gewaltdelikte im Zusammenhang mit Drogen. HAUPTERGEBNISSE DES EUROPÄISCHEN DROGENBERICHTS 2020 ▬ Belgien (53 Tonnen), Spanien (48 Tonnen) und die Niederlande (40 Tonnen) meldeten zusammen 78 % der schätzungsweise 181 Tonnen Kokain, die 2018 in ▬ Von den 45 Städten, aus denen für 2018 und 2019 Daten von kommunalen Abwasseranalysen auf Kokainrückstände vorliegen, meldeten 27 eine ▬ der Europäischen Union sichergestellt wurden. steigende, zehn eine gleichbleibende und acht eine rückläufige Tendenz. Die meisten der 14 Städte, die Der durchschnittliche Reinheitsgrad von Kokain auf über Daten für den Zeitraum 2011 bis 2019 verfügen, ▬ Konsumentenebene schwankte in den EU-Ländern beobachteten längerfristig steigende Werte. 2018 zwischen 23 % und 87 %, wobei die Hälfte der Länder einen durchschnittlichen Reinheitsgrad von Die Zahl der Personen, die sich wegen Kokain erstmals 53 % bis 69 % meldeten. Insgesamt hat die Reinheit in Behandlung begaben, nahm zwischen 2014 und von Kokain in den vergangenen zehn Jahren in Europa 2018 in 22 Ländern zu; im letzten Jahr war ein Anstieg ▬ stetig zugenommen, während der Endkundenpreis in 17 Ländern zu beobachten. ▬ stabil geblieben ist. Die meisten Erstklientinnen und -klienten, die Kokain Von den zwölf Ländern, die seit 2017 Daten bei als Primärdroge angaben, konsumierten Kokainpulver jungen Erwachsenen (15-34) erhoben und (56 000 Klienten/Klientinnen im Jahr 2018). Konfidenzintervalle angegeben haben, meldeten fünf Gleichzeitig kam es 2018 zu 15 000 ▬ höhere Schätzwerte bei der 12-Monats-Prävalenz als Behandlungsnachfragen aufgrund von Crack. in der Erhebung davor, während die Schätzwerte in sieben Ländern unverändert waren. Kokain war 2018 die zweithäufigste Droge bei den von Euro-DEN Plus beobachteten Notfällen. 10
Europäische Drogensituation bis zum Jahr 2020 KOKAIN Behandlungsaufnahmen von Kokainkonsumierenden Merkmale Häufigkeit des Konsums Trends bei den Erstklienten/- im letzten Monat klientinnen 40 000 Durchschnitts alter bei Erstkonsum 23 Durchschnittlicher Konsum: 4,1 Tage pro Woche 35 000 Täglich 27 % 30 000 16 % 84 % Durchschnitts alter bei erstmaliger 34 2 bis 6 Tage pro Woche 37 % 25 000 Behandlungs Höchstens einmal 20 000 aufnahme 17 % 34 200 pro Woche 15 000 Erstklienten/- Kein Konsum in den klientinnen letzten 30 Tagen 20 % 10 000 48 % 5 000 Einnahmeweg 0 36 900 1% 2% 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 Klienten/ 27 % Injektion Deutschland Andere Länder Italien Klientinnen, die sich zuvor bereits Rauchen/Inhalieren Vereinigtes Königreich Spanien einer Behandlung Essen/Trinken unterzogen Schnupfen 2% Sonstige haben 52 % 68 % Mit Ausnahme der Trends beziehen sich die Daten auf alle Klienten/Klientinnen mit Kokain als Primärdroge, die sich in Behandlung begeben haben. Die Trends bei den Erstklienten/-klientinnen basieren auf Daten aus 24 Ländern. Nur Länder mit Daten für mindestens elf der dreizehn Jahre sind in der Trendgrafik enthalten. Fehlende Werte werden aus den Vor- und Folgejahren interpoliert. Aufgrund von Veränderungen in den nationalen Datenreihen sind die ab 2014 für Italien ausgewiesenen Daten nicht mit den Vorjahren vergleichbar. Die Daten zum Vereinigten Königreich für 2018 schließen Nordirland nicht mit ein. Sicherstellungen Preis (EUR/g) 38 135 54-83 Anzahl Reinheitsgrad (%) 23 87 EU 110 000 53-69 EU + 2 116 000 Indexierte Trends Menge Preis und Reinheitsgrad 144 EU 180,8 Tonnen 100 100 EU + 2 182,4 2008 2018 Die Angabe „EU + 2“ bezieht sich auf die EU-Mitgliedstaaten, die Türkei und Norwegen. Preis und Reinheitsgrad von Kokain: nationale Durchschnittswerte – Mindestwert, Höchstwert und Quartilabstand. Je nach Indikator sind unterschiedliche Länder erfasst. Veränderungen bei den Kokain-Indikatoren Zahl der Länder, Städte oder Krankenhäuser, die seit der letzten Umfrage oder Datenerhebung eine Veränderung gemeldet haben Kokainkonsum Behandlungs Kokain im Kokainnotfälle – Krankenhäuser – Länder aufnahmen wegen Abwasser – Städte Kokain – Länder 5 10 17 27 Anstieg 4 Stabil Rückgang 7 7 10 10 5 8 Kokainkonsum bei jungen Erwachsenen (15-34) im letzten Jahr, 2017/2018 bzw. letzte Erhebung; Erstklienten/-klientinnen mit Kokain als Primärdroge, 2017‑2018; Abwasseranalysen (SCORE), 2018-2019; Notfälle in Verbindung mit Kokain in Euro-DEN-Plus-Krankenhäusern, 2017-2018. 11
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen KERNTHEMA | Das Potenzial für einen vermehrten Heroinkonsum und die bereits bestehenden Schäden geben Grund zur Sorge Die Indikatoren für den Heroinkonsum lassen erneut auf eine alternde Kohorte von Konsumierenden und niedrige Einstiegsquoten schließen. Darüber hinaus ist die Zahl der Behandlungsaufnahmen aufgrund von Heroin in vielen Ländern gesunken. Allerdings sind die Verdoppelung der in der Europäischen Union sichergestellten Heroinmenge und die sichergestellten höheren Mengen in der Türkei ebenso bedenklich wie Berichte über die Herstellung von Heroin innerhalb der Europäischen Union. Daraus folgt, dass mehr Wachsamkeit geboten ist, um jegliche Anzeichen für ein wachsendes Konsuminteresse an einer Droge zu erkennen, die gravierende gesundheitliche und soziale Probleme zur Folge hat. HAUPTERGEBNISSE DES EUROPÄISCHEN DROGENBERICHTS 2020 ▬ Die Prävalenz des Hochrisiko-Opioid-Konsums unter Erwachsenen (zwischen 15 und 64 Jahren) wird auf 0,4 % der EU-Bevölkerung geschätzt, was ▬ Bei den meisten der in Europa gemeldeten tödlichen Überdosierungen wurden Opioide, vor allem Heroin oder seine Metaboliten, nachgewiesen, oftmals in ▬ 1,3 Millionen Hochrisiko-Opioid-Konsumierenden im Verbindung mit anderen Substanzen. ▬ Jahr 2018 entspricht. Nach Cannabis und Kokain war Heroin die Unter den Personen, die primär Opioide konsumieren dritthäufigste Substanz bei den 2018 von Euro-DEN und erstmals eine Behandlung aufnahmen, lag der Plus beobachteten drogenbedingten Notfällen mit ▬ Anteil der Konsumierenden mit Heroin als Primärdroge akuter Toxizität. 2018 bei 77 % (knapp 20 000 Klienten/Klientinnen), was einen Rückgang um 2 200 Klienten/Klientinnen 2018 meldete die Hälfte aller Länder einen ▬ bzw. 10 % im Vergleich zum Vorjahr darstellt. durchschnittlichen Reinheitsgrad von Heroin auf Konsumentenebene zwischen 18 % und 30 % und Die Zahl der Heroin-Erstklienten/-klientinnen hat sich einen Durchschnittspreis von 29 bis 79 Euro pro gegenüber dem 2007 festgestellten Rekordwert mehr Gramm. Sowohl Reinheit als auch Preis haben sich in als halbiert. Von 2017 auf 2018 war die Zahl der den letzten Jahren stabilisiert, der Reinheitsgrad auf Konsumierenden mit Heroin als Primärdroge, die relativ hohem Niveau. Allerdings nimmt die Zahl der erstmals eine Behandlung aufnahmen, in 18 der Sicherstellungen in der Europäischen Union zu (siehe 29 Länder, für die Daten vorliegen, rückläufig. Seite 9). Die Indikatoren für den Heroinkonsum lassen erneut auf eine alternde Kohorte von Konsumierenden und niedrige Einstiegsquoten schließen 12
Europäische Drogensituation bis zum Jahr 2020 HEROIN Behandlungsaufnahmen von Heroinkonsumierenden Merkmale Häufigkeit des Konsums Trends bei den Erstklienten/ im letzten Monat Klientinnen 60 000 Durchschnitts alter bei Erstkonsum 24 Durchschnittlicher Konsum: 6 Tage pro Woche 50 000 Täglich 65 % 20 % 80 % Durchschnitts alter bei erstmaliger 35 2 bis 6 Tage pro Woche 14 % 40 000 Behandlungs Höchstens einmal 30 000 aufnahme pro Woche 6% 20 000 Kein Konsum in den 16 % 20 400 letzten 30 Tagen 10 000 Erstklienten/- klientinnen 19 % Einnahmeweg 0 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 1% 15 % 34 % Italien Spanien Deutschland 86 400 3% Injektion Vereinigtes Königreich Andere Länder Rauchen/Inhalieren Klienten/Klientinnen, Essen/Trinken die sich zuvor bereits Schnupfen einer Behandlung Sonstige unterzogen haben 81 % 47 % Mit Ausnahme der Trends beziehen sich die Daten auf alle Klienten/Klientinnen mit Heroin als Primärdroge, die sich in Behandlung begeben haben. Die Daten für Deutschland beziehen sich auf Klienten/Klientinnen, die „Opioide“ als Primärdroge angegeben haben. Die Trends bei den Erstklienten/-klientinnen basieren auf Daten aus 24 Ländern. Nur Länder mit Daten für mindestens elf der dreizehn Jahre sind in der Trendgrafik enthalten. Fehlende Werte werden aus den Vor- und Folgejahren interpoliert. Aufgrund von Veränderungen in den nationalen Datenreihen sind die ab 2014 für Italien ausgewiesenen Daten nicht mit den Vorjahren vergleichbar. Die Daten zum Vereinigten Königreich für 2018 schließen Nordirland nicht mit ein. Sicherstellungen Preis (EUR/g) 17 140 29-79 Anzahl Reinheitsgrad (%) 9 48 EU 37 000 18-30 EU + 2 56 000 Indexierte Trends Menge Preis und Reinheitsgrad 108 EU 9,7 Tonnen 100 80 EU + 2 28,3 2008 2018 Die Angabe „EU + 2“ bezieht sich auf die EU-Mitgliedstaaten, die Türkei und Norwegen. Preis und Reinheitsgrad von „braunem Heroin“: nationale Durchschnittswerte – Mindestwert, Höchstwert und Quartilabstand. Je nach Indikator sind unterschiedliche Länder erfasst. Veränderungen bei den Heroin-Indikatoren Zahl der Länder oder Krankenhäuser, die seit der letzten Datenerhebung eine Veränderung gemeldet haben Behandlungs Heroinnotfälle – aufnahmen wegen Krankenhäuser Heroin – Länder 5 6 10 Anstieg 7 Stabil 18 Rückgang 7 Erstklienten/-klientinnen mit Heroin als Primärdroge, 2017-2018; Notfälle in Verbindung mit Heroin in Euro-DEN-Plus-Krankenhäusern, 2017-2018. 13
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen KERNTHEMA | Es ist wichtig, die Folgen von hochpotentem Cannabis und neuen Produkten für die öffentliche Gesundheit zu verstehen Cannabis hat bei Personen, die sich in Drogenbehandlung begeben, derzeit eine wichtige Rolle inne, allerdings wird die Beziehung zwischen den durch Cannabis verursachten Problemen und den Entwicklungen auf dem Drogenmarkt bislang kaum verstanden. Und das in einer Zeit der Veränderung im Cannabismarkt, wo immer mehr Cannabisprodukte mit hohem THC-Gehalt (Tetrahydrocannabinol) sowie neue Cannabisformen und aus Cannabispflanzen extrahierte Produkte angeboten werden. Ferner enthalten Cannabisharz und Cannabiskraut heute im Schnitt doppelt so viel THC wie noch vor zehn Jahren. Insgesamt gesehen heißt das, dass die dringende Notwendigkeit besteht, diesen Bereich stärker zu überwachen. Diese und andere Fragen wie beispielsweise die Verfügbarkeit von Produkten mit wenig THC, die wegen ihres hohen CBD-Gehalts (Cannabidiol) angepriesen werden, sind Gegenstand der Untersuchung in einer der nächsten Ausgaben der EMCDDA-Informationsreihe „Cannabis: controversies and challenges“. HAUPTERGEBNISSE DES EUROPÄISCHEN DROGENBERICHTS 2020 ▬ Die Analyse der indexierten Trends deutet auf einen allgemeinen Anstieg des Wirkstoffgehalts in Cannabiskraut und Cannabisharz seit 2008 hin. Die ▬ Im Jahr 2018 nahmen etwa 135 000 Menschen in Europa eine spezielle Drogentherapie wegen Problemen in Verbindung mit ihrem Cannabiskonsum jüngsten Daten zeigen, dass das heute in Europa auf (was 32 % aller Behandlungsnachfragen ▬ verkaufte Cannabisharz im Schnitt fast doppelt so viel entspricht), rund 80 000 davon zum ersten Mal. ▬ THC enthält wie Cannabiskraut. In den 24 Ländern, in denen Daten verfügbar sind, Acht der Länder, die seit 2017 Erhebungen stieg die Gesamtzahl der Personen, die sich erstmals durchgeführt und Konfidenzintervalle angegeben wegen cannabisbedingter Probleme in Behandlung haben, schätzten, dass der Cannabiskonsum bei begaben, zwischen 2006 und 2018 um 64 %. jungen Erwachsenen (15-34) im letzten Jahr Fünfzehn Länder meldeten eine Zunahme zwischen angestiegen ist, während drei unveränderte Werte 2006 und 2018, vierzehn einen Anstieg im letzten ▬ meldeten und ein Land einen Rückgang gegenüber Jahr (2017-2018). der letzten vergleichbaren Erhebung beobachtete. Acht dieser Länder stellten in der jüngsten Erhebung Insgesamt 50 % der Befragten, die Cannabis als einen Anstieg des Konsums in der Altersgruppe der Primärdroge konsumieren und 2018 zum ersten Mal in ▬ 15- bis 24-Jährigen fest. Behandlung waren, gaben an, die Droge im letzten Monat täglich konsumiert zu haben. Bevölkerungsumfragen zufolge wird Cannabis von schätzungsweise rund 1 % aller Erwachsenen in der Europäischen Union täglich oder fast täglich konsumiert, genauer gesagt an mindestens 20 der letzten 30 Tage. Die Mehrzahl davon (60 %) sind unter 35 Jahre alt und rund drei Viertel sind männlich. 14
Europäische Drogensituation bis zum Jahr 2020 CANNABIS Behandlungsaufnahmen von Cannabiskonsumierenden Merkmale Häufigkeit des Konsums Trends bei den Erstklienten/- im letzten Monat klientinnen Durchschnitts 17 80 000 alter bei Durchschnittlicher Konsum: 70 000 Erstkonsum 5,3 Tage pro Woche 60 000 25 50 000 Durchschnittsalter Täglich 50 % 17 % 83 % bei erstmaliger 40 000 Behandlungsaufnahme 30 000 2 bis 6 Tage pro Woche 23 % 20 000 78 000 37 400 10 000 0 Erstklienten/- Klienten/ Höchstens einmal pro Woche 8% 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018 klientinnen Klientinnen, die 68 % sich zuvor bereits Italien Frankreich Andere Länder einer Behandlung Kein Konsum in den unterzogen haben letzten 30 Tagen 19 % Spanien Deutschland Vereinigtes Königreich 32 % Mit Ausnahme der Trends beziehen sich die Daten auf alle Klienten/Klientinnen mit Cannabis als Primärdroge, die sich in Behandlung begeben haben. Die Trends bei den Erstklienten/-klientinnen basieren auf Daten aus 24 Ländern. Nur Länder mit Daten für mindestens elf der dreizehn Jahre sind in der Trendgrafik enthalten. Fehlende Werte werden aus den Vor- und Folgejahren interpoliert. Aufgrund von Veränderungen in den nationalen Datenreihen sind die ab 2014 für Italien ausgewiesenen Daten nicht mit den Vorjahren vergleichbar. Die Daten zum Vereinigten Königreich für 2018 schließen Nordirland nicht mit ein. HARZ KRAUT Sicherstellungen Sicherstellungen Anzahl Anzahl EU 318 000 EU 412 000 EU + 2 339 000 EU + 2 467 000 Menge Menge EU 668 Tonnen EU 194 Tonnen EU + 2 702 EU + 2 243 Preis (EUR/g) 3 23 Preis (EUR/g) 4 20 9-14 7-12 Wirkstoffgehalt 9 31 Wirkstoffgehalt 4 15 (% THC) 13-24 (% THC) 9-12 Indexierte Trends 222 Indexierte Trends 182 Preis und Preis und Wirkstoffgehalt 100 112 Wirkstoffgehalt 100 112 2008 2018 2008 2018 Die Angabe „EU + 2“ bezieht sich auf die EU-Mitgliedstaaten, die Türkei und Norwegen. Preis und Wirkstoffgehalt der Cannabisprodukte: nationale Durchschnittswerte – Mindestwert, Höchstwert und Quartilabstand. Je nach Indikator sind unterschiedliche Länder erfasst. Veränderungen bei den Cannabis konsum – Behandlungs aufnahmen Cannabis notfälle – 8 14 Cannabis-Indikatoren Länder 8 wegen Kranken Cannabis – häuser 5 Anstieg Zahl der Länder oder Krankenhäuser, Länder 6 Stabil die seit der letzten Umfrage 3 9 11 Rückgang oder Datenerhebung eine 1 Veränderung gemeldet haben Cannabiskonsum bei jungen Erwachsenen (15-34) im letzten Jahr, 2017/2018 bzw. letzte Erhebung; Erstklienten/-klientinnen mit Cannabis als Primärdroge, 2017-2018; Notfälle in Verbindung mit Cannabis in Euro-DEN-Plus-Krankenhäusern, 2017-2018. 15
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen KERNTHEMA | Die Drogenherstellung in Europa hat zugenommen und ist vielfältiger geworden Es werden weiterhin bekannte sowie neue Drogen in Europa hergestellt, und zwar für lokale als auch globale Märkte, wobei die Strafverfolgungsbehörden mehr Labore und Produktionsstätten entdeckt haben. Der Grund dafür ist zum Teil in einer neuen Produktionstaktik organisierter krimineller Gruppen zu finden, aber auch im Zugang zu preisgünstigeren und neuartigen Ausgangsstoffen und zu Verarbeitungsanlagen. Die Herstellung illegaler Drogen basiert heute auf einer Reihe vielfältigerer Substanzen, die sich im Rahmen der aktuellen europäischen und internationalen Gesetzgebung nur schwer bekämpfen und überwachen lassen. HAUPTERGEBNISSE DES EUROPÄISCHEN DROGENBERICHTS 2020 ▬ Cannabis: In der Europäischen Union wurden 2018 insgesamt 3,3 Millionen Cannabispflanzen sichergestellt, was für die betreffenden Länder darauf ▬ Das in Europa sichergestellte Methamphetamin wird vorwiegend in Tschechien hergestellt, und zwar aus Pseudoephedrin, das aus Arzneimitteln extrahiert hindeutet, dass diese Droge innerhalb der wird; weitere Herstellungsorte sind die Grenzgebiete ▬ ▬ Landesgrenzen hergestellt wird. der umliegenden Länder. Heroin: 2018 wurden in der Europäischen Union fast MDMA: Insgesamt wurden 2018 in der Europäischen 16 Tonnen Essigsäureanhydrid, ein Ausgangsstoff für Union 23 aktive MDMA-Labore ausgehoben, die Heroin, sichergestellt; weitere 9 Tonnen wurden meisten davon (20) in den Niederlanden. Die aufgehalten, bevor sie in die Lieferkette gelangen Entdeckung von zwei MDMA-Laboren in Spanien und ▬ konnten. einem Labor in Schweden legt nahe, dass eine Auffächerung der Produktionsstätten im Gang sein ▬ Die Entdeckung von Laboren zur Herstellung von könnte. Heroin aus Morphin in Bulgarien, Tschechien, Spanien und den Niederlanden in den letzten Jahren legt im Die sichergestellten Mengen des MDMA- Zusammenspiel mit der höheren Zahl an Ausgangsstoffes PMK (Piperonylmethylketon) und von Sicherstellungen von Morphin und Opium den Schluss Stoffen, die nicht für die Herstellung von MDMA nahe, dass Heroin nun zum Teil auch in der erfasst sind, haben sich 2018 von 26 Tonnen im ▬ ▬ Europäischen Union hergestellt wird. Vorjahr auf weniger als 16 Tonnen reduziert. Kokain: Es wurde eine geringe, wenn auch steigende Neue psychoaktive Substanzen: 2018 wurden in der Menge an Kokablättern sichergestellt (243 Kilogramm Europäischen Union insgesamt 50 Kilogramm des im Jahr 2018) sowie eine geringe Menge an Cathinon-Ausgangsstoffes 2-Brom-4- Kokapaste (184 Kilogramm), was auf Labore Methylpropiophenon sichergestellt. Gleichzeitig hindeutet, die Kokain aus Kokablättern oder -paste wurden drei Labore entdeckt (in Spanien, den ▬ herstellen. Niederlanden und Polen), in denen Mephedron hergestellt wurde, was zeigt, dass diese Droge auch ▬ Amphetamin: Die Gesamtmenge der in der weiterhin in Europa produziert wird. Europäischen Union sichergestellten Ausgangsstoffe und anderer Substanzen zur Herstellung von In Frankreich wurde 2018 über ein halbes Kilogramm Amphetamin erreichte 2018 mit 73 Tonnen einen 4-Anilino-N-phenethylpiperidin (ANPP) sichergestellt, Rekordwert. Die sichergestellte Menge der und in Belgien wurde eine Lieferung von 3 Kilogramm alternativen Substanz APAA ist in den letzten Jahren N-Phenethyl-4-piperidon (NPP) aufgehalten. Beide sprunghaft angestiegen – 2018 verdreifachte sie sich dienen als Ausgangsstoffe für die Herstellung von auf über 30 Tonnen im Vergleich zum Vorjahr. Fentanyl und Fentanylderivaten. 16
Europäische Drogensituation bis zum Jahr 2020 Art der Droge Die Rolle Europas bei der Fokus der Kontrollmaßnahmen Hauptprobleme für die Herstellung in Europa mit Blick auf die Strafverfolgungsbehörden Herstellung und den Verkehr von Drogen Cannabisharz Größtenteils eingeführt; Lieferkette Sich ändernde Schmuggelrouten und ‑methoden gewisse Herstellung von Schmuggel durch politisch instabile Territorien Harz in Europa Einsatz verschiedener Seefahrzeuge (z. B. Schnellboote), Zivilflugzeuge und unbemannter Luftfahrzeuge Cannabiskraut Herstellung in Europa für Anbaustätten Lokale und verstreute Anbaustätten nah an den europäische Märkte Lieferkette Märkten, um das Entdeckungsrisiko zu minimieren Drogenverkauf direkt an Konsumierende über Märkte im Darknet Verteilung durch Post-, Paket- und Lieferdienste Kokain Eingeführt; begrenzte Lieferkette Fortgesetzte Verwendung kontrollierter Herstellung in Europa Kontrolle der Ausgangsstoffe Ausgangsstoffe in der Herstellung Verarbeitungsanlagen wie Sich ändernde Schmuggelrouten und ‑methoden Base-zu-HCl und Labore für die Nutzung von Containertransporten sekundäre Extraktion Korruption in Hafen- und anderen Behörden Heroin Eingeführt; begrenzte Lieferkette Fortgesetzte Verwendung kontrollierter Herstellung in Europa; Kontrolle der Ausgangsstoffe Ausgangsstoffe in der Herstellung Quelle für Ausgangsstoffe Sich ändernde Schmuggelrouten und ‑methoden Produktionsanlagen Nutzung von Containertransporten Amphetamin Herstellung in Europa für Kontrolle der Ausgangsstoffe Einsatz neuartiger Stoffe in der Herstellung europäische Märkte und Produktionsanlagen Hinweise auf lokale Verarbeitung und Produktion in begrenztem Umfang einschließlich Abfalldeponien Märkte in Nahost Lieferkette Methamphetamin Herstellung in Europa für Kontrolle der Ausgangsstoffe Fortgesetzte Verwendung kontrollierter europäische Märkte Produktionsanlagen Ausgangsstoffe in der Herstellung einschließlich Abfalldeponien Einsatz neuartiger Stoffe in der Herstellung Lieferkette Wachsende Rolle für organisierte kriminelle Gruppen MDMA Herstellung in Europa für Kontrolle der Ausgangsstoffe Fortgesetzte Verwendung kontrollierter europäische und globale Produktionsanlagen Ausgangsstoffe in der Herstellung Märkte einschließlich Abfalldeponien Einsatz neuartiger Stoffe in der Herstellung Lieferkette Drogenverkauf direkt an Konsumierende über Märkte im Darknet Verteilung durch Post-, Paket- und Lieferdienste Neue psychoaktive Stoffe überwiegend Lieferkette Entdeckung von Produktionsstätten Substanzen eingeführt; gewisse Produktionsanlagen Diverse nicht erfasste Produktionsstoffe Herstellung in Europa; Verarbeitung in Europa Es werden weiterhin bekannte sowie neue Drogen in Europa hergestellt, und zwar für lokale als auch globale Märkte, wobei die Strafverfolgungsbehörden mehr Labore und Produktionsstätten entdeckt haben 17
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen KERNTHEMA | Die anhaltende Verfügbarkeit hochpotenter MDMA‑Produkte belegt die Notwendigkeit einer besseren Aufklärung der Konsumierenden Innovationen im Bereich synthetischer Drogen und die Ausweitung ihrer Herstellung in Europa sind durch die anhaltende Verfügbarkeit hochdosierter MDMA-Tabletten und von hochreinen MDMA-Pulvern belegt. Neben dem Anstieg des durchschnittlichen MDMA-Gehalts in Tabletten und des Reinheitsgrads von Pulvern zeigen die Daten für 2018, dass auch Produkte mit extrem hohen MDMA-Dosierungen gefunden wurden. Diese Produkte stellen für Personen, die sie konsumieren, ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar und beleuchten die Frage der Information und Intervention mit dem Ziel der Prävention und Schadensminderung. HAUPTERGEBNISSE DES EUROPÄISCHEN DROGENBERICHTS 2020 ▬ MDMA-Tabletten enthalten derzeit im Schnitt höhere Dosen der Droge als je zuvor. Die Trendanalyse zeigt, dass der durchschnittliche Gehalt von MDMA- ▬ MDMA war 2018 die sechshäufigste Droge bei Notfällen in den von Euro-DEN Plus beobachteten Krankenhäusern (Abbildung 3) und für 8 % aller Tabletten seit 2014 auf hohem Niveau stabil geblieben drogenbedingten Aufnahmen auf die Intensivstation ▬ ist. Allerdings war die Analyse aufgrund mangelnder verantwortlich. ▬ Daten nur bis 2017 möglich. 2018 wurden schätzungsweise 4,7 Millionen MDMA- Vier der 12 Länder, die seit 2017 neue Tabletten und damit weniger als die 6,8 Millionen im ▬ Erhebungsergebnisse geliefert und Konfidenzintervalle Jahr davor sichergestellt. angegeben haben, meldeten höhere Schätzwerte als in der letzten vergleichbaren Erhebung, acht sprachen Das in der Europäischen Union sichergestellte ▬ von einem unveränderten Niveau. MDMA-Pulver stieg mengenmäßig von 1,7 Tonnen im ▬ Jahr 2017 auf 2,2 Tonnen im Jahr 2018. Von den 42 Städten, aus denen Daten für 2018 und 2019 vorliegen, meldeten 23 eine steigende, vier eine Sowohl 2017 als auch 2018 wurden große Mengen an gleichbleibende und 15 eine rückläufige Tendenz. MDMA-Tabletten in der Türkei sichergestellt. In beiden Jahren handelte es sich um mehr als 8 Millionen, was die in der Europäischen Union sichergestellte Gesamtzahl überstieg. Innovationen im Bereich synthetischer Drogen und die Ausweitung ihrer Herstellung in Europa sind durch die anhaltende Verfügbarkeit hochdosierter MDMA-Tabletten und von hochreinen MDMA-Pulvern belegt 18
Europäische Drogensituation bis zum Jahr 2020 MDMA Sicherstellungen Preis (EUR/Tablette) 4 16 6-10 Anzahl EU 24 000 MDMA-Gehalt 39 188 132-181 EU + 2 36 000 (mg/Tablette) Menge Indexierte Trends 235 EU 4,7 Preis und MDMA-Gehalt 100 95 EU + 2 13,2 Millionen Tabletten 2008 2018 Menge EU 2,2 Die Angabe „EU + 2“ bezieht sich auf die EU-Mitgliedstaaten, die Türkei und Norwegen. Preis und Gehalt der MDMA-Tabletten: nationale EU + 2 2,2 Tonnen Durchschnittswerte – Mindestwert, Höchstwert und Quartilabstand. Je nach Indikator sind unterschiedliche Länder erfasst. Veränderungen bei den MDMA-Indikatoren Zahl der Länder, Städte oder Krankenhäuser, die seit der letzten Umfrage oder Datenerhebung eine Veränderung gemeldet haben MDMA- MDMA MDMA-Notfälle – Konsum – im Abwasser – Krankenhäuser Länder Städte 4 23 14 Anstieg Stabil 4 8 4 Rückgang 15 6 MDMA-Konsum bei jungen Erwachsenen (15-34) im letzten Jahr, 2017/2018 bzw. letzte Erhebung; Abwasseranalysen (SCORE), 2017-2018; Notfälle in Verbindung mit MDMA in Euro-DEN-Plus-Krankenhäusern, 2017-2018. ABBILDUNG 3 DIE ZEHN AM HÄUFIGSTEN BEI NOTFÄLLEN IN VON EURO-DEN PLUS BEOBACHTETEN KRANKENHÄUSERN ANGEGEBENEN DROGEN, 2018 Cannabis Kokain Heroin GHB/GBL Amphetamin MDMA Unbekanntes Benzodiazepin Unbekannt Methamphetamin Synthetische Cannabinoide 0 500 1 000 1 500 2 000 2 500 Anzahl der Notfälle Ergebnisse aus 27 beobachteten Krankenhäusern in 19 europäischen Ländern. 19
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen KERNTHEMA | Die zunehmende Komplexität des Drogenmarktes birgt regulatorische Herausforderungen und gesundheitliche Risiken Es ist jedenfalls nötig, ein besseres Verständnis für die Verfügbarkeit nicht kontrollierter sowie wenig verbreiteter Substanzen und ihre Folgen für die öffentliche Gesundheit zu schaffen. Diese Stoffe werden häufig nur unzureichend überwacht, es gibt jedoch Hinweise darauf, dass sie ein wachsendes Problem darstellen könnten, was sich beispielsweise an den steigenden Mengen von sichergestelltem Ketamin, GHB (Gamma-Hydroxybutyrat) und LSD (Lysergsäurediethylamid) zeigt. Einige Länder haben zudem Sorge bezüglich des Konsums von Substanzen wie Distickstoffmonoxid (N2O, Lachgas) geäußert. Wachsende Bedenken gelten auch nicht kontrollierten und neuen Benzodiazepinen, die online oder über den herkömmlichen illegalen Drogenmarkt bezogen werden. So wird beispielsweise Etizolam, das in den meisten Ländern nicht als Arzneimittel zugelassen ist, auf den Drogenmärkten einiger Länder jedoch leicht erhältlich zu sein scheint, mit der gestiegenen Zahl drogenbedingter Todesfälle bei Personen, die Opioide konsumieren, in Verbindung gebracht. HAUPTERGEBNISSE DES EUROPÄISCHEN DROGENBERICHTS 2020 ▬ 2018 wurden rund 1 900 Sicherstellungen von Ketamin in 15 EU-Ländern gemeldet, die sich auf geschätzte 328 Kilogramm und 12 Liter der Droge ▬ Die meisten nationalen Schätzungen gehen für 2018 bzw. das letzte verfügbare Erhebungsjahr für LSD und halluzinogene Pilze von einer Jahresprävalenz bei ▬ ▬ beliefen. jungen Erwachsenen (15-34) von maximal 1 % aus. 13 EU-Länder berichteten 2018 von schätzungsweise Durch das EU-Frühwarnsystem werden 30 neue 1 500 Sicherstellungen von GHB oder GBL (Gamma- Benzodiazepine überwacht, von denen 21 erstmals Butyrolacton) mit einer Menge von fast 3,3 Tonnen seit 2015 wieder in Europa entdeckt wurden ▬ und 1 732 Litern. (Abbildung 4). Im Jahr 2018 wurden fast 4 700 Sicherstellungen neuer Benzodiazepine an das Den vorhandenen nationalen Prävalenzschätzungen EU-Frühwarnsystem gemeldet, die 1,4 Millionen zufolge scheinen Erwachsene und Schüler/-innen Tabletten, 1,3 Liter Flüssigkeit und unter 8 Kilogramm ▬ ▬ eher wenig Ketamin und GHB zu konsumieren. Pulver umfassten. 2018 wurden mehr als 2 400 Sicherstellungen von Etizolam, das seit 2011 im EU-Frühwarnsystem LSD gemeldet, die 1,06 Millionen Einheiten eingetragen ist, und neuerdings Flualprazolam, das umfassten. Die meisten davon (93 %) wurden in erstmals 2018 entdeckt wurde, wurden in einigen Spanien sichergestellt. Die Zahl der Sicherstellungen Ländern mit Vergiftungen und Todesfällen in von LSD hat sich seit 2010 mehr als verdoppelt, wobei Verbindung gebracht. die sichergestellten Mengen schwanken. ABBILDUNG 4 ANZAHL DER NEUEN BENZODIAZEPINE, DIE IN DER EUROPÄISCHEN UNION, NORWEGEN UND DER TÜRKEI ERSTMALIG GEMELDET WURDEN, 2007-2019 6 5 5 4 3 2 2 1 1 1 0 0 0 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 20
Europäische Drogensituation bis zum Jahr 2020 KERNTHEMA | Es sind neue Instrumente und innovative Strategien nötig, um die Behandlung von Hepatitis C auszuweiten Die Injektion von Drogen ist weiterhin ein Hauptgrund für Infektionen mit Hepatitis C (HCV) in Europa, weshalb der Zugang von Personen, die Drogen injizieren, zur Prävention, Testung und Behandlung von Hepatitis C eine unabdingbare Voraussetzung für die Eliminierung dieser Krankheit ist. Obgleich die Verfügbarkeit effizienter, direkt wirkender oraler antiviraler Arzneimittel ausgebaut wurde, ist die bessere Versorgung mit diesen Arzneimitteln neben der Umsetzung von Programmen zur opioidgestützten Substitutionsbehandlung und zum Nadelaustausch in vielen Ländern weiter ein Problem. Die Einführung besserer Diagnose- und Überwachungstechniken zur Ermittlung von chronisch mit diesem Virus Infizierten ist für die gezielte Behandlung der Betroffenen wichtig. HAUPTERGEBNISSE DES EUROPÄISCHEN DROGENBERICHTS 2020 ▬ Die virale Hepatitis, insbesondere die Infektion mit dem Hepatitis-C-Virus, ist unter injizierenden ▬ Es ist wichtig, dass alle Personen mit einer chronischen Infektion erfasst werden, da sie ein hohes ▬ Drogenkonsumierenden in Europa weit verbreitet. Risiko haben, an Leberzirrhose oder Krebs zu erkranken. Zudem können sie das Virus auf andere Im Zeitraum 2017-2018 zeigte die Prävalenz von übertragen, wenn sie Injektionsmaterial, das mit ihrem HCV-Antikörpern in nationalen Proben von Blut in Kontakt gekommen ist, mit anderen teilen. injizierenden Drogenkonsumierenden eine Schwankungsbreite von 16 % bis 86 %, wobei die Werte in zehn der 16 Länder, die nationale Daten erheben, über 50 % lagen (Abbildung 5). ABBILDUNG 5 HCV-ANTIKÖRPERPRÄVALENZ BEI PERSONEN, DIE DROGEN INJIZIEREN: SEROPRÄVALENZSTUDIEN UND DIAGNOSETESTERGEBNISSE MIT NATIONALER UND SUBNATIONALER ERFASSUNG, 2017-2018 Prozent 100 Länder mit 90 nationalen Daten 80 70 3 60 50 40 7 30 20 10 0 i i a l 5 ien nien en ich garn ake rke len er n lie n alt ich nien burg land ien land nien uga nd en ec h e eg igre w Tü Po Zyp Ita M rre a n ar tt ä rt tla au ch l o w o r w ö n U n S l o s t e S p xe m c h e u l g L e u m Po Es Lit Ts S N K Ö L u ie B R es Gr igt 1 rein Ve Seroprävalenzstudien Diagnosetestergebnisse 75 % Stichproben mit subnationaler Erfassung Stichproben mit subnationaler Erfassung 21
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen KERNTHEMA | Drogenüberdosierungen sind zunehmend mit einer alternden Population verbunden Zwischen 2012 und 2018 erhöhte sich die Zahl der Todesfälle durch Überdosierung in der Altersgruppe der Über-50-Jährigen um 75 %, was darauf hindeutet, dass diese Fälle zunehmend unter älteren Langzeitkonsumierenden auftreten. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, die zunehmende Anfälligkeit einer älter werdenden Kohorte von Personen, die ihr Leben lang Drogen konsumiert haben, anzuerkennen und sie als wichtige Zielgruppe für Maßnahmen zur Behandlung, sozialen Wiedereingliederung und Schadensreduzierung zu betrachten. HAUPTERGEBNISSE DES EUROPÄISCHEN DROGENBERICHTS 2020 ▬ In der Europäischen Union wurde die Zahl der Todesfälle durch eine Überdosierung illegaler Drogen 2018 auf mindestens 8 300 geschätzt – eine Lage, die ▬ Zwischen 2012 und 2018 stieg die Zahl der Todesfälle durch Überdosierung in der Europäischen Union in allen Altersgruppen mit Ausnahme der 20- bis im Vergleich zu 2017 stabil geblieben ist. Die 29-Jährigen an. In der Gruppe der Über-50-Jährigen, Gesamtzahl erhöht sich unter Einbeziehung bei denen die Zahl der Todesfälle um insgesamt 75 % Norwegens und der Türkei auf schätzungsweise zunahm, war der Anstieg besonders ausgeprägt. Die 9 200 Todesfälle, was einen leichten Rückgang Analyse der 2018 von der Türkei gemeldeten tödlichen gegenüber dem korrigierten Wert von 9 500 Fällen im Überdosierungen zeigt mit einem Durchschnittsalter Jahr 2017 bedeutet. Die europäische Analyse ist von 32,5 Jahren ein jüngeres Profil als im EU- ▬ jedoch als vorläufig zu betrachten und stellt Durchschnitt (Abbildung 6). wahrscheinlich eine Unterschätzung der tatsächlichen ▬ Todesfälle im Jahr 2018 dar. Die Mortalitätsrate aufgrund von Überdosierungen lag 2018 in Europa bei schätzungsweise 22,3 Todesfällen Bei den meisten der in Europa gemeldeten tödlichen je 1 Million Einwohner im Alter zwischen 15 und Überdosierungen wurden Opioide, vor allem Heroin 64 Jahren. Am stärksten betroffen waren Männer oder seine Metaboliten, nachgewiesen, oftmals in zwischen 35 und 44 Jahren mit einer Mortalitätsrate ▬ Verbindung mit anderen Substanzen. von 53,7 Todesfällen pro Million, die damit doppelt so hoch war wie der Durchschnitt aller Altersgruppen und Drei Viertel (76 %) der an einer Überdosis mehr als dreimal so hoch wie die höchste verstorbenen Personen waren männlich. Das Mortalitätsrate bei Frauen (13,9 Todesfälle je 1 Million Durchschnittsalter der 2018 in Europa Verstorbenen Frauen im Alter von 35 bis 44 Jahren). ist weiter angestiegen, nämlich auf 41,7 Jahre. Zwischen 2012 und 2018 erhöhte sich die Zahl der Todesfälle durch Überdosierung in der Altersgruppe der Über-50-Jährigen um 75 %, was darauf hindeutet, dass diese Fälle zunehmend unter älteren Langzeitkonsumierenden auftreten 22
Europäische Drogensituation bis zum Jahr 2020 DROGENBEDINGTE TODESFÄLLE Merkmale Anzahl der Todesfälle 1 400 Durchschnitts alter der Verstorbenen 41,7 Jahre 1 200 1 000 24 % 76 % 800 600 Anzahl der Todesfälle 400 EU 8 300 200 EU + 2 9 200 0 15-19 20-24 25-29 30-34 35-39 40-44 45-49 50-54 55-59 60-64 Alter Die Daten beziehen sich auf die EU-Mitgliedstaaten, die Türkei und Norwegen 2012-2018 (EU + 2). ABBILDUNG 6 ALTERSVERTEILUNG BEI DEN DROGENBEDINGTEN TODESFÄLLEN, DIE 2018 BZW. FÜR DAS LETZTE VERFÜGBARE ERHEBUNGSJAHR GEMELDET WURDEN Prozent 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 i a i k al rke alt ga rn lan d len er n ich en ke nien gien land uen land land hien gen rien land lien eich nde eich ar n n n nie atie enie rtug bu rg Tü M Un n Po Zyp erre wed lowa ä el st ita tt c h e c w e l ga Ir Ita i gr rla kr em pa o m Fin Ös t Sc h S Ru m B E L L e u t s s c h N o r B u Kö n e d e F ra n D ä n S K r S lo w Po u xe i De T es N L igt rein Ve 40+ 30-39
Europäischer Drogenbericht 2020: Kernthemen KERNTHEMA | Neue psychoaktive Substanzen haben sich zu einem dauerhaften Problem entwickelt Die Geschwindigkeit, mit der neue psychoaktive Substanzen auf dem Markt erscheinen, ist seit einigen Jahren unverändert. Dennoch werden im EU- Frühwarnsystem weiterhin jährlich mehr als 50 neue psychoaktive Substanzen erstmalig erfasst. Daneben werden jedes Jahr rund 400 bereits zuvor gemeldete neue psychoaktive Substanzen auf dem europäischen Markt nachgewiesen. Diese Substanzen, die aus einem breiten Spektrum von Drogenarten stammen, unterliegen keinerlei internationalen Drogengesetzen. Dazu gehören Stimulanzien, synthetische Cannabinoide, Benzodiazepine, Opioide, Halluzinogene und Dissoziativa. HAUPTERGEBNISSE DES EUROPÄISCHEN DROGENBERICHTS 2020 ▬ Am Jahresende 2019 überwachte die EMCDDA etwa 790 neue psychoaktive Substanzen, von denen 53 erstmals im Jahr 2019 in Europa gemeldet wurden ▬ In Europa werden im Bereich neue psychoaktive Substanzen normalerweise vor allem synthetische Cannabinoide und Cathinone sichergestellt, auf die ▬ (Abbildung 7). 2018 zusammengenommen 77 % aller ▬ Sicherstellungen entfielen (EU-Mitgliedstaaten: 64 %). Seit 2015 wurden jährlich etwa 400 bereits zuvor gemeldete neue psychoaktive Substanzen entdeckt Die vorhandenen Bevölkerungsumfragen deuten ▬ (Abbildung 8). darauf hin, dass der Konsum neuer psychoaktiver ▬ Substanzen in den europäischen Ländern niedrig ist. Im Laufe des Jahres 2018 meldeten Strafverfolgungsbehörden aus ganz Europa fast Neue psychoaktive Substanzen machten 5 % der 64 800 Sicherstellungen neuer psychoaktiver Drogen aus, die in der ersten Jahreshälfte 2019 bei Substanzen an das EU-Frühwarnsystem. Etwa 40 200 einem Netzwerk von Drogenanalysediensten, die in elf davon wurden aus den EU-Mitgliedstaaten gemeldet, europäischen Ländern operierten, zur Prüfung ▬ ein leichter Rückgang gegenüber 2017. abgegeben wurden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass diese Ergebnisse nicht repräsentativ für den 2018 wurden dem EU-Frühwarnsystem über Gesamtmarkt sind. 5,6 Tonnen neuer psychoaktiver Substanzen gemeldet – 4,4 Tonnen davon aus den Mitgliedstaaten –, der Großteil davon in Pulverform. Zusätzlich wurden in 4 212 Litern Flüssigkeit und 1,6 Millionen Tabletten und Kapseln neue psychoaktive Substanzen entdeckt. 24
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