Evaluation CHILI Konflikttrainingsprogramm des Schweizerischen Roten Kreuzes - Autor: Helmuth Hartmeyer Wien, Juni 2003

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Geboren werden heisst in Konflikte geraten.
(M. Oraison)

         Evaluation CHILI
                Konflikttrainingsprogramm des
               Schweizerischen Roten Kreuzes

                                        Autor: Helmuth Hartmeyer
                                                      Wien, Juni 2003
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KommEnt - Gesellschaft für Kommunikation und Entwicklung
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Mail: helmuth.hartmeyer@komment.at
Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis                                    0

Einleitung                                            1

Terms of Reference                                    2

Analyse                                               4

     1. Effektivität                                  4

     2. Qualität                                      7

     3. Effizienz                                    12

     4. Struktur                                     14

Stärken-Schwächen-Profil                             17

Empfehlungen                                         18

Quellen- und Literaturangaben                        21

Anhang                                               22
Einleitung

Unter dem Label „CHILI – das heisse Konflikttraining für coole Köpfe“ bietet das
Schweizerische Rote Kreuz (SRK) Konflikttrainings für Jugendliche an. Das in der Regel
viertägige Training versteht sich als Konflikttrainings- und Gewaltpräventionsprogramm. Die
TeilnehmerInnen lernen ihre Verhaltensmuster vor und in Konfliktsituationen besser und
bewusster zu reflektieren und erweitern so ihre Entscheidungs- und
Handlungsmöglichkeiten.

Es wurden 14 CHILI-TrainerInnen zertifiziert ausgebildet. Die Ausbildung weiterer 6
Personen findet derzeit statt, da sich die Nachfrage und das Wachstum des Projekts gut
entwickelt hat. Es ist auch die Ausweitung des Programms in die Romandie geplant.

Im Jahr 2002 fasste das SRK den Beschluss, das CHILI- Basis-Trainingsprogramm
evaluieren zu lassen. Eine externe Evaluation im 1. Halbjahr 2003 sollte hinsichtlich der
geplanten Fortsetzung des Projekts Informationen und Entscheidungsgrundlagen für das
SRK über die Effektivität und Qualität der Trainings sowie die Effizienz und Struktur des
Projekts liefern.

Der Evaluationsbericht sollte eine Darstellung und Bewertung der Ergebnisse (inkl.
Zusammenfassung), ein Stärken-Schwächen-Profil des Projekts und eine Auflistung von
Empfehlungen enthalten.
CHILI Grande (ein Seminar für MultiplikatorInnen) und CHILI Piccolo (ein Programm für
Kinder zwischen 5 und 12 Jahren) waren nicht Gegenstand der Untersuchung.

Per Vertrag vom 27.1.2003 wurde KommEnt, namentlich Herr Helmuth Hartmeyer, mit der
Evaluation beauftragt. Die unmittelbaren Ansprechpartnerinnen im SRK waren Frau Isabel
Uehlinger und Frau Therese Stettler.

Feedback Tipps (Trainingstag in Chur, 20.5.2003)
    •   konkret sein
    •   beschreibend
    •   angemessen und akzeptierbar
    •   brauchbar
    •   zur rechten Zeit
    •   so positiv wie möglich

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Terms of Reference

Der Weg entsteht beim Gehen, aber auch die längste Reise beginnt beim ersten Schritt.

Der maximal 15-seitige Evaluationsbericht sollte Antworten zu den folgenden
Schlüsselfragen geben:

1. Effektivität
    •   Welche Erwartungen haben die Projektträger, wie werden sie erfüllt?
    •   Welche Erwartungen haben die TrainerInnen, wie werden sie erfüllt?
    •   Kernfrage: Wie wirken sich die Trainings in den Schulen aus? Wirkt CHILI präventiv?
        Welche Nachhaltigkeit ist gegeben?

2. Qualität
    •   Wie werden die Inhalte und Methoden der Trainings bewertet?
    •   Welche Faktoren befördern bzw. verhindern die Qualitätsentwicklung?
    •   Welche Anpassungen im Programm sind allenfalls erforderlich?

3. Effizienz
    •   Ist der Projektaufwand den Ergebnissen angemessen? Wie sieht er im Vergleich mit
        anderen Anbietern ähnlicher Produkte aus?
    •   Wie effizient ist die Koordination und Unterstützung durch das SRK?
    •   Wie kooperieren die TrainerInnen mit einander?

4. Strukturfragen
    •   Wie ist der Stellenwert des Projektes im SRK?
    •   Welche Schlussfolgerungen lassen sich für die Ausweitung in die Romandie ziehen?
    •   Welche Partnerorganisationen sind in das Projekt eingebunden? Wie erfolgt die
        Vernetzung mit dem Umfeld?

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Es war das folgende methodische Vorgehen vorgesehen:

       Studium der Unterlagen (Projektberichte 2001-2002, CHILI-Praxis-Handbuch für
       TrainerInnen, Homepage www.chili-srk.ch , ausgewählte Prozessdossiers)
       Vertiefende Interviews mit Projektträger (inkl. der Vorgesetzten)
       Workshop mit CHILI-TrainerInnen
       Telefoninterviews mit Auftraggebern von Trainings
       Diskussion des Rohberichts

Die Evaluation wurde auf Basis dieser Vereinbarung durchgeführt. Frau Ühlinger bzw. ihre
Nachfolgerin Frau Stettler wurden regelmäßig kontaktiert. Es gab ein Treffen mit dem CHILI-
Kernteam am 28.4.2003 in Bern. Der für 3.6.2003 in Zürich anberaumte Workshop mit den
TrainerInnen musste wegen eines Generalstreiks in Österreich, der an diesem Tag u.a. den
öffentlichen Verkehr zum Stillstand brachte, durch eine fernschriftliche Befragung ersetzt
werden. Indes wurden drei Trainings am 19./20.5.2003 in Chur besucht und bei dieser
Gelegenheit Fragen zur Evaluation mit den sechs anwesenden TrainerInnen besprochen.
Das Studium der erwähnten Unterlagen sowie eine Reihe vertiefender Telefoninterviews
ergänzten die Recherchen.

Ein Rohbericht wurde am 10.6.2003 an das SRK übermittelt. Alle Rückmeldungen wurden so
weit wie möglich in diesen eingearbeitet. Der Schlussbericht wurde am 30.6.2003 an das
SRK übermittelt.

Das SRK ist für die weitere Verwendung des Evaluationsberichts verantwortlich.

Danksagung

Im besonderen möchte ich Frau Isabel Uehlinger und Frau Therese Stettler für die sehr
kompetente und verlässliche Betreuung meiner Arbeit bedanken. Es wurden alle
Informationen vollständig und zeitgerecht zur Verfügung gestellt.
Des weiteren danke ich Frau Verena Zindel für die Vorbereitung und Begleitung meiner
Teilnahme an den Trainings in Chur.
Letztlich danke ich dem SRK für das Vertrauen, KommEnt und mich mit der vorliegenden
Evaluation beauftragt zu haben.

Helmuth Hartmeyer, 30.6.2003

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DER EVALUATIONSBERICHT

                                               Analyse

1. Effektivität

Wer Perlen sucht, muss in die Tiefe steigen.

    •   Welche Erwartungen haben die Projektträger, wie werden sie erfüllt?

Das Kernteam hat die Erwartung, dass das Projekt fortgesetzt und ausgebaut wird. Mit den
Programmen CHILI Grande und CHILI Piccolo wurden zwei Modelle entwickelt, über welche
die Nachhaltigkeit und Wirksamkeit der Trainings durch eine entsprechende Weiterbildung
von Lehrkräften (CHILI Grande) bzw. durch die Ausweitung des Wirkungsbereichs auf
jüngere Kinder (CHILI Piccolo) erweitert wird.

Das Kernteam hat auch die Erwartung, dass das Projekt im SRK strategisch und damit
organisatorisch so positioniert wird, dass die Verantwortlichen in ihren laufenden Planungen
von einer mehrjährigen Perspektive und unter einem gesicherten finanziellen Dach
ausgehen können. Entsprechende positive Erklärungen dazu von verantwortlicher Seite
liegen vor.

In der Direktion des SRK (Herr Daniel Biedermann) wird erwartet, dass das Projekt CHILI
einen Beitrag zum interkulturellen Verständnis bei Jugendlichen leistet. Insbesondere bei
Trainings in Schulklassen mit Kindern von MigrantInnen wird diese Erwartung erfüllt.
Zudem wird eine Ausweitung in die Romandie als unerlässlich gesehen.

Im Departement Migration in der Geschäftsstelle in Bern (Herr Hans-Beat Moser) besteht die
Erwartung, dass ein als inhaltlich sehr relevant erachtetes Programm rege Nachfrage und
auch externe finanzielle Bedeckung findet. Die rege Nachfrage ist gegeben, eine
ausreichende externe Kostenabdeckung ist nicht möglich.

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•   Welche Erwartungen haben die TrainerInnen, wie werden sie erfüllt?

Die TrainerInnen haben die Erwartung, dass es eine längerfristige Perspektive für das
Projekt gibt und damit die gewonnenen Erfahrungen zum Nutzen des Programms
weiterentwickelt werden können.

Hinsichtlich der proklamierten Zielsetzungen des Programms ist die Zielsetzung „Entwicklung
einer Streitkultur, um friedlich mit Menschen mit unterschiedlichen Wertvorstellungen,
Lebensplänen und kultureller Identität zusammen zu leben“ eine sehr weitreichende;
das jeweilige Trainingsprogramm kann und wird dazu immer nur einen kleinen, aber
wichtigen Beitrag leisten.
Andere Zielsetzungen wie „Verhaltensmuster vor und in Konfliktsituationen besser
reflektieren“, „Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten erweitern“, „das
Selbstbewusstsein fördern“, „den Team- und Klassengeist stärken“ sind bescheidener
formuliert und deshalb besser zu erreichen.

Die TrainerInnen haben gelernt, die Zielsetzungen an die jeweiligen Gegebenheiten und
Möglichkeiten anzupassen und vermeiden damit, sich selbst mit Erwartungen zu überfordern
bzw. Erwartungen zu wecken, die nicht erfüllt werden können.
Dies verhindert nicht, dass sie manchmal verunsichert sind, was ein Training bei den
SchülerInnen überhaupt bewirkt hat und ob die geplanten Prozesse in Gang gekommen
sind. Den Rückmeldungen der Lehrkräfte kommt deshalb in der Frage, ob die Erwartungen
erfüllt werden, ein wichtiger Stellenwert zu.

   •   Kernfrage: Wie wirken sich die Trainings in den Schulen aus? Wirkt CHILI präventiv?
       Welche Nachhaltigkeit ist gegeben?

Führende Arbeiten von Altrichter/Posch, Burkard/Eikenbusch, Scheunpflug und
Thonhauser/Patry (siehe Literaturangaben), die sich allesamt mit Evaluation in der
Bildungsarbeit auseinander setzen, bestätigen die sehr eingeschränkte unmittelbare
Messbarkeit von pädagogischer Arbeit. Viele andere Faktoren – das was die Jugendlichen
bereits erfahren haben, insbesondere in der frühen Kindheit, in ihrer Familie, mit ihren
Freunden; das was sie zeitgleich erleben, in der Schule, in ihrem Umfeld; und das was ihnen
noch später begegnen wird - beeinflussen ganz wesentlich das allfällige Verhalten eines
Menschen. Ein linearer Zusammenhang zwischen einem einzelnen Bildungsprozess und
einem bestimmten späteren Verhalten ist deshalb nicht belegbar.

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Dies festgehalten zu haben, erlaubt es dennoch, die Frage eines Mitglieds des Kernteams,
ob CHILI überhaupt präventiv sein kann, mit Ja zu beantworten. Gute pädagogische
Prozesse – das Wort „gut“ gemessen am Konzept des Programms und an den
Rahmenbedingungen für seine Umsetzung – wirken nachhaltig. Gerade Bildungsprozesse
wie das CHILI-Programm ermöglichen auf die Persönlichkeit hin bezogene Erfahrungen.
Verhaltensmuster können geübt werden. Da die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
zudem gute sind (u.a. die Freiwilligkeit des Prozesses, das ausgezeichnete Konzept, die
hohe Kompetenz der TrainerInnen, die gute Vorbereitung in den Schulen), kann die mittel-
und langfristige Wirksamkeit (Effektivität) des Programms zu recht angenommen werden.
Dies bedeutet in Konsequenz, dass ein solches Programm Präventivwirkung haben wird.

Einige Lehrkräfte bestellen das Training, weil es bereits konkrete Konflikte im
Klassenzimmer oder Schulhaus gibt und sie sich (verständlicherweise) eine Lösung der
Probleme erwarten. Die Lehrkräfte anerkennen später den Mehrwert des
Trainingsprogramms, wenn sie sehen, dass dynamische Prozesse in Gang gesetzt werden,
die über die erhoffte Lösung des konkreten Anlassfalles hinaus gehen.

Wenn es beim Wunsch der Lehrpersonen um die Intervention in die Probleme mit einem
einzelnen Schüler/einer einzelnen Schülerin geht (z.B. Schulverweigerung), nimmt das SRK
einen solchen Auftrag (richtigerweise) nicht an.

   •   Ist das Programm Teil von Schule oder nicht?

Über genaue Situationsbögen, die von den TrainerInnen zusammen mit den beteiligten
Lehrkräften vorab ausgefüllt werden müssen, wird das „Vorleben“ einer Klasse erfasst. CHILI
flattert damit nicht als unbeschriebenes Blatt in das Schulhaus, sondern es wird eine
konkrete Beziehung hergestellt, ehe das Programm einsetzt. Ebenso wird zu Ende des
Trainings die Überführung des Programms in den Schulalltag mitbedacht, zum Beispiel
durch die Aufgabe, Symbole zu finden, welche die SchülerInnen später im Alltag begleiten
und an die Trainings erinnern werden. Ganz wesentlich ist jedoch, dass die Lehrkräfte sich
für das „Leben danach“ verantwortlich fühlen und das Erlernte in den Alltag integrieren.

Auswertungsfragebögen für Lehrpersonen am Ende eines Trainings, die geplante noch
bessere Einbindung der Eltern, die Weiterentwicklung von CHILI-Grande und
Wiederholungstage nach ca. einem halben Jahr sind bereits ausgeübte und noch
ausbaubare Möglichkeiten, um das Programm zu einem integralen Bestandteil von Schule
zu machen.

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2. Qualität

Wer glaubt etwas zu sein, hat aufgehört etwas zu werden. (Augustinus)

   •   Wie werden die Inhalte und Methoden der Trainings bewertet?

Das Feedback ist positiv

Es handelt sich um ein pädagogisch sehr anspruchsvolles Konzept, durch das es gut gelingt,
so komplexe Inhalte wie Kommunikation und Vertrauen über Begegnung, Erlebnisse und
Gespräch zu thematisieren und transportieren. Über das Eisbergmodell wird etwa der
wichtige Versuch unternommen, Unsichtbares sichtbar zu machen – ein oft entscheidender
Schlüssel in das Schloss eines von Konflikten versperrten Tores.

Das Konzept und das Handbuch als dessen Ausfluss trägt die Handschrift erfahrener
Personen. Es werden die SchülerInnen als lernfähige und lernende Subjekte mit sozialer
Verantwortung respektiert und gemocht.

Die Beobachtungen der ersten Hälfte von 3 Trainings am 19. und 20.5.2003 in der Neuen
Tagesschule Chur, einer privaten Sekundarschule, haben dies bestätigt. Die 3 Trainings
fanden in den Stufen Sekundar I, II und III statt.
Sie wurden von Verena Zindel und Margot Vogel (Sek I), Fritz Heuscher und Elisabeth Koch
(Sek II) und Julia Morais und Florence Le Stanc (Sek III) geleitet.

Die jeweiligen KlassenlehrerInnen stellten den Trainings bereits am Ende des ersten Tages
ausgezeichnete Zeugnisse aus. Es wurden ausdrücklich die inhaltlichen wie methodischen
Zugänge gelobt und alle waren von den sachlichen und pädagogischen Kompetenzen der
TrainerInnen sehr angetan. Es wurde einhellig bestätigt, dass der so wichtige Faktor
Sympathie stimmte. In ausführlichen Gesprächen waren die LehrerInnen fest vom Erfolg der
Trainings überzeugt. Sie betonten, dass sie die Klassen und Klassengemeinschaften aus
einem geänderten Blickwinkel betrachten konnten und dass auch sie selbst die Chance zu
einem Lernprozess erhielten, den sie so gar nicht erwartet hatten.
Bereits am ersten Tag konnten sie feststellen, dass die Jugendlichen mit Eifer dabei waren;
dass das Training manche zum Mitreden motivierte, die sich sonst kaum zu Wort melden;
und dass die Trainings auch kritische Fragen auslösten.

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Der Schulleiter, der die Trainings auf Grund von Erfolgsberichten aus einer anderen Schule
im vollständigen Einvernehmen mit dem LehrerInnen-Team bestellt hatte, äusserte sich in
einem Gespräch ebenfalls bereits zu einem frühen Zeitpunkt sehr positiv. Er war von einem
Qualitätsschub in den 3 Klassen und damit für das gesamte Schul(haus)klima überzeugt.
In einem späteren Schreiben an eine Trainerin sagte er: „Nun ist die CHILI-Woche seit einer
Woche vorbei und Eltern und SchülerInnen reden immer noch davon und erfreulicherweise
alle sehr positiv.“ In der Zeitung „Die Südostschweiz“ erschien ein ausführlicher Bericht, der
im Anhang abgedruckt ist.

In ausgewählten Kurzinterviews mit einigen SchülerInnen aller Altersstufen lobten diese das
Trainingsprogramm und fanden es sehr gut, dass ihnen die Schule dieses Angebot
ermöglichte. Sie waren vom inhaltlichen Grundansatz wie vor allem von der Vielfalt der
Aktivitäten angetan. Die am Ende des ersten Tages vorgenommene Tagesauswertung fiel in
einer beeindruckenden Deutlichkeit positiv aus.

Ein ähnlich positives Feedback gab ein Lehrer in Horgen, der inzwischen schon über 10
Trainings für seine Schule eingekauft hat. Durch eine positive Schulhauskultur sollte
Problemen mit Gewalt in der Gemeinde präventiv begegnet und die Migrationsfrage
konstruktiv aufgegriffen werden. Die Gemeinde sprach einen speziellen Kredit für die
Trainingsprogramme zu.

Schließlich bestätigen auch die Prozessdossiers, die ich studieren konnte, das Lob für das
Programm. In Churwalden, wo an einer Sekundar- und Realschule im September 2002 vier
Trainings durchgeführt wurden, belegen sehr genau ausgefüllte Evaluationsbögen die
allgemeine Zufriedenheit.

Die Inhalte und Methoden werden weiterentwickelt

Aufgrund von Erfahrungen und Rückmeldungen der TrainerInnen wird das CHILI-Praxis-
Handbuch laufend angepasst und überarbeitet. Zu den über die Jahre bewährten Inhalten
kam ein Modul „Gender“ neu hinzu, d.h. es erfolgt in diesem Abschnitt der Trainings eine
teilweise getrennte Arbeit mit Mädchen und Buben. Module zu Rassismus und Mobbing sind
in Arbeit.

Ein heikler Punkt sind die theoretischen Inputs. Es besteht die Gefahr, dass sie zu
akademisch geraten, dass sie mit Fremdwörtern gespickt sind. Begriffsabklärungen von
Wörtern wie Respekt, Einfühlungsvermögen, Kommunikation oder Vertrauen setzen eine

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sehr gute Sprachkompetenz und ein hohes Abstraktionsvermögen voraus, das z.B. bei den
SchülerInnen in Chur nur eingeschränkt gegeben war. Langeweile und innere Emigration,
die sich in geistigem Abschalten und körperlicher Unruhe äußerte, waren zu beobachten.
Solche Inputs erinnern zu sehr an negative Erfahrungen mit Unterricht.

Auch die TrainerInnen selbst sind mit ihren Inputs nicht immer zufrieden. Manchmal kommt
der moralische Zeigefinger in die Höhe. Öfters bleibt die Unsicherheit zurück, was die
SchülerInnen wirklich aufgenommen haben.
Die Lehrkräfte würden sich mehr Methodenvielfalt bei den Theorieteilen wünschen.

   •   Welche Faktoren befördern bzw. verhindern die Qualitätsentwicklung?

Fördernde Faktoren

Es werden bei halbjährlichen gemeinsamen Treffen der TrainerInnen (CHILI Intensiv) die
Erfahrungen ausgetauscht. Die Rückmeldungen der TrainerInnen, zu denen sie nach jedem
Training verpflichtet sind, nehmen dabei einen wichtigen Stellenwert ein. Es werden die
Vorschläge für Anpassungen und Veränderungen diskutiert. Damit dienen diese Treffen
auch der weiteren Optimierung der Kompetenzen der TrainerInnen.

Die Tatsache, dass die Trainings von 2 TrainerInnen bestritten werden, ist ausgesprochen
qualitätsfördernd. Es ist die pädagogische Einsamkeit der Lehrkraft im Klassenzimmer ein
allseits bekanntes Phänomen und es werden allfällige Möglichkeiten zum Team-Teaching
sehr geschätzt.
Eine Reihe von TrainerInnen verfügen über bereits umfangreiche Erfahrung mit dem
Programm und auch deren pädagogische Kompetenz ist ausgezeichnet. Es wäre ihnen die
alleinige Durchführung eines zumindest verkürzten Programms zuzutrauen. Es würde jedoch
zu großen Abstrichen bei allen aufwändigeren Übungen führen und jedenfalls eine
beträchtliche qualitative Einbusse bedeuten. Da der Erfolg des Programms von der Erfüllung
der hohen pädagogischen Ansprüche abhängt und solchen ohnehin nicht leicht entsprochen
werden kann, ist das wechselseitige Feedback von grosser Bedeutung.

Die Tatsache, dass die Lehrkräfte vorab Situationsbögen ausfüllen müssen, ist sehr
förderlich. Sie zwingen die Lehrkraft zur Auseinandersetzung mit den Zielen und
Möglichkeiten des Trainings und sie erschliessen den TrainerInnen unverzichtbare
Informationen zu den Klassen und geben Auskunft, wer und was sie dort erwartet.

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Ein persönliches Situationsgespräch mit der Lehrkraft vor dem Training ist besonders
fördernd. In Chur war dies auf Grund der räumlichen Nähe von Schule und SRK-
Kantonalstelle gut möglich. Je klarer die Erwartungen der Lehrpersonen den TrainerInnen
bekannt sind und je mehr sie hinter dem Programm stehen, umso besser für dessen Erfolg.

Die sehr genauen Drehbücher (Beispiel siehe Anhang) werden auf Basis des Handbuchs
und auf Basis früherer Drehbücher geschrieben. Es ist formal je eine/r der beiden
TrainerInnen für das Einholen der Situationsanalyse, das Verfassen des Drehbuchs und für
die Gesamtauswertung verantwortlich, doch all dies geschieht in der Regel und Praxis sehr
partnerschaftlich. So wurden auch in Chur die Drehbücher sehr kooperativ und konsensual
zwischen den jeweiligen Paaren verfasst.
Formal ist eine Hierarchie gegeben, die aber nicht gelebt wird. Es war sympathisch, dies in
Chur zu beobachten. Alle TrainerInnen waren sehr gut vorbereitet und agierten sehr
eigenverantwortlich auf Basis einer minutiösen Planung.

Die Anwesenheit der LehrerInnen bei einem Training ist grundsätzlich positiv. „Es erhöht die
Ernsthaftigkeit“ (Zitat Lehrer) und sie sind ja selbst Teil des (potenziellen) Konfliktfeldes. Es
ist jedoch wichtig, dass ihre Rolle gut geklärt ist und sie sich an die Vereinbarungen halten.
Am Ende jeden Tages wird das Feedback der LehrerInnen eingeholt und mit der gebotenen
Vorsicht ihnen auch selbst eines gegeben, wenn dies angezeigt scheint.

Die Förderung des Klassengeistes ist ein wichtiges Ziel und Thema der Trainings. Eine gute
Lehrkraft-SchülerInnen-Beziehung ist in jedem Fall förderlich. Die Beobachtung der Trainings
in Chur bestätigte dies ausdrücklich.
Bei der Übung „Mein eigener Konflikt“ wurden die Lehrkraft und der Beobachter aus dem
Raum geschickt; die SchülerInnen sollten die Gelegenheit haben, ungestört und
unbeeinflusst allfällige konkrete Anlassfälle zum Thema zu machen.

Die Tatsache, dass die Trainings in Schulgebäuden stattfinden, ist fördernd wie hemmend –
fördernd, weil sie zumeist die Orte der Konflikte sind, und aus dem selben Grund hemmend.
Trainings ausserhalb der Schule können in einem befreiterem Rahmen stattfinden, zugleich
tauchen neue Konfliktherde auf (Art der Übernachtung, Alkohol am Abend, u.a.m.).

Last but not least ist die Methodenvielfalt, die zur Anwendung kommt, als besonders
fördernder Faktor zu erwähnen. „Konflikte schlagen sich auf den Magen“, weshalb der
Sesselkreis als grundsätzliches Ordnungsmuster sehr wichtig ist. Der Bauch soll frei und
nicht von Schulpulten versperrt sein. Die vielen Warm-Ups (Körperübungen) und offenen

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Bewegungsformen unterstützen das inhaltliche Anliegen des Auf-einander-Zugehens und
Vertrauen-Fassens.
Das Handbuch bietet diesbezüglich einen Reichtum an Anregungen und Hinweisen.

Hemmende Faktoren

Durch die Schulleitung verordnete Trainings, von der die Lehrkräfte nicht überzeugt sind,
bringen wenig. Es ist noch weniger förderlich, wenn die Trainings als „Strafe“ erlebt werden
(weil die Lehrkräfte selbst – angeblich oder auch wirklich – mit Konflikten in der Klasse nicht
zu Rande kommen). Es ist auch hemmend, wenn Lehrkräfte Angst vor dem Aufdecken von
Konflikten haben. Schließlich wirken auch sozial weniger tragfähige oder eigens für ein
Training zusammengestellte Klassen hemmend.

Die Lehrkräfte in Chur beklagten die Ausführlichkeit des Fragebogens und die teils zu
ähnlichen und damit etwas repetitiven Fragestellungen. Die Auswertung diverser
Situationsbögen zeigt tatsächlich eine Tendenz zu teils unmotiviert ausgefüllten Blättern.
Es ist zudem nicht sinnvoll, im Fragebogen detaillierte Fragen zu stellen, wenn aber auf die
spezifische Information, die gegeben wird, dann mit einem standardisierten Programm
geantwortet wird.

Manche Lehrpersonen halten „Undiszipliniertheiten“ und die besonders aktiven Übungen
schlecht aus. Manche intervenieren in den Pausen gegenüber den SchülerInnen,
ermahnen/rügen sie. Besonders störend sind direkte Interventionen in die Moderation
eines/einer TrainerIn hinein.

   •   Welche Anpassungen im Programm sind allenfalls erforderlich?

Es ist seriös und gut nachvollziehbar, dass die Trainings als Präventionsprogramme und
nicht als Interventionen in bestehende Konflikte angeboten werden. Es besitzen jedoch die
TrainerInnen durchaus die Kompetenz, auf einfache Konflikte zu reagieren. Da solche
zumeist reale Gegebenheit sind, sollten sich die Programmverantwortlichen nicht scheuen,
dieses Konfliktlösungspotenzial offensiv mit anzubieten. Es wäre ohne allzu grossen
Aufwand möglich, das Handbuch mit einigen Vorschlägen, wie zur Lösung einfacher
Konflikte beigetragen werden kann, bzw. durch eine Liste von Mediationsangeboten zu
ergänzen. In keinem Fall soll die Erweiterung dazu führen, mehr zu versprechen als man
leisten kann und sich zu überfordern.

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Mit dem Rüstzeug „eigene Erfahrungen, Handbuch und Drehbücher“ ist eine sehr gute
Vorbereitung auf die Trainings möglich. Die minutiöse Planung kann aber auch die
erforderliche pädagogische Freiheit einschränken. Das allzu strenge Einhalten des
Drehbuchs kann die Eigendynamik der Trainings behindern. Es wäre zu prüfen, welche
Vereinbarungen getroffen werden können, wenn ein konkreter Vorfall den Mut und das
Vertrauen in die eigene Fähigkeit und Flexibilität verlangen würde, vom Drehbuch „das
Programm durchzubringen“ abzuweichen und an einem Punkt anders als geplant in die Tiefe
zu gehen. (Eine konkrete Situation in Chur, als ein Schüler sich sehr erregte, könnte als ein
solcher Fall gesehen werden.)

Mehrere TrainerInnen haben bestätigt, dass sie schon öfters spontan Übungen hinzugefügt
oder weggelassen haben, wenn es die Situation erforderte, und dass sie jeweils auf konkret
auftretende Konflikte eingehen.
Schon bisher war die Weiterentwicklung des Programms ein Verdienst der TrainerInnen.

3. Effizienz

Die Berge , die du nicht versetzen kannst, musst du ersteigen.

    •   Ist der Projektaufwand den Ergebnissen angemessen? Wie sieht er im Vergleich mit
        anderen Anbietern ähnlicher Produkte aus?

Die unmittelbare Projektbetreuung wird sehr kompetent und auch effizient wahrgenommen.
Es nimmt im wesentlichen bislang ein fünfköpfiges Team die zentralen Aufgaben der
Projektbetreuung (Weiterentwicklung, Produktbetreuung, TrainerInnen-Pool, Administration)
wahr. Das Team agiert arbeitsteilig und flexibel.

Die Aufgaben waren zum Stichtag 31.5.2003 wie folgt aufgeteilt:
Therese Stettler (60%): Weiterentwicklung, neue Projekte
Sabine Krähenbühl (60%): Finanzen, Administration
Irena Zweifel (60%): TrainerInnen-Pool
Regina Jakob (80%): CHILI Piccolo, Weiterentwicklung, neue Projekte
Peter Stricker (30%): CHILI Grande, Weiterentwicklung, neue Projekte

Das Team trifft sich einmal monatlich (für 2-3 Stunden), um das aktuelle Arbeitsprogramm
abzustimmen, Entscheide abzustützen, sich wechselseitig zu beraten und übergreifende

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Policy-Fragen abzuklären und zu beraten.

Die Nachfrage ist gut und steigend. Im Jahr 2002 gab es 51 (statt der erwarteten 30)
Trainings. 2003 waren es bereits über 40 im ersten Halbjahr.

Ein Vergleich mit Anbietern ähnlicher Produkte in der Schweiz war im gegebenen Rahmen
nicht möglich.

In Österreich werden keine wirklich vergleichbaren Produkte angeboten, mit einer
kostendeckenden Preisgestaltung gäbe es die selben Probleme.
Ein etwas anders geartetes Programm ist die Ausbildung von SchülerInnen zu
MediatorInnen, um dann in der eigenen Schule auf Anfrage in Konfliktfällen zu vermitteln.
Ausgebildet werden ältere SchülerInnen, die Ausbildung erfolgt in Kleingruppen und der
Vermittlung von Psychologie, Moderationsfertigkeiten und Interventionstechniken kommt ein
besonderer Stellenwert zu.

   •   Wie effizient ist die Koordination und Unterstützung durch das SRK?

Die Unterstützung durch das SRK erfolgt über das Departement Migration in der zentralen
Geschäftsstelle (GS) des SRK und über das nationale Sekretariat der Kantonalverbände
(SKV). Die Beziehungen zwischen der GS und dem SKV sind (noch) nicht optimal geregelt,
sodass es zu einigen Doppelspurigkeiten und einem überhöhten internen Kommunikations-
und Koordinationsaufwand kommt. Die Evaluation fiel in einen Reorganisationsprozess, der
noch nicht abgeschlossen ist. CHILI ist seit Mai 03 in der GS (Departement Migration) der
neuen Abteilung Konfliktbearbeitung zugeordnet, der seit Mai eine neue Leiterin vorsteht.
Alle unmittelbar Beteiligten erhoffen sich davon eine noch bessere Verankerung in den
Strukturen des SRK und mittelfristig eine besser gesicherte finanzielle Bedeckung der
Kosten.

Die Personen des Kernteams werden dort mit der Weiterentwicklung des Programms, mit
der Definition allenfalls neuer Zielgruppen und damit mit der Erweiterung des
Dienstleistungsangebots betraut werden. Das SKV wird die Umsetzung des Projektes
koordinieren und über die Kantonalverbände die PR für das Programm verstärken. Der
Kantonalverband Graubünden hat dies beispielsweise in der Vergangenheit bereits getan.
Eine rasche Nachbesetzung für Frau Krähenbühl, die sich u.a. auch sehr erfolgreich um
Finanzierungsquellen ausserhalb des SRK bemüht hat, ist in Aussicht genommen.

                               KommEnt-Evaluation CHILI 2003                       Seite 13
Es gibt bei beiden Stellen eine sehr wohlwollende Haltung gegenüber CHILI und den Willen
zur guten Zusammenarbeit. Eine Zusammenführung der Aufgaben und Zuständigkeiten in
einer der beiden Stränge ist aus internen geschäftspolitischen Überlegungen des SRK bis
auf weiteres nicht zu erwarten. Die Direktion des SRK erwartet eine synergetische
Arbeitsteilung.

   •   Wie kooperieren die TrainerInnen mit einander?

Die Paare bereiten sich gemeinsam auf das jeweilige Training vor und nehmen die
Verantwortlichkeiten gemeinsam wahr. Bei den Trainings selbst agieren die Paare
phasenweise zu wenig als Teams, sondern überlassen dem/der jeweilig anderen den
konkreten Part und ziehen sich selbst in eine passive Beobachterrolle zurück.

Es gibt regelmässige Pool-Treffen, bei denen die Erfahrungen ausgetauscht und aktuelle
Probleme besprochen werden. Einmal jährlich wird das Handbuch aktualisiert.

Die Einteilung der TrainerInnen-Paare erfolgt in Bern. Es wird eine gleichmässige
Durchmischung der Paare nach Erfahrung, Geschlecht und Anzahl der Einsätze angestrebt.

Rund zwei Drittel der Trainings erfolgen als 4-Tages-Trainings, ein Drittel als 2-
Tagestrainings. 2-Tages-Trainings werden vor allem aus finanziellen Gründen beauftragt
(oder finden in Berufsschulen statt, wo nur wenig Zeit zur Verfügung steht).

4. Strukturfragen

Was die Raupe das Ende der Welt nennt, nennt der Schmetterling den Anfang.

   •   Wie ist der Stellenwert des Projektes im SRK?

Das Projekt fusst unter anderem auf den Erfahrungen, die das SRK in früheren Jahren in der
Migrations- und Integrationsarbeit machte. Nach einer Änderung in der schweizerischen
Flüchtlingspolitik, die auch eine Verschiebung von Kompetenzen und Dienstleistungen vom
Bund (und den von ihm beauftragten Hilfswerken) hin zu den Kantonen und
Kantonalverwaltungen bedeutete, schien es sinnvoll, für die redundant gewordenen
MitarbeiterInnen des SRK, auf deren Know-How man nicht verzichten wollte, neue Aufgaben
zu suchen.

                                KommEnt-Evaluation CHILI 2003                        Seite 14
In einem intensiven Nachdenk- und Erprobungsprozess wurde CHILI im Rahmen eines
Ausbildungslehrgangs für Konfliktprävention in einem Praxisprojekt entwickelt und wegen
seiner Genese dem Departement Migration in der GS des SRK zugeordnet. Dies führt bei
der Bewerbung für das Programm gelegentlich zu Missverständnissen. Viele Trainings
finden ohne das Thema „Migration“ in einem deutlich weiter gefassten inhaltlichen Kontext
statt.

Da sich das SRK zu Jugend und Schule als sehr wichtige strategische Aktionsbereiche
bekennt, könnte das Projekt für das SRK ein Vorzeigeprojekt sein und einen sehr positiven
Imagegewinn bringen. Das Projekt eignet sich auch als gutes Angebot der zentralen
Geschäftsstelle für die einzelnen Kantonalverbände. Eine reibungslose Zusammenarbeit
zwischen Zentrale und den Kantonen würde die Qualität im Projekt noch stärken.

Der hohe Marketingwert des Projektes ist vom SRK noch nicht ausreichend erkannt worden.
Mit den Themen Konflikt und Gewalt beschäftigt sich das Projekt mit gesellschaftspolitisch
sehr relevanten Themen und das SRK verfügt damit über ein äusserst zeitnahes Angebot.
Lehrkräfte sind zunächst überrascht, dass das SRK solche Trainings anbietet. Das Projekt
öffnet insbesondere die Tür in den Bildungsbereich (Multiplikatoreffekt) und damit auch zu
zukünftigen SpenderInnen.

Die humanitäre Stiftung des SRK hat eine Unterstützung für das Projekt von jährlich
SFR 250.000,- bis 2006 gesprochen. Die Beträge für die Jahre 2005 und 2006 sind noch
nicht voll gesichert sind, da sie auch vom Geschäftsertrag der Stiftung abhängen, welche
ihrerseits die Mittel aus Zinserträgen zur Verfügung stellt. Das Geld ist sowohl für die
Qualitätsentwicklung als auch für die Umsetzung bewilligt.

Es wurde seitens des SRK der Preis für den Einkauf eines Trainings deutlich erhöht: von
SFR 1.000 auf SFR 2.400 pro Training. Bei entsprechender guter Begründung werden
Ausnahmen vom Tarif genehmigt. Interessierte werden auch beraten, wo sie ihre finanziellen
Gesuche noch einbringen könnten.

Kurzfristig scheint keine Alternative zum Defizit möglich. Es ist letztlich eine Frage der
Prioritäten, die positive Resonanz bei der Jugend und damit den Stellenwert nach aussen
des erfolgreichen CHILI-Programms anzuerkennen und als SRK für weitere Jahre für dieses
Defizit aufzukommen

                                 KommEnt-Evaluation CHILI 2003                        Seite 15
•   Welche Schlussfolgerungen lassen sich für die Ausweitung in die Romandie ziehen?

Es wird sich durch eine solche Ausweitung das Projekt weder inhaltlich noch methodisch
entscheidend verändern. Es wird jedoch sein Wirkungskreis erhöht und es wird der
schweizerischen Wirklichkeit besser Rechnung getragen.

Es werden sich die Aufwändungen (Entwicklungskosten) für das SRK erhöhen (Erstellung
von Unterlagen und Handbuch in französischer Sprache, erhöhter Koordinationsaufwand,
Erhöhung des internen Personal- und Sachaufwandes). Für die Adaption in die französische
Sprache steht ein Budget zur Verfügung.

   •   Welche Partnerorganisationen sind in das Projekt eingebunden? Wie erfolgt die
       Vernetzung mit dem Umfeld?

Auf der Homepage werden alle PartnerInnen ausgewiesen.

Das Bundesamt für Gesundheit (BAG), Bern, unterstützte das Projekt bisher mit einem
jährlichen Zuschuss.
Es wird zu prüfen sein, ob angesichts der politischen Aktualität des Anliegens der Trainings
zusätzliche öffentliche Mittel auf Bundes- oder Kantonalebene akquiriert werden können.

Versuche, Sponsoren für das Programm zu gewinnen, wurden bislang ohne grössere Erfolge
unternommen. Zugleich ist anzumerken, dass für Bildungsprogramme in Schulen nur
eingeschränkt Sponsoring-Mittel zur Verfügung stehen werden und sich gerade das
gegenständliche Projekt Unabhängigkeit bewahren muss.

                               KommEnt-Evaluation CHILI 2003                      Seite 16
Stärken-Schwächen-Profil

Ein Schiff ist im Hafen sicher. Aber für den Hafen ist es nicht geschaffen. (aus Irland)

Stärken

        Richtungsweisende gesellschaftspolitisch relevante und aktuelle Inhalte
        Hoher Imagewert für das SRK (insbes. im Bildungsbereich und bei der Jugend)
        Wichtige Zielgruppe Schulen mit Entwicklungsmöglichkeiten im außerschulischen
        Bereich
        Ausgezeichnetes pädagogisches Konzept der Trainings
        Weiterentwicklung und Anwendung methodischer Vielfalt
        Gute und steigende Nachfrage
        Sehr kompetente und motivierte TrainerInnen
        Kompetente und effiziente Steuerung des Projektes (Kernteam, Administration)

Schwächen

    -   Viele Ansprüche (Zielerwartungen) an das CHILI
    -   Strukturelles finanzielles Defizit beim SRK
    -   Einige ungeklärte organisatorische Fragen (GS, SKV)
    -   Geringe Zahl an Partnerorganisationen
    -   Aktuell fehlende Planungssicherheit

                                    KommEnt-Evaluation CHILI 2003                          Seite 17
Empfehlungen

In der Leitlinie 6 des SRK heisst es unter anderem:

   o   Konzentration der Kräfte auf Aufgabenfelder, wo das SRK hohe Fachkompetenz
       besitzt.
   o   Frühzeitige Erkennung neuer Probleme und Bedürfnisse und Erarbeitung
       wirkungsvoller Lösungen.
   o   Ausrichtung der Projekte und Programme auf eine nachhaltige Wirksamkeit.
   o   Periodische Überprüfung der Leistungen und Angebote sowie deren Anpassung an
       sich verändernde Rahmenbedingungen.

           Das Projekt nach aussen:

   •   Das Projekt bietet die ausgezeichnete Chance, die Kompetenz und das Image des
       SRK als friedenssichernde Einrichtung, die über alle weltanschaulichen und
       politischen Grenzen hinweg zum Wohle der Zukunft der Schweiz tätig ist,
       auszubauen.

   •   Es handelt sich um ein Renommierprojekt des SRK und sein Stellenwert sollte
       entsprechende Anerkennung finden. Es kann Jugendliche in einen sehr konstruktiven
       Kontakt mit dem Roten Kreuz bringen. Daran werden sie sich später als potenzielle
       SpenderInnen erinnern.

           Das Projekt nach innen:

   •   Es ist wichtig, dass die zentrale Geschäftsstelle des SRK und das nationale
       Sekretariat der Kantonalverbände vollinhaltlich zum Projekt stehen und es zu einem
       integralen Bestandteil ihrer Gesamtaktivitäten machen. Dies bedeutet, dass die
       Aufgaben und Kompetenzen aller Projektverantwortlichen gut definiert sind und von
       ihnen entsprechend ausgeübt werden können. Da Qualitätsentwicklung immer auch
       Organisationsentwicklung ist, sollten die offenen organisatorischen Fragen möglichst
       rasch geklärt, der interne Kommunikations- und Koordinationsaufwand reduziert und
       Doppelspurigkeiten vermieden werden. CHILI wird dann zu einem gemeinsamen
       Erfolgsvorhaben.

                                KommEnt-Evaluation CHILI 2003                    Seite 18
•   CHILI als Bildungsprojekt wird nicht kostendeckend zu führen sein, weshalb die
    zuständigen Entscheidungsträger im SRK sich zu einem festgelegten jährlichen
    Zuschuss bekennen und diesen decken sollten. Über den finanziellen Rahmen
    seitens des SRK sowie alle SRK-internen Finanzflüsse braucht es Transparenz.
    Allfällige Mehreinnahmen über Dritte sollten im Projekt verbleiben und einen Ansporn
    für zusätzliche Finanzierungsmassnahmen bilden.
    Es ist sehr zu empfehlen, dem Projekt eine mehrjährig gesicherte Perspektive zu
    geben. Weitere Möglichkeiten im Bund, bei kantonalen Einrichtungen und im privaten
    Sponsoring sollten fortgesetzt geprüft werden.

       Effektivität und Qualität des Programms:

•   Die Trainings leben von ihrer Qualität. Diese wiederum beruht – wie alle Feedbacks
    zeigen - auf der Qualität und Kompetenz der TrainerInnen. Die Trainings sollten
    weiterhin in Paaren durchgeführt werden. Dabei wäre (auch um Knaben und
    Mädchen spezifisch ansprechen zu können) – wenn möglich – auf geschlechtliche
    Ausgewogenheit zu achten; d.h. eine Frau und ein Mann machen ein Training
    gemeinsam.

•   Es wäre wichtig, bei einem der nächsten Pool-Treffen die Frage zu prüfen, ob und
    wann es vorkommt, dass das Programm im Verlaufe eines Trainings auf Grund
    konkret auftauchender Fragestellungen massgeblich abgeändert wird.
    “ Die Freiheit des Künstlers sollte nicht durch zu strenge Vorgaben blockiert sein.“
    Bei Pool-Treffen sollten weiterhin allfällige Änderungen von Modulen besprochen und
    vereinbart werden. Die Einzigartigkeit des Programms sollte bewahrt werden.

•   Es wird empfohlen, das Konzept, Begriffe zuerst eher theoretisch abzuklären, um sie
    danach in Übungen zu vertiefen, zu überdenken. Es wird für einen integrativeren
    Ansatz plädiert, der Theorie und Praxis von Anbeginn an verbindet. Es sollten
    konkrete Beispiele den kognitiven Überlegungen vorangestellt werden, da diese dann
    besser verstanden werden und sie damit in den Köpfen der Jugendlichen besser
    haften bleiben.

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Effizienz und Struktur:

   •   Die Zielsetzungen des Trainingsprogramms („Verhaltensmuster vor und in Konflikten
       besser reflektieren“, „Entscheidungs- und Handlungsmöglichkeiten erweitern“,
       „Konflikte gewaltfrei bewältigen“, „einen Streit konstruktiv angehen“, „das
       Selbstbewusstsein fördern“, „den Team- und Klassengeist stärken“ und „ eine
       Streitkultur entwickeln, um friedlich mit Menschen mit unterschiedlichen
       Wertvorstellungen, Lebensplänen und kultureller Identität zusammen zu leben“)
       sollten als generelle Richtlinien gelesen werden. Um am Ende eines Trainings die
       Zielerreichung besser beurteilen zu können, sollten die Zielsetzungen einfacher und
       konkreter gefasst werden. Hilfreich wäre die Entwicklung von Indikatoren für
       Selbstevaluation, an denen der jeweilige Erfolg leichter abgelesen werden kann.

   •   Es sollte der Versuch unternommen werden, das Projekt ausserhalb des
       Schulbereichs zu platzieren. Ideen wie die Arbeit mit Fanklubs von Fussballvereinen
       oder Trainings mit PolizistInnen und SozialarbeiterInnen sind attraktiv und sollten
       geprüft werden. Im schulischen Bereich könnten über die Arbeit mit Grossgruppen
       neue Erfahrungen gesammelt und damit die Kosten ein wenig minimiert werden.

   •   Das Berichtswesen wird von den TrainerInnen als zu aufwändig erlebt. Der
       Berichtsaufwand sollte überprüft werden. Was geschieht mit den Drehbüchern,
       Wochenprogrammen und der Gesamtauswertung, die nach Bern geschickt werden?
       Eine einfache quantitative Auswertung der Evaluationsbögen (Befragung der
       Auftraggeber, Fragebögen an die Jugendlichen) und eine Rückmeldung dazu wäre
       wichtig.

           Organisationsentwicklung und Perspektiven:

   •   Eine Pionierphase findet ihr Ende. Sie ist noch nicht ganz abgeschlossen
       (Entwicklung neuer Module, Ausweitung in die Romandie), aber es setzt eine
       Konsolidierungsphase ein. Es wird empfohlen, dazu Ja zu sagen.

   •   Man hat etwas Gutes geschaffen; nun sollte man es lieb haben.

Für das Können gibt es nur einen Beweis: das Tun. (Maria von Ebner-Eschenbach)

                                KommEnt-Evaluation CHILI 2003                        Seite 20
Quellen- und Literaturangaben

Quellen:
Homepage SRK (www.srk.ch), Homepage CHILI (www.chili-srk.ch)
CHILI-Berichte 2001, 2002 sowie einzelne Prozessdossiers
CHILI-Praxis-Handbuch für TrainerInnen
Gespräch mit Kernteam am 28.4.2003
Teilnahme an 3 Trainings in Chur am 19./20.5.2003
Gespräche mit TrainerInnen, LehrerInnen und SchülerInnen in Chur
Telefoninterviews mit Hr. Biedermann, Hr. Moser, Fr. Gorza, Fr. Stettler, Fr. Zweifel,
Fr. Krähenbühl, Hr. Galliker

Literatur:
Altrichter, H./Posch, P.: Lehrer erforschen ihren Unterricht. Bad Heilbrunn 1998
Burkhard, C./Eikenbusch, G.: Praxisbuch Evaluation in der Schule, Berlin 2000
Hartmeyer, H.: Methodische Aspekte einer Fremdevaluation. In: ZEP 2001/1
Scheunpflug, A.: Biologische Grundlagen des Lernens, Berlin 2001
Scheunpflug, A.: Evaluation entwicklungsbezogener Bildungsarbeit, Bonn/Stuttgart 2003
Thonhauser, J./Patry J.L.: Evaluation im Bildungsbereich, Innsbruck 1999
VENRO: Praxisorientierte Handreichung zur Wirkungsbeobachtung und Eval., Bonn 2000

Kurzbiografie des Autors
Helmuth Hartmeyer

1950 in Wien geboren, Ausbildung zum Gymnasiallehrer an der Universität Wien, 14 Jahre
Lehrtätigkeit, ab 1982 Bildungsreferent beim Österreichischen Informationsdienst für
Entwicklungspolitik (ÖIE), 1986-1993 ÖIE-Geschäftsführer, 1990-1995 Geschäftsführer des
Dachverbandes der österreichischen Entwicklungsorganisationen (AGEZ), seit 1995
Geschäftsführer KommEnt (Gesellschaft für Kommunikation und Entwicklung).
Mehrere Auslandsaufenthalte, Autor von fachspezifischen Beiträgen in in- und ausländischen
Publikationen, seit 1997 Durchführung mehrerer Evaluationen im Bereich der Bildungs-,
Kultur- und Öffentlichkeitsarbeit.

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Annexe

Drehbücher Konflikttrainings Chur
Presseclipping Südostschweiz
Evaluationsstandards KommEnt

                               KommEnt-Evaluation CHILI 2003   Seite 22
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